Ausgabe 04/13 - Wirtschaftsjournal.de
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Energie<br />
Knackpunkt Netzausbau<br />
Die Gewährleistung <strong>de</strong>r Versorgungssicherheit erfor<strong>de</strong>rt schnelle und klare Entscheidungen<br />
WJ: Mit welchen konkreten Problemen haben Sie in<br />
Ihrem Versorgungsgebiet bei <strong>de</strong>r Integration von<br />
Photovoltaik und Windkraft zu kämpfen?<br />
Schweer: Im letzten Jahr mussten wir 100 Mal eingreifen,<br />
sprich abschalten. Vor wenigen Jahren war dies noch gar<br />
nicht <strong>de</strong>r Fall.<br />
Damit Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen tatsächlich<br />
verteilt und verbraucht wer<strong>de</strong>n kann, muss die Netzinfrastruktur<br />
an die zunehmend <strong>de</strong>zentrale und volatile Einspeisung<br />
angepasst wer<strong>de</strong>n.<br />
Foto: MITNETZ STROM<br />
Die Stromverteilnetze in Deutschland müssen bis 2030 in<br />
einer Größenordnung von <strong>13</strong>5.000 Kilometer bis zu 193.000<br />
Kilometer ausgebaut und auf einer Länge von 21.000 bis<br />
zu 25.000 Kilometer umgebaut wer<strong>de</strong>n. Dafür wer<strong>de</strong>n zwischen<br />
27,5 Milliar<strong>de</strong>n und 42,5 Milliar<strong>de</strong>n Euro benötigt.<br />
Das geht aus einer Studie hervor, die die Deutsche Energie-<br />
Agentur GmbH (<strong>de</strong>na) Mitte Dezember vergangenen Jahres<br />
vorgestellt hat. Der Ausbau- und Investitionsbedarf ist<br />
abhängig davon, wie hoch <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r regenerativen<br />
Strom erzeugung im Jahr 2030 ist. Die Verteilnetze in Deutschland<br />
dienten bisher dazu, Strom zu <strong>de</strong>n Endverbrauchern<br />
zu leiten. Im Zuge <strong>de</strong>s Ausbaus <strong>de</strong>r erneuerbaren Energien<br />
und <strong>de</strong>r <strong>de</strong>zentralen Stromerzeugung müssen die Stromverteilnetze<br />
schon jetzt einen großen Stromanteil aus Solarund<br />
Windkraftanlagen aufnehmen. Dies wird sich in <strong>de</strong>n<br />
nächsten Jahren noch verstärken und dazu führen, dass die<br />
bisherige Kapazität <strong>de</strong>r Verteilnetze nicht mehr ausreicht,<br />
um regional überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien<br />
abzutransportieren. Vor diesem Hintergrund fragte das<br />
<strong>Wirtschaftsjournal</strong> <strong>de</strong>n technischen Geschäftsführer <strong>de</strong>r<br />
Mittel<strong>de</strong>utschen Netzgesellschaft Strom mbH (MITNETZ<br />
STROM), Dr. Adolf Schweer, wie sich sein Unternehmen darauf<br />
einstellt.<br />
<strong>Wirtschaftsjournal</strong>: Die Umsetzung <strong>de</strong>r so genannten<br />
Energiewen<strong>de</strong> erfor<strong>de</strong>rt neue, intelligente Stromnetze.<br />
Was be<strong>de</strong>utet dies konkret?<br />
Dr. Adolf Schweer: Einfach ausgedrückt, be<strong>de</strong>utet das:<br />
Wenn wir mehr Strom aufnehmen, als unmittelbar gebraucht<br />
wird, brauchen wir dickere Leitungen und wir müssen mehr<br />
Daten transportieren, die wie<strong>de</strong>rum leistungsfähigere Steuerungstechnik<br />
erfor<strong>de</strong>rn.<br />
WJ: Welche technischen Neuerungen müssen vorgenommen<br />
wer<strong>de</strong>n?<br />
Schweer: Wir bauen aus, in <strong>de</strong>m wir dickere Leitungen<br />
bauen, die Masten höher setzen, Umspannwerke mo<strong>de</strong>rnisieren,<br />
Steuerungstechnik erneuern usw.<br />
WJ: Welcher finanzielle Aufwand steht dahinter?<br />
Schweer: Dafür haben wir jährlich rund 100 Millionen Euro<br />
vorgesehen und das für die nächsten zehn Jahre. Geht allerdings<br />
die Energiewen<strong>de</strong> schneller voran, müssen wir früher<br />
mehr investieren.<br />
WJ: Bei dieser Größenordnung benötigen Sie Planungssicherheit.<br />
Welche politischen Rahmenbedingungen<br />
müssen also noch geschaffen wer<strong>de</strong>n?<br />
Schweer: Das ganze Design <strong>de</strong>s Marktes muss sich än<strong>de</strong>rn,<br />
<strong>de</strong>nn die Netzausbaukosten sind in Ost<strong>de</strong>utschland beson<strong>de</strong>rs<br />
hoch. Hier wird teils mehr regenerativ erzeugter Strom eingespeist<br />
als von <strong>de</strong>n Einwohnern und <strong>de</strong>r Industrie abgenommen<br />
wird. Wir haben daher einen Netzausbauplan mit<br />
allen ost<strong>de</strong>utschen Beteiligten erstellt. Dieser bil<strong>de</strong>t die<br />
Basis für die Verhandlungen mit <strong>de</strong>r Politik in Bezug auf<br />
zusätzliche Anreize für die Finanzierung. Es gibt auch Überlegungen,<br />
Leistungsspitzen <strong>de</strong>r erneuerbaren Energien nicht<br />
mehr aufzunehmen. Dann muss nicht so ein aufwändiger<br />
Netzausbau betrieben wer<strong>de</strong>n.<br />
WJ: Im <strong>de</strong>rzeitigen Wahlkampf ist davon auszugehen,<br />
dass die Bun<strong>de</strong>sregierung auch weiterhin keinen<br />
Masterplan für die Umsetzung <strong>de</strong>r Energiewen<strong>de</strong><br />
vorlegen wird. Wie stellt sich Ihr Unternehmen<br />
darauf ein?<br />
Schweer: Wir führen viele Gespräche mit <strong>de</strong>r Politik und<br />
re<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>n Landtagsfraktionen. Das technische Verständnis<br />
für die Probleme ist da, aber nicht unbedingt <strong>de</strong>r<br />
politische Entscheidungswille kurz vor <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>stagswahl.<br />
Doch im Hintergrund sucht die Politik nach Lösungen und<br />
arbeitet intensiv an einem EEG 2.0.<br />
Gespräch: Claudia Hillmann<br />
Dr. Adolf Schweer, Technischer<br />
Geschäftsführer <strong>de</strong>r Mittel<strong>de</strong>utschen<br />
Netzgesellschaft Strom mbH (MITNETZ<br />
STROM). Foto: MITNETZ STROM<br />
14 <strong>Wirtschaftsjournal</strong> | April 20<strong>13</strong>