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Peter von Staufenberg - PASSWORTGESCHÜTZT!!!

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58 DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE . PETER VON STAUFENBERG<br />

IO. Die sieben Meerminnen<br />

Ein friesischer Schiffer hatte sein Schiff klar gemacht zu weiter Fahrt; er<br />

stand am Bord, hob die Hand und gelobte sich dem Meere. Die See solle<br />

ihn schirmen, und schonen sein Schiff und seine Ladung, so wolle er auch<br />

ihr getreu sein all sein Leben lang und nimmer auf längere Zeit an Land<br />

gehen. Da hoben sieben Meerminnen ihre Leiber halb aus der Flut, hörten<br />

seinen Schwur und tauchten wieder unter. Lange fuhr der Schiffer<strong>von</strong> Meer<br />

zu Meer, <strong>von</strong> Land zu Land, und sein Reichtum wuchs immer mehr. Aber<br />

er hatte keine rechte Freude an allen Schätzen auf dem Schiffe, und allmählich<br />

bekam er große Sehnsucht nach dem Lande. Da kam sein Schiffeinmal<br />

an einen blumenreichen Strand mit stolzen Schlössern und blühenden Gärten.<br />

Dort sah er ein schönes Mädchen, in das verliebte er sich. Und er freite<br />

um sie, verkaufte sein Schiff, erbaute ein herrliches Haus am Strande,<br />

schmückte es aus mit seinen Schätzen wie ein Königsschloß, und dahinein<br />

führte er seine liebe Braut.<br />

Aber in der Nacht, als der Schiffer in den Armen seiner Liebsten ruhte,<br />

da hoben sich die sieben Meerfrauen aus der See nahe dem Ufer an des<br />

Schiffers Palast und sangen ein seltsames Lied. Und es rollte eine hohe<br />

Woge heran, die übersprang das Ufer und den Deich und stieß ans Haus;<br />

da bebte es in seinen Fugen. Der ersten sprang eine zweite nach, die brach<br />

die Türen ein und rauschte in den Flur. Eine dritte brach durch die unteren<br />

Fenster, und eine vierte brach oben durch, und eine fünfte riß den Schiffer<br />

hinweg, und eine sechste, die fing den Schifferauf und warf ihn im Zurück.<br />

branden in die wildwogende See.<br />

Da umfingen die Seeweiber den Schiffer und führten ihn tief hinab zum<br />

Grunde. Dort muß er wohnen. Von dort springt er mit den Wellen im<br />

Maimond herauf nach seinem zerstörten Hause und will sein Lieb retten;<br />

aber immer ziehen ihn die Meerminnen wieder zurück in ihr feuchtes<br />

Reich.<br />

I I. Die schöneWaldfee<br />

Vor vielen hundert Jahren lebte in Europa ein Prinz bei seinen Eltern. Der<br />

Prinz hatte viele Schulen besucht und hatte sehr gottesfürchtig bei seinen<br />

Eltern gelebt. Er ging sogar jeden Sonntag in die Frühmesse. Aber die<br />

Kirche war zehn Kilometer vom Schloß entfernt, und man mußte durch<br />

einen großen Wald gehen. Mitten in dem Wald war ein schöner Brunnen<br />

errichtet. Er und sein Begleiter ritten an einem Sonntag früh durch den<br />

Wald bis zu diesem Brunnen hin. Der Diener war 20 Meter hinter seinem<br />

Herrn geblieben. Auf einmal sah der Prinz ein so schönes Frauenzimmer,<br />

wie er es noch nie gesehen hatte. Er konnte nicht vorbei reiten, stieg schnell<br />

