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Zsolt Vitári Zur Geschichte des Hochlandlagers der Hitlerjugend

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<strong>Zsolt</strong> <strong>Vitári</strong><br />

<strong>Zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong> <strong>der</strong> <strong>Hitlerjugend</strong> 1<br />

I. Einleitung<br />

In einer malerischen Landschaft, umgeben von wun<strong>der</strong>schönen Bergen und Tannenwäl<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> oberbayerischen Alpen sowie <strong>der</strong> in Richtung Norden eilenden Isar befindet sich bei Königsdorf<br />

(Oberbayern) eine Jugendbildungsstätte, die Jugendsiedlung Hochland. Ihr Träger ist<br />

<strong>der</strong> Verein "Jugendsiedlung Hochland e.V.", <strong>der</strong> sich im Jahre 1950 mit dem Ziel gründete,<br />

sich für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche zu engagieren. „Reagierte <strong>der</strong> Verein in den Nachkriegsjahren<br />

auf die Nöte junger Menschen, indem er für heimatlose Jugendliche ein Wohnheim und<br />

Ausbildungsplätze für verschiedene Handwerksberufe im "Hochlandlager" anbot sowie mit<br />

einem Zeltlager Freizeit- und Erholungsmaßnahmen ermöglichte, engagiert er sich heute für<br />

eine Jugendför<strong>der</strong>ung und Jugendbildung im weitesten Sinne“ - heißt es in <strong>der</strong> Werbebroschüre<br />

<strong>der</strong> heutigen Jugendsiedlung Hochland. 2<br />

Obwohl die Jugendsiedlung heute ein breitgefächertes Programm für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche<br />

anbietet, ist sie zugleich auch eine Stätte <strong>des</strong> Gedenkens. Diese Funktion wird auch in<br />

<strong>der</strong> heutigen Benennung <strong>der</strong> Jugendbildungsstätte ausgedrückt, die Ursprünge dieses Lagers<br />

nicht leugnen will, son<strong>der</strong>n für alle heranwachsenden Generationen als Erinnerung und Mahnung<br />

aufbewahren möchte. 3 Ursprünglich hieß es das „Hochlandlager” <strong>des</strong> Gebietes Hochland<br />

(19) <strong>der</strong> <strong>Hitlerjugend</strong> (HJ), entstanden 1934, jedoch noch an einem an<strong>der</strong>en Ort.<br />

Dieses Lager war also schon damals für die Jugend zustandegebracht worden, <strong>der</strong> Unterschied<br />

lag zur heutigen Jugendsiedlung nur in den Bildungszielen, die zwar den heutigen ähnlich<br />

klangen, aber letztendlich diese sich in <strong>der</strong> Vorkriegsgeschichte <strong>des</strong> Lagers nicht bewahrheitet<br />

haben. Lauteten diese Zwecke <strong>des</strong> Vorkriegslagers noch so schön, folgten sie verbrecherischen<br />

Idealen, die nur scheinbar dem Wohl <strong>der</strong> Jugend dienten, tatsächlich aber ihr Unheil<br />

vorbereiteten.<br />

Wie die heutige Jugendsiedlung schon allein mit ihrer Lage bezaubernd auf alle wirkt, die<br />

sie aufsuchen, mag es auch in <strong>der</strong> Vergangenheit nicht an<strong>der</strong>s gewesen sein. Die Idylle <strong>der</strong><br />

Natur, die frische Luft, die zu Ausflügen lockende Landschaft, das saubere und kristallklare<br />

Wasser <strong>der</strong> Isar waren Momente, die die Jugend auch damals reizten. Das Lager war in erster<br />

Linie jedoch kein Ort <strong>der</strong> mühelosen Freizeit, son<strong>der</strong>n die Stätte <strong>des</strong> Drills und <strong>der</strong> ideologischen<br />

Betäubung <strong>der</strong> Jugendlichen.<br />

Die damalige Jugen<strong>der</strong>ziehung erlebte in <strong>der</strong> Form <strong>der</strong> Lagererziehung ihren Höhepunkt.<br />

Über ihre Wichtigkeit, und vor allem die <strong>der</strong> Jugendausbildung für spätere Zwecke haben die<br />

Nationalsozialisten lange gepredigt. Selbst Adolf Hitler hat seinen Standpunkt in wenigen Sachen<br />

so klar kundgetan, wie in <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Jugend. Diesen „wertvollsten Besitz” <strong>des</strong> deutschen<br />

Volkes wollten die Nationalsozialisten noch wertvoller machen, indem er einer systematischen<br />

Verführung und Ausbeutung unterworfen wurde. Es wurde eine Jugend „herangezüchtet“,<br />

die „zäh wie Le<strong>der</strong>, flink wie Wildhunde und hart wie Krupp-Stahl“ werden musste,<br />

die von Anfang an lernen musste, dass den Führern blindlings zu folgen sei.<br />

1 Diese Studie ist eine verkürzte Form einer Diplomarbeit (Massensuggestion und Militärdrill. Kapitel aus <strong>der</strong><br />

<strong>Geschichte</strong> <strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong> <strong>der</strong> <strong>Hitlerjugend</strong>, Pécs (Ungarn) 2001). Die Recherchen zu dieser Arbeit wurden<br />

von <strong>der</strong> Fachstiftung „Studenten für die Wissenschaft” <strong>der</strong> Stiftung „Pro Renovanda Cultura Hungariae” unterstützt.<br />

2 Jugendsiedlung Hochland Königsdorf (Werbebroschüre).<br />

3 JOSEF BIRZELE, Die <strong>Geschichte</strong> <strong>des</strong> „<strong>Hochlandlagers</strong>“ im Dritten Reich. <strong>Zur</strong> Begehung im Ortsteil Rothmühle<br />

am 3. September 1995, Manuskript.


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Als sie in ihrem Glauben zu wackeln begann, war es schon zu spät. Eine ganze Generation<br />

ist aufgewachsen, die ihre Jugend und viele von ihnen auch ihr Leben für eine falsche Idee<br />

geopfert haben.<br />

II. Entwicklung <strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong><br />

II. 1. Hochlandlager 1934 bei Murnau<br />

Wir markieren die Begründung <strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong> mit dem Jahr 1934. Tun wir es <strong>des</strong>halb,<br />

weil das Hochlandlager von diesem Jahr an jene Größe erreicht hat, die dieses Lager zu einem<br />

<strong>der</strong> größten überhaupt gemacht hat. Trotzdem war 1934 nicht das erste Jahr, in dem ein Hochlandlager<br />

organisiert wurde. Der Gebietsführer <strong>des</strong> Gebietes Hochland, Emil Klein kam schon<br />

vor <strong>der</strong> Machtübernahme auf die Idee für sein Gebiet ein Sommerlager abzuhalten.<br />

1931 fand ein Hochlandlager bei Berchtesgaden, 4 1933 in München statt. Wahrscheinlich<br />

waren diese Lager noch wesentlich kleiner, als die in den folgenden Jahren. 5<br />

Die wirkliche Tradition <strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong> begann also 1934, hier wurden die ersten<br />

Grundsteine für die Errichtung eines <strong>der</strong> wahrscheinlich größten Sommerzeltlager innerhalb<br />

<strong>des</strong> Reichsgebiets gelegt. Hier wurde jenes Hochlandlager geboren, von dem Reichsjugendführer<br />

Baldur von Schirach nach zwei Jahren stolz behaupten konnte: „dieses Lager ist [sei] in<br />

erzieherischer Hinsicht zielweisend für die Zukunft.” 6<br />

Als Standort für das Hochlandlager 1934 wurde Murnau in Oberbayern ausgewählt. Die<br />

Lage <strong>des</strong> Lagers zwischen dem Staffel- und Riegsee umgeben von den wun<strong>der</strong>schönen Ausläufern<br />

<strong>des</strong> Herzogstands und <strong>des</strong> Heingartens war eine treffende Wahl für das Zeltlager <strong>des</strong><br />

Gebietes. 7<br />

Das Lager wurde auf einer Fläche von 6 Quadratkilometern ungefähr für 6000-6500<br />

Kin<strong>der</strong> zwischen 12 und 18 Jahren eingerichtet, die ihre „Ferien“ zwischen 1. und 28. August<br />

im neuen Hochlandlager verbringen konnten. 8 Der beson<strong>der</strong>e Wert <strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong> zeigte<br />

sich auch darin, dass <strong>der</strong> Reichsjugendführer die Eröffnung selber in die Hand genommen hat.<br />

Schirach war begeistert vom Lager und überraschte die Lagerinsassen in den späteren Jahren<br />

oft mit unangemeldeten Besuchen. Aus Anlass <strong>der</strong> Durchführung <strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong> war<br />

auch eine Plakette <strong>des</strong> Lagers entworfen worden. Das neue Lager wurde vom Gebietsführer<br />

Emil Klein unter den Gedanken gestellt: „Die <strong>Hitlerjugend</strong> will die Sonne im Leben <strong>des</strong> Führers<br />

und <strong>der</strong> deutschen Nation sein.” 9<br />

Das Hochlandlager 1934 war aber nicht nur ein einfaches Sommerlager für Mitglie<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Hitlerjugend</strong>, es war zugleich ein Lager für die Marine-HJ, die während <strong>der</strong>selben Zeit im<br />

Lager einer Lagererziehung unterzogen wurde. Die Mannschaft bestand aus 110 Mann, alle<br />

aus dem Gebiet Hochland, und bezog ihr Zeltlager am Riegsee. Für sie war es nicht nur ein<br />

4 Bayerisches Hauptstaatsarchiv (im weiteren BayHStA), Presseausschnittsammlung (PrASlg) Rehse, 394.<br />

5 Aus den Quellen, die sich zur <strong>Geschichte</strong> <strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong> noch aufzufinden sind, konnte es nicht ermittelt<br />

werden, ob ein ähnliches Lager auch 1932 stattfand. Man kann nur ahnen, dass das Lager auch in diesem Jahr<br />

veranstaltet wurde.<br />

6 Unser Hochlandlager, hrsg. von <strong>der</strong> Presse- und Propagandastelle <strong>des</strong> Gebietes 19 Hochland, Institut für Zeitgeschichte<br />

(im weiteren IfZ), München, Wqk 33.<br />

7 „Weiter teilte <strong>der</strong> Gebietsführer mit, dass 6000 Jungens und Mädels die Möglichkeit erhalten sollen, vier Wochen<br />

lang in unseren schönen Bergen den Nationalsozialismus zu erleben. Das Lager kann vom 1. bis 28. August<br />

stattfinden. Es wird ein Jugendlager sein, wie Deutschland noch keines gesehen hat, aber ein Lager mit lauter<br />

ganz kleinen Zeltgemeinschaften.” – Bericht über die Führertagung <strong>des</strong> Gebietes 19 Hochland in München, Völkischer<br />

Beobachter (im weiteren VB), 28. März 1934.<br />

8 BayHStA, Akten <strong>des</strong> Staatsministeriums <strong>der</strong> Finanzen, Vaterländische Jugendpflege, MF 68510, Brief <strong>des</strong><br />

Reichspostministers an den Reichsfinanzminister, 3. August 1934, auch im Bun<strong>des</strong>archiv Berlin (im weiteren<br />

BArch), Akten <strong>der</strong> Reichskanzlei, R 43 II/523, p. 231.; siehe auch VB, 23. Juli 1934, BayHStA, PrASlg Rehse,<br />

449.<br />

9 VB, 23. und 24. Juli 1934, BayHStA, PrASlg Rehse, 449.


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Übungs- und Ausbildungslager, son<strong>der</strong>n versah auch den Wasserwach- und Rettungsdienst<br />

während <strong>der</strong> ganzen Dauer <strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong> am Riegsee und Froschauersee. 10<br />

Die Organisatoren waren mit ihrer Arbeit am Ende <strong>des</strong> Lagers zufrieden, sie konnten einen<br />

großen Erfolg verbuchen, <strong>der</strong> zugleich das Selbstbewusstsein stärkte, auch im nächsten<br />

Jahr ein ähnliches Lager auszuführen. Das Gebiet Hochland wusste mit ihrem ersten Großlager<br />

auch die ausländische Presse zu bezaubern. Ein englischer Journalist schrieb in „The Daily<br />

Mail” Folgen<strong>des</strong>: „Keine Nation hat glücklichere Jugend” 11<br />

Die Gesandtschaft <strong>des</strong> Gebietes Hochland zu den Reichsparteitagen in Nürnberg im<br />

Rahmen <strong>des</strong> Adol-Hitler-Marsches wurde auch je<strong>des</strong> Jahr im Hochlandlager empfangen und<br />

weitergeschickt. 1934 waren es 75 Teilnehmer, sie wurden vom Gebietsführer verabschiedet.<br />

Sie haben die Fahnen <strong>des</strong> Gebietes während eines Zweiwochenmarsches nach Nürnberg getragen.<br />

12<br />

II. 2. Hochlandlager 1935 bei Lenggries<br />

1935 musste man einen neuen Schauplatz für das Hochlandlager suchen. Warum dies nötig<br />

war, wird aus den zur Verfügung stehenden Dokumenten nicht ersichtlich, wie es beispielsweise<br />

beim erneuten Standortwechsel 1936 zu belegen ist. Es lässt sich aber ahnen, dass auch<br />

in diesem Jahr die Eigentümer <strong>des</strong> Gelän<strong>des</strong> nicht mehr bereit waren ihre Grundstücke für die<br />

Zeit <strong>des</strong> Sommerlagers zu verpachten. So musste sich die Gebietsführung erneut um ein geeignetes<br />

Gelände kümmern. 13<br />

Die Zelte wurden diesmal in <strong>der</strong> Nähe von Lenggries bei Jachenau aufgeschlagen, am<br />

Fuße <strong>des</strong> Rauchenbergs, an <strong>der</strong> Jachen und Isar. An <strong>der</strong> ländlichen Idylle und <strong>der</strong> wun<strong>der</strong>schönen<br />

Landschaft än<strong>der</strong>te sich also praktisch gar nichts, es gab wie<strong>der</strong> reichlich Gelegenheit<br />

zum Wan<strong>der</strong>n und zum Baden.<br />

Das Lager war mit insgesamt 8000 Lagerinsassen wie<strong>der</strong> voll ausgelastet. Sie waren in<br />

zwei Lagerabschnitte eingeteilt: Das erste Lager fand für die ersten 4000 Jungen in diesem<br />

Jahr bereits zwischen dem 14. Juli und dem 1. August statt. Das Hochlandlager, das wie<strong>der</strong><br />

viel für seine Teilnehmer präsentieren wollte, wurde durch den bayerischen Staatsminister<br />

Adolf Wagner feierlich eröffnet. 14<br />

Im zweiten Lager – eröffnet durch Schirach - wurden zwischen dem 8. und 28. August<br />

wie<strong>der</strong> 4000 Jungen untergebracht, dazu kamen noch die 1400 ausländischen, volksdeutschen<br />

Gäste <strong>des</strong> Deutschlandlagers, die 10 Tage im Hochlandlager verbracht haben. 15 Lagerleiter<br />

war in beiden Abschnitten genauso wie im Vorjahr <strong>der</strong> Gebietsführer, Emil Klein selbst. 16<br />

Die ausländischen Gäste <strong>des</strong> Deutschlandlagers kamen aus 48 Län<strong>der</strong>n – sogar aus Südafrika<br />

