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Lektionen zur Vorlesung Industrielle Mess‐ und ... - Elektrotechnik

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<strong>Lektionen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Vorlesung</strong> <strong>Industrielle</strong><br />

<strong>Mess‐</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik<br />

Gerhard Geiger<br />

Stand 27.4.2009<br />

Inhalt<br />

Vorwort<br />

Gr<strong>und</strong>züge der Leittechnik<br />

Sensoren in der Leittechnik<br />

Gr<strong>und</strong>züge der Feldkommunikation<br />

Temperaturmessung<br />

Durchflussmessung<br />

Messung von Länge, Weg <strong>und</strong> Winkel<br />

Messung der Dehnung<br />

Kraftmessung<br />

Druckmessung<br />

Zeit‐ <strong>und</strong> Frequenzmessung


Vorwort<br />

Das vorliegende Skript fasst den Inhalt der <strong>Vorlesung</strong> <strong>Industrielle</strong> Messtechnik<br />

im 5. bzw. 6. Semester des Bachelor‐Studiengangs an der FH Gelsenkirchen<br />

zusammen.<br />

Diese <strong>Vorlesung</strong> ist Bestandteil des Hauptstudiums. Demzufolge wurden<br />

von den Studenten alle gr<strong>und</strong>legenden <strong>Vorlesung</strong>en des Gr<strong>und</strong>studiums<br />

schon absolviert. Der Inhalt dieser Lehrveranstaltungen wird demzufolge<br />

vorausgesetzt. Das betrifft insbesondere die Messtechnik.<br />

Skript <strong>zur</strong> <strong>Vorlesung</strong> <strong>Industrielle</strong><br />

<strong>Mess‐</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik<br />

Messtechnik vorausgesetzt<br />

Hier einen Überblick über die Nomenklatur.<br />

Größe Darstellung Beispiel<br />

Skalare Konstante Klein oder groß Ohmscher Widerstand R<br />

Vektor, Matrix Klein oder groß, fett Kraft F<br />

Momentanwert Klein Spannung u, Strom i<br />

Mittelwert Klein, Überstrich Spannung u , Strom<br />

i<br />

Konstanter Wert<br />

Groß<br />

Spannung U, Strom I<br />

im Gleichstromkreis<br />

Effektivwert<br />

Groß<br />

Spannung U, Strom I<br />

im Wechselstromkreis<br />

Komplexe Amplitude Groß, Unterstrich,<br />

Spannung U ˆ , Strom<br />

mit ^<br />

I ˆ<br />

Komplexer Effektivwert Groß, Unterstrich Spannung U , Strom<br />

I<br />

Allgemeine Gleichheit = U = R⋅<br />

I<br />

Definition<br />

≡<br />

A ≡ x−<br />

x W<br />

Tabelle 1: Nomenklatur für die Bezeichnung der einzelnen Größen.<br />

Jedes der folgenden Kapitel ist einer oder mehrerer Doppelst<strong>und</strong>en zugeordnet<br />

(Lektion).<br />

Sollte in der <strong>Vorlesung</strong> der entsprechende Stoff nicht komplett durchgearbeitet<br />

worden sein, so hat dies Zuhause zu geschehen.<br />

Kontrollfragen <strong>und</strong> Literaturangaben vervollständigen jede Lektion.<br />

Nomenklatur<br />

Lektion = Kapitel<br />

für eine oder mehrere Doppelst<strong>und</strong>e<br />

Ggf. zu Hause Stoff vervollständigen<br />

Kontrollfragen <strong>und</strong> Literaturangaben<br />

am Ende jeder<br />

Lektion


Gr<strong>und</strong>züge der Leittechnik<br />

Beginnen wir zuerst damit, einige für die Leittechnik wichtige Begriffe zu<br />

definieren.<br />

Technischer Prozess<br />

Die systematische Behandlung der Vorgänge in einer Anlage erfordert<br />

ein Instrumentarium, um das Verhalten dieser Vorgänge beschreiben zu<br />

können. In diesem Zusammenhang ist der Begriff des Prozesses einzuführen.<br />

(Technischer) Prozess = Instrumentarium<br />

<strong>zur</strong> systematische<br />

Behandlung der<br />

Vorgänge in einer Anlage<br />

Man versteht unter einem Prozess nach [DIN66201] die Gesamtheit von<br />

aufeinander einwirkenden Vorgängen in einem System, durch die<br />

• Materie,<br />

• Energie, <strong>und</strong><br />

• Information<br />

Definition nach DIN 66201<br />

entweder<br />

• umgeformt,<br />

• transportiert, oder<br />

• gespeichert<br />

werden. Ein technischer Prozess ist ein Prozess, dessen physikalische<br />

Größen (Prozessgrößen) mit technischen Mitteln<br />

• erfasst (Ergebnisgrößen), <strong>und</strong><br />

• beeinflusst (Einflussgrößen) werden.<br />

Der Technische Prozess<br />

Abbildung 1: Der technische Prozess nach [DIN66201].<br />

1


Man unterscheidet folgende Arten von (technischen) Prozessen:<br />

Kontinuierliche Prozesse<br />

Hier findet der Prozess kontinuierlich statt. Beispiele sind Prozesse in der<br />

Verfahrenstechnik, bei denen chemischen Reaktoren kontinuierlich Stoffe<br />

zugeführt werden, die im Reaktor <strong>zur</strong> Reaktion gebracht werden, wodurch<br />

ein neuer Stoff entsteht, der dann kontinuierlich abgeführt wird.<br />

Der kontinuierliche Prozess ist somit ein kontinuierliches Produktionsverfahren<br />

z.B. <strong>zur</strong> Synthese von Chemikalien.<br />

Stückprozess<br />

Hier werden einzelne (Werk‐)Stücke einer geordneten Folge von Prozessaktivitäten<br />

unterzogen, z.B. Montageprozesse am Fließband.<br />

Batch­ oder Chargenprozess<br />

Dabei handelt es sich um einen Prozess, der <strong>zur</strong> Herstellung von abgegrenzten<br />

Stoffmengen führt, indem Mengen von Einsatzstoffen innerhalb<br />

eines abgegrenzten Zeitraums einer geordneten Folge von Prozessaktivitäten<br />

unterzogen werden. Der Chargenprozess ist somit ein diskontinuierliches<br />

Produktionsverfahren z.B. <strong>zur</strong> Synthese von Chemikalien.<br />

Verfahrenstechnisches Beispiel<br />

eines kontinuierlichen<br />

Prozesses<br />

Fertigungstechnisches Beispiel<br />

eines Stückprozesses<br />

Verfahrenstechnisches Beispiel<br />

eines Batch‐ oder<br />

Chargenprozesses<br />

2


System<br />

Ein System ist dadurch gekennzeichnet, dass<br />

• eine Funktion bzw. Aufgabe erfüllt,<br />

• strukturiert ist, <strong>und</strong><br />

• ein Verhalten aufweist.<br />

Ein Prozess läuft auf einem System ab; hier handelt es sich also um ein<br />

abstraktes, systemtheoretisches Konzept. Das u.a. Beispiel verdeutlicht<br />

den Zusammenhang zwischen den Begriffen System <strong>und</strong> Technischer<br />

Prozess. Dabei werden in einem chemischen Reaktor zwei Stoffe eingefüllt,<br />

<strong>zur</strong> Reaktion gebracht, <strong>und</strong> der entstehende Stoff entleert. Es handelt<br />

sich hierbei also je nach Fahrweise um einen kontinuierlichen oder<br />

Chargenprozess.<br />

Definition eines Systems<br />

Ein Prozess läuft auf einem<br />

System ab<br />

System <strong>und</strong> Technischer<br />

Prozess für ein Beispiel<br />

Abbildung 2: System <strong>und</strong> Technischer Prozess an einem Beispiel.<br />

3


Leiten <strong>und</strong> Leittechnik<br />

Leiten bedeutet, einen technischen Prozess im Sinne festgelegter Ziele<br />

so zu führen, dass<br />

• er sich bestimmungsgemäß verhält, <strong>und</strong><br />

• zu keiner Zeit eine Gefährdung für Mensch <strong>und</strong> Umwelt vorliegt.<br />

Die Leittechnik umfasst dann alle leittechnischen<br />

Leiten <strong>und</strong> Leittechnik<br />

• Techniken,<br />

• Systeme, <strong>und</strong><br />

• Komponenten,<br />

die notwendig sind, um einen technischen Prozess zu führen.<br />

Automatisierungstechnik<br />

In Abgrenzung <strong>zur</strong> Automatisierungstechnik geht es in der Leittechnik<br />

auch immer darum, den Menschen in angemessener Art <strong>und</strong> Weise in<br />

das Prozessgeschehen mit einzubinden. Dies stellt nicht in Abrede, dass<br />

Teilfunktionen automatisch ablaufen können. In diesem Sinne ist die Automatisierungstechnik<br />

Teil der Leittechnik.<br />

Leittechnik involviert den<br />

Menschen, Automatisierungstechnik<br />

nicht<br />

Automatisierungstechnik<br />

als Teil der Leittechnik<br />

4


Aufgaben der Leittechnik<br />

Aufgaben <strong>und</strong> Einrichtungen der Leittechnik lassen sich entsprechend<br />

der u.a. Abbildung aufteilen.<br />

Aufgaben der Leittechnik<br />

Abbildung 3: Aufgaben der Leittechnik nach [Ahrens].<br />

Auf der rechten Seite der Abbildung ist eine physikalische Größe dargestellt,<br />

die Gegenstand der Leittechnik ist. Es könnte sich hier z.B. um die<br />

Temperatur eines Stoffgemisches in einem chemischen Reaktor handeln.<br />

PLT­Betriebseinrichtungen<br />

Die Betriebseinrichtungen der Prozessleittechnik (PLT) sind dem normalen<br />

Betrieb einer Anlage zugeordnet. Kennwerte wie z.B. die Produktqualität<br />

stehen im Vordergr<strong>und</strong>. Entsprechende Prozessgrößen (wie hier<br />

in diesem Beispiel die Temperatur) werden so gesteuert bzw. geregelt,<br />

dass diese sich in einem Gutbereich befindet. Diese Funktionen werden<br />

üblicherweise von MSR‐Einrichtungen (Messen, Steuern, Regeln) übernommen,<br />

dazu kommen typischerweise Einrichtungen zum Protokollieren<br />

<strong>und</strong> Registrieren.<br />

PLT­Überwachungseinrichtungen<br />

Verlassen nun eine oder mehrere Prozessgrößen (hier Temperatur) den<br />

Gutbereich, so wechseln sie zuerst in einen zulässigen Fehlbereich. Dies<br />

wird durch PLT‐Überwachungseinrichtungen gemeldet, um<br />

Betriebseinrichtungen für<br />

den normalen Betrieb einer<br />

Anlage<br />

Messen, Steuern, Regeln<br />

mit MSR‐Einrichtungen<br />

Überwachungseinrichtungen<br />

wenn Wechsel in den<br />

zulässigen Fehlbereich<br />

• erhöhte Aufmerksamkeit des Betriebspersonals , <strong>und</strong> ggf.<br />

• manuelle Eingriffe<br />

zu veranlassen. Die Fortführung des Betriebs ist i.d.R. bei erhöhter Aufmerksamkeit<br />

des Betriebspersonals möglich, sofern keine unmittelbare<br />

Gefährdung für Mensch <strong>und</strong> Umwelt vorliegt.<br />

Fortführung des Betriebs<br />

ggf. möglich<br />

5


PLT­Schutzeinrichtungen<br />

Wechselt nun die Prozessgröße<br />

• vom zulässigen<br />

• in den unzulässigen<br />

Fehlbereich, so greifen die PLT‐Schutzeinrichtungen ein. Aufgaben dieser<br />

Einrichtungen sind die<br />

• Vermeidung von Störfällen, <strong>und</strong> die<br />

• Vermeidung bzw. Begrenzung von Schaden für Mensch <strong>und</strong><br />

Umwelt.<br />

Um diese Aufgaben zu bewältigen<br />

• sind die PLT‐Schutzeinrichtungen unabhängig von den Betriebs<strong>und</strong><br />

Überwachungseinrichtungen zu gestalten, <strong>und</strong><br />

• müssen die PLT‐Schutzeinrichtungen in der Lage sein die Anlage<br />

in einen sicheren Zustand zu versetzen (Fail‐Safe‐Prinzip).<br />

Überwachungseinrichtungen<br />

wenn Wechsel in den<br />

unzulässigen Fehlbereich<br />

Aufgaben<br />

Voraussetzungen<br />

Zusammenfassung<br />

Betriebs‐, Überwachungs‐ <strong>und</strong> Schutzeinrichtungen stellen ein gestaffeltes,<br />

red<strong>und</strong>ant ausgelegtes <strong>und</strong> mit organisatorischen Maßnahmen<br />

flankiertes Sicherheitssystem dar.<br />

6


Projektierung von Leitsystemen<br />

PLT‐Anlagen sind oftmals komplexe Gebilde, die große Kosten verursachen<br />

können. Eine zielgerichtete Projektierung solcher Systeme ist sehr<br />

wichtig um das Ziel einer produktionsfähigen Anlage bei überschaubaren<br />

Kosten zu erreichen. Die 1949 gegründete NAMUR als ein internationaler<br />

Verband der Anwender von Automatisierungstechnik der Prozessindustrie<br />

hat deshalb ein Projektierungsmodell vorgeschlagen.<br />

Noch nicht im WS 08/09<br />

Abbildung 4: Phasen der Projektierung nach NAMUR.<br />

Die PLT‐Anlagen‐Projektierung ist danach in folgende Phasen unterteilt:<br />

1. Die Gr<strong>und</strong>lagenermittlung dient <strong>zur</strong> Klärung <strong>und</strong> Vertiefung der<br />

Aufgabenstellung, die in einer Festlegung der Projektziele sowie<br />

in einer Abschätzung der Grobkosten (±30%) mündet. Ergebnis<br />

dieser Phase ist das Konzept einer durchführbaren Anlage.<br />

2. Während der Vorplanung werden mehrere alternative Lösungen<br />

gesucht, aus denen eine optimale ausgewählt wird. Aspekte der<br />

Sicherheit <strong>und</strong> rechtliche Aspekte werden dabei berücksichtigt,<br />

so dass das Konzept einer genehmigungsfähigen Anlage entsteht.<br />

Die Kostenabschätzung wird präzisiert.<br />

3. Die Basisplanung legt ein verbindliches Konzept für die Realisierung<br />

der Anlage vor; dieses wird häufig PLT‐Lastenheft oder PLT‐<br />

Pflichtenheft genannt. Danach kann die Anlage ausgeschrieben<br />

werden.<br />

4. In der sich anschließenden Ausführungsphase werden die vorher<br />

während den drei Planungsphasen erarbeiteten Unterlagen in<br />

Unterlagen zum Beschaffen, Errichten, Betreiben <strong>und</strong> Instandhalten<br />

eine funktions‐ <strong>und</strong> produktionsfähige Anlage umgesetzt.<br />

7


5. In der Errichtungsphase werden Bestellungen veranlasst, Lieferungen<br />

bestätigt, Software konfiguriert, Montagen überwacht<br />

<strong>und</strong> schließlich eine Funktionsprüfung durchgeführt.<br />

6. In der Inbetriebsetzungsphase wird die Anlage dem Betreiber<br />

übergeben. Dazu ist Personal auszubilden, die Inbetriebsetzung<br />

zu (beim ersten Mal)m unterstützen, Dokumentation des Ist‐<br />

Zustand anzupassen <strong>und</strong> diese dem Betreiber zu übergeben.<br />

7. Mit dem Projektabschluss ist das Projekt abgeschlossen. Es wird<br />

ein Abschlussbericht erstellt <strong>und</strong> eine Nachkalkulation durchgeführt<br />

um die geplanten Soll‐Kosten den tatsächlichen Ist‐Kosten<br />

gegenüber zu stellen.<br />

Noch nicht im WS 08/09<br />

Der korrekte Ablauf der Projektierung wird durch Maßnahmen<br />

• des Projektmanagements <strong>und</strong> der<br />

• Qualitätssicherung<br />

sichergestellt.<br />

Neben dem NAMUR‐Projektierungsmodell gibt es noch andere Modelle,<br />

siehe z.B. [Ahrens].<br />

8


Die Automatisierungspyramide<br />

Die Automatisierungspyramide dient der Einordnung von Techniken <strong>und</strong><br />

Systemen in der Leittechnik mittels Zuordnung zu bestimmte Ebenen. Es<br />

gibt verschiedene Darstellungen der Automatisierungspyramide; die<br />

gewählte Darstellung ist somit eine ausgewählte Variante.<br />

Jeder Ebene kommt eine eigene Aufgabe in der Produktion zu, wobei es<br />

je nach betrieblicher Situation fließende Grenzen gibt. Entsprechend der<br />

Aufgabe der Ebene haben sich spezifische Techniken entwickelt.<br />

Aufgaben der Automatisierungspyramide<br />

Es gibt mehrere Darstellungen<br />

Die Automatisierungspyramide<br />

Abbildung 5: Beispiel einer Automatisierungspyramide.<br />

Anlagenebene<br />

Die unterste Ebene 0 wird als Anlagenebene bezeichnet. Hier findet sich<br />

die eigentliche Anlage.<br />

Anlage auf Anlagenebene<br />

Feldebene<br />

In der Feldebene 1 finden sich die Techniken, Systeme <strong>und</strong> Komponenten,<br />

die zum einen Bestandteil des Leitsystems sind, zum anderen sich<br />

im Feld befinden. Diese Komponenten werden auch im Weiteren als<br />

Feldkomponenten bezeichnet. Beispiele sind<br />

• Sensoren <strong>zur</strong> Erfassung notwendiger Informationen über den<br />

Prozess (z.B. Durchflussmesssysteme <strong>und</strong> Temperaturmesssysteme)<br />

• Aktoren (oder Aktuatoren) <strong>zur</strong> Beeinflussung des Prozessgeschehens<br />

(z.B. Stellventile <strong>zur</strong> Beeinflussung der Durchflussmenge),<br />

• analoge bzw. digitale Komponenten <strong>zur</strong> Feldkommunikation (z.B.<br />

Feldbusse)<br />

• prozessnahe Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPSen)<br />

oder Industrie‐PCs (IPCs).<br />

Sensoren, Aktoren, Feldkommunikation<br />

<strong>und</strong> PNK<br />

auf Feldebene<br />

SPSen, IPCs sowie intelligente Sensoren <strong>und</strong> Aktoren in dieser Ebene<br />

werden auch als Prozessnahe Komponenten (PNK) bezeichnet.<br />

9


Steuerungsebene<br />

In der Steuerungsebene 2 finden sich die Techniken, Systeme <strong>und</strong> Komponenten,<br />

die <strong>zur</strong> Realisierung anlagenspezifischer Steuerungs‐ <strong>und</strong> Regelungsfunktionen<br />

dienen. Diese Steuerungsfunktionen werden überwiegend<br />

von<br />

Steuerung <strong>und</strong> Regelung<br />

mit SPS <strong>und</strong> IPC auf Steuerungsebene<br />

• SPSen, <strong>und</strong><br />

• Industrie‐PCs (IPCs)<br />

durchgeführt.<br />

Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPSen)<br />

Die u.a. Abbildung zeigt eine handelsübliche SPS.<br />

Die SPS<br />

Abbildung 6: SPS Simatic S7-400 der Fa. Siemens.<br />

Kennzeichen sind u.a.<br />

• ein den rauen Umgebungsbedingungen angepasster robuster<br />

mechanischer <strong>und</strong> elektrischer Aufbau,<br />

• leichte Montierbarkeit in einem Schaltschrank z.B. durch 19“‐<br />

Montagetechnik.<br />

• ein hoher Grad an Erweiterbarkeit durch einen modularen Aufbau,<br />

• vielfältige Möglichkeiten <strong>zur</strong> Verbindung z.B. mit Sensoren <strong>und</strong><br />

Aktoren,<br />

• angepasste Programmierbarkeit (keine Programmierung in C<br />

oder C++),<br />

• relativ schnelle Reaktionszeiten.<br />

Kennzeichen einer SPS<br />

10


Industrie­PCs (IPCs)<br />

Die schon lange verfügbare SPSen werden seit einiger Zeit ergänzt durch<br />

Industrie‐PCs.<br />

Der IPC<br />

Abbildung 7: Rack-Industrie-PC der Fa. Siemens.<br />

Diese Automatisierungssysteme basieren gr<strong>und</strong>sätzlich auf der WINTEL‐<br />

PC‐Plattform (Windows als Betriebssystem + INTEL als CPU‐Hersteller).<br />

Der klassische Büro‐PC ist jedoch<br />

Einschränkungen eines Büro‐PCs<br />

• aufgr<strong>und</strong> seines mechanischen <strong>und</strong> elektrischen Aufbaus, aber<br />

auch<br />

• aufgr<strong>und</strong> des Windows‐Betriebssystems<br />

nur eingeschränkt für den Industrie‐Einsatz geeignet. Aus diesem Gr<strong>und</strong><br />

haben sich modifizierte PC‐Varianten herausgebildet <strong>und</strong> etabliert, die<br />

den industriellen Gegebenheiten Rechnung tragen. Entsprechende Modifikationen<br />

der klassischen PC‐Plattform betreffen:<br />

• Mechanischer <strong>und</strong> elektrischer Aufbau. Es werden robuste Gehäusevarianten<br />

verwendet, die hohen mechanischen <strong>und</strong> elektrischen<br />

(EMV!) Belastungen gewachsen sind.<br />

• Kühlung. Sonderbauformen kommen ohne Kühlung aus; dadurch<br />

kann das Gehäuse ggf. staub‐ <strong>und</strong> wasserdicht ausgeführt werden.<br />

• Stromversorgung. Neben der normalen Stromversorgung mit<br />

110/230V haben sich auch Ausführungen mit 24V‐Gleichstrom<br />

etabliert.<br />

• Festplatte. Festplatten sind anfällig gegen mechanische Belastungen;<br />

aus diesem Gr<strong>und</strong> gibt es festplattenlose Ausführungen,<br />

die z.B. Solid‐State‐Disks mit Halbleitern verwenden.<br />

• Monitore. Robuste 19“‐Flat‐Panel‐Monitore mit Touchbedienung<br />

<strong>und</strong> kratzfester Scheibe sowie 24V‐Versorgung kommen häufig<br />

statt des normalen LCD‐Displays zum Einsatz.<br />

• Red<strong>und</strong>anz. Schließlich bieten viele IPCs vielfältige Red<strong>und</strong>anzoptionen,<br />

z.B. mittels red<strong>und</strong>anter Stromversorgung, red<strong>und</strong>anten<br />

Festplatten <strong>und</strong>/oder red<strong>und</strong>anten CPUs.<br />

Kennzeichen eines IPC<br />

11


Bleibt noch das Problem des Windows‐Betriebssystems, das nicht für<br />

den industriellen Einsatz konzipiert wurde <strong>und</strong> daher nur eingeschränkt<br />

dafür tauglich ist. Hier bieten sich sogenannte Soft‐SPSen (auch Soft‐<br />

PLCs genannt) an. Dabei handelt es sich um Ergänzungen zum Betriebssystem,<br />

die<br />

Soft‐SPS<br />

• zum einen die Funktion einer SPS bereitstellen,<br />

• zum anderen aber durch die SW‐Architektur ähnliche Stabilität<br />

<strong>und</strong> Robustheit wie normale SPSen versprechen.<br />

Darüber verzahnen die Soft‐SPSen die Prozess‐Welt mit der normalen<br />

PC‐WINTEL‐Infrastruktur.<br />

Prozessleitebene<br />

In dieser Ebene 3 finden sich die Techniken, Systeme <strong>und</strong> Komponenten,<br />

die <strong>zur</strong> Führung der kompletten Anlage als Ganzes dienen. U.U. werden<br />

mehrere Anlagen zu einem Anlagenverb<strong>und</strong> zusammengefasst, der<br />

dann Gegenstand der Anlagenführung ist. Beispiele für Funktionen dieser<br />

Ebene sind<br />

• Bedienen <strong>und</strong> Beobachten,<br />

• Rezepturverwaltung, sowie<br />

• (Messwert‐)Archivierung.<br />

Anbieter wie z.B. Siemens bieten Systeme an (hier SIMATIC PCS 7), die<br />

diese Ebene abdecken. Diese Prozessleitsysteme (PLS, engl. Process<br />

Control System, PCS) können mehrere 100.000 E/As aufweisen. Handelt<br />

es sich um Anlagen mit großer örtlicher Ausdehnung (z.B. Pipelines), so<br />

wird im englischen (als auch internationalen) Sprachraum von SCADA‐<br />

Systemen (Supervisory Control And Data Acquisition) <strong>und</strong> DCS‐Systemen<br />

(Distributed Control System) gesprochen.<br />

Betriebsleitebene<br />

Gegenstand der Betriebsleitebene 4 ist typischerweise ein Betrieb bestehend<br />

aus mehreren Anlagen bzw. Anlagenverbünden. Entsprechende<br />

leittechnische Systeme dieser Ebene werden als Manufacturing Execution<br />

System (MES) bezeichnet. Im deutschen Sprachraum ist der Begriff<br />

Produktionsleitsystem gängig. Typisches Merkmal dieser Systeme ist die<br />

Kontrolle der Produktion in Echtzeit auf Gr<strong>und</strong> der direkten Anbindung<br />

an die Prozessleitebene. Typische Aufgaben diese Ebene sind<br />

B&B, Rezepturverwaltung<br />

<strong>und</strong> Archivierung auf Prozessleitebene<br />

Sehr große Anzahl von E/A‐<br />

Punkten<br />

Verteiltes PLS = PCS, SCADA<br />

Produktionsleitsysteme<br />

(MES) auf Betriebsleitebene<br />

• Betriebsdatenerfassung (BDE),<br />

• Maschinendatenerfassung (MDE),<br />

• Personaldatenerfassung, sowie<br />

• Produktionsfeinplanung.<br />

12


Unternehmensebene<br />

In dieser Ebene 5 wird die unternehmerische Aufgabe gelöst, die in einem<br />

Unternehmen vorhandenen Ressourcen<br />

• Kapital,<br />

• Betriebsmittel, <strong>und</strong><br />

• Personal<br />

ERP auf Unternehmensleitebene<br />

möglichst effizient für den betrieblichen Ablauf einzusetzen. Die entsprechenden<br />

Systeme werden Enterprise Resource Planning (ERP)‐<br />

Systeme genannt. Ein Beispiel ist SAP/R3 der Fa. SAP. Typische Funktionsbereiche<br />

einer ERP‐Software sind<br />

• Materialwirtschaft (Beschaffung, Lagerhaltung, Disposition)<br />

• Produktion,<br />

• Finanz‐ <strong>und</strong> Rechnungswesen,<br />

• Personalwirtschaft, sowie<br />

• Verkauf <strong>und</strong> Marketing.<br />

13


Klassifizierung der Leittechnik<br />

Die Leittechnik kann nach den<br />

Anwendungsgebietenn eingeteilt werden.<br />

Leittechnik eingeteilt nach<br />

Anwendungsgebiet<br />

Abbildung 8:<br />

Klassifizierung der Leittechnik<br />

nach [Ahrens].<br />

Produktionsleittechnik<br />

Bei Produktionsbetrieben steht der Produktionsprozess mit der<br />

dazuge‐<br />

hörigen<br />

Produktionsleittechnik im Vordergr<strong>und</strong>. In verfahrenst<br />

echni‐<br />

schen Produktionsbetrieben ( Chemie, Petrochemie,<br />

Nahrungsmittelin‐<br />

dustrie, Papierindustrie) wird die dazugehörige Leittechnik Prozessleit‐<br />

die den Stückprozessen der Fertigungsindustrie (z.B. Automobilindust‐<br />

rie) zugeordnet ist.<br />

technik (PLT) genannt. Dem steht die Fertigungsleittechnik gegenüber,<br />

Anderee Leittechniken<br />

Andere nach Anwendungsbereiche klassifizierte Arten von Leittechniken<br />

sind:<br />

• Den Bereich<br />

der Netzleittechnik finden wir bei der Energieerzeu‐<br />

gung <strong>und</strong> Energieversorgung.<br />

• Die Gebäudeleittechnik finden wir in privaten<br />

<strong>und</strong> industriellen<br />

Gebäuden (z.B. Gewächshäusern)<br />

).<br />

Produktionsleittechnik bei<br />

Produktionsprozessen<br />

(Prozessleittechnik, Ferti‐<br />

gungsleittechnik)<br />

Anderee Leittechniken<br />

• Die Verkehrsleittechnik<br />

schließlichh ist der Beeinflussung<br />

des zu‐<br />

zuordnen.<br />

Eine weitere Möglichkeit <strong>zur</strong> Klassifizierung besteht auf Basis der gewählten<br />

Struktur der Leittechnik.<br />

14


Zentrale Leittechnik (ZLT)<br />

Bei der zentralen Leittechnik ( ZLT) werden die leittechnischen Kompo‐<br />

nenten (außer Sensoren <strong>und</strong> Aktoren) zentral z.B. in<br />

Schaltraum<br />

einer<br />

zentralen Messwarte untergebracht. Die Schnittstelle zum Prozess stel‐<br />

len Sensoren <strong>und</strong> Aktoren dar; diese befinden sich vor Ort im Feldbe‐<br />

reich.<br />

Zentrale Leittechnik (ZLT)<br />

Abbildung 9: Zentrale Leittechnik (ZLT) nach [Popp]<br />

Bei der (klassischen) zentralenn Leittechnik (ZLT) werden die Prozessgrö‐<br />

SPSen) übertragen. Der Strom<br />

wird dabei in eine Stromschleife<br />

eingep‐<br />

ßen per<br />

4‐20mA‐Stromsignal zu den zentralen Komponenten (z.B.<br />

rägt. 4mA entspricht der unteren Messbereichsgrenze, 20mA der obe‐<br />

ren. Dieser Standard ermöglicht die Erkennung von Kabelbruch<br />

oder<br />

fehlenden Anschlüssen; in diesem Fall fließt kein Strom (0mA), dieser<br />

Messwert kann daher zu Diagnosezwecken verwendet werden.<br />

Vorteile. Die ZLT hat den Vorteil, dass sämtliche leittechnische<br />

Kompo‐<br />

von prozessglobalen Funktionen, z.B. das<br />

koordinierte An‐ <strong>und</strong> Abfahren<br />

nenten örtlich zusammengefasst sind; dies erleichtert die Realisierung<br />

der gesamten Anlage. Außerdem gestaltet sich die Verbindung<br />

ver‐<br />

räum‐<br />

schiedener leittechnischer Komponentenn einfacher aufgr<strong>und</strong> der<br />

lichen Nähe.<br />

Nachteile. Dem stehen aber auch schwerwiegende<br />

Nachteile gegenü‐<br />

Hier<br />

ber. So ist der Aufwand für Verkabelung<br />

<strong>und</strong> Montage beträchtlich.<br />

muss für jeden Sensor <strong>und</strong> Aktor eine eigene Stromschleife realisiert<br />

werden! Die dadurch entstehenden Kosten sind enorm.<br />

Fernübertragung<br />

der Pro‐<br />

4‐<br />

zessgrößen via analoger<br />

20mA‐Feldkommunikation<br />

Vorteile der ZLT<br />

Nachteile der ZLT<br />

15


Dezentrale Leittechnik<br />

Die moderne Leittechnik ist durch drei Entwicklungen gekennzeichnet:<br />

• Dezentralisierung. Die leittechnischen Komponenten (z.B. SPSen<br />

oder IPCs) werden in den Feldbereich prozessnah verschoben; es<br />

entstehen so die PNK. Gleichzeitig steigt die Granularität: Statt<br />

großen Prozessrechnern, die große Prozessteile abdecken, werden<br />

kleine, verteilte PNK verwendet.<br />

• Digitale Feldkommunikation. Durch die Fortschritte in der Mikroelektronik<br />

ist es möglich, die Sensoren <strong>und</strong> Aktoren immer intelligenter<br />

zu machen. So können hierfür relativ kostengünstig digitale<br />

Busanschaltungen realisiert werden. Dadurch ist der Übergang<br />

von einer analogen Feldkommunikation (z.B. 4‐20mA) zu<br />

einer digitalen Feldkommunikation (z.B. PROFIBUS, CAN‐Bus<br />

oder Industrial Ethernet) möglich. Eine weitere Folge ist die Möglichkeit<br />

der Ausprägung von Busstrukturen: Während bei der<br />

analogen Feldkommunikation nur Punkt‐zu‐Punkt‐Verbindungen<br />

möglich sind, können bei der digitalen Feldkommunikation z.B.<br />

Busstrukturen realisiert werden (Feldbus).<br />

• Vernetzung mittels Rechner‐Netzarchitekturen. Die digitale<br />

Kommunikation ist im Bereich der Vernetzung von Rechnern<br />

schon weit entwickelt <strong>und</strong> etabliert. So dienen z.B. Local Area<br />

Networks (LAN) <strong>zur</strong> ortsnahen Vernetzung von Rechnern. Rechnernetzwerke<br />

haben im Vergleich mit digitalen, industriellen Automatisierungssystemen<br />

eine große Verbreitung. Dementsprechend<br />

ausgefeilt <strong>und</strong> kostengünstig sind die dazugehörigen<br />

Komponenten. Dies ist mit ein Hauptgr<strong>und</strong>, weswegen z.B. die<br />

Ethernet‐Netzwerktechnologie auch im Bereich der Leittechnik<br />

Einzug hält, u.a. in Form des Industrial Ethernet.<br />

Dezentralisierung<br />

Digitale Feldkommunikation<br />

Vernetzung mit Rechnern<br />

16


Folgendes Beispiel verdeutlicht die Zusammenhänge:<br />

Beispiel eines dezentralen<br />

Automatisierungssystems<br />

Abbildung 10: Beispiel eines dezentralen Automatisierungssystems<br />

nach [Kriestel].<br />

Eine zentrale SPS befindet sich<br />

in einer Schaltanlage. Über einee digitale<br />

Feldbusverbindung<br />

kommuniziert diese mit abgesetzten dezentralen<br />

SPS vor Ort; hierbei handelt es sich also um PNK. Die<br />

Sensoren <strong>und</strong> Akden<br />

SPSen<br />

toren sind ihrerseits mit einem<br />

eigenen Sensor‐Aktor‐Bus mit verb<strong>und</strong>en. Bei beiden Bussen<br />

handelt es<br />

sich um Feldbusse.<br />

Ein weiteres Beispiel:<br />

Ein weiteres Beispiel<br />

Abbildung 11: Ein<br />

weiteres Beispiel eines dezentralen leittechnischen<br />

Systems nach [Kriestel].<br />

17


Kontrollfragen<br />

1. Was versteht man unter „Leiten“ <strong>und</strong> „Leittechnik“?<br />

2. Was unterscheidet die „Leittechnik“ von der „Automatisierungstechnik“?<br />

3. Erläutern Sie Aufgaben <strong>und</strong> Einrichtungen der Leittechnik.<br />

4. Erläutern Sie das Projektierungsmodell der NAMUR.<br />

5. Erläutern Sie die Automatisierungspyramide.<br />

6. Was kennzeichnet eine SPS?<br />

7. Was kennzeichnet einen IPC?<br />

8. Klassifizieren Sie die Leittechnik nach Anwendungsgebiet <strong>und</strong><br />

Struktur.<br />

9. Was versteht man unter einem „Technischen Prozess“ <strong>und</strong> unter<br />

einem „System“?<br />

10. Welche Arten von Technischen Prozessen gibt es? Nennen Sie<br />

Beispiele.<br />

Literatur<br />

[DIN66201] DIN 66201: Begriffe der Prozessrechentechnik, 1981.<br />

[Ahrens]<br />

[Kriestel]<br />

Ahrens, W., Scheurlen, H.‐J., Spohr, G.‐U.: Informationsorientierte<br />

Leittechnik.. Oldenbourg‐Verlag, 1997.<br />

Kriestel, W., Heimbold, T., Telschow, D.: Bustechnologien<br />

für die Automation. Hüthig‐Verlag, 1998.<br />

[Lauber] Lauber, R., Göhner, P.: Prozessautomatisierung 1 <strong>und</strong> 2.<br />

Springer‐Verlag, 1999.<br />

[Popp]<br />

Popp, M.: Profibus DP/DPV1. Hüthig‐Verlag, 2. Auflage,<br />

2000.<br />

18


Sensoren in der Leittechnik<br />

Sensoren sind der Feldebene zugeordnet, siehe Abbildung 3; sie bilden<br />

zusammen mit den Aktoren die Schnittstelle der Automatisierungs‐ oder<br />

Leittechnik <strong>zur</strong> geführten Anlage.<br />

Sensoren <strong>und</strong> Aktoren als<br />

Schnittstellen zum Technischen<br />

Prozess<br />

Abbildung 12: Sensoren <strong>und</strong> Aktoren als Schnittstelle zum<br />

Technischen Prozess.<br />

Das Leitsystem beeinflusst das Prozessgeschehen, in dem Aktoren über<br />

elektrische Steuersignale angesteuert werden, die mittels Einflussgrößen<br />

auf den Prozess einwirken. Beispiele für Aktoren sind<br />

• Motorantriebe,<br />

• Stellklappen <strong>und</strong> Stellventile,<br />

• Pumpen,<br />

• Stellzylinder,<br />

• mikromechanische Aktoren wie der Piezo‐Aktor.<br />

Sensoren ermitteln Informationen über den Zustand des technischen<br />

Prozesses, in dem Ergebnisgrößen erfasst <strong>und</strong> mittels elektrischer Messsignale<br />

an das Leitsystem weiter gereicht werden. Alternative (aber<br />

nicht deckungsgleiche) Begriffe für Sensor sind<br />

• (<strong>Mess‐</strong>)Aufnehmer,<br />

• Messfühler,<br />

• Messwertgeber,<br />

• Messsystem<br />

usw. Die vom Sensor bereit gestellten elektrischen Messsignale sind<br />

häufig standardisiert bzw. normiert, z.B.<br />

• die analoge 4‐20mA‐Schnittstelle, oder<br />

• die digitale Profibus‐Schnittstelle.<br />

Aktoren <strong>zur</strong> Beeinflussung<br />

des Prozessgeschehens<br />

Beispiele<br />

Sensoren <strong>zur</strong> Ermittlung des<br />

Prozesszustands<br />

Andere Begriffe<br />

Standardisierte Schnittstellen<br />

von Sensoren<br />

1


Beispiele<br />

Eine große Anzahl unterschiedlicher, i.d.R. nicht‐elektrische Messgrößen<br />

werden mittels Sensoren erfasst <strong>und</strong> via elektrischer Schnittstelle an die<br />

Leittechnik weiter gereicht. Hier nun einige Beispiele.<br />

Temperatur<br />

Temperaturmessungen kommen in allen industriellen Bereichen vor,<br />

besonders häufig im Bereich der Verfahrenstechnik. Die u.a. Abbildung<br />

zeigt ein sogenanntes Widerstandsthermometer.<br />

Ein Pt‐100 <strong>zur</strong> Temperaturmessung<br />

Abbildung 13: Widerstandsthermometer Pt-100 Serie 812 der Fa.<br />

Pförtner Messtechnik.<br />

Messprinzip<br />

Zur Anwendung kommt die Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit<br />

metallischer Materialien, wodurch eine Temperaturänderung eine Änderung<br />

eines elektrischen Widerstandes nach sich zieht. Sehr häufig<br />

wird Platin (Pt) verwendet, das bei 0°C einen Nennwiderstand von 100Ω<br />

besitzt; daher die Bezeichnung Pt‐100.<br />

Messprinzip: Temperaturabhängigkeit<br />

des elektrischen<br />

Widerstands<br />

Durchfluss<br />

Durchflussmesssysteme finden sich häufig im Bereich der Nahrungsmittelindustrie,<br />

Chemie <strong>und</strong> Petro‐Chemie. Die u.a. Abbildung zeigt einen<br />

magnetisch‐induktiven Durchflussmesser.<br />

Ein MID‐Durchflussmesser<br />

Abbildung 14: Magnetisch-induktiver Durchflussmesser OPTOF-<br />

LUX/IFC 300 der Fa. Krohne.<br />

2


Messprinzip<br />

Hier kommt das Induktionsgesetz zu Anwendung, in dem ein Magnetfeld<br />

aufgebaut wird, durch das die Flüssigkeit (= elektrischer Leiter) sich<br />

bewegt, wodurch eine Spannung induziert wird.<br />

Messprinzip: Induktionsgesetz<br />

Länge bzw. Weg<br />

Die Messung von Länge bzw. Weg kommt relativ häufig im Bereich der<br />

Fertigung bzw. Qualitätssicherung vor. Die u.a. Abbildung zeigt ein Linearpotentiometer.<br />

Linearpotentiometer <strong>zur</strong><br />

Wegmessung<br />

Abbildung 15: Linearpotentiometer der Fa. WayCon.<br />

Messprinzip<br />

Das o.a. Linearpotentiometer verändert die Position des Mittelabgriffs<br />

eines Linearpotentiometers bei Änderung der Position der Schubstange.<br />

Durch Messung des entsprechenden Widerstandes kann somit der Weg<br />

bestimmt werden.<br />

Dehnung<br />

Bei der Dehnung handelt es sich um die Verlängerung<br />

Δ l eines Körpers<br />

aufgr<strong>und</strong> eines äußeren Einflusses, beispielsweise einer Kraft F. Die u.a.<br />

Abbildung zeigt einen Metallfolien‐Dehnungsmessstreifen (DMS)<br />

Messprinzip: Verschiebung<br />

des Mittelabgriffs eines Potentiometers<br />

Dehnungsmessstreifen<br />

(DMS)<br />

Abbildung 16: Metallfolien-DMS Serie Y der Fa. HBM.<br />

Messprinzip<br />

Die Dehnung bewirkt eine Verlängerung (bei Stauchung Verkürzung) einer<br />

Widerstandslage, die auf eine Kunststoff‐Folie mäanderförmig aufgebracht<br />

ist. Dadurch ändert sich der zugeordnete elektrische Widerstand.<br />

Messprinzip: Widerstandsänderung<br />

bei Dehnung<br />

3


Kraft<br />

Neben der Temperaturmessung kommt auch der Kraftmessung eine<br />

sehr große technische Bedeutung zu. Die u.a. Abbildung zeigt eine Wägezelle,<br />

die <strong>zur</strong> Messung der Masse (bzw. Gewichtskraft) dient.<br />

Wägezelle <strong>zur</strong> Messung der<br />

Masse (Kraftmessung)<br />

Abbildung 17: Wägezelle Serie BLC der Fa. HBM.<br />

Messprinzip<br />

Die zu messende (Gewichts‐)Kraft wird hierbei in einen Federkörper eingeleitet<br />

