22.11.2013 Aufrufe

1,8 MB, pdf - wiener wohnbau forschung

1,8 MB, pdf - wiener wohnbau forschung

1,8 MB, pdf - wiener wohnbau forschung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Flexibilität im Wohnbereich – Endbericht das fernlicht, 2008<br />

Informationen für die Arbeit und die Abfrage von Emails. 6% haben auf den Arbeitsserver des<br />

Arbeitgebers zugegriffen.<br />

Ein Haupteffekt der Verrichtung von beruflicher Arbeit in der eigenen Wohnung bzw. der<br />

zunehmend schwankenden Arbeitszeiten (mehr Arbeit am Abend und Wochenende aber<br />

auch mehr Tagesfreizeit unter der Woche) ist eine Entgrenzung von Arbeit, Freizeit und<br />

Wohnen. Folgen dieser Durchmischung sind ein Abbau fester Arbeitsstrukturen in zeitlicher und<br />

räumlicher Hinsicht sowie die Auflösung der persönlichen Rollenteilung in Arbeit und Freizeit.<br />

Als „Extremform“ dieser Durchmischung sind Heim- und Telearbeit zu sehen. Zentrale<br />

Merkmale von Telearbeit sind die Arbeit außerhalb der Räumlichkeiten des Arbeitgebers,<br />

meist in der eigenen Wohnung, und die Verwendung von Computer, Internet und anderen<br />

digitalen Kommunikationskanälen. Das Arbeitsergebnis wird meist ebenfalls digital<br />

übertragen.<br />

Diese Entwicklung hat große Auswirkungen auf die räumlichen und zeitlichen Nutzungsmuster<br />

innerhalb der Wohnung und im Wohnungsumfeld, sowie auf die Mobilität im Stadtraum.<br />

Für Heimarbeit und insbesondere für Telearbeit bedarf es also entsprechender räumlicher<br />

Voraussetzungen (genügend Platz für einen Arbeitsplatz, Rückzugsräume, etc.) und einer<br />

ausreichenden technischen Ausstattung der Wohnung. Ebenfalls gefragt sind genügend<br />

Steckdosen und Anschlüssen in allen Räumen, um je nach Bedarf einen Arbeitsplatz oder ein<br />

Büro in den eigenen vier Wänden einrichten zu können.<br />

Die Arbeit „von zuhause aus“ schafft einerseits Freiräume für die ArbeitnehmerInnen,<br />

Organisation und Steuerung der Arbeit werden von den Einzelnen individuell festgelegt. So<br />

kann die Arbeitszeit dem persönlichen Rhythmus angepasst werden. Private Erledigungen wie<br />

Hausarbeit, Besorgungen, die Beschäftigung mit Familie und FreundInnen sowie sportliche<br />

und kulturelle Aktivitäten müssen nicht an die Arbeitszeiten angepasst werden, sondern<br />

können auch untertags erledigt werden. Ein häufiges Argument für Telearbeit ist daher, dass<br />

sie vor allem Müttern mit Kindern eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie<br />

ermöglichen würde. In der Realität sind allerdings fast 80% der Telearbeiter Männer (Statistik<br />

Austria, 2004). Die propagierte Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Telearbeit scheint<br />

also nicht gegeben zu sein.<br />

Denn andererseits wird von vielen HeimarbeiterInnen auch eine ständige Erreichbarkeit, die<br />

sich nicht mehr nach Geschäftszeiten richtet, erwartet. Und das nicht nur vom Arbeitgeber,<br />

sondern umgekehrt auch von der Familie. Denn kleine Kinder verstehen nicht, warum sie ihre<br />

Eltern nicht stören dürfen, wenn diese am Computer sitzen oder gerade an einer<br />

Telefonkonferenz teilnehmen und PartnerInnen, die außer Haus arbeiten, sehen oft nicht ein,<br />

warum sie einen Beitrag zur Hausarbeit leisten sollen, obwohl der andere Partner „eh<br />

zuhause“ ist. So kann die propagierte Vereinbarkeit von Beruf und Familie leicht in eine<br />

weitere Doppelbelastung umschlagen. Das gilt insbesondere für Frauen, denen aufgrund der<br />

traditionellen Rollenbilder eine Abgrenzung hier noch schwerer fällt. Das könnte eine<br />

mögliche Erklärung bieten, warum so wenige Frauen von zuhause aus arbeiten (wollen).<br />

Weiters werden auch durch Heimarbeit und eWork die Grenzen zwischen Selbständigkeit und<br />

abhängiger Arbeit durchlässig, neue Formen von Selbständigkeit nehmen zu und es<br />

entstehen immer mehr Mischformen, die durch Projektarbeit und Zielvorgaben<br />

gekennzeichnet sind. Damit werden die einzelnen Arbeitsverhältnisse auch individueller,<br />

gesetzlicher ArbeitnehmerInnenschutz und Sozialleistungen greifen oft nicht mehr. Risiken und<br />

Auftragslücken werden zunehmend an die ArbeitnehmerInnen delegiert.<br />

„Der Arbeiter an der elektronischen Nabelschnur ist die ideale Konstruktion, um sich<br />

elegant aus den kostenträchtigen Zwängen traditioneller Beschäftigungsverhältnisse<br />

zu befreien.“ (Der Spiegel 5/97)<br />

39

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!