22.11.2013 Aufrufe

Volltext Prokla 22

Volltext Prokla 22

Volltext Prokla 22

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

leisten zu konnen, mit der Arbeit aufzuhoren (83). In die Fabrik gehen sie haufig<br />

auch wegen def Kinder, well sie als Fabrikarbeiterinnen frtiher nachhause kommen<br />

als in anderen Berufen und sich dann mehr urn die Kinder kiimmern konnen (84).<br />

Viele Mutter machen deshalb auch Frtihschicht, obwohl sie so kaum genligend<br />

Schlaf und gar keine Zeit zur Entspannung flir sich allein haben, da sie spatestens<br />

kurz nach den Kindem ins Bett gehen mussen.<br />

Es wird den Frauen leicht gemacht - durch ihre Erziehung und die g!!seUschaftlichen<br />

Erwartungen an das weibliche Verhalten - sich im Verlauf des<br />

Sozialisationsprozesses mit def Hausfrauen- und MutterroUe zu identifizieren;<br />

und es wird ihnen sehr schwer gemacht, schon wenn sie ,,nur" zuhause sind,<br />

diese positive Einstellung gegenuber den Kindem dUfchzuhalten, in einer so wenig<br />

kinderfreundlichen Gesellschaft, die zudem die Frauenarbeit generell, in def Familie<br />

oder im Beruf gering einschiitzt. Urn wieviel groi1er aber sind die Anforderungen,<br />

wenn die Mutter auBerdem arbeiten geht, von den beschriebenen Arbeitsbedingungen<br />

ausgepumpt nachhause kommt, die Hausarbeit erlerugen und kochen<br />

muB, wahrend der Ehemann vielleicht sogar seinen (durchaus notwendigen - genauso<br />

wie flir die Frau!) Feierabend genieBt und sich fUr den nachsten Arbeitstag<br />

erholt, und wenn sie dann noch fUr die Kinder eine ausgeglichene und· aufmerksame<br />

Mutter sein soll. Man sollte sich keine IUusionen damber machen - wie das<br />

haufig bei einer generell positiven Bewertung der Frauenarbeit und ihrer Auswirkungen<br />

auf die Kinder geschieht wie explosiv, ungeduldig, ungerecht solche<br />

liberforderten Mutter dann haufig auf kleine Anliisse reagieren (85).<br />

Die Diskrepanz zwischen den urspriinglichen Intentionen def Mutter und<br />

der Unmoglkhkeit, sich entsprechend zu verhalten, erzeugt starke Schuldgeflihle,<br />

die von der "Offentlichen Meinung" kraftig geschurt werden (86), ohne daB der<br />

83 Vgl. Jutta Menschik, a.a.G., S. 129: " ... und so der verstiindliche Wunsch, irgendwann<br />

einmal aufhoren zu konnen, starker ist, als jeder Gedanke daran, wie kollektiv Veranderungen<br />

irn Arbeitsprozef, erkampft werden konnen ... ". Vgl. auch Reinhold Junker,<br />

a.a.O., Teil III, S. 7: "Die Mehrzahl der erwerbstatigen Mutter blieben Heber zu Hause."<br />

84 Vgi. Peter Schneider, Die Frauen bei Bosch. In: KUIsbuch Nr. 21,1970, S. 103-104.<br />

85 Das ist auch zu berilcksichtigen, wenn etwa die Auffassung vertreten wird (vgl. Helgard<br />

Ulshoefer, Mutter im Beruf, referiert bei Jutta Menschik, a.a.G., S. 150), daf> die berufstatigen<br />

Miltter ihlen Kindem mem Autonomie und Freiheit zubilligen, daf> ihr,Erziehungsstil<br />

toleranter sei, daf> sie keine schlechteren Miltter seien, sondem nur weniger Zeit<br />

flir ihre Kinder hatten als nichtberufstatige Miltter. Vorausgesetzt wird hier ailerdings,<br />

daf> die Mutter ihre Berufsrolle akzeptiert, wei! sie sie akzeptieren kann, und das diirfte<br />

fur die ailerwenigsten zutreffen. Man kann also solche Ergebnisse nicht verallgemeinern,<br />

ganz abgesehen von grundlegender Kritik, die etwa an der Vorstellung anzusetzen hatte,<br />

Kinder, und das betrifft besonders die kleineren, bedfuften eines bestimmten quantitativ<br />

bestimmbare,n Zeitminimums an Aufmerksamkeit.<br />

86 Vgl. Ulrike Marie Meinhof, a.a.O., S. 44: "Statt den Frauen bei der Losung des Problems<br />

zu helfen, kritisiert man sie seit tiber hundert Jahren. Miitterarbeit ist das Stichwort und<br />

Schimpfwort. Ihr eigenes Versagen hat die Gesellschaft mit dem Angriff auf die Miltter<br />

kompensiert ... " Vgl. dazu auch Helga Deppe-Wolfinger und Jutta von Freyberg a.a.G.,<br />

S. 333-334: nach dem ifas-report "Frau und Qffentlichkeit" (1965) wurde die Berufstlitigkeit<br />

der Mutter von 90% der Frauen abgelehnt.<br />

53

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!