22.11.2013 Aufrufe

'Komitologie' nach dem Vertrag von Lissabon - Alexandra Thein

'Komitologie' nach dem Vertrag von Lissabon - Alexandra Thein

'Komitologie' nach dem Vertrag von Lissabon - Alexandra Thein

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

„Komitologie“ <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>Vertrag</strong> <strong>von</strong> <strong>Lissabon</strong><br />

1. Grundsätzliches<br />

Die vom Rat und Europäischen Parlament verabschiedeten Gesetzgebungsakte geben oft<br />

nur einen allgemeinen Rahmen vor und es bleiben viele Umsetzungs- oder<br />

Durchführungsfragen offen, die im Nachgang zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren<br />

noch geregelt werden müssen. Um die einheitliche Umsetzung europäischer Verordnungen,<br />

Richtlinien und Beschlüsse in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten, wurde bereits 1962 das<br />

Komitologieverfahren eingeführt. Als Exekutivorgan übt die Kommission dabei im Rahmen<br />

der ihr übertragenen Kompetenzen Legislativfunktionen aus und wird in dieser Aufgabe <strong>von</strong><br />

den Mitgliedstaaten über Fachausschüsse (frz. comité) unterstützt und kontrolliert.<br />

Insbesondere bei Rechtsakten mit einem technisch-wissenschaftlichen Anwendungsbereich<br />

spielen Komitologieverfahren eine wichtige Rolle – viele technische Bestimmungen oder<br />

Details werden nicht in einem Basisrechtsakt geregelt, sondern erst auf der<br />

Durchführungsebene festgelegt (zum Beispiel Anpassung <strong>von</strong> Richtlinien an den<br />

technischen und wissenschaftlichen Fortschritt). Aus diesem Grund sind die<br />

Komitologieverfahren gerade für das regulatorische Umfeld der chemischen Industrie <strong>von</strong><br />

großer Bedeutung.<br />

Im <strong>Vertrag</strong> <strong>von</strong> <strong>Lissabon</strong> wurden die Komitologieverfahren, die bisher über den<br />

Ratsbeschluss 1999/468/EG vom 28. Juni 1999 geregelt wurden, mit den Artikeln 290 und<br />

291 grundsätzlich geändert. An die Stelle der Komitologiebeschlüsse treten nun „delegierte<br />

Rechtsakte“ (Art. 290 AEUV) und „Durchführungsrechtsakte“ (Art. 291 AEUV). Damit wird<br />

erstmals im <strong>Vertrag</strong> eine Unterscheidung zwischen der Ausübung legislativer Gewalt durch<br />

die Kommission (delegierte Rechtsakte) sowie der Übertragung <strong>von</strong> reinen<br />

Durchführungsbefugnissen zum europaweit einheitlichen Vollzug des Unionsrechts<br />

(Durchführungsrechtsakte) vorgenommen. 1 Die Befugnis dazu muss der Kommission <strong>von</strong><br />

den Gesetzgebern Rat und EP im jeweiligen Basisrechtsakt ausdrücklich übertragen werden<br />

und kann <strong>von</strong> den Gesetzgebern auch widerrufen werden.<br />

Weiterhin „genügt“ sich Art. 290 zum Erlass <strong>von</strong> delegierten Rechtsakten selbst – das<br />

Verfahren wurde direkt in diesem Artikel verankert. Demgegenüber mussten die Regeln für<br />

den Erlass <strong>von</strong> Durchführungsrechtsakten <strong>nach</strong> Art. 291 erst noch über eine Verordnung im<br />

ordentlichen Gesetzgebungsverfahren festgelegt werden. Dies ist über die Verordnung (EU)<br />

182/2011 erfolgt, die am 1. März 2011 in Kraft getreten ist.<br />

Der Zugang zu Informationen und Dokumenten der Verfahren zum Erlass <strong>von</strong><br />

Durchführungsrechtsakten wird wie bisher über das <strong>von</strong> der Kommission eingerichtete<br />

Komitologieregister 2 gewährleistet. Dieses Register enthält allerdings keine Informationen zu<br />

delegierten Rechtsakten! Ferner sind auch zahlreiche wichtige Dokumente, wie<br />

beispielsweise die Kommissionsentwürfe, Protokolle der Ausschusssitzungen oder das<br />

Abstimmungsverhalten der Ausschussmitglieder im Register nicht öffentlich zugänglich. Eine<br />

effiziente Advocacy-Arbeit zu diesen Verfahren gestaltet sich <strong>dem</strong>zufolge als äußerst<br />

schwierig.<br />

1 Vgl. Heinz Hetmeier, in: Lenz / Borchardt (Hrsg.), EU-Verträge. Kommentar <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>Vertrag</strong> <strong>von</strong> <strong>Lissabon</strong>, 5.<br />

