Forschungsbericht
Forschungsbericht
Forschungsbericht
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Die Perspektive der Opfer<br />
3.3 Kodierung der Befragungen<br />
Anschließend wurde jede der aufgezeichneten „Schilderungen mit eigenen Worten“<br />
von zwei Bewertern unabhängig voneinander kodiert. Der Kodierungsplan umfasste<br />
zwei Hauptkategorien. Die erste Kategorie enthielt Aussagen über allgemeine<br />
psychische Reaktionen in Bezug auf die Gefangennahme, wie z. B. Gefühle von<br />
Hilflosigkeit, Ungewissheit und Isolation. Außerdem wurden Aussagen über<br />
Mechanismen der Verhaltensbewältigung notiert, wie z. B. die Entwicklung neuer<br />
gewohnheitsmäßiger Abläufe. Die zweite Kategorie enthielt alle Aussagen über den<br />
Täter, einschließlich Aussagen über die von ihm ausgeübte Einschüchterung, eine<br />
gezielte Beschreibung des Täters, positive und negative Affiliationen sowie<br />
Aussagen, die Aufschluss über eine Art normaler sozialer Interaktion mit dem Täter<br />
geben. In über 90 Prozent der Fälle stimmten die Bewerter hinsichtlich Häufigkeit und<br />
Art der Aussage überein. Bei unterschiedlicher Auffassung wurde durch Diskussion<br />
ein Konsens herbeigeführt. Eingehendere Aussagen von Interesse, z. B. über die<br />
Polizei oder über Mitgeiseln, die während der gesamten Befragung gemacht wurden,<br />
wurden festgehalten. Auch diese Aussagen wurden anschließend verglichen und<br />
erörtert, bis ein Konsens erreicht wurde.<br />
3.4 Entführungen: Befragungen von Familienangehörigen<br />
Wie bereits erwähnt, wurden auch fünf indirekte Entführungsopfer befragt. In drei der<br />
fünf Fälle war auch das direkte Opfer zu einem früheren Zeitpunkt befragt worden. In<br />
Tabelle 4.2 sind die Entführungssituationen beschrieben, an denen die indirekten<br />
Opfer beteiligt waren; ebenso ist die Dauer des Vorfalls angegeben.<br />
Tabelle 4.2 – Überblick über die Krisenvorfälle, an denen die indirekten Opfer beteiligt<br />
waren (+ Dauer des Vorfalls).<br />
Befragung 1:<br />
Befragung 2:<br />
Befragung 3:<br />
Befragung 4:<br />
Befragung 5:<br />
Mutter eines entführten Mannes (1 Tag)<br />
Zwei Schwestern eines entführten Jungen (3 Tage)<br />
Tochter und Schwiegersohn eines entführten Mannes (2 Tage)<br />
Vater eines entführten Jungen (3 Tage)<br />
Eltern eines entführten Mannes (5 Monate)<br />
Auch hier baten wir alle indirekten Opfer, die Geschichte in eigenen Worten zu<br />
erzählen. Anschließend wurden zahlreiche Elemente erörtert, die für die Situation<br />
charakteristisch waren. Zwei unabhängige Bewerter notierten wichtige Äußerungen<br />
der Familienangehörigen. Nach jeder Befragung gingen sie die verschiedenen<br />
Äußerungen solange durch, bis sie Einigkeit über die Aussage des Berichts erzielt<br />
hatten.<br />
55