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Volltext Prokla 22

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mit den besonderen Inhalten def Arbeit gemacht. Dies Argument wird fortgesetzt<br />

bei def Interpretation def individuellen Variationsmoglichkeiten von Lohnhohe<br />

und Lohnform. Es werden praktisch alle Moglichkeiten, individuell eine Verbes­<br />

Serung der Reproduktionsbedingungen zu erreichen - die Orientierung an der Verbesserung<br />

der Reproduktionsbedingungen war friiher Ausdruck def Gleichgilltigkeit<br />

gegenuber den Inhalten der Arbeit -, als Bedingungen der Identifikation mit<br />

den Inhalten def Tatigkeit analysiert; so die Moglichkeit, durch besondere Anstrengungen<br />

im Produktionsproze£ einen hoheren Lohn zu erzielen (77); die Moglichkeit<br />

zur Hoherqualiflzierung def Arbeitskraft (78) und die Moglichkeit, nach besonders<br />

giinstigen individuellen Arbeitsbedingungen Ausschau zu halten (79). All<br />

diese Momente ftihren nach Ansicht des Projekts nicht nur zur Illusion, da£ die<br />

Lebenslage des einzelnen von seiner individuellen Leistung abhinge (80), sondern<br />

auch zur Ausbildung von "professionellen Vorurteilen, die dem Arbeiter den klaren<br />

Blick auf das gesellschaftliche Verhrutnis, in dem er steht, verwehren" (81). Damit<br />

ist blo£ verbal die Verbindung zu den friiheren Uberlegungen hergestellt, denn def<br />

Sachverhalt ist ein vollig anderer: Es geht nicht mehr urn die Identifikation des<br />

Arbeiters mit den Inhalten def Arbeit, sQndern urn sein individuelles Interesse,<br />

durch Variation der Arbeitsverausgabung, der Wahl des Arbeitsplatzes usw. einen<br />

moglichst hohen Tauschwert zu erzielen. Diese "Identiftkation" soIl der Gleichgilltigkeit<br />

gegeniiber 'den Arbeitsinhalten widerspriichlich entgegenstehen; aber das<br />

Projekt sieht nicht, da£ die Gleichgilltigkeit iiberhaupt erst die Voraussetzung zu<br />

jenem individuell oder kollektiv verfolgten Interesse am Lohn ist. Ein gegeniiber den<br />

Arbeitsinhalten relativ gleichgiiltiger Arbeiter kann gleicherma£en an einer individuellen<br />

oder koHektiven Anstrengung zur Maximierung seines Lohnes interessiert<br />

sein (82). Insofern vermittelt die Lohnform nicht das Verhaltnis von Gleichgilltigkeit<br />

und Identifikation in bezug auf die stoffliche Seite des Produktionsprozesses,<br />

sondern ein individuell oder kollektiv bestimmtes Interesse am Tauschwert.<br />

lndem aber das der Zirkulation verhaftete Interesse an def Maximierung des<br />

LOMS durch nur individuelles Ausnutzen verschiedener Freiheitsspieiriiume falsch­<br />

Uch mit der Identiftkation mit den Arbeitsinhalten gleichgesetzt wird, kann scheinbar<br />

stringent "abgeleitet" werden, da£ die Identiftkation mit den Arbeitsinhalten<br />

77 Ebenda, S. 244 f.<br />

78 Ebenda, S. 245 f.<br />

79 Ebenda, S. 243.<br />

80 Ebenda, S. 248.<br />

81 Ebenda, S. 245.<br />

82 Ob und in welchem Mai)e im Bewuf>tsein der Arbeiter das individuelle durch das kollektive<br />

Interesse an de! Lohnmaximierung zUIDckgedrangt wird, hangt mai)geblich von den<br />

realen und von wahrgenommenen - durch Gleichheitsillusionen verzerrten - Erfolgschancen<br />

individueller Anstrengungen abo Es ist bemerkenswert, dai) dieser Zusammenhang<br />

in der AngestelltensozioJogie von Bahrdt tiber Lockwood bis Steiner wesentlich<br />

klarer analysiert worden ist als in den Schriften des Projekts und der ihm nahestehenden<br />

Autoren, die in der Angestelitensoziologie nichts anderes als falsche Begrifflichkeit<br />

und Vermengung von Form und Inhalt entdecken konnten - egal ob es sich urn<br />

starker materiaJistische oder btirgerliche Ansatze handelte.<br />

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