Aufl., 2010, S. 2678f.<br />

2 Das Komitologieregister kann unter der Adresse http://ec.europa.eu/transparency/regcomitology/index.cfm<br />

abgerufen werden.<br />

1


2. Delegierte Rechtsakte <strong>nach</strong> Art. 290 AEUV<br />

2.1. Anwendung des Verfahrens<br />

Delegierte Rechtsakte sind Rechtsakte <strong>von</strong> allgemeiner Tragweite zur Ergänzung oder<br />

Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften eines Basisrechtsaktes bzw. zur<br />

Anpassung der Bestimmungen an den technischen Fortschritt. Damit entsprechen die<br />

Kriterien für die Anwendung <strong>von</strong> delegierten Rechtsakten weitgehend den Kriterien für<br />

Rechtsakte, die bisher unter das Regelungsverfahren mit Kontrolle (RMK) <strong>nach</strong> Art. 5a des<br />

Ratsbeschlusses 1999/468/EG fielen.<br />

Neue Gesetzgebungsakte werden daher auf Art. 290 AEUV und nicht mehr auf das<br />

Regelungsverfahren mit Kontrolle verweisen. Auch bei Reviews oder Revisionen<br />

existierender Gesetze wird eine Anpassung an Art. 290 vorgenommen. Weiterhin plant die<br />

Kommission, Vorschläge zur Änderung sämtlicher Rechtsakte vorzulegen, die noch auf das<br />

Regelungsverfahren mit Kontrolle verweisen, um diese an den <strong>Vertrag</strong> <strong>von</strong> <strong>Lissabon</strong><br />

anzupassen. Das Nebeneinander des Regelungsverfahrens mit Kontrolle (für<br />

Basisrechtsakte vor <strong>dem</strong> 01.12.2009) und des Verfahrens für delegierte Rechtsakte<br />

(für Basisrechtsakte <strong>nach</strong> Inkrafttreten des <strong>Vertrag</strong>s <strong>von</strong> <strong>Lissabon</strong>) soll es somit ab<br />

der nächsten Wahlperiode des Europäischen Parlaments (ab Sommer 2014) nicht<br />

mehr geben.<br />

2.2. Verfahrensablauf<br />

Artikel 290 AEUV ermöglicht eine Befugnisübertragung für das Erlassen <strong>von</strong> delegierten<br />

Rechtsakten an die Kommission. Voraussetzung hierfür ist, dass der Kommission in einem<br />

Basisrechtsakt das Recht übertragen wird, Bestimmungen zur Ergänzung, Änderung oder<br />

Anpassung dieses Basisrechtsaktes an den technischen Fortschritt zu erlassen. Ziele, Inhalt,<br />

Geltungsbereich und -dauer des delegierten Rechtsaktes werden im Basisrechtsakt<br />

ausdrücklich <strong>von</strong> Fall zu Fall festgelegt. Durch diese Flexibilisierung haben der Rat und das<br />

Europäische Parlament die Möglichkeit, die weitgehenden Gestaltungsmöglichkeiten der<br />

Kommission im Verfahren etwas einzuschränken – beispielsweise durch eine Befristung der<br />

Befugnisübertragung auf 5 Jahre.<br />

Im Gegensatz zum alten Komitologieverfahren sieht Art. 290 AEUV keine Konsultierung<br />

und keine Kontrollmöglichkeiten durch Sachverständige nationaler Behörden vor. Die<br />

Kommission hat zwar zugesagt, nationale Experten bei Bedarf zu konsultieren. Eine<br />

rechtliche Verpflichtung gibt es hierfür jedoch nicht! Insofern ist die Konsultation nationaler<br />

Experten nicht mit den fest eingerichteten Komitologieausschüssen des bisherigen Systems<br />

zu vergleichen. Auch das Komitologieregister der Kommission enthält <strong>dem</strong>zufolge keinerlei<br />

Informationen über laufende oder abgeschlossene Verfahren zum Erlass delegierter<br />

Rechtsakte. Künftig haben die nationalen Experten eine ausschließlich beratende<br />

Funktion und keine institutionelle Rolle im Entscheidungsprozess inne. Im Gegensatz<br />

zum RMK sind die Kontrollfunktionen bei den delegierten Rechtsakten somit künftig rein<br />

politischer Natur (durch Parlament und Rat). Die beim RMK vorgeschaltete „technische bzw.<br />

fachliche Kontrolle“ durch das Votum des Komitologieausschusses fällt in Zukunft weg.<br />

Im neuen System können sich das Europäische Parlament und der Rat im Basisrechtsakt<br />

sowohl ein Einspruchsrecht als auch ein Widerrufsrecht einräumen. Sie können also im<br />

2


Verfahren gegen den Kommissionsvorschlag Einspruch erheben oder auch noch <strong>nach</strong><br />

Abschluss des Verfahrens die im Basisrechtsakt vorgenommene Befugnisübertragung<br />

widerrufen.<br />

Der <strong>Vertrag</strong> setzt die Schwelle für Einspruchs- und Widerrufsrecht jedoch sehr hoch: beide<br />

bedürfen einer absoluten Mehrheit im Europäischen Parlament oder einer qualifizierten<br />

