Forschungsbericht
Forschungsbericht Forschungsbericht
Analyse der Verhandlungen Strategien kann man als Manifestationen des Wettbewerbs betrachten. Am anderen Extrem dieser horizontal beschriebenen Dimension stellen wir fest, dass die Strategien „Gleichberechtigung“, „Freundlichkeit“ und „emotionaler Appell“ häufig zusammen vorkommen. Diese eher affektiven Strategien zielen stark auf Zusammenarbeit hin. „Tauschen“ taucht in der Mitte dieser Dimension auf, eine Strategie, die durch eine Kombination aus Zusammenarbeit und Wettbewerb charakterisiert ist. Die Strategien, die in die Nähe der senkrechten Achse gestellt werden, sind von ihrem Wesen her eher kognitiv. Einerseits betrifft dies die indirekten Strategien wie das Appellieren an Regeln und Verfahren (Legitimierung) oder an die Kenntnisse des Verhandlungsführers mittels Darlegung seiner Glaubwürdigkeit. Auf der anderen Seite der Dimension finden wir direkte Strategien, mit denen man die andere Person zu überzeugen versucht, indem man Argumente vorbringt und diese oft wiederholt. Das festgestellte Muster zeigt starke Ähnlichkeiten zu vorausgegangenen Forschungen über die Art und Weise, wie niederländische und flämische Studenten die Interrelationen zwischen den verschiedenen Strategien wahrnehmen (vgl. Giebels, 2002). Abb. 3.1 – Die Zehner-Tabelle: Interrelationen Legitimierung Glaubwürdigkeit Einschüchterung Auferlegen einer Beschränkung ________Tauschen Gleichberechtigung ______________ Freundlichkeit emotionaler Appell Rationales Überzeugen Direkter Druck Das Verhalten des Täters Bei den 35 Vorfällen wurden insgesamt 8.991 Sprechzyklen von Tätern kodiert. 2.944 dieser Sprechzyklen konnten als Informationsaustausch (33 %) typisiert werden. Wie schon bei den Verhandlungsführern entfiel der größte Teil auf den Austausch von Sachinformationen (23 %), gefolgt von verfahrenstechnischen Informationen (7 %) und emotionalen Informationen (3 %). Außerdem konnten 6.047 Sprechzyklen (67 %) als Einflussverhalten typisiert werden. In Tabelle 3.2 wird nach dem Typ der Einflussstrategie unterschieden. Wir sehen, dass nicht nur Ver- 30
Analyse der Verhandlungen handlungsführer sondern auch Täter regelmäßig relationales Verhalten zeigen und sich besonders für „Freundlichkeit“ entscheiden. Häufig wenden sie auch „Einschüchterung“ und „direkten Druck“ an, in etwas geringerem Maß „rationales Überzeugen“. Aus den Analysen ließ sich nur ein signifikanter Unterschied ableiten. Nämlich, dass die Täter emotionale Appelle mehr bei Entführungen und Belagerungen als in einer Erpressungssituation anwenden. Tabelle 3.2 – Von Tätern genutzte Einflussstrategien pro Vorfalltypus Belagerung Entführung Erpressung Summe Relationale Strategien Freundlichkeit 19 % 14 % 13 % 15 % Gleichberechtigung 1 % 1% 0,5 % 1 % Glaubwürdigkeit 3 % 5 % 4 % 4 % Inhaltsstrategien Emotionaler Appell 1 % 1 % > 0,1 % 0,5 % Einschüchterung 15 % 16 % 19 % 16,5 % Auferlegen einer Beschränkung 5 % 4 % 4 % 4 % Direkter Druck 14 % 17 % 18 % 16,5 % Legitimierung 0,2 % 0,3 % 0,3 % 0,2 % Tausch 1 % 2 % 1 % 1 % Rationales Überzeugen 9 % 8 % 7 % 8 % Summe 68,2 % 68,3 % 66,9 % 66,7 % Anmerkung: Signifikante Unterschiede sind mit < (kleiner als) oder > (größer als) gekennzeichnet. In den folgenden Abschnitten versuchen wir einen besseren Einblick in die Wirkungsweise der verschiedenen Einflussstrategien zu erhalten. Dazu nehmen wir das Verhalten des Täters als Ausgangspunkt. Wir untersuchen zuerst die Belagerungssituationen und erörtern anschließend die Ergebnisse für Entführungen und Erpressungen. 2.2 Belagerungen: Die Zehner-Tabelle und Effektivität Eine erste Möglichkeit, etwas über die Wirksamkeit der Einflussstrategien sagen zu können, besteht darin, sie in Bezug zum Endergebnis des Vorfalls zu setzen. Im Prinzip können Verhandlungen bei Belagerungen als effektiv betrachtet werden, wenn 1) alle beteiligten Parteien während der Verhandlung körperlich unversehrt bleiben; 2) die Verhandlungen friedlich beendet werden, weil der Geiselnehmer sich dafür entscheidet, die Geiselnahme abzubrechen. 31
- Seite 1 und 2: Forschungsbericht Der vorliegende B
- Seite 3 und 4: Inhalt Kapitel 1: Krisenverhandlung
- Seite 5: Vorwort In den vergangenen fünf Ja
- Seite 8 und 9: Einleitung Verhandlungsführer der
- Seite 10 und 11: Einleitung In der vorliegenden Stud
- Seite 12 und 13: Einleitung kommt, dass vielfach dur
- Seite 14 und 15: Theoretischer Rahmen Kapitel 2: The
- Seite 16 und 17: Theoretischer Rahmen Eine zweite Fo
- Seite 18 und 19: Theoretischer Rahmen Menschen sich
- Seite 20 und 21: Theoretischer Rahmen besteht darin,
- Seite 22 und 23: Theoretischer Rahmen lungsprozesses
- Seite 24 und 25: Theoretischer Rahmen Organisationen
- Seite 26 und 27: Analyse der Verhandlungen Kapitel 3
- Seite 28 und 29: Analyse der Verhandlungen repräsen
- Seite 32 und 33: Analyse der Verhandlungen Vier von
- Seite 34 und 35: Analyse der Verhandlungen Tabelle 3
- Seite 36 und 37: Analyse der Verhandlungen nehmer is
- Seite 38 und 39: Analyse der Verhandlungen Abb. 3.3.