(hier Biegebalken), der sich daraufhin entsprechend dem Hookeschen<br />

Gesetz dehnt (bzw. staucht). Diese kraft‐proportionale Dehnung<br />

wird dann mit DMS gemessen.<br />

Messprinzip: Dehnungsmessung<br />

an einem Federkörper<br />

Druck<br />

Druckmessungen kommen ebenfalls in allen industriellen Bereichen vor.<br />

Die u.a. Abbildung zeigt einen piezoelektrischen Drucksensor <strong>zur</strong> Messung<br />

des Zylinderdrucks in Verbrennungsmotoren.<br />

Piezoelektrischer Drucksensor<br />

Abbildung 18: Piezoelektrischer Drucksensor Typ 6013CA der Fa. Kistler.<br />

Messprinzip<br />

Zur Anwendung kommt der piezoelektrische Effekt, bei dem für bestimmte<br />

Kristalle (z.B. Quarz) bei mechanischer Beanspruchung mit einer<br />

Kraft auf bestimmten Kristallflächen druck‐proportionale Ladungen<br />

erzeugt werden.<br />

Messprinzip: Piezoelektrischer<br />

Effekt<br />

4


Funktionen eines Sensors<br />

Betrachten wir nun das funktionale Blockschaltbild eines Sensors, in<br />

dem wir seiner Wirkungslinie beginnend bei der primären Messgröße<br />

folgen.<br />

Primäre<br />

Messgröße<br />

Primäre<br />

Messgröße,<br />

erfasst<br />

Sek<strong>und</strong>äre<br />

Messgröße<br />

Sek<strong>und</strong>äre<br />

Messgröße,<br />

verarbeitet<br />

(Standardisiertes)<br />

Signal<br />

Die Funktionen eines Sensors<br />

x<br />

Messwerterfassung<br />

Primäre<br />

Messgrößenumformung<br />

Signalverarbeitung<br />

Schnittstellenanpassung<br />

y<br />

Sensor<br />

Abbildung 19: Blockschalbild eines Sensors.<br />

Erfassung der Messgröße<br />

Zuerst muss die Messgröße (z.B. eine Temperatur) erfasst werden. In<br />

der Regel muss dazu der Sensor mit dem Messobjekt in Berührung<br />

kommen.<br />

Erfassung der Messgröße<br />

i.d.R. mit Berührung des<br />

Messobjektes<br />

Abbildung 20: Einsatz eines Widerstandsthermometers <strong>zur</strong> Temperaturmessung<br />

in Rohrleitungen.<br />

Primäre Messgrößenumformung<br />

Danach folgt die primäre Messgrößenumformung. Dazu wird ein physikalischer<br />

Effekt ausgenutzt, um die eigentliche Messgröße (z.B. Temperatur)<br />

in eine andere, sek<strong>und</strong>äre physikalische Größe zu wandeln. Meistens<br />

handelt es sich dabei um eine elektrische Größe.<br />

Signalverarbeitung<br />

Danach folgt die Signalverarbeitung. Diese dient dazu, die sek<strong>und</strong>äre<br />

elektrische Größe aufzuarbeiten. Neben einer Wandlung (z.B. von Widerstand<br />

in Spannung) findet sich hier häufig auch eine Filterung, um die<br />

Qualität des Messsignals zu verbessern, sowie eine Linearisierung.<br />

Schnittstellenanpassung<br />

Schließlich folgt noch die Anpassung an die häufig standardisierte<br />

Schnittstelle. Diese hängt davon ab, ob es sich um eine analoge oder digitale<br />

Schnittstelle handelt. Im letzteren Fall handelt es sich um eine<br />

prozessorgesteuerte Kommunikationseinheit.<br />

Primäre Messgrößenumformung<br />

<strong>zur</strong> Umwandlung<br />

in eine elektrische Größe<br />

via physikalischem Effekt<br />

Signalverarbeitung <strong>zur</strong> Aufbereitung<br />

der elektrischen<br />

Größe (z.B. Filterung)<br />

Anpassung an eine standardisierte<br />

Schnittstelle<br />

5


Statisches Verhalten von Sensoren<br />

Ein Sensor weist ein statisches <strong>und</strong> ein dynamisches Verhalten auf. Das<br />

statische Verhalten eines Sensors wird durch seine Kennlinie beschrieben.<br />

y e<br />

y<br />

x<br />

y<br />

dy<br />

e ≡<br />

dx<br />

y<br />

(Nichtlineare) Kennlinie<br />

kennzeichnet das statische<br />

Verhalten eines Sensors<br />

y a<br />

x a<br />

x<br />

x e<br />

x<br />

Abbildung 21: Sensor mit nichtlinearer Kennlinie.<br />

Kenngrößen nach [DIN1319]<br />

Nach [DIN1319] gelten für Messgeräte allgemein <strong>und</strong> somit auch für<br />

Sensoren folgende Definitionen:<br />

Messbereich<br />

Der Messbereich ist derjenige Bereich von Messwerten der Messgröße<br />

x, in welchem<br />

Messbereich<br />

• vorgegebene,<br />

• vereinbarte, oder ggf.<br />

• garantierte<br />

Fehlergrenzen nicht überschritten werden.<br />

Messbereichsgrenzen<br />

Messbereichsgrenzen<br />

Der Messbereich einer Messgröße x wird durch seine Grenzen, Anfangswert<br />

x a <strong>und</strong> Endwert x e , angegeben.<br />

Messspanne<br />

Für die Messspanne gilt die Definition<br />

Messspanne<br />

xMS ≡xe− xa.<br />

Empfindlichkeit, Anfangsempfindlichkeit, Endempfindlichkeit<br />

Darunter wird die Ableitung<br />

Empfindlichkeit<br />

( )<br />

e = f x ≡<br />

dy<br />

dx<br />

verstanden.<br />

6


Die Empfindlichkeit e ist i.A. abhängig von dem Wert x der Messgröße.<br />

Die<br />

• Anfangsempfindlichkeit ist die Empfindlichkeit für x=x a , die<br />

• Endempfindlichkeit ist die Empfindlichkeit für x=x e .<br />

I.d.R. ist man an einen betragsmäßig großen Wert der Empfindlichkeit<br />

interessiert, weil dadurch kleinste Änderungen des Prozessgeschehens<br />

nachvollziehbar sind.<br />

Ansprechschwelle, Ansprechwert<br />

Dies ist derjenige Wert Δx einer erforderlichen geringen Änderung der<br />

Messgröße x, welcher eine erste eindeutig erkennbare Änderung Δy der<br />

Ausgangsgröße y hervorruft. Die Ansprechschwelle am Anfangswert x a<br />

wird auch Ansprechwert genannt.<br />

Ansprechschwelle <strong>und</strong> –<br />

wert<br />

Nichtlineares Verhalten eines Sensors<br />

Von Sensoren wird fast immer hinreichend lineares Verhalten verlangt.<br />

Genau genug betrachtet liegt bei Sensoren jedoch immer nichtlineares<br />

Verhalten vor.<br />

y a<br />

y<br />

x<br />

y e<br />

x a<br />

y( x)<br />

yˆlin<br />

( x)<br />

x e<br />

x<br />

y<br />

Festpunktmethode <strong>zur</strong> linearen<br />

Annäherung; maximale<br />

Kennlinienabweichung<br />

groß<br />

In der o.a. Abbildung sind<br />

Abbildung 22: Festpunkt-Methode.<br />

• die nicht‐lineare Ist‐Kennlinie y( x ) (schwarz), <strong>und</strong><br />

• die lineare Näherung y ( x ) (blau)<br />

ˆlin<br />

gegenüber gestellt. Die Abweichung<br />

NL<br />

( ) ≡ ( ) − ˆ ( )<br />

y x y x y x<br />

lin<br />

ist die<br />

• Kennlinienabweichung oder<br />

• absolute Nicht‐Linearität<br />

Kennlinienabweichung oder<br />

absolute Nicht‐Linearität<br />

eines Sensors.<br />

7


Festpunkt­Methode<br />

bei der in Abbildung 22 dargestellten Festpunktmethode stimmen<br />

• Anfangswert, <strong>und</strong><br />

• Endwert<br />

der Messbereichsgrenzen von<br />

• nicht‐linearer Ist‐, <strong>und</strong><br />

• linearer Näherungs‐Kennlinie<br />

überein; es gilt also<br />

( ) ( ) 0<br />

y x = y x = .<br />

NL a NL e<br />

Die Nicht‐Linearität y NL ist zwar im Bereich der Messbereichsgrenzen relativ<br />

klein; im häufig wichtigeren Bereich dazwischen liegen allerdings<br />

relativ große Nicht‐Linearitäten vor.<br />

Zwangsnullpunkt­Methode<br />

Zur Behebung des o.a. Nachteils kann die Zwangsnullpunkt‐Methode<br />

verwendet werden.<br />

x<br />

y a<br />

y<br />

yˆlin<br />

4<br />

( x)<br />

1 2 3<br />

y( x)<br />

y<br />

Zwangsnullpunktmethode<br />

verringert die maximale<br />

Kennlinienabweichung<br />

yˆlin<br />

( x)<br />

y e<br />

x a<br />

x e<br />

x<br />

Abbildung 23: Zwangsnullpunkt-Methode.<br />

Dabei stimmt der Nullpunkt (= Messbereichsanfang x a ) von<br />

• nicht‐linearer Ist‐, <strong>und</strong><br />

• linearer Näherungs‐Kennlinie<br />

überein; es gilt also<br />

NL<br />

( ) 0<br />

y x = ;<br />

die konstante Steigung m≡ dyˆlin<br />

dx der linearen Näherung aber kann<br />

nach verschiedenen Kriterien gewählt werden:<br />

a<br />

8


1. Die Steigung m wird so gewählt, dass die maximale Kennlinienabweichung<br />

y ( x),<br />

x ≤ x ≤ x minimal wird, d.h. es gilt<br />

NL a e<br />

( ) ( )<br />

max y x; m = m ≤ max y x;<br />

m ≠ m ∀ x ≤ x≤ x .<br />

NL opt NL opt a e<br />

Dieses Verfahren bietet sich dann an wenn gewährleistet werden<br />

muss dass die Kennlinienabweichung y NL global gesehen immer<br />

kleiner ist als ein bestimmter Grenzwert sein muss.<br />

2. Die Steigung m wird so gewählt, dass das quadratische Mittelwert<br />

der Kennlinienabweichung minimal wird, d.h. es gilt<br />

x<br />

e<br />

e<br />

2 2<br />

∫<br />

⎡yNL ( ξ; m = mopt ) ⎤ dξ ≤ ∫<br />

⎡yNL ( ξ;<br />

m ≠ mopt<br />

) ⎤ dξ<br />

.<br />

xa<br />

⎣ ⎦ ⎣ ⎦<br />

x<br />

xa<br />

Dieses Verfahren <strong>zur</strong> Bestimmung von m wird Methode der<br />

kleinsten Quadrate (engl. Least Squares, LS) genannt; es geht auf<br />

Carl Friedrich Gauß <strong>zur</strong>ück.<br />

3. Die Steigung m wird so gewählt, dass der Betragsmittelwert der<br />

Kennlinienabweichung minimal wird, d.h. es gilt<br />

x<br />

e<br />

e<br />

∫ yNL ( ξ; m = mopt ) dξ ≤∫ yNL ( ξ;<br />

m ≠ mopt<br />

) dξ<br />

.<br />

xa<br />

x<br />

xa<br />

Dieses Verfahren ist dann dem 2. Verfahren vorzuziehen, wenn<br />

die lineare Gewichtung der Nicht‐Linearitäten der nicht‐linearen<br />

Gewichtung vorzuziehen ist.<br />

4. Die Steigung m wird so gewählt, dass sie mit der Steigung am<br />

Messbereichsanfang übereinstimmt, d.h. es gilt<br />

dyˆ<br />

lin<br />

dy<br />

m ≡ = .<br />

dx dx<br />

x = x<br />

x = xa<br />

a<br />

1. Minimalprinzip minimiert<br />

das Maximum der Kennlinienabweichung<br />

2. Minimalprinzip minimiert<br />

den quadratischen Mittelwert<br />

der Kennlinienabweichung<br />

3. Minimalprinzip minimiert<br />

den Betragsmittelwert der<br />

Kennlinienabweichung<br />

Hier werden die Steigungen<br />

am MBA <strong>zur</strong> Übereinstimmung<br />

gebracht<br />

Dieses Verfahren bietet sich dann an wenn der Sensor nur gering<br />

ausgesteuert wird.<br />

Das 1. bis 3. zugr<strong>und</strong>e liegende Prinzip <strong>zur</strong> Bestimmung der Steigung m<br />

wird Minimalprinzip genannt, da hier ein vorgegebenes Kriterium minimiert<br />

wird.<br />

9


Toleranzband­Methode<br />

Über den gesamten Messbereich gesehen lassen sich noch kleinere<br />

Nicht‐Linearitäten erreichen, wenn auf die Übereinstimmung von<br />

• nicht‐linearer Ist‐, <strong>und</strong><br />

• linearer Näherungs‐Kennlinie<br />

an den beiden Messbereichsgrenzen vollständig verzichtet wird. Die sich<br />

daraus ergebende Methode wird Toleranzband‐Methode genannt.<br />

y a<br />

y<br />

x<br />

y e<br />

x a<br />

y( x)<br />

yˆlin<br />

( x)<br />

1 2 3<br />

x e<br />

x<br />

y<br />

Toleranzbandmethode verringert<br />

nochmal die maximale<br />

Kennlinienabweichung<br />

Abbildung 24: Toleranzband-Methode.<br />

Zusätzlich <strong>zur</strong> Steigung m ist nun der Anfangswert ( )<br />

yˆlin<br />

x a<br />

zu bestimmen.<br />

Zur Anwendung kommt wiederum eins der drei Minimalprinzipien,<br />

die wir bei der Zwangs‐Nullpunktmethode kennen gelernt haben. Es gilt<br />

also:<br />

1. Wähle m <strong>und</strong> ( )<br />

yˆlin<br />

x a<br />

so dass die maximale Kennlinienabweichung<br />

minimal wird.<br />

2. Wähle m <strong>und</strong> ( )<br />

yˆlin<br />

x a<br />

so dass der quadratische Mittelwert der<br />

Kennlinienabweichung minimal wird (Methode der kleinsten<br />

Quadrate).<br />

3. Wähle m <strong>und</strong> ( )<br />

yˆlin<br />

x a<br />

so dass der Betragsmittelwert der Kennlinienabweichung<br />

minimal wird.<br />

Minimalprinzipien wie bei<br />

der Zwangsnullpunktmethode<br />

10


Dynamisches Verhalten von Sensoren<br />

Zur Charakterisierung des dynamischen Verhaltens eines Sensors dient<br />

oftmals die Sprungantwort, d.h. die Reaktion des Sensors auf eine<br />

sprungförmige Anregung:<br />

Sprungantwort eines Sensors<br />

kennzeichnet sein dynamisches<br />

Verhalten<br />

Abbildung 25: Sprungantwort eines Sensors nach [Hoffmann].<br />

Die Sprungantwort kann durch folgende zeitliche Angaben charakterisiert<br />

werden:<br />

• Lauf‐ oder Totzeit t L<br />

. Diese Zeit vergeht, bis der Sensor irgendeine<br />

Reaktion zeigt.<br />

• Verzugszeit t V<br />

. Wie in der Abbildung gezeigt.<br />

• Anstiegszeit t A<br />

. Ist durch die Gerade gegeben, die als Tangente<br />

durch den Wendepunkt der Sprungantwort geht.<br />

• Einschwingzeit t E<br />

. Die Zeit bis zu dem Zeitpunkt, ab dem die<br />

Sprungantwort ein angegebenes Toleranzband nicht mehr verlässt.<br />

Üblich sind ein Toleranzband von ±5% (dann als T 95 bezeichnet),<br />

ein Toleranzband von ±10% (dann als T 90 bezeichnet)<br />

<strong>und</strong> ein Toleranzband von ±1% (dann als T 99 bezeichnet).<br />

Lauf‐ oder Totzeit<br />

Verzugszeit<br />

Anstiegszeit<br />

Einschwingzeit<br />

Einfacher wird es, wenn der Sensor eine Sprungantwort erster Ordnung<br />

aufweist.<br />

Sprungantwort 1. Ordnung<br />

11<br />

Abbildung 26: Sprungantwort erster Ordnung eines Sensors nach<br />

[Schrüfer].


(Die o.a. Abbildung zeigt exemplarisch den zeitlichen Verlauf einer<br />

Spannung.) Die Gleichung lautet<br />

a<br />

−t<br />

τ<br />

( 1 ) 0<br />

u = −e ⋅ U ,<br />

wobei U 0 die Sprunghöhe der Spannung am Eingang darstellt, <strong>und</strong> τ die<br />

sogenannte Zeitkonstante in s ist. Man erkennt:<br />

• Der asymptotische Grenzwert der Sprungantwort für t →∞ ist<br />

ua<br />

( t →∞ ) = U0<br />

.<br />

• Zur Zeit t = 0 können wir an die Sprungantwort eine Tangente<br />

mit der Steigung m= U0<br />

τ anlegen.<br />

• 63,2% des asymptotischen Grenzwerts sind nach 1⋅ τ erreicht.<br />

• Außerdem gilt: T95 ≈3⋅ τ (in guter Näherung) <strong>und</strong> T99 ≈ 5⋅ τ (grob<br />

abgeschätzt).<br />

Möchte man genau wissen, in welcher Zeit t a sich Sensor sich bis auf einen<br />

bestimmen (relativen) Betrag<br />

a<br />

( ) − ( )<br />

u t U u t<br />

a a 0 a a<br />

≡ = − 1 =<br />

U0 U0<br />

e<br />

t<br />

− a<br />

τ<br />

Kennzeichen der Sprungantwort<br />

1. Ordnung<br />

Berechnung des Einschwingverhaltens<br />

dem asymptotischen Grenzwert U 0 angenähert hat, so ist<br />

t<br />

− a<br />

t a<br />

τ<br />

a = e ⇒ =− a<br />

τ<br />

ln ( )<br />

auszuwerten. So ergeben sich z.B.<br />

ta<br />

T95<br />

: a = 0,05 ⇒ =− ln( a ) =− ln( 0,05)<br />

= 2,9957<br />

τ<br />

.<br />

ta<br />

T99<br />

: a = 0,01 ⇒ =− ln( a ) =− ln( 0,01)<br />

= 4,6052<br />

τ<br />

12


Kontrollfragen<br />

1. Welche Aufgabe(n) habenfallen Sensoren <strong>und</strong> Aktoren im leittechnischen<br />

Einsatz zu?<br />

2. Erläutern Sie das funktionale Blockschaltbild eines Sensors.<br />

3. Geben Sie sensorspezifische Kenngrößen nach [DIN1319] an.<br />

4. Erläutern Sie die Festpunkt‐Methode <strong>zur</strong> Bestimmung der linearen<br />

Näherung für eine nicht‐lineare Kennlinie.<br />

5. Erläutern Sie die Zwangsnullpunkt‐Methode <strong>zur</strong> Bestimmung der<br />

linearen Näherung für eine nicht‐lineare Kennlinie.<br />

6. Erläutern Sie die Toleranzband‐Methode <strong>zur</strong> Bestimmung der linearen<br />

Näherung für eine nicht‐lineare Kennlinie.<br />

7. Skizzieren Sie die allgemeine Sprungantwort eines Sensors unter<br />

Angabe <strong>und</strong> Erläuterung charakteristischer Werte.<br />

8. Skizzieren Sie die Sprungantwort erster Ordnung eines Sensors<br />

unter Angabe <strong>und</strong> Erläuterung charakteristischer Werte.<br />

Literatur<br />

[DIN1319] DIN 1319: Gr<strong>und</strong>begriffe der Messtechnik, T1( 1985),<br />

T2(1980), T3(1983) <strong>und</strong> T4 (1985).<br />

[Hoffmann]<br />

[Profos]<br />

Hoffmann, J.: Handbuch der Messtechnik. Hanser‐Verlag,<br />

1999.<br />

Profos, P., Pfeifer, T.: Handbuch der industriellen Messtechnik.<br />

Oldenbourg‐Verlag, 1994.<br />

[Schrüfer] Schrüfer, E.: Elektrische Messtechnik. Hanser‐Verlag, 8.<br />

Auflage, 2004.<br />

13


Gr<strong>und</strong>züge der Feldkommunikation<br />

Die Automatisierungspyramide Abbildung 5 weist<br />

• Sensoren <strong>zur</strong> Erfassung notwendiger Informationen über den<br />

Prozess,<br />

• Aktoren (oder Aktuatoren) <strong>zur</strong> Beeinflussung des Prozessgeschehens,<br />

sowie<br />

• prozessnahe Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPSen).<br />

der Feldebene 1 zu. Diese werden dann mit Einrichtungen <strong>zur</strong><br />

• analogen Feldkommunikation, <strong>und</strong>/oder<br />

• digitalen Feldkommunikation<br />

Feldkommunikation verbindet<br />

Sensoren, Aktoren <strong>und</strong><br />

PNK der Feldebene mit<br />

SPSen <strong>und</strong> IPCs der Steuerungsebene<br />

mit SPSen <strong>und</strong> IPCs der Steuerungsebene 2 verb<strong>und</strong>en.<br />

Analoge <strong>und</strong> digitale Feldkommunikation<br />

(FK)<br />

Abbildung 27: Analoge <strong>und</strong> digitale Feldkommunikation gegenübergestellt.<br />

Bei der analogen Feldkommunikation werden die Daten (z.B. Messwerte)<br />

in elektrischer Form dargestellt, so dass der Momentanwert der<br />

elektrischen Größe (z.B. Strom i) den Messwert x repräsentiert. Bei der<br />

digitalen Feldkommunikation wird ein digitaler Bus bis in das Feld hinein<br />

gelegt, den man Feldbus nennt; die über den Bus übertragenen Daten<br />

sind digital codiert. Man spricht von einer digitalen Datenübertragung.<br />

Momentanwertdarstellung<br />

der analogen FK<br />

Digitale Datenübertragung<br />

bei der digitalen FK<br />

1


Analoge Feldkommunikation<br />

Bei der analogen Feldkommunikation werden<br />

• analoge Signale <strong>zur</strong> Übertragung des Messwertes vom Feldbereich<br />

in den Steuerungsbereich (Sensor), sowie<br />

• analoge Signale <strong>zur</strong> Ausgabe eines Steuerungswertes vom Steuerungsbereich<br />

in den Feldbereich (Aktor)<br />

verwendet. Überwiegend kommt dabei die 4‐20mA‐Schnittstelle zum<br />

Einsatz.<br />

4­20mA­Schnittstelle<br />

Die 4‐20mA‐Schnittstelle wird im Weiteren für einen Sensor erläutert;<br />

die Ausführungen können leicht für Aktoren übernommen werden.<br />

Bei der 4‐20mA‐Schnittstelle wird der gesamte Messbereich linear auf 4‐<br />

20mA abgebildet.<br />

4‐20mA‐Schnittstelle für<br />

Sensoren <strong>und</strong> Aktoren<br />

Abbildung 28: 4-20mA-Schnittstelle.<br />

Der<br />

• Messbereichsanfang x a entspricht 4mA, das<br />

• Messbereichsende x e entspricht 20mA.<br />

Der lineare Teil der Kennlinie wird durch die Gleichung<br />

se<br />

− sa<br />

16mA<br />

s( x) = s + ⋅( x− x ) = 4mA+ ⋅( x−x ) x ≤ x≤<br />

x<br />

x −x x −x<br />

a a a e a<br />

e a e a<br />

Kennlinengleichung<br />

beschrieben.<br />

2


Die prinzipielle Realisierung dieser Schnittstelle zeigt folgende Abbildung:<br />

Prinzipielle Realisierung der<br />

4‐20mA‐Schnittstelle<br />

Abbildung 29: Realisierung einer 4-20mA-Schnittstelle.<br />

Folgende Vorteile haben dazu geführt, dass diese Schnittstelle zum industriellen<br />

De‐Facto‐Standard bei der analogen Feldkommunikation<br />

wurde.<br />

• Lebender Nullpunkt. Der lebende Nullpunkt 4mA macht es möglich,<br />

zwischen dem unteren Wert x a der Messgröße (häufig 0)<br />

<strong>und</strong> einem Kabelbruch bzw. Falschverkabelung zu unterscheiden.<br />

• Eliminierung von Leitungswiderständen. Insbesondere bei langen<br />

Feldleitungen können die Ohmschen Leitungswiderstände Einfluss<br />

auf die Güte der analogen Datenübertragung nehmen. Bei<br />

einer Stromschleife werden die Spannungsabfälle über den Leitungswiderständen<br />

weitestgehend eliminiert, da der Strom eingeprägt<br />

wird.<br />

• Störsicher. Die Übertragung als Strom ist störsicherer als die<br />

Übertragung als Spannung. Das liegt daran dass bei einer Stromschleife<br />

der Eingangswiderstand in Abbildung 29 idealerweise 0<br />

ist, während bei einem Spannungseingang idealerweise ein<br />

unendlich hoher Eingangswiderstand gefordert wird. Solche<br />

Spannungseingänge sind aber sehr empfindlich z.B. auf elektrostatische<br />

Effekte, parasitäre Kondensatoren etc.<br />

• Möglichkeit der Fernspeisung. Die 4.20mA‐Schnittstelle macht es<br />

möglich, angeschlossene Feldgeräte fernzuspeisen, da minimal<br />

ein Strom von 4mA gewährleistet ist. Für diese Feldgeräte entfällt<br />

dann die Notwendigkeit einer eigenen Spannungsversorgung.<br />

Vorteile:<br />

Lebender Nullpunkt<br />

Eliminierung von Leitungswiderständen<br />

Störsicherheit besser als bei<br />

der Spannungsübertragung<br />

Möglichkeit der Fernspeisung<br />

3


Die nun folgende Abbildung zeigt beispielhaft, wie eine analoge Feldkommunikation<br />

realisiert werden könnte.<br />

Analoge FK<br />

Abbildung 30: Analoge Feldkommunikation.<br />

Eine SPS ist mit analogen 4‐20mA‐Ein/Ausgabe‐Baugruppen ausgerüstet.<br />

Die im Feldbereich befindlichen Sensoren <strong>und</strong> Aktoren werden über eine<br />

Zweidrahtleitung mit der SPS in der Steuerungsebene verb<strong>und</strong>en; dazu<br />

sind sie ebenfalls mit einer 4‐20mA‐Schnittstelle verb<strong>und</strong>en.<br />

SOPS wird mit entsprechenden<br />

Baugruppen ausgerüstet<br />

4


Digitale Feldkommunikation<br />

Die in Abbildung 30 dargestellte analoge Feldkommunikation mit 4‐<br />

20mA‐SAchnittstelle hat sich in der industriellen Praxis bewährt. Sie hat<br />

aber auch Nachteile:<br />

1. Hohe Verkabelungskosten. Bei vielen Sensoren bzw. Aktoren fällt<br />

ein erheblicher Verkabelungs‐ <strong>und</strong> Installationsaufwand an. Diese<br />

Kosten dafür sind oft überraschend hoch.<br />

2. Daten nur unidirektionale übertragbar. Die analoge Datenübertragung<br />

vom Sensor <strong>zur</strong> SPS bzw. von der SPS zum Aktor ist eine<br />

Einbahnstraße: Es können also lediglich Daten in eine Richtung<br />

übertragen werden. So entfällt z.B. die Möglichkeit <strong>zur</strong> Parametrierung<br />

des Sensors via SPS.<br />

3. Nur Messwerte übertragbar. Die analoge Datenübertragung vom<br />

Sensor <strong>zur</strong> SPS gestattet lediglich die Übertragung des Messwertes;<br />

weitere Informationen wie z.B. Status‐ <strong>und</strong> Diagnoseinformationen<br />

können damit nicht übertragen werden.<br />

4. Evtl. Störungsanfällig. Die analoge Übertragung von Daten über<br />

längere Entfernungen ist störungsanfällig, da Signalstörungen<br />

sich additiv dem Momentanwert des Stroms <strong>und</strong> damit dem<br />

Messwert überlagern.<br />

5. Aufwändige Änderbarkeit. Insbesondere das Hinzufügen eines<br />

Sensors oder Aktors in ein bestehendes Leitsystem kann sehr<br />

aufwändig sein, da hierfür ein neues Kabel gelegt werden muss.<br />

Nachteile der anaalogen<br />

FK:<br />

Hohe Verkabelungskosten<br />

Nur unidirektionale Datenübertragung<br />

Nur Messwerte übertragbar<br />

Störanfällig bei langen Leitungslängen<br />

Aufwändig bei Änderungen<br />

Alle o.a. Nachteile können durch eine digitale Feldkommunikation mittels<br />

Feldbus behoben werden.<br />

Anzeige- <strong>und</strong><br />

Bedienkomponenten (ABK)<br />

SPS mit<br />

Feldbusinterface<br />

Digitale FK<br />

Feldbus<br />

FIF<br />

FIF<br />

FIF<br />

FIF<br />

S<br />

A<br />

S<br />

A<br />

Sensoren <strong>und</strong> Aktoren<br />

mit Feldbusinterface<br />

Abbildung 31: Digitale Feldkommunikation mit Feldbus.<br />

5


Ein einziges digitales Buskabel wird dabei von der SPS in das Feld hinein<br />

verlegt; alle dort befindlichen Sensoren <strong>und</strong> Aktoren werden elektrisch<br />

quasi parallel an dieses Buskabel angeschlossen. Dazu verfügen diese intelligenten<br />

Feldkomponenten über ein Feldbusinterface (FIF). Verglichen<br />

mit der analogen Feldkommunikation Abbildung 30 bedeutet das:<br />

1. Verringerung der Verkabelungskosten. Statt für jeden Sensor <strong>und</strong><br />

Aktor einzeln wird nur ein einziges Buskabel in das Feld hinein<br />

verlegt. Das verringert den Aufwand für Verkabelung <strong>und</strong> Installation<br />

insbesondere bei vielen Sensoren <strong>und</strong> Aktoren.<br />

2. Daten bidirektional übertragbar. Digitale Bustechniken bieten die<br />

Möglichkeit, Daten in beide Richtungen (von der SPS zum Sensor<br />

bzw. Aktor <strong>und</strong> umgekehrt) übertragen zu können<br />

3. Zusätzliche Informationen übertragbar. Neben dem Messwert<br />

können zusätzliche Informationen übertragen werden. Das bietet<br />

z.B. die Möglichkeit der Fernparametrierung von Sensoren<br />

<strong>und</strong> Aktoren. Außerdem können Sensoren <strong>und</strong> Aktoren zusätzlich<br />

Status‐ <strong>und</strong> Diagnoseinformationen an die SPS melden.<br />

4. Verringerung der Störanfälligkeit. Additiv überlagerte Signalstörungen<br />

sind solange wirkungslos, so lange daraus keine Bitfehler<br />

resultieren. Selbst wenn Bitfehler entstehen sind diese durch<br />

Maßnahmen der Bitfehlererkennung <strong>und</strong> Bitfehlerbehebung in<br />

gewissen Umfang behebbar. Die digitale Datenübertragung insbesondere<br />

über längere Strecken ist damit weniger störungsanfällig<br />

als die analoge Datenübertragung.<br />

5. Leicht zu ändern. Sensoren <strong>und</strong> Aktoren können leicht ohne Legen<br />

oder Rausziehen von Kabeln hinzugefügt werden, sofern eine<br />

Busankopplung während des Betriebs möglich ist.<br />

Ein einziges Kabel ins Feld<br />

hinein; alle Feldkomponenten<br />

mit FIF<br />

Vorteile:<br />

Verringerung der Verkabelungskosten<br />

Bidirektionale Datenübertragung<br />

zusätzliche Informationen<br />

übertragbar<br />

Verringerung der Störanfälligkeit<br />

Leichte Änderbarkeit<br />

Die<br />

• so erzielten prinzipiellen Vorteile einer digitalen Feldkommunikation<br />

gegenüber einer analogen Feldkommunikation, sowie<br />

• die großen Fortschritte <strong>und</strong> Innovationen im Bereich der Netzwerk‐Technologie<br />

haben dazu geführt, dass die analoge Feldkommunikation sukzessive<br />

durch die digitale Feldkommunikation abgelöst wird. Dies ist jedoch ein<br />

fortwährender Prozess: der große Umfang an bereits vorhandener analoger<br />

Feldverkabelung führt dazu, dass die Umstellung lange dauert.<br />

Umstellung ist ein fortlaufender<br />

Prozess<br />

6


Feldbussysteme<br />

Die in Abbildung 31 gezeigte digitale Busverbindung in das Feld hinein<br />

wird als Feldbus bezeichnet. An Feldbusse werden vielfältige Anforderungen<br />

gestellt, die sich z.T. widersprechen, d.h. die Erfüllung einer Anforderung<br />

macht die Erfüllung einer anderen Anforderung schwer. Die<br />

folgende Liste ist daher notwendigerweise unvollständig.<br />

Einsatzspektrum<br />

Feldbusse sollten einen möglichst großen Umfang des möglichen industriellen<br />

Bereichs abdecken. So sollte zumindest<br />

Anforderungen an Feldbussysteme<br />

widersprechen sich<br />

teilweise<br />

Abdeckung möglichst vieler<br />

industrieller Bereiche<br />

• der Bereich der Fertigungsindustrie (z.B. Automobilbereich), als<br />

auch<br />

• der Bereich der Prozessindustrie (z.B. Chemiebereich)<br />

abgedeckt werden. Die beiden wohl wichtigsten Feldbusse in Deutschland<br />

• Profibus‐DP (DP = Dezentrale Peripherie) bzw.<br />

• CAN‐Bus (CAN = Controller Area Network)<br />

erfüllen diese Voraussetzung.<br />

Umweltbedingungen<br />

Problematische Umweltbedingungen wie<br />

• Hitze,<br />

• Nässe, <strong>und</strong><br />

• Staub<br />

können besondere Anforderungen z.B. an die mechanischen Komponenten<br />

eines Feldbus nach sich ziehen. Besonders problematisch sind sogenannte<br />

Ex‐Bereiche: darunter versteht man Zonen, in denen unter ungünstigen<br />

Umständen eine Explosion nicht gr<strong>und</strong>sätzlich auszuschließen<br />

ist. Die sich daraus ergebenden Anforderungen sind nur von wenigen<br />

Feldbussen (z.B. Profibus‐PA, PA = Process Automation) zu erfüllen.<br />

Problematische Umweltbedingungen<br />

sollen zulässig<br />

sein<br />

Besonders problematisch<br />

sind Ex‐Bereiche<br />

7


Installation <strong>und</strong> Montage<br />

Digitale Feldbusse benötigen lediglich ein einziges Buskabel, das von der<br />

SPS zu den Sensoren bzw. Aktoren zu verlegen ist. Da praktisch alle<br />

Feldbusse die Daten seriell übertragen, kommt man mit wenigen Signaladern<br />

aus, was den Installations‐ <strong>und</strong> Montageaufwand weiter verringert.<br />

Serielle Datenübertragung<br />

über eine geschirmte, verdrillte<br />

Zweidrahtleitung<br />

(Twisted Pair)<br />

Abbildung 32: Profibus-DP-Kabel.<br />

Das o.a. Kabel zeigt beispielsweise den einfachen Aufbau eines Buskabels<br />

für Profibus‐DP. Es handelt sich hier um eine geschirmte verdrillte<br />

Zweidrahtleitung (Twisted‐Pair). Dazu gehören dann entsprechende robuste<br />

9‐polige Sub‐D‐Busanschlussstecker.<br />

Der entsprechende Anschlussstecker<br />

Abbildung 33: Anschlussstecker für Profibus-DP.<br />

Profibus‐DP ermöglicht bei höheren Anforderungen an Störsicherheit<br />

<strong>und</strong> Übertragungsleistung die Verwendung von Glasfaserkabel.<br />

Verfügbarkeit (im kommerziellen Sinn).<br />

Als Anwender ist man daran interessiert Feldbuskomponenten von unterschiedlichen<br />

Herstellern beliebig mischen zu können. Dazu ist eine<br />

entsprechende Normung <strong>und</strong> Standardisierung notwendig. So sind u.a.<br />

• Profibus‐DP bzw.<br />

• CAN‐Bus (in einer DeviceNet genannten Variante)<br />

Erhöhung der kommerzielle<br />

Verfügbarkeit mittels Standardisierung<br />

<strong>und</strong> Normung<br />

in [IEC 61158] genormt. Außerdem unterstützen große Hersteller bestimmte<br />

Feldbusse; so wird z.B. Profibus in großem Umfang von Siemens<br />

unterstützt.<br />

8


Bus­Topologie <strong>und</strong> Buszugriffssteuerung<br />

Die Verbindungsstruktur eines Bussystems wird Bus‐Topologie genannt.<br />

Profibus‐DP unterstützt z.B. folgende Linienstruktur.<br />

Die Linienstruktur<br />

Abbildung 34: Topologie Linienstruktur beim Profibus-DP.<br />

Alle Busteilnehmer hängen an einer gemeinsamen Linie <strong>und</strong> sind elektrisch<br />

gesehen parallel geschaltet. Damit es beim Senden nicht zu Kollisionen<br />

kommt muss der Buszugriff gesteuert werden.<br />

Steuerung des Buszugriffs<br />

ist notwendig<br />

Master­Slave­Verfahren<br />

Beim von Profibus‐DP (<strong>und</strong> anderen Feldbussen) verwendeten Master‐<br />

Slave‐Verfahren gibt es<br />

Nach<br />

• einen (oder mehrere) zentrale Master, die in der Lage sind, Senderechte<br />

• an die sogenannten Slaves zu vergeben.<br />

Zentraler Master‐Slave‐<br />

Verfahren: Master vergibt<br />

Senderechte an Slave<br />

• Vergabe der Senderechte an einen bestimmten Slave sowie<br />

• ggf. Übertragung von zusätzlichen Daten<br />

sendet der Slave Daten (z.B. Prozess‐ oder Statusinformationen) <strong>zur</strong>ück<br />

an den Master(Kommando‐Antwort‐Schema). Alle anderen Slaves können<br />

nicht senden, sondern ggf. nur mithören.<br />

Zyklische Übertragung<br />

Bei der meistens verwendeten zyklischen Übertragung wird<br />

• jedem Slave eine gleiche maximale Zeitscheibe eingeräumt, <strong>und</strong><br />

• alle Slaves nacheinander abgearbeitet, bevor es von vorne beginnt.<br />

Zyklische Übertragung beim<br />

Master‐Slave‐Verfahren<br />

9


Multi­Master <strong>und</strong> Mono­Master<br />

Bei Multi‐Master‐Systemen können mehrere Master angeschlossen<br />

werden, denen jeweils bestimme Slaves zugeordnet sind. Master können<br />

z.B. sein<br />

Mono‐ <strong>und</strong> Multi‐Mastersysteme<br />

• SPSen, <strong>und</strong><br />

• Programmiergeräte (PGs) <strong>zur</strong> Unterstützung der Inbetriebnahme.<br />

Sowohl Profibus‐DP als auch CAN‐Bus sind Multi‐Master‐Systeme. Aus<br />

Performance‐Gründen werden Profibus‐DP‐Systeme nach der Inbetriebnahme<br />

üblicherweise als Mono‐Master‐Systeme betrieben.<br />

Ausdehnung <strong>und</strong> Übertragungsgeschwindigkeit<br />

Gerade im Feldbereich sind u.U. relativ große Entfernungen zu überbrücken;<br />

leicht kommen mehrere 100m zusammen. Felsbusse müssen daher<br />

Daten über große Entfernungen übertragen können. Profibus‐DP<br />

beispielsweise lässt eine Leitungslänge für ein Segment gemäß Abbildung<br />

34 zu, die abhängig von der Übertragungsgeschwindigkeit zwischen<br />

• 1200m bei 9,6kbit/s, <strong>und</strong><br />

• 100m bei 12Mbit/s<br />

liegt, wobei bei größeren Übertragungsgeschwindigkeiten (hier also<br />

12Mbit/s) keine Stichleitungen mehr verwendet werden sollten [Popp].<br />

Dabei sind max. 32 Busteilnehmer pro Segment erlaubt. Mittels Repeater<br />

kann der die Linienstruktur erweitert werden, wobei folgende Begrenzungen<br />

existieren [Scherff]:<br />

• Max. 7 Repeater, max. 9600m gesamte Buslänge bei 9,6kbit/s,<br />

<strong>und</strong><br />

• max. 2 Repeater, max. 200m gesamte Buslänge bei 12Mbit/s.<br />

Im Feldbereich sind relativ<br />

große Entfernungen zu<br />

überbrücken<br />

Zulässige Leitungslänge<br />

hängt von Übertragungsgeschwindigkeit<br />

ab<br />

Anzahl der Busteilnehmer<br />

ist begrenzt<br />

Repeater <strong>zur</strong> Erweiterung<br />

der Linienstruktur<br />

Insgesamt sind die Teilnehmer (Master, Slaves, Repeater) auf max. 126<br />

beschränkt.<br />

10


Echtzeitfähigkeit<br />

Feldbussysteme müssen echtzeitfähig sein. Dieser Begriff ist etwas<br />

schwammig; er bedeutet, dass die auftretenden Verzögerungszeiten für<br />

die Kommunikation den Gesamtablauf des Steuerungsprozesses nicht<br />

negativ beeinflussen bzw. stören dürfen [Scherff]. Für Feldbussysteme<br />

hat das folgende Konsequenzen:<br />

• Die pro Sek<strong>und</strong>e übertragene Anzahl Bits muss möglichst hoch<br />

sein. Als dazugehöriger Parameter wird die Übertragungsgeschwindigkeit<br />

angegeben. Diese beträgt z.B. für Profibus‐DP zwischen<br />

9,6kbit/s <strong>und</strong> 12Mbit/s.<br />

• Bei Master‐Slave‐Systemen mit zyklischer Übertragung wie Profibus‐DP<br />

muss die Gesamtzeit für die zyklische Abarbeitung der<br />

Slaves möglichst gering sein; diese Gesamtzeit wird Zykluszeit<br />

genannt. Bei 30 typischen Slaves <strong>und</strong> einer Übertragungsgeschwindigkeit<br />

von 12Mbit/s ist die Zykluszeit bei Profibus‐DP<br />

kleiner 1ms!<br />

Übertragungs­ <strong>und</strong> Betriebssicherheit<br />

Aus Sicherheitsgründen ist es zwingend erforderlich,<br />

• dass die digital übertragenden Daten in Form von Datentelegrammen<br />

sicher übertragen werden, <strong>und</strong><br />

• dass der Ausfall einzelner Systemkomponenten (Master, Slave)<br />

sicher behandelt wird.<br />

Bitfehler<br />

Bei der Übertragung von Daten kann es zu Bitfehlern kommen (0→1<br />

oder 1→0). Dafür gibt es verschiedene Ursachen:<br />

• Fehlerhafte Installation des Buskabels. Dazu zählen unterbrochene<br />

oder schlecht verb<strong>und</strong>ene Leiter, falsch angeschlossener<br />

Schirm, fehlerhafte Erdung.<br />

• Nichteinhaltung der erforderlichen Entfernungen. Feldbussysteme<br />

spezifizieren Minimal‐ <strong>und</strong> Maximalwerte für bestimme Entfernungen,<br />

z.B. zwischen Slaves untereinander oder zwischen<br />

Slave <strong>und</strong> Master; diese werden manchmal nicht eingehalten.<br />

• Falsche oder fehlerhafte Busterminierung. Feldbussysteme erfordern<br />

i.d.R. die Terminierung des Feldbusses mit einem bestimmten<br />

Widerstand bzw. einer bestimmten Impedanz, dem sogenannten<br />

Wellenwiderstand. Dadurch werden Signalreflektionen<br />

verhindert, die ansonsten durch Interferenzen zu Signalstörungen<br />

werden. Manchmal wird der Bus gar nicht oder falsch (mit<br />

dem falschen Wellenwiderstand) abgeschlossen.<br />

Feldbussysteme müssen<br />

echtzeitfähig sein<br />

dazu muss Übertragungsgeschwindigkeit<br />

hoch sein<br />

Zykluszeit muss niedrig sein<br />

Im Datentelegramm eingelagerte<br />

Daten müssen sicher<br />

übertragen werden<br />

Komponentenausfall muss<br />

behandelt werden<br />

Gründe für Bitfehler:<br />

Fehlerhafte Installation des<br />

Buskabels<br />

Nichteinhaltung erforderlicher<br />

Entfernungen<br />

Falsche bzw. fehlerhafte<br />

Busterminierung<br />

11


Zur Erkennung, Behebung <strong>und</strong> ggf. Behandlung dieser Bitfehler werden<br />

verschiedene Maßnahmen ergriffen.<br />

Protokollsicherung<br />

Auf Protokollebene werden Maßnahmen <strong>zur</strong> Protokollsicherung ergriffen.<br />