– und wie im Völkischen Beobachter auch betont wurde waren alle deutschblütige Jugendliche,<br />

gehörten also <strong>der</strong> volksdeutschen Min<strong>der</strong>heit ihrer Heimatlän<strong>der</strong> an. Zu ihren Ehren<br />

wurde im Lager die Straße <strong>der</strong> Nationen eingerichtet, wo alle 48 Flaggen gehisst wurden.<br />

Das Motto war: „Deutschland schließt aus seinem Bund keine Deutschen aus, egal wo sie leben.”<br />

17<br />

10 BayHStA, Sammlung (Slg) Varia, 1303/1, Hochlandlager 1934.<br />

11 Unser Hochlandlager.<br />

12 VB, 20. August 1939, BayHStA, PrASlg Rehse, 444.<br />

13 Gebietsbefehl <strong>der</strong> NSDAP/HJ, Gebiet Hochland, Befehl, 9/35 (20. März 1935) und 15/35 (20. Mai 1935),<br />

BayHStA, Slg Varia, 1303/1.<br />

14 Staatsarchiv München (im weiteren StAM), Akten <strong>des</strong> Landratsamtes Tölz, LRA 134 326, Hochlandlager <strong>der</strong><br />

HJ, Programm für die Fest- und Feiergestaltung im Hochlandlager 1935, p. 10.; Bayerische Radio-Zeitung, August<br />

1935, BayHStA, PrASlg Rehse, 450.<br />

15 Bayerische Radio-Zeitung, August 1935, BayHStA, PrASlg Rehse, 450 und StAM, LRA 134 326, Lagerordnung<br />

1935.<br />

16 BayHStA, Akten <strong>des</strong> Staatsministeriums <strong>des</strong> Innern, MInn 71799, Brief <strong>des</strong> Gebietsführer an Obersturmbannführer<br />

Enzinger, 6. Juli 1935.<br />

17 VB, 5. August 1935, BayHStA, PrASlg Rehse, 450; Unser Hochlandlager.


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Die Gäste sind auf Einladung <strong>der</strong> Reichsjugendführung bereits im Juni zum Deutschlandlager<br />

„Welttreffen” <strong>der</strong> <strong>Hitlerjugend</strong> eingetroffen. Die Teilnehmer waren zwischen 10 und 20<br />

Jahren, viele von denen aus schlechteren sozialen Verhältnissen. Den Jungen wurde eine<br />

Deutschlandfahrt, die zwischen dem 1. und dem 31. August stattfand, organisiert, die durch<br />

alle Teile <strong>des</strong> Reiches führen sollte, um „Eindruck von dem Aufbauwillen” <strong>des</strong> deutschen<br />

Volkes, „Eindruck von <strong>der</strong> Schönheit” <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> und „von den Taten <strong>des</strong> Führers” zu vermitteln.<br />

Sie verbrachten die Zeit zwischen dem 8. und 16 August im Hochlandlager, wo sie in<br />

die Lagerkameradschaften eingeordnet wurden und gemeinsame Schulungs- und Ausbildungsveranstaltungen<br />

besuchten. Während <strong>des</strong> Aufenthaltes im Hochlandlager hatten sie auch<br />

reichlich Gelegenheit, sich mit <strong>der</strong> Umgebung <strong>des</strong> Lagers, den Naturschönheiten Oberbayerns<br />

bekannt zu machen. 18<br />

Die Umgebung <strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong> konnte sich jedoch mit dem Standort <strong>des</strong> Lagers nicht<br />

abfinden. Die Probleme, die durch Jugendliche verursacht wurden, führten am Ende dazu,<br />

dass das Hochlandlager erneut verlegt wurde. Außerdem spielte bei <strong>der</strong> Verlegung <strong>des</strong> Lagers<br />

eine wichtige Rolle, dass die Kosten, die im Zusammenhang <strong>des</strong> Lagerstandortes aufgekommen<br />

sind, auch eine erhebliche Summe ausmachten. In den Jahren 1934 und 1935 wurden <strong>der</strong><br />

HJ für das Hochlandlager Geländeabschnitte, d.h. Wiesen- und Weideflächen von den Bauern<br />

gegen Zahlung einer Flurentschädigung zur Verfügung gestellt. Mit solchen Beträgen musste<br />

je<strong>des</strong> Jahr gerechnet werden, solange die HJ für ihr Sommerlager kein eigenes Gelände hatte.<br />

Es war aber nicht nur ein Problem <strong>des</strong> Gel<strong>des</strong>. Nach den Erfahrungen <strong>der</strong> ersten zwei Jahre<br />

ließen sich kaum Bauern finden, die bereit waren, ihre Gründstücke für die Zeit <strong>des</strong> Lagers zu<br />

verpachten, weil bei schlechter Gewitterung die Grundstücke ziemlich stark beschädigt wurden,<br />

so dass sie im nächsten Wirtschaftsjahr für die Eigentümer weniger Ertrag versprachen. 19<br />

Mit einem Wan<strong>der</strong>lager waren aber auch weitere Kosten verbunden. Da das Lager Strom-<br />

, Wasser und Fernsprechanschluss brauchte, mussten diese Anlagen je<strong>des</strong> Jahr neu erstellt<br />

werden. 20<br />

II. 3. Das Hochlandlager 1936-1942 bei Königsdorf<br />

Da die Finanzen immer die größten Probleme <strong>der</strong> HJ-Arbeit bedeuteten, waren die Organisatoren<br />

<strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong> einig, ein Gelände zu finden, das in <strong>der</strong> Zukunft ständig <strong>der</strong> Ausführung<br />

<strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong> dienen sollte. Der neue Standort wurde in <strong>der</strong> Nähe von Bad Tölz<br />

bei Königsdorf, am Rande <strong>der</strong> Gemeinde Osterhofen gefunden. Die Lage <strong>des</strong> künftigen Lagers<br />

war genauso malerisch wie die bisherigen zwei Standorte. Mitten in den Wäl<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />

bayerischen Alpen entlang <strong>der</strong> Isar waren auch weitere Gegebenheiten für die Einrichtung <strong>des</strong><br />

Lagers vorhanden. Das Gebiet war ein Quellgebiet, so war die Trinkwasserversorgung auch<br />

gelöst, außerdem bot die Isar reichlich Gelegenheit zum Baden. Auf dem Gelände standen<br />

auch zwei Bauernhöfe, die untere und obere Rothmühle, von denen <strong>der</strong> eine von einem Bauern<br />

als Pacht bewirtschaftet wurde, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e konnte leicht zum Verwaltungsbau <strong>des</strong> Lagers<br />

umgebaut werden. 21<br />

Die obere Rothmühle und fast das ganze Lagergelände befand sich auf dem Gebiet <strong>des</strong><br />

Bezirks Wolfratshausen, gehörte zur Gemeinde Osterhofen, die untere Rothmühle lag dagegen<br />

im Bezirk Tölz und gehörte zur Gemeinde Unterfischbach. Die Gebietsführung sah es nötig,<br />

diese Situation zu vereinfachen und veranlasste 1936 die Eingemeindung <strong>der</strong> unteren<br />

Rothmühle zur Gemeinde Osterhofen. Da beide Bezirke mit einer solchen Lösung zugunsten<br />

18 BArch, Akten <strong>des</strong> Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda, R 55/508, Programm <strong>der</strong><br />

Deutschlandfahrt, 8. Juli 1935.<br />

19 BArch, Akten <strong>des</strong> Reichschatzmeisters <strong>der</strong> NSDAP, NS 1, 2469/2, Brief <strong>des</strong> Reichskassenverwalters an<br />

Schwarz, 12. Februar 1936, siehe auch ebd., Aktennotiz zum Ankauf eines Gelän<strong>des</strong> für das Hochlandlager.<br />

20 Ebd., Brief <strong>des</strong> Reichskassenverwalters an Schwarz, 12. Februar 1936, siehe auch ebd., Aktennotiz zum Ankauf<br />

eines Gelän<strong>des</strong> für das Hochlandlager.<br />

21 Ebd., Brief <strong>des</strong> Reichskassenverwalters an Schwarz, 12. Februar 1936.


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<strong>der</strong> Vereinfachung <strong>der</strong> Grundverhältnisse einverstanden waren, konnten die Verhandlungen<br />

schon im Sommer 1937 abgeschlossen werden. 22<br />

Das ganze künftige Lagergelände war im Eigentum <strong>der</strong> Stadt München, die immer ein<br />

wohlwollen<strong>des</strong> Verhältnis zur <strong>Hitlerjugend</strong> pflegte. So war <strong>der</strong> Kaufpreis relativ niedrig, zudem<br />

waren die Zahlungen auf 5 Jahren verteilt. Die Summe konnte aber sofort von den jährlichen<br />

Zuschüssen <strong>der</strong> bayerischen Hauptstadt abgerechnet werden. 23 So kaufte das Gebiet<br />

Hochland das neue Gelände von <strong>der</strong> Stadt München am 15. Juli 1936.<br />

Nachdem das Grundstück gekauft war, tauchte ein wesentliches Problem auf, <strong>des</strong>sen Lösung<br />

sich über Jahre hingezogen hat. Es ging nämlich um ein Hochspannungskabel <strong>der</strong> Isarwerke,<br />

das über dem Lagergelände verlief. Da die Anwesenheit <strong>des</strong> Kabels als gefährlich eingeschätzt<br />

wurde, versuchten die Verantwortlichen mit <strong>der</strong> Isarwerke GmbH eine Lösung zu<br />

finden. Wahrscheinlich wurde die Verlegung <strong>des</strong> Kabels schon 1936 veranlasst, die Planungen<br />

dafür lassen sich aber erst ab 1937 dokumentieren. Am 8. April 1937 kam die Vereinbarung<br />

zwischen <strong>der</strong> Isarwerke GmbH und <strong>des</strong> Gebietes Hochland zustande, nach <strong>der</strong> sich die<br />

Isarwerke verpflichten haben, das Kabel zu verlegen, wenn das Gebiet die Grundstückangelegenheiten<br />

regelt, die Material- und Neubaukosten unterstützt. Die Lösung <strong>der</strong> Frage verzog<br />

sich jedoch noch sehr lange, da zur Verlegung <strong>des</strong> Kabels weiter benachbarte Grundstücke<br />

erworben werden mussten, wobei die Finanznot sowohl bei <strong>der</strong> Anschaffung <strong>der</strong> Grundstücke<br />

als auch <strong>der</strong> nötigen Materialien <strong>der</strong> Kabelverlegung (Kabel, Eisen für die Mäste usw.) nicht<br />

sofort zu überwinden war. Wie man mit <strong>der</strong> Kabelverlegung klargekommen ist, lässt sich<br />

nicht mehr dokumentieren. 24<br />

1938 belasteten die Lagerführung auch an<strong>der</strong>e Sorgen. Die angefangenen Bauten zur Errichtung<br />

weiterer Festbauten wie <strong>des</strong> Führerheims und <strong>der</strong> Gebietsführerschule auf dem Lagergelände<br />

konnten im August 1938 nicht zu Ende geführt werden, weil die Mitarbeiter <strong>der</strong><br />

Baufirma in das Rheinland beor<strong>der</strong>t wurden. Eine an<strong>der</strong>e Firma durfte nicht beauftragt werden,<br />

so dass die Bauten nur noch vor Witterungseinfluss geschützt wurden. 25<br />

Obwohl die angesprochenen Schwierigkeiten bei <strong>der</strong> Einrichtung <strong>des</strong> Lagers auf dem<br />

neuen, endgültigen Gelände nicht sofort aus dem Weg geräumt werden konnten, ist das Erziehungsprogramm<br />

nicht zu kurz gekommen. Das Hochlandlager empfing 1936 wie<strong>der</strong> mehrere<br />

tausend Jugendliche. Ab 1936 bis 1939 stand das Lager unter <strong>der</strong> Leitung von Hans Hellmuth,<br />

<strong>der</strong> später als K-Führer (Kriegsführer) <strong>des</strong> Gebietes weiter agierte. 26<br />

Das Lager wurde vom Gauleiter Adolf Wagner eröffnet 27 und erfasste insgesamt 8000<br />

Hitlerjungen in zwei dreiwöchigen Kursen. Das Wetter war wie<strong>der</strong> einmal ungnädig zu den<br />

Teilnehmern, so kam es zur Eröffnung in einem kleineren Rahmen, die im Karl-Wahl-Zelt<br />

ausgeführt wurde. (Karl Wahl war ein Gauleiter <strong>der</strong> NSDAP.) Das diesjährige Lager wurde<br />

von Klein unter das Motto „Disziplin und Glaube” gestellt. Das erste Lager fand zwischen<br />

dem 9. und dem 28. Juli für 4000 Jungen statt, das zweite vom 30. Juli bis 18. August ebenfalls<br />

für 4000 Jungen, zwei Drittel <strong>der</strong> Burschen kamen aus dem Deutschen Jungvolk (DJ),<br />

22 StAM, LRA 134 326, Schriftwechsel zwischen den Bezirksämtern Tölz und Wolfratshausen, 1936-1937.<br />

23 BArch, NS 1, 2469/2, Brief <strong>des</strong> Reichskassenverwalters an Schwarz, 12. Februar 1936., siehe auch ebd., Aktennotiz<br />

zum Ankauf eines Gelän<strong>des</strong> für das Hochlandlager.<br />

24 Alle Unterlagen zur Frage <strong>der</strong> Kabelverlegung siehe in: BArch, NS 1, 2469/2.<br />

25 Ebd.<br />

26 Hauptbannführer Hellmuth begann seine Laufbahn 1930 in dem HJ-Bann München-Nord als Scharführer.<br />

Nach Führung einer Gefolgschaft und eines Unterbannes wurde er später mit <strong>der</strong> Führung <strong>des</strong> Bannes L und <strong>des</strong><br />

späteren Oberbannes Groß-München beauftragt. Seit 1936 war er Hauptbannführer und Leiter <strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong>.<br />

VB, 18. Dezember 1939, BayHStA, PrASlg Rehse, 444.<br />

27 Dieses Ereignis war im Tagebuch von Wagner für den 12. Juli 1936 vorgesehen, für 11 Uhr. Wagner hat mit<br />

Klein und Schwarz das Gelände auch noch im Mai aufgesucht. Adolf Wagners Tagebuchaufzeichnungen, Band I,<br />

1936, IfZ, F 139/1.


