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Ausgabe 04/13 - Wirtschaftsjournal.de

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Recht<br />

Grenzen überschreiten –<br />

Verträge in Englisch<br />

E X P E R T E N<br />

TIPP<br />

von Rechtsanwalt Eckhart Braun<br />

Eckhart Braun ist Fachanwalt für Han<strong>de</strong>ls-<br />

und Gesellschaftsrecht, stellvertreten<strong>de</strong>r<br />

Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Fachausschusses<br />

für Han<strong>de</strong>ls- und Gesellschaftsrecht<br />

<strong>de</strong>r Rechtsanwaltskammer Sachsen und<br />

Partner bei CMS Hasche Sigle.<br />

CMS – das sind 2.800 Rechtsund<br />

Steuerberater an 54 Standorten<br />

mit einer Präsenz und<br />

Marktdurchdringung in Europa<br />

wie kaum eine an<strong>de</strong>re Wirtschaftskanzlei.<br />

Eine starke Wirtschaftssozietät<br />

im internationalen<br />

CMS-Verbund ist CMS<br />

Hasche Sigle – exzellente<br />

Rechtsberatung „Ma<strong>de</strong> in Germany"<br />

in allen Fragen <strong>de</strong>s<br />

nationalen und internationalen<br />

Wirtschaftsrechts, auf ihrem<br />

Kernmarkt Deutschland tätig<br />

mit mehr als 600 Rechtsanwälten,<br />

Steuerberatern und Notaren.<br />

Kontakt:<br />

eckhart.braun@cms-hs.com<br />

Weitere Informationen:<br />

www.cms-hs.com<br />

Englische Verträge sind eine Herausfor<strong>de</strong>rung und<br />

mehr als ein <strong>de</strong>utscher Vertrag in englischer Sprache.<br />

Unternehmen und Geschäftsleiter sind auf <strong>de</strong>r<br />

Suche nach neuen Geschäftschancen im Ausland.<br />

Dort begegnen sie nicht nur an<strong>de</strong>ren Sprachen und<br />

Kulturen. Praktizierte (Vertrags-)Muster <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />

Geschäftswelt müssen im Ausland nicht genauso<br />

erfolgreich funktionieren. Es ist wichtig, wesentliche<br />

Unterschie<strong>de</strong> zu kennen und sich darauf einzustellen.<br />

Übersetzung reicht nicht<br />

Für fast je<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Satz gibt es mehrere mögliche<br />

englische Übersetzungen. Verträge aber verlangen Be<strong>de</strong>utungskongruenz.<br />

Der Kun<strong>de</strong> bezahlt die Rechnung wird im<br />

Englischen we<strong>de</strong>r mit The customer pays the bill noch mit<br />

The customer will pay the bill o<strong>de</strong>r The customer is going<br />

to pay the bill adäquat wie<strong>de</strong>rgegeben. Nur The customer<br />

shall pay the bill begrün<strong>de</strong>t die gewollte vertragliche Verpflichtung.<br />

Die Praxis zeigt, dass ausländische Geschäftspartner<br />

sprachliche Schwächen auszunutzen verstehen.<br />

I will or<strong>de</strong>r the products you shall <strong>de</strong>liver wür<strong>de</strong> erfahrungsgemäß<br />

mancher <strong>de</strong>utsche Lieferant unbeanstan<strong>de</strong>t<br />

lassen, obwohl er sich damit, im Gegensatz zu seinem<br />

Geschäftspartner, vertraglich bin<strong>de</strong>t.<br />

Gewohntes ist fremd<br />

Die <strong>de</strong>utsche Vertragspraxis kennt Regelungen, die in vielen<br />

Vertragswerken und Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

zu fin<strong>de</strong>n sind: die Pflicht zur Nachbesserung bei mangelhafter<br />

Lieferung, Scha<strong>de</strong>nsersatz bei schuldhafter Schlechtleistung,<br />

Eigentumsvorbehalt zur Absicherung von Zahlungsansprüchen,<br />

Vertragsstrafe bei Verzug. Das sind uns<br />

vertraute Regelungen und wir sind geneigt, sie in <strong>de</strong>n englischen<br />

Übersetzungen unserer Verträge und Geschäftsbedingungen<br />

nicht zu än<strong>de</strong>rn. Umso mehr wer<strong>de</strong>n wir überrascht<br />

sein, wenn Vertragspartner im Ausland uns nicht vorbehaltlos<br />

folgen. Statt <strong>de</strong>r typisch <strong>de</strong>utschen sechs Gewährleistungsrechte<br />

(Nachbesserung, Min<strong>de</strong>rung, Ersatz, Scha<strong>de</strong>nsersatz,<br />