Bei Profibus‐BP wird dadurch eine Hamming‐Distanz von d=4 erreicht,<br />

was bedeutet das bis zu<br />

n = d − 1=<br />

3<br />

Qualität der Protokollsicherung<br />

wird durch Hamming‐<br />

Distanz angegeben<br />

gleichzeitig auftretende Bitfehler erkannt werden können. Ist das der<br />

Fall, so inkrementiert der Master einen Fehlerzähler <strong>und</strong> versucht beim<br />

nächsten Buszyklus das Telegramm erneut zu übertragen. Wenn der<br />

Fehlerzähler überläuft (i.d.R. bei mehr als drei Fehlversuchen), wird der<br />

entsprechende Slave vom Bus weggenommen.<br />

Watchdog <strong>zur</strong> Ausfallerkennung des Masters<br />

Jeder Slave erwartet eine Masterabfrage innerhalb eines vorgebaren<br />

maximalen Zeitintervalls. Erfolgt die Abfrage, so wird ein Timer auf 0 <strong>zur</strong>ückgesetzt.<br />

Danach läuft der Timer mit einer bestimmen Geschwindigkeit<br />

los. Versäumt nun der Master eine rechtzeitige Nullung des Timers<br />

im Rahmen des nächsten Buszyklus, so läuft der Timer über. Der Slave<br />

trennt sich dann vom Bus <strong>und</strong> geht in einen projektierten sicheren Zustand,<br />

da er von einem Ausfall des Masters ausgeht. Dieser Vorgang<br />

wird Watchdog (Wachh<strong>und</strong>) genannt.<br />

Watch‐Dog in den Slaves<br />

überwacht, ob der Master<br />

noch am Bus häntgt<br />

Neben den genannten Maßnahmen <strong>zur</strong> Fehlerbehandlung gibt es beim<br />

Profibus‐DP noch eine ganze Reihe weitere Maßnahmen, siehe z.B.<br />

[Popp].<br />

12


Beispiel Profibus­DP<br />

In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten vorher angegebenen Eigenschaften<br />

des Profibus‐DP zusammengefasst.<br />

Eigenschaft<br />

Beschreibung<br />

Anwendungsbereich<br />

Fertigungs- <strong>und</strong> Prozessindustrie<br />

Automatisierungsebenen Verbindet Steuerungs- mit Feldebene<br />

Normung IEC 61158<br />

Unterstützender Hersteller Z.B. Siemens<br />

Topologie<br />

Linie<br />

Busleitung<br />

Geschirmte verdrillte Zweidrahtleitung<br />

(Twisted-Pair) oder Glasfaserkabel<br />

Buszugriff<br />

Master-Slave mit mehreren Mastern<br />

Übertragungsgeschwindigkeit 9,6kbit/s (1200m) bis 12Mbit/s (100m)<br />

Buslänge <strong>und</strong> Teilnehmer pro<br />

Segment<br />

Erweiterung mit Repeatern<br />

Hamming-Distanz 4<br />

100m (12Mbit/s) bis 1200m (9,6kbit/s) pro<br />

Segment bei max. 32 Busteilnehmern<br />

9,6kbit/s : Max. 7, max. 9600m gesamte Buslänge<br />

12Mbit/s: Max. 2, max. 200m gesamte Buslänge<br />

Insgesamt max. 126 Busteilnehmer inkl. Repeater<br />

Einige Eigenschaften des<br />

Profibus‐DP<br />

Tabelle 2: Eigenschaften des Profibus-DP.<br />

13


Konnektivität <strong>zur</strong> Prozessleitebene<br />

Folgende Abbildung stellt beispielhaft ein leittechnisches System auf Basis<br />

Profibus‐DP dar, das<br />

• zum einen im Feldbereich einen Feldbus verwendet, <strong>und</strong><br />

• zum anderen eine Verbindungsmöglichkeit (Konnektivität) <strong>zur</strong><br />

Prozessleitebene bereit stellt<br />

Internet (WAN)<br />

Anzeige- <strong>und</strong> Bedienkomponenten (ABK)<br />

Engineering Workstation (EWS)<br />

Prozessleitebene<br />

Gateway<br />

Steuerungsebene<br />

SPS als Gateway mit<br />

Feldbusinterface<br />

Industrial Ethernet<br />

Konnektivität <strong>zur</strong> Prozessleitebene<br />

Feldbus (FAN)<br />

Feldebene<br />

FIF<br />

S<br />

FIF<br />

A<br />

FIF<br />

S<br />

FIF<br />

A<br />

Sensoren <strong>und</strong> Aktoren<br />

mit Feldbusinterface<br />

Abbildung 35: Leittechnisches System mit Profibus-DP <strong>und</strong> Verbindung<br />

<strong>zur</strong> Prozessleitebene.<br />

Den einzelnen Ebenen sind folgende Komponenten zugeordnet:<br />

1. Feldebene. Dort befinden sich die intelligenten Sensoren <strong>und</strong> Aktoren<br />

mit Feldbusinterface (FIF). Im Rahmen eines Profibus‐DP‐<br />

Systems handelt es sich um Slaves.<br />

2. Steuerungsebene. Dort befinden sich SPSen, die ein Profibus‐DP‐<br />

Feldbusinterface besitzen; im Rahmen eines Profibus‐DP‐<br />

Systems handelt es sich um Master. Außerdem sind in diesem<br />

Beispiel diese SPSen mit Industrial‐ Ethernet‐Kommunikationsbaugruppen<br />

ausgerüstet. (Industrial Ethernet ist eine für industrielle<br />

Belange angepasste Version von Ethernet TCP/IP, das standardmäßig<br />

für LANs zum Einsatz kommt.) Die SPSen stellen somit<br />

eine Art Gateway zwischen Profibus‐DP <strong>und</strong> Industrial Ethernet<br />

dar <strong>und</strong> verbinden die Steuerungsebene mit der Prozessleitebene.<br />

3. Prozessleitebene. Dort befinden sich Workstations z.B. zum Bedienen<br />

<strong>und</strong> Beobachten <strong>und</strong> <strong>zur</strong> Messwertarchivierung. Ein dediziertes<br />

Gateway stellt eine Verbindung zum Internet her, dass als<br />

WAN dient. Hier könnten sich z.B. die Betriebsleitebene<br />

<strong>und</strong>/oder die Unternehmensebene anschließen.<br />

Slaves mit FIF in der Feldebene<br />

SPSen <strong>und</strong> IPCs als Master<br />

mit Feldbus‐Interface in der<br />

Steuerungsebene<br />

SPSen als Gateway zwischen<br />

Feldbus <strong>und</strong> Industrial<br />

Ethernet<br />

Workstations zum B&B in<br />

der Prozessleitebene<br />

Dediziertes Gateway zum<br />

Internet als WAN<br />

14


Erweiterung um Sensor‐Aktor‐Bus<br />

Die Sensoren <strong>und</strong> Aktoren in Abbildung 35 müssen mit einem Feldbusinterface<br />

ausgerüstet sein, mithin also eine hinreichende Intelligenz besitzen<br />

(Intelligente Sensoren <strong>und</strong> Aktoren). Die sich daraus ergebenden<br />

Systemkosten sind aber für einfache Sensoren (z.B. binäre mechanische<br />

Näherungsschalter) kaum tragbar.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> gibt es eine spezielle Feldbusart, die sogenannten<br />

Sensor‐Aktor‐Busse. Die Spezifikation eines Sensor‐Aktor‐Busses ermöglicht<br />

es,<br />

1. Sensoren <strong>und</strong> Aktoren mittels eines einfachen Feldbus‐Interfaces<br />

kostengünstig herzustellen, <strong>und</strong><br />

2. den Feldbus unaufwändig <strong>und</strong> damit kostengünstig zu installieren<br />

Einfache Sensoren <strong>und</strong> Aktoren<br />

werden mit normalem<br />

FIF oftmals zu teuer<br />

Sensor‐Aktor‐Busse mit EFIF<br />

ermöglichen kostengünstige<br />

Sensoren <strong>und</strong> Aktoren<br />

<strong>und</strong> unaufwändige, kostengünstige<br />

Installation<br />

Ein in Deutschland oft verwendeter Sensor‐Aktor‐Bus ist der ASI‐Bus<br />

(ASI = Aktor‐Sensor‐Interface). Mit folgenden Maßnahmen werden die<br />

beiden o.a. Ziele erreicht.<br />

• Funktionale Beschränkungen. ASI basiert auf einem Mono‐<br />

Master‐Slave‐Buszugriffsverfahren mit max. 31 Busteilnehmern.<br />

Die maximale Buslänge ist ohne Repeater ist 100m. ASI ist hauptsächlich<br />

auf den Anschluss binärer Sensoren <strong>und</strong> Aktoren ausgerichtet.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> fehlt eine vernünftige Analogwertverarbeitung,<br />

wiewohl diese auch über Umwegen möglich ist.<br />

• Kostengünstiges Buskabel. Es wird ein einfaches, unverdrilltes<br />

<strong>und</strong> ungeschirmtes zweiadriges Flachbandkabel verwendet.<br />

• Einfache Verbindungstechnik. Die Sensoren oder Aktoren werden<br />

häufig über sog. Durchdringungstechnik angeschlossen. Hierbei<br />

wird die Isolation des verpolsicher profilierten Flachbandkabels<br />

mittels zweier Durchdringungsdornen bei der Montage durchstoßen,<br />

ohne dass dieses vorher vorbereitet werden muss<br />

• Integrierte Zufuhr von Hilfsenergie. Über das digitale Buskabel<br />

wird zusätzlich Hilfsenergie für die angeschlossenen Feldgeräte<br />

bereit gestellt. Für viele Sensoren <strong>und</strong> Aktoren entfällt so die<br />

Notwendigkeit einer eigenen Energieversorgung.<br />

Funktionale Beschränkungen<br />

beim Sensor‐Aktor‐Bus,<br />

z.B. keine Analogwertverarbeitung<br />

Einfaches Buskabel<br />

Einfache Verbindungstechnik<br />

Integrierte Zufuhr von<br />

Hilfsenergie<br />

15


Folgende Abbildung zeigt die Integration eines einfacheren Sensor‐<br />

Aktor‐Busses in das leittechnische Profibus‐DP‐System Abbildung 35.<br />

Internet (WAN)<br />

Anzeige- <strong>und</strong> Bedienkomponenten (ABK)<br />

Engineering Workstation (EWS)<br />

Prozessleitebene<br />

Gateway<br />

Industrial Ethernet<br />

Steuerungsebene<br />

SPS als Gateway mit<br />

Feldbusinterface<br />

Feldbus (FAN)<br />

Feldebene<br />

FIF<br />

S<br />

FIF<br />

A<br />

FIF<br />

S<br />

Sensoren <strong>und</strong> Aktoren<br />

mit Feldbusinterface<br />

FIF<br />

A<br />

SPS als Gateway mit<br />

einfachem Feldbusinterface<br />

Sensor-Aktor-Bus (FAN)<br />

Erweiterung um einen Sensor‐Aktor‐Bus<br />

EFIF<br />

EFIF<br />

EFIF<br />

EFIF<br />

S<br />

A<br />

S<br />

A<br />

Sensoren <strong>und</strong> Aktoren mit<br />

einfachem Feldbusinterface<br />

Abbildung 36: Erweiterung des leittechnischen Systems um einen<br />

Sensor-Aktor-Bus.<br />

In der Feldebene befindet sich nun eine zusätzliche SPS, die als Gateway<br />

zum Sensor‐Aktor‐Bus dient. Die daran angehängten Sensoren <strong>und</strong> Aktoren<br />

besitzen nun ein einfaches Feldbusinterface (EFIF) mit den vorher<br />

genannten Vor‐ <strong>und</strong> Nachteilen.<br />

16


Erweiterung um analoge Feldkommunikation<br />

In vielen Fällen besteht eine vorhandene 4‐20mA‐Infrastruktur in Form<br />

von<br />

• Schaltschrank inkl. Komponenten wie Spannungsversorgung, Sicherungen,<br />

Kabelkanäle etc.,<br />

• Rangierverteilern,<br />

• Kabeln <strong>und</strong> Kabeltrassen, sowie<br />

• Sensoren <strong>und</strong> Aktoren mit analoger 4‐20mA‐Schnittstelle,<br />

Oft muss bestehende 4‐<br />

20mA‐Infrastruktur zumindest<br />

teilweise übernommen<br />

werden<br />

Oft soll dann die vorhandene Infrastruktur aus Kostengründen zumindest<br />

teilweise in ein modernes leittechnisches System mit digitaler Feldkommunikation<br />

integriert werden. Dazu wird das leittechnische System<br />

Abbildung 36 z.B. in folgender Art <strong>und</strong> Weise erweitert.<br />

Internet (WAN)<br />

Anzeige- <strong>und</strong> Bedienkomponenten (ABK)<br />

Engineering Workstation (EWS)<br />

Prozessleitebene<br />

Gateway<br />

Industrial Ethernet<br />

Steuerungsebene<br />

SPS mit<br />

4-20mA-<br />

Interface<br />

SPS als Gateway mit<br />

Feldbusinterface<br />

Erweiterung um analoge 4‐<br />

20mA‐Feldkommunikation<br />

Feldbus (FAN)<br />

Feldebene<br />

FIF<br />

S<br />

FIF<br />

A<br />

FIF<br />

S<br />

FIF<br />

A<br />

SPS als Gateway mit<br />

einfachem Feldbusinterface<br />

4-20mA<br />

Sensoren <strong>und</strong> Aktoren<br />

mit Feldbusinterface<br />

Sensor-Aktor-Bus (FAN)<br />

S<br />

A<br />

S<br />

Sensoren <strong>und</strong> Aktoren<br />

ohne Feldbusinterface<br />

A<br />

EFIF<br />

S<br />

EFIF<br />

A<br />

EFIF<br />

S<br />

EFIF<br />

Sensoren <strong>und</strong> Aktoren mit<br />

einfachem Feldbusinterface<br />

A<br />

Abbildung 37: Erweiterung des leittechnischen Systems um eine analoge<br />

4-20mA-Feldkommunikation.<br />

In der Steuerungsebene befindet sich nun eine weitere SPS mit analogen<br />

4‐20mA Ein/Ausgabe‐Baugruppen. Daran kann nun die vorhandene analoge<br />

Infrastruktur inkl. Schaltschränke, Rangierverteiler, Kabeln, Sensoren<br />

<strong>und</strong> Aktoren unverändert angehängt werden.<br />

17


Kontrollfragen<br />

1. Erläutern Sie die analoge Feldkommunikation mittels 4‐20mA‐<br />

Schnittstelle.<br />

2. Erläutern Sie Vor‐ <strong>und</strong> Nachteile der analogen Feldkommunikation<br />

mittels 4‐20mA‐Schnittstelle.<br />

3. Erläutern Sie wie die Nachteile der analogen Feldkommunikation<br />

durch den Einsatz einer digitalen Feldkommunikation vermieden<br />

werden.<br />

4. Erläutern Sie die Anforderungen an Feldbus‐Systeme.<br />

5. Erläutern Sie Bus‐Topologie <strong>und</strong> Buszugriffssteuerung bei Profibus‐DP.<br />

6. Erläutern Sie mögliche Ausdehnungen <strong>und</strong> Übertragungsgeschwindigkeiten<br />

bei Profibus‐DP.<br />

7. Erläutern Sie einige Maßnahmen <strong>zur</strong> Gewährleistung von Übertragungssicherheit<br />

<strong>und</strong> Betriebssicherheit bei Profibus‐DP.<br />

8. Was bedeutet eine Hamming‐Distanz von d=4?<br />

9. Welche Vorteile haben Sie bei der Verwendung eines Sensor‐<br />

Aktor‐Busses statt eines normalen Feldbusses wie Profibus‐DP?<br />

10. Durch welche Maßnahmen wird beim ASI‐Bus erreicht, dass die<br />

dazugehörigen Feldgeräte kostengünstig hergestellt werden<br />

können <strong>und</strong> Installation sowie Verkabelung unaufwändig <strong>und</strong><br />

damit ebenfalls kostengünstig sind?<br />

Literatur<br />

[IEC 61158]<br />

[Gevatter]<br />

[Kriestel]<br />

[Popp]<br />

[Scherff]<br />

IEC 61158: Digital data communication for measurement<br />

and control ‐ Fieldbus for use in industrial control systems,<br />

1999.<br />

Gevatter, H.‐J.: Handbuch der <strong>Mess‐</strong> <strong>und</strong> Automatisierungstechnik.<br />

Springer‐Verlag, 1999.<br />

Kriestel, W., Heimbold, T., Telschow, D.: Bustechnologien<br />

für die Automation. Hüthig‐Verlag, 1998.<br />

Popp, M.: Profibus DP/DPV1. Hüthig‐Verlag, 2. Auflage,<br />

2000.<br />

Scherff, B., Haese, E., Wenzek, H.R.: Feldbussysteme in<br />

der Praxis. Springer‐Verlag 1999.<br />

18


Temperaturmessung<br />

Die Temperatur T ist eine SI‐Basisgröße, die in K oder °C gemessen<br />

wird.<br />

• Mit dem absoluten Nullpunkt gibt es eine untere Grenze der<br />

Temperatur, der nicht unterschritten werden kann; diesem Nullpunkt<br />

ist die Temperatur 0K zugeordnet.<br />

• Beim Eispunkt findet für Wasser bei Normdruck (ca. 1bar) der<br />

Phasenübergang von fest nach flüssig statt; die dazugehörige<br />

Temperatur ist 273,15K.<br />

Temperatur ist eine SI‐<br />

Basisgröße, gemessen in K<br />

oder °C<br />

Absoluter Nullpunkt<br />

Eispunkt von Wasser<br />

Die Temperatur kann alternativ auch als besondere Temperaturdifferenz<br />

zum Eispunkt angegeben werden; in diesem Fall erfolgt die Angabe in<br />

°C, als Symbol wird üblicherweise ϑ verwendet. Es gilt also<br />

ϑ =<br />

° C<br />

T<br />

K<br />

− 273,15 .<br />

Angabe als besondere<br />

Temperaturdifferenz in °C<br />

Für den absoluten Nullpunkt gilt demzufolge<br />

T = 0K ⇔ ϑ = − 273,15° C ,<br />

für den Eispunkt<br />

T = 273,15K ⇔ ϑ = 0° C .<br />

Die Temperatur ist eine physikalische Größe, die sehr häufig gemessen<br />

wird, insbesondere in der Verfahrenstechnik. Dort ist die Prozessgröße,<br />

die am häufigsten gemessen wird [Hoffmann].<br />

Wird in der Verfahrenstechnik<br />

am häufigsten gemessen<br />

1


Widerstandsthermometer<br />

Für die elektrische Leitfähigkeit χ in Sm/m 2 (bzw. spezifische Widerstand<br />

ρ in Ωm 2 /m) eines Materials gilt nach [Hering] die Beziehung<br />

mit<br />

1<br />

χ = χ( T)<br />

= = e0<br />

⋅n( T) ⋅ μ( T)<br />

ρ<br />

( T )<br />

• der temperaturabhängigen Ladungsträgerdichte nT ( ) in 1/m 3 ,<br />

<strong>und</strong><br />

• der temperaturabhängigen Beweglichkeit μ ( T )<br />

in m 2 /(Vs)<br />

sowie der Elementarladung e0<br />

in C. Leitwert G <strong>und</strong> Ohmscher Widerstand<br />

R eines Materials hängen dann über<br />

A<br />

l<br />

G = G( T) = χ( T) ⋅ ⇔ R = R( T) = ρ( T)<br />

⋅<br />

l<br />

A<br />

Leitfähigkeit als<br />

Funktion der Ladungsträgerdichte<br />

<strong>und</strong> der Beweglichkeit<br />

Daraus sich ergebender<br />

Leitwert bzw. Ohmscher<br />

Widerstand<br />

von Leitfähigkeit χ bzw. spezifische Widerstand ρ ab, die ihrerseits<br />

von der Temperatur T abhängen.<br />

Ladungsträgerdichte<br />

Diese ist bei Metallen praktisch unabhängig von der Temperatur, da jedes<br />

Atom ohnehin seine Leitungselektronen <strong>zur</strong> Verfügung stellt, die<br />

sich als Bestandteil des Elektronengases innerhalb des Kristallgitters frei<br />

bewegen können.<br />

Bei Halbleitern ist die Ladungsträgerdichte um einige Größenordnungen<br />

geringer <strong>und</strong> i.A. temperaturabhängig.<br />

Elektrische<br />

Ladungsträgerbeweglichkeit<br />

Die Beweglichkeit μ hängt von der Häufigkeit von Zusammenstößen<br />

der bewegten Ladungsträger miteinander oder mit festen Störstellen im<br />

Atomgitter ab; μ nimmt daher i.A. mit zunehmender Temperatur ab.<br />

Bei Metallen ist die Ladungsträgerdichte<br />

praktisch<br />

unabhängig von der<br />

Temperatur<br />

Nicht so bei Halbleitern<br />

Die Beweglichkeit nimmt<br />

i.A. mit der Temperatur ab<br />

2


Temperaturverhalten des elektrischen Widerstandes metallischer<br />

Leiter<br />

Bei Metallen gilt also hinreichend genau n ( T ) = const . Die Beweglichkeit<br />

μ nimmt jedoch mit T ab; dadurch sinkt die Leitfähigkeit, der Widerstand<br />

von Metallen nimmt demzufolge mit steigender Temperatur zu.<br />

Temperaturabhängiges<br />

Verhalten des Ohmschen<br />

Widerstandes bei Metallen<br />

(PTC)<br />

Abbildung 38: Temperaturverhalten des Widerstandes von ausgewählten<br />

Metallen nach [Schaumbg]. R 0 ist der Widerstand bei 0°C.<br />

Das Temperaturverhalten wird durch den sogenannten Temperaturkoeffizienten<br />

(TK)<br />

dR R 1 dR 1 dR<br />

αT<br />

≡ = ⋅ = ⋅<br />

dT R dT R dϑ<br />

Der Temperaturkoeffizient<br />

(TK)<br />

in 1/K bzw. 1/°C beschrieben. Für Metalle ist der TK positiv; wir sprechen<br />

von einem Positive Temperature Coefficient (PTC).<br />

Ist für eine bestimmte Temperatur ϑ<br />

0<br />

der dazugehörige Widerstandswert<br />

R ≡ R( ϑ ) gegeben, so kann der Widerstandswert R R( ϑ)<br />

0 0<br />

≡ für<br />

eine beliebige Temperatur ϑ durch Integration der o.a. Gleichung ermittelt<br />

werden, d.h. es gilt<br />

1 dR<br />

1 1 R<br />

α = ⋅ ⇔ α dϑ = dR ⇒ dR= ln = α dϑ<br />

T T T<br />

R dϑ<br />

R R R<br />

R0 0 ϑ0<br />

R<br />

∫ ∫ .<br />

ϑ<br />

3


Wird der TK als konstant angenommen, so ergibt sich<br />

0<br />

ϑ<br />

αT<br />

⋅( ϑ−ϑ0<br />

)<br />

∫ αTdϑ αT<br />

( ϑ ϑ0)<br />

R R0<br />

e .<br />

ϑ<br />

R<br />

ln = = ⋅ − ⇒ = ⋅<br />

R<br />

0<br />

Berechnung des Widerstandes<br />

bei gegebenem TK<br />

Beispiel<br />

Für ein Metall wird ein konstanter Temperaturkoeffizient (TK) von<br />

= ⋅ ° angenommen. Bei ϑ<br />

0<br />

= 0° C betrage sein Widerstand<br />

3<br />

α 410 −<br />

T<br />

1 C<br />

R<br />

0<br />

= 100Ω. Dann beträgt der Widerstand für ϑ = 100°<br />

C<br />

α<br />

3<br />

( ϑ ϑ<br />

−<br />

)<br />

T ⋅ − 0 4⋅10 1 C⋅ 100°<br />

C<br />

0,4<br />

0<br />

100 100 149,1825<br />

R= R ⋅ e = ⋅ e = ⋅e<br />

≈ Ω.<br />

4


Platin­Widerstandsthermometer (PT­Widerstände)<br />

Pt‐Widerstände aus Platin sind am gebräuchlichsten, da sie<br />

• hinreichend lineares Verhalten aufweisen,<br />

• sehr reproduzierbar herzustellen sind,<br />

• sehr beständig in ihren Eigenschaften sind (Edelmetall, nicht korrosionsgefährdet,<br />

chemisch sehr stabil), <strong>und</strong><br />

• einen sehr weiten Temperaturbereich haben (hohen Schmelzpunkt<br />

von Platin).<br />

Vorteile der Verwendung<br />

von Pt<br />

Temperaturabhängiges<br />

Verhalten des Ohmschen<br />

Widerstandes bei Pt<br />

Abbildung 39: Temperaturverhalten des Widerstandes von Platin (Pt)<br />

nach [Schaumbg]. R 0 ist der Widerstand bei 0°C.<br />

Die o.a. Abbildung zeigt, dass der TK α<br />

T<br />

(wenn überhaupt) nur in einem<br />

engen Temperaturbereich als konstant angenommen werden kann.<br />

Bei höheren Anforderungen an die Genauigkeit ist das nicht‐lineare<br />

Verhalten von R als Funktion von T geeignet zu berücksichtigen; in<br />

[DIN60751] finden sich deshalb geeignete Polynomansätze z.B. 3. Ordnung<br />

<strong>zur</strong> Beschreibung dieser Abhängigkeit.<br />

Standardmäßig verwendet man Platinwiderstände mit<br />

• 100Ω bei 0°C (Pt‐100).<br />

es gibt aber auch andere Nennwerte wie<br />

• 500Ω (Pt‐500), 1000Ω (Pt‐1000), <strong>und</strong> 2000Ω (Pt‐2000).<br />

Der nutzbare Bereich überdeckt eine Spanne von ca. ‐200°C bis ca.<br />

850°C, genaue Messwiderstände bis 650°C.<br />

TK nur in einem relativ kleinen<br />

Bereich hinreichend<br />

konstant<br />

Daher ggf. Polynomansätze<br />

für R=f(T)<br />

Pt‐100<br />

Pt‐500, Pt‐1000, Pt‐2000<br />

Nutzbarer Temperaturbereich<br />

5


Zulässige Abweichungen<br />

In [DIN60751] werden zwei Genauigkeitsklassen spezifiziert:<br />

• Klasse A: A ≤ ( 0,15+ 0,002⋅ ϑ ) °<br />

• Klasse B: A ( 0,30 0,005 ϑ )<br />

C<br />

≤ + ⋅ ° C<br />

Genauigkeitsklassen nach<br />

DIN<br />

Für Anwendungen mit besonderen Genauigkeitsanforderungen sind<br />

auch Teile der o.a. Abweichungen üblich. So gibt es z.B.<br />

1<br />

≤ ⋅ + ⋅ ° C<br />

10<br />

• 1/10 Klasse A: A ( 0,15 0,002 ϑ )<br />

Beispiel<br />

Mit einem Pt‐100 der Klasse B wird eine Temperatur von 100°C gemessen.<br />

Dann muss man im schlechtesten Fall mit einer absoluten Abweichung<br />

von<br />

( ϑ ) ( )<br />

Amax = 0,30 + 0,005⋅ ° C = 0,30 + 0,005⋅ 100 ° C = 0,8°<br />

C<br />

rechnen. Würde man einen Pt‐100 der 1/10 Klasse A verwenden, so wäre<br />

absoluten Abweichung im schlechtesten Fall<br />

1 1<br />

Amax<br />

= ⋅ ( 0,15 + 0,002⋅ ϑ ) ° C = ⋅ ( 0,15 + 0,002⋅ 100 ) ° C = 0,035° C ,<br />

10 10<br />

mithin also ein ganzes Stück besser.<br />

6


Ausführungs­ <strong>und</strong> Bauformen<br />

Draht­Messwiderstand<br />

Die Draht‐Messwiderstände werden in Form von dünnen Drähten verarbeitet,<br />

die auf einen Glas‐ oder Keramikkörper gewickelt werden. Sie<br />

sind sehr genau, aber relativ aufwändig zu fertigen <strong>und</strong> damit teuer.<br />

Teurer, aber sehr genauer<br />

Draht‐Messwiderstand auf<br />

Glas oder Keramik<br />

Abbildung 40: Draht-Messwiderstand aus Platin nach [Schrüfer].<br />

• Glasausführung. Bei der Glasausführung erhält der gewickelte<br />

Draht eine Glasschutzschicht, in die er eingeschmolzen wird;<br />

Messdraht <strong>und</strong> Glas bilden dann eine homogene Einheit.<br />

• Keramikausführung. Bei der Keramikausführung sind die Platin‐<br />

Wendeln in Kapillaren aus hochreinem Aluminiumoxid spannungsfrei<br />

eingebettet; sie erhalten dann einen Keramiküberzug.<br />

Draht‐Messwiderstände besitzen<br />

• eine sehr hohe Schock‐ <strong>und</strong> Erschütterungsfestigkeit, <strong>und</strong><br />

• sind unempfindlich gegen äußere Kräfte <strong>und</strong> Druck.<br />

Vorteile<br />

Sie sind ungeschützt z.B.<br />

• in wässrigen Flüssigkeiten,<br />

• Lösungsmitteln, <strong>und</strong><br />

• Ölen einsetzbar.<br />

Einsatzgebiete<br />

7


Dünnschichtwiderstand<br />

Draht‐Messwiderstände sind in der Fertigung relativ aufwändig <strong>und</strong> daher<br />

teuer; in kostenkritischen Anwendungen können sie daher nicht<br />

eingesetzt werden.<br />

Manchmal sind Draht‐<br />

Messwiderstände zu teuer<br />

Abhilfe schafft hier der etwas ungenauere Dünnschichtwiderstand. Dieser<br />

Messfühler lässt sich<br />

• automatisiert,<br />

• gut reproduzierbar, <strong>und</strong><br />

• preisgünstig<br />

Dünnschicht‐Widerstände<br />

sind kostengünstiger zu fertigen<br />

fertigen.<br />

Dünnschichtwiderstand aus<br />

Pt<br />

Abbildung 41: Dünnschichtwiderstand aus Platin nach [Schaumbg].<br />

Die Fertigung geschieht im Prinzip in folgenden Schritten:<br />

1. Zuerst wird eine Platin‐ oder Nickel‐Schicht auf Aluminiumoxid<br />

(Al 2 O 3 ) als isolierenden Träger aufgestäubt oder aufgedampft.<br />

2. In diese flächenhafte Schicht wird mit einem Laserstrahl eine<br />

mäanderförmige Struktur gebrannt (Grobabgleich).<br />

3. Dann wird der so entstandene strukturierte Schichtwiderstand<br />

wiederum mit einem Laserstrahl auf Nennwert gebracht (Feinabgleich).<br />

4. Schließlich folgt noch der Überzug des ungeschützten Schichtwiderstandes<br />

mit einer Schutzschicht.<br />

Generell sind die verwendeten Massen <strong>und</strong> Abmessungen kleiner als bei<br />

den Draht‐Messwiderständen, wodurch ein besseres dynamisches Verhalten<br />

erreicht wird.<br />

Fertigungsschritte<br />

besseres dynamisches Verhalten<br />

8


Bauformen<br />

Standard‐Bauformen<br />

• <strong>zur</strong> Schraubmontage sind z.B. in [DIN43765],<br />

• <strong>zur</strong> Schweißmontage sind z.B. in [DIN43767]<br />

Normierte Bauformen<br />

genormt. Als Beispiel <strong>zur</strong> Schraubmontage dient nachstehende Abbildung.<br />

Pt‐100 <strong>zur</strong> Schraubmontage<br />

Abbildung 42: Widerstandsthermometer <strong>zur</strong> Schraubmontage nach<br />

[DIN43765].<br />

Man erkennt:<br />

• Anschlusskopf. Dient <strong>zur</strong> Aufnahme der Vor‐Ort‐Elektronik. Hier<br />

erfolgt der elektrische Anschluss.<br />

• Messeinsatz. In diesem ist der Pt‐100 (oder ein Thermoelement)<br />

montiert. Kann relativ leicht ausgewechselt werden.<br />

• Armatur. Dient <strong>zur</strong> Montage des Sensors in Behältern oder Rohrleitungen<br />

<strong>und</strong> <strong>zur</strong> Aufnahme des Messeinsatzes.<br />

Elemente<br />

Einschraub‐Widerstandsthermometer können für Temperaturmessungen<br />

in flüssigen <strong>und</strong> gasförmigen Medien eingesetzt werden.<br />

Neben den gezeigten Bauformen sind noch eine Reihe weiterer Bauformen<br />

gängig.<br />

9


Signalverarbeitung<br />

Widerstandsthermometer führen eine Temperaturänderung auf eine<br />

Widerstandsänderung <strong>zur</strong>ück. Aus diesem Gr<strong>und</strong> können die klassischen<br />

Verfahren <strong>zur</strong> Messung des elektrischen Widerstands verwendet werden.<br />

Dabei ist allerdings immer zu berücksichtigen, dass der Messstrom<br />

durch das Widerstandsthermometer nicht zu groß sein darf, um Eigenerwärmung<br />

<strong>und</strong> somit eine unnötige Messabweichung zu vermeiden.<br />

Widerstandsmessung <strong>zur</strong><br />

Signalverarbeitung<br />

Vermeidung von Eigenerwärmung<br />

Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereiche<br />

Eigenschaften<br />

Wir wollen zuerst die wichtigsten Eigenschaften von Widerstandsthermometern<br />

zusammenfassen:<br />

• Genauigkeit. Widerstandsthermometer sind relativ genau. Das<br />

gilt insbesondere dann, wenn 1/10 Klasse A verwendet wird.<br />

• Temperaturbereich. Widerstandsthermometer (speziell auf der<br />

Basis von Platin, Pt) decken standardmäßig einen weiten Bereich<br />

ab. In der [DIN60751] finden sich Gr<strong>und</strong>werte in einem Bereich<br />

von ‐200°C bis 850°C, industriell genutzt wird ein Bereich bis ca.<br />

800°C. Mit speziellen Ausführungsformen lässt sich der Bereich<br />

auf ‐270°C bis 1000°C ausdehnen.<br />

• Messstelle. Widerstandsthermometer ermöglichen i.A. keine<br />

punktförmigen Messungen. Mit sehr kleinen Ausführungsformen<br />

kommt man dem aber sehr nahe.<br />

• Dynamisches Verhalten. Widerstandsthermometer sind relativ<br />

träge. Draht‐Messwiderstände der Ausführungsformen nach Abbildung<br />

40 weisen Einschwingzeiten (T 90 ) von typischerweise 5s<br />

in Wasser <strong>und</strong> 30s bis 60s in Luft auf. Dünnschichtwiderstände<br />

nach Abbildung 41 sind wesentlich schneller: typisch 0,3s in<br />

Wasser <strong>und</strong> 12s in Luft. In verfahrenstechnischen Anlagen ist die<br />

Verwendung von Armaturen üblich, siehe Abbildung 42. Daher<br />

wird die Dynamik dann bestimmt durch den Wärmewiderstand<br />

<strong>und</strong> die Wärmekapazität von Messeinsatz <strong>und</strong> Armatur.<br />

Einsatzbereiche<br />

Widerstandsthermometer, speziell basierend auf Platin (Pt‐100 usw.),<br />

haben sich in vielen Bereichen der Industrie bewährt. Sie werden insbesondere<br />

im Bereich der Verfahrenstechnik (z.B. Chemische Industrie,<br />

Petrochemische Industrie, Pharmazeutische Industrie) sehr häufig eingesetzt.<br />

Relativ genau<br />

Temperaturbereich bis ca.<br />

800°C, spezielle Ausführungsformen<br />

bis 1000°C<br />

Prinzipiell keine punktförmige<br />

Messung möglich<br />

Draht‐Messwiderstände<br />

sind relativ träge<br />

Dünnschichtwiderstände<br />

sind schneller<br />

Einfluss von Messeinsatz<br />

<strong>und</strong> Armatur<br />

Einsatzbereiche<br />

10


Beispiel<br />

U.a. Abbildung ist ein Beispiel für ein Widerstandsthermometer Pt‐100.<br />

Pt‐100 der Fa. Pförtner<br />

Messtechnik als Beispiel<br />

Abbildung 43: Widerstandsthermometer Pt-100 Serie 812 der Fa.<br />

Pförtner Messtechnik.<br />

Pförtner Messtechnik gibt u.a. folgende Eigenschaften für den Sensor<br />

an:<br />

• Bauform nach DIN 43765 <strong>zur</strong> Schraubmontage<br />

• Messbereich ‐50 … 550°C<br />

• Genauigkeit Klasse A, B <strong>und</strong> 1/5 Klasse B<br />

11


Thermoelemente<br />

Berühren sich zwei verschiedene Metalle z.B. aufgr<strong>und</strong> einer Verlötung<br />

oder einer Verschweißung, so tritt der Seebeck‐Effekt auf: Es tritt an der<br />

Übergangsstelle eine so genannte Thermospannung auf. Diese Thermospannung<br />

ist von zwei Einflussfaktoren abhängig:<br />

• Der absoluten Temperatur T der Übergangsstelle. Je größer die<br />

Temperatur, desto größer die Thermospannung U Th .<br />

• Der Metallkombination, z.B. Fe‐CuNi.<br />

Der Seebeck‐Effekt als<br />

Gr<strong>und</strong>lage der Thermoelemente<br />

Schauen wir uns nun die Entstehung einer Thermospannung mit folgender<br />

Schaltung an:<br />

U M<br />

A<br />

U1<br />

U<br />

2<br />

A<br />

Schaltung <strong>zur</strong> Entstehung<br />

einer Thermospannung<br />

B<br />

(1) (2)<br />

T1 ( ϑ<br />

1)<br />

T2 ( ϑ2)<br />

Abbildung 44: Schaltung <strong>zur</strong> Messung von Thermospannungen.<br />

An den Stelle (1) <strong>und</strong> (2) berühren sich zwei Metalle A <strong>und</strong> B. Dabei<br />

• diff<strong>und</strong>ieren Elektronen aus dem Metall mit der geringeren Austrittsarbeit<br />

(z.B. A)<br />

• in das Metall mit der höheren Austrittsarbeit (z.B. B).<br />

A wird positiv, B wird negativ. Dadurch entsteht ein elektrisches Feld<br />

<strong>und</strong> somit eine Spannung U. Dieses durch Diffusion entstandene elektrische<br />

Feld zieht Elektronen von B nach A, so dass insgesamt sich ein<br />

Gleichgewichtszustand einstellt. Dieser ganze Vorgang ist stark abhängig<br />

von der Temperatur T, <strong>und</strong> es gilt<br />

U = k ⋅ T U = k ⋅ T<br />

1 AB 1 2 AB 2<br />

mit der sogenannten Thermoempfindlichkeit k<br />

AB<br />

(z.B. in mV ° C ). Diese<br />

hängt von der Materialkombination A‐B ab <strong>und</strong> kann in erster Näherung<br />

als konstant angenommen werden. Für die Schaltung nach Abbildung 44<br />

erhält man so<br />

Die Thermospannung als<br />

Funktion der Temperatur<br />

<strong>und</strong> der Thermoempfindlichkeit<br />

( ) ( ϑ ϑ )<br />

U = U − U = k ⋅T −k ⋅ T = k ⋅ T − T = k ⋅ −<br />

M 1 2 AB 1 AB 2 AB 1 2 AB 1 2<br />

= k ⋅Δϑ<br />

AB<br />

.<br />

12


Es wird also eine Thermospannung U M gemessen, die<br />

• von der Thermoempfindlichkeit k<br />

AB<br />

<strong>und</strong> damit Materialkombination<br />

A‐B, <strong>und</strong><br />

• von der Temperaturdifferenz Δϑ ≡T1− T2 = ϑ1− ϑ2<br />

der Messstelle<br />

(1) gegen die Vergleichsstelle (2)<br />

abhängt.<br />

Die thermoelektrische Spannungsreihe<br />

Um nun die Thermoempfindlichkeit nicht für alle möglichen Werkstoffkombinationen<br />

A‐B angeben zu müssen, wurde die Thermoempfindlichkeit<br />

einzelner Materialien gegenüber Platin (Pt) ermittelt, mithin also<br />

k<br />

APt ( ). Die Ergebnisse sind in der so genannten thermoelektrischen Spannungsreihe<br />

tabelliert, wobei die Temperatur der Vergleichsstelle<br />

ϑ<br />

2<br />

= 0° C beträgt <strong>und</strong> die eigentliche Messstelle auf ϑ<br />

1<br />

= 100° C gebracht<br />

wird.<br />

Material A Kennzeichen<br />

k mV C<br />

( ) ( 100°<br />

)<br />

Konstantan CuNi -3,27<br />

Nickel Ni -1,9<br />

Platin Pt 0,0<br />

Wolfram W 0,7<br />

Kupfer Cu 0,7<br />

Eisen Fe 1,9<br />

Nickel-Chrom NiCr 2,2<br />

Silizium Si 44,0<br />

APt<br />

Die thermoelektrische<br />

Spannungsreihe gegenüber<br />

Pt<br />

Tabelle 3: Thermoelektrische Spannungsreihe gegenüber Platin (Pt).<br />

Möchte man z.B. die Thermoempfindlichkeit kAB<br />

= k( Fe)( CuNi)<br />

wissen, so<br />

erhält man diese mittels<br />

mV mV mV<br />

k = k − k = 1,9<br />

100° V<br />

− − 3, 27<br />

100° V<br />

= 5,17<br />

100°<br />

V ,<br />

( Fe)( CuNi) ( Fe)( Pt ) ( CuNi )( Pt ) ( )<br />

allgemein gilt<br />

k = k − k =− k .<br />

AB<br />

( ) BPt ( )<br />

APt<br />

BA<br />

Berechnung der Thermoempfindlichkeit<br />

einer beliebigen<br />

Materialkombination<br />

13


Gängiger Thermopaare<br />

In der industriellen Praxis haben sich bestimmte Materialkombinationen<br />

(Thermopaare) bewährt. Diese sind genormt <strong>und</strong> mit bestimmten Buchstaben<br />

(T, E, J, K, S, R, B, U, L) bezeichnet worden:<br />

• Typ T: Cu‐CuNi<br />

• Typ E: NiCr‐CuNi<br />

• Typ J: Fe‐CuNi<br />

• Typ K: NiCr‐Ni<br />

• Typ S: Pt10Rh‐Pt (Pt10Rh = Platin 10% Rhodium 90%)<br />

• Typ R: Pt13Rh‐Pt (Pt13Rh = Platin 13% Rhodium 87%)<br />

• Typ B: Pt30Rh‐Pt (Pt30Rh = Platin 30% Rhodium 70%)<br />

Für genauere Anforderungen ist zu berücksichtigen, dass die Thermoempfindlichkeit<br />

kAB<br />

nicht konstant ist; in [DIN60584] finden sich dann<br />

genauere, nicht‐lineare Angaben <strong>zur</strong> Abhängigkeit der Thermospannung<br />

von der Temperatur.<br />

Codes gängiger Thermopaare<br />

Keine Annahme konstanter<br />

Thermoempfindlichkeit bei<br />

höheren Genauigkeitsanforderungen<br />

Zulässige Abweichungen<br />

In [DIN60584] werden die drei Genauigkeitsklassen 1, 2 <strong>und</strong> 3 nach folgender<br />

