Volltext Prokla 22

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22.11.2013 Aufrufe

schaft, namentlich fiber die Wirtschaft" (54) die politische Verselbstandigung der Staatsgewalt und auch des Rechts ermoglicht und zugleich auf Dauer gewahrleistet bleibt. Diese Verselbstandigung ist eine sich aus dem "We sen von Staat und Recht" ergebende naturgesetzHche Notwendigkeit, da sowohl Staat und Recht "immer strebend sich bemiilien", die Bindungen, die sich aus den "Interessenkampfen" ergeben, zu verlassen, "sich zu verselbstandigen von einseitigen Anspruchen, gerecht zu werden, d.h. Interessen ohne Ansehen des Obergewichts einer gesellschaftlichen Macht abzuwagen" (55). Deutlich kommt hier die klassenjenseitige Rolle von Staat und Recht zum Vorschein. Flir Heller erscheinen Staat und Gesellschaft als zwei eigenstiindige ,Sphiiren', die nm locker miteinander verbunden sind. Die eine davon - die Gesellschaft - ist nicht demokratisch legitimiert, sondern durch private Willkiir gekennzeichnet. Die andere hingegen - def Staat - ist demokratisch legitimiert. Letztere kann nur dann in ihrer demokratischen Verfafltheit erhalten werden, wenn die "Eigengesetzlichkeit des Staatspolitischen" (56) nicht nur erhalten, sondem auch ausgebaut wird. Dieser Vorgang kann nur auf dem Wege der Zuordnung von ,Wirtschaftsmacht' geschehen. Heliefs Intention ist es wohl, erstens die so def privaten Willktirherrschaft entzogenen Wirtschaftsbereiche mittels des demokratischen Staates von oben zu demokratisieren und zweitens die tibriggebliebenen Teile der nicht-demokratisierten Wirtschaft mit denen, die demokratisch geordnet sind, zu konfrontieren und schlieBlich auch zu ,durchdringen'. Diese Oberlegungen sind Ergebnis der wahmehmbaren Klassenkampfe in def Weimarer Republik.. Die sich hieraus ergebenden Tendenzen zur Unterminierung def staatlichen Souveranitat konnen nur dann aufgehalten und zuruckgedrangt werden, wenn der Staat weiterhin rus souverane Gebietsinstanz begriffen wird, der sich letztlich jede private Gruppe unterzuordnen hat. Aber der Staat mufl nicht nur souveran gegeniiber den politischen und sozialen Gruppen sein, sondern auch insgesamt gegentiber der diesen heterogenen Gruppen zugrundeliegenden btirgerlichen Geselischaft. 4) Oben war davon gesprochen worden, dafl eine Affinitiit in der Argumentation zwischen Heller und Oertzen besteht. Dies sei kurz an einem unserer Ansicht nach signiflkanten Beispiel dargelegt. Flir einen bedeutenden Tell def Sozialdemokratie in def Weimarer Republik ging es vor allem um den Kampf um den Staat. Heller blldet - wie auch Hilferding in seinem Referat auf dem Kieler Parteitag von 1927 - hierin keine Ausnahme. Er schreibt: 54 Heller, Ziele und Grenzen einer deutschen Verfassungsreform, a.a.O., S. 413 (Hervorhg.v. Ver£.). 55 Heller, Gesellschaft und Staat, (1924), in: GS, Bd. I, S. 259ff (263) Vgl. so auch Radbruch in Osterroth, a.a.O., S. 541: "Das Klasseninteresse mag diesen Staat erzeugt haben, abet einma! entstanden, entfa!tet er sich nach seinem eigenen Geist - moglicherweise auch gegen das Klasseninteresse, dem er seinen Ursprung verdankt." (Hervorhg. v. Verf.). 56 Heller, Die politischen Ideenkreise ... , a.a.O., S. 388 (Hervorhg. v. Verf.). 172

schaft, namentlich fiber die Wirtschaft" (54) die politische Verselbstandigung der<br />