Rücktritt, Kündigung) kennen viele ausländische<br />

Rechtsordnungen bei Vertragsbruch (breach) grundsätzlich<br />

nur die Verpflichtung zum Scha<strong>de</strong>nsersatz, und das<br />

zu<strong>de</strong>m verschul<strong>de</strong>nsunabhängig. Der Eigentumsvorbehalt<br />

verschwin<strong>de</strong>t nicht selten bei Grenzübertritt, weil die ausländische<br />

Rechtsordnung ihn nicht kennt o<strong>de</strong>r von förmlichen<br />

Registrierungen abhängig macht. Dies gilt nicht nur<br />

für vermeintlich exotische Län<strong>de</strong>r, son<strong>de</strong>rn zum Bespiel auch<br />

für die Schweiz. Die Vereinbarung <strong>de</strong>utschen Rechts hilft<br />

hier nicht, weil das Eigentum zum Sachenrecht gehört, das<br />

<strong>de</strong>m Ort folgt, an <strong>de</strong>m sich die Sache befin<strong>de</strong>t, im Übrigen<br />

auch in Bezug auf <strong>de</strong>n Gerichtsstand. Eine Vertragsstrafe<br />

empfin<strong>de</strong>n viele ausländische Geschäftspartner als unzulässiges<br />

punishment und sind nur bereit, über liquidated<br />

damages zu sprechen, was hinsichtlich Inhalt und Regelungsumfang<br />

weit mehr ist als die Übersetzung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen<br />

Wortes Vertragsstrafe. Auch die <strong>de</strong>utsche Bürgschaft<br />

mit <strong>de</strong>r englischen guarantee gleichzusetzen, kann zu Überraschungen<br />

führen, ist das Haftungskonzept doch unterschiedlich.<br />

Die Haftung für representations erwischt <strong>de</strong>n,<br />

<strong>de</strong>r seine Haftung auf die vertraglichen genannten Eigenschaften<br />

(warranties) beschränkt zu haben glaubte. Einen<br />

ungewöhnlichen Haftungsausschluss unter <strong>de</strong>r Überschrift<br />

force majeure versteckt zu ent<strong>de</strong>cken, gelingt häufig nur<br />

<strong>de</strong>m, <strong>de</strong>r diese Erfahrung einmal schmerzlich gemacht hat.<br />

Richtig streiten<br />

Das bekannte Sprichwort Vertrag kommt von sich vertragen<br />

ist nach wie vor aktuell und sollte immer das Ziel sein.<br />

Manchmal gelingt dies trotz aller Bemühungen nicht und<br />

ein Rechtstreit muss geführt wer<strong>de</strong>n. Nur gut, wenn dann<br />

als Gerichtsstand <strong>de</strong>r Sitz <strong>de</strong>s eigenen Unternehmens in<br />

Deutschland vereinbart wur<strong>de</strong> – so die vermeintlich erste<br />

Einschätzung. Die bessere Erkenntnis lässt oft nicht lange<br />

auf sich warten. Können wir einen Prozess mit englischen<br />

Unterlagen vor <strong>de</strong>utschen Gerichten führen o<strong>de</strong>r muss alles<br />

kosten- und zeitintensiv von vereidigten Spezialisten übersetzt<br />

wer<strong>de</strong>n? Ist das Urteil <strong>de</strong>s Landgerichts überhaupt<br />

im Ausland vollstreckbar? Wie können wir einen für uns<br />

wichtigen Zeugen mit Wohnsitz im Ausland zwingen, vor<br />

einem <strong>de</strong>utschen Gericht zu erscheinen, o<strong>de</strong>r reicht <strong>de</strong>m<br />

<strong>de</strong>utschen Richter eine schriftliche Aussage? Die Antworten<br />

auf diese Fragen sind teilweise ernüchternd und <strong>de</strong>r<br />

ausländische Geschäftspartner genießt die Sonne seines<br />

Lan<strong>de</strong>s, statt sich mit uns gerichtlich auseinan<strong>de</strong>rzusetzen.<br />

Die häufig mit Schlussbestimmungen überschriebenen Regelungen<br />

eines Vertrages dürfen daher nicht vernachlässigt<br />

wer<strong>de</strong>n. In Deutschland ist eine Prozessführung in Englisch<br />

nur bei einer Handvoll Landgerichten möglich. Die vertragliche<br />

Vereinbarung auf ein internationales Schiedsgericht<br />

ist nicht selten die einzig sinnvolle Möglichkeit, wirklich<br />

Rechtsschutz zu erlangen.<br />

Eckhart Braun<br />

<strong>Wirtschaftsjournal</strong> | April 20<strong>13</strong><br />

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