Tabelle spezifiziert:<br />

Normierte Genauigkeitsklassen<br />

Abbildung 45: Zulässige Grenzabweichungen für Thermopaare nach<br />

[DIN60584].<br />

14


Beispiel<br />

Wird mit einem Thermopaar Typ J (Fe‐CuNi) der Klasse 2 eine Temperatur<br />

von 100°C gemessen, so gilt im schlechtesten Fall<br />

( ϑ )<br />

( )<br />

Amax = max ⎡<br />

⎣<br />

2,5 oder 0,0075⋅ ° C⎤<br />

⎦<br />

= max ⎡<br />

⎣<br />

2,5 oder 0,0075⋅ 100 ° C⎤<br />

⎦<br />

( )<br />

= max⎡⎣<br />

2,5oder 0,75 ° C⎤⎦<br />

= 2,5°<br />

C<br />

;<br />

wird hingegen eine Temperatur von 400°C gemessen, so gilt<br />

( ϑ )<br />

( )<br />

Amax = max<br />

⎣<br />

⎡ 2,5 oder 0,0075⋅ ° C⎤<br />

⎦<br />

= max ⎡<br />

⎣<br />

2,5 oder 0,0075⋅ 400 ° C⎤<br />

⎦<br />

( )<br />

= max ⎡⎣<br />

2,5 oder 3 ° C⎤⎦= 3°<br />

C<br />

.<br />

Temperaturmessung mit Vergleichsstelle<br />

Wir können also entsprechend Abbildung 44 bei Kenntnis der Temperatur<br />

einer Vergleichsstelle (VS) die an einer Messstelle (MS) bestimmen:<br />

U M<br />

U<br />

AC<br />

A<br />

U<br />

MS<br />

T<br />

An<br />

V<br />

C<br />

( ϑ )<br />

An<br />

UVS<br />

U<br />

AC<br />

A<br />

Temperaturmessung mit<br />

Vergleichsstelle<br />

B<br />

T ( ϑ )<br />

T ( ϑ )<br />

MS<br />

MS<br />

Abbildung 46: Temperaturmessung mit Thermoelement <strong>und</strong> Vergleichsstelle.<br />

Die Vergleichsstelle muss hier auf einen konstanten, bekannten Wert<br />

T VS gehalten werden; dies kann z.B. durch eine Temperatursteuerung<br />

mittels Thermostat geschehen. Dann gilt<br />

UM =− UAC + UMS − UVS + UAC = UMS −UVS<br />

= k ⋅T −k ⋅ T = k ⋅ T − T = k ⋅ ϑ − ϑ = k ⋅Δ ϑ<br />

,<br />

VS<br />

VS<br />

( ) ( )<br />

AB MS AB VS AB MS VS AB MS VS AB<br />

woraus schließlich<br />

folgt.<br />

U<br />

Δϑ ≡<br />

MS<br />

−<br />

VS<br />

= ϑMS − ϑVS<br />

=<br />

k<br />

M<br />

( T T ) ( )<br />

AB<br />

Berechnung der Temperaturdifferenz<br />

<strong>zur</strong> VS<br />

15


Die Temperaturen TAn<br />

der Materialkombination A‐C <strong>und</strong> damit die<br />

Thermospannungen U AC sind dabei für beide Anschlüsse gleich groß angenommen<br />

worden.<br />

Man ermittelt also die Temperaturdifferenz Δϑ ≡TMS − TVS = ϑMS − ϑVS<br />

gegenüber der bekannten Temperatur T VS der Vergleichsstelle mittels<br />

• Kenntnis der Thermospannung U M , <strong>und</strong><br />

der verwendeten Mate‐<br />

• Kenntnis der Thermoempfindlichkeit kAB<br />

rialkombination A‐B.<br />

Für höhere Anforderungen an die Genauigkeit muss das nicht‐lineare<br />

Verhalten der Thermoempfindlichkeit kAB<br />

berücksichtigt werden; dazu<br />

dient [DIN60584].<br />

Temperaturmessung mit isothermen Anschlussblock<br />

Die Verwendung einer temperaturstabilen Vergleichsstelle ist für industrielle<br />

Anwendungen häufig zu aufwändig bzw. nicht robust genug. Daher<br />

geht man oftmals anders vor. Dazu sehen wir uns folgende Abbildung<br />

an:<br />

A<br />

U CA<br />

T An<br />

C<br />

Temperaturmessung mit<br />

isothermen Anschlussblock<br />

TMS<br />

UMS<br />

V<br />

U M<br />

B<br />

U BC<br />

Thermoelement<br />

Isothermer Anschlussblock<br />

Abbildung 47: Temperaturmessung mit Thermoelement <strong>und</strong> isothermen<br />

Anschlussblock.<br />

Hier wird der Anschluss zum Messgerät auf einem isothermen Anschlussblock<br />

realisiert, der überall die gleiche Temperatur T An aufweist.<br />

Dann gilt<br />

Mit<br />

erhält man<br />

U = U + U + U = k ⋅ T + k ⋅ T + k ⋅T<br />

= k + k ⋅ T + k ⋅T<br />

M CA MS BC CA An AB MS BC An<br />

( )<br />

CA BC An AB MS<br />

k = k − k k = k − k k = k − k<br />

( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( )<br />

CA C Pt A Pt AB A Pt B Pt BC B Pt C Pt<br />

.<br />

16


( )<br />

U = k + k ⋅ T + k ⋅T<br />

M CA BC An AB MS<br />

(( C( Pt ) A( Pt)<br />

) ( B( Pt) C( Pt)<br />

))<br />

( k<br />

( )<br />

k<br />

( ))<br />

T<br />

APt BPt An<br />

kAB TMS<br />

= k − k + k −k ⋅ T + k ⋅T<br />

= − + ⋅ + ⋅<br />

woraus schließlich mit kAB = kAPt ( )<br />

− kBPt<br />

( )<br />

An AB MS<br />

,<br />

( )<br />

U =−k ⋅ T + k ⋅ T = k ⋅ T −T<br />

M AB An AB MS AB MS An<br />

U<br />

= kAB ⋅Δϑ ⇒ Δϑ ≡TMS − TAn = ϑMS − ϑVS<br />

=<br />

k<br />

M<br />

AB<br />

Berechnung der Temperaturdifferenz<br />

zum Anschlussblock<br />

folgt. Mit dieser Schaltung misst man also die Temperaturdifferenz<br />

Δϑ ≡T<br />

− T = ϑ − ϑ gegen die bekannte isotherme Temperatur<br />

MS An MS An<br />

T An des Anschlussblocks mittels<br />

• Kenntnis der Thermospannung U M , <strong>und</strong><br />

der verwendeten Mate‐<br />

• Kenntnis der Thermoempfindlichkeit kAB<br />

rialkombination A‐B.<br />

Für höhere Anforderungen an die Genauigkeit muss wiederum das<br />

nicht‐lineare Verhalten der Thermoempfindlichkeit kAB<br />

berücksichtigt<br />

werden; dazu dient [DIN60584].<br />

Temperaturmessung mit Ausgleichsleitungen<br />

Ist das Thermoelement örtlich weit vom isothermen Anschlussblock entfernt,<br />

so verwendet man Ausgleichsleitungen A‘ (Anschluss an A) <strong>und</strong> B‘<br />

(Anschluss an B), die näherungsweise die gleiche Thermoempfindlichkeit<br />

aufweisen wir die Schenkel des teureren Thermoelements.<br />

T<br />

An<br />

( ϑ )<br />

An<br />

( )<br />

T ϑ U<br />

MS<br />

MS<br />

MS<br />

U CA'<br />

Verwendung von relativ<br />

kostengünstigen Ausgleichsleitungen<br />

U BC '<br />

17<br />

Abbildung 48: Temperaturmessung mit Thermoelement <strong>und</strong> Ausgleichsleitung.<br />

An den Übergängen A‐A‘ <strong>und</strong> B‐B‘ entstehen so vernachlässigbare<br />

Thermospannungen aufgr<strong>und</strong> der übereinstimmenden Thermoempfindlichkeit.


Messung der Temperatur des Anschlussblocks<br />

Bleibt noch die Bestimmung der Temperatur T An des Anschlussblocks.<br />

Dazu kann z.B. ein Widerstandsthermometer verwendet werden:<br />

T<br />

An<br />

( ϑ )<br />

An<br />

T<br />

( ϑMS<br />

)<br />

MS ,1 ,1<br />

Messung der Temperatur<br />

des Anschlussblocks<br />

T<br />

( ϑMS<br />

)<br />

MS ,2 ,2<br />

T<br />

An<br />

( ϑ )<br />

An<br />

Abbildung 49: Temperaturmessung mit Messung der Temperatur des<br />

Anschlussblocks.<br />

Diese Lösung bietet sich aus Kostengründen insbesondere bei vielkanaligen<br />

Temperaturmessungen mit Thermoelementen an.<br />

Ausführungs­ <strong>und</strong> Bauformen<br />

Standard‐Bauformen<br />

• <strong>zur</strong> Schraubmontage sind z.B. in [DIN43765],<br />

• <strong>zur</strong> Schweißmontage sind z.B. in [DIN43767]<br />

Normierte Standard‐<br />

Bauformen<br />

genormt. Als Beispiel <strong>zur</strong> Schraubmontage dient Abbildung 42. Neben<br />

den gezeigten Bauformen sind noch eine Reihe weiterer Bauformen<br />

gängig.<br />

18


Signalverarbeitung<br />

Thermoelemente sind Spannungsgeber, wobei die erzeugten Spannungen<br />

sehr klein sind. So liefert z.B. ein Thermopaar Typ J (Fe‐CuNi) pro<br />

100°C in etwa 5,17mV. Demzufolge ist i.d.R. eine Spannungsverstärkung<br />

nötig. Außerdem muss ggf. entsprechend Abbildung 49 die Vergleichstemperatur<br />

gemessen <strong>und</strong> berücksichtigt werden.<br />

ϑ An<br />

μ<br />

10<br />

° C<br />

⋅( ϑ − ϑ )<br />

mV ° C<br />

⋅( ϑMS −ϑAn)<br />

51,7 V MS An<br />

ϑ MS<br />

10 mV ° C<br />

⋅ϑAn<br />

10 mV ° C<br />

⋅ϑMS<br />

Signalverarbeitung bei einem<br />

Thermoelement mit<br />

Anschlussblock<br />

ϑ An<br />

Abbildung 50: Signalverarbeitung für Thermoelement Typ J nach<br />

[TietzeSchnk]<br />

Die o.a. Abbildung ist ein Beispiel; weitere Schaltungsvarianten können<br />

[TietzeSchnk] entnommen werden.<br />

19


Beispiel<br />

Es wird ein Fe‐CuNi‐Thermoelement vom Typ J eingesetzt, dass zwischen<br />

0 <strong>und</strong> 100°C eine Thermoempfindlichkeit von ca. 51,7µV/°C besitzt.<br />

Die Signalverarbeitung findet in folgenden Schritten statt:<br />

1. Der erste Verstärker bewirkt mit seinem Verstärkungsfaktor von<br />

10 mV / ° C<br />

A = = 193<br />

51,7 μV / ° C<br />

eine Erhöhung der Spannungspegels auf ( )<br />

2. Zur Messung der Temperatur ϑAn<br />

eigener Sensor verwendet, der<br />

10 mV ϑ C An<br />

ϑAn<br />

10 mV MS An<br />

° C<br />

⋅ ϑ − ϑ .<br />

des Anschlussblocks wird ein<br />

in eine Spannungspegel von<br />

°<br />

⋅ umwandelt; dazu stehen fertige Temperatursensoren<br />

mit Celsius‐Nullpunkt inkl. Signalverarbeitung <strong>zur</strong> Verfügung, z.B.<br />

der LM 35 von National oder der LT 1025 von Linear Technology.<br />

3. Der sich anschließende Summierer addiert beide Spannungen<br />

pegelrichtig, sodass für die Ausgangsspannung U a ein Spannungspegel<br />

von<br />

Dimensionierung der Schaltung<br />

erhalten wird.<br />

( )<br />

mV mV mV<br />

10 ⋅ ϑ − ϑ + 10 ⋅ ϑ = 10 ⋅ϑ<br />

° C MS An ° C An ° C MS<br />

U a bewegt sich demzufolge für Temperaturen von 0° C ≤ϑ<br />

≤ 100°<br />

C<br />

im Bereich von 0V ≤U ≤ 1V<br />

.<br />

a<br />

M<br />

20


Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereich<br />

Eigenschaften<br />

Wir wollen zuerst die wichtigsten Eigenschaften von Thermoelementen<br />

zusammenfassen:<br />

• Genauigkeit. Thermoelemente sind nicht so genau wie Widerstandsthermometer.<br />

• Temperaturbereich. Thermoelemente können ab ca. ‐200°C verwendet<br />

werden. Mit ihnen können (verglichen mit Widerstandsthermometern)<br />

sehr hohe Temperaturen bis hin zu 1700°C gemessen<br />

werden (Typ B).<br />

• Messstelle. Thermoelemente ermöglichen punktförmigen Messungen.<br />

Man kann kleine Bauformen realisieren.<br />

• Dynamisches Verhalten. Thermoelemente sind vom Messprinzip<br />

her schnelle Sensoren. In verfahrenstechnischen Anlagen ist die<br />

Verwendung von Armaturen üblich, siehe Abbildung 42. Daher<br />

wird die Dynamik dann bestimmt durch den Wärmewiderstand<br />

<strong>und</strong> die Wärmekapazität von Messeinsatz <strong>und</strong> Armatur.<br />

Einsatzbereiche<br />

Thermoelemente haben sich in vielen Bereichen der Industrie bewährt.<br />

Sie werden häufig im Bereich der Verfahrenstechnik (z.B. Chemische Industrie,<br />

Petrochemische Industrie, Pharmazeutische Industrie) eingesetzt,<br />

besonders dann wenn hohe Temperaturen gemessen werden sollen.<br />

Thermoelemente sind nicht<br />

so genau wie Widerstandsthermometer<br />

haben aber einen höheren<br />

Temperaturbereich<br />

Ermöglichen punktförmige<br />

Messungen<br />

Sind schneller<br />

Einfluss von Messeinsatz<br />

<strong>und</strong> Armatur<br />

Einsatzbereiche<br />

21


Beispiel<br />

U.a. Abbildung ist ein Beispiel für ein Thermometer mit einem Thermoelement.<br />

Thermoelement der Fa.<br />

Pförtner Messtechnik<br />

Abbildung 51: Thermoelement Serie 821 der Fa. Pförtner Messtechnik.<br />

Pförtner Messtechnik gibt u.a. folgende Eigenschaften für den Sensor<br />

an:<br />

• Bauform Schraubmontage nach DIN 43735<br />

• Thermoelemente: L (Fe‐CuNi), J (Fe‐CuNi), K (NiCr‐Ni)<br />

• Messbereich bis 800°C<br />

• Genauigkeit Klasse 1<br />

22


Kontrollfragen<br />

1. Worum handelt es sich bei beim absoluten Nullpunkt <strong>und</strong> beim<br />

Eispunkt?<br />

2. Erläutern Sie das Prinzip des Widerstandthermometers. Warum<br />

handelt es sich beim Widerstandthermometer um ein PTC?<br />

3. Warum kommt Platin bei Widerstandthermometern bevorzugt<br />

zum Einsatz?<br />

4. Welche Genauigkeitsklassen werden in [DIN60751] für Widerstandsthermometer<br />

spezifiziert?<br />

5. Mit welchen Verfahren wird das Signal eines Widerstandthermometers<br />

verarbeitet?<br />

6. Schildern Sie einige Ausführungs‐ <strong>und</strong> Bauformen des Widerstandthermometers.<br />

7. Schildern Sie Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereiche des Widerstandthermometers.<br />

8. Erläutern Sie das Prinzip des Thermoelements.<br />

9. Berechnen Sie die Thermoempfindlichkeit von drei Typen; wählen<br />

Sie aus aus T, E, J, K, S, R, B, U, L.<br />

10. Welche Genauigkeitsklassen werden in [DIN60584] für Thermoelemente<br />

spezifiziert?<br />

11. Schildern Sie das Prinzip der Temperaturmessung mit Thermoelement<br />

<strong>und</strong> Vergleichsstelle.<br />

12. Schildern Sie das Prinzip der Temperaturmessung mit Thermoelement<br />

<strong>und</strong> isothermen Anschlussblock.<br />

13. Skizzieren Sie eine Messschaltung <strong>zur</strong> Signalverarbeitung bei der<br />

Temperaturmessung mit Thermoelement <strong>und</strong> isothermen Anschlussblock.<br />

14. Schildern Sie einige Ausführungs‐ <strong>und</strong> Bauformen des Thermoelements.<br />

15. Schildern Sie Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereiche des Thermoelements.<br />

23


Literatur<br />

[DIN43765]<br />

[DIN43767]<br />

[DIN60584]<br />

[DIN60751]<br />

[Hering]<br />

[Hoffmann]<br />

DIN 43765: Messen, Steuern, Regeln; Elektrische Temperaturaufnehmer;<br />

Einschraub‐Thermometer mit Einschraubgewinde<br />

G ½, 1986.<br />

DIN 43767: Messen, Steuern, Regeln; Elektrische Temperaturaufnehmer;<br />

Einschweiß‐Thermometer, 1986.<br />

DIN EN 60584: Thermopaare, 1996 (T1) <strong>und</strong> 1998 (T2).<br />

DIN EN 60751: <strong>Industrielle</strong> Platin‐Widerstandsthermometer<br />

<strong>und</strong> Platin‐Widerstände, 1996.<br />

Hering, E., Martin, R., Stohrer, M.: Physik für Ingenieure.<br />

VDI‐Verlag, 4. Auflage, 1992.<br />

Hoffmann, J.: Handbuch der Messtechnik. Hanser‐Verlag,<br />

1999.<br />

[Schaumbg] Schaumburg, H.: Sensoren. Teubner‐Verlag, 1992.<br />

[Schrüfer] Schrüfer, E.: Elektrische Messtechnik. Hanser‐Verlag, 8.<br />

Auflage, 2004.<br />

[TietzeSchnk] Tietze, U.; Schenck, Ch.: Halbleiterschaltungstechnik.<br />

Springer‐Verlag, 12. Auflage, 2002.<br />

24


Durchflussmessung<br />

Zur Klärung des Begriffes Durchfluss (hier im Speziellen Durchfluss in einer<br />

Rohrleitung) dient folgende Abbildung:<br />

Propfenströmung durch ein<br />

kreisr<strong>und</strong>es Rohr<br />

Abbildung 52: Propfenströmung durch ein kreisförmiges Rohr.<br />

Ein Kontrollsystem ist die Zusammenfassung bestimmter, immer gleicher<br />

Fluidelemente, die durch eine bestimmte Begrenzungsfläche abgegrenzt<br />

sind. Für das angegebene Kontrollsystem S(t) gilt nun:<br />

• S(t) hat zum Zeitpunkt t die angegebene Gestalt, d.h. besitzt die<br />

rote Gestalt.<br />

• Zum Zeitpunkt t+dt hat es sich fortbewegt; es hat nun die blaue<br />

Gestalt S(t+dt).<br />

In der Zeit dt hat also das Volumen dV die Kontrollfläche A überschritten,<br />

wobei die rechte Stirnfläche des roten Zylinders sich mit der Geschwindigkeit<br />

v fortbewegt hat. Unter Durchfluss versteht man nun<br />

• die Geschwindigkeit v z.B. in m/s der rechten Stirnfläche des roten<br />

Zylinders,<br />

• den Volumenstrom V ≡ dV dt des Anteils des Kontrollsystems,<br />

der die Kontrollfläche A überschritten hat, z.B. in m 3 /s, oder<br />

• den Massenstrom M ≡ dM dt des Anteils des Kontrollsystems,<br />

der die Kontrollfläche A überschritten hat, z.B. in kg/s.<br />

Durchfluss = Fluidgeschwindigkeit,<br />

Volumenstrom<br />

oder Massenstrom<br />

Es gelten folgende Zusammenhänge:<br />

dV A dx<br />

V<br />

⋅<br />

≡ = = A⋅v<br />

dt dt<br />

.<br />

dM ρ dV<br />

M<br />

⋅<br />

≡ = = ρ ⋅ V<br />

= ρ ⋅A⋅v<br />

dt dt<br />

Umrechnungen ineinander<br />

Dabei wurde vorausgesetzt, dass Geschwindigkeit v <strong>und</strong> Dichte ρ auf<br />

der Kontrollfläche A konstant ist; wir sprechen von einer Propfenströmung.<br />

1


Beispiel<br />

Durch ein Rohr mit einem Innendurchmesser von D = 200mmfließt<br />

3<br />

3<br />

Wasser ( ρ ≈ 1000kg m ) mit ein Volumenstrom von V = 180m h .<br />

Dies entspricht einer Fluidgeschwindigkeit von<br />

3<br />

m 1h<br />

180<br />

V<br />

V<br />

⋅<br />

4 4<br />

h 3600s<br />

m<br />

V = A⋅v ⇒ v = = ⋅ = ⋅ ≈1,59<br />

.<br />

2 2<br />

A π ⋅ D π ⋅<br />

s<br />

Für den Massenstrom erhält man<br />

( 0, 2m)<br />

M<br />

3<br />

kg m 1h kg<br />

= ρ ⋅ V<br />

= 1000 ⋅180 ⋅ = 50<br />

3<br />

m h 3600s s<br />

kg 1t 3600s t<br />

= 50 ⋅ ⋅ = 180<br />

s 1000kg 1h h<br />

.<br />

Massen‐ <strong>und</strong> Energiebilanz<br />

Besonders wichtige Beziehungen in der Strömungsmesstechnik sind die<br />

Sätze, die die Erhaltung<br />

• der Masse, <strong>und</strong><br />

• der Energie<br />

postulieren. Wir beschränken uns hier auf den einfacheren Fall inkompressibler<br />

Strömung, d.h. die Dichte im bewegten Fluid ist überall konstant.<br />

Zur Massen‐ <strong>und</strong> Energiebilanz<br />

Abbildung 53: Zur Massen- <strong>und</strong> Energiebilanz nach [Bohl].<br />

Massenbilanz (Kontinuitätsgleichung)<br />

Der Satz der Erhaltung der Masse sagt aus, dass in einer <strong>und</strong>urchlässigen<br />

Stromröhre die bei 1 einfließende Masse auch bei 2 ausfließen muss. Es<br />

gilt also<br />

M = M ⇔ ρ ⋅ A ⋅ v = ρ ⋅ A ⋅v ⇒ A ⋅ v = A ⋅v<br />

.<br />

1 2 1 1 2 2 1 1 2 2<br />

Diese Gleichung wird auch Kontinuitätsgleichung genannt.<br />

Kontinuitätsgleichung<br />

2


Energiebilanz<br />

Der Satz der Erhaltung der Energie sagt aus, dass in einer energetisch<br />

gesehen <strong>und</strong>urchlässigen Stromröhre die bei 1 einfließende Energie<br />

auch bei 2 ausfließen muss. Setzen wir weiterhin Reibungsfreiheit voraus,<br />

so gilt nach Bernoulli<br />

2 2<br />

p1 v1 p2 v2<br />

g ⋅ z + 1<br />

g z2<br />

ρ<br />

+ 2 = ⋅ + ρ<br />

+ 2<br />

.<br />

Bernoulli‐Gleichung = Energieerhaltungssatz<br />

Dies ist die Bernoulli‐Gleichung mit den entsprechenden Anteilen an<br />

• potentieller Energie,<br />

• Volumenänderungsenergie, <strong>und</strong><br />

• kinetischer Energie.<br />

Reynoldszahl<br />

Häufig ist man in der Strömungsmesstechnik an der Frage interessiert,<br />

ob die Strömung<br />

• an einer verkleinerten (oder vergrößerten) Modell‐Geometrie<br />

• derjenigen einer entsprechenden Original‐Geometrie<br />

ähnlich ist. So werden z.B. aus Kostengründen kleine Windkanäle gebaut,<br />

in denen die Strömung an kleinen Modellen beobachtet <strong>und</strong> bewertet<br />

werden kann, um dann auf die Strömungsverhältnisse des Originals<br />

zu schließen. Damit das geht muss die Strömung am Modell <strong>und</strong> am<br />

Original ähnlich sein.<br />

Reynoldszahl <strong>zur</strong> Beurteilung<br />

ähnlicher Strömungsformen<br />

Zur Beurteilung, ob zwei Strömungen ähnlich sind, dient die dimensionslose<br />

Reynolds‐Zahl. Für Rohrströmungen gilt<br />

Re =<br />

v⋅<br />

D<br />

υ<br />

Berechnung der Reynoldszahl<br />

mit<br />

• dem Durchmesser D einer Rohrleitung in m, <strong>und</strong><br />

• der kinematischen Viskosität υ des Fluids in m 2 /s .<br />

Unterschiedliche Strömungen mit gleicher Reynoldszahl werden als physikalisch<br />

ähnlich bezeichnet. Häufig werden Durchflussmesser für einen<br />

bestimmten Bereich der Reynoldszahl spezifiziert.<br />

3


Beispiel<br />

3<br />

Bleiben wir bei unserem Fall von vorher: Wasser ( ρ ≈ 1000kg m )<br />

3<br />

fließt mit V = 180m h≈1,59m s durch ein Rohr mit D = 200mm. Wir<br />

nehmen weiterhin eine Wassertemperatur von 20°C an; dann beträgt<br />

−6 2<br />

die kinematische Viskosität von Wasser υ ≈110 ⋅ m s. Die Reynoldszahl<br />

ergibt sich so zu<br />

m<br />

1, 59 ⋅ 0, 2m<br />

v⋅<br />

D<br />

Re = =<br />

s<br />

= 318000 .<br />

2<br />

υ<br />

−6<br />

m<br />

10<br />

s<br />

−4 2<br />

Würde durch das gleiche Rohr Hydrauliköl fließen ( υ ≈110 ⋅ m s bei<br />

20°C), so müsste für eine ähnliche Strömung dieses Öl mit einer Geschwindigkeit<br />

von<br />

fließen!<br />

2<br />

−4<br />

m<br />

318000 ⋅10<br />

v⋅D Re⋅υ<br />

s m<br />

Re = ⇒ v = = = 159 .<br />

υ<br />

D 0, 2m s<br />

Strömungsformen<br />

In Wirklichkeit sind die Geschwindigkeiten der einzelnen Fluidteilchen<br />

auf der Kontrollfläche A in Abbildung 52 nicht gleich, d.h. es liegt in<br />

Wirklichkeit keine Propfenströmung vor.<br />

Stattdessen liegt eine rotationssymmetrische Strömungsform vor, bei<br />

der die Geschwindigkeit v der einzelnen Fluidteilchen von deren Abstand<br />

r <strong>zur</strong> Rohrmitte abhängen, d.h. es gilt<br />

Propfenströmung gibt es<br />

nicht<br />

( )<br />

v= f r .<br />

In Abhängigkeit von der Reynoldszahl Re findet man in der Praxis zwei<br />

unterschiedliche Strömungsarten vor.<br />

4


Laminare oder Schicht­Strömung<br />

Für kleine Reynoldszahlen Re ≤ 2320 liegt sogenannte laminare oder<br />

Schichtströmung vor.<br />

R<br />

r<br />

v(r)<br />

Laminare<br />

Strömung<br />

Laminares Strömungsprofil<br />

für Re≤2320<br />

D<br />

vmax<br />

x<br />

0<br />

Abbildung 54: Laminare oder Schicht-Strömung für Re≤2320.<br />

Die Fluidteilchen bewegen sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten<br />

auf <strong>zur</strong> Rohrachse parallelen Stromlinien ohne sich zu vermischen.<br />

( )<br />

v= f r lässt sich theoretisch berechnen; es ergibt sich eine Parabelform.<br />

Turbulente Strömung<br />

Für größere Reynoldszahlen Re > 2320 bildet sich eine sogenannte turbulente<br />

Rohrströmung aus.<br />

r<br />

D<br />

R<br />

v(r)<br />

vmax<br />

x<br />

Turbulente<br />

Strömung<br />

Turbulentes Strömungsprofil<br />

für Re>2320<br />

0<br />

Abbildung 55: Turbulente Strömung für Re>2320.<br />

Dabei bewegen sich die Fluidteilchen über den Querschnitt verteilt turbulent<br />

(chaotisch) in allen Richtungen, es kommt zu Mischungseffekten.<br />

( )<br />

v= f r lässt sich theoretisch nicht berechnen; es gibt aber theoretisch‐heuristische<br />

Gleichungen. Diese Strömungsform findet sich in der<br />

Praxis am häufigsten.<br />

Meistens ist die Strömung<br />

turbulent<br />

Propfenströmung<br />

Um nun trotzdem mit dem unrealistischen, aber einfachen Modell einer<br />

Propfenströmung rechnen zu können, bildet man mit<br />

v<br />

1<br />

≡ ⋅ v⋅dA<br />

A<br />

∫<br />

A<br />

Umrechnung in eine äquivalente<br />

Propfenströmung<br />

die über den Querschnitt A gemittelte Geschwindigkeit v <strong>und</strong> verwendet<br />

diese für die Annahme der Propfenströmung.<br />

5


Beispiel<br />

Wir wollen für den Fall von vorher (Wasser mit<br />

−6 2<br />

110 m s<br />

3<br />

ρ ≈ 1000kg m <strong>und</strong><br />

υ ≈ ⋅ fließt durch ein Rohr mit D = 200mm) die kritische Geschwindigkeit<br />

v K ausrechnen, bei der die Strömung von einer laminaren<br />

auf eine turbulente Strömungsform umschlägt. Es gilt<br />

Re<br />

K<br />

2<br />

−6<br />

m<br />

2320 ⋅10<br />

vK<br />

⋅D ReK<br />

⋅υ<br />

m<br />

= = 2320 ⇒ v<br />

s<br />

K<br />

= = ≈ 0,01116 .<br />

υ<br />

D 0, 2m s<br />

Das ist eine sehr geringe Strömungsgeschwindigkeit, die in der industriellen<br />

Praxis selten vorkommt.<br />

Ein­ <strong>und</strong> Auslaufstrecken<br />

Für eine präzise Durchflussmessung ist es wichtig, dass die Strömung im<br />

Durchflussmesser voll ausgebildet ist, also die in Abbildung 55 gezeigte<br />

turbulente Strömungsform entlang des Querschnitts aufweist. Wirbel<br />

sowie sonstige Asymmetrien in der Strömungsform müssen vermieden<br />

werden.<br />

Um das zu gewährleisten, werden häufig Ein‐ <strong>und</strong> Auslaufstrecken gefordert.<br />

Dabei handelt es sich um gerade Rohrstücke entsprechender<br />

Länge, die vor <strong>und</strong> nach dem Durchflussmesser vorzusehen sind.<br />

Ein‐ <strong>und</strong> Auslaufstrecken<br />

<strong>zur</strong> präzisen Durchflussmessung<br />

Abbildung 56: Ein- <strong>und</strong> Auslaufstrecke.<br />

Ein‐ <strong>und</strong> Auslaufstrecke L e <strong>und</strong> L a werden meistens als Vielfaches des<br />

Durchmessers D angegeben. Häufig finden sich Angaben für L e <strong>und</strong> L a in<br />

den Datenblättern zu den Durchflussmessern, z.B. in der Form<br />

• Einlaufstrecke L > 10⋅ D,<br />

• Auslaufstrecke L > 5⋅ D .<br />

e<br />

a<br />

6


Wirkdruckverfahren<br />

Kommen wir nun zu den Verfahren <strong>zur</strong> Durchflussmessung. Beim Wirkdruckverfahren<br />

wird in die Strömung ein Strömungswiderstand eingebracht;<br />

der Druckabfall Δ p daran ist dann ein Maß für den Durchfluss.<br />

Dieser Druckabfall wird Wirkdruck genannt, die entsprechenden Verfahren<br />

<strong>zur</strong> Bestimmung des Durchflusses dementsprechend Wirkdruckverfahren.<br />

Prinzip des Wirkdruckverfahrens<br />

mittels Drosselgerät<br />

Abbildung 57: Prinzip Wirkdruckverfahren mittels Drosselgerät nach<br />

[Bohl].<br />

Die o.a. Abbildung zeigt ein Drosselgerät, das den Strömungswiderstand<br />

erzeugt. Wir setzen zuerst vereinfachend voraus, dass die Dichte innerhalb<br />

des Drosselgerätes konstant ist; später kann diese Annahme fallen<br />

gelassen werden. Dann gilt aufgr<strong>und</strong> der Kontinuitätsgleichung<br />

2<br />

d<br />

π ⋅<br />

v A v A v v v v v<br />

π ⋅<br />

4<br />

2<br />

A2<br />

4 ⎛ d ⎞<br />

2<br />

1⋅ 1<br />

=<br />

2⋅ 2<br />

⇒<br />

1<br />

= ⋅<br />

2<br />

= ⋅<br />

2 2<br />

=<br />

2<br />

β<br />

2<br />

A1<br />

D<br />

⎜ ⎟ ⋅ = ⋅<br />

⎝D⎠<br />

Kontinuitätsgleichung<br />

mit dem Durchmesserverhältnis<br />

d<br />

β ≡ 0< β < 1.<br />

D<br />

Die Strömung wird durch die Einschnürung also entsprechend beschleunigt.<br />

Das hat Konsequenzen für die Energiegleichung<br />

p v p v<br />

g ⋅ z + ρ<br />

+ 2 = ⋅ + ρ<br />

+ 2<br />

2 2<br />

1 1 2 2<br />

1<br />

g z2<br />

Bernoulli‐Gleichung<br />

nach Bernoulli.<br />

7


Setzen wird horizontale Montage des Drosselgerätes voraus, so gilt mit<br />

z = z <strong>und</strong> damit in Folge<br />

1 2<br />

p v 2 p v 2<br />

1 1 2 2 2 2 1 2<br />

2 1<br />

2 p − p Δ<br />

+ = + ⇒ v − v = ⋅ = 2⋅ p .<br />

ρ 2 ρ 2<br />

ρ ρ<br />

Die Erhöhung der Geschwindigkeitsenergie durch die Erhöhung der Geschwindigkeit<br />

mit der Einschnürung hat somit wegen der Erhaltung der<br />

Energie eine Verminderung der Druckenergie <strong>und</strong> somit eine Verminderung<br />

des Drucks <strong>zur</strong> Folge.<br />

Wir erhalten eine Druckdifferenz Δp ≡ p1− p2, die Wirkdruck genannt<br />

wird. Berücksichtigen wir nun die o.a. Kontinuitätsgleichung, so folgt<br />

2 2 2 4 Δp<br />

v2 − v1 = v2<br />

⋅( 1− β ) = 2⋅<br />

ρ<br />

1 Δp<br />

Δp<br />

⇒ v2 = ⋅ 2⋅ = α′<br />

⋅ 2⋅<br />

4<br />

1−<br />

β ρ ρ<br />

So bestimmt man theoretisch<br />

die Geschwindigkeit<br />

für Flüssigkeiten<br />

mit der theoretischen Durchflusszahl<br />

α′ ≡<br />

1<br />

4<br />

1−<br />

β<br />

.<br />

Theoretische Durchflusszahl<br />

Die Geschwindigkeiten v 2 sowie<br />

v<br />

= β ⋅ v lassen sich also bei<br />

2<br />

1 2<br />

• bekanntem Durchmesserverhältnis β , <strong>und</strong><br />

• bekannter Dichte ρ<br />

aus dem Wirkdruck Δ p berechnen; die Wirkdruckverfahren sind also<br />

von ihrer Natur her Verfahren <strong>zur</strong> Messung der Fluidgeschwindigkeit<br />

von Flüssigkeiten (wegen der konstant angenommenen Dichte ρ ).<br />

I.d.R. interessieren jedoch eher Volumen‐ oder Massenstrom. Für den<br />

Volumenstrom V gilt mit<br />

2<br />

A2<br />

π d 4 ⎛ d<br />

2 ⎜<br />

1<br />

π 4 ⎝<br />

2<br />

⎞<br />

= = ⎟ = β ⇒ A = β ⋅A<br />

A D D⎠<br />

2 2<br />

2 1<br />

sowie V = A2 ⋅v2<br />

die Beziehung<br />

p<br />

2 p<br />

V Δ<br />

Δ<br />

= A2⋅ v2 = α′ ⋅A2⋅ 2⋅ = α′<br />

⋅β<br />

⋅A1⋅ 2⋅<br />

.<br />

ρ<br />

ρ<br />

So bestimmt man theoretisch<br />

den Volumenstrom für<br />

Flüssigkeiten<br />

8


Aufgr<strong>und</strong> z.B.<br />

• Reibung (bei Flüssigkeiten <strong>und</strong> Gasen), <strong>und</strong><br />

• Expansion (bei Gasen)<br />

sind empirisch begründete Veränderungen vorzunehmen; man erhält<br />

dann schließlich<br />

2 p<br />

2 p<br />

V<br />

Δ<br />

Δ<br />

= ε ⋅( C⋅α′<br />

) ⋅β ⋅A1⋅ 2⋅ = ε ⋅α⋅β<br />

⋅A1⋅ 2⋅<br />

ρ<br />

ρ<br />

Zwischenergebnis<br />

mit der<br />

• (tatsächlichen oder empirischen) Durchflusszahl α , <strong>und</strong> der<br />

• Expansionszahl ε , die für Flüssigkeiten 1 ist.<br />

Für die Durchflusszahl findet also mit<br />

α ≡C<br />

⋅ α′<br />

=<br />

C<br />

4<br />

1−<br />

β<br />

Tatsächliche, empirische<br />

Durchflusszahl<br />

eine empirisch begründete Anpassung statt; C wird Durchflusskoeffizient<br />

genannt. C hängt u.a. von der geometrischen Form des Drosselgerätes<br />

ab. Details <strong>zur</strong> Berechnung von C <strong>und</strong> ε können [ISO5167‐3] entnommen<br />

werden. Damit erhält man bei üblicherweise vorgegebenem<br />

Durchmesser D für den Volumenstrom<br />

2 2 2<br />

C p C D p<br />

V ⋅ β Δ ⋅<br />

A1<br />

2 β π Δ<br />

= ε ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ = ε ⋅ ⋅ ⋅ 2⋅<br />

;<br />

4 4<br />

1−β<br />

ρ 1−β<br />

4 ρ<br />

interessiert man sich für den Wirkdruck<br />

V , so gilt<br />

Δp<br />

bei vorgebendem Durchfluss<br />

So bestimmt man tatsächlich<br />

den Volumenstrom für<br />

Flüssigkeiten <strong>und</strong> Gase<br />

⎛<br />

⎞<br />

⎜<br />

⎟<br />

2<br />

4<br />

1 V<br />

1 4 1 β<br />

p ρ<br />

⎜ <br />

⎛ ⋅ − ⎞<br />

Δ = ⋅ ⋅<br />

⎟<br />

= ⋅ ⋅ρ⋅V<br />

2 2 2 2<br />

2 ⎜ C⋅β πD ⎟ 2 ⎜ε ⋅C⋅β ⋅πD<br />

⎟<br />

ε ⋅ ⋅<br />

⎝<br />

⎠<br />

⎜<br />

4<br />

1−<br />

β 4 ⎟<br />

⎝<br />

⎠<br />

4<br />

8 ⎛ 1−<br />

β ⎞<br />

= ⋅ ⋅ρ<br />

⋅V<br />

2 2 2<br />

π ⎜ε ⋅C⋅β<br />

⋅D<br />

⎟<br />

⎝<br />

⎠<br />

2<br />

2<br />

2<br />

2<br />

.<br />

So kann man rückwärts den<br />

Wirkdruck berechnen<br />

9


Beispiel<br />

Für eine Venturi‐Düse gemäß Abbildung 57 berechnet sich für Wasser (<br />

3<br />

ρ ≈ 1000kg m ) mit ε = 1 der Wirkdruck allgemein zu<br />

4<br />

8 ⎛ 1−<br />

β ⎞<br />

Δ p = ⋅ ⋅ρ<br />

⋅V<br />

2 2 2<br />

π ⎜1⋅C⋅β<br />

⋅D<br />

⎟<br />

⎝<br />

⎠<br />

2<br />

2<br />

.<br />

Nehmen wir z.B. D = 200mm, β = 0,6 <strong>und</strong> C = 0,9 an. Dann ergibt<br />

sich so ein Wirkdruck z.B. für<br />

von<br />

m m 1h m<br />

V<br />

= 180 = 180 ⋅ = 0,05<br />

h h 3600s s<br />

3 3 3<br />

2<br />

4<br />

8 ⎛ 1−<br />

β ⎞<br />

2<br />

Δ p = ⋅ ⋅ρ<br />

⋅V<br />

2 2 2<br />

π ⎜C<br />

β D ⎟<br />

⎝<br />

⋅ ⋅<br />

⎠<br />

2<br />

4 3<br />

2<br />

8 ⎛ 1−<br />

0,6 ⎞ kg ⎛ m ⎞<br />

= ⋅ ⋅1000 ⋅ 0,05<br />

2 2 2 2 3 ⎜ ⎟ .<br />

π ⎜10,90,6 0,2m ⎟<br />

⎝<br />

⋅ ⋅ ⋅<br />

⎠<br />

m ⎝ s ⎠<br />

3<br />

4 1 m<br />

5<br />

≈1,05⋅10 ⋅kg ⋅ = 0,105⋅ 10 Pa = 0,105bar = 105mbar<br />

4 2<br />

m s<br />

Trägt man für das Beispiel den Wirkdruck für verschiedene Durchflüsse<br />

auf, so erhält man folgende Abbildung.<br />

140<br />

Wirkdruck Δp an einer Venturi-Düse<br />

120<br />

Δ p/mbar<br />

100<br />

80<br />

60<br />

Der charakteristische parabelförmige<br />

Verlauf des<br />

Wirkdrucks<br />

40<br />

20<br />

0<br />

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200<br />

FV/(m 3 /h)<br />

Abbildung 58: Wirkdruck in Abhängigkeit vom Volumenstrom für das<br />

Beispiel.<br />

Man erkennt den sehr kleinen Wirkdruck für kleine Durchflüsse.<br />

10


Signalverarbeitung<br />

Der Durchfluss wird hier indirekt über die direkte Messung des Wirkdrucks<br />

Δ p bestimmt. Dieser muss aufgr<strong>und</strong><br />

Δp<br />

ε α β<br />

∼<br />

ρ<br />

2<br />

V = ⋅ ⋅ ⋅A1 ⋅ 2⋅ Δp<br />

Signalverarbeitung: Wurzelziehen<br />

radiziert werden. Früher wurden mechanische Radizierer eingesetzt,<br />

heute kommen überwiegend elektronische Verfahren zum Einsatz.<br />

Ausführungs­ <strong>und</strong> Bauformen<br />

In Deutschland sind in [ISO5167‐3] folgende Ausführungsformen genormt:<br />

Normierte Drosselgeräte<br />

Abbildung 59: In Deutschland nach [Hoffmann] genormte Drosselgeräte.<br />

Daneben gibt es noch weitere, nicht genormte Bauformen für Drosselgeräte,<br />

wobei diese im industriellen Bereich nicht oft eingesetzt werden.<br />

11


Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereiche<br />

Eigenschaften<br />

Durchflussmesssysteme nach dem Wirkdruckverfahren haben folgende<br />

Eigenschaften:<br />

• Messprinzip. Wirkdrucksysteme messen vom Prinzip her Fluidgeschwindigkeiten.<br />

• Robust <strong>und</strong> einfach. Wirkdrucksysteme haben keine bewegte<br />

Elemente, sind daher robust <strong>und</strong> einfach im Aufbau.<br />

• International genormt. Wirkdrucksysteme sind international genormt,<br />

siehe z.B. [ISO5167‐3]<br />

• Druckverlust. Der Aufbau eines Wirkdrucks bewirkt einen Druckverlust,<br />

der u.U. störend sein kann.<br />

• Ein‐ <strong>und</strong> Auslaufstrecken. Es sind relativ lange Einlaufstecken<br />

5… 80⋅<br />

D <strong>und</strong> Auslaufstrecken 4…<br />

8⋅<br />

D notwendig.<br />

• Empfindlich gegen Schmutz <strong>und</strong> Vibrationen. Schmutz kann die<br />

meistens sehr dünnen Zuleitungen <strong>zur</strong> Messung des Differenzdrucks<br />

verstopfen. Vibrationen der Zuleitungen können Störungen<br />

überlagern.<br />

• Sind ungenau im Bereich der unteren Messbereichsgrenze. Kleine<br />

Durchflüsse bewirken einen überproportional kleinen Wirkdruck,<br />

siehe Abbildung 58. Dass kann bei entsprechenden Störungen<br />

auf den Signalleitungen ein Problem sein.<br />

Wirkdrucksysteme:<br />

Messen eigentlich v<br />

Sind robust <strong>und</strong> einfach<br />

Sind international genormt<br />

Haben einen Druckverlust<br />

Benötigen signifikante Ein<strong>und</strong><br />

Auslaufstrecken<br />

Sind empfindlich gegen<br />

Schmutz <strong>und</strong> Vibrationen<br />

Sind in der Nähe des MBA<br />

ungenau<br />

Einsatzbereiche<br />

Wirkdruckverfahren werden sehr häufig eingesetzt. Man verwendet sie<br />

<strong>zur</strong> Messung des Volumen‐ <strong>und</strong> Massenstroms für<br />

