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Ausgabe 04/13 - Wirtschaftsjournal.de

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Editorial<br />

Die Kraft <strong>de</strong>r Alten<br />

Nur selten zuvor war <strong>de</strong>r Arbeitsmarkt in Deutschland so<br />

in Bewegung wie heute. Dabei sind die dazu diskutierten<br />

Themen durchaus wi<strong>de</strong>rsprüchlich. Es fehlen einerseits<br />

massiv Fachkräfte. Der VDI errechnet mehr als 100.000<br />

fehlen<strong>de</strong> Ingenieurstellen, wodurch die Wirtschaft acht<br />

Milliar<strong>de</strong>n Euro verloren hat.<br />

För<strong>de</strong>rprogramme und öffentlich finanzierte Projekte zur<br />

Gewinnung und Akzeptanzerhöhung von ausländischen<br />

Arbeitskräften haben Hochkonjunktur. Trotz inzwischen<br />

endlich vorhan<strong>de</strong>nen ersten brauchbaren Modalitäten zur<br />

Anerkennung <strong>de</strong>r Berufsabschlüsse, halten sich die Unternehmen<br />

noch immer zurück, wenn es darum geht, Mitarbeiter<br />

aus <strong>de</strong>m Ausland einzustellen.<br />

Es fehlen Fachkräfte, weil die Gesellschaft altert, ist die<br />

in <strong>de</strong>r Politik am meisten beanspruchte Antwort. Das ist<br />

aber falsch: Noch nie zuvor gab es in Deutschland so viele<br />

Erwerbstätige wie heute und selbst die Zahl <strong>de</strong>r Menschen,<br />

die <strong>de</strong>m Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, war<br />

nur 2006 kurzfristig höher.<br />

Denn <strong>de</strong>rzeit gibt es so viele Erwerbstätige wie nie zuvor<br />

in Deutschland und auch die Zahl <strong>de</strong>r Menschen, die <strong>de</strong>m<br />

Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen – das so genannte<br />

Erwerbspersonenpotenzial – ist nur im Jahr 2006 einmal<br />

kurzfristig höher gewesen als heute.<br />

Diese Tatsachen scheinen ein Argument dafür zu sein, dass<br />

die ganze Diskussion um die klugen Köpfe ein rhetorisches<br />

Schattenboxen ist. Man übersieht schnell, dass<br />

<strong>de</strong>r Arbeitsmarkt in Deutschland sich verän<strong>de</strong>rt hat. Auch<br />

ist es Deutschland alles in allem gelungen, <strong>de</strong>r noch immer<br />

anhalten<strong>de</strong>n weltweiten Wirtschaftskrise besser zu be -<br />

gegnen.<br />

Studien zeigen etwas an<strong>de</strong>res: Arbeiten<strong>de</strong> ältere Menschen<br />

sind glücklicher und leistungsfähiger als ihre<br />

Artgenossen im Ruhestand. Derzeit arbeiten 800.000<br />

Rentner und 1,5 Millionen Menschen zwischen 60 und<br />

65. Tun die das alle aus Not o<strong>de</strong>r weil die Konzerne ihre<br />

Vorruhestandsregelungen zurück gefahren haben? Ältere<br />

Menschen wollen arbeiten, sie wollen wie davor auch<br />

wichtig sein und mit ihrer Leistung etwas bewegen. Und<br />

sie können das oft auch gesundheitlich noch. Auch die<br />

Zahl <strong>de</strong>r Menschen, die über das 65. o<strong>de</strong>r 67. Lebensjahr<br />

arbeiten wollen, steigt weiter. Und die Beispiele zeigen,<br />

dass das hervorragend funktioniert und die Exzellenz <strong>de</strong>r<br />

Älteren gebraucht wird. Es tut auch gut, wenn die routinierte<br />

Meinung eines „Alten“ etwas Ruhe und Klarheit in<br />

<strong>de</strong>n digital dominierten Arbeitsalltag bringt.<br />

Alle, die für <strong>de</strong>n Arbeitsmarkt Verantwortung tragen, sollten<br />

sich dringend die „Kraft <strong>de</strong>r Alten“ sichern. Gewerkschaften<br />

sollten endlich ihre „Wir sind dagegen“-Position aufgeben<br />

und wie<strong>de</strong>r die Interessen ihrer Mitglie<strong>de</strong>r nachhaltig<br />

vertreten. Arbeitsagenturen müssen in <strong>de</strong>r Praxis anfangen,<br />

Berater für arbeitswillige Rentner und Unternehmer<br />

zu sein. Und die Politik mit <strong>de</strong>n diskriminieren<strong>de</strong>n und<br />

wirtschaftlich schädlichen Einschränkungen aufräumen,<br />

die es Älteren viel zu oft unmöglich machen, ihrer Berufung<br />

nachzugehen.<br />

Und wir Unternehmer sollten unseren Blick noch etwas<br />

auf die Experten in Grau ausweiten. So wird manches Fachkräfteproblem<br />

gar nicht erst entstehen.<br />

Ihr Jörg Sattler<br />

Die Diskussionen um Fachkräfte sind richtig und wichtig:<br />

Sie sind Deutschlands Schatz! Und da scheint es mir angebracht,<br />

verstärkt auf die Ressourcen zu blicken, die wohl<br />

die größten Potenziale aufweisen: Die „Alten“. Auch hier<br />

fin<strong>de</strong>n wir wie<strong>de</strong>r die typischen zementierten und diametral<br />

voneinan<strong>de</strong>r abweichen<strong>de</strong>n Wahrheiten verschie<strong>de</strong>ner<br />

Lager. Gewerkschaftsnahe Verbän<strong>de</strong> argumentieren,<br />

dass die meisten Menschen über 65 nur <strong>de</strong>shalb noch<br />

arbeiten, weil sie sich angesichts niedriger Renten ihr täglich<br />

Brot sonst nicht leisten könnten. Unternehmernahe<br />

<strong>Wirtschaftsjournal</strong> | April 20<strong>13</strong><br />

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