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Forschungsbericht

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Die Perspektive der Opfer<br />

4. Ergebnisse<br />

Die Ergebnisse der Befragungen der direkten Opfer sind in der Tabelle 4.3<br />

zusammengefasst. Für jede Vorfallart ist in dieser Tabelle zu jeder Kategorie von<br />

Äußerungen die durchschnittliche Anzahl der Äußerungen angegeben, die das Opfer<br />

gemacht hat, als es die Geschichte mit seinen eigenen Worten erzählte. Außerdem<br />

wurde die durchschnittliche Dauer der Befragungen und der entsprechenden<br />

Krisenvorfälle erfasst. Weitere Informationen stammen aus Korrelationsanalysen:<br />

Interessante Verbindungen zwischen den verschiedenen Äußerungen werden durch<br />

einen Korrelationskoeffizienten (r) dargestellt. Erörtert werden nur die signifikanten<br />

Ergebnisse mit p< 0,05. Soweit möglich werden die wichtigsten Schlussfolgerungen<br />

mittels Beispielen von Äußerungen aus den Befragungen erläutert.<br />

4.1 Allgemeine psychologische Prozesse<br />

Die Opfer haben ihre Geschichte ausnahmslos chronologisch erzählt. In der Regel<br />

setzten sie mit der Schilderung ihrer Geschichte kurz vor dem Beginn des Vorfalls ein<br />

und schilderten generell sehr ausführlich, was in der Zeit unmittelbar danach<br />

passierte. Bei Opfern, die ständig unter der Kontrolle eines Täters waren, stellten wir<br />

fest, dass die mit ihren eigenen Worten geschilderte Geschichte umso länger war, je<br />

länger sie sich in Geiselnahme befunden hatten (r = 0,75). Bemerkenswert ist, dass<br />

viele Opfer nur kurz auf den Moment der Freilassung oder Befreiung eingingen oder<br />

ihn sogar überhaupt nicht erwähnten.<br />

Was die Erfahrungen des Opfers anbelangt, ist aus der Tabelle 4.3 ersichtlich, dass<br />

Opfer von Entführungen mehr über Gefühle von Machtlosigkeit und Unsicherheit<br />

berichten als Opfer von Belagerungen und Erpressungen. Opfer von Erpressungen<br />

berichten überhaupt nicht von irgendwelchen Gefühlen von Machtlosigkeit und nur in<br />

einem Fall erwähnte das Opfer Unsicherheitsgefühle. Der Grund dafür ist wahrscheinlich,<br />

dass der Erpresser das Opfer nicht direkt in seiner Gewalt hat und die<br />

Opfer häufig ihr tägliches Leben fortsetzen können. Wegen der im Verhältnis<br />

längeren Dauer der Gefangenschaft betreffen Gefühle von Machtlosigkeit und<br />

Unsicherheit wahrscheinlich mehr die Opfer von Entführungen als die Opfer von<br />

Belagerungen.<br />

Interessant war auch, dass alle Opfer von Entführungen zwei- oder dreimal über<br />

Gefühle der Isolierung berichteten, während kein einziges Opfer einer Belagerung<br />

oder Erpressung darüber berichtete. Opfer von Entführungen erklärten, dass das<br />

Gefühl, von der Außenwelt abgeschnitten zu sein, eine wichtige Rolle spielt. In<br />

diesem Zusammenhang erklärte ein Opfer, wie wichtig der Besitz eines kleinen<br />

Radios war. Auf diese Weise habe er nicht nur einige Informationen über wichtige<br />

Ereignisse in der Welt erhalten, sondern er versuchte auch mithilfe des Radios<br />

herauszufinden, ob die Außenwelt wusste, dass er entführt worden war.<br />

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