Mehrheit im Rat. Diese sehr hohe Hürde ist kaum zu überwinden und schränkt die<br />

Möglichkeiten des Rates und des Europäischen Parlamentes stark ein.<br />

Das Verfahren für delegierte Rechtsakte (Art. 290 AEUV)<br />

3


Das Regelungsverfahren mit Kontrolle (altes Komitologieverfahren)<br />

4


3. Durchführungsrechtsakte <strong>nach</strong> Art. 291 AEUV<br />

3.1. Anwendung der Durchführungsrechtsakte<br />

Der Vollzug des Europarechts obliegt grundsätzlich den Mitgliedstaaten. Durchführungsrechtsakte<br />

sollen erlassen werden, wenn ein europaweit einheitlicher Vollzug erforderlich<br />

ist. Da Durchführungsrechtsakte rein exekutiver Art sind, soll die Kontrolle derselben<br />

ausschließlich den Mitgliedstaaten überlassen werden. Im Gegensatz hierzu obliegt die<br />

Kontrolle bei delegierten Rechtsakten <strong>dem</strong> Europäischen Parlament und <strong>dem</strong> Rat, da es sich<br />

hier um „quasi-legislative“ Rechtsakte handelt.<br />

Das Verfahren zur Verabschiedung <strong>von</strong> Durchführungsrechtsakten wird nicht direkt im<br />

AEUV, sondern über die Verordnung (EU)182/2011 3 vom 16. Februar 2011 geregelt, die am<br />

01. März 2011 in Kraft getreten ist. Dem<strong>nach</strong> werden die alten Komitologieverfahren<br />

(Beratungsverfahren, Verwaltungsverfahren und einfaches Regelungsverfahren gemäß<br />

Ratsbeschluss 1999/468/EG) nun vollständig ersetzt. Wenn in einem bestehenden<br />

Basisrechtsakt auf den soeben erwähnten Ratsbeschluss 1999/468/EG Bezug genommen<br />

wird, sollen künftig automatisch die neuen Verfahren für Durchführungsrechtsakte <strong>nach</strong> der<br />

Verordnung (EU) 182/2011 angewendet werden. Auf diese Weise wird eine Anpassung<br />

bestehender Rechtsakte an den <strong>Vertrag</strong> <strong>von</strong> <strong>Lissabon</strong> über ein Omnibus-Verfahren unnötig 4 .<br />

Einzig das Regelungsverfahren mit Kontrolle <strong>nach</strong> Art. 5a des Beschlusses 1999/468/EG<br />

bleibt erhalten.<br />

Das Beratungsverfahren wird in seiner bestehenden Form nahezu unverändert<br />

beibehalten, wohingegen das Verwaltungsverfahren und das Regelungsverfahren ohne<br />

Kontrolle durch das neue Prüfverfahren ersetzt werden. Darüber hinaus besteht die<br />

Möglichkeit, dass die Kommission einen Durchführungsrechtsakt sofort erlassen kann, wenn<br />

äußerste Dringlichkeit geboten ist.<br />

3.1.1. Anwendung des Prüfverfahrens<br />

Das Prüfverfahren soll in folgenden Fällen angewandt werden:<br />

• zum Erlass <strong>von</strong> Durchführungsrechtsakten <strong>von</strong> allgemeiner Tragweite zur Umsetzung<br />

<strong>von</strong> Basisrechtsakten und speziellen Maßnahmen mit potenziell bedeutenden<br />

Auswirkungen;<br />

• zum Erlass <strong>von</strong> Durchführungsmaßnahmen in Bezug auf Programme, die erhebliche<br />

Auswirkungen auf den Haushalt haben;<br />

• zum Erlass <strong>von</strong> Durchführungsmaßnahmen in den Bereichen Umwelt, Schutz <strong>von</strong><br />

Menschen, Tieren und Pflanzen, Handel, Steuern, Agrar- und Fischereipolitik.<br />

3 http://eur-lex.europa.eu/JOHtml.do?uri=OJ:L:2011:055:SOM:DE:HTML<br />

4 Für den Bereich der Handelspolitik, wo das EP jetzt auch als Mitgesetzgeber fungiert, ist dennoch ein<br />

Omnibus-Verfahren notwendig, um bestehende Gesetzgebungsakte an die neuen Verfahren <strong>nach</strong> Art. 290 und<br />

Art. 291 anzupassen. Die Kommission hat am 07. März 2011 einen Verordnungsvorschlag für die Anpassung<br />

<strong>von</strong> handelsrechtlichen Gesetzgebungsakten an die neuen Verfahren vorgelegt (KOM (2011) 82).<br />

5


3.1.2. Anwendung des Beratungsverfahrens<br />

Das Beratungsverfahren soll in all den Fällen angewandt werden, in denen das<br />