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ein Drittel aus <strong>der</strong> HJ. Zudem empfing man im Lager auch eine Gruppe von 200 Pimpfen aus<br />

Danzig. 28<br />

1936 wurde im Hochlandlager für alle Son<strong>der</strong>einheiten Ausbildung durchgeführt, jeweils<br />

60 Jungen nahmen an den Schulungen für Marine, Jungflieger, Motorsport, Nachrichter und<br />

Feldscher teil. 29<br />

Das Jahr 1937 brachte weitere Verän<strong>der</strong>ungen im Lager. Die gravierendste von denen<br />

war, dass das Hochlandlager fortan zu einem Führer-, bzw. Führerinnenlager avancierte. Das<br />

erste Mädel-Hochlandlager wurde durchgeführt, es stand unter dem Motto „Von <strong>der</strong> Heimat<br />

zum Reich.” Obwohl für den Bund Deutscher Mädel (BDM) die Zeltlager ab 1937 aus gesundheitlichen<br />

Gründen verboten wurden, fiel das Hochlandlager unter die wenigen Lager,<br />

die Mädel empfangen durften, weil dort feststehende Einrichtungen angelegt waren. Sonst<br />

mussten die Mädels in Jugendherbergen untergebracht werden. 30<br />

In <strong>der</strong> Zeit vom 1. Juni bis 28. Juli wurden 3200 Gruppen- und Scharführerinnen <strong>des</strong><br />

BDM und Jungmädelbund (JM) zu 14-tägigen Schulungskursen in das „Mädel-Lager-<br />

Hochland” einberufen. Am ersten Lager in den ersten zwei Juniwochen nahmen 800 Mädels<br />

teil. Das Lager stand unter <strong>der</strong> ständigen Leitung von Martha Middendorf, <strong>der</strong> Obergauführerin<br />

<strong>des</strong> Obergaus Hochland. In den nächsten 6 Wochen wurden noch dreimal 800 Mädels geschult.<br />

31<br />

Nachdem die Mädchen das Lager verlassen hatten, kamen im August die Jungen an die<br />

Reihe. 1937 war das Hochlandlager auch bei den Jungen ein Führerlager geworden. Zwischen<br />

dem 6. und 27. August wurden 3000 HJ- und DJ-Unterführer für ihre Führertätigkeit vorbereitet.<br />

Da das Lager diesmal schon Unterführerlager war, wurden auch die Anfor<strong>der</strong>ungen erhöht.<br />

Klein formulierte es folgen<strong>der</strong>maßen: „Für den HJ-Führer gelten strengere Gesetzte,<br />

darum wird auch dieses Lager an<strong>der</strong>s sein als ein solches <strong>der</strong> Mannschaft!” 32<br />

1937 wurden wie im Vorjahr Son<strong>der</strong>kurse für die Marine-, Flieger- und Motor-HJ abgehalten.<br />

33<br />

Im Jubiläumsjahr 1938, in dem das 10-jährige Bestehen <strong>des</strong> Gebietes Hochland gefeiert<br />

wurde, fand das Führerlager vom 8. bis 29. August mit <strong>der</strong> Teilnahme von 3000 HJ- und DJ-<br />

Mitglie<strong>der</strong>n statt. Diesmal kommentierte man das Wesen <strong>des</strong> Lagers mit diesen Worten: „Das<br />

Lager hat den Zweck, die Führer innerhalb <strong>des</strong> Gebietes zu überprüfen und sie körperlich und<br />

geistig für die weitere Arbeit in ihren Formationen auszurichten. Mit dem Besuch <strong>des</strong> Führerlagers<br />

erfüllt <strong>der</strong> Einheitsführer die ihm vom Obergebietsführer gestellte Pflicht, sich jährlich<br />

einmal einen dreiwöchigen Lehrgang zu unterziehen.” 34<br />

Das erste Mädellager begann in diesem Jahr am 7. Juli und dauerte bis 18. Juli und nahmen<br />

daran 800 Mädchen teil. Es wurde am 13. Juli durch Middendorf und Wagner feierlich<br />

eröffnet. Das zweite Mädellager fand in den nächsten zwei Wochen statt und es kamen genauso<br />

viele Teilnehmer wie im ersten Lager.<br />

Das Hochlandlager wurde über die Jahre hinweg ständig erweitert. 1938 kaufte man in<br />

Osterhofen noch ein Grundstück, das für die neue Gebietsführerschule „Bergkuppe Hochland-<br />

28 BayHStA, Slg Varia, 1303/1; VB, 16. Mai, 13. und 18. Juli 1936, BayHStA, PrASlg Rehse, 451.<br />

29 Gebietsbefehl <strong>der</strong> NSDAP/HJ, Gebiet Hochland, 9/36, 1. April 1936, p. 12.<br />

30 MARTHA HARTMANN, Mädel, Sonne, Zelt. <strong>Geschichte</strong>n und Erzählungen um das Mädellager Hochland,<br />

Berlin o.J., pp. 7-8. (IfZ, W 282); Der Bund Deutscher Mädel in Dokumenten. Materialsammlung zur Richtigstellung,<br />

zusammengestellt von DR. JUTTA RÜDIGER, Lindhorst 1984, p. 178. (IfZ, Wq 79).<br />

31 VB, 5. April und 2. Juni 1937, BayHStA, PrASlg Rehse, 511.<br />

32 VB, 30. August 1937; Würmtalbote, 9. August 1937, BayHStA, PrASlg Rehse, 451.<br />

33 VB, 21. August 1937, BayHStA, PrASlg Rehse, 451.<br />

34 Gebietsbefehl <strong>der</strong> NSDAP/HJ, Gebiet Hochland, A 11/38, 1. Juni 1938, pp. 1-3. (IfZ, Db 44.67); Bayerisches<br />

Hauptstaatsarchiv, Geheimes Staatsarchiv (im weitern BayHStA, GStA), MA 106 539, Kleins Brief an Siebert,<br />

10. August 1938.


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lager” vorgesehen war. 35 Die Schule konnte aber nicht mehr aufgebaut werden, obwohl die<br />

Entlastung <strong>der</strong> einzigen Gebietsführerschule <strong>des</strong> Gebietes Hochland in Weyarn, die den Namen<br />

„Josef Neumaier“ trug, schon lange nötig gewesen wäre.<br />

Das letzte Friedenslager <strong>der</strong> HJ im Hochlandlager fand zwischen dem 10. und 26. August<br />

statt. Diesmal waren 2200 HJ- und DJ-Führer dabei. Außer dem Krieg brachte dieses Jahr<br />

auch an<strong>der</strong>e Verän<strong>der</strong>ungen. Emil Klein, <strong>der</strong> das Gebiet seit seiner Gründung geführt hat, trat<br />

als Gebietsführer <strong>des</strong> Gebietes Hochland zurück, arbeitete dann als Stabsleiter <strong>des</strong> bayerischen<br />

Kultusministeriums weiter. So brauchte man nun einen neuen Gebietsführer. Der wurde<br />

<strong>der</strong> Oberbannführer Thomas Stöckl, <strong>der</strong> 1939 zugleich auch Lagerleiter war. Nach dem Beginn<br />

<strong>des</strong> Krieges wurde er jedoch zum Wehrdienst einberufen, das Gebiet wurde somit von<br />

seinem Stellvertreter, Hauptbannführer Hellmuth als K-Führer weitergeführt. 36<br />

In den vorigen Jahren dominierte im Programm <strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong> – wie im allgemeinen<br />

HJ-Dienst – vorwiegend die körperliche Ertüchtigung und die weltanschauliche Schulung.<br />

1939 wurde für 500 Hitlerjungen erstmals ein Kulturlager durchgeführt. Weitere 500<br />

Jungen nahmen am Lager <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>formationen statt. 37<br />

Folgend den Traditionen trafen sich die Mädchen <strong>des</strong> Gebietes Hochland auch 1939 im<br />

Juli zu ihren Lagern zusammen. Das erste fand vom 7. bis 18. Juli, das zweite zwischen dem<br />

20. Juli und 1. August unter Teilnahme von jeweils 800 Mädelführerinnen statt. Das Mädellager<br />

Hochland stand in diesem Jahr unter dem Gedanken: „Der Sieg <strong>des</strong> Lebens ist <strong>der</strong> Sinn<br />

<strong>der</strong> Welt.” Diesmal kamen 250 Mädels aus dem Protektorat, aus dem Untergau Brünn zu Besuch.<br />

38<br />

Nach <strong>der</strong> Entfesselung <strong>des</strong> Krieges ist die <strong>Geschichte</strong> <strong>des</strong> Lagers weniger belegt. Dies<br />

kann auch als natürlich bezeichnet werden, da es während <strong>des</strong> Krieges an<strong>der</strong>e Tätigkeiten in<br />

den Vor<strong>der</strong>grund rückten als in den Friedensjahren. Dies galt auch für die HJ. Die Lager wurden<br />

trotzdem weitergeführt, erlebten jedoch gravierende Verän<strong>der</strong>ungen.<br />

1940 bot das Hochlandlager für das Sommerlager <strong>der</strong> Motor-HJ <strong>des</strong> Gebietes Gelegenheit.<br />

Das Lager wurde vom 27. Juli bis 11. August mit dem Nationalsozialistischen Kraftfahrerkorps<br />

(NSKK) zusammen durchgeführt. 700 Jungen nahmen teil, wie auch in den beiden<br />

an<strong>der</strong>en Motor-HJ-Lagern bei Kochel und Oberstorf. 39<br />

1941 ähnlich wie im Vorjahr fand im Hochlandlager das Sommerlager <strong>der</strong> Motor-HJ <strong>des</strong><br />

Gebietes statt. Das Lager wurde Ende August auch von Wagner aufgesucht, sowie vom neuen<br />

K-Gebietsführer Kremers und diversen Offizieren. Für die Gäste präsentierte die HJ Vorführungen<br />

in Geländeübungen und Einblick in die Ausbildung im Nachrichtenwesen. 40<br />

Obwohl das Lager bis 1942 als normales HJ-Lager funktionierte, waren die kriegsbedingten<br />

Än<strong>der</strong>ungen offensichtlich. Das Ausbildungsprogramm betonte nun mehr die körperliche<br />

Ausbildung als früher. Die Son<strong>der</strong>einheiten rückten auch in <strong>der</strong> <strong>Hitlerjugend</strong> in den Vor<strong>der</strong>grund,<br />

weil sie für die Wehrmacht beson<strong>der</strong>s vielseitig ausgebildete künftige Soldaten lieferten.<br />

Die Son<strong>der</strong>formationen waren im Hochlandlager auch in den Vorkriegsjahren präsent, sie<br />

dominierten die Lager jedoch noch nicht. Wie gesehen, wurde aus dem Hochlandlager in den<br />

35 BArch, NS 1, 2469/1.<br />

36 BayHStA, GStA, MA 106 539; Stöckls Brief an Siebert und Epp, 12. August 1939; StAM, Akten <strong>des</strong> Landratsamts<br />

Tölz, <strong>Hitlerjugend</strong>, LRA 134 321, Stöckls Brief an Fergg, 11. Dezember 1939; BayHStA, Akten <strong>des</strong><br />

Staatsministeriums für Kultus und Unterricht, Jugendpflege, Hitler-Jugend-Heime, Zuschüsse, MK 13987.<br />

37 VB, 15. Juni 1939, BayHStA, PrASlg Rehse, 444.<br />

38 VB, 20. Juni 1939, BayHStA, PrASlg Rehse, 450. Zu Jahr 1939 siehe auch Die Sommerlager <strong>der</strong> Hitler-<br />

Jugend. Eine Zusammenstellung sämtlicher Lager <strong>der</strong> HJ und <strong>des</strong> BDM in allen Gebieten Großdeutschlands<br />

1939, hrsg. von <strong>der</strong> Reichsjugendführung <strong>der</strong> NSDAP, Politisches Archiv <strong>des</strong> Auswärtigen Amtes (Bonn), R<br />

98921, Akten zur Jugendbewegung, Jugendkongresse und Jugendlager, 1938-1940.<br />

39 StAM, LRA 134 321, Brief von Helmuth an Fergg, 30. Juli 1940; VB, 5. August 1940, BayHStA, PrASlg Rehse,<br />

420.<br />

40 Adolf Wagners Tagebuchaufzeichnungen, Band III, 1941, IfZ, F 139/3.


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Jahren 1940 und 1941 selbst das Lager einer Son<strong>der</strong>formation, nämlich <strong>der</strong> Motor-HJ. Dieser<br />

Prozess entwickelte sich dann weiter und führte dazu, dass aus dem lustigen Hochlandlager<br />

ein Wehrertüchtigungslager wurde, in dem im späteren Drill und Zucht in verstärktem Maße<br />

herrschten, weil die Ausbildung – jetzt schon offiziell zugegeben – <strong>der</strong> Vorbereitung auf den<br />

Wehrdienst diente.<br />

II. 4. Das Weiherertüchtigungslager Hochland 1942-1945<br />

Die Kriegsereignisse bis zum Jahr 1942, und hier vor allem die Erfahrungen nach dem Überfall<br />

auf die Sowjetunion, veranlassten sowohl die politische Führung als auch die Jugendführung,<br />

die unmittelbar vor <strong>der</strong> Einberufung zur Wehrmacht stehenden Jugendlichen im Alter<br />

von 16-17 Jahren einer verstärkten vormilitärischen Ausbildung unterzuziehen. Demnach<br />

wurden auf Anordnung <strong>des</strong> Führers sogenannte Wehrertüchtigungslager (WE-Lager) errichtet.<br />

Die Lehrgänge wurden von <strong>der</strong> HJ unter Mitwirkung von Ausbil<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Wehrmacht drei<br />

Wochen lang veranstaltet. Da <strong>der</strong> Dienst in den Wehrertüchtigungslagern nun mehr die wichtigste<br />

Komponente <strong>der</strong> Ausbildung und Vorbereitung <strong>der</strong> männlichen Jugend wurde, konnte<br />

keiner dieser Pflicht entkommen. Für die schulische Jugend und Studenten wurden die Lager<br />

im Allgemeinen in den Ferien ausgeführt, damit sie auch ihren schulischen Pflichten nachkommen<br />

konnten. Reichjugendführer Artur Axmann betonte dabei, dass die Verstärkung <strong>der</strong><br />

Ertüchtigung im Sinne <strong>des</strong> Kriegseinsatzes <strong>der</strong> Jugend auf <strong>der</strong> Zusammenarbeit von HJ,<br />

Wehrmacht und Waffen-SS ruht. Die Ausbil<strong>der</strong>, die von <strong>der</strong> Wehrmacht und Waffen-SS zur<br />

Verfügung gestellt wurden, erhielten in einem Son<strong>der</strong>lehrgang ihre Ausbildung für ihre künftige<br />

Arbeit, dem auch die Lagerleiter und die Verbindungsoffiziere <strong>der</strong> Wehrmacht zur HJ<br />

auch beiwohnten. Nach diesem Auftakt begann man in allen Gauen <strong>des</strong> Reiches mit <strong>der</strong><br />

Einrichtung <strong>der</strong> WE-Lager <strong>der</strong> HJ. 41<br />

Der Jugendführer beabsichtigte für die Erfüllung <strong>des</strong> Führererlasses 100 WE-Lager einzurichten.<br />

Dies verursachte jedoch erhebliche Probleme bei <strong>der</strong> Raumordnung im Reich, weil<br />

die Lager insgesamt ziemlich großes Gelände beanspruchten (150-250 ha). 42 Die Proportion<br />

<strong>der</strong> Fläche zu Ernährungszwecken, war auch bis dahin stark beschadet, da die Wehrmacht und<br />

Waffen-SS kriegsbedingt auch größere Übungsplätze bedurften. In dieser Angelegenheit kam<br />

dann zu einem Kompromiss. Einerseits wurden die Truppenübungsplätze – mit Billigung <strong>des</strong><br />

OKW – für die WE-Lager <strong>der</strong> HJ freigegeben, wenn sie von den Truppen gerade nicht benutzt<br />

waren. An<strong>der</strong>erseits musste die HJ bei <strong>der</strong> Errichtung von neuen Lagern ihre Flächenansprüche<br />

beschränken, und jeweils mit 6 ha Fläche auskommen. 43 Hitler entschied sich zuletzt, dass<br />

die WE-Lager in erster Linie in schon vorhandenen HJ-Lagern auszuführen sind.<br />

Die partielle Umgestaltung <strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong> zum WE-Lager bedeutete auf keinen Fall,<br />

dass in <strong>der</strong> Zukunft nur WE-Lager ausgeführt wurden. Die gewöhnlichen Sommerlager <strong>der</strong><br />

HJ wurden weiterhin abgehalten, sie dienten jedoch auch nur zum Zwecke <strong>der</strong> Wehrertüchtigung.<br />

Einige Lagerplätze mussten jedoch dem neuen WE-Lehrgängen bereitgestellt werden.<br />

So wurde 1942 auch das Hochlandlager zum WE-Lager, war jedoch nicht das einzige WE-<br />

Lager im Gebiet Hochland, gut zerstreut gab es noch vier. 44 Das verstärkte Ausbildungsprogramm<br />

konnte so drei Jahre lang durchgeführt werden.<br />

41 Vgl. Frankfurter Zeitung, 24. Juni 1942; Deutsche Allgemeine Zeitung, 5. Mai 1942; BArch, R 43 II/522b, p.<br />

48., vgl. auch VB, 20. Mai 1942, BayHStA, PrASlg Rehse, 393.<br />

42 BArch, R 43 II/522b, Deutsches Nachrichtenbüro, Nacht-Ausgabe, 21. Januar 1939, p. 97., Brief <strong>des</strong> Leiters<br />

<strong>der</strong> Reichstelle für Raumordnung an den Chef <strong>der</strong> Reichskanzlei, 18. August 1942.<br />

43 Ebd., p. 103., Brief <strong>des</strong> Leiters <strong>der</strong> Reichstelle für Raumordnung an den Chef <strong>der</strong> Reichskanzlei, 1. September<br />

1942.<br />

44 Das WEL II/19 befand sich in Scheyern bei Pfaffenhofen an <strong>der</strong> Ilm, das WEL III/19 in Dettendorf, das WEL<br />

IV/19 in Hohenkammer bei Petershausen und das WEL V/19 in Berchtesgaden. BayHStA, Slg Varia, 1303/1;<br />

BArch, R 43/3539.