DIE GESTÖRTE MAHRTENEHE' PETER VON STAUFENBERG 59<br />

ab und grüßte sie höflich. Ebenso höflich kam der Gruß auch zurück. Vor<br />

lauter Schönheit konnte er das Mädchen gar nicht ansehen. Es war eine<br />

Waldfee. Doch redete er sie an: «Schöne Jungfrau, was sucht Ihr in so<br />

früher Morgenstunde hier bei dem Brunnen?» Sie lächelte und sagte: «Ich<br />

warte auf Erlösung.» Da fragte er, was er tun solle, um sie zu erlösen.<br />

«Wenn ich Euch aber erlösen soll, so müßt Ihr mir mit einem Eide versprechen,<br />

daß Ihr meine Braut werdet.» Das versprach sie ihm auch sofort.<br />

Sie sagte zu ihm, er müsse sich beeilen, wenn er noch in die Frühmesse<br />

kommen wolle. Er solle aber am nächsten Sonntag zu derselben Stunde<br />

wieder herkommen und: «Wir werden uns dann hier vereinigen.» Da nahmen<br />

sie herzlich Abschied <strong>von</strong> einander.<br />

Der Diener des Prinzen konnte garnicht begreifen, was sein Herr so<br />

lange bei dem Brunnen tat. Als er jetzt an den Brunnen kam, sah er die<br />

Jungfrau, so schön, wie er noch gar keine gesehen hatte. Er wußte nicht,<br />

sollte er absitzen, oder sollte er vorbeireiten. Aber der Prinz winkte ihm,<br />

er solle ihm nur schnell folgen, was er aber mit schwerem Herzen tat.<br />

Acht Tage später kam der Sonntag, auf den der Prinz mit Sehnsucht und<br />

Verlangen gewartet hatte. Er ging ganz, ganz früh zu dem Brunnen, wo die<br />

Allerschönste schon lange auf ihn wartete. Da fiel er vor ihr nieder und<br />

küßte ihr die Hände. Doch sie hob ihn auf, und sie setzten sich auf einen<br />

Stein am Brunnen. Sein Verlangen, sie zu erlösen, ließ ihm keine Ruhe,<br />

und er begehrte zu wissen, was er tun solle, um sie zu erlösen. Die Jungfrau<br />

aber sagte, er brauche nichts zu tun. Er brauche nur fünf Jahre mit ihr zu<br />

leben, ohne daß ein Mensch sie sehe und ohne daß ein Mensch es wisse,<br />

«wie nur Du, mein Geliebter, allein. Du kannst Dich in allen Ländern<br />

befinden und überall, wo Du willst, ich bin immer unbemerkt an Deiner<br />

Seite. Ich werde Dich beschützen und behüten, in Friedenszeiten und in<br />

Kriegszeiten. Wenn Du mich verlangst, dann rufe mich, dann werde ich bei<br />

Dir sein. Aber Du mußt das ganz allein tun in einem Zimmer, in dem uns<br />

niemand sieht. Es darf niemand wissen, daß Du so mit einem Weibe lebst.<br />

Deine Eltern und Freunde und Verwandten werden mit der Zeit in Dich' - .<br />

dringen, daß Du eine Frau nehmen sollst. Siewerden Dir alle Ehre erweisen<br />

und alles Mögliche antun, um Dich zu überwinden. Sie werden Dir die<br />

schönsten Prinzessinnen und Jungfrauen der Welt vorführen I Mein lieber<br />

Prinz, wenn Du Dich verführen läßt, dann wirst Du am Hochzeitstage mit<br />

allen Anwesenden durch die Decke (den plafond) des Zimmers einen Fuß<br />

kommen sehen; dann weißt Du, daß Du einen Priester holen mußt, der<br />

Dich fertig macht (vorbereitet) für die Ewigkeit. Du hast dann noch drei<br />

Tage zu leben.» Er versprach ihr, daß er lieber sterben wolle, ehe er eine<br />

andere Gemahlin nehmen würde. «Und ich schwöre Dir zehn Eide, daß<br />

ich halten werde, was ich Dir verspreche!» Da sagte die Waldfee: «Man<br />

soll nicht leichtsinnig Eide schwören, man ist immer nur Mensch.» Danach

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