Volltext Prokla 22
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tial und def Ausbau dieser beiden Bereiche unabhangig bzw. auf Kosten von Konsumbediirfnissen<br />
der Arbeiterklasse bedingen sich gegenseitig (32).<br />
Die Ursachen der Biirokratisierung<br />
R. Damus sieht dagegen im Ausbleiben def Demokratisierung - abnUch wie W.<br />
Brus - ein grundsatzliches Problem jeder (sozialistischen) Planwirtschaft: den<br />
Widerspruch zwischen Zentralisierung und Demokratisierung (33). Dieser Widerspruch<br />
mag tatsachlich in dieser allgemeinen Form bestehen und nicht ohne Schwierigkeiten<br />
zu Ibsen sein. Doch bestreite ich, daB es bei def Diskussion def Wirtschaftsreformen<br />
um diesen Widerspruch geht. Denn das wiirde voraussetzen, daB die<br />
Fiihrung def DDR tatsachlich auf die Lbsung dieses Widerspruches im Sinne einer<br />
Demokratisierung der Planung hinarbeitet. Daran mag auch R. Damus nicht glauben.<br />
Vielmehr stellt sie fest:<br />
"Die Entscheidung flir verstarkte direkte Zentralisierung, starkere Befugnisse der zentralen Entscheidungsebene<br />
kann allerdings nicht verwundern. Die Intervention der Warschauer-Pakt-Staaten<br />
in der CSSR zeigt an, daf.> Veranderungen eigentlich nUT in der gewahlten Richtung erfolgen<br />
konnten. Zum andern llillt sich eine Veranderung von oben, die zum Abbau des Einflusses<br />
derjenigen beitragt, die verandern, schwerlich (?!) denken." (34)<br />
Dieses mangelnde Interesse def politischen Fiihrung an einer Demokratisierung wird<br />
nicht aus geschichtlichen Entwicklungen abgeleitet, sondem erscheint als allgemeines<br />
Problem sozialistischer Gesellschaften, als Folge "verselbstandigter Interessen<br />
der oberen Entscheidungsebene" (35) einerseits und "iiberkommener privater lntcressen"<br />
(36) andererseits. DaB beide Faktoren spezifische historische Ursachen haben<br />
konnten, wird von R. Damus nicht in Erwagung gezogen (37).<br />
32 Vgl. J. Kuron, K. Modzelewski, a.a.a., S. 18-26: "Die materielle Macht der Biirokratie,<br />
ihre Vorherrschaft iiber die Produktion, ihre internationale Position ... hangt von der<br />
Bedeutung des nationalen Kapitals abo Die Blirokratie neigt dazu, den Produktionsapparat<br />
und die Akkumulation auszudehnen. Sie ist der Ausdruck des nationalen Kapitals<br />
und seiner Tendenz zur Expansion, wie der Kapitalist Ausdruck seines individuellen Kapitals<br />
ist." (S. 19)<br />
33 "Zwar ist dieser Widerspruch nicht behebbar, es sei denn aus Zentralisierung wird Biirokratisierung<br />
oder aus Demokratisierung die Herrschaft naturwiichsiger Prozesse, doch<br />
sollte er im Sinne der Realisierung von Planungsverhaltnissen sowohl fruchtbar gemacht<br />
als auch eingedammt werden." R. Damus, Entscheidungsstrukturen ... ,S. 202.<br />
34 Politik und Okonomie ... ,S. 101.<br />
35 Entscheidungsstrukturen ... , S. 231.<br />
36 Vgl. u.a.: Planungssysteme ".. , S. 234 f.<br />
37 Eine Ausnahme bildet: "Vergesellschaftung ... ,S. 179: Dort skizziert R. Damus eine<br />
historische Erklarung der Biirokratie mit dem Hinweis auf die "partiell falsche Analyse<br />
der Entwicklung in Ruf>land" durch Lenin. Wie imme! es damit bestellt sein mag, so<br />
liegen doch zwischen den damit angesprochenen theoretischen Grundlagen des Bolschewismus<br />
und der Praxis de! herrschenden Parteibiirokratien in den RgW-Landern so viele<br />
historische Zwischenstufen, daf.> Fehler in de! leninistischen Theorie wohl kaum zur<br />
Erklarung etwa de! Politik der SED herhalten konnen. - R. Damus flihrt diese historische<br />
Argumentation auch nicht weiter aus.<br />
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