Volltext Prokla 22
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ziehungen des Lohnarbeiters zu seiner Tatigkeit beschrankt. Nach Darstellung des<br />
Projekts sind es vor aHem zwei Entwicklungen, die die Gleichgilltigkeit des Lohnarbeiters<br />
gegeniiber Inhalt und Produkt def eigenen Tatigkeit zum herrschenden Erfahrungsmuster<br />
machen (58): erstens die zunehmende Variabilitat des Arbeitsver·<br />
mogens und zweitens· als ihre Voraussetzung das tatsachliche Abstrakt· und<br />
Formellwerden def konkret·nutzlichen Arbeit unter Herrschaft des Kapitals (59).<br />
Dieser Auffassung von Gleichgilltigkeit setzt das Projekt Klassenanalyse<br />
einen Begriff von Identifikation entgegen, der eine ganz bestimmte Bedeutung hat:<br />
er ist mit den "professionellen Vorurteilen" def produktiven Lohnarbeiter iden·<br />
tisch, die als branchen- und berufsspezifische Borniertheit das kollektive Handeln<br />
und die Organisation der Arbeiter erschweren (60). Erst die zunehmendeGleichgilltigkeit<br />
der Arbeiter gegenuber den besonderen Arbeitsinhalten lost die trennenden<br />
Schranken der professioneUen Vorurteile auf. Diese Tendenz setzt sich in den<br />
Abteilungen des produktiven Gesamtarbeiters verschieden durch: 1m Unterschied<br />
zu den Arbeitern, die einfache Arbeit leisten und durchschnittHch qualifiziert sind,<br />
entwickeln die qualifIzierteten Lohnarbeiter aufgrund des besonderen Charakters<br />
ihrer Tiitigkeit stiirkere professionelle Vorurteile, sind sie der Gleichgilltigkeit des<br />
Kapitals gegentiber den Inhalten ihrer Arbeit weniger stark ausgesetzt, wenn auch<br />
die Reduzierung ihrer Tiitigkeit auf Durchschnittsarbeit eine wesentliche Vorbedingung<br />
zur Herausbildung kollektiver Orientierungen ist (61).<br />
Die Tendenz zur zunehmenden Gleichgilltigkeit des Lohnarbeiters gegentiber<br />
den Inhalten seiner Arbeit ist selbst widersprtichlich bestimmt: Bringt def Produktionsproze~<br />
des Kapitals einerseits die niveUierten, formell und abstrakt gewordenen<br />
Arbeiten hervor, die Voraussetzung fUr die allseitige Beweglichkeit des Arbeiters<br />
und damit fUr seine Gleichgiiltigkeit gegenuber den Arbeitsinhalten sind, so<br />
produziert er auf def anderen Seite in der Verknocherung und Partikularisierung der<br />
vereinseitigten Tiitigkeiten neue Schranken der Variabilitiit und Mobilit1it def ATbeitskriifte,<br />
die das Kapital zu uberwinden sucht. In del' Entfaltung dieses Widerspruchs,<br />
dessen negative Seite in der Versttimmelung def Arbeiter und der volligen<br />
Verunsicherung ihrer Existenz besteht, liegen andererseits die Bedingungen dafur,<br />
die "Verfangenheit in die MystifIkation der kapitalistischen Produktionsweise" aufzulosen<br />
und den direkten Kampf gegen die Herrschaft des Kapitals zu verallgemeinern<br />
(62). Soweit die Argumentation des Projekts Klassenanalyse.<br />
58 Ebenda, S. 232 ff. und entsprechend S. 250 ff.<br />
59 Schon hier sei angemerkt, daf> das Projekt Klassenanalyse in einer spateren Veroffentlichung<br />
(1975) diese Auffassungrevidiert. Beckenbach u.a. wird vorgeworfen, sie hatten<br />
die Gleichgiiltigkeit gegenUber den Arbeitsinhalten aus dem stofflichen Kriterium des Abstraktwerdens<br />
de! konkreten Arbeit abgeleitet. (Ebenda, S. <strong>22</strong>0 ff.) Demgegenllber betont<br />
das Projekt Klassenanalyse: "Die Gesetzm~igkeiten, die sich in der Veranderung<br />
de! Arbeitsverausgabung geltend machen, sind selbst nur besondere Momente des ganzen<br />
okonomischen Verhiiltnisses, in dem hier der Arbeiter zu seiner Tiitigkeit steht. An ihnen<br />
kann nicht.die Entwicklung der Gleichgliltigkeit festgemacht werden." (Ebenda, S. <strong>22</strong>1).<br />
60 Vgl. hierzu Projekt Klassenanalyse (1973), S. 233 f., S. 245 und S. 248.<br />
61 Vgl. ebenda, S. 256 und S. 259 ff.<br />
62 Vgl. ebenda, S. 235.<br />
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