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Mit Kriegsende wurde das Hochlandlager von den amerikanischen Truppen besetzt. Die<br />

US-Militärregierung übergab das Lager als ehemaliges Nazieigentum <strong>der</strong> bayerischen Vermögensverwaltung.<br />

Im Frühjahr 1949 beherbergte das ehemalige Lager jüdische DPs (displaced<br />

persons), die dort in handwerkliche Berufe eingewiesen worden sind. Nachdem sie so die<br />

Voraussetzung für die Einreise nach Israel erworben hatten, durften sie auswan<strong>der</strong>n. 45<br />

In einem Fotoalbum aus <strong>der</strong> damaligen Zeit steht zu lesen: „Der Krieg zog das Hochlandlager<br />

in seinen Bann. Nackt und kahl, ausgestorben lagen die Reste <strong>des</strong> ehedem so stolzen<br />

Lagers da, als vor einem Jahr neue Menschen mit tatkräftigem Schwung daran gingen, diesem<br />

Boden neuen Sinn zu geben. Nach mühseliger Vorarbeit erwuchs die Jugendsiedlung Hochland.“<br />

Nach anfänglicher Betreuung von heimatlosen und weisen Kin<strong>der</strong>n bildete sich eine<br />

Bildungsstätte aus, die heute mit ihrem breitgefächerten Angebot, für viele Kin<strong>der</strong> reiche<br />

Freizeitgestaltung ermöglicht. 46<br />

III. Aufbau <strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong><br />

III. 1. Auswahl <strong>des</strong> Lagerplatzes<br />

Die Auswahl <strong>des</strong> Lagergelän<strong>des</strong> war von beson<strong>der</strong>em Belang, wobei man sehr viele Aspekte<br />

berücksichtigen musste. Außer Frage war, dass die Lager im Freien, in <strong>der</strong> unberührten Natur<br />

ausgeführt werden sollten. Dies war einerseits aus gesundheitlichen Gründen erwünscht, zumal<br />

die nationalsozialistische Propaganda gern hervorgehoben hat, dass die <strong>Hitlerjugend</strong> auch<br />

auf diese Weise für die Gesundheit <strong>der</strong> deutschen Jugend sorgt. An<strong>der</strong>erseits wollte man einen<br />

Schauplatz auswählen, <strong>der</strong> von bewohnten Ortschaften relativ entfernt und abgegrenzt<br />

war, wo man das Gefühl hatte, in einer eigenen Welt zu sein. Auf dieses Argument konnte<br />

man beson<strong>der</strong>s im Falle <strong>der</strong> Stadtjugend setzen, die man aus den schmutzigen Städten locken<br />

wollte, vor allem aber aus München, <strong>der</strong> größten Industriestadt <strong>der</strong> Region.<br />

Bei <strong>der</strong> Auswahl spielte eine große Rolle, für wie viele Kin<strong>der</strong> die Lager geplant wurden.<br />

Im Falle <strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong> bedeutete es soviel, dass es für mehrere tausend Jugendliche ein<br />

sehr großer Lagerplatz von Nöten war, <strong>der</strong> nicht nur für die Unterbringung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n<br />

auch für Ausbildung, Sport und Wan<strong>der</strong>n genügend Raum bieten sollte. Auf die Qualität<br />

<strong>der</strong> natürlichen Umgebung musste auch geachtet werden. Das Lager sollte nämlich auch<br />

schon durch seine Lage bezaubern können. Dies durfte in Oberbayern wohl kein Problem bedeuten,<br />

da die Alpen, die vielen Flüsse und Bäche, sowie Seen garantierten, dass egal wo man<br />

den Schauplatz <strong>des</strong> künftigen Lagers wählte, diese Gegebenheiten fast sicher vorhanden waren.<br />

47<br />

III. 2. Infrastruktur <strong>des</strong> Lagers – die Lagereinrichtungen<br />

Seit dem das Hochlandlager bei Königsdorf ein ständiges Gelände gefunden hatte, war <strong>der</strong><br />

Weg zum schrittweisen Aufbau frei. Selbst die große Anzahl von Lagerinsassen machte den<br />

Ausbau einer erheblichen Infrastruktur nötig.<br />

Das Hochlandlager war – und damit ist nicht viel gesagt – eine riesige Zeltstadt, die von<br />

<strong>der</strong> Außenwelt abgeriegelt war. An den Eingängen wurden Schranken errichtet, wo die Lagerpolizei<br />

den Verkehr kontrollierte. Gleich am Haupteingang befand sich ein Anschlagbrett<br />

mit dem Lageplan <strong>des</strong> Lagers und einigen Ordnungsregeln, die vor allem für Besucher gedacht<br />

waren. 48<br />

45 JOSEF BIRZELE, Die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> „Jugendsiedlung Hochland“ nach 1945. <strong>Zur</strong> Begehung im Ortsteil<br />

Rothmühle am 3. September 1995, Manuskript.<br />

46 Jugendsiedlung Hochland Königsdorf (Werbebroschüre).<br />

47 Einige <strong>der</strong> hier erwähnten Aspekte siehe in: HJ im Dienst. Ausbildungsvorschrift für die Ertüchtigung <strong>der</strong><br />

deutschen Jugend, hrsg. von <strong>der</strong> Reichsjugendführung, Berlin 1935, pp. 325-326.<br />

48 So unter an<strong>der</strong>en die Hinweise auf Rauchverbot, Auskunft, Zeitpunkt <strong>des</strong> Torschlusses usw. – Unser Hochlandlager.


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Die wichtigsten Einrichtungen <strong>des</strong> Lagers wurden mit <strong>der</strong> Zeit zu festen Bauten ausgebaut.<br />

Unter denen befand sich ab 1936 die große 65 lange und 12 breite Kochhalle mit einer<br />

Kochanlage in <strong>der</strong> Mitte und mit Arbeitsraum, Warenmagazin und Kühlräumen. Zusätzlich<br />

gab es einen getrennten Raum für die Lagerung von Kartoffeln, einen für die wichtigsten Lebensmittel,<br />

ferner je einen für die Maschinen und für die Kohle zur Heizung.<br />

<strong>Zur</strong> Verpflegung war die ärztliche Betreuung auch erstrangig. Das Lagerlazarett mit Warteraum,<br />

Behandlungsräumen und einem Operationsraum befand sich in einem eingeständigen<br />

Blockhaus, während die allgemeinen ärztlichen Untersuchungen in <strong>der</strong> Sanitätsbaracke stattfanden,<br />

die das Zimmer <strong>der</strong> Sanitätsbereitschaft, und Zimmer <strong>des</strong> Diensttuenden Arztes beherbergte,<br />

sowie ein Ambulatorium für Zahnbehandlung und etliche Nebenräume. Auf dem<br />

Feld gab es außerdem sogenannte Inspektionssanitätszelte, die zu den einzelnen Lagerinspektionsbereichen<br />

gehörten. 49<br />

Feste Einrichtungen waren die Waschanlagen, von denen es im Hochlandlager bei Königsdorf<br />

drei existierte, die bis heute aufrechterhalten blieben, sowie die großen Latrinen, die<br />

vier (Nord, Nordost, Nordwest, Süd) sogenannten Abortsgebäude. Außerdem gab es Latrinen<br />

nächst jedem Gefolgschaftslager, die durch das Abzeichen „oo“ markiert waren. Die Waschanlagen<br />

waren keine Badezimmer, sie waren den Inspektionsbereichen gehörende Einrichtungen,<br />

die im Freien angelegt waren.<br />

Die Reichspost betrieb eine eigene Postanstalt im Lager, die 1935 60.000 Postkarten geför<strong>der</strong>t<br />

hatte und täglich die Verteilung von 4-500 Paketen abzuwickeln hatte. Die Lagerleitung<br />

gab sogar eigene Postkarten aus, <strong>der</strong> Poststempel war auch extra für das Hochlandlager<br />

angefertigt. Das Postamt befand sich am Lagereingang, in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Lagerleitung. Briefe<br />

konnten jedoch auch in den Inspektionsbereichen in den dafür eingerichteten Briefkasten eingeworfen<br />

werden. 50<br />

Zu den festen Bauten gehörte noch die Lagerleitung als oberste Führungsinstitution <strong>des</strong><br />

Lagers und die Lagergaststätte, die eigentlich schon außerhalb <strong>des</strong> Lagers stand, weil sie<br />

nicht für die Lagerinsassen gedacht war. In Königsdorf diente als Lagerleitungsgebäude die<br />

obere Rothmühle.<br />

Auf dem Lagergelände plante man auch weitere Bauten, so etwa das Führerheim und die<br />

neue Gebietsführerschule. Diese waren dadurch bedingt, dass aus dem Hochlandlager 1937<br />

ein Führerlager geworden ist, das für die bessere Ausbildung <strong>der</strong> künftigen Führer auch auf<br />

diese Weise eine höhere Stufe ermöglichen wollte. Die neue Gebietsführerschule konnte jedoch<br />

nicht fertiggestellt werden, weil die Mittel vor dem Krieg zur Beendigung <strong>des</strong> Baus<br />

nicht in genügendem Maße vorhanden waren und mit dem Ausbruch <strong>des</strong> Krieges die Bauten<br />

auf die Zeit nach dem Sieg verschoben wurden. Mit <strong>der</strong> Eröffnung wäre im Hochlandlager ein<br />

Schulungszentrum für das Gebiet Hochland entstanden, das sowohl zur Ausbildung <strong>der</strong> unteren<br />

als auch <strong>der</strong> höheren Führer geeignet gewesen wäre.<br />

Aus dem Lagerplan wird ersichtlich, dass sich auf dem Lagergelände eine Jugendherberge,<br />

eine Fliegerwerkstatt und auch Verkaufsstände befanden. Die Verkaufsstände verkauften<br />

Kleinigkeiten wie Postkarten, HJ-Broschüren, Fotos von den Großen <strong>der</strong> HJ, auch Süßigkeiten.<br />

Neben einem Wohn- und Unterkunftsgebäude, zu dem auch Kraftwagenhallen gehörten,<br />

entstand auch ein Kameradschaftshaus, das möglicherweise mit dem geplanten Führerheim<br />

identisch sein könnte. Außerdem befanden sich auf dem Gelände Schupfen, Heustadel, eine<br />

Werksatt und Geräteschuppen.<br />

49 BayHStA, Slg Varia, 1303/1, Lagerzeitung 1, „Der erste Sonntag im Hochlandlager”, p. 5.; Unser Hochlandlager;<br />

MNN, 31. Juni 1935, BayHStA, PrASlg Rehse, 450.<br />

50 Unser Hochlandlager; StAM, LRA 134 326, Lagerordnung 1935, p. 11.


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Neben den festen Bauten gehörte noch vieles zur wichtigen Einrichtung <strong>des</strong> Lagers. <strong>Zur</strong><br />

Trinkwasserversorgung befanden sich in den einzelnen Lagerbereichen Pumpbrunnen, die mit<br />

Schil<strong>der</strong>n (Aufschrift: Trinkwasser) gekennzeichnet wurden, und ein großer Wasserturm.<br />

Die mobilen Einrichtungen, die vor allem selbst die Zelte waren, konnte man je<strong>des</strong> Jahr<br />

<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>zahl angemessen aufschlagen. Bei kleineren o<strong>der</strong> unständigen Lagern waren<br />

auch die im Hochlandlager festen Einrichtungen mit Zelten ersetzt. Die Lagerinsassen wurden<br />

in Lagergefolgschaften eingeteilt. Die einzelnen Lagergefolgschaften bauten ihre Zelte von<br />

den an<strong>der</strong>en Lagergefolgschaften abgetrennt am Rande <strong>des</strong> Lagers auf, so dass jede Gefolgschaft<br />

so ein eigenes kleines Lager hatte. Sie waren entwe<strong>der</strong> nummeriert o<strong>der</strong> mit Namen<br />

versehen (wie München, Potsdam usw.), die letztere Lösung war im Hochlandlager nicht üblich.<br />

Die Zelte beherbergten meistens 12-15 Jungen. Für sonstige ganz verschiedene Zwecke<br />

benützte man ebenfalls Zelte, wie zum Beispiel für Geräte und sonstige Teile. 51<br />

Die Lagergefolgschaften und Einrichtungen <strong>des</strong> Lagers waren miteinan<strong>der</strong> durch Straßen<br />

verbunden, die nach „großen” Persönlichkeiten o<strong>der</strong> historischen Ereignissen benannt wurden.<br />

Unter den Namen finden wir den von Baldur von Schirach, Adolf Wagner, Karl Wahl<br />

und an<strong>der</strong>en; die Langemarck-Straße 52 durfte auch nicht fehlen. Im Lager gab es auch Plätze,<br />

die ähnlich benannt wurden. Der Hauptplatz hieß traditionell Adolf-Hitler-Platz, er war <strong>der</strong><br />

Mittelpunkt <strong>des</strong> Lagers, wo auch <strong>der</strong> größte Fahnenmast stand, an den die große Lagerfahne<br />

(9 mal 8 m) aufgezogen wurde. Er war <strong>der</strong> Ort für die großen Veranstaltungen <strong>des</strong> Lagers wie<br />

die Eröffnungs- und Abschlussfeier. Am Rande <strong>des</strong> Adolf-Hitler-Platzes waren die HJ- und<br />

DJ-Fahnen, sowie im Falle von Mädellagern die BDM- und JM-Fahnen platziert. 53<br />

Ein an<strong>der</strong>er wichtiger Platz war, <strong>der</strong> Thingplatz, wo die mystischen Thingspiele inszeniert<br />

wurden. Auf beiden Plätzen konnte sich die ganze Lagerbesatzung zum Appell versammeln.<br />

Für das Feuerwerk wurde 1935 ein Feuerwerkplatz eingerichtet.<br />

Während die Zelte <strong>der</strong> Lagerinsassen und Lagergefolgschaften nummeriert waren, wurden<br />

die beson<strong>der</strong>en Zelte, die den Festlichkeiten o<strong>der</strong> sonstigen Veranstaltungen dienten wie<strong>der</strong>um<br />

nach den nationalsozialistischen Vorbil<strong>der</strong>n benannt. So gab es Adolf-Wagner-Zelt,<br />