Prüfverfahren nicht zur Anwendung kommt.<br />

3.1.3. Anwendung der neuen Verfahren bei Basisrechtsakten, die vor <strong>dem</strong> 01.12.2009<br />

in Kraft traten<br />

Wird im Basisrechtsakt auf das Beratungsverfahren <strong>nach</strong> Art. 3 des Beschlusses<br />

1999/468/EG verwiesen, so wird automatisch das Beratungsverfahren <strong>nach</strong> Art. 3 der VO<br />

(EU) 182/2011 angewendet.<br />

Wird im Basisrechtsakt auf das Verwaltungsverfahren <strong>nach</strong> Art. 4 des Beschlusses<br />

1999/468/EG verwiesen, so findet automatisch das Prüfverfahren <strong>nach</strong> Art. 5 der VO (EU)<br />

182/2011 Anwendung, wobei der Ausschuss eine qualifizierte Mehrheit gegen den<br />

Kommissionsvorschlag erreichen muss, um den Entwurf zu stoppen bzw. den Prüfausschuss<br />

anzurufen.<br />

Wird im Basisrechtsakt auf das einfache Regelungsverfahren <strong>nach</strong> Art. 5 des Beschlusses<br />

1999/468/EG verwiesen, so wird automatisch das Prüfverfahren <strong>nach</strong> Art. 5 der VO (EU)<br />

182/2011 angewendet, wobei im Ausschuss zunächst eine Sperrminorität gegen den<br />

Kommissionsvorschlag reicht, um den Entwurf zu stoppen bzw. den Prüfausschuss<br />

anzurufen. Im Prüfausschuss ist dann aber eine qualifizierte Mehrheit gegen die Kommission<br />

notwendig, um den Kommissionsvorschlag abzulehnen.<br />

Exkurs: Anwendung der Verfahren am Beispiel der REACH-Verordnung<br />

Die Artikel 131 bis 133 der REACH-Verordnung regeln die Durchführungsvorschriften zu<br />

REACH sowie die Regeln zur Anpassung der Anhänge. Da die REACH-Verordnung vor <strong>dem</strong><br />

01.12.2009 in Kraft getreten ist, gelten prinzipiell die „alten“ Komitologieregeln <strong>nach</strong> <strong>dem</strong><br />

Beschluss 1999/468/EG, auf den in Artikel 133 auch Bezug genommen wird. REACH sieht in<br />

diesem Artikel die mögliche Anwendung <strong>von</strong> drei Verfahren vor: das Beratungsverfahren,<br />

das Regelungsverfahren und das Regelungsverfahren mit Kontrolle.<br />

Artikel 13 der Verordnung (EU) 182/2011 vom 16. Februar 2011 sieht beim<br />

Beratungsverfahren, Verwaltungsverfahren und Regelungsverfahren jedoch vor, dass diese<br />

automatisch durch die neuen Verfahren für Durchführungsrechtsakte ersetzt werden. Dieser<br />

Passus kommt auch bei der REACH-Verordnung zur Anwendung. Wo immer in der REACH-<br />

Verordnung auf das Beratungsverfahren <strong>nach</strong> 1999/468/EG verwiesen wird, gilt nun das<br />

neue Beratungsverfahren <strong>nach</strong> VO (EU) 182/2011. Wird in der Verordnung auf das einfache<br />

Regelungsverfahren verwiesen, so ist künftig das Prüfverfahren anzuwenden.<br />

Demgegenüber bleibt das Regelungsverfahren mit Kontrolle, das für die Anpassung der<br />

Anhänge der REACH-Verordnung angewendet werden soll, erhalten – hier wird keine<br />

automatische Anpassung vorgenommen.<br />

6


Anzuwendende Verfahren <strong>nach</strong> der REACH-Verordnung<br />

Beratungsverfahren <strong>nach</strong> VO (EU) 182/2011<br />

• Art. 64 (Entscheidung über Erteilung oder Versagung einer Zulassung)<br />

• Art. 69 (Entscheidung über erneute Prüfung einer bestehenden Beschränkung <strong>nach</strong><br />

Anhang XVII)<br />

Prüfverfahren <strong>nach</strong> VO (EU) 182/2011<br />

• Art. 7 (Registrierung und Anmeldung <strong>von</strong> Stoffen in Erzeugnissen)<br />

• Art. 45 (Entscheidung über zuständige Behörde)<br />

• Art. 47 (Anforderung weiterer Informationen zur Stoffbewertung)<br />

• Art. 51 (Erlass <strong>von</strong> Entscheidungen im Rahmen <strong>von</strong> Dossierbewertungen)<br />

• Art. 59 (Ermittlung <strong>von</strong> in Art. 57 genannten Stoffen)<br />

• Art. 74 (Entscheidung über Gebühren)<br />

• Art. 89 (Festlegung der Qualifikationsanforderungen der Mitglieder der<br />

Widerspruchskammer)<br />

• Art. 93 (Festlegung der Verfahren der Widerspruchskammer)<br />

• Art. 129 (Entscheidung über Zulässigkeit einer vorläufigen Maßnahme eines<br />

