Volltext Prokla 22
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den maf.losen Trieb des Kapitals nach Mehrarbeit bestimmt. Indem das Projekt<br />
Klassenanalyse die damit verbundenen Ausbeutungserfahrungen dem Begriff der<br />
Gleichgtiltigkeit subsurniert, kann es sie als Bedingungen von KlassenbewuStsein<br />
nicht angemessen beriicksichtigen.<br />
Von Auf10sung der Mystiftkationen ist in dem ersten Versuch einer Verkniipfung<br />
von Gleichgtiltigkeit gegeniiber den Inhalten der Arbeit und KlassenbewuStsein<br />
noch gar nicht die Rede. Es geM vielmehr urn die Auf10sung der Vorste1-<br />
lung, man konne sich individuell gegen die Ausbeutung durch das Kapital wehren.<br />
Die Arbeiter mlissen, urn ihre Arbeitskraft zu erhalten, "dem Kapital als organisierte<br />
Warenbesitzer gegenlibertreten und daher in bestimmter Form die durch das Kapital<br />
gesetzte und weiterentwickelte Kollektivitat diesem gegeniiber geltend machen"<br />
(55). Das Projekt weist zwar darauf hin, daf. so1che okonomischen Bewegungen in<br />
politische Bewegungen einmtinden konnen, last aber ungekHirt, ob und auf welche<br />
Weise in diesem ProzeS die Auf10sung der Kapital- und Lohnmystiflkation erfolgt.<br />
Das Projekt verandert also unter der Hand den behaupteten Zusammenhang<br />
von Gleichgtiltigkeit des Arbeiters gegenuber den besonderen Inhalten der Tatigkeit<br />
und Auf10sung der mystiflzierenden Formen des BewuStseins in zweifacher Hinsicht.<br />
Es wird erstens der Inhalt der Kategorie der Gleichgtiltigkeit so ausgeweitet,<br />
daf. sie mit kapitalistischer Ausbeutung schlechthin identisch ist. Und es flndet<br />
zweitens ein Wechsel der zu untersuchenden BewuStseinsformen statt. An die Stelle<br />
der Auf10sung der mystiflzierenden BewuStseinsformen als Gegenstand der Analyse<br />
tritt die Frage nach den Voraussetzungen kollektiven Handelns und kollektiver<br />
Organisation. Diese nicht eingestandene Verschiebung der Fragestellung, der wir<br />
wiederholt begegnen werden (56), erlaubt es dem Projekt Klassenanalyse, das<br />
Scheitern des an sich weitergehenden Anspruchs zu uberspielen. Offlziell wird<br />
nach den Bedingungen und Verrnittlungsformen der Durchbrechung der Mystiflkationen<br />
gefragt, wahrend faktisch langst andere Probleme im Vordergrund stehen,<br />
deren Losung als Antwort auf die urspriinglich weitergehende Frage gewertet<br />
wird.<br />
3.2 Gleichgiiltigkeit und die Auflosung "pro/essioneller Vorurteile"<br />
Das Projekt Klassenanalyse versucht ein zweites Mal zu begriinden, weshalb die<br />
Gleichgiiltigkeit des produktiven Lohnarbeiters die entscheidende Voraussetzung fUr<br />
die Auf10sung von IUusionen und Mystiftkationen sein soIl (57). Dabei legen die<br />
Verfasser einen engeren Begriff von Gleichgtiltigkeit zugrunde, der sich auf die Be-<br />
55 Ebenda, S. 231.<br />
56 Sie ist auch ftlr Beckenbach u.a. (vgl. 1973, S. 168 und 173) kennzeichnend. Die Mitarbeiter<br />
des Projekts Klassenanalyse bemangeln an der Arbeit von Beckenbach u.a., da£ sie<br />
tiber die Ableitung okonomischer Kampfe nicht hinausgehen (1975, S. <strong>22</strong>3 f.), merken<br />
allerdings nicht, da£ sie mit dieser Kritik auf ihre eigenen Versaumnisse stoEen.<br />
57 Vgl. Projekt Klassenanalyse (1973), S. 232 ff. Auch hier ist dem Projekt nicht klar, d~<br />
es sich urn einen gesonderten Begriindungszusammenhang handelt.<br />
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