Schutzlos hinter Gittern Abschiebungshaft in Deutschland - Pro Asyl
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Abschiebegewahrsam<br />
Berl<strong>in</strong>-Koepenick<br />
© ddpimages/Theo Heimann<br />
Kontaktmöglichkeiten nach außen: Handys ohne Kamerafunktion<br />
s<strong>in</strong>d erlaubt. Besuche s<strong>in</strong>d jeden Tag zwischen 07:00<br />
und 19:00 Uhr möglich. Es gibt ke<strong>in</strong>e strikte, zeitliche Begrenzung.<br />
Der Besucherraum ist groß und hell. Hier s<strong>in</strong>d etwa 10<br />
bis 12 Tische mit entsprechenden Stühlen. Am Kopf des Raumes<br />
steht e<strong>in</strong> Tisch für die Bewachung. Es f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e optische<br />
Überwachung der Gespräche statt.<br />
Essen: E<strong>in</strong> Caterer liefert das Essen für die Inhaftierten. Es<br />
wird morgens und mittags ausgegeben. Das Abendessen<br />
wird auch mittags ausgegeben. Es steht e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Küche<br />
zur Verfügung, <strong>in</strong> der die Speisen aufgewärmt werden können<br />
oder Essen selbst zubereitet werden kann. Lebensmittel<br />
können im Gewahrsam erworben werden, jedoch ke<strong>in</strong> frisches<br />
Fleisch oder ähnliches (aus hygienischen Gründen). Die<br />
Inhaftierten können zwischen Schonkost, vegetarischer und<br />
Normalkost (mit Fleisch) wählen. Schwe<strong>in</strong>efleisch wird nicht<br />
gereicht.<br />
Mediz<strong>in</strong>ische Versorgung: Es gibt ke<strong>in</strong>e obligatorische mediz<strong>in</strong>ische<br />
E<strong>in</strong>gangsuntersuchung. Den neu <strong>in</strong>haftierten Personen<br />
wird e<strong>in</strong> gesundheitlicher Fragebogen vorgelegt. Das<br />
Ausfüllen ist jedoch freiwillig. Obligatorisch ist h<strong>in</strong>gegen das<br />
Röntgen wegen TBC. Täglich ist e<strong>in</strong> Arzt <strong>in</strong> der Haft, e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong><br />
der Woche e<strong>in</strong> Zahnarzt und e<strong>in</strong> Psychiater. Wenn notwendig,<br />
werden Ausführungen zu weiteren Ärzten (z.B. Augenarzt,<br />
Gynäkologe, etc.) organisiert. Bei Suizidversuchen wird die<br />
Person zunächst ärztlich versorgt und dann <strong>in</strong> die Psychiatrie<br />
weiter geleitet. Psychische Erkrankungen/Traumatisierungen<br />
spielen im Alltag der <strong>Abschiebungshaft</strong> nach Aussage unserer<br />
Gesprächspartner jedoch ke<strong>in</strong>e große Rolle.<br />
Soziale Betreuung/unabhängige Beratung: Es gibt zwei<br />
Stellen für Sozialarbeiter/<strong>in</strong>nen, von denen aber nur e<strong>in</strong>e besetzt<br />
ist. Sie arbeiten im Auftrag der Senatsverwaltung und<br />
sollen sich um die „sozialen Belange“ der Inhaftierten kümmern.<br />
Daneben gibt es noch katholische und evangelische<br />
Seelsorger, die viel an unabhängiger Beratungsarbeit abdecken.<br />
E<strong>in</strong>e Rechtsberatung f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> der Woche durch<br />
den Republikanischen Anwaltsvere<strong>in</strong> statt. Diese Beratung<br />
der Rechtsanwälte ist ehrenamtlich. Der Jesuiten Flüchtl<strong>in</strong>gsdienst<br />
verfügt über e<strong>in</strong>en Rechtshilfefonds und kann, wenn<br />
diese als notwendig erachtete werden, rechtliche Interventionen<br />
f<strong>in</strong>anziell unterstützen.<br />
E<strong>in</strong>zelgewahrsam/Besonders gesicherter Haftraum (bgH):<br />
E<strong>in</strong>zelgewahrsam wird angeordnet, wenn sich Inhaftierte<br />
schlagen, sozial unverträglich s<strong>in</strong>d, bei mediz<strong>in</strong>ischen Gründen<br />
(z.B. Infektionskrankheiten, psychischen Erkrankungen<br />
oder Selbstverletzungen/Suizidversuchen), wenn damit<br />
e<strong>in</strong>e regelmäßige, gesundheitliche Versorgung gewährleistet<br />
werden kann. Sollte E<strong>in</strong>zelgewahrsam länger als 14 Tage<br />
andauern, ist dies gegenüber der zuständigen Senatsverwaltung<br />
zu begründen.<br />
Im Polizeigewahrsam Berl<strong>in</strong> gibt es ke<strong>in</strong>en speziellen, besonders<br />
gesicherten Haftraum. Es ist vielmehr e<strong>in</strong> normaler<br />
Haftraum, <strong>in</strong> dem die Möbel fest am Boden fixiert s<strong>in</strong>d und<br />
der nur mit e<strong>in</strong>er Person belegt wird. In den letzten drei Jahren<br />
gab es e<strong>in</strong>en Fall, bei dem e<strong>in</strong> Inhaftierter fixiert werden<br />
musste. Dies geschah nicht durch besondere Vorrichtungen<br />
sondern durch die Fesselung von Händen und Füßen an den<br />
Gitterstäben.