Mitgliedstaates)<br />

Regelungsverfahren mit Kontrolle <strong>nach</strong> Beschluss 1999/468/EG<br />

• Änderung sämtlicher Anhänge<br />

• Art. 13 (Gewinnung <strong>von</strong> Informationen über inhärente Stoffeigenschaften)<br />

• Art. 41 (Prüfung der Registrierungsdossiers)<br />

• Art. 58 (Aufnahme/Streichung <strong>von</strong> Stoffen in Anhang XIV)<br />

• Art. 68/ Art. 73 (Änderung <strong>von</strong> Anhang XVII)<br />

• Art. 138 (Änderung <strong>von</strong> Anhang XIII)<br />

3.2. Verfahrensablauf<br />

Im Gegensatz zu den delegierten Rechtsakten bleibt bei Durchführungsrechtsakten das<br />

System der (Komitologie-)ausschüsse bestehen. Die Ausschüsse setzen sich aus Vertretern<br />

der Mitgliedstaaten zusammen. Die Kommission führt den Vorsitz im Ausschuss, ist aber<br />

nicht stimmberechtigt.<br />

Die Kontrollfunktionen des Europäischen Parlaments und des Rates sind in beiden<br />

Verfahren äußerst eingeschränkt. Beide Gesetzgeber haben nur die Möglichkeit, während<br />

des Verfahrens zum Erlass eines Durchführungsrechtsaktes darauf hinzuweisen, dass die<br />

Kommission die ihr im Basisrechtsakt übertragenen Befugnisse mit <strong>dem</strong> vorgelegten<br />

Entscheidungsentwurf überschreitet. Dieser Einwand kann nur während des Verfahrens<br />

erfolgen, nicht mehr <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> Erlass des Durchführungsrechtsaktes. Außer<strong>dem</strong> ist der<br />

Hinweis vom Europäischen Parlament und / oder vom Rat auf Überschreitung der<br />

Befugnisse für die Kommission nicht bindend: sie kann daraufhin ihren Entwurf abändern,<br />

muss dies aber nicht. Diese äußerst schwache Rolle der Co-Gesetzgeber wird dadurch<br />

begründet, dass die Kontrolle laut Art. 291 AEUV ausschließlich den Mitgliedstaaten<br />

vorbehalten sein sollte – daher das Votum des Ausschusses der Mitgliedstaaten.<br />

7


Völlig neu bei Durchführungsrechtsakten ist die Einrichtung eines Berufungsausschusses<br />

im Prüfverfahren, <strong>dem</strong> der Entwurf im Fall eines ablehnenden Votums im Ausschuss<br />

unterbreitet werden kann. Der Berufungsausschuss setzt sich aus Vertretern der<br />

Mitgliedstaaten auf <strong>dem</strong> Verfahren angemessener und „hinreichend hohe[r] […] Ebene<br />

(einschließlich Ministerebene)“ 5 zusammen, wobei „die Vertretung nicht unterhalb der Ebene<br />

der Mitglieder des Ausschusses der Ständigen Vertreter der Regierungen der<br />

Mitgliedstaaten angesiedelt sein [sollte]“ 6 . Den Vorsitz führt hier ebenfalls die nicht<br />

stimmberechtigte Kommission. Der Berufungsausschuss tritt an die Stelle des Rates, der als<br />

solcher nicht mehr im Verfahren involviert ist.<br />

3.2.1. Das Beratungsverfahren (Art. 4 der VO (EU) 182/2011)<br />

Im Beratungsverfahren unterbreitet die Kommission <strong>dem</strong> Ausschuss einen Entwurf eines<br />

Durchführungsrechtsaktes. Im Ausschuss wird über den Entwurf diskutiert und <strong>nach</strong> einer<br />

<strong>von</strong> der Kommission vorgegebenen Frist muss eine Stellungnahme abgegeben werden. Der<br />

Ausschuss stimmt dabei mit einfacher Mehrheit ab, sein Votum ist jedoch nicht bindend:<br />

Die Kommission ist zwar angehalten, Vorschläge vorzulegen, „die im Ausschuss eine<br />

möglichst breite Unterstützung finden“ 7 und „so weit wie möglich das Ergebnis der<br />

Beratungen im Ausschuss und die abgegebene Stellungnahme [zu] berücksichtig[en]“ 8 , kann<br />

sich aber auch über ein negatives Votum des Ausschusses hinwegsetzen und den<br />

