Volltext Prokla 22

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22.11.2013 Aufrufe

edingungen in die Zeit hinwegtriiumen, wenn sie heiraten und dann - das hoff en die meisten - die Arbeit aufgeben werden (80). Gerade dieser Wunschcharakter des ausschlie~lichen Leitblldes von der Frau als Mutter und Hausfrau schlagt in seinem Irrealismus bitter auf die Mutter zurUck, die gerade well sie Kinder haben, wieder arbeiten gehen mussen, well der Verdienst des Mannes fur' die Familie nicht ausreicht, bzw. nur ein Leben an der Grenze eines au~erst karglichen Existenzminimums gestatten wtirde, das weit unter dem gesellschaftlich anerkannten Standard liegt (81). Die Begrtindung, mit der man noch weitgehend glaubt, auf eine bessere Blldung und Ausbildung der Madchen verzichten zu konnen, niimlich d~ sie ja wahrscheinlich heiraten und Kinder bekommen und dann zu Hause sein wtirden, wird zum Bumerang gerade fur die Mutter, die dann doch - unter ganz besonders schlechten Bedingungen - arbeiten mussen. Zu diesem Zeitpunkt ist ihnen die lliusion, die die jungen Arbeiterinnen noch hegen konnten, liingst vergangen, sie sind ruter, leichter ermudbar geworden, angestrengt auch durch die Kinder, die mit ihneri verbundene Arbeit und Aufmerksamkeit und durch den wenigen Schlaf, den fehlenden Urlaub; ihre Sorge ist, wie lange sie z.B. den morderischen Akkord mit seinen etwas besseren Verdienstmoglichkeiten noch gesundheitlich durchhalten konnen (82), und ihre Hoffnung, es sich doch moglichst bald fung jener langlebigen Konsumgliter, die einerseits die Hausarbeit erleichtern und andererseits zum gesellschaftlich liblichen Standard gehOren). 80 Vgl. dazu die Ergebnisse einer Befragung, liber die Reinhold Junker (Die Lage der Mlitter in der BRD. Kaln 1966. Tell I, 2. Halbband, S. 222, Tabelle U 13, S. 223, Tabelle U 14) berichtet. Danach nann ten von 604 fri1her erwerbstlitigen Stadtmlittern auf die Frage nach dem Zeitpunkt ihrer inzwischen aufgegebenen Erwerbstlitigkeit liber 70% die Zeit vor der Ehe (Befragung fand 1962/63 statt). Ahnlich iiu1\erten sich etwa 70% von 603 Vlitern, die auf die Frage nach Gri1nden fi1r die Aufgabe der Berufstlitigkeit durch ihre Ehefrauen die Eheschlie1\ung nannten (Befragungszeitpunkt: 1964). 81 Zum "Erwerbsmotiv" der Frauen und Mlitter vg1.: a) Der .Spiegel, 15.1.1971, a.a.D., S. 40: "Nur jede zwanzigste berufstlitige Mutter nannte - laut Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Sozialwissenschaftlicher Institute - "Gri1nde wie Freude am Beruf' als Erwerbsmotiv. "FUr Millionen", so erkannte die Soziologin Dr. Maria Borris, "bleibt nichts als der wirtschaftliche Zwang librig ...". Diese "akonomischen Gri1nde": "weil das Einkommen des Mannes nicht ausreicht, urn Miete, Mabel und manchmal sogar das Mittagessen bezahlen zu kannen." (Ebd., S. 38. Vgl. oben Anm. 35). b) Juliane Schuhler­ Klitzing, a.a.D., S. 92: "In einer Sondererhebung liber die Erwerbstlitigkeit von Mlittern hat das Statistische Bundesamt die Gri1nde fi1r die Erwerbstlitigkeit festgestellt. Die meisten MUtter gaben materielle Gri1nde ali wie Mitverdienen zur Finanzierung des Haushaltes bzw. Lebensunterhaltes, der Miete und wichtiger Anschaffungen, ...". c) Reinhold Junker, a.a.D., Tell I, 2. Halbband, S. 191, Tabelle E 8, S. 205; Teil III, S. 7. d) VIrike Marie Meinhof, a.a.D., S. 44: " ... der DGB legte inzwischen Untersuchungen vor, aus denen ersichtlich ist, da1\ das Einkommen des Ehemannes der meisten erwerbstlitigen MUtter unter dem statistisch ermittelten Existenzbedarf liegt." 82 Vgl. Der Spiegel, 15.1.1971, a.a.D., S. 47: ,,Aufgebraucht und verschlissen infolge ununterbrochener Uberforderung im tliglichen Leben." ,'psychische Storungen, meist Neurosen, sind bei der berufstlitigen Mutter besonders hliuf'Jg." 52

edingungen in die Zeit hinwegtriiumen, wenn sie heiraten und dann - das hoff en<br />

die meisten - die Arbeit aufgeben werden (80). Gerade dieser Wunschcharakter<br />