Baldur von Schirach-Zelt, Karl-Wahl-Zelt etc. Regelmäßig gab es auch ein Zirkuszelt, wo die<br />

größten Feste und Vorführungen <strong>der</strong> Lager abgehalten wurden. Die Zelte <strong>der</strong> Lagerpolizei<br />

und an<strong>der</strong>er Diensttuenden <strong>des</strong> Lagers waren von den Zelten <strong>der</strong> Lagerinsassen separiert und<br />

auf einer getrennten Wiese aufgestellt.<br />

Zwischen den einzelnen Lagergemeinschaften befanden sich riesige Übungsgelände, die<br />

vor allem <strong>der</strong> sportlichen Betätigung, beziehungsweise <strong>der</strong> Ausbildung in den Son<strong>der</strong>einheiten<br />

dienten. Außerhalb <strong>des</strong> Lagers wurden für die Besucher Parkplätze eingerichtet.<br />

III. 3. Struktur und Organisation <strong>des</strong> Lagers<br />

Das Lager war organisatorisch auf die gleiche Weise aufgebaut, wie die <strong>Hitlerjugend</strong> selbst.<br />

Es gab also eine strenge Hierarchie von <strong>der</strong> Lagerleitung bis zu den einzelnen Lagerkameradschaften.<br />

Das bedeutete soviel, dass die Lagerteilnehmer in verschiedenen Gruppen eingeteilt<br />

wurden, auf die kleineren Einheiten wie<strong>der</strong>um größere folgten. Demnach war die höchste Organisationsebene<br />

<strong>der</strong> Lagerbann o<strong>der</strong> Lagerjungbann (DJ), im Hochlandlager gab es in <strong>der</strong><br />

Regel 4 (bei ca. 4000 Teilnehmern) davon, die sich dann aus 5 Lagergefolgschaften – bei den<br />

Pimpfen aus Lagerfähnleinen – zusammensetzten. Die Lagergefolgschaften waren durchlaufend<br />

nummeriert. Eine Lagergefolgschaft bestand aus 3 Lagerscharen (bei dem Jungvolk aus<br />

51 HJ im Dienst, p. 327.<br />

52 Langemarck war in den zwanziger und dreißiger Jahren ein Symbol für kriegerische Opferbereitschaft <strong>der</strong><br />

deutschen Jugend geworden. Eigentlich war es ein Ort, wo im Ersten Weltkrieg deutsche Jugendliche als Soldaten<br />

in den sicheren Tod geschickt wurden.<br />

53 BayHStA, Slg Varia 1303/1, Lagerzeitung 1, „Der erste Sonntag im Hochlandlager”, p. 5.; HJ im Dienst, p.<br />

327.


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Lagerjungzügen) und jede Lagerschar aus 60 Hitlerjungen. 54 Die kleinsten Einheiten waren<br />

wie gewohnt die Kameradschaften, 4-5 davon bildeten eine Lagerschar. Bei den Pimpfen waren<br />

diese die Jungenschaften, aus 4 Jungenschaften baute sich ein Jungzug auf. Die Zelte waren<br />

auch so konstruiert, dass eine Lagerkameradschaft während <strong>des</strong> ganzen Lagers zusammen,<br />

in einem Zelt untergebracht war. Die Kameradschaften und Jungenschaften waren von den<br />

Kameradschaftsführern und Jungenschaftsführern geführt, die zugleich die Zeltältesten waren<br />

und vom Lagergefolgschaftsführer eingesetzt wurden. 55 Bei den Mädchen waren die obersten<br />

Lagereinheiten die Lagergaue, die auch benannt wurden, so z. B. <strong>der</strong> Lagergau „Das Reich“<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Lagergau „Ostland“, <strong>der</strong> die Gäste aus dem Ostmark und dem Protektorat zusammenfasste.<br />

56<br />

Die Ausbildungs- und Verpflegungseinheiten waren die Lagergefolgschaften, die gesamte<br />

sportliche und gelän<strong>des</strong>portliche Ausbildung wurde so von den Lagergefolgschaftsführern<br />

und Lagerscharführern getätigt. Außerdem bestand das Lager aus drei Inspektionsbereichen,<br />

mit je einem Lagerinspekteur. Ein Lagerinspektionsbereich umfasste 7 Lagergefolgschaften<br />

o<strong>der</strong> Lagerfähnleine. 57<br />

Bei <strong>der</strong> Organisation <strong>des</strong> inneren Dienstes war die höchste Instanz die Oberste Lagerleitung,<br />

an <strong>der</strong>en Spitze <strong>der</strong> Lagerleiter stand, unterstützt von Unterführern und Beauftragten.<br />

Der Lagerleiter hatte eine weitreichende Tätigkeit auszuüben: er führte die Verhandlungen<br />

mit allen Behörden, die bei <strong>der</strong> Ausführung <strong>des</strong> Lagers betroffen waren, organisierte die Errichtung,<br />

den Ablauf und den Abschluss <strong>des</strong> Lagers, bestimmte dabei also die Hauptlinie <strong>der</strong><br />

Ausführung <strong>des</strong> Lagers. Er übernahm o<strong>der</strong> überwachte die Gestaltung entschiedener Stunden,<br />

wie von Kundgebungen und größeren Feiern. Innerhalb <strong>des</strong> täglichen Dienstes leitete er die<br />

Führerbesprechungen, an denen alle Fragen diskutiert wurden, so die Meldungen <strong>der</strong> Unterführer,<br />

<strong>der</strong> aktuelle Tagesplan. Als höchste Instanz war er für die straffe Ordnung und Disziplin<br />

verantwortlich, ihm unterstand die ganze Strafordnung. 58<br />

Ein wichtiges Organ war die Lagerverwaltung, die praktisch den Lageralltag aufs kleinste<br />

Detail organisierte, ihre Angehörigen hatten schwarzen Armstreifen mit <strong>der</strong> gelben Aufschrift<br />

„Lagerverwaltung“. Der Lagerverwaltung unterstand die Geräteverwaltung, an <strong>der</strong>en Spitze<br />

<strong>der</strong> Gerätewart stand, <strong>der</strong> alle zur Einrichtung <strong>des</strong> Lagers gehörenden Geräte (Sportgeräte,<br />

Werkzeuge, Waschbecken etc.) verwaltete. 59<br />

<strong>Zur</strong> Lagerverwaltung gehörte die Hauptbuchhaltung, die folgende wichtige Arbeitsbereiche<br />

zu walten hatte: Auftragserteilung, Hauptbuchführung mit dem Schreibwart an <strong>der</strong> Spitze,<br />

Zahlstelle, Küchenverwaltung mit dem Verpflegungs- und Küchenwart, Geldbeschaffung, an<br />

<strong>der</strong>en Spitze <strong>der</strong> Geldwart stand, Verkauf-Vertrieb, Flurschäden und Fahrzeugpark. Ein<br />

Fundbüro wurde auch aufgestellt, bei so vielen Teilnehmern war es eine nützliche Idee. Außerdem<br />

gab es auch Beauftragte für das Lebensmitteldepot, für Licht und Strom waren die<br />

Amperwerke zuständig. Der Verpflegungs- und Küchenwart war für die gute Versorgung verantwortlich,<br />

er stellte den Essenplan zusammen, den <strong>der</strong> Lagerleiter zu genehmigen hatte. Er<br />

meldete den wöchentlichen Geldbedarf dem Geldwart und führte Verhandlungen mit den Lebensmittellieferanten.<br />

60<br />

Die Lagerinspekteure, die durch schwarze Armbinden mit <strong>der</strong> weißen Aufschrift „Lagerinspekteur“<br />

gekennzeichnet waren, hatten Aufsichtpflicht über alle Lagereinheiten, die ge-<br />

54 BayHStA, Slg Varia 1303/1, Lagerzeitung 1, „Der erste Sonntag im Hochlandlager”, p. 5.<br />

55 StAM, LRA 134 326, Lagerordnung 1935, p. 5.; HJ im Dienst, p. 329.<br />

56 Hartmann, p. 70. Bei den Mädels hießen die Ebenen Lagergau, Lagermädelgruppe, Lagermädelschar und Lagermädelschaft,<br />

bei den Jungmädeln: Lagerjungmädelgau, Lagerjungmädelgruppe, Lagerjungmädelschar und<br />

Lagerjungmädelschaft.<br />

57 StAM, LRA 134 326, Lagerordnung 1935, pp. 5-6.<br />

58 Ebd., p. 6.<br />

59 HJ im Dienst, p. 331.<br />

60 Ebd., pp. 330-331.


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samte körperliche Ausbildung und weltanschauliche Schulung. Sie waren verantwortlich auch<br />

für die Durchführung von Fest- und Feiergestaltungen und boten erholungsfürsorgerische<br />

Betreuung für die Lagerinsassen. Der Lagerinspekteur musste min<strong>des</strong>tens einmal am Tage alle<br />

Lagergefolgschaften aufsuchen, wobei er neben <strong>der</strong> Kontrolle <strong>der</strong> Ausbildung auch die<br />

Zeltordnung überwachte. In seinem Bereich war er Stellvertreter <strong>des</strong> Lagerleiters und in dieser<br />

Eigenschaft gehörte er unmittelbar dem Stab <strong>der</strong> Lagerleitung an. So waren die Lagerinspekteure<br />

an allen Besprechungen <strong>des</strong> Lagerstabes beteiligt, <strong>der</strong> die höheren Führer und die<br />

wichtigsten in <strong>der</strong> Verwaltung tätigen Personen zusammenfasste. Ihnen unterstanden sämtliche<br />

Dienststellen und Führer ihres Inspektionsgebietes. Mit den Lagergefolgschafts- und Lagerscharführern<br />

betreuten sie einen täglichen Kontakt. Sie nahmen an <strong>der</strong> Ausbildung und<br />

Festen abwechselnd bei verschiedenen Gefolgschaften teil. Als Helfer hatten sie je einen Mitarbeiter<br />

zur beson<strong>der</strong>en Verfügung und eine Ordonanz zur Seite. 61<br />

Die Lagergefolgschafts-, bzw. Lagerfähnleinführer (Kennzeichen: rote Armbinde mit <strong>der</strong><br />

schwarzen Aufschrift „Lagergefolgschaftsführer“) überwachten die gelän<strong>des</strong>portliche und<br />

sportliche Ausbildung, die weltanschauliche Schulung hatten sie selber durchzuführen. Ihnen<br />

oblagen die Angelegenheiten <strong>der</strong> Verpflegung und <strong>des</strong> Personalamtes ihrer Lagereinheit. Im<br />

Tagesdienst standen ihnen verschiedene Helfer zur Seite: ein Hitlerjunge vom Dienst (gelbe<br />

Armbinde mit schwarzer Aufschrift „HJ vom Dienst“), ein Stellvertreter, <strong>der</strong> gleichzeitig<br />

Verpflegungswart war ein Materialverwalter, <strong>der</strong> die Sport- und Arbeitsgeräte zu walten hatte.<br />

Außerdem unterstanden ihnen je drei Scharführer, die die gelän<strong>des</strong>portliche und sportliche<br />

Ausbildung täglich organisierten. Zu Beginn <strong>des</strong> Lagers teilten sie die Lagergefolgschaft in<br />

Zeltgemeinschaften ein, die die kleinsten Ausbildungseinheiten darstellten. Der Lagergefolgschaftsführer<br />

ernannte für je<strong>des</strong> Zelt einen Zeltältesten, <strong>der</strong> gleichzeitig auch als Führer für<br />

die kleinste Ausbildungseinheit bestimmt wurde. Der Lagergefolgschaftsführer teilte den Hitlerjungen<br />

vom Dienst täglich neu ein, genauso die Lagergefolgschaftswache, er nahm an den<br />

täglichen Lagerleitungsbesprechungen teil. Zu <strong>der</strong> täglichen Routine gehörte die Kontrolle <strong>des</strong><br />

Wachbuches, die Entgegennahme von Meldungen <strong>des</strong> Wachhabenden und <strong>des</strong> Hitlerjungen<br />

vom Dienst, sowie die Inszenierung <strong>des</strong> Morgenappells für die jeweilige Lagergefolgschaft. 62<br />

Der Lagerscharführer, <strong>der</strong> am linken Unterarm eine blaue Armbinde mit <strong>der</strong> schwarzen<br />

Aufschrift „Lagerscharführer“ trug, war mit <strong>der</strong> gesamten gelän<strong>des</strong>portlichen und sportlichen<br />

Ausbildung ihrer Lagereinheit beauftragt. Er hatte ein Dienstbuch zu führen, in dem die Angehörigen<br />

<strong>der</strong> Schar namentlich eingetragen waren. Anlässlich <strong>des</strong> Morgenappells gehörte zu<br />

seinen Aufgaben die Zelt- und Lagerplatzordnung seiner Einheit täglich zu prüfen.<br />

Der Mittelpunkt <strong>des</strong> Lebens im Lager war natürlich die Zeltgemeinschaft, <strong>der</strong>en Leben<br />

auch auf das kleinste geregelt war. Die Lagerinsassen waren im Lager alle gleich, so dass sie<br />

ihre ursprünglichen Rangabzeichen für die Dauer <strong>des</strong> Lagers abzulegen hatten.<br />

Das Zelt war vor allem Schlafraum, bei schlechtem Wetter diente es auch als Aufenthaltsraum.<br />

Die Zeltgemeinschaft wurde dem Zeltältesten unterstellt, <strong>der</strong> für den inneren und<br />

äußeren Zustand <strong>des</strong> Zeltes verantwortete. Für die Ordnung und Sauberkeit musste allerdings<br />

je<strong>der</strong> Zeltbewohner sorgen. Die Schlafplätze wurden vom Zeltältesten verteilt und konnten<br />

nur mit seiner Genehmigung gewechselt werden, sein Platz war direkt am Eingang.<br />

Im Zelt war absolute Ordnung gefor<strong>der</strong>t, es durfte nichts herumliegen. Die Sachen waren<br />

ordentlich im Tornister zu verpacken, Decken, Schuhe, Stiefel, Mäntel hatten ihren bestimmten<br />

Platz.<br />

Für die Reinigung <strong>des</strong> Zeltes war <strong>der</strong> Zeltdienst zuständig, <strong>der</strong> immer aus zwei Hitlerjungen<br />

bestand und vom Zeltältesten im täglichen Wechsel eingesetzt wurde. 63<br />

61 StAM, LRA 134 326, Lagerordnung 1935, p. 7.<br />

62 Ebd., pp. 7-8.<br />

63 Ebd., p. 9. und siehe auch HJ im Dienst, p. 334.


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Der Zeltälteste war <strong>der</strong> dienstälteste Hitlerjunge, er wurde vom Lagergefolgschaftsführer<br />

am Anfang <strong>des</strong> Lagers ernannt und hatte diese Funktion bis zum Lagerende inne. Er sollte in<br />

<strong>der</strong> Ausbildung seinen Kameraden voraus sein und denen als Vorbild dienen. Er ließ die Zelteinwohner<br />

jeden Tag zu Appellen antreten, überwachte den Anzug seiner Leute und nahm die<br />

Befehle vom Hitlerjungen vom Dienst entgegen, dem er täglich eine Morgen- und Abendmeldung<br />

erstatten sollte. 64 In <strong>der</strong> Nacht und während <strong>der</strong> Mittagspause sollte er für Ruhe sorgen.<br />