Staatsgewalt und auch des Rechts ermoglicht und zugleich auf Dauer gewahrleistet<br />

bleibt. Diese Verselbstandigung ist eine sich aus dem "We sen von Staat und Recht"<br />

ergebende naturgesetzHche Notwendigkeit, da sowohl Staat und Recht "immer<br />

strebend sich bemiilien", die Bindungen, die sich aus den "Interessenkampfen" ergeben,<br />

zu verlassen, "sich zu verselbstandigen von einseitigen Anspruchen, gerecht<br />

zu werden, d.h. Interessen ohne Ansehen des Obergewichts einer gesellschaftlichen<br />

Macht abzuwagen" (55). Deutlich kommt hier die klassenjenseitige Rolle von Staat<br />

und Recht zum Vorschein. Flir Heller erscheinen Staat und Gesellschaft als zwei<br />

eigenstiindige ,Sphiiren', die nm locker miteinander verbunden sind. Die eine davon<br />

- die Gesellschaft - ist nicht demokratisch legitimiert, sondern durch private<br />

Willkiir gekennzeichnet. Die andere hingegen - def Staat - ist demokratisch legitimiert.<br />

Letztere kann nur dann in ihrer demokratischen Verfafltheit erhalten<br />

werden, wenn die "Eigengesetzlichkeit des Staatspolitischen" (56) nicht nur erhalten,<br />

sondem auch ausgebaut wird. Dieser Vorgang kann nur auf dem Wege der<br />

Zuordnung von ,Wirtschaftsmacht' geschehen. Heliefs Intention ist es wohl, erstens<br />

die so def privaten Willktirherrschaft entzogenen Wirtschaftsbereiche mittels des<br />

demokratischen Staates von oben zu demokratisieren und zweitens die tibriggebliebenen<br />

Teile der nicht-demokratisierten Wirtschaft mit denen, die demokratisch<br />

geordnet sind, zu konfrontieren und schlieBlich auch zu ,durchdringen'.<br />

Diese Oberlegungen sind Ergebnis der wahmehmbaren Klassenkampfe in<br />

def Weimarer Republik.. Die sich hieraus ergebenden Tendenzen zur Unterminierung<br />

def staatlichen Souveranitat konnen nur dann aufgehalten und zuruckgedrangt<br />

werden, wenn der Staat weiterhin rus souverane Gebietsinstanz begriffen wird, der<br />

sich letztlich jede private Gruppe unterzuordnen hat. Aber der Staat mufl nicht nur<br />

souveran gegeniiber den politischen und sozialen Gruppen sein, sondern auch insgesamt<br />

gegentiber der diesen heterogenen Gruppen zugrundeliegenden btirgerlichen<br />

Geselischaft.<br />

4) Oben war davon gesprochen worden, dafl eine Affinitiit in der Argumentation<br />

zwischen Heller und Oertzen besteht. Dies sei kurz an einem unserer Ansicht nach<br />

signiflkanten Beispiel dargelegt.<br />

Flir einen bedeutenden Tell def Sozialdemokratie in def Weimarer Republik<br />

ging es vor allem um den Kampf um den Staat. Heller blldet - wie auch Hilferding<br />

in seinem Referat auf dem Kieler Parteitag von 1927 - hierin keine Ausnahme.<br />

Er schreibt:<br />

54 Heller, Ziele und Grenzen einer deutschen Verfassungsreform, a.a.O., S. 413 (Hervorhg.v.<br />

Ver£.).<br />

55 Heller, Gesellschaft und Staat, (1924), in: GS, Bd. I, S. 259ff (263) Vgl. so auch Radbruch<br />

in Osterroth, a.a.O., S. 541: "Das Klasseninteresse mag diesen Staat erzeugt haben,<br />

abet einma! entstanden, entfa!tet er sich nach seinem eigenen Geist - moglicherweise<br />

auch gegen das Klasseninteresse, dem er seinen Ursprung verdankt." (Hervorhg. v. Verf.).<br />

56 Heller, Die politischen Ideenkreise ... , a.a.O., S. 388 (Hervorhg. v. Verf.).<br />

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