des ausschlie~lichen Leitblldes von der Frau als Mutter und Hausfrau schlagt in<br />

seinem Irrealismus bitter auf die Mutter zurUck, die gerade well sie Kinder haben,<br />

wieder arbeiten gehen mussen, well der Verdienst des Mannes fur' die Familie<br />

nicht ausreicht, bzw. nur ein Leben an der Grenze eines au~erst karglichen Existenzminimums<br />

gestatten wtirde, das weit unter dem gesellschaftlich anerkannten<br />

Standard liegt (81). Die Begrtindung, mit der man noch weitgehend glaubt, auf<br />

eine bessere Blldung und Ausbildung der Madchen verzichten zu konnen, niimlich<br />

d~ sie ja wahrscheinlich heiraten und Kinder bekommen und dann zu Hause<br />

sein wtirden, wird zum Bumerang gerade fur die Mutter, die dann doch - unter<br />

ganz besonders schlechten Bedingungen - arbeiten mussen. Zu diesem Zeitpunkt<br />

ist ihnen die lliusion, die die jungen Arbeiterinnen noch hegen konnten, liingst<br />

vergangen, sie sind ruter, leichter ermudbar geworden, angestrengt auch durch<br />

die Kinder, die mit ihneri verbundene Arbeit und Aufmerksamkeit und durch den<br />

wenigen Schlaf, den fehlenden Urlaub; ihre Sorge ist, wie lange sie z.B. den morderischen<br />

Akkord mit seinen etwas besseren Verdienstmoglichkeiten noch gesundheitlich<br />

durchhalten konnen (82), und ihre Hoffnung, es sich doch moglichst bald<br />

fung jener langlebigen Konsumgliter, die einerseits die Hausarbeit erleichtern und andererseits<br />

zum gesellschaftlich liblichen Standard gehOren).<br />

80 Vgl. dazu die Ergebnisse einer Befragung, liber die Reinhold Junker (Die Lage der Mlitter<br />

in der BRD. Kaln 1966. Tell I, 2. Halbband, S. <strong>22</strong>2, Tabelle U 13, S. <strong>22</strong>3, Tabelle U 14)<br />

berichtet. Danach nann ten von 604 fri1her erwerbstlitigen Stadtmlittern auf die Frage<br />

nach dem Zeitpunkt ihrer inzwischen aufgegebenen Erwerbstlitigkeit liber 70% die Zeit<br />

vor der Ehe (Befragung fand 1962/63 statt). Ahnlich iiu1\erten sich etwa 70% von 603<br />

Vlitern, die auf die Frage nach Gri1nden fi1r die Aufgabe der Berufstlitigkeit durch ihre<br />

Ehefrauen die Eheschlie1\ung nannten (Befragungszeitpunkt: 1964).<br />

81 Zum "Erwerbsmotiv" der Frauen und Mlitter vg1.: a) Der .Spiegel, 15.1.1971, a.a.D.,<br />

S. 40: "Nur jede zwanzigste berufstlitige Mutter nannte - laut Umfrage der Arbeitsgemeinschaft<br />

Sozialwissenschaftlicher Institute - "Gri1nde wie Freude am Beruf' als Erwerbsmotiv.<br />

"FUr Millionen", so erkannte die Soziologin Dr. Maria Borris, "bleibt nichts<br />

als der wirtschaftliche Zwang librig ...". Diese "akonomischen Gri1nde": "weil das Einkommen<br />

des Mannes nicht ausreicht, urn Miete, Mabel und manchmal sogar das Mittagessen<br />

bezahlen zu kannen." (Ebd., S. 38. Vgl. oben Anm. 35). b) Juliane Schuhler­<br />

Klitzing, a.a.D., S. 92: "In einer Sondererhebung liber die Erwerbstlitigkeit von Mlittern<br />

hat das Statistische Bundesamt die Gri1nde fi1r die Erwerbstlitigkeit festgestellt. Die meisten<br />

MUtter gaben materielle Gri1nde ali wie Mitverdienen zur Finanzierung des Haushaltes<br />

bzw. Lebensunterhaltes, der Miete und wichtiger Anschaffungen, ...". c) Reinhold<br />

Junker, a.a.D., Tell I, 2. Halbband, S. 191, Tabelle E 8, S. 205; Teil III, S. 7. d) VIrike<br />

Marie Meinhof, a.a.D., S. 44: " ... der DGB legte inzwischen Untersuchungen vor,<br />

aus denen ersichtlich ist, da1\ das Einkommen des Ehemannes der meisten erwerbstlitigen<br />

MUtter unter dem statistisch ermittelten Existenzbedarf liegt."<br />

82 Vgl. Der Spiegel, 15.1.1971, a.a.D., S. 47: ,,Aufgebraucht und verschlissen infolge ununterbrochener<br />

Uberforderung im tliglichen Leben." ,'psychische Storungen, meist<br />

Neurosen, sind bei der berufstlitigen Mutter besonders hliuf'Jg."<br />

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