Durchführungsrechtsakt erlassen. Der Kommission kommt somit eine sehr starke Rolle in<br />

diesem Verfahren zu.<br />

5 Geschäftsordnung des Berufungsausschusses, Amtsblatt C 183 vom 24.06.2011, Art. 1 Abs. 5.<br />

6 Ebd.<br />

7 Verordnung (EU) 182/2011 vom 16. Februar 2011, Art. 3 Abs. 4.<br />

8 Ebd., Art. 4 Abs. 2.<br />

8


3.2.2. Das Prüfverfahren (Art. 5 der VO (EU) 182/2011)<br />

Das Prüfverfahren ähnelt im Ablauf <strong>dem</strong> vormaligen Regelungsverfahren <strong>nach</strong> 1999/468/EG,<br />

allerdings tritt mit <strong>dem</strong> Berufungsausschuss nun eine neue Instanz an die Stelle des Rates,<br />

der sich mit Durchführungsrechtsakten künftig nicht mehr selbst befasst.<br />

Im Prüfverfahren unterbreitet die Kommission wie im Beratungsverfahren <strong>dem</strong> Ausschuss<br />

ihren Vorschlag und legt eine Frist für die Stellungnahme des Ausschusses fest. Im<br />

Gegensatz zum Beratungsverfahren stimmt der Ausschuss hier mit qualifizierter Mehrheit<br />

(mit doppelter Mehrheit ab <strong>dem</strong> 1. November 2014) ab. Nimmt der Ausschuss den<br />

Kommissionsentwurf mit qualifizierter Mehrheit an, so kann die Kommission den<br />

Durchführungsrechtsakt erlassen. Für die Ablehnung des Entwurfs reicht im Ausschuss<br />

prinzipiell eine einfache Mehrheit. 9 Wenn weder eine qualifizierte Mehrheit für noch eine<br />

einfache Mehrheit gegen den Kommissionsentwurf zustande kommt, so kann die<br />

Kommission den Durchführungsrechtsakt erlassen, außer der Rechtsakt betrifft Steuern,<br />

Finanzdienstleistungen, endgültige multilaterale Schutzmaßnahmen oder den Schutz der<br />

Gesundheit / Sicherheit <strong>von</strong> Menschen, Tieren oder Pflanzen. Weiterhin können der Rat und<br />

das Europäische Parlament im Basisrechtsakt ausdrücklich festlegen, dass der Entwurf im<br />

Falle einer fehlenden Stellungnahme des Ausschusses nicht erlassen werden darf – somit<br />

besteht die Möglichkeit, dass auch eine Sperrminorität ausreichend ist, um den<br />

Kommissionsvorschlag zunächst zu blockieren. Es ist anzunehmen, dass der Rat dies in<br />

allen Basisrechtsakten einfordern wird, um sich den größtmöglichen Einfluss im Verfahren zu<br />

sichern. Das Europäische Parlament würde da<strong>von</strong> allerdings nicht profitieren, seine<br />

Einflussmöglichkeiten bleiben grundsätzlich auf den nicht bindenden Einwand der<br />

Kompetenzüberschreitung beschränkt. Mit dieser Klausel wurde ähnlich wie bei den<br />

delegierten Rechtsakten eine gewisse Flexibilisierung des Verfahrens geschaffen, die es<br />

in den alten Komitologieverfahren nicht gab. Somit wird neben der Frage da<strong>nach</strong>, welches<br />

Verfahren (Verfahren <strong>nach</strong> Art. 290 oder <strong>nach</strong> Art. 291 AEUV) anzuwenden ist, künftig auch<br />

die Frage da<strong>nach</strong>, wie das jeweilige Verfahren anzuwenden ist, eine wesentliche Rolle bei<br />

der Erstellung eines Basisrechtsaktes im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren spielen.<br />

Falls die Kommission <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> Votum des Ausschusses ihren Entwurf nicht erlassen kann,<br />

hat sie zwei Möglichkeiten: sie kann ihren Entwurf abändern und den neuen Entwurf <strong>dem</strong><br />

Ausschuss vorlegen oder sie kann den nicht abgeänderten Entwurf <strong>dem</strong><br />

Berufungsausschuss vorlegen. Der Berufungsausschuss tritt frühestens 2 Wochen und<br />

spätestens 6 Wochen <strong>nach</strong> seiner Befassung mit <strong>dem</strong> Vorschlag zusammen und hat dann<br />

eine Frist <strong>von</strong> 2 Monaten, seine Stellungnahme abzugeben. Abweichend zum Ausschuss<br />

benötigt der Berufungsausschuss nun eine qualifizierte Mehrheit gegen den<br />

Kommissionsentwurf. Wird diese Mehrheit nicht erreicht, so kann die Kommission den<br />

Durchführungsrechtsakt erlassen. Somit benötigen die Mitgliedstaaten trotz der niedrigeren<br />

Schwelle im Prüfausschuss letztlich doch eine qualifizierte Mehrheit gegen den<br />

9 Prinzipiell schreibt Art. 5 Abs. 3 der VO (EU) 182/2011 vor, dass der Ausschuss zur Ablehnung des Entwurfs<br />

ebenfalls eine qualifizierte Mehrheit braucht. Kommt diese Mehrheit nicht zustande, kann die Kommission den<br />

Durchführungsrechtsakt erlassen. Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 2c enthält jedoch eine allgemein anzuwendende<br />

