Volltext Prokla 22

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22.11.2013 Aufrufe

Zur Emanzipationsdiskussion im "lahr der Frau" und im Zusammenhang mitder Kampagne gegen den § 218 Zum AbschluB mochte ich noch ein paar Bemerkungen zum aktuellen Stand def Emanzipationsauseinandersetzungen in def BRD im Zusamrnenhang mit dem Thema meiner Arbeit machen. Das abgerollte "J ahr def Frau" hat in iiberdeutlicher Weise das Weiterbestehen der Diskriminierung von Frauen gezeigt. Wo auf offizieller Ebene, in Konferenzen, Gremien, Medien hierzu SteHung bezogen wurde, waren es im wesentlichen Rechtfertigungsstrategien tiber die Kbpfe von entweder nicht zugelassenen oder durch Manipuiationen mundtot gemachte Frauen hinweg. Immerhin war indirekt aus vielen Verrenkungen herauszuhbren, daB die Frauenbewegung im umfassenden Sinn, def wachsende Mut von Frauen, sich gegen Diskriminierungen zu wehren und Dinge beim Namen zu nennen, gemrchtet wird, daB das Thema als Ztindstoff sozusagen in def Luft liegt. Nur auf def Welle def so mobilisierten Angste konnte sich eine Esther Vilar entfalten, deren dumm-dreiste Avancen an die mannliche Eitelkeit bei ntichtemer Betrachtung bestenfalls belachelt werden konnten. In dieser Situation iauft eine Argumentation wie in dem vorliegenden Aufsatz Gefahr, fUr konservative Zwecke eingespannt zu werden, etwa in dem Sinne: die Frauen soIl ten sich doch wieder auf mre besonderen Fiihigkeiten besinnen, sich den Kindem zuwenden, mren "weiblichen" EinfluB in def Gesellschaft geltend machen - d.h., was von miT "vorkapitalistisehe" Verhaltensweisen, Gebrauehswertorientierung, Fehlen von Konkurrenzverhalten genannt wird, kann wegen der Sehwierigkeit einer prazisen und trotzdem differenzierten Diskussion dieses emotional brisanten Themas schnell als Argument gegen die Frauenbewegung gewendet werden, die sich weitgehend mit groBer Entschiedenheit - wie die Protagonistin Simone de Beauvoir - gegen das Kinderkriegen wendet. Solange fUr das Aufziehen von Kindem nicht nur positive, sondem grundlegend wichtige Verhaltensweisen und Einstellungen benutzt werden, urn die gesellschaftliche Verantwortung fUr diesen Bereich abzuwalzen und damit zugleich noch andere Abhangigkeiten aufzuburden, ist der Protest def Kindedosigkeit eine bereehtigte Form des Befreiungsversuehs aus Unmundigkeit und Unentwickeltheit im Sinne def kapitalistisch spatbtirgerlichen Gesellschaft, die mrem Selbstverstandnis naeh eine Gesellschaft von autonomen Individuen ist. Aueh wenn es richtig ist, daB fUr die groBe Mehrheit der Lohnarbeiter und hier besonders def Frauen diese Ebene der individuellen Emanzipation nie erreichbar sein wird, kann doch das Argument def privatistisehen, unpolitischen Perspektive nicht gegen die Frauen verwendet werden, denen diese Gesellschaft Vorbilder von Kollektivitiit und Zukunftsperspektiven nicht zu bieten hat, wohl aber einen Berg von Gratisarbeit fUr sie bereithalt. Gerade die ungeheuer zynischen Argumente und das beschamende Urteil fUr die Beibehaltung des Gebarzwangs, den § 218, angesichts der extremen Kinderfeindlichkeit unserer Gesellschaft, mtissen Zuruckhaltung in der Formulierung der positiven Erfahrungsmog­ Hchkeiten, def utopischen Vorwegnahme anderer Kommunikationsfonnen im Umgang mit Kindem auferlegen. 65