65 Wichtiges Organ war während <strong>der</strong> Lagerzeit <strong>der</strong> Lagersicherheitsdienst (Lager-SD o<strong>der</strong><br />

Lagerpolizei). Seine Angehörigen wurden durch weiße Armbinden mit <strong>der</strong> Aufschrift „Lagerpolizei“<br />

gekennzeichnet, ihr Führer unterstand unmittelbar dem Lagerführer. Sie waren für die<br />

Bewachung <strong>des</strong> gesamten Lagers zuständig, verantworteten für Ruhe, Sauberkeit und Ordnung.<br />

Der Lager-SD hatte eine Stärke von 60 Mann unter <strong>der</strong> Leitung eines Führers und hatte<br />

eigene Zelte, so waren sie von den Lagerteilnehmern völlig getrennt. Aus <strong>der</strong> Besatzung <strong>des</strong><br />

Lager-SD wurden an allen Lagerein- und ausgängen Doppelposten aufgestellt. Weiterhin<br />

wurde zwischen 22 und 6 Uhr je eine Streife durch den Lagerbereich <strong>der</strong> Lagergefolgschaften<br />

unregelmäßig abgeschickt, bzw. zwei unregelmäßige Streifen um und durch das Lager, die<br />

min<strong>des</strong>tens einmal bei Tag und zweimal bei Nacht ihren Rundgang machten. 66<br />

Die Lagertore wurden um 22 Uhr geschlossen und um 6 Uhr wie<strong>der</strong> geöffnet, in dieser<br />

Zeit war <strong>der</strong> Empfang von Besuchern und Lieferanten nicht möglich. Besucher durften sich in<br />

<strong>der</strong> Regel bis 19 Uhr im Lager aufhalten, an Festtagen bis 22 Uhr. Ganz damit war es verbunden,<br />

dass <strong>der</strong> Lager-SD selbst zum Wecken und zum Zapfenstreich geblasen hatte. 67<br />

Die Streifen kümmerten sich um Sicherheit, Ruhe und Sauberkeit im Lager, sie stellten<br />

Übertretungen <strong>der</strong> Lagerordnung fest und meldeten sie an den Lagerleiter. 68<br />

Außer dem Lager-SD wurden von je<strong>der</strong> Lagergefolgschaft örtliche Wachen aufgestellt,<br />

sie wurden als Wachmannschaft bezeichnet, ihre Mitglie<strong>der</strong> trugen grüne Armbinden mit <strong>der</strong><br />

Aufschrift „Wache“. 69 Die Wachmannschaft bestand aus einem Wachhabenden, seinem Stellvertreter<br />

und drei Posten. Sie hatten den Bereich <strong>der</strong> Lagergefolgschaft zu überwachen.<br />

<strong>Zur</strong> Orientierung im Lager trugen die unterschiedlichen Kennzeichen bei, die nicht zuletzt<br />

auch das ganze Lagerleben offizieller gemacht hatten, o<strong>der</strong> zumin<strong>des</strong>t diesen Eindruck<br />

erweckten.<br />

Das Zelt <strong>des</strong> Lagerführers, seit 1936 als Festbau, lag im Höhenbereich, in Königsdorf war<br />

es die obere Rothmühle, und war durch eine rote Rahmenflagge gekennzeichnet. Die Zelte <strong>der</strong><br />

Lagerinspekteure befanden sich in jenem Lagerabschnitt, für den sie zuständig waren, alle<br />

drei waren durch blaue Rahmenflaggen markiert. Die Zelte <strong>der</strong> Lagergefolgschaftsführer<br />

wurden durch Schil<strong>der</strong> gekennzeichnet, auf denen die Nummer <strong>der</strong> jeweiligen Lagergefolgschaft<br />

geschrieben wurde. Das Zelt <strong>des</strong> Lager-SD befand sich am Lagereingang, <strong>der</strong> Führer<br />

<strong>des</strong> Lager-SD hatte ein eigenes Zelt, es wurde mit einer weißen Rahmenflagge markiert. Die<br />

Angehörigen <strong>der</strong> Lagerleitung trugen schwarzen Armstreifen mit <strong>der</strong> weißen Überschrift „Lagerleitung“.<br />

Der Hauptsanitätsplatz – zuständig für das ganze Lager – trug ein rotes Kreuz auf weißem<br />

Feld, genauso wie die einzelnen Sanitätszelte <strong>der</strong> Inspektionsbereiche, die neben den<br />

Zelten <strong>der</strong> Inspekteure standen. Außerdem hatte jede Lagergefolgschaft einen Feldscher (rote<br />

Armbinde mit weißem Kreuz), <strong>des</strong>sen Aufenthaltszelt mit einer kleinen Rotkreuzflagge gekennzeichnet<br />

war. Der Sanitätsdienst bestand im Jahre 1935 aus 65 Mann, davon 5 Ärzte und<br />

64 Sie lauteten folgen<strong>der</strong>maßen: „Zelt 5, belegt mit 15 Hitlerjungen, 2 Jungen krank, 4 beuralubt.” – HJ im<br />

Dienst, p. 334.<br />

65 StAM, LRA 134 326, Lagerordnung 1935, pp. 9-10.<br />

66 BayHStA, Slg. Varia, 1303/1, Hochlandlager 1934, Wachvorschrift; Unser Hochlandlager, Lagerpolizei.<br />

67 Ebd. und Unser Hochlandlager.<br />

68 BayHStA, Slg Varia, 1303/1, Hochlandlager 1934, Wachvorschrift.<br />

69 StAM, LRA 134 326, Lagerordnung 1935, p. 10.


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60 Feldschere. Für ernstere Fälle hielt das gebietseigene Sanitätskrankenauto die Verbindung<br />

zum Krankenhaus, 1935 in Lenggries, ab 1936 in Bad Tölz. Die Lagerärzte überwachten die<br />

Hygiene im Lager und die Nahrhaftigkeit <strong>des</strong> Essens, sie waren neben <strong>der</strong> ärztlichen Versorgung<br />

auch für die Lagerapotheke verantwortlich. 70<br />

Die Fernsprechdienststellen waren durch rote Flaggen mit dem Aufdruck „F“ in weißer<br />

Farbe markiert, Unbefugten war <strong>der</strong> Zutritt verboten. Die Stärke <strong>des</strong> Fernsprechdienstes betrug<br />

1935 50 Mann. 71<br />

Das Lager durfte ohne Passierschein, <strong>der</strong> vom Lagerinspekteur ausgestellt wurde, nicht<br />

verlassen werden, genauso war das Fernbleiben von Übungen und Feierstunden verboten. Die<br />

Übungspläne und Bekanntmachungen usw. hingen am Schwarzen Brett <strong>der</strong> Lagergefolgschaften,<br />

<strong>der</strong> Inspektionen und <strong>der</strong> Lagerleitung. Das Rauchen war nicht nur den Lagerinsassen<br />

verboten, son<strong>der</strong>n auch allen Lagerführern und Besuchern. 72<br />

Die Lagerleitung hatte außer dem Sanitätsdienst, dem SD, dem Fernsprechdienst noch<br />

zahlreiche Beauftragtenstellen. So für Erholungsfürsorge, Fest und Feier, diese waren die Lagerinspekteure.<br />

Außerdem gab es Beauftragte für die weltanschauliche Schulung und für die<br />

körperliche Ertüchtigung, diese kamen aus den Reihen <strong>der</strong> Lagergefolgschaftsführer.<br />

Zum Arbeitsdienst gehörten 1935 50 Mann, sie waren für den Aufbau und Abbau, bzw.<br />

für Bautätigkeiten während <strong>des</strong> Lagers zuständig. Die Pressestelle hatte 1935 zwei Wohnzelte<br />

und zwei Arbeitszelte, sie war für die Erstellung für Propagandamaterialien zuständig, es<br />

wurden vom Gebiet im Nachhinein zahlreiche Broschüren herausgegeben. Neben <strong>der</strong> Pressestelle<br />

gab es zudem noch auch eine Bildstelle.<br />

Die wichtigsten Regelungen zur Organisation <strong>des</strong> Lagers waren in <strong>der</strong> Form <strong>der</strong> Lagerordnung<br />

als ein Heft herausgegeben, das je<strong>der</strong> Lagerinsasse nach <strong>der</strong> Ankunft in dem Lager in<br />

die Hand bekam. 73<br />

IV. Der erzieherische Auftrag im Hochlandlager – Manifestation nationalsozialistischer Ideologie<br />

IV. 1. Grundsätzliches<br />

„Es ist zu erwarten, dass bei jährlicher Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong>artiger Lager die nationalsozialistische<br />

Jugendbewegung im Verlauf absehbarer Zeit eine Führerhierarchie bekommen wird, die<br />

wirklich in großer Form geeignet ist, Deutschlands Jugend dem Leben und damit <strong>der</strong> Partei,<br />

dem Volk und dem Staat zuzuführen. Dem Gebiet Hochland <strong>der</strong> HJ wünsche ich volle Entfaltungsmöglichkeit<br />

zum weiteren Ausbau <strong>der</strong> Hochlandlager. Es muss soweit kommen, dass <strong>der</strong><br />

Gedanke <strong>der</strong> Jugendlager ein nicht mehr hinwegdenkbarer Bestandteil unseres öffentlichen<br />

Lebens wird. Ich selbst will jedenfalls mein Teil zum Gelingen <strong>des</strong> Wortes stets und immer<br />

beitragen, weil ich weiß, dass ich damit <strong>der</strong> Jugend, <strong>der</strong> Idee Adolf Hitlers und somit Volk<br />

und Vaterland diene.“ – führte Adolf Wagner, <strong>der</strong> größte Mentor <strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong> aus. 74<br />

Worte, die nicht weit von <strong>der</strong> Wirklichkeit lagen. Das Hochlandlager wurde nicht nur die große<br />

Schule <strong>des</strong> Gebietes Hochland, son<strong>der</strong>n stellte auch ein Muster für an<strong>der</strong>e Jugendlager im<br />

ganzen Reich dar.<br />

Die Tatsache, dass die Jugend Deutschlands in nationalsozialistischem Sinne erzogen<br />

werden muss und auch wird, stand spätestens mit <strong>der</strong> Machtergreifung fest. Dies bedeutete<br />

erstmals aber soviel, dass sich die Jugendlichen die Ideen dieses Nationalsozialismus aneig-<br />

70 StAM, LRA 134 326, Lagerordnung 1935, pp. 10-11.; MNN, 31. Juni 1935, BayHStA, PrASlg Rehse, 450; HJ<br />

im Dienst, p. 331.<br />

71 StAM, LRA 134 326, Lagerordnung 1935, p. 11.<br />

72 Ebd., p. 12.<br />

73 Unser Hochlandlager; StAM, LRA 134 326, Lagerordnung 1935.<br />

74 Unser Hochlandlager.


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nen mussten. Diese Aufgabe übernahm in <strong>der</strong> <strong>Hitlerjugend</strong> die sogenannte weltanschauliche<br />

Schulung, die die Ideologie alters- und geschlechtsgemäß einzuflößen wusste, und dabei auch<br />

ziemlich gute Ergebnisse erzielte; in <strong>der</strong> Praxis trug dazu aber je<strong>der</strong> Bereich <strong>des</strong> HJ-Dienstes<br />

bei. Durch die weltanschauliche Schulung wurden die Grundgedanken <strong>des</strong> Nationalsozialismus<br />

wie Lebensraum, Rassenlehre, Antibolschewismus, Volksgemeinschaft, Gehorsam etc.<br />

in die Persönlichkeit <strong>der</strong> Jugendlichen eingebaut.<br />

Obwohl die körperliche Ertüchtigung einschließlich <strong>der</strong> Wehrertüchtigung im Laufe <strong>der</strong><br />

Zeit wichtiger wurde und auch mehr Stunden dafür vorbehalten wurden, bedeutete es bei weitem<br />

nicht, dass die ideologische Formierung <strong>der</strong> Jugend zu kurz gekommen wäre. Sie war<br />

nämlich nicht nur innerhalb <strong>der</strong> weltanschaulichen Schulung möglich, son<strong>der</strong>n in allen Bereichen<br />

<strong>der</strong> Ausbildung, so selbst bei <strong>der</strong> körperlichen Ertüchtigung, bei den Festspielen, Singstunden<br />

usw. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite dienten die letzteren eben auch <strong>der</strong> Anwendung <strong>des</strong> Gelernten<br />

in <strong>der</strong> Praxis. Die weltanschauliche Schulung war im Ausbildungsprogramm auch <strong>des</strong><br />

<strong>Hochlandlagers</strong> mit körperlichen Ertüchtigung variiert. Wie es aus <strong>der</strong> Tagesordnung ersichtlich<br />

ist, enthielt sowohl <strong>der</strong> Vormittagsdienst als auch <strong>der</strong> Nachmittagsdienst weltanschauliche<br />

Schulung.<br />

Auf <strong>der</strong> Wiese o<strong>der</strong> beim Lagerfeuer zu musizieren gehörte ebenfalls zum unvergesslichen<br />

Lagererlebnis. Das Singen war ein wichtiger Teil <strong>der</strong> weltanschaulichen Schulung selbst,<br />

da die Kin<strong>der</strong> mit den vielen Lie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> HJ ebenfalls ideologisiert wurden. Es gab kaum ein<br />

Lied in den Lie<strong>der</strong>sammlungen, das mit dem NS-Gedankengut nichts zu tun hätte. Selbst die<br />

weltanschauliche Schulung wurde immer mit einem Lied angefangen, bzw. beendet und die<br />

großen Märsche durften auch nicht stillschweigend stattfinden.<br />

Die Wichtigkeit und Notwendigkeit <strong>der</strong> körperlichen Ertüchtigung wurde in <strong>der</strong> HJ auch<br />

schon vor <strong>der</strong> „Machtübernahme“ betont, die Möglichkeiten zu <strong>der</strong>en Ausführung waren jedoch<br />

ziemlich spärlich. Die Idee <strong>der</strong> körperlichen Ertüchtigung konnte sich praktisch erst<br />

nach 1933 Bahn brechen, und in Folge entwickelte sie sich allmählich zu einer perfekten<br />

vormilitärischen Ausbildung. 75 Die Militärs und die SA-Führer sowie an<strong>der</strong>e kompetente Personen<br />

waren <strong>des</strong>sen bewusst, dass die Vorbereitung <strong>der</strong> Jugend für den Militärdienst ein<br />

wichtiger Punkt bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Wehrhoheit <strong>des</strong> Deutschen Reiches darstellte,<br />

am Anfang war für sie jedoch noch nicht klar, dass die Ausbildung auch den kriegerischen<br />

Zwecken zugute kommen wird. Die Ausbildungsprinzipien <strong>der</strong> Wehrmacht waren auch in <strong>der</strong><br />

Tat sorgfältig berücksichtigt. 76 Dass es zum Krieg kommen wird wussten in <strong>der</strong> Wirklichkeit<br />

nur wenige, o<strong>der</strong> am Anfang vielleicht nur Hitler selbst. Trotzdem war er einer <strong>der</strong>jenigen, <strong>der</strong><br />

die körperliche und vormilitärische Erziehung für nötig gehalten hatte, 77 glaubte aber nicht<br />

fest daran, dass diese für die späteren Soldaten nützlich sein wird, bzw. dass dieses Erziehungsprogramm<br />

in dem Maße durchzuführen sein wird, wie sich das die <strong>Hitlerjugend</strong> vorgestellt<br />

hatte.<br />

Von den beiden großen Komponenten nationalsozialistischer Erziehung gewann die körperliche<br />