• Flüssigkeiten,<br />

• Gase, <strong>und</strong><br />

• Dämpfe<br />

Einsatzbereiche<br />

besonders<br />

• in der Verfahrenstechnik,<br />

• sowie in der chemischen <strong>und</strong> petrochemischen Industrie.<br />

12


Beispiel<br />

U.a. Abbildung ist ein Beispiel für eine Normblende:<br />

Eine Normblende der Fa‐<br />

Dosch<br />

Abbildung 60: Normblende der Fa. Dosch.<br />

Dosch gibt u.a. folgende Eigenschaften für die Normblende an:<br />

• Nenndruck PN 6 bis PN 100<br />

• Nennweite DN 50 bis DN 1600<br />

• Einbau waagrecht, senkrecht oder schräg<br />

• Ein‐ <strong>und</strong> Auslaufstrecken abhängig von konkreter Geometrie<br />

13


Magnetisch‐Induktives (MID)‐Verfahren<br />

Bei der Durchfluss‐Messung auf der Basis des magnetisch‐induktiven<br />

Verfahrens (MID‐Verfahren) wird das Induktionsgesetz <strong>zur</strong> Anwendung<br />

gebracht.<br />

das Induktionsgesetz für<br />

den bewegten Leiter im<br />

Magnetfeld<br />

Abbildung 61: Prinzip MID-Verfahren (Induktionsgesetz) nach [Hering].<br />

Demzufolge wird auf einem in einem Magnetfeld der magnetischen<br />

Flussdichte B mit der Geschwindigkeit v bewegten Leiter der Länge l die<br />

Spannung<br />

( B ⋅ A)<br />

dΦ<br />

d<br />

dA ds<br />

U = = = B ⋅ = B ⋅ l ⋅ = B ⋅ l<br />

dt dt dt dt<br />

induziert, wobei Φ = B⋅ A den magnetischen Fluss darstellt. Angewendet<br />

<strong>zur</strong> Durchflussmessung stellt das bewegte, elektrisch leitende Fluid<br />

den bewegten Leiter dar.<br />

⋅ v<br />

Berechnung der induzierten<br />

Spannung<br />

Messprinzip der MIDs: Induktionsgesetz<br />

Abbildung 62: Prinzip MID-Verfahren (Anwendung) nach [Bohl].<br />

Das Rohr ist innen isoliert, die induzierte Spannung wird über 2 Elektroden<br />

abgegriffen. Ansonsten gibt es keine Einbauten im Rohr.<br />

14


Theoretisch berechnet sich die Fluidgeschwindigkeit zu<br />

D l ⇒ U = B⋅D⋅v;<br />

tatsächlich ist aufgr<strong>und</strong> der Abweichung des tatsächlichen Verhaltens<br />

vom theoretischen Verhalten ein k‐Faktor einzuführen, d.h. es gilt<br />

1<br />

U = k ⋅B⋅D⋅v ⇒ v = ⋅U<br />

.<br />

k ⋅B⋅D<br />

So berechnet sich die induzierte<br />

Spannung theoretisch<br />

So berechnet man v praktisch<br />

I.d.R. interessiert man sich statt für die Fluidgeschwindigkeit für den Volumenstrom,<br />

den man mit<br />

2<br />

A D D<br />

V<br />

π ⋅ π ⋅<br />

= A⋅ v = ⋅ U = ⋅ U = ⋅U<br />

k⋅B⋅D 4⋅k⋅B⋅D 4⋅k⋅B<br />

Und so berechnet man den<br />

Volumenstrom praktisch<br />

berechnet. MIDs<br />

• benötigen ein Fluid mit einer bestimmten Leitfähigkeit,<br />

• sind aber vom Messprinzip her unabhängig von Fluid‐<br />

Parametern wie Dichte, Viskosität, Druck, Temperatur.<br />

MIDs sind von ihrer Natur her Verfahren <strong>zur</strong> Messung der Fluidgeschwindigkeit<br />

von Flüssigkeiten (wegen der erforderlichen Leitfähigkeit<br />

des Fluids).<br />

Beispiel<br />

Bleiben wir beim Beispiel von vorher. Durch einen MID mit D=200mm<br />

mit einer magnetischen Flussdichte von B = 0,1T<br />

fließt Wasser mit<br />

3 3<br />

V<br />

= 180m h=<br />

0,05m s. Der k‐Faktor soll idealerweise k=1 betragen.<br />

Dann ergibt sich eine induzierte Spannung von<br />

D<br />

V<br />

π ⋅<br />

= ⋅U<br />

4 ⋅k⋅B<br />

4⋅k⋅B 4⋅1⋅0,1T m<br />

⇒ U = ⋅ V<br />

= ⋅0,05 ≈ 0,03183V = 31,83mV<br />

π ⋅D π ⋅0, 2m s<br />

;<br />

trotz des relativ großen Volumenstroms ist das nicht sehr viel.<br />

15


Signalverarbeitung<br />

Die induzierte Spannung U ist wie oben gesehen relativ gering. Demzufolge<br />

müssen hochwertige Verstärker mit hoher Spannungsverstärkung<br />

verwendet werden. Der Innenwiderstand des Aufnehmers bezüglich der<br />

beiden Elektroden hängt von der Leitfähigkeit des Fluids <strong>und</strong> der Geometrie<br />

der Anordnung ab; üblicherweise ergibt sich ein vergleichsweise<br />

hoher Innenwiderstand im MΩ‐Bereich. Demzufolge muss der Spannungsverstärker<br />

zusätzlich einen hohen Eingangswiderstand aufweisen.<br />

Man kann z.B. folgende Schaltung verwenden:<br />

Signalverarbeitung: Hochohmige<br />

Spannungsverstärker<br />

mit hoher Verstärkung<br />

Abbildung 63: Signalverarbeitung beim MID nach [Tränkler].<br />

Der Differenzverstärker am Eingang realisiert den hochohmigen Eingang,<br />

die zweite Verstärkerstufe die benötigte Spannungsverstärkung.<br />

Geschaltet Gleichfeld statt reines Gleichfeld<br />

Wird ein zeitlich konstantes Gleichfeld verwendet, so stört die Volta‐<br />

Spannung an dem Kontakt‐Übergang von Elektrode <strong>zur</strong> Flüssigkeit; außerdem<br />

kommt es zu Polarisationseffekten durch den Stromfluss in der<br />

Flüssigkeit. Aus diesem Gr<strong>und</strong> hat sich mit Ausnahme weniger Sonderanwendungen<br />

das geschaltete Gleichfeldverfahren durchgesetzt, bei<br />

dem ein Gleich‐Magnetfeld zyklisch geschaltet (umgepolt) wird.<br />

Geschaltetes Gleichfeld<br />

statt reinem Gleichfeld <strong>zur</strong><br />

Vermeidung von Volta‐<br />

Spannung <strong>und</strong> polarisation<br />

16


Ausführungs­ <strong>und</strong> Bauformen<br />

Es werden heute MIDs für verschiedenste Anwendungen mit Nennweiten<br />

• im mm‐Bereich, bis hin<br />

• zu mehreren Metern<br />

angeboten. Neben Standard‐Ausführungen stehen Ausführungen im<br />

Hochtemperatur‐ <strong>und</strong> Hochdruck‐Bereich sowie überflutungs‐ <strong>und</strong> explosionssichere<br />

Ausführungsformen <strong>zur</strong> Verfügung.<br />

Sehr weiter Nennbereich<br />

Spezielle Bauformen verfügbar<br />

Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereiche<br />

Eigenschaften<br />

MID haben folgende Eigenschaften:<br />

• Messprinzip. MID messen sind vom Prinzip her Fluidgeschwindigkeiten<br />

in beiden Richtungen.<br />

• Robust. MID haben keine bewegte Elemente, sind daher robust.<br />

• Unabhängig von anderen Einflussgrößen. MID sind vom Messprinzip<br />

her unabhängig von Viskosität, Dichte, Druck <strong>und</strong> Temperatur.<br />

• Kein Druckverlust. Es werden keine mechanischen Teile in den<br />

Strömungsgang gestellt, so dass es keinen Druckverlust gibt.<br />

• Auch im Bereich der unteren Messbereichsgrenze noch genau. Im<br />

Gegensatz z.B. zu Wirkdrucksystemen können auch kleine Durchflüsse<br />

noch genügend genau gemessen werden.<br />

• Mindest‐Leitfähigkeit notwendig. Die benötigte Mindest‐<br />

Leitfähigkeit beträgt ca. 1μ S / cm . Leitungswasser hat ca.<br />

500 … 800 μS / cm ; destilliertes Wasser mit ca. 1μ S / cm liegt an<br />

der Grenze. Kohlenwasserstoffe haben eine deutlich geringere<br />

Leitfähigkeit, MID kommen hier nicht in Frage.<br />

• Keine Gase <strong>und</strong> Dämpfe. Aufgr<strong>und</strong> der geringen Leitfähigkeit sind<br />

Gase <strong>und</strong> Dämpfe mit MID ebenfalls nicht messbar.<br />

Einsatzbereiche<br />

MID werden sehr häufig für Flüssigkeiten mit ausreichender Leitfähigkeit<br />

eingesetzt. Man verwendet sie <strong>zur</strong> Messung des Volumen‐ <strong>und</strong><br />

Massenstroms für Flüssigkeiten besonders<br />

• in der Verfahrenstechnik, <strong>und</strong><br />

• im Bereich der Versorgungs‐ <strong>und</strong> Entsorgungstechnik <strong>zur</strong> Messung<br />

von Wasser <strong>und</strong> Abwasser.<br />

MIDs:<br />

Messen eigentlich v mit<br />

Vorzeichen<br />

Sind robust<br />

Sind unabhängig von anderen<br />

Einflussgrößen<br />

Haben kein Druckverlust<br />

Sind überall genau<br />

Benötigen eine bestimme<br />

Leitfähigkeit des Fluids<br />

Können daher nur bei Flüssigkeiten<br />

verwendet werden<br />

Einsatzbereiche<br />

17


Beispiel<br />

U.a. Abbildung ist ein Beispiel für einen MID‐Durchflussmesser:<br />

MID der Fa. Krohne<br />

Abbildung 64: Magnetisch-Induktiver Durchflussmesser OPTOF-<br />

LUX/IFC 300 der Fa. Krohne.<br />

Krohne gibt u.a. folgende Eigenschaften an:<br />

• Nennweite DN 2,5 bis DN 3000<br />

• Genauigkeit ±0,15% vom Messwert ±1mm/s<br />

• Leitfähigkeit mindestens 1 μ S / cm, Wasser mindestens<br />

20 μ S / cm<br />

• Umgebungstemperatur ‐40 … 65°C<br />

18


Ultraschallverfahren<br />

Bei der Ultraschall (US)‐Durchflussmessung nach dem Laufzeitdifferenz‐<br />

Verfahren wird mit einem Piezo‐Sendekristall ein kurzer Schallimpuls im<br />

MHz‐Bereich erzeugt, der sich im ruhenden Fluid mit der fluidabhängigen<br />

Schallgeschwindigkeit c ausbreitet. Beim bewegten Fluid hat die<br />

Fluidgeschwindigkeit v einen Einfluss auf die resultierende Geschwindigkeit.<br />

Dies nutzt man folgendermaßen aus:<br />

Prinzip des US‐Verfahrens<br />

mit Laufzeitdifferenz<br />

Abbildung 65: Prinzip Laufzeitdifferenzverfahren nach [Tränkler].<br />

S stellt das Piezo‐Sendekristall dar, dass den Schallimpuls erzeugt, E den<br />

entsprechenden Piezo‐Empfänger. Der US‐Strahl schließt aufgr<strong>und</strong> der<br />

geometrischen Anordnung von S <strong>und</strong> E einen Winkel von ϕ gegen die<br />

Horizontale ein. L ist die Länge des US‐Pfades, c die i.A. unbekannte<br />

Schallgeschwindigkeit im entsprechenden Medium.<br />

• Stromabwärts beträgt die resultierende Geschwindigkeit der<br />

Schallausbreitung c+ v⋅ cosϕ<br />

,<br />

• stromaufwärts c−v⋅ cosϕ<br />

.<br />

Damit ergibt sich stromabwärts eine Laufzeit des Schallimpulses von<br />

L<br />

Δ tab<br />

= ,<br />

c + v ⋅ cosϕ<br />

stromaufwärts erhalten wir<br />

L<br />

Δ tauf<br />

= .<br />

c − v ⋅ cosϕ<br />

Laufzeit stromabwärts<br />

Laufzeit stromaaufwärts<br />

Es handelt sich um zwei Gleichungen für die beiden Unbekannten v <strong>und</strong><br />

c, so dass wir beide Größen leicht ermitteln können. Zur Berechnung der<br />

gesuchten Fluidgeschwindigkeit v erhalten wir<br />

1 c+ v⋅cosϕ<br />

1 c−v⋅cosϕ<br />

= =<br />

.<br />

Δt L Δt L<br />

ab<br />

auf<br />

19


Daraus folgt<br />

1 1 v⋅<br />

cosϕ<br />

L ⎛ 1 1<br />

− = 2 ⋅ ⇒ v = ⋅ −<br />

Δt Δt L 2⋅cosϕ<br />

⎜<br />

⎝Δt Δt<br />

ab auf ab auf<br />

⎞<br />

.<br />

⎟<br />

⎠<br />

Wir erhalten also die Fluidgeschwindigkeit v durch Messung der beiden<br />

Laufzeiten t ab<br />

<strong>und</strong> t auf<br />

<strong>und</strong> Anwendung der o.a. Gleichung. Berücksichtigt<br />

man weiterhin sinϕ = D L , so erhält man<br />

L ⎛ 1 1 ⎞ D ⎛ 1 1 ⎞<br />

v = ⋅ − = ⋅ −<br />

2⋅cosϕ ⎜ tab t ⎟<br />

auf<br />

2 sinϕ cosϕ<br />

⎜ tab t ⎟<br />

⎝Δ Δ ⎠ ⋅ ⋅ ⎝Δ Δ<br />

auf ⎠<br />

.<br />

D ⎛ 1 1 ⎞<br />

= ⋅ −<br />

sin 2ϕ<br />

⎜<br />

Δtab<br />

Δt<br />

⎟<br />

⎝<br />

auf ⎠<br />

Der Volumenstrom kann dann einfach mit der Beziehung<br />

2 3<br />

π D D ⎛ 1 1 ⎞ π D ⎛ 1 1 ⎞<br />

V<br />

⋅<br />

⋅<br />

= A⋅ v = ⋅ ⋅ − = ⋅ −<br />

4 sin2ϕ<br />

⎜ Δtab Δt ⎟<br />

auf<br />

4⋅sin2ϕ<br />

⎜Δtab Δt<br />

⎟<br />

⎝ ⎠ ⎝ auf ⎠<br />

So berechnet man v<br />

So berechnet man den Volumenstrom<br />

bestimmt werden. v <strong>und</strong> V sind vom Messprinzip her unabhängig von<br />

Fluid‐Parametern wie Dichte, Viskosität, Druck, Temperatur usw. US‐<br />

Durchflussmesser sind von ihrer Natur her Verfahren <strong>zur</strong> Messung der<br />

Fluidgeschwindigkeit.<br />

Als Nebenprodukt kann auch die Schallgeschwindigkeit gemessen werden.<br />

Es gilt nämlich mit sinϕ = D L<br />

1 1 c<br />

D ⎛ 1 1<br />

+ = 2 ⋅ ⇒ c = ⋅ +<br />

Δt Δt L 2⋅sinϕ<br />

⎜<br />

⎝Δt Δt<br />

ab auf ab auf<br />

⎞<br />

.<br />

⎟<br />

⎠<br />

So berechnet man die<br />

Schallgeschwindigkeit<br />

Diese Möglichkeit kann z.B. <strong>zur</strong> Produkt‐Identifikation genutzt werden,<br />

wenn mehrere Fluide (= Produkte) in einer Rohrleitung transportiert<br />

werden. Dann kann durch Vergleich<br />

• der gemessenen Schallgeschwindigkeit mit<br />

• den vorab bekannten Schallgeschwindigkeiten der einzelnen<br />

Produkte<br />

Kann man <strong>zur</strong> Produkt‐<br />

Identifikation nutzen<br />

entschieden werden welches Produkt momentan den US‐<br />

Durchflussmesser passiert.<br />

20


Beispiel<br />

Bleiben wir beim Beispiel von vorher. Durch einen US‐Durchflussmesser<br />

3 3<br />

mit D=200mm fließt Wasser mit V = 180m h= 0,05m s≈1,59m s.<br />

Der US‐Pfad‐Winkel beträgt ϕ = 45°= π 4rad . Wasser hat eine Schallgeschwindigkeit<br />

von c≈<br />

1480m s. Dann erhalten wir<br />

L D 1 0,2m<br />

1<br />

Δ tab<br />

= = ⋅ = ⋅<br />

c+ v⋅ cosϕ sinϕ c+ v⋅cosϕ<br />

π m m π<br />

sin 1480 + 1,59 ⋅sin<br />

4 s s 4<br />

≈ 190,9647μs<br />

sowie<br />

D 1 0,2m<br />

1<br />

Δ tauf<br />

= ⋅ = ⋅<br />

sinϕ<br />

c−v⋅cosϕ<br />

π m m π<br />

sin 1480 −1,59 ⋅sin<br />

.<br />

4 s s 4<br />

≈ 191,2554μs<br />

Signalverarbeitung<br />

Bleiben wir bei dem o.a. Beispiel. Für die Laufzeitdifferenz ergibt sich<br />

lediglich<br />

Δt ≡ Δt −Δ t = 190,9649μs−191, 2552μs ≈ − 290ns;<br />

ab<br />

auf<br />

daran erkennt man, dass an das Zeitmessungssystem des US‐<br />

Durchflussmessers hohe Anforderungen gestellt werden.<br />

Die Laufzeit muss sehr genau<br />

gemessen werden<br />

21


Ausführungs­ <strong>und</strong> Bauformen<br />

US‐Durchflussmesser gibt es in zwei Bauformen.<br />

In­Line<br />

Das sind eigenständige Rohrteile, die in den Verlauf der Rohrleitung z.B.<br />

mittels Flansche eingebaut werden. Der Aufwand für bauliche Umbauten<br />

kann ggf. erheblich sein, da die Rohrleitung aufgeschweißt werden<br />

muss; dass kann z.B. Produktionsstopp bedeuten.<br />

In‐Line: Aufwändig nach<strong>zur</strong>üsten,<br />

aber genau<br />

Abbildung 66: In-Line US-Durchflussmesser (Krohne UFM 500 K).<br />

Clamp­On<br />

Bei dieser Bauform werden die schienenförmigen US‐Durchflussmesser<br />

aufgeschnallt <strong>und</strong> mit Spannbändern, Ketten o.ä. befestigt. Zur akustischen<br />

Ankopplung wird zwischen den Sensor‐Kantaktflächen <strong>und</strong> der<br />

Rohraußenwand ein Koppelfett aufgetragen.<br />

Clamp‐On: Einfacher nach<strong>zur</strong>üsten,<br />

aber ungenauer<br />

Abbildung 67: Clamp-On US-Durchflussmesser (Krohne UFM 610 P).<br />

Diese Bauform reduziert den Aufwand für bauliche Umbauten erheblich,<br />

da die Rohrleitung nicht aufgeschweißt werden muss. Allerdings sind<br />

Abstriche an die Genauigkeit der Messung zu machen.<br />

22


Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereiche<br />

Eigenschaften<br />

US‐Durchflussmesser haben folgende Eigenschaften:<br />

• Messprinzip. US‐Durchflussmesser messen sind vom Prinzip her<br />

Fluidgeschwindigkeiten in beiden Richtungen.<br />

• Robust. US‐Durchflussmesser haben keine bewegten Elemente,<br />

sind daher robust.<br />

• Unabhängig von anderen Einflussgrößen. US‐Durchflussmesser<br />

sind vom Messprinzip her unabhängig von Viskosität, Dichte,<br />

Druck <strong>und</strong> Temperatur.<br />

• Kein Druckverlust. Es werden keine mechanischen Teile in den<br />

Strömungsgang gestellt, so dass es keinen Druckverlust gibt.<br />

• Auch im Bereich der unteren Messbereichsgrenze noch genau. Im<br />

Gegensatz z.B. zu Wirkdrucksystemen können auch kleine Durchflüsse<br />

noch genügend genau gemessen werden; allerdings bereitet<br />

der Umschlag von laminarer Strömung zu turbulenter Strömung<br />

Probleme. Abhilfe schaffen hier US‐Durchflussmesser in<br />

Mehrkanal‐Technik, d.h. mit mehreren US‐Pfaden.<br />

• Zusätzlich gemessene Schallgeschwindigkeit. US‐Durchflussmesser<br />

messen neben der Fluidgeschwindigkeit zusätzlich die<br />

Schallgeschwindigkeit des Fluids. Das kann z.B. <strong>zur</strong> Produkt‐<br />

Identifikation genutzt werden.<br />

US‐Durchflussmesser:<br />

Messen eigentlich v mit<br />

Vorzeichen<br />

Sind robust<br />

Sind unabhängig von anderen<br />

Einflussgrößen<br />

Haben keinen Druckverlust<br />

Sind überall genau<br />

Mehrkanaltechnik wenn<br />

Strömungsumschlag auftritt<br />

Schallgeschwindigkeit wird<br />

zusätzlich gemessen<br />

Einsatzbereiche<br />

US‐Durchflussmesser werden <strong>zur</strong> Messung des Volumen‐ <strong>und</strong> Massenstroms<br />

für<br />

• Flüssigkeiten,<br />

• Gase, <strong>und</strong><br />

• Dämpfe.<br />

Einsatzbereiche<br />

besonders<br />

• in der Verfahrenstechnik,<br />

• sowie in der chemischen <strong>und</strong> petrochemischen Industrie<br />

eingesetzt. Bei der Messung bei Flüssigkeiten dürfen Gas‐ <strong>und</strong> Feststoffanteil<br />

im Medium bestimmte Grenzen nicht überschreiten, weil die<br />

Dämpfung (auch wg. Reflexionen an den Störkörpern) sonst zu hoch<br />

wird.<br />

23


Beispiel<br />

U.a. Abbildung ist ein Beispiel für einen US‐Durchflussmesser:<br />

in‐Line US‐<br />

Durchflussmesser der Fa.<br />

Krohne<br />

Abbildung 68: Ultraschall-Durchflussmesser UFM 3030 der Fa. Krohne.<br />

Krohne gibt u.a. folgende Eigenschaften an:<br />

• Nennweite DN 25 bis DN 2000<br />

• Messbereich bis 20m/s<br />

• Genauigkeit ±0,5% vom Messwert<br />

• Prozesstemperatur ‐170 … 500°C (Hochtemperaturversion)<br />

• Umgebungstemperatur ‐40 … 65°C<br />

24


Messung des Massenstroms<br />

Aus abrechungstechnischen Gründen kann es sinnvoll sein, statt<br />

• eines transportierten Volumens<br />

• eine transportierte Masse<br />

Manchmal ist es sinnvoller<br />

den Massenstrom zu messen<br />

festzustellen. Bei Fluiden (also Flüssigkeiten <strong>und</strong> Gase) ändert sich nämlich<br />

das Volumen in Abhängigkeit<br />

• von der Temperatur T (Flüssigkeiten <strong>und</strong> Gase), <strong>und</strong><br />

• von dem Druck p (hauptsächlich Gase).<br />

Möchte man also wissen was tatsächlich transportiert wurde (unabhängig<br />

von T <strong>und</strong> p), so bestimmt man besser den Massenstrom.<br />

Indirekte Bestimmung<br />

Mit den bisher vorgestellten Verfahren wurde der Volumenstrom V <br />

bestimmt. Diese Verfahren werden deshalb auch als volumetrische Verfahren<br />

bezeichnet. Der Massenstrom kann indirekt über<br />

M<br />

= ρ ⋅V<br />

Indirekte Bestimmung aus<br />

Volumenstrom mittels<br />

Kenntnis der Dichte<br />

bestimmt werden. Es wird also die Dichte ρ des Fluids benötigt. Diese<br />

kann auf drei verschiedene Arten ermittelt werden.<br />

Messung<br />

Über eigene Messsysteme kann ρ direkt gemessen werden.<br />

Möglichkeit 1: Dichte wird<br />

direkt gemessen<br />

Bestimmung aus T <strong>und</strong> p<br />

Für<br />

• einige wichtige Flüssigkeiten (z.B. Wasser, Kohlenwasserstoffe),<br />

<strong>und</strong><br />

• viele Gase<br />

ist der Zusammenhang zwischen<br />

• der Dichte ρ einerseits, von<br />

• der Temperatur T <strong>und</strong> Druck p andererseits<br />

bekannt. Diese Beziehung f ( T,<br />

p)<br />

ρ = wird thermische Zustandsgleichung<br />

genannt. ρ kann dann bei Kenntnis der thermischen Zustandsgleichung<br />

indirekt aus T <strong>und</strong> p bestimmt werden.<br />

Möglichkeit 2: Dichte wird<br />

aus p <strong>und</strong> T bestimmt aus<br />

Kenntnis der thermischen<br />

Zustandsgleichung<br />

25


Vorgabe<br />

In einigen Flüssigkeitsanwendungen verändert sich die Temperatur so<br />

wenig, dass ρ als konstant vorausgesetzt werden kann. ρ wird dann<br />

als konstanter Parameter vorgegeben.<br />

Möglichkeit 3: Dichte ist<br />

bekannt <strong>und</strong> ändert sich<br />

nicht<br />

Direkte Bestimmung<br />

Daneben ist es möglich, den Massenstrom direkt zu bestimmten. In diesem<br />

Zusammenhang sind zwei Messverfahren erwähnenswert:<br />

Coriolis­Verfahren<br />

Bei diesem Verfahren wird die Coriolis‐Kraft ausgenutzt [Hering].<br />

Direkte Messung des Massenstroms<br />

mittels Coriolis‐<br />

Prinzip<br />

Abbildung 69: Coriolis-Prinzip <strong>zur</strong> Massenstrommessung.<br />

Das zu messende Fluid fließt durch das o.a. U‐Rohr; dieses schwingt wie<br />

angegeben, wodurch die beiden angezeigten Kräfte F<br />

c<br />

auf die bewegten<br />

Massen wirken. Diese Kraft F<br />

c<br />

ist direkt von der Masse m <strong>und</strong> der<br />

Geschwindigkeit v des Fluid, mithin also vom Massenstrom M abhängig.<br />

F<br />

c<br />

bewirkt wie gezeigt ein Drehmoment M <strong>und</strong> eine Torsion θ ; diese ist<br />

somit ein Maß für M . Die Messung von M erfolgt also indirekt über die<br />

Messung des Torsionswinkels θ .<br />

Coriolis‐Durchflussmesser wurden ursprünglich für Flüssigkeiten entwickelt,<br />

stehen aber jetzt auch für die Messung des Massenstroms bei Gasen<br />

<strong>zur</strong> Verfügung. Neben<br />

• dem Massenstrom M wird auch<br />

• die Dichte ρ<br />

des Fluids bestimmt <strong>und</strong> <strong>zur</strong> Verfügung gestellt. Mittlerweile stehen<br />

auch Durchflussmesser mit geradem Messrohr <strong>zur</strong> Verfügung, die den<br />

Nachteil des großen benötigten Einbauplatzes vermeiden.<br />

Durchflussmesser basierend auf dem Coriolis‐Prinzip erfreuen sich zunehmender<br />

Beliebtheit, u.a. weil sie keine Ein‐ <strong>und</strong> Auslaufstrecken benötigen.<br />

Sie sind jedoch zum gegenwärtigen Stand der Technik auf kleine<br />

Rohrnennweiten < DN 80 beschränkt.<br />

Gibt es für Flüssigkeiten<br />

<strong>und</strong> Gase<br />

Messen zusätzlich die Dichte<br />

Gibt es auch mit geradem<br />

Messrohr<br />

Sind noch auf relativ kleine<br />

Nennweiten beschränkt<br />

26


Thermische Durchflussmessungen<br />

Dieses Verfahren nutzt das thermische Verhalten von Fluiden <strong>zur</strong> Messung<br />

des Massenstroms aus.<br />

Prinzip der thermischen<br />

Durchflussmessung<br />

Abbildung 70: Prinzip der thermischen Durchflussmessung.<br />

Diese thermischen Verfahren werden bevorzugt (jedoch nicht ausschließlich)<br />

für Gase eingesetzt. Die o.a. Messstrecke besteht aus<br />

• zwei Temperatursensoren stromaufwärts <strong>und</strong> stromabwärts,<br />

sowie<br />

• ein zwischen den beiden Sensoren angebrachtes Heizelement<br />

<strong>zur</strong> Erwärmung des Gases.<br />

Es bildet sich ein Temperaturfeld aus, das in etwa die gezeigte Gestalt<br />

aufweist. Die Gestalt dieses Temperaturfeldes hängt<br />

• von der Wärmekapazität des Fluids ab, <strong>und</strong><br />

• vor allem vom Massenstrom M .<br />

Die Messung von M erfolgt also indirekt über die Messung der Temperaturdifferenz.<br />

27


Kontrollfragen<br />

1. Erläutern Sie den Begriff „Durchfluss“. In welchen Einheiten wird<br />

dieser gemessen?<br />

2. Worum handelt es sich bei der „Kontinuitätsgleichung“ <strong>und</strong><br />

„Bernoulli‐Gleichung“?<br />

3. Worum handelt es sich bei der Reynolds‐Zahl? Wie ist sie für<br />

Rohrströmungen definiert?<br />

4. Welche Strömungsformen kommen in der industriellen Praxis<br />

vor? Wann liegt welche Strömungsform vor? Welche Strömungsform<br />

kommt in der industriellen Praxis am häufigsten vor?<br />

5. Worum handelt es sich bei „Einlaufstrecke“ <strong>und</strong> „Auslaufstrecke?<br />

6. Erläutern Sie das Prinzip des Wirkdruckverfahrens.<br />

7. Welche Drosselgeräte sind in Deutschland genormt?<br />

8. Schildern Sie einige Ausführungs‐ <strong>und</strong> Bauformen zum Wirkdruckverfahren.<br />

9. Schildern Sie Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereiche des Wirkdruckverfahrens.<br />

10. Erläutern Sie das Prinzip des MID.<br />

11. Skizzieren Sie eine Schaltung <strong>zur</strong> Signalverarbeitung beim MID.<br />

12. Warum wird bei MID i.d.R. das geschaltete Magnetfeldverfahren<br />

eingesetzt (statt des ungeschalteten Magnetfeldverfahrens)?<br />

13. Schildern Sie einige Ausführungs‐ <strong>und</strong> Bauformen des MID.<br />

14. Schildern Sie Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereiche des MID.<br />

15. Erläutern Sie das Prinzip des US‐Durchflussmessers mit Laufzeit‐<br />

Differenzverfahren.<br />

16. Beim US‐Durchflussmesser muss die Laufzeit mit sehr hoher Präzision<br />

gemessen werden; warum?<br />

17. Schildern Sie einige Ausführungs‐ <strong>und</strong> Bauformen des US‐<br />

Durchflussmessers.<br />

18. Schildern Sie Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereiche des US‐<br />

Durchflussmessers.<br />

19. Warum dürfen bei der US‐Messung bei Flüssigkeiten Gas‐ <strong>und</strong><br />

Feststoffanteil im Medium bestimmte Grenzen nicht überschreiten?<br />

20. Warum kann es sinnvoller sein den Massenstrom zu messen als<br />

den Volumenstrom?<br />

21. Schildern Sie, wie man indirekt den Massenstrom aus dem Volumenstrom<br />

bestimmen kann.<br />

22. Mit welchen Verfahren kann der Massenstrom direkt bestimmt<br />

werden?<br />

28


Literatur<br />

[ISO5167‐3]<br />

[Bohl]<br />

[Hering]<br />

[Hoffmann]<br />

[Tränkler]<br />

DIN EN ISO 5167‐3: Durchflussmessung von Fluiden mit<br />

Drosselgeräten in voll durchströmten Leitungen mit<br />

Kreisquerschnitt, 2004.<br />

Bohl, W.: Technische Strömungslehre. Vogel‐Buchverlag,<br />

12. Auflage, 2002.<br />

Hering, E., Martin, R., Stohrer, M.: Physik für Ingenieure.<br />

VDI‐Verlag, 4. Auflage, 1992.<br />

Hoffmann, J.: Handbuch der Messtechnik. Hanser‐Verlag,<br />

1999.<br />

Tränkler, H.‐R.: Taschenbuch der Messtechnik. Oldenbourg‐Verlag,<br />

3. Auflage, 1992.<br />

29


Messung von Länge, Weg <strong>und</strong><br />

Winkel<br />

Die (translatorische) Länge l (bzw. der Weg x) ist eine von sieben SI‐<br />

Basisgrößen; sie wird in m (für Meter) angegeben.<br />

Das rotatorische Pendant ist der Winkel α. Der Winkel ist eine abgeleitete<br />

SI‐Größe, die nach SI üblicherweise in rad (für Radiant) angegeben<br />

wird. rad ist eine Hilfsmaßeinheit (oder auch Pseudoeinheit), für die<br />

1rad<br />

≡ 1 m = 1<br />

m<br />

Länge bzw. Weg sind SI‐<br />

Basisgrößen, die in m gemessen<br />

werden<br />

Rotatorisches Pendant ist<br />

der Winkel α, der in rad (SI)<br />

bzw. ° (Nicht‐SI) gemessen<br />

wird<br />

gilt. Der Wert eines Winkels in rad ergibt sich aus der Länge s des dazugehörigen<br />

Kreisbogens des Einheitskreises.<br />

Neben der Angabe in rad wird der Winkel häufig aus historischen Gründen<br />

nicht‐SI‐konform auch in ° (für Grad) angegeben. Für die Umrechnung<br />

gilt<br />

α α α 360 α α 2π α<br />

= ⇒ = ⋅ ⇒ = ⋅<br />

360° 2πrad 1° 2π<br />

1rad 1rad<br />

360 1° .<br />

Weg‐ <strong>und</strong> Winkelmessungen werden beispielsweise benötigt in der<br />

Umrechnung von ° in rad<br />

<strong>und</strong> umgekehrt<br />

• Verfahrenstechnik (Füllstand, Stellung von Klappen <strong>und</strong> Ventilen),<br />

• Fertigungstechnik (Lagesteuerung an Werkzeugmaschinen, Qualitätskontrolle),<br />

sowie<br />

• Ortung <strong>und</strong> Navigation.<br />

Über die direkte Messung des Weges x bzw. des Winkels α können mittels<br />

Differentiation weitere Größen indirekt gewonnen werden wie<br />

dx dα<br />

• (Winkel‐)Geschwindigkeit v ≡ bzw. ω ≡ , <strong>und</strong><br />

dt<br />

dt<br />

2<br />

2<br />

dv d x<br />

• (Winkel‐)Beschleunigung a ≡ 2<br />

dt<br />

= dt<br />

bzw. dω<br />

d α<br />

β ≡ = .<br />

2<br />

dt dt<br />

Berechnung von Geschwindigkeit<br />

<strong>und</strong> Beschleunigung<br />

via Differentiation<br />

1


Resistive Weg‐ <strong>und</strong> Winkelmessung<br />

Bei diesen wird ein weg‐ oder winkelabhängiger Ohmscher Widerstand<br />

R an einem Draht oder an einer Wicklung abgegriffen.<br />

Prinzip der resistiven Weg<strong>und</strong><br />

Winkelmessung<br />

Abbildung 71: Prinzip resistiver Weg- <strong>und</strong> Winkelaufnehmer nach<br />

[Tränkler].<br />

Wegaufnehmer<br />

Der abgegriffene Widerstand R verändert sich über<br />

ρ<br />

R = ⋅ x= R( x)<br />

∼ x<br />

A<br />

proportional mit dem Messweg x; ρ ist der spezifische Widerstand der<br />

2<br />

Widerstandsbahn z.B. in Ω mm m <strong>und</strong> A der Querschnitt des verwendeten<br />

Drahtes z.B. in mm 2 . Für den absoluten <strong>und</strong> relativen Messweg<br />

ergibt sich dann mit R0 ≡ρ<br />

A⋅<br />

x0<br />

A x A ρ ⋅ R R<br />

x = ⋅ R = x( R)<br />

∼ R = = .<br />

ρ<br />

x A ρ⋅<br />

R R<br />

0 0 0<br />

Berechnung des Wegs aus<br />

dem Widerstand<br />

Winkelaufnehmer<br />

Hier gilt s = r ⋅ α <strong>und</strong> damit<br />

ρ ρ<br />

= ⋅ = ⋅ ⋅ α = α ∼ α<br />

A A<br />

R s r R( )<br />

mit der Kreisbogenlänge s, dem Radius r des Potentiometer‐Kreises in m<br />

<strong>und</strong> dem aufzunehmenden Winkel α in rad. Für den absoluten <strong>und</strong> relativen<br />

Messwinkel ergibt sich dann mit R0 ≡ ρ A⋅r⋅<br />

α0<br />

A 1<br />

α A ρ ⋅1<br />

r⋅<br />

R R<br />

α = ⋅ ⋅ R = α( R)<br />

R<br />

ρ r ∼ = =<br />

α A ρ⋅1<br />

r⋅R R<br />

.<br />

0 0 0<br />

Berechnung des Winkels<br />

aus dem Widerstand<br />

2


Ausführungs­ <strong>und</strong> Bauformen<br />

Widerstandsmaterial<br />

Als Widerstandsmaterialien kommen z.B.<br />

• Konstantan (Nickel‐Kupfer‐Legierung) mit ρ ≈ 0,5Ωmm 2 m , <strong>und</strong><br />

• edelmetallhaltige Legierungen wie AgPd (Silber‐Palladium‐<br />

Legierung)<br />

Widerstandsbahn aus Konstantan<br />

<strong>und</strong> edelmetallhaltigen<br />

Legierungen<br />

zum Einsatz. Diese Materialien<br />

• haben eine geringe Temperaturabhängigkeit,<br />

• sind leicht zu verarbeiten, <strong>und</strong><br />

• hinreichend korrosionsbeständig.<br />

Beispiel<br />

Ein Linearpotentiometer basiert auf einer Widerstandsbahn aus Konstantandraht<br />

mit A = 0,1mm<br />

; daraus ergibt sich eine Empfindlichkeit<br />

2<br />

von<br />

0,5<br />

= ⎜<br />

ρ ⋅ ⎟= ρ = Ω = 5<br />

Ω .<br />

dx dx ⎝ A ⎠ A 0,1mm m<br />

2<br />

dR d ⎛ ⎞<br />

mm m<br />

x<br />

2<br />

Pro mm Verfahrweg werden also 5mΩ Widerstandsänderung erreicht;<br />

das ist nicht viel.<br />

Zur Erzielung einer höheren Empfindlichkeit wird der Widerstandsdraht<br />

daher oft gewendelt. Allerdings ergeben sich dann durch die Riffelung<br />

Unstetigkeiten im Widerstandsverlauf; es entsteht der so genannte<br />

Windungssprung. Durch eine zusätzliche Schicht aus leitfähigem<br />

Kunststoff („Leitplastik“) erzielt man eine hinreichend glatte Oberfläche;<br />

dadurch wird der Windungssprung vermieden <strong>und</strong> der Abrieb stark<br />

vermindert.<br />

Schleifkontakt<br />

Als Schleifkontakt werden häufig Drahtbürsten aus einer Gold‐Legierung<br />

benutzt; der Übergangswiderstand kann dann schon bei geringen Anpresskräften<br />

unter 0,5mΩ gehalten werden. Oftmals werden die Schleifer<br />

<strong>zur</strong> Erzielung eines noch geringeren Übergangswiderstandes mehrfach<br />

ausgeführt.<br />

Wendelung <strong>zur</strong> Erhöhung<br />

der Empfindlichkeit<br />

Aber: Windungssprung<br />

Kann (wie auch Abrieb)<br />

durch Leitplastik vermieden<br />

werden<br />

Schleifkontakt = Drahtbürsten<br />

aus Gold‐Legierung<br />

Können mehrfach ausgeführt<br />

sein<br />

3


Signalverarbeitung<br />

Resistive Aufnehmer führen eine Weg‐ bzw. Winkeländerung auf eine<br />

Widerstandsänderung <strong>zur</strong>ück. Aus diesem Gr<strong>und</strong> können die klassischen<br />

Verfahren <strong>zur</strong> Messung des elektrischen Widerstands verwendet werden;<br />

oftmals kommt ein einfacher Spannungsteiler zum Einsatz.<br />

Einfache Signalverarbeitung<br />

als Spannungsteiler<br />

Abbildung 72: Spannungsteiler für resistive Aufnehmer.<br />

Im idealen, unbelasteten Fall ohne Bürde gilt<br />

u ( ) m<br />

x<br />

0<br />

U ( x ) R ( x ) x<br />

0 x<br />

≡ = = = .<br />

R<br />

U R R x<br />

=<br />

⋅<br />

x<br />

0 0 0<br />

Weg kann aus Spannung<br />

berechnet werden<br />

Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereiche<br />

Eigenschaften<br />

Wir wollen zuerst die wichtigsten Eigenschaften von resistiven Weg‐ <strong>und</strong><br />

Winkelaufnehmern zusammenfassen:<br />

• Typische Kenndaten. Messwege zwischen 1cm <strong>und</strong> 1m, mit Getriebe<br />

auch mehr. Winkel bis ca. 300°, mit Getriebe auch über<br />

360° möglich.<br />

• Temperaturbereich. ‐50°C bis 100°C (Kunststoff) bzw. 250°C (Metall).<br />

• Mechanische Eigenschaften. Bis zu 10 8 Lastspiele.<br />

• Nachteile. Berührung Schleifer/Widerstandsbahn, Reibung (daher<br />

Hysterese <strong>und</strong> Verschleiß), Korrosion/Verschmutzung der<br />

Widerstandsbahn.<br />

Einsatzbereiche<br />

Hauptsächlich Fertigungstechnik.<br />

Typische Eigenschaften<br />

Einsatzbereiche<br />

4


Beispiel<br />

U.a. Abbildung ist ein Beispiel für einen resistiven Wegsensor, der oft<br />

auch also Linearpotentiometer bezeichnet wird.<br />

Linearpoti der Fa. WayCon<br />

Abbildung 73: Linearpotentiometer Serie LRW der Fa. WayCon.<br />

WayCon gibt u.a. folgende Eigenschaften für den Sensor an:<br />

• Messwege zwischen 50mm <strong>und</strong> 900mm<br />

• Verfahrgeschwindigkeit max. 10m/s<br />

• Nicht‐Linearität ±0,05%<br />

• Ansprechschwelle 0<br />

• Betriebstemperatur ‐30 … +100°C<br />

• Lebensdauer: Bis zu 10 8 Lastspiele<br />

• Widerstand 5kΩ <strong>und</strong> 10kΩ<br />

• Preise je nach Messweg zwischen 108 <strong>und</strong> 258€<br />

5


Induktive Weg‐ <strong>und</strong> Winkelmessung<br />

Bei den induktiven Weg‐ oder Winkelaufnehmern wird durch die Messgröße<br />

Weg oder Winkel die Selbstinduktivität einer Spule oder die Gegeninduktivität<br />