Ausnahme, die die Hürde <strong>von</strong> Art. 5 Abs. 3 deutlich senkt: Wenn die Mitglieder des Ausschusses den Entwurf<br />

mit einfacher Mehrheit ablehnen, so kann die Kommission den Durchführungsrechtsakt nicht erlassen, sondern<br />

muss entweder <strong>dem</strong> Ausschuss einen neuen Entwurf oder ihren nicht geänderten Entwurf <strong>dem</strong><br />

Berufungsausschuss vorlegen.<br />

9


Kommissionsentwurf, um diesen zu Fall zu bringen. Eine einfache ablehnende Mehrheit oder<br />

gegebenenfalls eine Sperrminorität im Ausschuss hat nur aufschiebende Wirkung.<br />

Dies gilt nicht hinsichtlich der Annahme endgültiger multilateraler Schutzmaßnahmen.<br />

Will die Kommission solche Maßnahmen im Prüfverfahren annehmen, ist die Zustimmung<br />

des Berufungsausschusses mit qualifizierter Mehrheit zum Entwurf zwingend notwendig.<br />

Demzufolge ist hier eine Sperrminorität im Berufungsausschuss ausreichend, um die<br />

Annahme des Kommissionsentwurfs zu verhindern.<br />

Zur Annahme <strong>von</strong> endgültigen Antidumping- oder Ausgleichsmaßnahmen wurde eine<br />

Übergangsfrist eingeführt: bis zum 1. September 2012 wird über Antidumping- oder<br />

Ausgleichsmaßnahmen im Berufungsausschuss mit einfacher Mehrheit abgestimmt.<br />

Demzufolge reicht bis zu diesem Zeitpunkt eine einfache Mehrheit gegen den<br />

Kommissionsvorschlag, um diesen abzulehnen. Nach <strong>dem</strong> 1. September 2012 ist hierfür<br />

dann auch eine qualifizierte Mehrheit im Berufungsausschuss notwendig.<br />

10


3.2.3. Verfahren für sofort geltende Durchführungsrechtakte in Fällen äußerster<br />

Dringlichkeit (Art. 8 der VO (EU) 182/2011)<br />

In „hinreichend begründeten Fällen äußerster Dringlichkeit“ 10 kann die Kommission, wenn<br />

der Basisrechtsakt dies vorsieht, einen Durchführungsrechtsakt sofort erlassen, ohne diesen<br />

zuvor <strong>dem</strong> Ausschuss unterbreitet zu haben. Ein solcher Durchführungsrechtsakt ist für<br />

höchstens 6 Monate gültig, es sei denn der Basisrechtsakt legt explizit eine andere<br />

Gültigkeitsdauer fest. Angewendet werden soll dieses Verfahren beispielsweise für<br />

vorläufige Antidumping- oder Ausgleichsmaßnahmen. In diesen Fällen muss die<br />

Kommission jedoch vor der Annahme der Maßnahmen die Mitgliedstaaten konsultieren oder<br />

bei äußerster Dringlichkeit zumindest unterrichten.<br />

Das Dringlichkeitsverfahren für einen sofort geltenden Durchführungsrechtsakt ist sowohl für<br />

das Beratungs- als auch für das Prüfverfahren anwendbar. In beiden Fällen muss die<br />

Kommission den bereits erlassenen Rechtsakt einer <strong>nach</strong>träglichen Kontrolle durch<br />

den Ausschuss unterziehen: spätestens 14 Tage <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> Erlass des Rechtsaktes muss<br />

die Kommission den Vorschlag <strong>dem</strong> Ausschuss unterbreiten. Allerdings ist die Kommission<br />

nur im Prüfverfahren an das Votum des Ausschusses gebunden: lehnt der Ausschuss<br />

den Durchführungsrechtsakt mit absoluter Mehrheit ab, so muss die Kommission den bereits<br />

erlassenen Rechtsakt unverzüglich aufheben. Im Falle eines sofort erlassenen<br />

Durchführungsrechtsaktes in Verbindung mit <strong>dem</strong> Beratungsverfahren bleibt der Rechtsakt<br />

auch bei einem negativen Votum des Ausschusses in Kraft. Deshalb kann nur das Votum im<br />

„dringlichen Prüfverfahren“ als echte <strong>nach</strong>trägliche Legitimation der Kommissionsentscheidung<br />

gesehen werden.<br />

Dringliches Beratungsverfahren (Art. 4 in Verbindung mit Artikel 8 der VO (EU) 182/2011)<br />

10 Verordnung (EU) 182/2011 vom 16. Februar 2011, Art. 8 Abs. 1.<br />

12


Dringliches Prüfverfahren (Art. 5 in Verbindung mit Art. 8 der VO (EU) 182/2011)<br />

4. Schlussfolgerungen für die Advocacy-Arbeit<br />

Es fällt auf, dass die Komitologieverfahren mit <strong>dem</strong> <strong>Vertrag</strong> <strong>von</strong> <strong>Lissabon</strong> deutlich<br />

flexibilisiert wurden. Sämtliche Verfahren können über den Basisrechtsakt in gewissen<br />