Zur Emanzipationsdiskussion im "lahr der Frau"<br />

und im Zusammenhang mitder Kampagne gegen den § 218<br />

Zum AbschluB mochte ich noch ein paar Bemerkungen zum aktuellen Stand def<br />

Emanzipationsauseinandersetzungen in def BRD im Zusamrnenhang mit dem<br />

Thema meiner Arbeit machen.<br />

Das abgerollte "J ahr def Frau" hat in iiberdeutlicher Weise das Weiterbestehen<br />

der Diskriminierung von Frauen gezeigt. Wo auf offizieller Ebene, in Konferenzen,<br />

Gremien, Medien hierzu SteHung bezogen wurde, waren es im wesentlichen<br />

Rechtfertigungsstrategien tiber die Kbpfe von entweder nicht zugelassenen oder<br />

durch Manipuiationen mundtot gemachte Frauen hinweg. Immerhin war indirekt<br />

aus vielen Verrenkungen herauszuhbren, daB die Frauenbewegung im umfassenden<br />

Sinn, def wachsende Mut von Frauen, sich gegen Diskriminierungen zu wehren und<br />

Dinge beim Namen zu nennen, gemrchtet wird, daB das Thema als Ztindstoff sozusagen<br />

in def Luft liegt. Nur auf def Welle def so mobilisierten Angste konnte sich<br />

eine Esther Vilar entfalten, deren dumm-dreiste Avancen an die mannliche Eitelkeit<br />

bei ntichtemer Betrachtung bestenfalls belachelt werden konnten.<br />

In dieser Situation iauft eine Argumentation wie in dem vorliegenden Aufsatz<br />

Gefahr, fUr konservative Zwecke eingespannt zu werden, etwa in dem Sinne: die<br />

Frauen soIl ten sich doch wieder auf mre besonderen Fiihigkeiten besinnen, sich den<br />

Kindem zuwenden, mren "weiblichen" EinfluB in def Gesellschaft geltend machen<br />

- d.h., was von miT "vorkapitalistisehe" Verhaltensweisen, Gebrauehswertorientierung,<br />

Fehlen von Konkurrenzverhalten genannt wird, kann wegen der<br />

Sehwierigkeit einer prazisen und trotzdem differenzierten Diskussion dieses emotional<br />

brisanten Themas schnell als Argument gegen die Frauenbewegung gewendet<br />

werden, die sich weitgehend mit groBer Entschiedenheit - wie die Protagonistin<br />

Simone de Beauvoir - gegen das Kinderkriegen wendet. Solange fUr das Aufziehen<br />

von Kindem nicht nur positive, sondem grundlegend wichtige Verhaltensweisen<br />

und Einstellungen benutzt werden, urn die gesellschaftliche Verantwortung fUr<br />

diesen Bereich abzuwalzen und damit zugleich noch andere Abhangigkeiten aufzuburden,<br />

ist der Protest def Kindedosigkeit eine bereehtigte Form des Befreiungsversuehs<br />

aus Unmundigkeit und Unentwickeltheit im Sinne def kapitalistisch spatbtirgerlichen<br />

Gesellschaft, die mrem Selbstverstandnis naeh eine Gesellschaft von autonomen<br />

Individuen ist. Aueh wenn es richtig ist, daB fUr die groBe Mehrheit der<br />

Lohnarbeiter und hier besonders def Frauen diese Ebene der individuellen Emanzipation<br />

nie erreichbar sein wird, kann doch das Argument def privatistisehen, unpolitischen<br />

Perspektive nicht gegen die Frauen verwendet werden, denen diese Gesellschaft<br />

Vorbilder von Kollektivitiit und Zukunftsperspektiven nicht zu bieten<br />

hat, wohl aber einen Berg von Gratisarbeit fUr sie bereithalt. Gerade die ungeheuer<br />

zynischen Argumente und das beschamende Urteil fUr die Beibehaltung des Gebarzwangs,<br />

den § 218, angesichts der extremen Kinderfeindlichkeit unserer Gesellschaft,<br />

mtissen Zuruckhaltung in der Formulierung der positiven Erfahrungsmog­<br />

Hchkeiten, def utopischen Vorwegnahme anderer Kommunikationsfonnen im Umgang<br />

mit Kindem auferlegen.<br />

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