(Kopplung) zwischen zwei Spulen beeinflusst.<br />

Die Induktivität einer Spule mit Eisenkreis in H berechnet sich zu [Gilles]<br />

N<br />

L =<br />

2<br />

R m<br />

Induktivität einer Spule mit<br />

Eisenkreis<br />

mit der Windungszahl N <strong>und</strong> dem magnetischen Widerstand R m in 1/H.<br />

Ist der Eisenkreis nicht homogen (z.B. aufgr<strong>und</strong> unterschiedlicher Permeabilitätskonstanten<br />

μ ), so wird der Eisenkreis in n verschiedene homogene<br />

Bereiche unterteilt; dann gilt<br />

R<br />

m<br />

n<br />

= ∑ R ,<br />

1<br />

mi<br />

wobei für die magnetischen Teilwiderstände<br />

R<br />

mi<br />

li<br />

=<br />

μ ⋅ A<br />

i<br />

i<br />

Berechnung des magnetischen<br />

(Teil‐)Widerstandes<br />

gilt [Gilles]. l i ist die Länge des Bereichs in m, A i der Querschnitt in m 2 ,<br />

<strong>und</strong><br />

μ die dazugehörige Permeabilitätskonstante in ( Vs) ( )<br />

i<br />

diese gilt allgemein<br />

μ = μ ⋅ μ<br />

r<br />

0<br />

Am . Für<br />

mit der relativen Permeabilitätszahl μr<br />

≥ 1 <strong>und</strong> der Permeabilitätskonstanten<br />

μ0 4 10<br />

Vs<br />

Am<br />

−7<br />

= ⋅π<br />

⋅ ,<br />

die für Vakuum <strong>und</strong> hinreichend genau auch für Luft gilt.<br />

Bei dem induktiven Wegaufnehmer wird nun der magnetische Widerstand<br />

R m im magnetischen Kreis <strong>und</strong> dadurch die Induktivität L durch<br />

die Weg‐ bzw. Winkeländerung verändert.<br />

6


Ausführungs­ <strong>und</strong> Bauformen<br />

Tauchanker­Aufnehmer<br />

Im einfachsten Fall geschieht die Veränderung des magnetischen Widerstandes<br />

R m durch die Lageänderung eines Kerns, der in eine Zylinderspule<br />

eintaucht.<br />

μ μ >> 1<br />

0<br />

r<br />

Prinzip der induktiven<br />

Wegmessung mit Tauchanker<br />

Abbildung 74: Prinzip des induktiven Wegaufnehmers mit Tauchanker.<br />

Die Feldlinien schließen sich im Wesentlichen über<br />

1. den mit Luft gefüllten Bereich innerhalb der Spule,<br />

2. im Weicheisenmantel, <strong>und</strong><br />

3. im Eisen innerhalb des Tauchkerns.<br />

Der magnetische Widerstand in den Bereichen 2. <strong>und</strong> 3. kann gegen den<br />

des Bereiches 1. vernachlässigt werden; es ergibt sich so<br />

3<br />

R = R ≈ R = x = R x<br />

∑<br />

m mi m1<br />

m<br />

1 μ0<br />

⋅ A<br />

( )<br />

Der magnetische Widerstand<br />

hängt proportional<br />

vom Messweg ab<br />

<strong>und</strong> daraus<br />

N N<br />

1 1<br />

= ≈ = ⋅ ⋅ ⋅ = ( ) ∼ .<br />

R R x x<br />

2 2<br />

2<br />

L N μ0<br />

A L x<br />

m m1<br />

Es besteht also eine nicht‐lineare Abhängigkeit der Induktivität L von<br />

dem Weg x. Bezüglich der Anschlussklemmen stellt der Tauchanker‐<br />

Wegaufnehmer in erster Näherung eine komplexe Impedanz der Größe<br />

1<br />

= ∼<br />

x<br />

( ) jωL( x)<br />

Z x<br />

Die Induktivität hängt antiproportional<br />

vom Messweg<br />

ab<br />

Dito die komplexe Impedanz<br />

dar. Die Impedanz Z ist also nicht‐linear vom Messweg x abhängig.<br />

7


Differential­Tauchanker­Aufnehmer<br />

Eine weitere Variante ist der Differential‐Tauchanker:<br />

Δx<br />

Δx<br />

μ0<br />

μ<br />

r<br />

>> 1<br />

μ0<br />

Prinzip der induktiven<br />

Wegmessung mit Differential‐Tauchanker<br />

Abbildung 75: Prinzip des induktiven Wegaufnehmers mit Differential-<br />

Tauchanker.<br />

Für den linken Teil gilt<br />

während für den rechten Teil<br />

( )<br />

2<br />

1<br />

+ Δ ,<br />

L x0 +Δ x = N ⋅μ0⋅A⋅<br />

x<br />

0 x<br />

( )<br />

2<br />

Lx0−Δ x= N⋅μ0⋅A⋅<br />

x<br />

0<br />

−Δ x<br />

gilt. Bezüglich der Anschlussklemmen stellt der Differential‐Tauchanker‐<br />

Wegaufnehmer in erster Näherung zwei komplexe Impedanzen der<br />

Größe<br />

1<br />

( +Δ ) = ω ( +Δ )<br />

Z x x j L x x<br />

0 0<br />

∼<br />

1<br />

x + Δx<br />

0<br />

<strong>und</strong><br />

( −Δ ) = ω ( −Δ )<br />

Z x x j L x x<br />

0 0<br />

∼<br />

1<br />

x − Δx<br />

0<br />

dar. Die Impedanzen Z ist also nicht‐linear von x0<br />

− Δ x abhängig.<br />

+ Δ x bzw. x0<br />

8


Queranker­Aufnehmer<br />

Bei Queranker‐Aufnehmer ist der Anker quergestellt.<br />

Prinzip der induktiven<br />

Wegmessung mit Queranker<br />

Abbildung 76: Prinzip des induktiven Wegaufnehmers mit Queranker<br />

nach [Tränkler].<br />

Im magnetischen Kreis sind jetzt zwei magnetische Widerstände vorhanden,<br />

die sich (unter Vernachlässigung der dazu geringen magnetischen<br />

Widerstände im Eisen) zu<br />

2⋅<br />

x<br />

Rm<br />

≈ = Rm<br />

x<br />

μ ⋅ A<br />

0<br />

( )<br />

Der magnetische Widerstand<br />

hängt proportional<br />

vom Messweg ab<br />

addieren. Es ergibt sich so<br />

N 1 1 1<br />

= ≈ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ = ( ) ∼ .<br />

R x x<br />

2<br />

2<br />

L N μ0<br />

A L x<br />

m<br />

2<br />

Es besteht also eine nicht‐lineare Abhängigkeit der Induktivität L von<br />

dem Weg x. Bezüglich der Anschlussklemmen stellt der Tauchanker‐<br />

Wegaufnehmer in erster Näherung eine komplexe Impedanz der Größe<br />

1<br />

= ∼<br />

x<br />

( ) jωL( x)<br />

Z x<br />

Die Induktivität hängt antiproportional<br />

vom Messweg<br />

ab<br />

Dito die komplexe Impedanz<br />

dar. Der Queranker‐Aufnehmer kommt insbesondere <strong>zur</strong> Schichtdickenmessung<br />

zum Einsatz. Die Impedanz Z ist also nicht‐linear von x abhängig.<br />

9


Signalverarbeitung<br />

Bei den induktiven Weg‐ <strong>und</strong> Winkelaufnehmern wird über eine Lageänderung<br />

der magnetische Widerstand R m <strong>und</strong> in Folge die Induktivität<br />

L verändert.<br />

Vereinfachte Wechselstrombrücke<br />

Zur Bestimmung des Weges muss also die Induktivität gemessen werden;<br />

dies kann z.B. durch Wechselstrombrücken im Ausschlagverfahren<br />

erfolgen.<br />

Zur Signalverarbeitung wird<br />

die Wechselstrombrücke<br />

im Ausschlagverfahren eingesetzt<br />

Prinzip der vereinfachten<br />

Wechselstrombrücke<br />

Abbildung 77: Prinzip einer vereinfachten Wechselstrombrücke.<br />

Man erhält bei Vernachlässigung des Diagonalstroms für die komplexen<br />

Spannungsteiler des linken <strong>und</strong> rechten Teils jeweils<br />

R<br />

0<br />

3<br />

U1 = ⋅ U U<br />

3<br />

= ⋅U<br />

R0 + R0<br />

Z3 + Z4<br />

<strong>und</strong> daraus für die komplexe Brückenspannung<br />

Z<br />

( )<br />

( )<br />

= −<br />

⎛<br />

=<br />

Z 1 ⎞<br />

− ⋅<br />

2 ⋅Z =<br />

− Z + Z<br />

⋅<br />

⎝<br />

⎠<br />

Z3 − Z 4 U<br />

= ⋅<br />

Z + Z 2<br />

3<br />

3 3 4<br />

U<br />

d<br />

U<br />

3<br />

U1<br />

⎜<br />

⎟ U U<br />

Z3 + Z<br />

4<br />

2 2⋅ Z3 + Z<br />

4<br />

3 4<br />

.<br />

Berechnung der komplexen<br />

Diagonalspannung<br />

10


Tauchanker­ <strong>und</strong> Queranker­Aufnehmer<br />

Einfache Tauchanker‐Aufnehmer werden wie auch Queranker‐<br />

Aufnehmer oft in einer Viertel‐Brücke betrieben.<br />

( + Δx)<br />

Z x<br />

0<br />

Δx<br />

x<br />

Der Tauchanker in der ¼‐<br />

Brücke<br />

Abbildung 78: Tauchanker-Aufnehmer in einer Viertel-Brücke.<br />

Hier gilt also<br />

U<br />

d<br />

( (<br />

0<br />

+Δ ) −<br />

0)<br />

( )<br />

Z( x +Δx)<br />

−Z U jω<br />

L x x L U<br />

Z( x +Δ x) + Z 2 jω<br />

L( x +Δ x) + L 2<br />

0<br />

0<br />

= ⋅ = ⋅<br />

0 0<br />

0 0<br />

Lx ( +Δx)<br />

−L U<br />

Lx ( +Δ x) + L 2<br />

0 0<br />

= ⋅<br />

0 0<br />

.<br />

Mit<br />

2<br />

N<br />

L( x0<br />

+ Δx)<br />

=<br />

= μ0<br />

⋅ N<br />

R ( x + Δx)<br />

m<br />

0<br />

2<br />

⋅<br />

x<br />

0<br />

A<br />

+ Δx<br />

<strong>und</strong><br />

L<br />

0<br />

≡ L(<br />

x0<br />

)<br />

= μ ⋅ N<br />

0<br />

2<br />

⋅<br />

A<br />

x<br />

0<br />

erhalten wir<br />

1 1<br />

−<br />

Lx (<br />

0<br />

+Δx)<br />

− L0 x0 +Δx x x<br />

0 0<br />

− ( x0<br />

+Δx)<br />

−Δx<br />

= = =<br />

Lx ( 1 1<br />

0<br />

+Δ x) + L0 +<br />

x0 + ( x0 +Δx)<br />

2⋅ x0<br />

+Δx<br />

x +Δx x<br />

0 0<br />

Δx<br />

x0<br />

=−<br />

Δx<br />

2 +<br />

x<br />

0<br />

11


<strong>und</strong> somit<br />

U<br />

d<br />

Δx<br />

Lx (<br />

0<br />

+Δx)<br />

−L0 U U x0<br />

= ⋅ =− ⋅<br />

Lx (<br />

0<br />

+Δ x) + L0<br />

2 2 Δx<br />

2 +<br />

x<br />

0<br />

.<br />

Die komplexe Diagonalspannung<br />

für den Tauchanker<br />

in der ¼‐Brücke<br />

Die Messspannung U d ist nicht‐linear bezüglich Δ x x0<br />

; i.A. sind also<br />

weitere Maßnahmen <strong>zur</strong> Linearisierung notwendig. Für kleine relative<br />

Wege Δ x x


Differential­Tauchanker­Aufnehmer<br />

Differential‐Tauchanker‐Aufnehmer werden meistens in einer Halbbrücke<br />

betrieben.<br />

( + Δx)<br />

Z x<br />

0<br />

Δx<br />

x<br />

Der Differential‐Tauchanker<br />

in der ½‐Brücke<br />

( − Δx)<br />

Z x<br />

0<br />

Δx<br />

x<br />

Abbildung 79: Differential-Tauchanker-Aufnehmer in einer Halb-<br />

Brücke.<br />

Hier gilt<br />

U<br />

d<br />

( (<br />

0<br />

+Δ ) − (<br />

0<br />

−Δ ))<br />

( )<br />

Z( x +Δx) −Z( x −Δx)<br />

U jω<br />

L x x L x x U<br />

Z( x +Δ x) + Z( x −Δ x) 2 jω<br />

L( x +Δ x) + L( x −Δx) 2<br />

0 0<br />

= ⋅ = ⋅<br />

0 0 0 0<br />

Lx ( +Δx) −Lx ( −Δx)<br />

U<br />

Lx ( +Δ x) + Lx ( −Δx) 2<br />

0 0<br />

= ⋅<br />

0 0<br />

.<br />

Mit<br />

N<br />

A<br />

Lx ( x)<br />

N<br />

R x ±Δ x x ±Δx<br />

2<br />

2<br />

0<br />

±Δ = ( ) = μ 0⋅ ⋅<br />

m 0 0<br />

erhalten wir<br />

1 1<br />

−<br />

L( x0 +Δx) −L( x0 −Δ x)<br />

x0+Δx x0−Δx<br />

= =<br />

L( x 1 1<br />

0<br />

+Δ x) + L( x0−Δx)<br />

+<br />

x0−Δ x + x0+Δx<br />

x +Δx x −Δx<br />

0 0<br />

−2⋅Δx<br />

Δx<br />

= =−<br />

2⋅<br />

x x<br />

0 0<br />

( x0 − Δx) − ( x0+Δx)<br />

( ) ( )<br />

<strong>und</strong> somit<br />

U<br />

Lx ( + Δx) −Lx ( −Δx)<br />

U U Δx Δx<br />

∼ .<br />

0 0<br />

d<br />

= ⋅ =− ⋅<br />

L( x0 +Δ x) + L( x0 −Δx) 2 2 x0 x0<br />

Bezüglich der relativen Brückendiagonalspannung<br />

• handelt es sich also exakt um eine lineare Abhängigkeit zum relativen<br />

Weg Δ x x , mit<br />

• einer Empfindlichkeit von − 12.<br />

Ud<br />

U<br />

Die komplexe Diagonalspannung<br />

für den Differential‐Tauchanker<br />

in der 1/2‐<br />

Brücke<br />

Eigenschaften der ½‐Brücke<br />

Die Empfindlichkeit doppelt so groß wie bei der Viertel‐Brücke Abbildung<br />

78.<br />

13


Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereiche<br />

Eigenschaften<br />

Wir wollen zuerst die wichtigsten Eigenschaften von induktiven Weg<strong>und</strong><br />

Winkelaufnehmern zusammenfassen:<br />

• Typische Kenndaten. Messwege zwischen 0,1 <strong>und</strong> 10cm.<br />

• Temperaturbereich. ‐150°C bis +180°C; bei örtlicher Trennung<br />

des Ankers auch bis +800°C.<br />

• Mechanische Eigenschaften. Lastspiele nahezu beliebig. Berührungsloses<br />

Messen, daher keine Reibung, kein Verschleiß.<br />

• Nachteile. Speisung mit Wechselspannung notwendig, mäßige<br />

Signalleistung, erhebliche Nichtlinearität, erhebliche Temperatur‐<br />

<strong>und</strong> Feuchteabhängigkeit, nur für kleine Wege.<br />

Einsatzbereiche<br />

In allen Bereichen der Fertigungstechnik sowie in der Labortechnik <strong>und</strong><br />

der Werkstoffprüfung (z.B. Schichtdicke).<br />

Typische Eigenschaften<br />

Einsatzbereiche<br />

Beispiel<br />

U.a. Abbildung ist ein Beispiel für einen induktiven Wegsensor.<br />

Induktive Wegsensoren der<br />

Fa. Micro‐Epsilon<br />

Abbildung 80: Induktive Wegsensoren Serie LDR der Fa. Micro-<br />

Epsilon.<br />

Micro‐Epsilon gibt u.a. folgende Eigenschaften für den Sensor an:<br />

• Messwege zwischen 10mm <strong>und</strong> 50mm<br />

• Nicht‐Linearität max. ±0,7% bezogen auf den Messwert<br />

• Betriebstemperatur ‐15 … +80°C<br />

14


Kontrollfragen<br />

1. Erläutern Sie das Prinzip der resistiven Wegmessung. Wie wird<br />

das Signal des Aufnehmers typischerweise verarbeitet? Stellen<br />

Sie Vor‐ <strong>und</strong> Nachteile gegenüber der induktiven<br />

Weg/Winkelmessung zusammen.<br />

2. Schildern Sie die Eigenschaften der resistiven Wegmessung.<br />

3. Erläutern Sie das Prinzip der induktiven Wegmessung mittels<br />

Tauchanker, Differential‐Tauchanker <strong>und</strong> Queranker. Wie wird<br />

das Signal des Aufnehmers typischerweise verarbeitet?<br />

4. Schildern Sie die Eigenschaften der induktiven Wegmessung.<br />

Literatur<br />

[Gilles]<br />

[Tränkler]<br />

Gilles, P.: Gr<strong>und</strong>gebiete der <strong>Elektrotechnik</strong>, Band 1. Hannemann‐Verlag,<br />

2. Auflage, 1995.<br />

Tränkler, H.‐R.: Taschenbuch der Messtechnik. Oldenbourg‐Verlag,<br />

3. Auflage, 1992.<br />

15


Messung der Dehnung<br />

Bei der Dehnung handelt es sich um die Verlängerung Δ l eines Körpers<br />

aufgr<strong>und</strong> eines äußeren Einflusses, beispielsweise einer Kraft F. Der<br />

umgekehrte Vorgang wird Stauchung genannt; eine Stauchung ist demzufolge<br />

eine Dehnung mit negativem Vorzeichen.<br />

Dehnung = Verlängerung<br />

(oder Stauchung) eines<br />

Körpers aufgr<strong>und</strong> eines äußeren<br />

Einflusses, z.B. Kraft<br />

Die nachstehende Abbildung zeigt die Vorgänge bei der Dehnung eines<br />

zylindrischen Festkörpers.<br />

Dehnung eines zylindrischen<br />

Festkörpers unter<br />

Krafteinfluss<br />

Abbildung 81: Dehnung eines zylindrischen Festkörpers unter Krafteinfluss.<br />

Der zylindrische Festkörper dehnt sich um Δ l (bzw. dl), wobei gleichzeitig<br />

der Durchmesser sich um Δ D (bzw. dD) verringert. Die Dehnung<br />

wird üblicherweise mit<br />

ε ≡ dl l<br />

relativ dargestellt; sie wird dann oft angegeben in m/m, mm/m oder<br />

µm/m. Das Verhältnis<br />

dD D dD D<br />

μ ≡− =−<br />

dl l ε<br />

Definition der Dehnung<br />

Die Poisson‐Zahl beschreibt<br />

die mit der Dehnung einhergehende<br />

Einschnürung<br />

ist nun spezifisch für ein bestimmtes Material; es wird Poisson‐Zahl genannt.<br />

Für praktisch relevante Materialien gilt<br />

0,1 ≤ μ ≤ 0,5 .<br />

Die Messung der Dehnung dient indirekt z.B. <strong>zur</strong> Bestimmung von<br />

• Kraft F,<br />

• Drehmoment M, <strong>und</strong><br />

• Druck p.<br />

Dehnungsmessung dient<br />

indirekt <strong>zur</strong> Messung von<br />

Kraft, Drehmoment <strong>und</strong><br />

Druck<br />

1


Dehnungsmessstreifen (DMS)<br />

Dehnungsmessstreifen (DMS) sind vom Prinzip her Wegaufnehmer, die<br />

• eine Dehnung Δ l (bzw. dl)<br />

• in die Änderung Δ R (bzw. dR)<br />

DMS sind eigentlich resistive<br />

Wegaufnehmer<br />

des elektrischen Widerstandes R umwandeln. Sie werden i.d.R. an das<br />

Messobjekt fest angebracht (z.B. angeklebt).<br />

Prinzip der Dehnungsmessung<br />

mittels DMS<br />

Abbildung 82: Prinzip der Dehnungsmessung mit DMS nach<br />

[Schrüfer].<br />

Metall­Dehnungsmessstreifen (DMS)<br />

Für den Ohmschen Widerstand eines metallischen Leiters gilt allgemein<br />

mit<br />

l l 4 1<br />

R = ρ<br />

ρ ⋅ l R l D<br />

2<br />

2<br />

A<br />

= ρ ⋅ ⎛π<br />

D ⎞<br />

= π<br />

⋅ ⋅ D<br />

=<br />

⎜ ⎟<br />

⎝ 4 ⎠<br />

• dem spezifischen Widerstand ρ ,<br />

• der Länge l, <strong>und</strong><br />

• dem Durchmesser D<br />

( , )<br />

des metallischen Leiters. Wird der metallische Leiter nun wie in Abbildung<br />

81 gezeigt gedehnt, so verändert sich sein Ohmscher Widerstand R<br />

absolut um (totales Differential)<br />

∂R<br />

∂R<br />

4ρ<br />

⎛ 1 1 ⎞<br />

dR = ⋅ dl + ⋅ dD = ⋅ ⋅dl −2⋅l ⋅ ⋅dD<br />

l D π D D<br />

⎜ 2 3 ⎟<br />

∂ ∂ ⎝ ⎠ .<br />

Ausgenutzt wurde dabei, dass für metallische Leiter davon ausgegangen<br />

werden kann, dass sich bei einer Dehnung der spezifische Widerstand<br />

ρ nicht ändert.<br />

Für die relative Änderung dR R gilt demzufolge<br />

1 1<br />

⋅dl −2<br />

⋅l ⋅ ⋅dD<br />

= D D = −2<br />

⋅ .<br />

R 1<br />

l ⋅<br />

l D<br />

2<br />

D<br />

dR 2 3 dl dD<br />

2


Wir arbeiten nun<br />

ε ≡ dl l<br />

<strong>und</strong><br />

dD D dD D dD<br />

μ ≡− =− ⇒ =−ε⋅<br />

μ<br />

dl l ε D<br />

ein <strong>und</strong> erhalten<br />

dR dD<br />

= ε −2⋅ = ε ( 1+ 2⋅ μ)<br />

= k ⋅ ε .<br />

R D<br />

Für DMS aus Metall gilt also für den sogenannten k‐Faktor die Beziehung<br />

k ≡ 1+ 2⋅ μ .<br />

Der k‐Faktor<br />

Die Dehnung ε kann dann leicht mittels<br />

dR<br />

1 dR<br />

= k ⋅ε<br />

⇒ ε = ⋅<br />

R k R<br />

aus der relativen Widerstandsänderung dR R ermittelt werden, wobei<br />

lediglich der k‐Faktor k des DMS bekannt sein muss. Metall‐DMS verwenden<br />

sehr häufig<br />

• Konstantan, <strong>und</strong><br />

• Karma (Legierung aus Ni, Cr, Fe <strong>und</strong> Al)<br />

So ändert der DMS seinen<br />

Widerstand abhängig von<br />

der Dehnung<br />

Metall‐DMS verwenden<br />

sehr häufig Konstantan <strong>und</strong><br />

Karma<br />

als metallischen Werkstoff. Diese beiden Legierungen weisen eine Poisson‐Zahl<br />

von μ ≈ 0,5 <strong>und</strong> damit k‐Faktoren von k = 1+ 2⋅μ<br />

≈ 2 auf, so<br />

dass hier<br />

dR<br />

= k ⋅ε<br />

≈2⋅<br />

ε<br />

R<br />

gilt. Die in der Praxis zu messenden Dehnungen liegen im Bereich zwischen<br />

−6 −3<br />

10 ≤ ε ≤ 10 ,<br />

so dass die zu verarbeitenden relativen Widerstandsänderungen<br />

dR<br />

R<br />

= k ⋅ε<br />

≈2⋅ε<br />

≤2⋅<br />

10<br />

−3<br />

im besten Fall um ca. 0,2% liegen.<br />

3


Halbleiter­DMS<br />

Im Gegensatz zu Metall‐DMS ändert sich bei Halbleiter‐DMS (bevorzugt<br />

aus Germanium oder Silizium) der spezifische Widerstand ρ bei Dehnung<br />

erheblich. Dies liegt am sogenannten piezoresistiven Effekt.<br />

• Wird demzufolge z.B. dotiertes Silizium unter Krafteinfluss gedehnt,<br />

so<br />

• verändert sich die Ladungsträgerbeweglichkeit <strong>und</strong> somit<br />

• der spezifische Widerstand ρ ,<br />

was einen verglichen mit Metall‐DMS größeren Betrag des k‐Faktors zu<br />

Folge hat. Typische Werte des k‐Faktors sind k ≈ ± 100 .<br />

Temperaturabhängigkeit<br />

Störend ist allerding u.U. die stärkere Temperaturabhängigkeit der Halbleiter‐DMS,<br />

die ggf. durch schaltungstechnische Maßnahmen zu kompensieren<br />

ist. Ursache dafür ist, dass der piezoresistive Effekt stark temperaturabhängig<br />

ist.<br />

Bei Halbleiter‐DMS kommt<br />

der piezoresistive Effekt<br />

zum tragen<br />

Haben daher einen viel höheren<br />

k‐Faktor als Metall‐<br />

DMS<br />

Dieser ist je nach Art der<br />

Dotierung positiv oder negativ<br />

Aber: Der piezoresistive Effekt<br />

ist stark Temperaturabhängig<br />

Temperaturgang<br />

DMS (insbesondere Halbleiter‐DMS) ändern ihren Widerstand dR R<br />

• nicht nur aufgr<strong>und</strong> einer Dehnung ε ,<br />

• sondern auch bei einer Änderung der Temperatur ϑ .<br />

Die Temperatur ϑ ist also eine Störgröße, die – entsprechend umgerechnet<br />

– als scheinbare Dehnung ε<br />

sch<br />

bezeichnet wird. Es gilt<br />

dR<br />

= k ⋅ ( ε + εsch<br />

( ϑ)<br />

).<br />

R<br />

ε<br />

sch<br />

ist die scheinbare Dehnung, die i.A. von der Temperatur ϑ abhängig<br />

ist. Der Verlauf von ε<br />

sch<br />

hängt in Praxis ab<br />

ε<br />

sch<br />

• vom DMS,<br />

• vom Messobjekt, <strong>und</strong><br />

• von der Art der Aufbringung (Verklebung) des DMS auf dem<br />

Messobjekt.<br />

( ϑ)<br />

= f wird als Temperaturgang der Messstelle bezeichnet.<br />

Der Einfluss der Störgröße<br />

Temperatur wird durch die<br />

scheinbare Dehnung beschrieben<br />

Einflussfaktoren der<br />

scheinbaren Dehnung<br />

Temperaturgang einer<br />

Messstelle<br />

4


ε sch<br />

Der Temperaturgang einer<br />

DMS‐Messstelle<br />

Abbildung 83: Temperaturgang einer DMS-Messstelle.<br />

Man erkennt an o.a. Abbildung deutlich den<br />

• temperaturabhängigen Verlauf der scheinbaren Dehnung ε<br />

sch<br />

,<br />

der außerdem<br />

• von der Werkstoffkombination DMS – Messobjekt<br />

abhängt. Im vorliegenden Fall wurde der DMS primär <strong>zur</strong> Messung an<br />

Aluminium ausgelegt.<br />

DMS, die <strong>zur</strong> Messung für eine bestimmte Materialart des Messobjektes<br />

ausgelegt werden, weisen daher eine vergleichsweise geringe scheinbare<br />

Dehnung ε<br />

sch<br />

auf <strong>und</strong> werden als selbsttemperaturkompensierte DMS<br />

bezeichnet.<br />

Metall­DMs vs. Halbleiter­DMS<br />

Da bei Metall‐DMS der spezifische Widerstand ρ hinreichend konstant<br />

ist, sind Metall‐DMS unempfindlicher gegenüber Temperatureinflüssen<br />

als Halbleiter‐DMS <strong>und</strong> daher bei höheren Genauigkeitsanforderungen<br />

immer noch zu bevorzugen.<br />

Halbleiter‐DMS können vorteilhaft eingesetzt werden, wenn es primär<br />

auf hohe Empfindlichkeiten ankommt, <strong>und</strong> die Genauigkeitsanforderungen<br />

in den Hintergr<strong>und</strong> treten. Im Laborbereich sind Halbleiter‐DMS oft<br />

deshalb günstig einzusetzen, weil dort die Temperatur der Messstelle<br />

oft hinreichend konstant ist <strong>und</strong> der schlechter Temperaturgang der<br />

Halbleiter‐DMS so nicht zum tragen kommt.<br />

Selbsttemperasturkompensierte<br />

DMS passen zum Material<br />

der Messstelle<br />

Metall‐DMS sind bei höheren<br />

Anforderungen an die<br />

Genauigkeit zu bevorzugen<br />

Halbleiter‐DMS können gut<br />

im Labor eingesetzt werden<br />

weil da die Temperatur keine<br />

so große Rolle spielt<br />

5


Ausführungs­ <strong>und</strong> Bauformen<br />

Es stehen u.a. folgende Ausführungsformen für DMS <strong>zur</strong> Verfügung [Profos]:<br />

Metallfolien­DMS<br />

Metallfolien‐DMS stellen die bei weitem bedeutendste Ausführungsform<br />

dar [Gevatter].<br />

Die bei weitem häufigste<br />

Bauform: Der Metallfolien‐<br />

DMS<br />

Abbildung 84: Metallfolien-DMS.<br />

Eine dünne Kunststoff‐Folie (ca. 50μ m ) trägt eine ca. 5μ m dicke Lage<br />

aus Konstantan oder Karma. Diese Widerstandsschicht ist mittels Fotolithografie<br />

mäanderförmig strukturiert; man nennt diese Struktur Messgitter.<br />

Zur Messung der Dehnung wird der Metallfolien‐DMS i.d.R. auf das<br />

Messobjekt aufgeklebt; dafür sind Reaktionskleber geeignet. Es gibt eine<br />

Vielzahl unterschiedlicher Formen von Metallfolien‐DMS für unterschiedlichste<br />

Messaufgaben.<br />

Wird i.d.R. aufgeklebt<br />

Dünnfilm­DMS<br />

Diese werden direkt auf das Messobjekt bzw. einen Federkörper<br />

• aufgedampft, <strong>und</strong><br />

• mit lithografischen Verfahren strukturiert.<br />

Messobjekt bzw. Federkörper <strong>und</strong> DMS bilden somit eine Einheit. In<br />

qualitativer Hinsicht sind Dünnfilm‐DMS den konventionellen Metallfolien‐DMS<br />

vergleichbar. Bei sehr kleinen Messobjekten bzw. Federkörpern<br />

haben Dünnfilm‐DMS durch ihre geringe Ausdehnung Vorteile, da<br />

die Rückwirkung auf das Messobjekt kleiner ist als bei konventionellen<br />

DMS. Außerdem können Voll‐Brücken zusätzlich aufgebracht werden.<br />

Die Fertigungskosten können aber groß werden.<br />

Halbleiter­DMS<br />

Halbleiter‐DMS werden z.B. in Form von Halbleiterstreifen angeboten,<br />

die auf einer Folie aufgebracht sind. Auch diese Ausführungsform wird<br />

auf dem Messobjekt aufgeklebt.<br />

Dünnfilm‐DMS<br />

Halbleiter‐DMS in Form von<br />

Halbleiter‐Streifen<br />

Metallfolien‐ <strong>und</strong> Dünnfilm‐DMS werden im Weiteren zu Metall‐DMS<br />

zusammengefasst.<br />

6


Signalverarbeitung<br />

DMS führen eine Dehnung ε auf eine Widerstandsänderung dR R<strong>zur</strong>ück.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> können prinzipiell alle klassischen Verfahren <strong>zur</strong><br />

Messung des elektrischen Widerstands verwendet werden.<br />

Brückenschaltung nach Wheatstone<br />

Meistens kommt aber eine Gleich‐ oder Wechselstrom‐Brückenschaltung<br />

nach Wheatstone zum Einsatz.<br />

ϑ<br />

ϑ<br />

DMS in verschiedenen Brückenschaltungen<br />

ϑ<br />

Abbildung 85: DMS in verschiedenen Brückenschaltungen nach<br />

[Schrüfer].<br />

Viertel­Brücke<br />

Im ersten Fall wird ein DMS mit einem Nennwert von R auf ein Messobjekt<br />

angebracht, der die Dehnung ε<br />

l<br />

in Längsrichtung erfasst. Es gilt unter<br />

Berücksichtigung des Temperaturgangs<br />

dRl<br />

R<br />

( ε<br />

l<br />

εsch( ϑ)<br />

)<br />

= k ⋅ + .<br />

Zum Einsatz kommt nun folgende Brückenschaltung, wobei wir uns auf<br />

den Gleichstromfall beschränken.<br />

Ein einzelner DMS in der ¼‐<br />

Brücke<br />

Abbildung 86: DMS in einer Viertel-Brücke.<br />

Hier gilt<br />

( l )<br />

( )<br />

U 1 R − R 1 R+ dR −R<br />

1 dR 1 dR<br />

= ⋅ = ⋅ = ⋅ ≈ ⋅<br />

U 2 R + R 2 R + dR + R 2 2R + dR 4 R<br />

d 3 4<br />

l l<br />

3 4<br />

l<br />

l<br />

.<br />

7


Daraus folgt schließlich<br />

Ud<br />

1 1 Ud<br />

1<br />

= ⋅k<br />

⋅ ( εl + εsch( ϑ)<br />

) ⇒ ⋅ = ⋅ ( εl + εsch( ϑ)<br />

).<br />

U 4 k U 4<br />

Man erkennt, dass die Viertel‐Brücke<br />

• eine Empfindlichkeit von ¼ aufweist, <strong>und</strong><br />

• den Temperaturgang nicht kompensiert.<br />

Berechnung der Diagonalspannung<br />

für die ¼‐Brücke<br />

Eigenschaften der ¼‐Brücke<br />

Halb­Brücke mit unbelastetem Referenz­DMS<br />

Im zweiten Fall wird an ein Referenz‐Objekt ein zweiter, baugleicher Referenz‐DMS<br />

angebracht. Dieses Referenz‐Objekt hat die gleiche Temperatur<br />

ϑ wie das Messobjekt, ist aber ohne mechanische Beanspruchung,<br />

es gilt also hierfür unter Berücksichtigung des Temperaturgangs<br />

dR<br />

R<br />

ref<br />

( ( )) 0 ( )<br />

( ) ( )<br />

= k⋅ ε + ε ϑ = k⋅ + ε ϑ = k⋅ ε ϑ .<br />

ref sch sch sch<br />

Zum Einsatz kommt nun folgende Halb‐Brücke mit unbelastetem Referenz‐DMS.<br />

U<br />

R 1 =R<br />

U d<br />

R 3 =R+dR l<br />

Ein <strong>Mess‐</strong>DMS zusammen<br />

mit einem unbelasteten Referenz‐DMS<br />

in der ½‐Brücke<br />

R 2 =R<br />

R 4 =R+dR ref<br />

Abbildung 87: Zwei DMS in einer Halb-Brücke mit unbelastetem Referenz-DMS.<br />

Bezugnehmend auf die vorherigen Ergebnisse erhalten wir<br />

( ) ( )<br />

3<br />

−<br />

4<br />

3 4 ( ) ( )<br />

( dR − dR ) ⎛dR<br />

dR ⎞<br />

( )<br />

( )<br />

Ud<br />

1 R R 1 R + dRl − R + dRref 1 dRl −dRref<br />

= ⋅ = ⋅ = ⋅<br />

U 2 R + R 2 R+ dR + R+ dR 2 2R+ dR + dR<br />

1 1 l<br />

≈ ⋅ = ⋅⎜<br />

−<br />

4 R 4 ⎝ R R<br />

l ref ref<br />

l ref l ref<br />

⎟<br />

⎠<br />

.<br />

Daraus folgt schließlich<br />

U 1 ( ( ( )) ( ))<br />

1 1 1<br />

d<br />

Ud<br />

= ⋅ k⋅ ε<br />

l<br />

+ εsch ϑ −k⋅ εsch ϑ = ⋅k⋅εl ⇒ ⋅ = ⋅ ε .<br />

l<br />

U 4 4 k U 4<br />

Berechnung der Diagonalspannung<br />

für die ¼‐Brücke<br />

8


Man erkennt, dass die Halb‐Brücke mit unbelastetem Referenz‐DMS<br />

• wie die Viertel‐Brücke eine Empfindlichkeit von ¼ aufweist, <strong>und</strong><br />

• den Temperaturgang kompensiert.<br />

Eigenschaften der ½‐Brücke<br />

Halb­Brücke mit zwei gegensinnig belasteten DMS<br />

Im dritten Fall wird an das Messobjekt ein zweiter, baugleicher DMS angebracht,<br />

der gegensinnig beansprucht wird. Im vorliegenden Fall ist es<br />

die Stauchung<br />

ε<br />

q<br />

=−μ⋅<br />

ε<br />

l<br />

in Querrichtung, für die unter Berücksichtigung des Temperaturgangs<br />

dR<br />

R<br />

q<br />

( εq εsch ( ϑ)<br />

) k μ εl εsch<br />

( ϑ)<br />

( )<br />

= k⋅ + = ⋅ − ⋅ +<br />

gilt mit der Poisson‐Zahl µ. Zum Einsatz kommt nun folgende Halb‐<br />

Brücke mit einem zusätzlichen gegensinnig belasteten DMS.<br />

U<br />

R 1 =R<br />

U d<br />

R 3 =R+dR l<br />

Ein <strong>Mess‐</strong>DMS zusammen<br />

mit einem gegensinnig belasteten<br />

<strong>Mess‐</strong>DMS in einer<br />

½‐Brücke<br />

R 2 =R<br />

R 4 =R+dR q<br />

Abbildung 88: Zwei gegensinnig belastete DMS in einer Halb-Brücke.<br />

Bezugnehmend auf die vorherigen Ergebnisse erhalten wir<br />

Daraus folgt schließlich<br />

U 1 ⎛dR<br />

≈ ⋅⎜<br />

−<br />

U 4 ⎝ R R<br />

d l<br />

dR q<br />

⎞<br />

⎟.<br />

⎠<br />

U 1 1<br />

d<br />

= ⋅ ⋅ + − ⋅ − ⋅ + = ⋅ ⋅ ⋅ +<br />

U 4 4<br />

1 U<br />

d<br />

1+<br />

μ<br />

⇒ ⋅ = ⋅ ε<br />

l<br />

k U 4<br />

.<br />

( k ( ε<br />

l<br />

εsch( ϑ)<br />

) k ( μ εl εsch( ϑ)<br />

)) k εl<br />

( 1 μ)<br />

Berechnung der Diagonalspannung<br />

für die ¼‐Brücke<br />

Man erkennt, dass die gegensinnig belastete Halb‐Brücke<br />

9<br />

• die Empfindlichkeit von ¼ auf ( μ )<br />

• den Temperaturgang kompensiert.<br />

1+ 4 erhöht, <strong>und</strong><br />

Eigenschaften der ½‐Brücke


Voll­Brücke mit zwei mal zwei gegensinnig belasteten DMS<br />

Am effektivsten ist die Voll‐Brücke, die durch Doppelung der entsprechenden<br />

DMS entsteht.<br />

U<br />

R 1 =R+dR q<br />

R 2 =R+dR l<br />

U d<br />

R 3 =R+dR l<br />

R 4 =R+dR q<br />

Zwei <strong>Mess‐</strong>DMS zusammen<br />

mit zwei gegensinnig belasteten<br />

<strong>Mess‐</strong>DMS in einer<br />

1/1‐Brücke<br />

Abbildung 89: Vier gegensinnig belastete DMS in einer Voll-Brücke.<br />

Wir erhalten<br />

2<br />

2<br />

( ) ( )<br />

2⋅ 3− 1⋅<br />

R+ dR<br />

4<br />

l<br />

− R+<br />

dRq<br />

2<br />

+ ⋅ +<br />

(( +<br />

q) + ( +<br />

l)<br />

)<br />

2 2<br />

⋅( l<br />

−<br />

q) + ( l<br />

−<br />

q ) ⋅( l<br />

−<br />

q)<br />

2 2<br />

2R+ ( dR )<br />

( 2R)<br />

q<br />

+ dRl<br />

U R R R R<br />

= =<br />

d<br />

U ( R1 R2) ( R3 R4)<br />

R dR R dR<br />

2R dR dR dR dR 2R dR dR<br />

= ≈<br />

( )<br />

1 ⎛dR<br />

dR<br />

l<br />

= ⋅⎜<br />

−<br />

2 ⎝ R R<br />

Daraus folgt schließlich<br />

q<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠<br />

.<br />

U 1 1<br />

d<br />

= ⋅ ⋅ + − ⋅ − ⋅ + = ⋅ ⋅ ⋅ +<br />

U 2 2<br />

1 U<br />

d<br />

1+<br />

μ<br />

⇒ ⋅ = ⋅ ε<br />

l<br />

k U 2<br />

.<br />

( k ( ε<br />

l<br />

εsch( ϑ)<br />

) k ( μ εl εsch( ϑ)<br />

)) k εl<br />

( 1 μ)<br />

Man erkennt, dass die gegensinnig belastete Voll‐Brücke<br />

• die Empfindlichkeit von ¼ auf ( μ )<br />

• den Temperaturgang kompensiert.<br />

1+ 2 erhöht, <strong>und</strong><br />

Berechnung der Diagonalspannung<br />

für die 1/1‐<br />

Brücke<br />

Eigenschaften der1/1‐<br />

Brücke<br />

10


Beispiel<br />

An einem Beton‐Block (Poisson‐Zahl µ=0,2) wird entsprechend Abbildung<br />

85 mittels Metall‐DMS (k‐Faktor k=2) eine Längs‐Dehnung ε l =10 -4<br />

mit den verschiedenen Brückenschaltungen gemessen. Die Brückenspeisespannung<br />

betrage in allen Fällen U=10V.<br />

Ein Beispiel<br />

Die Viertel‐Brücke Abbildung 86 kommt bei der Verwendung eines einzelnen<br />

<strong>Mess‐</strong>DMS zum Einsatz. Es ergibt sich eine Empfindlichkeit für die<br />

relative Brückendiagonalspannung von ¼; der Temperaturgang wird<br />

nicht kompensiert. Die Diagonalspannung erhält man ohne Berücksichtigung<br />

der scheinbaren Dehnung ε ( )<br />

sch<br />

ϑ zu<br />

1 Ud<br />

1 k 2 110<br />

−4<br />

⋅ = ⋅εl ⇒ Ud = ⋅εl<br />

⋅ U = ⋅ ⋅ ⋅ 10 V = 0,5 mV .<br />

k U 4 4 4<br />

Die Halb‐Brücke Abbildung 87 kommt bei der Verwendung eines <strong>Mess‐</strong><br />

DMS zusammen mit einem unbelasteten Referenz‐DMS zum Einsatz. Es<br />

ergibt sich eine Empfindlichkeit für die relative Brückendiagonalspannung<br />

von ¼; der Temperaturgang wird kompensiert. Daraus resultiert<br />

wiederum eine Brückendiagonalspannung von U d =0,5mV.<br />

Die Halb‐Brücke Abbildung 87 kommt auch bei der Verwendung eines<br />

<strong>Mess‐</strong>DMS zusammen mit einem gegensinnig belasteten <strong>Mess‐</strong>DMS zum<br />