Grenzen angepasst werden. Weiterhin sind die Fälle, in denen delegierte Rechtsakte oder<br />

Durchführungsrechtsakte angewendet werden sollen, nicht scharf <strong>von</strong>einander abgegrenzt.<br />

Da die Verfahrenswahl große Auswirkungen auf den möglichen Einfluss der Institutionen hat,<br />

wird im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zur Erstellung eines Basisrechtsaktes künftig<br />

nicht nur inhaltlich, sondern auch verstärkt prozedural darüber diskutiert werden, wie<br />

welches Verfahren in Anwendung kommen soll. Aufgrund der kaum vorhandenen<br />

Kontrollmöglichkeiten bei Durchführungsrechtsakten ist zu erwarten, dass das Europäische<br />

Parlament häufig für die Anwendung <strong>von</strong> delegierten Rechtsakten plädieren wird, um sich so<br />

ein Mitspracherecht zu sichern. Für die Advocacy-Arbeit ist es notwendig, sich auch als<br />

Stakeholder eine Meinung darüber zu bilden, welche Verfahren aus unserer Sicht jeweils<br />

idealerweise anzuwenden wären. Deshalb ist es wichtiger denn je, genaue Kenntnis über die<br />

möglichen Verfahren sowie deren mögliche Modifikationen zu haben.<br />

Weiterhin ist eine deutliche „Entpolitisierung“ der Verfahren feststellbar. So wurde gerade<br />

die Rolle des Europäischen Parlaments in den Verfahren deutlich geschmälert. Bei<br />

Durchführungsrechtsakten hat das Europäische Parlament keine feste Rolle im Prozess inne<br />

und ist auf die Möglichkeit beschränkt, während des Verfahrens darauf hinzuweisen, dass<br />

die Kommission ihre Kompetenzen überschreitet. Dazu muss das Europäische Parlament<br />

aber initiativ den jeweiligen Kommissionsentwurf eines Durchführungsrechtsaktes aufgreifen<br />

und tätig werden - eine systematische Befassung des Europäischen Parlaments mit den<br />

Durchführungsrechtsakten findet nicht statt. Bei delegierten Rechtsakten kann zwar ein<br />

Einspruchs- und Widerrufsrecht für Parlament und Rat im Basisrechtsakt verankert werden.<br />

Da die Hürden für diese Kontrollmöglichkeiten aber sehr hoch sind – der Ein- oder<br />

13


Widerspruch braucht im Europäischen Parlament eine absolute Mehrheit – ist eine<br />

tatsächliche Inanspruchnahme dieses Rechtes in der Praxis kaum vorstellbar. Gerade zu<br />

den sehr technischen Fragen, die in den Komitologieverfahren geklärt werden, ist es kaum<br />

möglich, die Mehrheit der Abgeordneten zu überzeugen, gegen den Kommissionsvorschlag<br />

zu stimmen.<br />

Ähnlich problematisch ist es für den Rat, sich Gehör zu verschaffen, da die Hürde für den<br />

Einspruch zu delegierten Rechtsakten mit einer qualifizierten Mehrheit dagegen ebenfalls<br />

sehr hoch liegt. Darüber hinaus wird der Rat künftig auch bei Durchführungsrechtsakten<br />

nicht mehr direkt gehört. Im Gegensatz zum alten Regelungsverfahren <strong>nach</strong> Ratsbeschluss<br />

1999/468/EG fungiert künftig nicht mehr der Rat selbst als zweite Kontrollinstanz <strong>nach</strong> <strong>dem</strong><br />

Ausschuss, sondern ein Beratungsausschuss aus Vertretern der Mitgliedstaaten. Deshalb ist<br />

es für die Advocacy-Arbeit unerlässlich, die Industrieposition sehr früh im Verfahren,<br />

idealerweise noch vor Fertigstellung des Kommissionsentwurfes, einzubringen. Sobald der<br />

Entwurf im Ausschuss behandelt wird, ist es aufgrund der beschriebenen<br />

Mehrheitsverhältnisse sehr schwierig, noch Einfluss zu nehmen.<br />

Zugleich sind die Verfahren in Zukunft weniger transparent und es wird somit noch<br />

schwieriger, Informationen über den Inhalt der Debatten und den Stand der Verfahren<br />

zu bekommen. Bisher wurden mit den Tagesordnungen und Ergebnissen der Ratssitzungen<br />

auch Informationen über Komitologieverfahren veröffentlicht. Dies ist hinsichtlich der<br />

Sitzungen des Berufungsausschusses nicht zu erwarten. Dadurch wird es erheblich<br />

schwieriger, systematisch Informationen zum Stand der Verfahren oder den<br />

Abstimmungsergebnissen zu erlangen. Darüber hinaus wird der Verfahrensstand zu<br />

delegierten Rechtsakten überhaupt nicht im Komitologieregister der Kommission aufgeführt.<br />

Stefan Solle, VCI-Brüssel<br />

August 2011<br />

14

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!