Volltext Prokla 22
Volltext Prokla 22
Volltext Prokla 22
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
greift, wird indes ill Verlauf def Argumentation des Projekts anschaulich belegt.<br />
Denn die Autoren weichen vpn ihren eigenen Leitlinien unter der Hand wiederholt<br />
abo Unter def Oberschrift von Identiflkation und Gleichgliltigkeit werden Konflikte<br />
und Widerspriiche erfaBt, die in der entwickelten kapitalistischen Produk<br />
Hon zwar zusammen mit dem Widerspruch von Gleichgliltigkeit und Identifikation<br />
erfahren werden, jedoch mit diesem nicht identisch und auch nicht aus ihm<br />
"ableitbar" sind: Wie wir zeigten, gilt das fur das antagonistische Verhiiltnis zwischen<br />
der tendenziell schrankenlosen Ausbeutung der produktiven Arbeiter und<br />
ihrem Interesse an def Erhaltung ihrer Arbeitskraft, fur den Widerspruch zwischen<br />
def individueUen und kollektiven Orientierung am Lohn auf Basis def Gleichgliltigkeit<br />
gegentiber den besonderen Arbeitsinhalten und fur das Verhiiltnis von Gleichheitsillusionen<br />
und realer Unterdriickung im kapitalistischen ProduktionsprozeB.<br />
Diese strukturell angelegten, sich iibedagernden Widerspriiche und Konflikte<br />
kennzeichnen ebenso wie der Widerspruch von Gleichgliltigkeit und Identiflka<br />
Hon (bzw. "Bindung" an die konkret-ntitzliche Seite der Tiitigkeit) die Lage der<br />
produktiven Arbeiter. Es gibt also ill Bereich der produktiven Arbeit vielfaltigere<br />
Ankntipfungspunkte fur die Entwicklung von KlassenbewuBtsein und komplexere<br />
Beziehungen, als es die einfache Abfolge "Gleichgilltigkeit - kollektive Orientie<br />
rung - Durchbrechung der Mystiflkation" glauben machen will.<br />
Das Projekt Klassenanalyse begreift nicht nur unterschiedliche Bestillmungsmomente<br />
von KlassenbewuBtsein als Ausdruck des einen Widerspruchs von Gleichgliltigkeit<br />
und IdentifJ.kation, sondem dieser wird im Verlauf der Darstellung v6Ilig<br />
uminterpretiert. Er wird in den Widerspruch von kDllektiver und individueller<br />
Orientierung verwandelt. Die Gleichgliltigkeit des Lohnarbeiters soIl die kollektive<br />
Aktion zur Sicherung des Tauschwerts, die Identifikation mit den Arbeitsinhalten<br />
das Verfolgen isolierender Privatstrategien illplizieren. Aber das Projekt Klassenanalyse<br />
erkennt nieht, daB auch die Konkurrenz def nur noch am Tauschwert interessierten<br />
Arbeiter - ebenso wie ihre kollektive Aktion - Ausdruck der Gleichgtiltigkeit<br />
gegentiber den Arbeitsinhalten ist, so daB sich die Gleichsetzung von Gleichgilltigkeit<br />
und kollektivem Handeln verbietet. Die Konkurrenz der Lohnarbeiter<br />
als wesentlicher Widerspruch zum lwang zur gemeinsamen Aktion hat in der<br />
Klassenanalyse des Projekts keine systematische Bedeutung; er geht in den Konfusionen<br />
des VerhaItnisses von Gleichgliltigkeit und Identifikation unter. Die individuelle<br />
Orientierung am Lohn als Ausdruck def Konkurrenz wird mit den Freiheitsillusionen<br />
und den "professionellen Vorurteilen" gleichgesetzt, die sich mit<br />
Durchsetzen def Gleichgliltigkeit einfach "auflosen" sollen. Oberdies liegt in def<br />
Fixierung auf den Lohnkampf eine Beschrankung, die den okonomischen und politischen<br />
Kampf flir verbesserte Arbeitsbedingungen au~er acht Hi~t. Diese Lucke<br />
96<br />
Erkermen des okonomischen Zwangscharakters der kapitalistischen Produktionsweise"<br />
sei (1973, S. 169); vgl. entsprechend auch ebenda, S. 106. Das dezent angedeutete Abrilcken<br />
von den Positionen des Projekts bleibt jedoch folgenlos, da die anderen Voraussetzungen<br />
fur die Aufliisung der mystifizierenden Bewuf>tseinsformen theoretisch nicht<br />
entwickelt werden.