Ertüchtigung immer mehr an Bedeutung. Während in den ersten drei Jahren <strong>des</strong> Dritten<br />

Reiches hier die einfachen Leibesübungen im Vor<strong>der</strong>grund standen, wurde ab 1936 die<br />

sogenannte Wehrertüchtigung eingeführt, die schon eindeutig erkennen ließ, dass die Jugend<br />

mehr auf den militärischen Dienst vorzubereiten war, als für eine gesunde Lebensführung.<br />

Die Wehrertüchtigung wurde im Lager als Gelän<strong>des</strong>port bezeichnet, wobei <strong>der</strong> Sport nur mittelbar<br />

eine Rolle einnahm.<br />

75 Dazu siehe ZSOLT VITÁRI, A testi felkészítés elzményei a <strong>Hitlerjugend</strong>ben 1933 eltt, in: Kutatási Füzetek<br />

8, A PTE Történelem Doktori Programjának Sorozata, 2001 und <strong>der</strong>s., A testi felkészítés szerepe és fejldése a<br />

<strong>Hitlerjugend</strong>ben 1933-1939, in: Századok 6, 2000, pp. 1377-1427.<br />

76 Vgl. hierzu HELMUT STELLRECHT, Die Wehrertüchtigung <strong>der</strong> deutschen Jugend, Berlin 1936.<br />

77 ADOLF HITLER, Mein Kampf, München 1938, pp. 447-464.


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Die Monotonie <strong>der</strong> täglichen Sportübungen wurde erst gegen Ende <strong>des</strong> Lagers mit den<br />

Sportkämpfen aufgelockert, die auch innerhalb <strong>der</strong> Banne o<strong>der</strong> Gaue zwischen den einzelnen<br />

Scharen stattgefunden haben. Die beste Schar eines Bannes o<strong>der</strong> Gaues durfte dann gegen die<br />

besten <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Banne antreten. 78<br />

Das Wan<strong>der</strong>n war auch unentbehrlicher Bestandteil <strong>der</strong> körperlichen Ertüchtigung. Die<br />

Länge <strong>der</strong> Strecken wurde dem Alter und Geschlecht <strong>der</strong> Lagerteilnehmer angepasst. 79 Die<br />

größten Mädchen und Jungen mussten mehr als 20 km durchhalten. So waren Märsche nach<br />

Bad Tölz und zurück keine Seltenheit, und Besuche <strong>des</strong> Kreistages in Bad Tölz waren auch<br />

mit solchen Wan<strong>der</strong>ungen verbunden. Hierfür stellte auch das schlechte Wetter kein Hin<strong>der</strong>nis<br />

dar, es gab Fälle, wo die Wan<strong>der</strong>ungen auch im Regen durchgeführt wurden. 80<br />

Die beiden eben genannten großen Komponenten nationalsozialistischer Erziehung waren<br />

in <strong>der</strong> täglichen Ausbildungsroutine genauso zu finden, wie in den Lagern <strong>der</strong> HJ. Bei den<br />

letzteren gesellte sich noch ein von den Nationalsozialisten propagierter Aspekt hinzu, nämlich<br />

<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erholung und <strong>der</strong> gesundheitsfürsorgerischen Betreuung <strong>der</strong> Jugend. Es steht außer<br />

Frage, dass auf die gesundheitliche Betreuung großen Wert gelegt wurde, Überfor<strong>der</strong>ungen<br />

stellten zumin<strong>des</strong>t in den Kriegsjahren jedoch sicherlich keine Seltenheit dar, über Erholung<br />

konnte also gar keine Rede sein.<br />

Neben körperlicher Ertüchtigung und weltanschaulicher Schulung boten die Lager <strong>der</strong> HJ<br />

auch Rahmen für die „kulturelle“ Arbeit, die vor allem durch Feste und Feier repräsentiert<br />

wurde. Im Allgemeinen war sie zwar ein wichtiger Faktor bei <strong>der</strong> Vertiefung <strong>der</strong> nationalsozialistischen<br />

Ideologie, kam ihr in <strong>der</strong> Zeiteinteilung jedoch eine kleinere Rolle zu als <strong>der</strong><br />

weltanschaulichen Schulung, im Lager war sie trotzdem ein effektiv wirken<strong>des</strong> Element.<br />

Am Ende <strong>des</strong> Lagers fanden die Prüfungen zu den verschiedenen Leistungsabzeichen<br />

statt, die einerseits die einzelnen Ausbildungseinheiten, bzw. -jahren abschlossen, an<strong>der</strong>erseits<br />

die Voraussetzung für die weitere Ausbildung bedeuteten.<br />

IV. 2. Die Tageszeremonie<br />

Die Tagesordnung war im Prinzip in allen ähnlichen Lagern genauso, nur einzelne Kleinigkeiten<br />

Schwerpunkte und Zeitverschiebungen konnten gewisse Unterschiede aufweisen. Als Beispiel<br />

möge hier die Tageseinteilung 1936 <strong>des</strong> <strong>Hochlandlagers</strong> stehen.<br />

Tageseinteilung 1936: 81<br />

5.30 Wecken, anschließend 10 Minuten Morgengymnastik (Auftreten in Turnhose)<br />

5.45-6.30 Waschen, Anziehen, Zeltordnung<br />

6.30-7.15 Frühstück und Geschirrwaschen<br />

7.20-7.40 Lagerbesichtigung durch den Lagergefolgschaftsführer bzw. Fähnleinführer auf Ordnung<br />

und Reinlichkeit (Jede Mannschaft steht vor ihrem Zelt in Linie zu einem Glied<br />

aufgetreten.)<br />

7.45 Antreten zum Morgendienst<br />

7.50 Flaggenhissung, Tagespruch, Befehlausgabe<br />

8.00-11.00 Dienst nach Ausbildungsplan<br />

8.10 Führerbesprechung <strong>der</strong> Lagergefolgschaftsführer<br />

bei <strong>der</strong> Lagerleitung<br />

11.10 Postempfang<br />

78 Hartmann, p. 52-55.<br />

79 Richtlinien für die Gesundheitsführung, BALDUR VON SCHIRACH, Hitler-Jugend. Idee und Gestalt, Berlin<br />

1934, pp. 202-204.; JUTTA RÜDIGER (Hg.), Die Hitler-Jugend und ihr Selbstverständnis im Spiegel ihrer Aufgabengebiete,<br />

Lindhorst, 1983, p. 199.<br />

80 Hartmann, p. 22. und 48.<br />

81 Unser Hochlandlager; StAM, LRA 134 326, Lagerordnung 1935, p. 14.


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11.20-12.30 Essenfassen, Essen, Geschirrwaschen<br />

12.40-13.40 Mittagsruhe<br />

13.45 Lagerbesichtigung durch den Lagergefolgschaftsführer bzw. Fähnleinführer auf Reinlichkeit<br />

und Ordnung (Jede Zeltgemeinschaft steht vor ihrem Zelt zu einem Glied aufgetreten.)<br />

14.00 Antreten zum Nachmittagsdienst<br />

14.00-18.10 Dienst nach dem Ausbildungsplan<br />

18.10 Postempfang<br />

18.20-19.10 Abendverpflegung, Geschirrwaschen<br />

19.00 Führerbesprechung in den Bannbereichen<br />

ab 19.30 Zeltfeierabend<br />

21.00 Flaggeneinzug<br />

21.15 Locken zum Zapfenstreich<br />

21.30 Zapfenstreich, Lagerruhe, Zeltruhe<br />

Aus dem Tagesplan wird ersichtlich, dass das Wecken kurz nach Sonnenaufgang erfolgte. Der<br />

Tagesplan passte man so an, dass die meiste Zeit ausgenutzt werden konnte. 8 Stunden<br />

Nachtruhe wurde auch so gesichert, das frühe Aufstehen stellte jedoch immer eine ziemlich<br />

große Belastung dar.<br />

Der Arbeitstag fing nach dem Wecken sofort mit einer Morgengymnastik o<strong>der</strong> einem<br />

Morgenlauf an. Sie stählte – nach dem NS-Wortgebrauch – den Körper, außerdem waren die<br />

sehr früh geweckten Kin<strong>der</strong> wahrscheinlich auf diese Weise wach zu rütteln. So bedeutete sie<br />

ganz bestimmt nicht nur für die „Faulpelze“ den zweiten Schock <strong>des</strong> Tages.<br />

Obwohl <strong>der</strong> Tag offiziell mit dem Fahnenhissen eröffnet wurde, wies nach dem Waschen<br />

und Anziehen die Zeltordnung auch einen ähnlichen Charakter auf. Vor dem Beginn <strong>der</strong> Arbeit<br />

mussten die Zelte sauber und geordnet hinterlassen werden, hierfür war in erster Linie <strong>der</strong><br />

Zeltälteste verantwortlich.<br />

Nach dem Frühstück folgte die Lagerbesichtigung durch den Lagergefolgschaftsführer,<br />

spätestens bis zu diesem Zeitpunkt musste im Lagerabschnitt <strong>der</strong> einzelnen Lagergefolgschaften<br />

alles glänzen. Erst wenn alles vorbereitet war, Zelte und Kin<strong>der</strong>, durfte <strong>der</strong> Tag losgehen,<br />

ein Moment, in dem sich wie<strong>der</strong> die rücksichtslose Ordnungsidee <strong>des</strong> Nationalsozialismus<br />

zeigte.<br />

Mit dem Fahnenhissen nahm jeden Tag ihren eigentlichen, offiziellen Beginn, mit dem<br />

<strong>der</strong> mystische Rahmen <strong>des</strong> Tages eröffnet wurde. Um diesen Charakter zu untermauern, wurde<br />

zum Fahnenhissen täglich einen neuen Fahnenspruch gewählt, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Regel von „großen<br />

Persönlichkeiten“ <strong>des</strong> Nationalsozialismus und <strong>der</strong> deutschen <strong>Geschichte</strong>, wie Hitler,<br />

Schirach, Friedrich dem Großen, Clausewitz etc. stammte. 82 Neben dem Fahnenspruch gab es<br />

auch eine Tageslosung, unter <strong>des</strong>sen Motto <strong>der</strong> ganze Tag gestellt wurde.<br />

Die Flaggenparade umfasste im Hochlandlager nicht die gesamte Lagerbesatzung, weil<br />

die tägliche Organisation von mehreren tausend Kin<strong>der</strong>n erhebliche Schwierigkeiten verur-<br />

82 Zum Beispiel:<br />

„Alles Große in <strong>der</strong> Welt ist durch Treue geworden.“ – Schirach<br />

„Es ist nicht nötig, dass ich lebe, wohl aber, dass ich meine Pflicht tue.“ – Friedrich <strong>der</strong> Große<br />

„Wer nicht kämpft, hat alles Recht verloren.“ – Fichte<br />

„Unsere Ehre heißt Treue“ – Hindenburg<br />

„Weil wir wissen, dass wir sterben müssen, sollen wir tapfer sein.“ – Mussolini<br />

„Wer ein Volk liebt, beweist es einig durch die Opfer, die er für dieses zu bringen bereit ist.“ - Hitler<br />

In: Sommerlager- und Heimabendmaterial für die Schulungs- und Kulturarbeit, Sommer 1941, IfZ, Db 44.28,<br />

pp. 29-31.; Freude, Zucht, Glaube, Handbuch für die kulturelle Arbeit im Lager, hrsg. vom Kulturamt <strong>der</strong><br />

Reichsjugendführung, Potsdam, 1937, (IfZ, Db 44.05), p. 64.


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sacht hätte und den mystischen Charakter <strong>des</strong> Ganzen zerstört hätte. So fanden die Flaggenhissungen<br />

getrennt bei je<strong>der</strong> Lagergefolgschaft statt.<br />

Die Flaggenparade hatte auch eine feste Reihenfolge. Nachdem die Mannschaft angetreten<br />

war, wurde sie vom Hitlerjungen vom Dienst mit Heil Hitler begrüßt. Zuerst gab er die<br />

Tageslosung z.B. folgen<strong>der</strong>maßen bekannt: „Augen gerade-aus! – Die Tageslosung <strong>des</strong> heutigen<br />

Tages heißt: Herbert Norkus!“ Dann sprach sich ein Hitlerjunge zum Losungsspruch aus,<br />

<strong>der</strong> Lagergefolgschaftsführer sagte auch ein paar Sätze dazu. Erst danach kam das Flaggenhissen<br />

an die Reihe, es wurde dabei ein Lied von <strong>der</strong> Mannschaft gesungen. Das Lied musste<br />

ein Fahnenlied sein, also ein politisches und weltanschauliches Bekenntnis, woran es in <strong>der</strong><br />

HJ nie mangelte. Nach <strong>der</strong> Parade wurden die Insassen zum Abmarsch kommandiert. Als Tageslosungen<br />

kamen die Namen von großen Männern <strong>der</strong> deutschen <strong>Geschichte</strong>, die von<br />

Schlachten o<strong>der</strong> Städten, von Helden <strong>des</strong> Weltkrieges o<strong>der</strong> Tage und Namen <strong>der</strong> nationalsozialistischen<br />

Bewegung in Frage, o<strong>der</strong> solche Grundgedanken wie: „Wer leben will, <strong>der</strong> kämpfe<br />

also!; Mehr sein als scheinen; Nur, wer gehorchen gelernt hat, kann später befehlen“ o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

bei dem Jungvolk sehr bekannte Spruch:<br />

„Die Jungvolkjungen sind grad und fest,<br />

Jungvolkjungen sind wahr,<br />

Jungvolkjungen sind Kameraden,<br />

<strong>des</strong> Jungvolkjungen Größtes ist die Ehre.“ 83<br />

Die großen Ereignisse im Lager, bzw. die zeremoniellen Veranstaltungen waren immer durch<br />

Fanfaren bekannt gegeben und faszinieren<strong>der</strong> gemacht. Für Wecken, Locken und Zapfenstreich,<br />

sowie zum Fahnenhissen, Sammeln, Gelän<strong>des</strong>piel, Ausmarsch etc. wurden verschiedene<br />

Fanfarenrhythmen geblasen. Hierfür war <strong>der</strong> Fanfarenzugführer verantwortlich. Als Begleitung<br />

war die Ziehharmonika wichtig, für die Feste kamen auch Flöte, Geige und sonstige<br />

Streich- und Blasinstrumente in Frage. 84<br />

An den Sonn- und Feiertagen wandelte sich die Flaggenhissung in eine Morgenfeier, die<br />

weniger soldatisch war, schon ihre Zeremonie musste das Empfinden <strong>der</strong> Feierlichkeit ausstrahlen<br />

und den Jungen und Mädchen bewusst machen, dass sich ein Feiertag vom Alltag unterschied.<br />

„... die Morgenfeier hat(te) nicht einen allgemeinen Charakter, son<strong>der</strong>n die Aufgabe<br />

<strong>der</strong> seelischen Formung und Festigung, <strong>der</strong> seelischen, d.h. wirklich innerlichen ‚Wehrhaftmachung’.“<br />

Im Mittelpunkt <strong>der</strong> Morgenfeier stand <strong>der</strong> Text, die Ansprache, „die das Thema eindeutig<br />

und klar über die ganze Feier stellt(e).“ Wenn die Führer nicht in <strong>der</strong> Lage waren selber solche<br />

Ansprachen zu halten, waren die Texte von Hitler, Rosenberg, Fichte, Lagarde usw. empfohlen.<br />

