Forschungsbericht
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Einleitung<br />
Verhandlungsführer der Polizei und wissen für gewöhnlich in etwa, welche<br />
Gespräche geführt werden. Ihre Wahrnehmungen, Emotionen und ihr Verhalten<br />
können die Verhandlungsabläufe beeinflussen. Im Ganzen betrachtet lassen sich<br />
offensichtlich aus den Perspektiven von Tätern und Opfern wichtige zusätzliche<br />
Einblicke gewinnen.<br />
Um Einblick in die oben genannten Themen zu erlangen, haben die Polizeiverwaltungen<br />
in Belgien und den Niederlanden 1999 gemeinsam mit der Staatlichen<br />
Universität Groningen und der Katholischen Universität Leuven ein Forschungsprojekt<br />
gestartet. Der vorliegende Bericht ist das Ergebnis dieser Zusammenarbeit.<br />
Bevor wir auf unsere Forschungsarbeit näher eingehen, geben wir in diesem Kapitel<br />
zunächst eine allgemeine Einführung in das Thema Krisenverhandlung.<br />
2. Das Phänomen „Krisenverhandlung“<br />
Heute werden Verhandlungsführer der Polizei bei unterschiedlichen Krisenvorfällen –<br />
von Belagerungen, Entführungen und Erpressungen über Selbstmordversuche,<br />
verbarrikadierte Personen und Gefängnisrevolten bis hin zu Problemen im häuslichen<br />
Bereich – eingesetzt. Innerhalb dieses Spektrums kann man zwei Arten von<br />
Situationen unterscheiden: expressive Krisensituationen und instrumentale Verhandlungssituationen<br />
(vgl. Tabelle 1.1; vgl. auch Giebels, 2002; Giebels, Van De Plas,<br />
Vervaeke und Van Pelt, 2000).<br />
Tabelle 1.1 Charakteristische Unterschiede zwischen expressiven und instrumentalen<br />
Krisensituationen 1<br />
Expressive<br />
Krisensituation<br />
Instrumentale<br />
Verhandlungssituation<br />
Merkmal:<br />
Anzahl von Tätern Einzeltäter Gruppe oder Einzeltäter<br />
Zustand des Täters emotional, impulsiv rational, berechnend<br />
Verhältnis zum Opfer persönlich instrumental<br />
Gestellte Forderungen? häufig keine immer<br />
Interaktion mit<br />
Verhandlungsführer viel und intensiv eingeschränkt und<br />
oberflächlich<br />
Art der Konversation Krisenhilfe Geschäftstransaktion<br />
Expressive Situationen entstehen gewöhnlich spontan. Täter und Opfer kennen sich<br />
persönlich und die Kommunikation zwischen Täter und Verhandlungsführer ist<br />
intensiv und emotional. Diese Art von Interaktion kann man als eine Form von<br />
Counseling (Beratung) betrachten: der Täter hat ein „Problem“ und der Verhandlungsführer<br />
„hilft“ bei der Lösung dieses Problems. Manchmal erinnert diese Art<br />
von Krisenverhandlung stark an Eltern-Kind-Interaktionen, bei denen der Täter ein<br />
Zwangsverhalten zeigt und der Verhandlungsführer der anderen Person klarzumachen<br />
versucht, dass es besser wäre, wenn er oder sie aufgibt. In den meisten<br />
1 Die Unterscheidung in Tabelle 1.1 ist natürlich in gewisser Weise künstlich. Viele reale Krisenlagen<br />
weisen Merkmale von beiden auf bzw. ändern sich mit dem Zeitablauf, z. B. eine spontane häusliche<br />
Auseinandersetzung, die sich zu einer polizeilichen Belagerungssituation mit instrumentalen<br />
Verhandlungselementen entwickelt. Im Prinzip kann sich jede Verhandlung stetig innerhalb der<br />
expressiv-instrumentalen Dimension verschieben.<br />
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