Einsatz. Es ergibt sich eine Temperaturkompensation sowie<br />

1 U<br />

d<br />

1+<br />

μ<br />

⋅ = ⋅ ε<br />

l<br />

k U 4<br />

k<br />

2<br />

−4<br />

⇒ Ud<br />

= ⋅ ( 1+ μ) ⋅εl<br />

⋅ U = ⋅1,2⋅1⋅10 ⋅ 10V = 0,6mV<br />

4 4<br />

für die Brückendiagonalspannung.<br />

Die Voll‐Brücke Abbildung 89 kommt bei der Verwendung zweier <strong>Mess‐</strong><br />

DMS zusammen mit zwei gegensinnig belasteten <strong>Mess‐</strong>DMS zum Einsatz.<br />

Es ergibt sich eine Temperaturkompensation sowie<br />

1 U<br />

d<br />

1+<br />

μ<br />

⋅ = ⋅ ε<br />

l<br />

k U 2<br />

k<br />

−4<br />

⇒ Ud<br />

= ⋅ ( 1+ μ) ⋅εl<br />

⋅ U = 1⋅1,2 ⋅1⋅10 ⋅ 10V = 1,2mV<br />

2<br />

für die Brückendiagonalspannung.<br />

11


Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereiche<br />

Eigenschaften<br />

Metall‐DMS haben u.a. folgende Eigenschaften [Profos]:<br />

• Typische Kenndaten. k‐Faktor (Konstantan, Karma) ca. 2. Nennwiderstand<br />

zwischen 60Ω <strong>und</strong> 1kΩ.<br />

• Sehr gute Genauigkeit. Je nach Aufwand, Entwicklungsstand <strong>und</strong><br />

Fabrikationstechnik kann die Fehlergrenze bei Betriebsbedingungen<br />

(!) unter 0,01% gedrückt werden.<br />

• Robust. Metall‐DMS eignen sich aufgr<strong>und</strong> ihrer Robustheit auch<br />

für sehr raue Umgebungsbedingungen. Die maximale Dehnbarkeit<br />

geht typischerweise bis ca. ε ≤ 80 ⋅ 10<br />

−3<br />

.<br />

• Für statische <strong>und</strong> dynamische Messungen geeignet. Metall‐DMS<br />

sind sowohl für statische als auch für dynamische Messungen<br />

uneingeschränkt einsetzbar. Als obere Messfrequenz sind 50kHz<br />

ohne Probleme erreichbar.<br />

Typische Eigenschaften von<br />

Metall‐DMS<br />

Die Eigenschaften von Halbleiter‐DMS weichen in folgenden Punkten<br />

von den Eigenschaften der Metall‐DMS ab:<br />

• Typische Kenndaten. k‐Faktor um ca. ±100, damit ca. 50mal höhere<br />

Empfindlichkeit wie Metall‐DMS. Zusätzlich höhere Nennwiderstände<br />

verfügbar, z.B. 5kΩ <strong>und</strong> 10kΩ<br />

• Genauigkeit. Halbleiter‐DMS sind i.d.R. aufgr<strong>und</strong> ihres schlechteren<br />

Temperaturverhaltens ungenauer.<br />

• Maximale Dehnbarkeit. Die maximale Dehnbarkeit von Halbleiter‐DMS<br />

ist kleiner aufgr<strong>und</strong> Sprödigkeit des Halbleiter‐<br />

Materials.<br />

Einsatzbereiche<br />

DMS haben unter allen Dehnungsmesssystemen das breiteste Anwendungsgebiet<br />

<strong>und</strong> die größte Bedeutung [Profos]. Neben der direkten<br />

Messung der Dehnung ε als geometrische Größe werden mit DMS<br />

Abweichende Eigenschaften<br />

von Halbleiter‐DMS<br />

Einsatzbereiche<br />

• Kraft,<br />

• Drehmoment, <strong>und</strong><br />

• Druck<br />

indirekt gemessen. Dazu werden die DMS an entsprechende Federkörper<br />

angebracht <strong>und</strong> die Dehnung ε entsprechend ausgewertet.<br />

12


Beispiel<br />

U.a. Abbildung ist ein Beispiel für Metall‐Folien‐DMS.<br />

Ein Metallfolien‐DMS der<br />

Fa. HBM<br />

Abbildung 90: Metallfolien-DMS Serie Y der Fa. HBM.<br />

HBM gibt u.a. folgende Eigenschaften für den Sensor an:<br />

• Maximale Dehnbarkeit 50mm/m<br />

• Material Messgitter: Konstantan, k ca. 2<br />

• Widerstandstoleranz 0,3%<br />

• Gebrauchstemperatur ‐70 … +200°C<br />

• Nennwiderstand 120, 350, 700 <strong>und</strong> 1000Ω<br />

13


Kontrollfragen<br />

1. Erläutern Sie das Prinzip der Metall‐ <strong>und</strong> Halbleiter‐DMS.<br />

2. Vergleichen Sie die prinzipielle Temperaturstabilität von Metall<strong>und</strong><br />

Halbleiter‐DMS.<br />

3. Was versteht man unter dem Temperaturgang einer DMS‐<br />

Messstelle?<br />

4. Schildern Sie Ausführungs‐ <strong>und</strong> Bauformen der DMS.<br />

5. Schildern Sie die verschiedenen Möglichkeiten <strong>zur</strong> Signalverarbeitung<br />

von DMS unter Angabe von Vor‐ <strong>und</strong> Nachteilen.<br />

6. Geben Sie Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereiche der DMS an.<br />

Literatur<br />

[Gevatter]<br />

[Profos]<br />

Gevatter, H.‐J.: Handbuch der <strong>Mess‐</strong> <strong>und</strong> Automatisierungstechnik.<br />

Springer‐Verlag, 1999.<br />

Profos, P., Pfeifer, T.: Handbuch der industriellen Messtechnik.<br />

Oldenbourg‐Verlag, 1994.<br />

[Schrüfer] Schrüfer, E.: Elektrische Messtechnik. Hanser‐Verlag, 8.<br />

Auflage, 2004.<br />

14


Kraftmessung<br />

Neben der Temperaturmessung kommt auch der Kraftmessung eine<br />

sehr große technische Bedeutung zu [Schaumbg]. Anwendungen reichen<br />

von der<br />

• Wägetechnik,<br />

• Mechanik, bis hin <strong>zur</strong><br />

• allgemeinen Druckmessung.<br />

Die Kraft F ist eine abgeleitete SI‐Größe. Als Einheit ist nach SI das N (für<br />

Newton) vereinbart mit<br />

1 1 kg ⋅<br />

N ≡ m .<br />

2<br />

s<br />

Der Kraftmessung kommt<br />

ebenfalls eine sehr große<br />

Bedeutung zu<br />

Die Kraft ist eine abgeleitete<br />

SI‐Größe, die in N gemessen<br />

wird<br />

Ein Newton ist also die Kraft, die auf einen Körper der Masse 1kg bei einer<br />

Beschleunigung von 1m/s 2 wirkt.<br />

1


Kraftmessung mit Federkörpern <strong>und</strong> DMS<br />

Die verbreiteteste Methode <strong>zur</strong> Messung der Kraft F ist die Messung der<br />

elastischen Verformung (Dehnung, Stauchung) eines Festkörpers.<br />

F<br />

0 10,5 17,5 35<br />

x<br />

Abbildung 91: Das Hookesche Gesetz für eine Schraubenfeder.<br />

Die o.a. Abbildung dient <strong>zur</strong> Verdeutlichung des Hookeschen Gesetzes,<br />

das in seiner einfachsten Form für Schraubenfedern die Form<br />

F<br />

= C⋅<br />

x<br />

annimmt. C ist dabei die sogenannte Federkonstante in N/m. Die<br />

Das Hookesche Gesetz für<br />

eine Schraubenfeder<br />

• Kraft F kann demzufolge<br />

• indirekt über die Auslenkung x der Schraubenfeder bestimmt<br />

werden.<br />

Das Hookesche Gesetz für Festkörper<br />

Die Dehnung eines Festkörpers zeigt folgende Abbildung:<br />

A<br />

l<br />

E<br />

dl<br />

F<br />

Festkörper<br />

Abbildung 92: Das Hookesche Gesetz für einen Festkörper.<br />

Die mit der Dehnung verb<strong>und</strong>ene Einschnürung des Festkörpers entsprechend<br />

seiner Poisson‐Zahl µ ist hier ohne Belang <strong>und</strong> wurde weggelassen.<br />

Das Hookesche Gesetz hat nun die allgemeinere Form<br />

F<br />

σ ≡ = E ⋅ ε .<br />

A<br />

Das Hookesche Gesetz für<br />

einen Festkörper<br />

• σ ist die Normalspannung in N/m 2 bzw. N/mm 2 ,<br />

• E das E‐Modul in N/m 2 bzw. N/mm 2 , <strong>und</strong><br />

• ε ≡ dl l ist die relative Längenänderung des Festkörpers, die als<br />

Dehnung bezeichnet wird.<br />

2


Beispiel<br />

11 2<br />

An einem l=70cm langen Stab aus Stahl (E‐Modul E = 210 ⋅ N m ) mit<br />

einem Querschnitt von A=10cm 2 greift eine Kraft von 100kN an. Die zugehörige<br />

Normalspannung beträgt<br />

Es ergibt sich so eine Dehnung von<br />

F 5<br />

10 N 8<br />

10<br />

N<br />

−3 2 2<br />

σ ≡ = = .<br />

A 10 m m<br />

8 2<br />

F<br />

σ 10 N m<br />

σ ≡ = E ⋅ε ⇒ ε = = = 510 ⋅<br />

11 2<br />

A E 210 ⋅ N m<br />

−4<br />

ergibt. Durch diese Dehnung wird der Stab um<br />

länger.<br />

dl<br />

ε ≡ ⇒ = ⋅ = ⋅ ⋅ =<br />

l<br />

−4<br />

dl ε l 510 0,7m 0,35mm<br />

Eine Kraft F kann also indirekt<br />

• über die Messung der Dehnung ε , oder alternativ<br />

• über die Messung der Verlängerung dl<br />

eines Festkörpers bestimmt werden, wenn<br />

Messung der Kraft indirekt<br />

mittels Messung der Dehnung<br />

(mit DMS) oder Verlängerung<br />

(Wegmessung)<br />

• dessen Geometrie (hier Querschnittfläche A) gegeben ist, <strong>und</strong><br />

• das E‐Modul E des Festkörpers bekannt ist.<br />

Ein der Kraftmessung in dieser Art <strong>und</strong> Weise dienender Festkörper wird<br />

als Federkörper bezeichnet.<br />

Festkörper = Feederkörper<br />

3


Messung der Kraft mittels DMS<br />

Heute werden <strong>zur</strong> Messung der Dehnung ε zwecks Kraftmessung<br />

überwiegend Dehnungsmessstreifen (DMS) eingesetzt. Ohne Berücksichtigung<br />

des Temperatureinflusses gilt für DMS die Beziehung<br />

mit dem k‐Faktor k des DMS.<br />

dR<br />

= k ⋅ ε .<br />

R<br />

Temperaturabhängigkeit<br />

DMS (insbesondere Halbleiter‐DMS) sind empfindlich gegen Änderungen<br />

der Temperatur ϑ . Die o.a. Beziehung wird daher angepasst, man<br />

erhält somit<br />

dR<br />

= k ⋅ ( ε + εsch<br />

( ϑ)<br />

).<br />

R<br />

Das Aufgabengesetz des<br />

DMS ohne Temperatureinfluss<br />

Dito mit Temperatureinfluss<br />

ε<br />

sch<br />

ist die scheinbare Dehnung, die i.A. von der Temperatur ϑ abhängig<br />

ist; deren Verlauf von ϑ wird als Temperaturgang der Messstelle bezeichnet.<br />

Bei höheren Anforderungen an die Messgenauigkeit sind daher<br />

entsprechende Kompensationsmaßnahmen zu treffen.<br />

Biegebalken in Viertel­Brücke<br />

Ein standardmäßig eingesetzter Federkörper ist der einseitig befestigte<br />

Biegebalken der Länge l, Höhe h <strong>und</strong> Breite b.<br />

l<br />

U 0<br />

U d<br />

unten<br />

E<br />

b<br />

DMS R2<br />

+e<br />

oben<br />

E<br />

unten<br />

F<br />

h<br />

R 1 =R<br />

R 2 =R+dR o<br />

Messung der Kraft mit Biegebalken<br />

<strong>und</strong> einem DMS<br />

oben in einer ¼‐Brücke<br />

Biegebalken<br />

R 3 =R R 4 =R<br />

DMS R2<br />

oben<br />

E<br />

Abbildung 93: Kraftmessung mit Biegebalken <strong>und</strong> DMS in Viertel-<br />

Brücke.<br />

4


Bei einer mechanischen Belastung mit der Kraft F dehnt sich der Biegebalken<br />

auf der Oberseite wie gezeigt um ε > 0 ; diese Dehnung wird von<br />

einem dort angebrachten DMS R2 erfasst.<br />

DMS werden üblicherweise wie gezeigt in einer Wheatstoneschen Brücke<br />

im Ausschlagverfahren <strong>zur</strong> Bestimmung der dehnungsbedingten Widerstandsänderung<br />

dR verschaltet. Allgemein gilt bei vernachlässigbarem<br />

Diagonalstrom<br />

Ud<br />

R2⋅R3 −R1⋅R4<br />

=<br />

U R R R R<br />

( + ) ⋅ ( + )<br />

0 1 2 3 4<br />

Für die gegebene Anordnung der Widerstände gilt somit<br />

Mit<br />

( 2R+ dRo<br />

) ⋅2R ( 2R)<br />

( o )<br />

( )<br />

2<br />

Ud<br />

R2⋅R3−R1⋅R<br />

R+ dR ⋅R−R<br />

4<br />

= =<br />

U0 ( R1+ R2) ⋅ ( R3+ R4)<br />

( R+ R+ dRo<br />

) ⋅2R<br />

RdR ⋅<br />

o<br />

RdR ⋅<br />

= ≈<br />

.<br />

1 dR<br />

= ⋅<br />

4 R<br />

o<br />

o<br />

2<br />

.<br />

dR<br />

R<br />

o<br />

( ε εsch<br />

( ϑ)<br />

)<br />

= k ⋅ +<br />

erhalten wir<br />

U<br />

U<br />

d<br />

0<br />

1 dRo<br />

1<br />

= ⋅ = ⋅k<br />

⋅ +<br />

4 R 4<br />

( ε εsch<br />

( ϑ)<br />

)<br />

bzw.<br />

1 U<br />

d<br />

1<br />

⋅ = ⋅ ( ε + εsch<br />

( ϑ)<br />

).<br />

k U 4<br />

0<br />

Der Biegebalken in einer sogenannten Viertel‐Brücke<br />

• hat eine Empfindlichkeit von ¼, <strong>und</strong><br />

• kompensiert den Temperaturgang der Messstelle nicht.<br />

Berechnung der dehnungsabhängigen<br />

Diagonalspannung<br />

für die ¼‐Brücke<br />

Eigenschaften der ¼‐Brücke<br />

5


Bleibt noch die Berechnung der Kraft F aus der Dehnung ε . Nach<br />

[Tränkler] gilt<br />

σ<br />

BB<br />

F F<br />

≡ = = EBB<br />

⋅ε<br />

,<br />

A l⋅b<br />

wobei es sich bei<br />

E<br />

BB<br />

2<br />

1 ⎛h<br />

⎞<br />

≡ ⋅⎜<br />

⎟ ⋅E<br />

6 ⎝ l ⎠<br />

um das Ersatz‐E‐Modul des Biegebalkens handelt. Somit gilt<br />

F = A⋅EBB<br />

⋅ ε .<br />

Berechnung der Kraft aus<br />

der gemessenen Dehnung<br />

Beispiel<br />

2<br />

Ein Biegebalken aus Aluminium ( E = 70kN mm ) hat eine Länge von<br />

l = 5cm<br />

bei einer Breite von b= 1cm<br />

<strong>und</strong> einer Höhe (Dicke) von<br />

h = 5mm. Es ergibt sich so für das Ersatz‐E‐Modul des Biegebalkens<br />

E<br />

BB<br />

2 2 3<br />

9 8<br />

E<br />

70 10 10<br />

−6 2 2 2<br />

1 ⎛h⎞ 1 ⎛ 5mm ⎞ 10 N 70 N 7 N<br />

≡ ⋅⎜ ⎟ ⋅ = ⋅⎜ ⎟ ⋅ ⋅ = ⋅ = ⋅<br />

6 ⎝ l ⎠ 6 ⎝50mm⎠<br />

10 m 600 m 6 m<br />

.<br />

8 N<br />

≈1,167⋅10<br />

2<br />

m<br />

Dieser Biegebalken wird wie in Abbildung 93 gezeigt mit einer Kraft von<br />

F=10N beansprucht; es ergibt sich eine Spannung von<br />

σ<br />

BB<br />

F F 10N 4 N<br />

≡ = = = 210 ⋅ ,<br />

−4 2 2<br />

A l⋅b 510 ⋅ m m<br />

woraus eine Dehnung von<br />

σ<br />

BB<br />

6 12<br />

σBB<br />

= EBB<br />

⋅ε ⇒ ε = = 210 ⋅ ⋅ ⋅ 10 = ⋅10 ≈1,7110<br />

⋅<br />

E 7 7<br />

BB<br />

4 −8 −4 −4<br />

folgt. Die Viertel‐Brücke Abbildung 93 wird mit U 0 =10V betrieben; bei<br />

Vernachlässigung des Einflusses der Temperatur erhalten wir so bei<br />

Verwendung eines Metallfolien‐DMS mit einem k‐Faktor von 2 eine Diagonalspannung<br />

von<br />

k⋅U0 210 ⋅ V 12 −4 60 −4<br />

Ud<br />

= ⋅ ε = ⋅ ⋅ 10 = ⋅10 V ≈ 0,86mV<br />

.<br />

4 4 7 7<br />

Das ist ziemlich wenig.<br />

6


Biegebalken in Halb­Brücke<br />

An der Unterseite des Biegebalkens Abbildung 93 wird nun ein zusätzlicher<br />

DMS identischer Bauart angebracht.<br />

l<br />

U 0<br />

unten<br />

DMS R1<br />

E<br />

b<br />

DMS R1<br />

DMS R2<br />

+e<br />

-e<br />

F<br />

oben<br />

E h<br />

unten<br />

Biegebalken<br />

R 1 =R+dR u<br />

U d<br />

R 2 =R+dR o<br />

R 3 =R R 4 =R<br />

Messung der Kraft mit Biegebalken,<br />

je einem DMS<br />

oben <strong>und</strong> unten in einer ½‐<br />

Brücke<br />

oben<br />

DMS R2<br />

E<br />

Abbildung 94: Kraftmessung mit Biegebalken <strong>und</strong> DMS in Halb-<br />

Brücke.<br />

Zusätzlich<br />

• <strong>zur</strong> Dehnung ε > 0 an der Oberseite des Biegebalkens<br />

• staucht sich dieser betragsgleich an der Unterseite mit − ε .<br />

Diese Stauchung wird zusätzlich von dem auf der Unterseite des Biegebalkens<br />

angebrachten DMS R1 erfasst.<br />

Für die gegebene Anordnung der Widerstände gilt somit<br />

d 2 3 1 4<br />

= =<br />

0 1 2 3 4<br />

( ) ( )<br />

( )<br />

( + ( u<br />

+<br />

o)<br />

) ⋅<br />

( o) ( u)<br />

(( u) ( o)<br />

)<br />

( )<br />

2<br />

( )<br />

U R ⋅R −R ⋅R<br />

R + dR ⋅R − R + dR ⋅R<br />

U R + R ⋅ R + R R + dR + R + dR ⋅2R<br />

R ⋅ dR −dR R ⋅ dR −dR<br />

= ≈<br />

2R dR dR 2R 2R<br />

1 ⎛dRo<br />

dR<br />

= ⋅⎜<br />

−<br />

4 ⎝ R R<br />

o u o u<br />

u<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠<br />

.<br />

7


Mit<br />

dR<br />

R<br />

dR<br />

R<br />

o<br />

u<br />

( ε εsch<br />

( ϑ)<br />

)<br />

= k ⋅ +<br />

(( ε ) εsch<br />

( ϑ)<br />

)<br />

= k ⋅ − +<br />

erhalten wir<br />

Ud 1 ⎛dRo dRu<br />

⎞ 1<br />

= ⋅ k<br />

U0<br />

4<br />

⎜ −<br />

R R<br />

⎟ = ⋅ ⋅<br />

⎝ ⎠ 4<br />

+ − − +<br />

1 1<br />

= ⋅k⋅2<br />

⋅ ε = ⋅k⋅ε<br />

4 2<br />

1 U<br />

d 1<br />

⇒ ⋅ = ⋅ε<br />

k U 2<br />

0<br />

(( ε εsch<br />

( ϑ)<br />

) ( ε εsch<br />

( ϑ)<br />

))<br />

.<br />

Berechnung der dehnungsabhängigen<br />

Diagonalspannung<br />

für die ½‐Brücke<br />

Der Biegebalken in einer sogenannten Halb‐Brücke<br />

• erhöht also die Empfindlichkeit gegenüber der Viertel‐Brücke<br />

Abbildung 93 von ¼ auf ½, <strong>und</strong><br />

• kompensiert den Temperaturgang der Messstelle.<br />

Eigenschaften der ½‐Brücke<br />

Die Berechnung der der Kraft F erfolgt wie bei der Viertel‐Brücke dargelegt.<br />

Beispiel<br />

Für den vorher angegebenen Biegebalken aus Aluminium ergab sich für<br />

sein Ersatz‐E‐Modul<br />

E<br />

BB<br />

2<br />

1 ⎛h⎞<br />

7 N N<br />

≡ ⋅⎜<br />

⎟ ⋅ E = ⋅ 10 ≈ 1,167 ⋅ 10<br />

6 ⎝ l ⎠ 6 m m<br />

8 8<br />

2 2<br />

,<br />

woraus bei Beanspruchung mit F=10N eine Dehnung von<br />

σ<br />

BB<br />

12<br />

ε = = ⋅ 10 ≈ 1,71 ⋅ 10<br />

7<br />

E BB<br />

−4 −4<br />

folgte. Die Halb‐Brücke Abbildung 94 mit U 0 =10V liefert so eine Diagonalspannung<br />

von<br />

k⋅U0 210 ⋅ V 12 −4 120 −4<br />

Ud<br />

= ⋅ ε = ⋅ ⋅ 10 = ⋅10 V ≈ 1,714mV<br />

.<br />

2 2 7 7<br />

Das ist doppelt so viel wie bei der Viertel‐Brücke Abbildung 93; außerdem<br />

wird der Temperaturgang kompensiert.<br />

8


Biegebalken in Voll­Brücke<br />

An Ober‐ <strong>und</strong> Unterseite des Biegebalkens Abbildung 94 werden nun zusätzlich<br />

zwei DMS identischer Bauart angebracht.<br />

l<br />

U 0<br />

DMS R1<br />

DMS R4<br />

+e<br />

-e<br />

unten<br />

E b<br />

F<br />

oben<br />

E h<br />

unten<br />

Biegebalken<br />

DMS R1<br />

R 1 =R+dR u<br />

R 3 =R+dR o<br />

U d<br />

DMS R2<br />

R 2 =R+dR o<br />

R 4 =R+dR u<br />

Messung der Kraft mit Biegebalken,<br />

je zwei DMS oben<br />

<strong>und</strong> unten in einer 1/1‐<br />

Brücke<br />

DMS R2<br />

DMS R3<br />

oben<br />

E<br />

DMS R3<br />

DMS R4<br />

Abbildung 95: Kraftmessung mit Biegebalken <strong>und</strong> DMS in Voll-Brücke.<br />

Die beiden zusätzlich angebrachten DMS R3 <strong>und</strong> R4 erfassen somit<br />

• die Dehnung ε > 0 auf der Oberseite (DMS R3), <strong>und</strong><br />

• die betragsgleiche Stauchung − ε auf der Unterseite (DMS R4)<br />

des Biegebalkens.<br />

Für die gegebene Anordnung der Widerstände gilt somit<br />

2 2<br />

( ) ( )<br />

( 2R+ ( dRu<br />

+ dRo)<br />

)<br />

2 2<br />

( R+ dRo) − ( R+<br />

dRu)<br />

(( u) ( o)<br />

)<br />

Ud<br />

R2⋅R3−R1⋅R4<br />

= =<br />

U0 ( R1+ R2) ⋅ ( R3+ R4)<br />

R+ dR + R+<br />

dR<br />

2<br />

( )<br />

( 2R)<br />

2R⋅ dR − dR + dR −dR 2R ⋅ dR −dR<br />

= ≈<br />

1 ⎛dRo<br />

dR<br />

= ⋅⎜<br />

−<br />

2 ⎝ R R<br />

o u o u o u<br />

2 2<br />

u<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠<br />

.<br />

9


Mit<br />

dR<br />

R<br />

o<br />

dR<br />

= k⋅ + = ⋅ − +<br />

R<br />

u<br />

( ε εsch<br />

( ϑ)<br />

) k ( ε) εsch<br />

( ϑ)<br />

( )<br />

erhalten wir<br />

Ud 1 ⎛dRo dRu<br />

⎞ 1<br />

= ⋅⎜<br />

− ⎟= ⋅k<br />

⋅<br />

U0<br />

2 ⎝ R R ⎠ 2<br />

+ − − +<br />

1<br />

= ⋅k⋅2⋅ ε = 1⋅k⋅ε<br />

2<br />

1 Ud<br />

⇒ ⋅ = 1⋅ε<br />

k U<br />

0<br />

(( ε εsch<br />

( ϑ)<br />

) ( ε εsch<br />

( ϑ)<br />

))<br />

.<br />

Berechnung der dehnungsabhängigen<br />

Diagonalspannung<br />

für die 1/1‐Brücke<br />

Der Biegebalken in einer sogenannten Voll‐Brücke<br />

• erhöht also die Empfindlichkeit gegenüber der Halb‐Brücke Abbildung<br />

94 von ½ auf 1, <strong>und</strong><br />

• kompensiert den Temperaturgang der Messstelle.<br />

Eigenschaften der 1/1‐<br />

Brücke<br />

Die Berechnung der der Kraft F erfolgt wie vorher dargelegt.<br />

Beispiel<br />

Für den vorher angegebenen Biegebalken aus Aluminium ergab sich für<br />

sein Ersatz‐E‐Modul<br />

E<br />

BB<br />

2<br />

1 ⎛h⎞<br />

7 10<br />

8 N 8 N<br />

≡ ⋅⎜<br />

⎟ ⋅ E= ⋅ ≈<br />

2 1,167 ⋅ 10<br />

2<br />

,<br />

6 ⎝ l ⎠ 6 m m<br />

woraus bei Beanspruchung mit F=10N eine Dehnung von<br />

σ<br />

BB<br />

12<br />

ε = = ⋅ 10 ≈ 1,71 ⋅ 10<br />

7<br />

E BB<br />

−4 −4<br />

folgte. Die Voll‐Brücke Abbildung 95 mit U 0 =10V liefert so eine Diagonalspannung<br />

von<br />

k⋅U0 210 ⋅ V 12 −4 240 −4<br />

Ud<br />

= ⋅ ε = ⋅ ⋅ 10 = ⋅10 V ≈ 3,429mV<br />

.<br />

1 1 7 7<br />

Das ist doppelt so viel wie bei der Halb‐Brücke Abbildung 94 <strong>und</strong> viermal<br />

so viel wie bei der Viertel‐Brücke Abbildung 93; außerdem wird der<br />

Temperaturgang kompensiert.<br />

10


Ringkörper<br />

Ringkörper werden folgendermaßen angewendet.<br />

Kraftmessung mit Ringkörper<br />

<strong>und</strong> DMS<br />

Abbildung 96: Kraftmessung mit Ringkörper <strong>und</strong> DMS.<br />

Die gezeigte Krafteinwirkung bewirkt<br />

• auf der Außenseite des Ringkörpers eine Dehnung um ε > 0 ,<br />

• auf der Innenseite eine betragsgleiche Stauchung um − ε .<br />

Stauchung <strong>und</strong> Dehnung können wie gezeigt von DMS identischer<br />

Bauart erfasst werden. Wie beim Biegebalken bietet sich auch hier die<br />

Verschaltung in einer Voll‐Brücke an, um<br />

• hohe Empfindlichkeit mit einer<br />

• Temperaturkompensation<br />

zu verbinden.<br />

Stauchkörper<br />

Der Stauchkörper (oft allerdings mit kreisförmigen Querschnitt A) wird<br />

ebenfalls bei einigen Kraftmesssystemen verwendet.<br />

Stauchkörper<br />

F<br />

e r >0<br />

e a


Die gezeigte axial gerichtete Krafteinwirkung bewirkt in axialer Richtung<br />

eine Stauchung um<br />

−F<br />

1 F<br />

σ ≡ = E ⋅εa<br />

⇒ εa<br />

= − ⋅ < 0 ,<br />

A E A<br />

Axiale Stauchung<br />

während in radialer Richtung eine Dehnung um<br />

dD D ε<br />

r<br />

μ ≡− =− ⇒ εr<br />

=−μ⋅ εa<br />

> 0<br />

dl l ε<br />

a<br />

Radiale Dehnung<br />

bewirkt wird.<br />

• Axiale Stauchung ε<br />

a<br />

< 0 , <strong>und</strong><br />

• radiale Dehnung ε<br />

r<br />

> 0<br />

können wie gezeigt mit entsprechend angebrachten DMS erfasst werden.<br />

Wie beim Biegebalken <strong>und</strong> beim Ringkörper bietet sich auch hier<br />

die Verschaltung in einer Voll‐Brücke an, um<br />

Signalverarbeitung: 1/1‐<br />

Brücke<br />

• hohe Empfindlichkeit mit einer<br />

• Temperaturkompensation<br />

zu verbinden.<br />

12


Ausführungs­ <strong>und</strong> Bauformen<br />

Kraftsensoren mit Federkörpern verwenden meistens DMS <strong>zur</strong> Messung<br />

der Dehnungen am Federkörper. Neben den gezeigten Federkörpern<br />

• Biegebalken,<br />

• Ringkörper, <strong>und</strong><br />

• Stauchkörper<br />

gibt es auf dem Markt noch eine Vielzahl anderer Federkörper, deren<br />

Aufzählung <strong>und</strong> Untersuchung den Rahmen dieser Lehrveranstaltung<br />

sprengen würde. Es sei daher auf die entsprechende Fachliteratur verwiesen,<br />

z.B. [Schaumbg].<br />

Eine spezielle Anwendung hat die Kraftmessung auf Basis von Federkörper<br />

<strong>und</strong> DMS nach [Schrüfer] in Form der Kraftmessdose gef<strong>und</strong>en.<br />

Schema einer Kraftmessdose<br />

mit Stauchkörper<br />

Abbildung 98: Schema einer Kraftmessdose nach [Schrüfer].<br />

1. Die Kraftmessdose basiert auf der Kraftmessung mittels Stauchkörper,<br />

siehe Abbildung 97.<br />

2. Die DMS <strong>zur</strong> Messung der axialen Stauchung <strong>und</strong> radialen Dehnung.<br />

3. Gehäuse.<br />

4. Deckel<br />

5. Druckstück.<br />

13


Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereiche<br />

Eigenschaften<br />

DMS‐Kraftaufnehmer mit Federkörper haben folgende Eigenschaften<br />

[Profos]:<br />

• Weiter Messbereichsumfang. Handelsübliche DMS‐Kraftsensoren<br />

decken einen weitern Bereich von 1N bis größer 10MN ab.<br />

• Gute Genauigkeit. Handelsübliche DMS‐Kraftsensoren können in<br />

der Genauigkeitsklasse zwischen 0,03% <strong>und</strong> 2% liegen.<br />

• Robust. Hermetisch abgedichtete Aufnehmer eignen sich aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer Robustheit auch für sehr raue Umgebungsbedingungen.<br />

• Geringe Messwege. Die Messwege liegen typischerweise in einem<br />

Bereich von 0,1mm bis 0,5mm <strong>und</strong> sind daher für die meisten<br />

Anwendungen hinreichend klein.<br />

• Für statische <strong>und</strong> dynamische Messungen geeignet. DMS‐<br />

Kraftaufnehmer sind (im Gegensatz zu den später behandelten<br />

piezoelektrischen Aufnehmern) sowohl für statische als auch für<br />

dynamische Messungen uneingeschränkt einsetzbar. Als obere<br />

Messfrequenz sind mehrere kHz ohne Probleme erreichbar.<br />

Einsatzbereiche<br />

DMS‐Kraftsensoren mit Federkörper werden in allen industriellen Bereichen<br />

mit Erfolg eingesetzt; sie haben von allen Kraftmesssystemen die<br />

größte Bedeutung erlangt [Profos]. Sie werden neben der Messung der<br />

Kraft auch <strong>zur</strong> Messung des<br />

Typische Eigenschaften<br />

Einsatzbereiche<br />

• Drucks, <strong>und</strong><br />

• der Masse<br />

eingesetzt. So wird z.B. die Kraftmessdose Abbildung 98 bevorzugt als<br />

Messelement in elektromechanischen Waagen verwendet [Schrüfer].<br />

5<br />

Der Messbereichsumfang reicht dabei 5kg bis ca. 510t ⋅ bei einer Ungenauigkeit<br />

von ca. 0,05%, teilweise noch weniger. Solche hochgenauen<br />

Waagen sind dann eichfähig. Kommt es auf eine sehr schnelle Kraftmessung<br />

an, z.B. bei der indirekten Messung der Beschleunigung, so sind<br />

ggf. piezoelektrische Kraftsensoren zu bevorzugen, wie wir gleich sehen<br />

werden.<br />

14


Beispiel<br />

U.a. Abbildung ist ein Beispiel für eine sogenannte Wägezelle.<br />

Eine Wägezelle der Fa.<br />

HBM<br />

Abbildung 99: Wägezelle Serie BLC der Fa. HBM.<br />

Wägezellen dienen <strong>zur</strong> Messung der Masse. HBM gibt u.a. folgende Eigenschaften<br />

für den Sensor an:<br />

• Nennlast von 5550kg bis 1,76t<br />

• Linearitätsabweichung < 0,05%<br />

• Nennmessweg 0,5mm<br />

• Gebrauchstemperatur ‐30 … +70°C<br />

15


Piezoelektrische Kraftaufnehmer<br />

Piezoelektrischer Effekt<br />

Bei der mechanischen Deformation gewisser anisotroper (= nicht in allen<br />

Richtungen die gleiche Eigenschaft aufweisender) Kristalle werden<br />

auf bestimmten Kristallflächen elektrische Ladungen erzeugt.<br />

Der piezoelektrische Längseffekt<br />

erzeugt kraftabhängig<br />

Ladungsträger<br />

Abbildung 100: Piezoelektrischer Längseffekt nach [Schaumbg].<br />

Das o.a. Quarz‐Kristall (SiO 2 ) wird vertikal mit einer Kraft F beansprucht,<br />

wodurch es zu einer vertikalen Stauchung kommt. Das<br />

• positive Ladungszentrum der Silizium (SI)‐Atome verschiebt sich<br />

ebenso wie<br />

• das negative Ladungszentrum der Wasserstoff (O)‐Atome,<br />

wodurch es zu einer Polarisation kommt. Positive Ladungsträger der Ladungsmenge<br />

+Q lagern sich unten, negative Ladungsträger der Ladungsmenge<br />

–Q lagern sich oben an. Man spricht von einem piezoelektrischen<br />

Längseffekt.<br />

Dito der piezoelektrische<br />

Quereffekt<br />

Abbildung 101: Piezoelektrischer Quereffekt nach [Schaumbg].<br />

Daneben existiert noch der piezoelektrischen Quereffekt, s.o. Ein piezoelektrischer<br />

Effekt wird bei Quarz auch bei einer Scherbelastung beobachtet.<br />

Piezoelektrische Materiale sind<br />

• Einkristalle wie z.B. Quarz (SiO 2 ),<br />

• Polykristalle wie z.B. Bariumtitanat (BaTiO 3 ), <strong>und</strong><br />

• organische Polymere wie z.B. Nylon.<br />

Piezoelektrisch aktive Materialien<br />

16


Für die auf Basis des piezoelektrischen Effekts erzeugte Ladung gilt<br />

mit<br />

Q= kp<br />

⋅ F<br />

Berechnung der von der<br />

Messkraft erzeugten Ladung<br />

(Piezo‐Modul)<br />

• der Ladung Q in C (für Coulomb) mit 1C = 1A⋅ 1s,<br />

• der Kraft F in N, <strong>und</strong><br />

• dem sogenannten Piezo‐Modul oder der Ladungskonstante k p in<br />

C/N.<br />

k p hängt von der Art des piezoelektrischen Effekts ab, ist also abhängig<br />

davon ob es sich um den Längs‐, Quer‐ oder Schereffekt handelt.<br />

Material Kennzeichen Kristallart k ( C N)<br />

p<br />

⋅10<br />

Quarz SiO 2 Einkristall 2,3<br />

Bariumtitanat BaTiO 3 Polykristall 374,0<br />

Polyvinylidendifluorid PVDF Polymer 30,0<br />

−12<br />

Piezo‐Modul des Längseffektes<br />

für bestimmte Materialien<br />

Tabelle 4: Piezo-Modul einiger ausgewählter Materialen für den<br />

Längseffekt nach [Schrüfer].<br />

Das Polykristall Bariumtitanat (BaTiO 3 ) ist (neben anderen Polykristallen)<br />

speziell in Hinblick auf das piezoelektrische Verhalten entworfen worden;<br />

es hat gegenüber Quarz (SiO 2 ) ein über 150‐mal größeres Piezo‐<br />

Modul. Aufgr<strong>und</strong> des pyroelektrischen Effekts (siehe z.B. [Schaumbg]) ist<br />

die erzeugte Ladungsmenge Q allerdings stark abhängig von der Temperatur,<br />

die für die piezoelektrische Kraft‐ bzw. Druckmessung eine Störgröße<br />

darstellt.<br />

Zur Erhöhung der Empfindlichkeit von Piezo‐Elementen können Piezo‐<br />

Materialien gestapelt werden.<br />

Stapelung von Piezo‐<br />

Materialien erhöht die<br />

Empfindlichkeit<br />

17<br />

Abbildung 102: Stapeln zweier Piezo-Materialien <strong>zur</strong> Erhöhung der<br />

Empfindlichkeit nach [Herold].<br />

Q= n⋅kp<br />

⋅F<br />

mit der Anzahl n der ge‐<br />

Für die erzeugte Ladung gilt dann<br />

stapelten Elemente.


