Forschungsbericht
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Analyse der Verhandlungen<br />
Kapitel 3: Analyse der Verhandlungen 5 Ellen Giebels und Sigrid Noelanders<br />
In diesem Kapitel beschreiben wir die wichtigsten Ergebnisse der 35 ausgewerteten<br />
Krisenfälle. Dazu untersuchen wir zunächst die angewandten Verfahren sowie das<br />
Datenerfassungs- und -auswertungsverfahren. Dann geben wir einen Überblick über<br />
die eigentliche Anwendung der Zehner-Tabelle durch Verhandlungsführer und Täter.<br />
Wir berichten außerdem, inwieweit dieses Verhalten je nach Art des Vorfalls variiert.<br />
Außerdem gehen wir auf die Effektivität von Einflussstrategien bei Verhandlungen im<br />
Rahmen der verschiedenen Arten von Krisenfällen ein. Insbesondere bei Belagerungen<br />
gehen wir auf die unterschiedlichen Verhandlungsphasen ein und verknüpfen<br />
die wichtigsten Ergebnisse mit einigen weiteren Einsichten, die sich auf Grund einer<br />
Reihe von Befragungen von Geiselnehmern ergaben. Was Entführungen und Erpressungen<br />
anbelangt, konzentrieren wir uns vor allem auf die Interaktionsmuster<br />
zwischen Verhandlungsführern und Tätern und den kulturellen Kontext.<br />
1. Forschungsmethode<br />
1.1 Verfahren und Informationsbeschaffung<br />
Nach der Genehmigung des Forschungsvorhabens durch verschiedene Justiz- und<br />
Regierungsbehörden und nach der Unterzeichnung eines Protokolls durch die<br />
Parteien haben wir uns mit der Bitte an die belgischen und niederländischen<br />
Verhandlungsführer der Polizei gewandt, uns Tonbandaufnahmen über die Verhandlungen<br />
zur Verfügung zu stellen. In den Niederlanden erfolgte dies durch die<br />
Nederlands Onderhandelaars Platform (NOP) (Niederländische Verhandlungsführerplattform),<br />
in Belgien über die Directie Speziale Eenheden (DSU) (Direktion Spezialeinheiten)<br />
der belgischen Bundespolizei. Wir baten die Verhandlungsführer um<br />
Material, das die folgenden Kriterien erfüllte:<br />
1. Die Verhandlungen mussten auf Tonband aufgezeichnet sein. Dies ist nicht<br />
selbstverständlich, weil es nicht immer möglich ist, Tonbandaufnahmen zu<br />
machen. Vor allem in den letzten Jahren wird dies aber immer systematischer<br />
gemacht.<br />
2. Zwischen Verhandlungsführer und Täter musste ausreichend Kommunikation<br />
stattgefunden haben, um vernünftige Schlüsse über die Wirksamkeit der<br />
Verhandlung ziehen zu können. Deshalb haben wir eine Kontaktmindestdauer<br />
von 10 Minuten festgelegt.<br />
3. Über den Vorfall mussten zusätzliche Informationen verfügbar sein, vorzugsweise<br />
durch Einsichtnahme in die entsprechenden Polizeiakten oder<br />
Polizeidatenbanken sowie durch Rücksprache mit einem Vertreter des<br />
Verhandlungsteams.<br />
5 An dieser Stelle möchten wir Evert van de Vliert für seine Kommentare zu einer früheren Ausgabe<br />
dieses Kapitels danken.<br />
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