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Forschungsbericht

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Praktische Empfehlungen<br />

dieser Eindruck Unverständnis und negative Gefühle gegenüber den zuständigen<br />

Behörden hervorrufen („Mehr ist mein Leben nicht wert?“). In extremen Fällen<br />

können sich die Opfer auf Grund dieser Gefühle auf die Seite des Geiselnehmers<br />

stellen und der Polizei falsche Informationen geben (vgl. das „Stockholm-Syndrom“).<br />

Die Täter können den Eindruck haben, dass sie nicht ernst genommen werden, und<br />

können infolgedessen das Bedürfnis verspüren, zu zeigen, dass sie es ernst meinen.<br />

Die Polizeikräfte laufen letztendlich Gefahr, unerwünschte psychologische Gruppenprozesse<br />

wie z. B. Gruppendenken und Gruppenpolarisierung (vgl. Kapitel 1) zu entwickeln.<br />

Kurzum, von diesem Standpunkt aus erscheint das Gewinnen von Zeit in<br />

der Anfangsphase besonders wichtig, während das Risiko unerwünschter Wirkungen<br />

mit dem Zeitablauf zunimmt.<br />

4. Die Rolle der Medien<br />

Auf vielfältigste Weise und bei fast allen Arten von Vorfällen spielten die Medien<br />

offensichtlich eine herausragende Rolle. Zunächst stellte sich heraus, dass die Täter<br />

und auch die Opfer ihre Erwartungen für gewöhnlich an dem oft unrealistischen Bild<br />

ausrichteten, das die Medien beispielsweise in TV-Serien und -Filmen vermitteln.<br />

Von der Polizei erwarten sie z. B. körperlichen Einsatz und die Anwendung aller<br />

möglichen Tricks. Darüber hinaus haben gerade idealistische und kriminelle Geiselnehmer<br />

ausdrücklich versucht, mit den Medien Kontakt aufzunehmen. Der idealistische<br />

Geiselnehmer sah in den Medien eine wichtige Rolle als Übermittler. Das<br />

heißt, die Medien können dem Geiselnehmer behilflich sein bei der „Verbreitung des<br />

Wortes“ für die Sache, der er sich verschrieben hat. Bei kriminellen Belagerungen<br />

stellte sich heraus, dass der Geiselnehmer eine doppelte Motivation hatte. Einerseits<br />

können die Medien seinen Status und seine Stellung innerhalb seines eigenen<br />

kriminellen Umfelds stärken oder sogar noch erhöhen. Andererseits gehen die<br />

kriminellen Geiselnehmer davon aus, dass durch den Kontakt mit den Medien ihre<br />

Sicherheit gewährleistet werden kann. Im letztgenannten Fall vermuten sie ein<br />

geringeres Risiko, dass die Polizei zu physischen Maßnahmen greifen und sie<br />

erschießen könnte. Wenn die Medien real vor Ort sind, was bei Belagerungen oft der<br />

Fall ist, können sie auch zum Publikum werden, vor dem die Geiselnehmer das<br />

Gesicht verlieren könnten.<br />

Ein guter Medienplan ist für Entführungen wichtig. Das heißt, ein Entführer kann<br />

gefordert haben, dass Dritte (insbesondere die Behörden) nicht über die Entführung<br />

informiert werden. Informationen über die Entführung, die unbeabsichtigt veröffentlicht<br />

werden und auch dem Täter zur Kenntnis gelangen, können die Verhandlungsstrategie<br />

zunichte machen und das Leben und die Sicherheit der Opfer gefährden.<br />

Hier kommt erschwerend noch hinzu, dass die Verhandlungen manchmal (zum Teil)<br />

über die Medien geführt werden müssen.<br />

Manchmal kann die Veröffentlichung in den Medien eine positive Wirkung haben.<br />

Wenn die Polizei beispielsweise über Pläne informiert ist, dass jemand entführt oder<br />

von jemandem Geld erpresst werden soll, kann die Bekanntgabe in den Medien die<br />

Täter abschrecken. Ein anderes Beispiel betrifft Entführungen im Ausland. Manchmal<br />

sind die Polizei und die Behörden eines Landes nicht bereit oder nicht in der Lage,<br />

sofort Maßnahmen zu ergreifen. Solche Fälle erfordern oft die Veröffentlichung in<br />

den Medien oder ein Eingreifen auf diplomatischer Ebene, um die Dinge in Gang zu<br />

bringen.<br />

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