- Seite 40 und 41: Analyse der Verhandlungen Verhandlu
- Seite 42 und 43: Analyse der Verhandlungen 2.3 Effek
- Seite 44 und 45: Analyse der Verhandlungen machen. E
- Seite 46 und 47: Analyse der Verhandlungen Bei der D
- Seite 48 und 49: 48 Analyse der Verhandlungen
- Seite 50 und 51: Die Perspektive der Opfer davon ist
- Seite 52 und 53: Die Perspektive der Opfer zwischen
- Seite 54 und 55: Die Perspektive der Opfer Tabelle 4
- Seite 56 und 57: Die Perspektive der Opfer 4. Ergebn
- Seite 58 und 59: Die Perspektive der Opfer Das fehle
- Seite 60 und 61: Die Perspektive der Opfer sehr wich
- Seite 62 und 63: Die Perspektive der Opfer lungsfüh
- Seite 64 und 65: Praktische Empfehlungen Kapitel 5:
- Seite 66 und 67: Praktische Empfehlungen häufig auc
- Seite 68 und 69: Praktische Empfehlungen in Kontakt
- Seite 70 und 71: Praktische Empfehlungen beteiligten
- Seite 72 und 73: Praktische Empfehlungen dieser Eind
- Seite 74 und 75: Literaturhinweise Literaturhinweise
- Seite 76 und 77: Literaturhinweise Hovland, C.I., Ja
- Seite 78 und 79: Anhänge Anhang 1 Art des Vorfalls
Analyse der Verhandlungen<br />
Strategien kann man als Manifestationen des Wettbewerbs betrachten. Am anderen<br />
Extrem dieser horizontal beschriebenen Dimension stellen wir fest, dass die<br />
Strategien „Gleichberechtigung“, „Freundlichkeit“ und „emotionaler Appell“ häufig zusammen<br />
vorkommen. Diese eher affektiven Strategien zielen stark auf Zusammenarbeit<br />
hin. „Tauschen“ taucht in der Mitte dieser Dimension auf, eine Strategie, die<br />
durch eine Kombination aus Zusammenarbeit und Wettbewerb charakterisiert ist.<br />
Die Strategien, die in die Nähe der senkrechten Achse gestellt werden, sind von<br />
ihrem Wesen her eher kognitiv. Einerseits betrifft dies die indirekten Strategien wie<br />
das Appellieren an Regeln und Verfahren (Legitimierung) oder an die Kenntnisse des<br />
Verhandlungsführers mittels Darlegung seiner Glaubwürdigkeit. Auf der anderen<br />
Seite der Dimension finden wir direkte Strategien, mit denen man die andere Person<br />
zu überzeugen versucht, indem man Argumente vorbringt und diese oft wiederholt.<br />
Das festgestellte Muster zeigt starke Ähnlichkeiten zu vorausgegangenen Forschungen<br />
über die Art und Weise, wie niederländische und flämische Studenten die Interrelationen<br />
zwischen den verschiedenen Strategien wahrnehmen (vgl. Giebels, 2002).<br />
Abb. 3.1 – Die Zehner-Tabelle: Interrelationen<br />
Legitimierung<br />
Glaubwürdigkeit<br />
Einschüchterung<br />
Auferlegen einer<br />
Beschränkung ________Tauschen<br />
Gleichberechtigung<br />
______________ Freundlichkeit<br />
emotionaler Appell<br />
Rationales Überzeugen<br />
Direkter Druck<br />
Das Verhalten des Täters<br />
Bei den 35 Vorfällen wurden insgesamt 8.991 Sprechzyklen von Tätern kodiert.<br />
2.944 dieser Sprechzyklen konnten als Informationsaustausch (33 %) typisiert<br />
werden. Wie schon bei den Verhandlungsführern entfiel der größte Teil auf den Austausch<br />
von Sachinformationen (23 %), gefolgt von verfahrenstechnischen Informationen<br />
(7 %) und emotionalen Informationen (3 %). Außerdem konnten 6.047<br />
Sprechzyklen (67 %) als Einflussverhalten typisiert werden. In Tabelle 3.2 wird nach<br />
dem Typ der Einflussstrategie unterschieden. Wir sehen, dass nicht nur Ver-<br />
30