Forschungsbericht
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Praktische Empfehlungen<br />
in Kontakt zu kommen. In diesem Fall hat sein Vorgehen vor allem das Ziel, das<br />
Opfer zu beruhigen. Eine der wichtigsten Erfahrungen aus den Befragungen der<br />
Opfer ist die, dass es ihnen wirklich hilft, wenn der Verhandlungsführer dem Opfer<br />
Beachtung schenkt. Eine erste Empfehlung für Kontakte mit Opfern lautet:<br />
Investieren Sie in Kontakte mit den Opfern. Der Verhandlungsführer ist oft ihr<br />
einziger Draht zur Außenwelt.<br />
Mehrere Punkte, die für die Verhandlungsführer in Bezug auf die Kontakte mit den<br />
Opfern von besonderem Interesse sind, sind nachstehend aufgeführt:<br />
• Bei der Frage, wie es dem Opfer geht, aufrichtiges Interesse zeigen.<br />
• Ein wirklichkeitsgetreues Bild der Lage geben und besonders auf positive<br />
Aspekte hinweisen.<br />
• Kompetenz zeigen – dem Opfer mitteilen, dass man Erfahrungen besitzt;<br />
dem Opfer zeigen, dass man zuverlässig ist.<br />
• Dinge erklären; zum Beispiel sagen, warum etwas lange dauert oder in<br />
bestimmter Weise gemacht werden muss.<br />
Es hat sich außerdem gezeigt, dass Opfer von Belagerungen häufig nur auf das<br />
Überleben fokussiert sind, was teilweise auf die verhältnismäßig kurze Dauer dieser<br />
Art von Vorfällen zurückzuführen ist. Eine Folge davon ist, dass sie sehr stark auf<br />
sich selbst fixiert sind und vor allem hören möchten, dass sich alles um sie dreht.<br />
Abschließend möchten wir hier erwähnen, dass das Verhalten der Opfer von<br />
Belagerungen offensichtlich auch stark von der spezifischen Rollenerwartung beeinflusst<br />
wird, die zum Zeitpunkt der Geiselnahme sichtbar wird. Vor allem Wachpersonal,<br />
Soldaten oder Polizeibeamte können geneigt sein, während der Geiselnahme<br />
Maßnahmen zu ergreifen, da sie dies als eine ihrer Aufgaben betrachten.<br />
Häufig betrachten sie die lange Dauer der Geiselnahme oder den Umstand, dass es<br />
den Tätern überhaupt gelang, Menschen als Geiseln zu nehmen, als ihr persönliches<br />
Versagen. Dieses Risiko sollten die Verhandlungsführer der Polizei vorhersehen.<br />
2. Entführung und Erpressung<br />
Mehr als bei Belagerungen stellen wir bei Entführungen und Erpressungen fest, dass<br />
sie durch Symmetrie im Verhalten des Verhandlungsführers und des Täters<br />
charakterisiert sind. Dies gilt besonders für die Strategien des rationalen Überzeugens<br />
und des Tauschens, unabhängig vom kulturellen Hintergrund des Täters.<br />
Ihrer Art nach ähneln diese Verhandlungen in vielerlei Hinsicht üblichen Geschäftsverhandlungen.<br />
Außerdem haben wir zwei weitere Interaktionsmuster gefunden, die ungeachtet des<br />
kulturellen Hintergrunds eines Täters auftreten. Neben den auf Tausch ausgerichteten<br />
Vorschlägen des Verhandlungsführers scheinen auch Aussagen in Bezug<br />
auf die eigene Glaubwürdigkeit eine gewünschte Reaktion beim Täter auszulösen,<br />
da der Täter hierdurch angeregt wird, über Kooperation zu sprechen. Somit erhöhen<br />
die folgenden Einflussstrategien die Wahrscheinlichkeit einer erwünschten Reaktion,<br />
ungeachtet des kulturellen Hintergrundes des Täters:<br />
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