22.11.2013 Aufrufe

Schutzlos hinter Gittern Abschiebungshaft in Deutschland - Pro Asyl

Schutzlos hinter Gittern Abschiebungshaft in Deutschland - Pro Asyl

Schutzlos hinter Gittern Abschiebungshaft in Deutschland - Pro Asyl

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

24<br />

© ddpimages/Theo Heimann<br />

Abschiebegewahrsam Berl<strong>in</strong>-Koepenick<br />

6. Gesundheitsversorgung <strong>in</strong> <strong>Abschiebungshaft</strong><br />

Die Rechtsgrundlage für die Gesundheitsversorgung von Abschiebungshäftl<strong>in</strong>gen<br />

richtet sich regelmäßig nach dem <strong>Asyl</strong>bewerberleistungsgesetz.<br />

Danach werden jedoch nur e<strong>in</strong>e<br />

Notfallversorgung und die unbed<strong>in</strong>gt erforderliche Behandlung<br />

gewährleistet. Dies erweist sich aber immer wieder als<br />

äußerst unzureichend. Insbesondere werden psychische Erkrankungen<br />

häufig nicht erkannt und damit auch nicht oder,<br />

wenn überhaupt, erst verspätet und zumeist ausschließlich<br />

medikamentös behandelt.<br />

6.1 Mediz<strong>in</strong>ische Betreuung<br />

E<strong>in</strong> großes <strong>Pro</strong>blem bei der Gesundheitsversorgung <strong>in</strong> <strong>Abschiebungshaft</strong><br />

stellen die Sprachbarrieren dar. Zwar gibt<br />

es <strong>in</strong> allen Haftanstalten grundsätzlich die Möglichkeit, bei<br />

Beschwerden e<strong>in</strong>en Arzt zu konsultieren. Allerd<strong>in</strong>gs f<strong>in</strong>den<br />

diese Arztkonsultationen zumeist ohne Dolmetscher statt.<br />

Dieser Umstand wird auch vom Europäischen Antifolterausschuss<br />

kritisch gesehen:<br />

„Wie im Jahr 2000 stellte die Delegation fest, dass es erhebliche,<br />

durch Sprachbarrieren verursachte Kommunikationsschwierigkeiten<br />

zwischen dem ärztlichen Personal bzw. Pflegepersonal<br />

und ausländischen Staatsangehörigen gab. Das mediz<strong>in</strong>ische<br />

Personal hatte zwar grundsätzlich die Möglichkeit, jederzeit e<strong>in</strong>en<br />

Dolmetscher h<strong>in</strong>zuzuziehen, die Delegation stellte aber fest,<br />

dass der Arzt kaum von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht<br />

hatte, obgleich e<strong>in</strong>ige ausländische Staatsangehörige kaum <strong>in</strong><br />

der Lage waren, mit ihm zu kommunizieren. Es sollten Maßnahmen<br />

ergriffen werden, um diesen Mangel zu beheben.“ 48<br />

Die Ausführungen des Europäischen Ausschusses zur Verhütung<br />

von Folter (CPT) im H<strong>in</strong>blick auf die Situation <strong>in</strong> Eisenhüttenstadt,<br />

die sich nicht signifikant geändert hat, kann<br />

auch auf andere Haftanstalten übertragen werden. Ärzte<br />

und der vor Ort arbeitende mediz<strong>in</strong>ische Dienst greifen vielfach<br />

auf die Hilfe von Mithäftl<strong>in</strong>gen oder Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen<br />

aus der Bewachung, die über Fremdsprachenkenntnisse<br />

verfügen, zurück, um mit Betroffenen zu sprechen. Dies ist<br />

aus datenschutzrechtlichen Gründen zu beanstanden, da es<br />

hier zum Teil auch um sehr sensible und persönliche D<strong>in</strong>ge<br />

gehen kann und führt aufgrund anzunehmender Zurückhaltung<br />

bis h<strong>in</strong> zu Misstrauen der Untersuchten gegenüber<br />

den Laiendolmetscher/<strong>in</strong>nen mit hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

zum Verlust wichtiger Informationen. Oder aber, was noch<br />

bedenkenswerter ist, die Anamnese wird ausschließlich nonverbal,<br />

mit Zeichensprache oder aufgrund schriftlicher Fragen<br />

durchgeführt.<br />

48. CPT Bericht 2006, a.a.O., S. 35.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!