Jedoch handelte es sich „bei <strong>der</strong> Morgenfeier nicht um ein allgemeines Gerede, son<strong>der</strong>n<br />

um Besinnung und Weg zu neuer Kraft!“ Spruch, Ansprache, Musik und Lied sollten<br />

diese mystische Stimmung gemeinsam herstellen.<br />

Die Tageslosung durfte hier auch nicht wegfallen. An den Feiertagen wurden jedoch solche<br />

gewählt, die sonst nicht empfehlenswert waren. Diese waren nämlich Begriffe, die den<br />

Nationalsozialisten beson<strong>der</strong>s heilig erschienen wie „Deutschland“, „Adolf Hitler“, „Blut und<br />

Boden“, „Gemeinschaft“ etc. Diese durften – da sie beson<strong>der</strong>er Eigenschaft waren – nur Tagen<br />

vorangestellt werden, die selbst beson<strong>der</strong>s waren. Die Morgenfeier enthielt stets Gedan-<br />

83 O<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e wie Geiserich, Widukind, Heinrich I., Heinrich <strong>der</strong> Löwe, Scharnhorst, Langemarck, Verdun,<br />

Ypern, 9. November, Feldherrnhalle, Nürnberg, Herbert Norkus, Horst Wessel etc. - Freude, Zucht, Glaube, pp.<br />

63-64, 69 und 71.; Die Jungenschaft 7/1935 (IfZ 44.42).<br />

84 Freude, Zucht, Glaube, pp. 59, 184-186.


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ken, „die für das Leben <strong>des</strong> Einzelnen in <strong>der</strong> Gemeinschaft und damit für die Gemeinschaft<br />

selbst von wesentlicher Bedeutung“ waren. 85<br />

Die Flaggeneinholung hatte ähnlich demonstrativen Charakter, sie war schließlich <strong>der</strong><br />

Abschluss eines erfolgreichen Tages. Der Lagergefolgschaftsführer o<strong>der</strong> bei kleineren Lagern<br />

<strong>der</strong> Lagerführer selbst wie<strong>der</strong>holte die Tageslosung, so dass sie den Jungen nochmals tief eingeprägt<br />

wurde. Die Fahne sank dann unter Trommelwirbel. Am Abend wurde nicht gesungen<br />

auch <strong>der</strong> Abmarsch erfolgte stillschweigend. Eventuelle Bemerkungen zum Tag o<strong>der</strong> Kundgebungen<br />

mussten vor <strong>der</strong> Fahneneinholung gemacht werden, weil mit ihr <strong>der</strong> Tag offiziell<br />

beendet war. 86<br />

Mit <strong>der</strong> Eröffnung <strong>des</strong> Tages fing dann auch die praktische Arbeit an. Das Ausbildungsprogramm<br />

wurde in zwei größeren Blöcken ausgeführt. Sowohl während <strong>des</strong> Vormittagsdienstes<br />

als auch im Nachmittagsdienst waren weltanschauliche und körperliche Aufgaben<br />

einbezogen. Der täglichen Ausbildung widmete man ca. 7 Stunden, eine sehr lange Zeit, wenn<br />

man in Rücksicht nimmt, dass es während dieser Zeit nur kurze Pausen gab.<br />

Nach dem Mittagessen und <strong>der</strong> Mittagspause waren die Zelte wie<strong>der</strong> in Ordnung zu bringen,<br />

da sie in <strong>der</strong> Pause wie<strong>der</strong> benutzt waren, und <strong>der</strong> Nachmittagsdienst so nicht beginnen<br />

durfte, dass irgendwelche Schlamperei vorgekommen ist. Das Lager wurde von den höheren<br />

Führern erneut kontrolliert.<br />

Am Abend wurde dann eine Zeitspanne von an<strong>der</strong>thalb Stunden zur freien Verfügung gestellt,<br />

dies bedeutete jedoch nicht, dass während dieser Zeit alles erlaubt war. Die strenge<br />

Ordnung musste auch jetzt akzeptiert werden. So konnten die Kin<strong>der</strong> auch abends ungefähr<br />

dasselbe machen wie im Dienst. Es handelte sich vor allem um ernstere und lustigere Veranstaltungen<br />

um das Lagerfeuer. Sie waren zu diesem Zeitpunkt auch schon ziemlich müde, so<br />

dass körperliche Anstrengungen nicht forciert wurden. Die Abendfreizeit bot jedoch genügend<br />

Gelegenheit dazu, um einan<strong>der</strong> besser kennen lernen zu können, alles zu besprechen,<br />

was am ganzen Tag passiert ist. Dies war beson<strong>der</strong>s für Freunde wichtig, die eventuell nicht<br />

in <strong>der</strong> gleichen Zeltgemeinschaft wohnten.<br />

Im Verlauf <strong>der</strong> Nachtruhe gab es mit den Kin<strong>der</strong>n höchstwahrscheinlich keine Mühe, ihre<br />

Kraft wurde schon tagsüber genügend beansprucht, und schließlich ging es mit dem Drill am<br />

nächsten Tag weiter.<br />

IV. 3. Son<strong>der</strong>ausbildung im Hochlandlager<br />

Im Hochlandlager fand alljährlich auch eine Son<strong>der</strong>ausbildung statt, die ebenfalls mit Prüfung<br />

und Son<strong>der</strong>vorführungen abgeschlossen wurde. Die Son<strong>der</strong>einheiten <strong>der</strong> HJ leisteten dabei<br />

noch mehr als die allgemeinen HJ-Mitglie<strong>der</strong>, da sie neben <strong>der</strong> Grundausbildung auch die<br />

Son<strong>der</strong>ausbildung absolvieren mussten.<br />

Die Ausbildung in Marinewesen, Motorwesen, Feldscherwesen, Nachrichtenwesen,<br />

Flugwesen, Luftschutzwesen und bei dem Streifendienst erfolgte mit Hilfe von Ausbildungskräften,<br />

<strong>des</strong> Nationalsozialistischen Kraftfahrerkorps, <strong>des</strong> Nationalsozialistischen Fliegerkorps,<br />

<strong>der</strong> Reichspost, <strong>des</strong> Reichschutzluftbun<strong>des</strong> und <strong>der</strong> Polizei sowie von Ärzten. Wahrscheinlich<br />

waren nicht immer alle Son<strong>der</strong>einheiten im Hochlandlager vertreten. 87<br />

85 „Sie [die Morgenfeier – ZS. V.] ist keine erweiterte Flaggenhissung, son<strong>der</strong>n hat Aufgaben zu erfüllen, die nur<br />

mit denen <strong>des</strong> Gottesdienstes zu vergleichen sind. Sie dient dem Bekenntnis zu Gott, dem Glauben an Führer und<br />

Volk und dem Willen zum Einsatz und zur Tat. [...] es geht hierbei nicht um eine Verpflichtung auf den Tagesdienst,<br />

son<strong>der</strong>n um die innere Besinnung, die am Beginn <strong>des</strong> Feiertages stehen soll.“ –Ebd., pp. 62-63., 71-72.,<br />

Zitat: p. 62.<br />

86 Ebd., p. 70.<br />

87 <strong>Zur</strong> Ausbildung in den Son<strong>der</strong>einheiten siehe ausführlich VITÁRI, A testi felkészítés szerepe és fejldése a<br />

<strong>Hitlerjugend</strong>ben 1933-1939.


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IV. 4. Ausbildung im Wehrertüchtigungslager<br />

Die Ausbildung wurde mit dem Ausbruch <strong>des</strong> Krieges ständig verschärft. Noch bevor das<br />

Hochlandlager ein WE-Lager wurde, wurde das Programm im Lager mehr und mehr fast ausschließlich<br />

auf die Wehrertüchtigung ausgerichtet, wozu nunmehr die SS und die Wehrmacht<br />

herangezogen wurden. Abgesehen davon, dass das Schießen weiterhin erstrangig war, und ein<br />

wesentlicher Teil <strong>der</strong> Ausbildung nicht nur durch die Praxis damit in Zusammenhang stand,<br />

son<strong>der</strong>n auch durch den Unterricht über das Gewehr selbst, über die Theorie <strong>des</strong> Schießens,<br />

wurden die Hitlerjungen jetzt schon auch über die SS und die Wehrmacht selbst in verstärktem<br />

Maße geschult. Traditionelle Themen <strong>der</strong> weltanschaulichen Schulung gingen dadurch<br />

erheblich zurück, waren jedoch immer noch präsent.<br />

Die Tatsache, dass sich die Vorbereitung auf den Kriegsdienst schon ab 1939 immer<br />

mehr einsetzte, ließ die Einführung <strong>der</strong> WE-Lager als keine große Zäsur in <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong><br />

HJ erscheinen, es war eher ein fließen<strong>der</strong> Übergang zur unverhüllten vormilitärischen Ausbildung.<br />

Das Wesen <strong>der</strong> Wehrertüchtigung wurde in <strong>der</strong> Zeitschrift „Das junge Deutschland“ auf<br />

folgende Weise interpretiert: „Die jugendgemäße deutsche Wehrertüchtigung ergibt sich aus<br />

drei Leitgedanken: <strong>der</strong> Idee <strong>des</strong> soldatischen Menschen, <strong>der</strong> Idee <strong>des</strong> totalen Krieges und <strong>der</strong><br />

Idee <strong>der</strong> selbstverantwortlichen Führung <strong>der</strong> nationalsozialistischen Jugend.“ 88<br />

Mit <strong>der</strong> Errichtung <strong>der</strong> WE-Lager war jedoch das letzte Motiv von den genannten drei in<br />

Gefahr geraten. Nicht wie vorher hatte die HJ die Ausbildung nämlich fest in <strong>der</strong> Hand,<br />

wenngleich Hilfe von außen immer in Anspruch genommen wurde, die Ausbil<strong>der</strong> kamen ab<br />

jetzt aus <strong>der</strong> Wehrmacht und <strong>der</strong> Waffen-SS, <strong>der</strong> <strong>Hitlerjugend</strong> stand nur die Organisierung zu.<br />

Die Lehrgänge dauerten drei Wochen und umfassten in <strong>der</strong> Regel 200-250 Jungen im Alter<br />

von 17 Jahren, später auch von 16 Jahren. Selbst <strong>der</strong> Lagerleiter war ein Offizier <strong>der</strong><br />

Wehrmacht, oftmals ein ehemaliger HJ-Führer, und auch die Ausbil<strong>der</strong> rekrutierten sich aus<br />

<strong>der</strong> Wehrmacht und in kleinerem Teil aus <strong>der</strong> Waffen-SS. Es handelte sich um Soldaten, die<br />

sich nach einer Verwundung gerade in <strong>der</strong> Phase <strong>der</strong> Genesung befanden o<strong>der</strong> kurz danach<br />

waren und noch nicht an die Front zurückkehrten, o<strong>der</strong> dafür gar nicht mal in Frage kamen. 89<br />

Die WE-Lager arbeiteten das ganze Jahr über, so auch im Winter, die Belegschaft wechselte<br />

sich sinngemäß alle drei Wochen.<br />

Die Jugendlichen sahen trotzdem mit gewisser Spannung <strong>der</strong> Einberufung in das WE-<br />

Lager entgegen, sie wussten, dass diese Ausbildung mit dem Spiel nichts mehr zu tun hatte<br />

und so sich in dieser das hochgeschätzte deutsche Soldatentum wie<strong>der</strong>spiegelte. Am Ende <strong>der</strong><br />

Ausbildung, nachdem sämtliche Übungen absolviert waren, mussten die Jungen über das erworbene<br />

Wissen und Können Rechenschaft ablegen, indem sie <strong>der</strong> sogenannte K-Schein, d. h.<br />

den Kriegsausbildungsschein erworben haben. Wenn die Jugendlichen diese Prüfung bestanden,<br />

war <strong>der</strong> Weg in die Wehrmacht o<strong>der</strong> Waffen-SS frei, sie wurden kriegstauglich erklärt.<br />

V. Schlussbetrachtung<br />

Wie aus <strong>der</strong> geschil<strong>der</strong>ten Entwicklung <strong>der</strong> Ausbildung im Hochlandlager hervorgeht, bedeutete<br />

sie im Grunde eine immer größere Belastung für die Jugendlichen. Während in den ersten<br />

Jahren das Programm auch schon am Anfang keine Ruhe den Jugendlichen während <strong>der</strong> Lagerzeit<br />

ließ, war sie im Grunde auch mit Hilfe <strong>des</strong> Teamgeistes noch locker zu leisten. Obwohl<br />

viele Momente auch schon Mitte <strong>der</strong> 30-er Jahre nicht zur „Verwöhnung“ <strong>der</strong> Jugend<br />

beitrugen, war das Lager mit seinem romantischen Gepräge insgesamt sehr beliebt. Die sich<br />

im Laufe <strong>der</strong> Lagerzeit ergebenden Schwierigkeiten waren mit dem starken Willen <strong>des</strong><br />

88 Das junge Deutschland, 8/1943, p. 190.<br />

89 Deutsche Allgemeine Zeitung, 29. August 1942, BArch, R 43 II/522b, p. 102.


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Nichtwegbleibens und <strong>der</strong> Motivierung durch die Kameradschaften, sowie dem Streben nach<br />

guten Leistungen und damit nach Anerkennung noch halbwegs auch unbewusst zu meistern.<br />

Außerdem hat dabei auch <strong>der</strong> verführerische Charakter <strong>der</strong> ganzen Inszenierung <strong>des</strong> Lagerlebens<br />

dazu beigetragen, dass die Kin<strong>der</strong> über Unannehmlichkeiten hinwegschauten.<br />

Selbst die Führer haben dabei geholfen: wer hätte nicht gerne gehört, dass ein deutscher Junge<br />

<strong>der</strong> beste auf <strong>der</strong> Welt ist und <strong>des</strong>wegen sich nicht ziemt, wenn sich jemand auf die Art eines<br />

Muttersöhnchens benimmt und jene Aufgaben nicht erfüllt, die ihm von dem Nationalsozialismus<br />

und dem Führer auferlegt wurden.<br />

Die Kriegssituation brachte dann entsprechend härtere Anfor<strong>der</strong>ungen für die Jugend.<br />

Gleichzeitig wurde dies jedoch damit kompensiert, dass die sowieso für interessanteste Betätigung<br />

geschätzte Wehrertüchtigung die Hauptrolle übernahm, und die weltanschauliche<br />

Schulung an Volumen zurückdrängt wurde. Es gab ja nur wenige, die sich für die Schießübungen<br />

und dem Gelän<strong>des</strong>port nicht interessiert hätten, das Soldatenspielen ist unter den<br />

Kin<strong>der</strong>n ja auch heute sehr beliebt.<br />

Die Jugendlichen konnten sich durch die Wehrertüchtigung fast als richtige Soldaten<br />

betrachten, die schon alles Nötige für den Wehrmachtdienst erlernt hatten. Nicht nur <strong>der</strong> Einberufung<br />

zum WE-Lager, son<strong>der</strong>n nachher auch zur Wehrmacht wurde eine geheimnisvolle<br />

Erwartung entgegengesetzt. Obwohl die Zahl <strong>der</strong> Trauermeldungen in den Medien immer<br />

mehr zunahm, haben sich die Jugendlichen nur wenig Gedanken darüber gemacht, dass sie an<br />

<strong>der</strong> Front auch ihr Leben opfern werden. Und sie hörten ja Jahre lang nichts An<strong>der</strong>es in <strong>der</strong><br />

HJ, dass dies doch <strong>der</strong> höchste Dienst für das Vaterland und das deutsche Volk sei. Das<br />

Hochlandlager mit seinem ausgeprägten Stil und unglaublichen Größe war wirklich ein<br />

Musterlager für die Verbreitung <strong>des</strong> nationalsozialistischen Geistes.

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