Reziproker piezoelektrischer Effekt<br />

Der piezoelektrische Effekt ist umkehrbar: Wird ein piezoelektrisch aktives<br />

Material in ein elektrisches Feld E gebracht, so dehnt er sich aus<br />

oder zieht sich zusammen (Elektrostriktion, reziproker piezoelektrischer<br />

Effekt). Beide Effekte sind in der Technik von Bedeutung:<br />

• Zur Messung von Kraft, Druck <strong>und</strong> Beschleunigung;<br />

• Als Ultraschallsender <strong>und</strong> Ultraschallsenderempfänger;<br />

• Als Tonabnehmer für akustische Instrumente;<br />

• als Piezo‐Feuerzeug;<br />

• als piezoelektrischer Aktor, z.B. bei Tintenstrahldruckern oder als<br />

Dieseleinspritzsystem.<br />

Es gibt auch einen reziproken<br />

piezoelektrischen Effekt,<br />

der auch Elektrostriktion<br />

genannt wird<br />

Anwendungen<br />

Ausführungs­ <strong>und</strong> Bauformen<br />

Folgende Abbildung zeigt den typischen Aufbau eines piezoelektrischen<br />

Kraftsensors.<br />

Schema eines piezoelektrischen<br />

Kraftsensorsd<br />

Abbildung 103: Schema eines piezoelektrischen Kraftsensors.<br />

Zum Einsatz kommt ein gestapeltes Piezo‐Element mit n=2 wie in Abbildung<br />

102 gezeigt.<br />

1. Die beiden Piezo‐Materialien aus Quarz (SiO 2 ) bilden den aktiven<br />

Kern des Sensors.<br />

2. Die Deckscheibe führt die Kraft F dem Piezo‐Element zu.<br />

3. Die Gehäusewand dient als Träger der einzelnen Komponenten.<br />

4. Die beiden Piezo‐Materialien werden mit der Mittelelektrode<br />

abgetrennt, siehe Abbildung 102.<br />

5. Schließlich dient dieser Stecker <strong>zur</strong> Kontaktierung des Sensors.<br />

18


Signalverarbeitung<br />

Ersatzschaltbild des Piezo­Elements<br />

Die folgende Abbildung stellt das Ersatzschaltbild eines Piezo‐Elements<br />

dar.<br />

R , C<br />

q<br />

Q = kp<br />

⋅F<br />

q<br />

dQ dF<br />

i = = kp<br />

⋅<br />

dt dt<br />

ES <strong>und</strong> Sprungantwort eines<br />

Piezo‐Elements<br />

Abbildung 104: Darstellung des elektrischen Verhaltens eines Piezo-<br />

Elements nach [Schrüfer].<br />

1. Links ist das Schema eines mit einer Kraft F beanspruchten Piezo‐Elements<br />

dargestellt, bei dem der Längseffekt ausgenutzt<br />

wird. Es wird eine Ladung von Q = kp<br />

⋅ F erzeugt.<br />

2. In der Mitte findet sich die Ersatzschaltung. Bei einer Kraftänderung<br />

(hier von 0 auf F 0 ) wird von einer idealen Stromquelle mit<br />

dem Kurzschlussstrom i = dQ dt = k<br />

p<br />

⋅ dF dt die Ladung<br />

Q = k ⋅ F erzeugt, die den durch das Piezo‐Element gebildeten<br />

0 p 0<br />

Platten‐Kondensator C q auflädt. Der parallel liegende Isolationswiderstand<br />

R q des Piezo‐Elements bewirkt eine langsame Entladung<br />

des Kondensators.<br />

3. Rechts ist die Sprungantwort Qt ( ) des Piezo‐Elements auf eine<br />

sprungförmige Änderung der Kraft F( t ) von 0 auf F 0 dargestellt.<br />

Man erkennt dass die Ladung sofort auf Q0 = k<br />

p<br />

⋅ F0<br />

springt; danach entlädt sich der Kondensator C q über R q mit der<br />

Zeitkonstante τ<br />

q<br />

≡ Rq ⋅ C .<br />

q<br />

19


Beim Piezo‐Element handelt es sich also um einen Kondensator C q , der<br />

• nicht von außen, sondern<br />

• von innen<br />

in Abhängigkeit von der Kraft F aufgeladen wird, <strong>und</strong> zwar entsprechend<br />

der Beziehung Q = kp<br />

⋅ F .<br />

i<br />

q<br />

dQ dF<br />

= = kp⋅<br />

dt dt<br />

ES eines Piezo‐Elements<br />

Abbildung 105: Ersatzschaltung des Piezo-Elements.<br />

Diese Ladung führt entsprechend der Beziehung<br />

u<br />

q<br />

Q<br />

=<br />

C<br />

q<br />

Berechnung der Ausgangsspannung<br />

dafür<br />

zu einer am Kondensator C q messbaren Spannung.<br />

20


Beispiel<br />

Das Piezo‐Element bestehend aus Quarz (SiO 2 ) habe eine Querschnittsfläche<br />

von A = 10cm<br />

<strong>und</strong> eine Dicke von d = 1mm. Die dielekt‐<br />

2<br />

rische Leitfähigkeit von SiO 2 ist ε<br />

r<br />

= 5bei einem spezifischen Widerstand<br />

14<br />

von ρ = 10 Ω cm . Die Kraft ändere sich sprungförmig von 0 auf<br />

F0 = 1kN<br />

, siehe Abbildung 104. Beginnen wir mit den Elementen der<br />

Ersatzschaltung. Hier gilt<br />

Ein Beispiel<br />

d 14 0,1cm<br />

12<br />

Rq<br />

= ρ ⋅ = 10 Ωcm⋅ = 10 Ω = 1TΩ<br />

2<br />

A<br />

10cm<br />

sowie<br />

−3 2<br />

A −12<br />

C 10 m<br />

Cq<br />

= εr⋅ε0 ⋅ = 5⋅8,85⋅10 ⋅ = 44,25pF ≈44<br />

pF<br />

−3<br />

d Vm 10 m<br />

−12<br />

mit der elektrischen Feldkonstanten ε 0<br />

= 8,85⋅ 10 CVm. Bezüglich<br />

der Sprungantwort ergibt sich<br />

C<br />

0 0<br />

2,3 10 10 2,3 10<br />

N<br />

−12 3 −9<br />

Q = kp<br />

⋅ F = ⋅ ⋅ N = ⋅ C<br />

mit k aus Tabelle 4. Die Zeitkonstante berechnet sich schließlich zu<br />

p<br />

τ<br />

12 −12<br />

q<br />

Rq Cq<br />

10 44 10 F 44s<br />

≡ ⋅ ≈ Ω⋅ ⋅ = .<br />

−9<br />

Die mit einer Kraft von F0 = 1kN<br />

erzeugte eine Ladung Q0 = 2,3⋅<br />

10 C<br />

ergibt am Anfang eine messbare Spannung von<br />

Q 2,3⋅10<br />

C<br />

uq<br />

( 0)<br />

= U = = ≈52,3V<br />

.<br />

F<br />

−9<br />

0<br />

0 −12<br />

Cq<br />

44 ⋅10<br />

Diese Spannung würde allerdings durch den Isolationswiderstand von<br />

= 1TΩ entsprechend Abbildung 104 mit einer Zeitkonstante von<br />

Rq<br />

τ = 44s<br />

kontinuierlich abgebaut. So wäre z.B. nach<br />

q<br />

0,01⋅ τ q<br />

= 0,01⋅ 44s = 0,44s<br />

die Spannung um 1% von 52,3V auf ca.<br />

( τ ) ( ) ( )<br />

uq 0,01⋅ q<br />

= uq<br />

0, 44s ≈U0 ⋅ 1− 0,01 = 0,99 ⋅U0<br />

≈ 0,99 ⋅52,3V<br />

≈ 51,78V<br />

abgesunken.<br />

21


Spannungsverstärker <strong>zur</strong> Signalverarbeitung<br />

Das o.a. Beispiel zeigt, dass bei Piezo‐Elementen durchaus hohe kraftabhängige<br />

Spannungen entstehen, so dass eine Signalverarbeitung auf<br />

Basis der Spannung U plausibel erscheint, z.B. die Verwendung eines<br />

Spannungsverstärkers:<br />

Signalverarbeitung mit dem<br />

gelegentlich verwendeten<br />

Spannungsverstärker<br />

Abbildung 106: Spannungsverstärker <strong>zur</strong> Signalverarbeitung bei der<br />

piezoelektrischen Kraftmessung nach [Schrüfer].<br />

Wie die o.a. Abbildung (mit Verwendung eines nicht‐invertierenden<br />

U/U‐Verstärkers) im oberen ersten Teil zeigt, sind aufgr<strong>und</strong> des kleinen<br />

Werts von C q <strong>und</strong> des großen Werts von R q die parasitären Effekte des<br />

Anschlusskabels (C K , R K ) zu berücksichtigen. Es gilt somit für die im unteren<br />

zweiten Teil dargestellte Ersatzschaltung<br />

C = C || C = C + C R = R || R .<br />

e q K q K e q K<br />

Die o.a. Schaltung wird gelegentlich verwendet; es treten jedoch zwei<br />

Probleme auf:<br />

• Die Spannung u e <strong>und</strong> damit auch u a hängen von der in der genauen<br />

Größe an sich unbekannten Kapazität C e ab. Die wirksame<br />

Kapazität C e muss bestimmt, das Piezo‐Element <strong>und</strong> Kabel müssen<br />

i.d.R. eingemessen werden. Außerdem ist hochwertiges <strong>und</strong><br />

damit teures Kabel‐ <strong>und</strong> Steckermaterial zu verwenden.<br />

• Bei einer Kraftänderung ΔF entsteht lediglich eine dazu proportionale<br />

Ladung Δ Q = n⋅kp<br />

⋅Δ F ; diese fließ aber sukzessive <strong>und</strong><br />

irreversibel über den Widerstand R e ab. u e <strong>und</strong> damit auch u a<br />

brechen also bei statischen Konstant‐Kräften mit der Zeitkonstante<br />

τe ≡Re⋅ Ce<br />

zusammen, siehe Abbildung 104 rechts; daran<br />

Parasitärer Einfluss des Kabels<br />

Piezo‐Element <strong>und</strong> Kabel<br />

müssen eingemessen werden<br />

Ladungsabfluss über Rq<br />

ändert der Spannungsverstärker nichts. Statische Messungen<br />

(fast) konstanter Kräfte sind daher nicht möglich.<br />

22


Ladungsverstärker <strong>zur</strong> Signalverarbeitung<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> hat sich für viele Anwendungen folgende Schaltungsvariante<br />

durchgesetzt.<br />

dQ dF<br />

iq<br />

= = kp⋅<br />

dt dt<br />

u ≈ 0<br />

e<br />

Signalverarbeitung mit dem<br />

bevorzugt verwendeten Ladungsverstärker<br />

Abbildung 107: Ladungsverstärker <strong>zur</strong> Signalverarbeitung bei der piezoelektrischen<br />

Kraftmessung.<br />

Bei dem sogenannten Ladungsverstärker handelt es sich um einen Integrator<br />

mit Stromeingang. Unter Annahme eines idealen Kondensators<br />

in der Gegenkopplung erhalten wir<br />

Ladungsverstärker = Integrator<br />

mit Stromeingang<br />

dQ dF dua<br />

1 k<br />

p<br />

i≈ iq = = kp⋅ ≈−C ⇒ ua<br />

≈− ⋅ Q=− ⋅ F .<br />

dt dt dt C C<br />

Die im Piezo‐Element erzeugte Ladung Q wandert also zum Gegenkopplungskondensator<br />

C. Diese Ladungsverstärker‐Schaltung hat gegenüber<br />

der Spannungsverstärker‐Schaltung Abbildung 106 folgende Vorteile:<br />

• Die <strong>zur</strong> Kraft F proportionale Ausgangsspannung u a hängt nur<br />

noch von dem Gegenkopplungskondensator C ab, nicht mehr<br />

von den unbekannten <strong>und</strong> möglicherweise temperaturabhängigen<br />

Größen R q , R K , C q <strong>und</strong> C K . Das Kalibrieren (Einmessen) des<br />

Zuleitungskabels kann entfallen, man kommt ggf. mit kostengünstigerem<br />

Kabel‐ <strong>und</strong> Steckermaterial aus.<br />

• Die Spannung u e über R e <strong>und</strong> C e wird näherungsweise zu 0. Das<br />

verhindert größtenteils ein Abfließen der Ladung Q über R e . Statische<br />

Messungen (fast) konstanter Kräfte sind daher (mit gewissen<br />

Einschränkungen) möglich.<br />

Einmessen kann entfallen<br />

Ladungsabfluss wird verringert<br />

23


Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereiche<br />

Eigenschaften<br />

Piezoelektrische Kraftaufnehmer haben u.a. folgende Eigenschaften:<br />

• Hohe Überlastbarkeit <strong>und</strong> hohe Nennkräfte. Es können Kräfte bis<br />

1MN <strong>und</strong> darüber gemessen werden.<br />

• Einsatz auch bei hohen Temperaturen möglich.<br />

• Nahezu weglose Messung. Das Auftreten des piezoelektrische Effekts<br />

benötigt praktisch keinen Weg. Daher ist eine fast weglose<br />

Messung möglich.<br />

• Sehr schnell. Der piezoelektrische Effekt ist fast ohne Trägheit.<br />

Entsprechende Kraftaufnehmer sind daher sehr schnell mit sehr<br />

hoher Eigenfrequenz. Messungen bis in den MHz‐Bereich sind<br />

möglich [Schaumbg].<br />

• Einschränkungen bei statischen Messungen. Ändert sich die<br />

Kraft minuten‐ oder gar st<strong>und</strong>enlang nicht, so kommt der Ladungsabfluss<br />

in Abbildung 107 doch zum tragen. Entsprechende<br />

statische Messungen werden daher ungenau.<br />

Einsatzbereiche<br />

Piezoelektrische Kraftsensoren werden mit Erfolg dort eingesetzt, wo es<br />

auf eine sehr schnelle Kraftmessung ankommt, z.B. zum Messen des Zylinderdrucks<br />

in Verbrennungsmotoren.<br />

Typische Eigenschaaften<br />

Einsatzbereiche<br />

Außerdem seien Beschleunigungssensoren erwähnt, mit denen eine Beschleunigung<br />

a aufgr<strong>und</strong> der Beziehung<br />

F = m⋅a ⇒ a =<br />

F<br />

m<br />

aus der Messung der Kraft F an einer seismischen Masse m ermittelt<br />

werden kann.<br />

Schließlich werden piezoelektrische Kraftsensoren auch <strong>zur</strong> Druckmessung<br />

verwendet, wie wir später noch sehen werden.<br />

Werden hinlänglich statische Kraftmessungen gefordert, bei denen die<br />

Kraft sich minuten‐ oder gar st<strong>und</strong>enlang nicht ändert, so können piezoelektrische<br />

Kraftsensoren nicht eingesetzt werden.<br />

Die i.A. aufwändige <strong>und</strong> störungsanfällige Signalverarbeitung mittels Ladungsverstärker<br />

nach Abbildung 107 führt dazu, dass piezoelektrische<br />

Kraftmessungen zwar häufiger im Laborbereich anzutreffen sind, im<br />

rauen industriellen Umfeld aber seltener anzutreffen sind.<br />

24


Beispiel<br />

U.a. Abbildung ist ein Beispiel für einen piezoelektrischen Kraftsensor.<br />

Ein piezoelektrischer Kraftsensor<br />

der Fa. Kistler<br />

Abbildung 108: Piezoelektrischer Kraftsensor Typ 9217A der Fa. Kistler.<br />

Kistler gibt u.a. folgende Eigenschaften für den Sensor an:<br />

• Für Zug‐ <strong>und</strong> Druckkräfte bis ±500N<br />

• Linearitätsabweichung < 0,2% vom Vollausschlag<br />

• Ansprechschwelle 10 13 Ω<br />

• Eigenfrequenz > 20kHz<br />

• Betriebstemperaturbereich ‐80 … +205°C<br />

25


Kontrollfragen<br />

1. Erläutern Sie die verschiedenen Druckarten, die mit Drucksensoren<br />

gemessen werden können.<br />

2. Wie lautet das Hookesche Gesetz für eine Schraubenfeder <strong>und</strong><br />

einen (elastischen) Festkörper.<br />

3. Erläutern Sie das Prinzip der Kraftmessung mit Biegebalken <strong>und</strong><br />

DMS in einer Viertel‐Brücke.<br />

4. Erläutern Sie das Prinzip der Kraftmessung mit Biegebalken <strong>und</strong><br />

DMS in einer Halb‐Brücke.<br />

5. Erläutern Sie das Prinzip der Kraftmessung mit Biegebalken <strong>und</strong><br />

DMS in einer Voll‐Brücke.<br />

6. Erläutern Sie Vor‐ <strong>und</strong> Nachteile bei der Verwendung von Biegebalken<br />

<strong>und</strong> DMS in Viertel‐, Halb‐ <strong>und</strong> Voll‐Brücke.<br />

7. Schildern Sie Ausführungs‐ <strong>und</strong> Bauformen sowie Eigenschaften<br />

<strong>und</strong> Einsatzbereiche von DMS‐Kraftsensoren mit Federkörper.<br />

8. Erläutern Sie den piezoelektrischen Effekt.<br />

9. Erläutern Sie das Ersatzschaltbild eines Piezo‐Elements.<br />

10. Skizzieren Sie für das Piezo‐Element die Signalverarbeitung auf<br />

Basis des Spannungsverstärkers.<br />

11. Skizzieren Sie für das Piezo‐Element die Signalverarbeitung auf<br />

Basis des Ladungsverstärkers. Was ist der Vorteil gegenüber dem<br />

Spannungsverstärker?<br />

12. Schildern Sie Ausführungs‐ <strong>und</strong> Bauformen sowie Eigenschaften<br />

<strong>und</strong> Einsatzbereiche von piezoelektrischen Kraftsensoren.<br />

Literatur<br />

[Gevatter]<br />

Gevatter, H.‐J.: Handbuch der <strong>Mess‐</strong> <strong>und</strong> Automatisierungstechnik.<br />

Springer‐Verlag, 1999.<br />

[Herold] Herold, Harry: Sensortechnik. Hüthig‐Veerlag, 1993.<br />

[Profos]<br />

Profos, P., Pfeifer, T.: Handbuch der industriellen Messtechnik.<br />

Oldenbourg‐Verlag, 1994.<br />

[Schaumbg] Schaumburg, H.: Sensoren. Teubner‐Verlag, 1992.<br />

[Schrüfer] Schrüfer, E.: Elektrische Messtechnik. Hanser‐Verlag, 8.<br />

Auflage, 2004.<br />

[Tränkler]<br />

Tränkler, H.‐R.: Taschenbuch der Messtechnik. Oldenbourg‐Verlag,<br />

3. Auflage, 1992.<br />

26


Druckmessung<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

Neben der Messung von Temperatur <strong>und</strong> Kraft kommt auch der Druckmessung<br />

eine sehr große technische Bedeutung zu [Schaumbg]. Anwendungen<br />

reichen von der<br />

• Meteorologie (z.B. Luftdruck),<br />

• Medizin (Blutdruck),<br />

• Motorsteuerung (Ansaugdruck, Öldruck usw.), bis hin <strong>zur</strong><br />

• Druckmessung in der Verfahrenstechnik.<br />

Unter dem Druck p versteht man die auf eine Fläche A bezogene Kraft,<br />

d.h. es gilt<br />

F<br />

p ≡ .<br />

A<br />

Verfahren <strong>zur</strong> Kraftmessung können also i.d.R. leicht <strong>zur</strong> Druckmessung<br />

verwendet werden, in dem<br />

• eine Fläche A (z.B. Membran)<br />

• dem Messdruck p<br />

ausgesetzt wird. Die Messung der Kraft F <strong>und</strong> Anwendung der Beziehung<br />

p≡ F A liefert dann indirekt den Druck p.<br />

Als Einheit für den Druck ist nach SI das Pa (für Pascal) vereinbart mit<br />

1Pa<br />

≡ 1 N .<br />

2<br />

m<br />

Für industriell übliche Drücke ist diese Einheit allerdings sehr klein. Man<br />

verwendet daher häufig<br />

5<br />

1bar<br />

≡ 10 Pa<br />

bzw.<br />

MPa Pa bar<br />

.<br />

kPa Pa mbar<br />

6<br />

1 ≡ 10 = 10<br />

3<br />

1 ≡ 10 = 10<br />

1


Man unterscheidet nach u.a. Abbildung folgende Arten von Druck:<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

Abbildung 109: Verschiedene Druckarten nach [Gevatter].<br />

1. Absolutdruck. Das ist der Druck p der absolut herrscht, also die<br />

Druckdifferenz Δp ≡ p− pref<br />

= p− 0 gegen Vakuum.<br />

2. Relativdruck. Das ist die Druckdifferenz gegen einen gegebenen<br />

Referenzdruck p , also<br />

ref<br />

Δp ≡ p− p .<br />

ref<br />

3. Atmosphärendruck. Das ist der Relativdruck gegen den örtlich<br />

vorhandenen Luftdruck (Umgebungsdruck, Atmosphärendruck<br />

p<br />

atm<br />

).<br />

4. Differenzdruck. Das ist die Differenz Δp ≡ p2− p1<br />

zwischen zwei<br />

Messdrücken.<br />

2


Druckmessung mittels Membran<br />

Für den Druck p gilt<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

F<br />

p ≡ .<br />

A<br />

Es liegt daher nahe eine Fläche A einem Druck p auszusetzen <strong>und</strong> den<br />

Druck p dann unter Anwendung der o.a. Beziehung indirekt auf Basis einer<br />

Kraftmessung zu bestimmen.<br />

Häufig werden <strong>zur</strong> Druckmessung Membranen verwendet, wobei deren<br />

elastische Verformung in Form, von<br />

• Dehnungen, <strong>und</strong><br />

• Stauchungen erfasst<br />

wird. Diese Dehnungen bzw. Stauchungen werden z.B. mittels DMS erfasst.<br />

Die so ausgeführte Druckmesstechnik kann somit als Sonderfall<br />

der Kraftmessung mit einer Membran als Federkörper aufgefasst werden.<br />

Topfmembran oder ebene Plattenfeder<br />

Die einfachste Membranart ist die Topfmembran, auch ebene Plattenfeder<br />

genannt.<br />

Abbildung 110: Prinzip der Druckmessung mit Topfmembran nach<br />

[Tränkler].<br />

3


Die o.a. Topfmembran ist eine eingespannte ebene Platte der Dicke h,<br />

die einen wirksamen Durchmesser von R aufweist. Auf die Oberseite der<br />

Membran wirkt ein gleichmäßiger Druck p, der die Membran in einen<br />

bestimmten Spannungszustand versetzt. Daraufhin verformt sich die<br />

Membran, es kommt zu<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

• radialen Dehnungenε r<br />

, <strong>und</strong><br />

• tangentialen Dehnungen ε<br />

t<br />

.<br />

Bezogen auf die Membran‐Unterseite haben ε = f ( r)<br />

<strong>und</strong> ε = f ( r)<br />

den in o.a. dargestellten Verlauf, wobei<br />

gilt. Es kommt demzufolge<br />

( ) ( )<br />

ε0 = ε 0 = ε 0<br />

r<br />

• zu radialen <strong>und</strong> tangentialen Dehnungen (Dilatationen) ε<br />

r<br />

> 0 ,<br />

ε > 0 im Bereich der Membranmitte r → 0 , <strong>und</strong><br />

t<br />

• zu radialen <strong>und</strong> tangentialen Stauchungen (Kompressionen)<br />

ε < 0 , ε < 0 im Bereich des Randes der Membran r → R.<br />

r<br />

ε<br />

r<br />

= f ( r ) <strong>und</strong><br />

t<br />

f ( r )<br />

t<br />

t<br />

ε = hängen vom Druck p ab, so dass durch Erfassen<br />

<strong>und</strong> Auswerten des Spannungszustandes der Membran der Druck p<br />

ermittelt werden kann.<br />

r<br />

t<br />

4


Messung mit DMS<br />

Zur Messung der Dehnungen in Abbildung 110 können z.B. DMS verwendet<br />

werden.<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

Dehnung<br />

(Dilatation)<br />

Stauchung<br />

(Kompression)<br />

Erfassung ε r für r→R<br />

Erfassung ε t für r→0<br />

Abbildung 111: Druckmessung mit Topfmembran <strong>und</strong> DMS nach<br />

[Tränkler].<br />

Der unten dargestellte Rosetten‐DMS beinhaltet vier verschiedene DMS,<br />

die<br />

• im Bereich der Membranmitte r → 0 die dort überwiegenden<br />

tangentialen Dehnungen (Dilatationen) ε<br />

t<br />

> 0 , <strong>und</strong><br />

• im Bereich des Randes der Membran r → R die dort betragsmäßig<br />

überwiegenden radialen Stauchungen (Kompressionen)<br />

ε<br />

r<br />

< 0<br />

erfassen. Die vier DMS werden in Äquivalenz zu Abbildung 95 in einer<br />

Voll‐Brücke verschaltet.<br />

5


Beispiel<br />

U.a. Abbildung ist ein Beispiel für einen DMS‐Drucksensor mit Membran.<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

Abbildung 112: DMS-Drucksensor Typ P6A der Fa. HBM.<br />

HBM gibt u.a. folgende Eigenschaften für den Sensor an:<br />

• Für Absolutdrücke bis 500bar<br />

• Linearitätsabweichung einschließlich Hysterese < ±0,2%<br />

• Genauigkeitsklasse 0,2<br />

• Eigenfrequenz ca. 13kHz (10bar) bis > 100kHz (500bar)<br />

• Nenntemperaturbereich ‐10 … +80°C<br />

6


Messung mit Wegaufnehmer<br />

Daneben kann die o.a. Topfmembran genutzt werden um den Druck<br />

über eine Wegmessung zu bestimmen.<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

Abbildung 113: Druckmessung mit Topfmembran <strong>und</strong> Wegmessung<br />

nach [Tränkler].<br />

Für den Weg x gilt nach [Tränkler]<br />

4<br />

3 2 R 1<br />

( 1 μ ) 3<br />

x = ⋅ − ⋅ ⋅ ⋅ p<br />

16 h E<br />

mit der Poisson‐Zahl μ der Topfmembran; für Stahl gilt μ ≈ 0,3. Der<br />

o.a. Zusammenhang gilt allerdings nur für kleine Ausdehnungen x, in<br />

etwa in einem Bereich 0 ≤ x ≤ h , da sich die Plattenfeder durch die auftretenden<br />

Zugspannungen versteift.<br />

Ein Beispiel für die Anwendung dieses Prinzips stellt folgender induktiver<br />

Druckaufnehmer dar.<br />

Abbildung 114: Druckmessung mit induktiver Wegmessung nach<br />

[Schrüfer].<br />

1. Die beiden Drücke p 1 <strong>und</strong> p 2 werden in getrennten Druckmesskammern<br />

mit den Membranfedern erfasst.<br />

2. Die Membranfedern sind mit der Querstange verb<strong>und</strong>en.<br />

3. Der Raum dazwischen ist mit inkompressiblem Öl gefüllt.<br />

7


4. Die auf den gemeinsamen Deckel der Topfspulen wirkende Kraft<br />

ist demzufolge<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

( )<br />

F = A⋅ p − p ;<br />

diese bewirkt eine Auslenkung<br />

1 2<br />

( )<br />

Δ x ∼ F = A⋅ p − p<br />

1 2<br />

der beiden Membranfedern. Der mit den Topfspulen <strong>und</strong> dem<br />

gemeinsamen Deckel gebildete Differential‐Queranker‐Geber<br />

wird so verstimmt.<br />

5. Mit den Federn kann der Messbereich eingestellt werden.<br />

6. Die Anschlüsse des Differential‐Queranker‐Gebers werden über<br />

diese Glasdurchführen herausgeführt.<br />

Der rechte Teil der o.a. Abbildung zeigt, wie die Signalverarbeitung in<br />

einer Wechselstrom‐Voll‐Brücke stattfindet. Für die Wechselstrombrücke<br />

gilt demzufolge<br />

( ) ( )<br />

⋅( 2<br />

−<br />

1)<br />

( )<br />

Ud Z2⋅Z3−Z1⋅Z R Z Z<br />

4<br />

1 Z2 − Z1 1 L2 − L1<br />

= = = ⋅ = ⋅ .<br />

U Z + Z ⋅ Z + Z Z + Z ⋅ 2R 2 Z + Z 2 L + L<br />

0 1 2 3 4 1 2 2 1 2 1<br />

Für die einzelnen Induktivitäten gilt<br />

so dass sich<br />

1<br />

= +Δ = ⋅ ⋅ ⋅<br />

( )<br />

2<br />

L1 L x0 x μ0<br />

N<br />

2 x<br />

0<br />

+ Δ x<br />

1<br />

= −Δ = ⋅ ⋅ ⋅<br />

( )<br />

2<br />

L2 L x0 x μ0<br />

N<br />

2 x<br />

0<br />

− Δ x<br />

1 1<br />

−<br />

Ud 1 x0 −Δ x x0<br />

+Δx 1 ( x0 +Δx) −( x0<br />

−Δx)<br />

1 Δx<br />

= ⋅ = ⋅ = ⋅<br />

U 1 1<br />

0<br />

2<br />

+<br />

2 ( x0 +Δ x) + ( x0 −Δx)<br />

2 x0<br />

x −Δ x x +Δx<br />

0 0<br />

ergibt. Somit kann durch Messung der bezogenen Diagonalspannung<br />

Ud<br />

U<br />

0 die bezogene Auslenkung Δ x x0<br />

<strong>und</strong> damit mittels<br />

A<br />

A<br />

,<br />

Δx<br />

x<br />

0<br />

( )<br />

∼ F = A⋅ p − p<br />

1 2<br />

der Differenzdruck p1− p2<br />

bestimmt werden.<br />

8


Ausführungs­ <strong>und</strong> Bauformen<br />

Entsprechend den verschiedenen für DMS <strong>zur</strong> Verfügung stehenden Fertigungstechnologien<br />

stehen folgende Ausführungsformen für DMS‐<br />

Drucksensoren mit Federkörpern <strong>zur</strong> Verfügung [Gevatter]:<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

• Metallfolien‐Drucksensoren. Hier werden Metallfolien‐DMS auf<br />

die Membran aufgeklebt oder für hohe Temperaturen aufgeschweißt,<br />

siehe Abbildung 111 unten.<br />

• Dünnfilm‐Drucksensoren. Hier werden Dünnfilm‐DMS direkt auf<br />

die Membran aufgedampft <strong>und</strong> mit lithografischen Verfahren<br />

strukturiert. Membran <strong>und</strong> DMS bilden eine Einheit, was insbesondere<br />

die Geschwindigkeit der Druckmessung verbessert. Die<br />

Fertigungskosten sind allerdings ziemlich hoch.<br />

• Halbleiter‐Drucksensoren. Hier werden Halbleiter‐DMS verwendet,<br />

wobei die Membran selbst aus Silizium (Si) besteht <strong>und</strong> Bestandteil<br />

des Halbleiters ist. Entsprechende p‐ <strong>und</strong> n‐Dotierungen<br />

werden auf der Membran durchgeführt. Halbleiter‐<br />

Drucksensoren haben wesentlich größere Empfindlichkeiten als<br />

die o.a. Metall‐DMS. Halbleiter‐Drucksensoren können durch<br />

geeignete Fertigungstechniken relativ kostengünstig hergestellt<br />

werden.<br />

Metallfolien‐ <strong>und</strong> Dünnfilm‐Drucksensoren mittels Membran werden im<br />

Weiteren als Metall‐Drucksensoren oder Metall‐Druckaufnehmer bezeichnet.<br />

9


Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereiche<br />

Eigenschaften<br />

Druckaufnehmer mit Membran haben u.a. folgende Eigenschaften<br />

[Schaumbg]:<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

• Messbereichsumfang. Handelsübliche Metall‐Druckaufnehmer<br />

decken einen Bereich von 10bar bis ca. 2000bar ab. Halbleiter‐<br />

Drucksensoren können aufgr<strong>und</strong> ihrer höheren Empfindlichkeit<br />

auch deutlich niedrigere Drücke messen. Noch geringere Drücke<br />

können gemessen werden, wenn wie in Abbildung 114 gezeigt,<br />

induktiv die Auslenkung der Membran gemessen wird [Gevatter].<br />

• Robust. Insbesondere Metall‐Druckaufnehmer sind sehr robust<br />

<strong>und</strong> daher auch für raue Umgebungsbedingungen geeignet.<br />

• Hohe Überlastbarkeit. Bei Metall‐Druckaufnehmern wird häufig<br />

ein mechanisches Gegenlager verwendet, das die Durchbiegung<br />

der Membran begrenzt, so dass diese bei einer 10%igen Überschreitung<br />

der Nennlast aufliegt. Bersten tritt häufig erst ab<br />

1000%iger Überlast oder mehr auf.<br />

• Kosten. Metall‐Druckaufnehmer sind teuer in der Fertigung <strong>und</strong><br />

daher hauptsächlich in der industriellen Messtechnik zu finden,<br />

nicht im Bereich der Konsum‐Technik. Dagegen können Halbleiter‐Druckaufnehmer<br />

günstiger hergestellt werden, so dass sie<br />

auch im Bereich der Konsum‐Technik zu finden sind.<br />

• Für statische <strong>und</strong> dynamische Messungen geeignet. Membran‐<br />

Druckaufnehmer mit DMS sind (im Gegensatz zu den später behandelten<br />

piezoelektrischen Aufnehmern) sowohl für statische<br />

als auch für dynamische Messungen uneingeschränkt einsetzbar.<br />

• Temperaturkompensation. Metall‐Druckaufnehmer <strong>und</strong> insbesondere<br />

Halbleiter‐Druckaufnehmer sind empfindlich gegen Änderungen<br />

der Temperatur. Es sind daher ggf. entsprechende<br />

Kompensationsmaßnahmen zu treffen.<br />

Einsatzbereiche<br />

Drucksensoren mit Membran werden in allen industriellen Bereichen<br />

mit Erfolg eingesetzt; Halbleiter‐Drucksensoren können so günstig gefertigt<br />

werden dass sie auch im Bereich der Konsum‐Technik eingesetzt<br />

werden.<br />

Kommt es auf eine sehr schnelle Druckmessung an, z.B. bei der Messung<br />

von Zylinderdrücken bei Verbrennungsmotoren, so sind ggf. piezoelektrische<br />

Drucksensoren zu bevorzugen, wie wir gleich sehen werden.<br />

10


Piezoelektrische Druckmessung<br />

Die vorher erläuterte Kraftmessung auf Basis des piezoelektrischen Effekts<br />

kann ebenfalls leicht <strong>zur</strong> Messung des Drucks p verwendet werden.<br />

Dabei wird die Fläche A eines Piezo‐Elements einem Druck p ausgesetzt<br />

<strong>und</strong> der Druck p dann unter Anwendung von<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

F<br />

p ≡<br />

A<br />

bestimmt. Mit<br />

Q<br />

Q= n⋅kp<br />

⋅F ⇒ F = nk ⋅<br />

p<br />

folgt daraus<br />

F 1 Q<br />

p ≡ A<br />

= A ⋅ n⋅<br />

k<br />

p<br />

.<br />

n ist die Anzahl der Elemente im Piezo‐Stapel nach Abbildung 102, k p das<br />

Piezo‐Modul oder auch Ladungskonstante des verwendeten Materials,<br />

siehe Tabelle 4.<br />

11


Ausführungs­ <strong>und</strong> Bauformen<br />

Folgende Abbildung zeigt den typischen Aufbau eines piezoelektrischen<br />

Drucksensors.<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

Abbildung 115: Schema eines piezoelektrischen Drucksensors.<br />

Zum Einsatz kommt in diesem Beispiel ein ungestapeltes Piezo‐Element.<br />

1. Der Druck p wird über diese Membran in eine Kraft F umgewandelt.<br />

2. Diese Spannhülse dient im Wesentlichen <strong>zur</strong> Aufnahme des Piezo‐Elements.<br />

3. Das Übergangsstück leitet die Kraft F an das Piezo‐Element weiter.<br />

4. Das Piezo‐Element.<br />

5. Ein Spiralfederkontakt <strong>zur</strong> Kontaktierung einer Ebene des Piezo‐<br />

Elements. (Die andere Ebene liegt auf Gehäusemasse.)<br />

6. Das Aufnehmergehäuse.<br />

7. Der Gewindeanschluss mit Stecker.<br />

12


Signalverarbeitung<br />

Wie schon vorher bei der Kraftmessung erläutert hat sich folgende<br />

Schaltung <strong>zur</strong> Signalverarbeitung durchgesetzt.<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

i<br />

iq = dQ = k dF dp<br />

p⋅ = kp⋅A⋅<br />

dt dt dt<br />

i<br />

u ≈ 0<br />

e<br />

-<br />

C<br />

8<br />

+<br />

R e<br />

C e<br />

+<br />

u a<br />

Piezo-Element<br />

Ladungsverstärker<br />

Abbildung 116: Ladungsverstärker <strong>zur</strong> Signalverarbeitung bei der piezoelektrischen<br />

Druckmessung.<br />

Der o.a. Ladungsverstärker ist ein Integrator mit Stromeingang. Unter<br />

Annahme eines idealen Kondensators in der Rückkopplung erhalten wir<br />

dQ dp dua<br />

1 kp<br />

⋅ A<br />

i≈ iq = = kp⋅A⋅ ≈−C ⇒ ua<br />

≈− ⋅ Q=− ⋅ p.<br />

dt dt dt C C<br />

13


Eigenschaften <strong>und</strong> Einsatzbereiche<br />

Eigenschaften<br />

Piezoelektrische Druckaufnehmer haben u.a. folgende Eigenschaften<br />

[Gevatter]:<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

• Sehr schnell. Der piezoelektrische Effekt ist fast ohne Trägheit.<br />

Entsprechende Druckaufnehmer sind daher sehr schnell mit sehr<br />

hoher Eigenfrequenz. Messungen bis in den MHz‐Bereich sind<br />

möglich [Schaumbg].<br />

• Nahezu weglose Messung. Das Auftreten des piezoelektrische Effekts<br />

benötigt praktisch keinen Weg, Daher ist eine fast weglose<br />

Messung möglich.<br />

• Hohe Überlastbarkeit <strong>und</strong> hohe Nenndrücke. Handelsübliche piezoelektrische<br />

Druckaufnehmer decken einen Druckbereich von<br />

1bar bis 5000bar ab [Profos].<br />

• Einsatz auch bei hohen Temperaturen möglich.<br />

• Einschränkungen bei statischen Messungen. Ändert sich der<br />

Druck minuten‐ oder gar st<strong>und</strong>enlang nicht, so kommt der Ladungsabfluss<br />

in Abbildung 116 doch zum tragen. Entsprechende<br />

statische Messungen werden daher ungenau.<br />

Einsatzbereiche<br />

Piezoelektrische Drucksensoren werden mit Erfolg dort eingesetzt, wo<br />

es auf eine sehr schnelle Druckmessung ankommt, z.B. bei der Messung<br />

des Zylinderdrucks bei Verbrennungsmotoren.<br />

Werden hinlänglich statische Druckmessungen gefordert, bei denen der<br />

Druck sich minuten‐ oder gar st<strong>und</strong>enlang nicht ändert, so können piezoelektrische<br />

Drucksensoren nicht eingesetzt werden.<br />

Die i.A. aufwändige <strong>und</strong> störungsanfällige Signalverarbeitung mittels Ladungsverstärker<br />

nach Abbildung 116 führt dazu, dass piezoelektrische<br />

Druckmessungen zwar häufiger im Laborbereich anzutreffen sind, im<br />

rauen industriellen Umfeld aber seltener anzutreffen sind.<br />

14


Beispiel<br />

U.a. Abbildung ist ein Beispiel für einen piezoelektrischen Drucksensor.<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

Abbildung 117: Piezoelektrischer Drucksensor Typ 6013CA der Fa.<br />

Kistler.<br />

Kistler gibt u.a. folgende Eigenschaften für den Sensor an:<br />

• Anwendungsbereich Zylinderdruckmessung<br />

• Für Drücke bis 250bar<br />

• Linearitätsabweichung 85kHz<br />

• Betriebstemperaturbereich ‐50 … +350°C<br />

15


Kontrollfragen<br />

1. Erläutern Sie das Prinzip der Druckmessung mit Membran bei<br />

Messung der Dehnung mittels DMS bzw. induktiver Wegmessung.<br />

2. Schildern Sie Ausführungs‐ <strong>und</strong> Bauformen sowie Eigenschaften<br />

<strong>und</strong> Einsatzbereiche von Drucksensoren mit Membran.<br />

3. Erläutern Sie das Prinzip der piezoelektrischen Druckmessung.<br />

4. Schildern Sie Ausführungs‐ <strong>und</strong> Bauformen sowie Eigenschaften<br />

<strong>und</strong> Einsatzbereiche von piezoelektrischen Drucksensoren. Wo<br />

liegen deren Vor‐ <strong>und</strong> Nachteile im Vergleich <strong>zur</strong> Druckmessung<br />

mit Membran?<br />

Literatur<br />

[Gevatter]<br />

[Profos]<br />

Gevatter, H.‐J.: Handbuch der <strong>Mess‐</strong> <strong>und</strong> Automatisierungstechnik.<br />

Springer‐Verlag, 1999.<br />

Profos, P., Pfeifer, T.: Handbuch der industriellen Messtechnik.<br />

Oldenbourg‐Verlag, 1994.<br />

[Schaumbg] Schaumburg, H.: Sensoren. Teubner‐Verlag, 1992.<br />

[Schrüfer] Schrüfer, E.: Elektrische Messtechnik. Hanser‐Verlag, 8.<br />

Auflage, 2004.<br />

[Tränkler]<br />

Tränkler, H.‐R.: Taschenbuch der Messtechnik. Oldenbourg‐Verlag,<br />

3. Auflage, 1992.<br />

16


Zeit‐ <strong>und</strong> Frequenzmessung<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

Die Zeit (Abk. t) ist eine SI‐Basisgröße, die in s gemessen wird. Zeitintervalle<br />

(bzw. Frequenzen) lassen sich mit außerordentlicher Genauigkeit<br />

messen; selbst mit einfachen, nicht temperaturstabilisierten Uhrenquarzen<br />

sind relative Genauigkeiten von 10 ‐5 möglich; durch geeignete Temperaturregelungen<br />

lassen sich die Fehler bezüglich der Temperaturdrift<br />

um drei bis vier Größenordnungen reduzieren. In speziell eingerichteten<br />

Laboratorien wir z.B. der Physikalisch‐Technischen B<strong>und</strong>esanstalt (PTB)<br />

in Braunschweig werden bei der Zeitmessung sogar Genauigkeiten von<br />

5∙10 ‐15 erzielt.<br />

1


Digitale Zeitintervallmessung<br />

Das Prinzip der digitalen Zeitintervallmessung zeigt die unten stehende<br />

Abbildung.<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

High<br />

u<br />

Δt<br />

T<br />

N<br />

Takt T<br />

u<br />

Δt<br />

Abbildung 118: Digitale Zeitintervallmessung nach [Lerch].<br />

Ein T‐Flip‐Flop öffnet zu Beginn des Zeitintervalls <strong>und</strong> schließ am Ende<br />

des Zeitintervalls ein zeitliches Tor (Gate), während dessen die Impulse<br />

eines Taktes gezählt werden. Ein Zähler zählt die Takt‐Impulse während<br />

der Tor‐Zeit aus (N X ); das Zeitintervall ergibt sich dann zu<br />

Δ t = N ⋅ T =<br />

T<br />

N<br />

f<br />

T<br />

mit der Periodendauer des Taktes T T bzw. der Taktfrequenz f T .<br />

Quantisierungsfehler<br />

Der absolute Quantisierungsfehler bei der Messung der Anzahl Takt‐<br />

Perioden beträgt Δ N = ± 1; dies übersetzt sich bezogen auf das Zeitintervall<br />

t<br />

2<br />

Δ in A ( t)<br />

ΔN<br />

1<br />

=Δ Δ = =± 1⋅ ,<br />

f f<br />

woraus sich für die absolute Abweichung (= absoluter Quantisierungsfehler)<br />

der Zeitintervallmessung<br />

ergibt.<br />

1 1 1<br />

− ≤ A≤+ ⇔ A ≤<br />

f f f<br />

T T T<br />

T<br />

T


Für die relative Abweichung (= relativer Quantisierungsfehler) ergibt<br />

sich so mit Δ= t N f<br />

<strong>und</strong> in Folge<br />

T<br />

A A A A 1 fT<br />

1<br />

a ≡ a<br />

x ≈ x = Δt ⇒ = Δt ≤ f ⋅ N = N<br />

W<br />

1 1 1<br />

a ≤ = ⋅ .<br />

N f Δ t<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

T<br />

T<br />

f ist.<br />

Der relative Quantisierungsfehler ist umso kleiner je größer der Zählerstand<br />

ist,<br />

• je größer also das Zeitintervall Δ t , oder<br />

• je größer also die Taktfrequenz T<br />

3


Digitale Frequenzmessung<br />

Bei der Zeitmessung nach Abbildung 118 handelt es sich im Prinzip um<br />

die Messung der Zeitdifferenz Δt zwischen einem Start‐ <strong>und</strong> einem<br />

Stopp‐Ereignis. Bei der digitalen Frequenzmessung hingegen wird die<br />

Frequenz eines analogen, periodischen Signals ermittelt.<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

Schmitt-Trigger<br />

u<br />

T p<br />

N<br />

Takt T*<br />

Frequenzteiler<br />

High<br />

T T<br />

Takt T<br />

Abbildung 119: Digitale Frequenzmessung nach [Lerch].<br />

In der o.a. Abbildung wird das periodische Signal u über einen Schmitt‐<br />

Trigger in ein periodisches Rechtecksignal gewandelt, deren Anzahl Perioden<br />

N während einer Tor‐Zeit T T gemessen werden. Die Tor‐Zeit (=<br />

Periodendauer des Taktes T) wird üblicherweise aus einem Takt T* sowie<br />

einem Frequenzteiler N ref abgeleitet. Es ergibt sich so<br />

T<br />

p<br />

TT<br />

1 N<br />

= ⇒ f ≡ = .<br />

N T T<br />

p<br />

T<br />

Quantisierungsfehler<br />

Der absolute Quantisierungsfehler bei der Messung der Anzahl <strong>Mess‐</strong><br />

Perioden beträgt Δ N = ± 1; dies übersetzt sich bezogen auf die Frequenz<br />

f in ΔN<br />

1<br />

A=Δ f = =± ,<br />

T T<br />

woraus sich für die absolute Abweichung (= absoluter Quantisierungsfehler)<br />

der Frequenzmessung<br />

4<br />

1 1 1<br />

− ≤ A≤+ ⇔ A ≤<br />

T T T<br />

T<br />

T T T<br />

ergibt. Für die relative Abweichung (= relativer Quantisierungsfehler)<br />

ergibt sich so mit f = NT<br />

T<br />

A A A A 1 TT<br />

1<br />

a ≡ ≈ = ⇒ a = ≤ ⋅ =<br />

x x f f T N N<br />

W<br />

T<br />

T


<strong>und</strong> in Folge<br />

1 1 1<br />

a ≤ = ⋅ .<br />

N T f<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

T<br />

T ist.<br />

Der relative Quantisierungsfehler ist umso kleiner je größer der Zählerstand<br />

ist,<br />

• je größer also die <strong>Mess‐</strong>Frequenz f , oder<br />

• je größer also die Torzeit<br />

T<br />

5


Digitale Periodendauermessung<br />

Bei der digitalen Periodendauermessung wird die Periodendauer eines<br />

analogen, periodischen Signals ermittelt. Die Schaltung entspricht weitestgehend<br />

der Schaltung der digitalen Zeitintervallmessung Abbildung<br />

118.<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

Takt T<br />

N<br />

u<br />

u p<br />

High<br />

Reset R<br />

T p<br />

u<br />

u R<br />

T<br />

Abbildung 120: Digitale Periodendauermessung nach [Lerch]..<br />

Das analoge, periodische Signal u wird über einen Schmitt‐Trigger in ein<br />

periodisches Rechtecksignal u R der Periodendauer T p gewandelt. Dieses<br />

steuert eine Kombination aus zwei T‐Flip‐Flops an, die für eine Periode<br />

den Eingang eines Zählers zwecks Zählung eines Taktes öffnet. Es gilt<br />

dann<br />

T<br />

p<br />

N<br />

= N ⋅ TT<br />

= .<br />

f<br />

T<br />

Mit Aktivierung der Reset‐Leitung werden Flip‐Flop <strong>und</strong> Zähler <strong>zur</strong>ückgesetzt,<br />

der Vorgang kann von vorne beginnen.<br />

Quantisierungsfehler<br />

Bezüglich des Quantisierungsfehlers können die Ergebnisse der Zeitintervallmessung<br />

unverändert übernommen werden. Es gilt also für die<br />

absolute Abweichung (= absoluter Quantisierungsfehler) der Periodendauermessung<br />

1 1 1<br />

− ≤ A≤ + ⇔ A ≤ ,<br />

f f f<br />

T T T<br />

6


für die relative Abweichung (= relativer Quantisierungsfehler) gilt mit<br />

T = N f<br />

p<br />

T<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

a<br />

≤<br />

1<br />

N<br />

<strong>und</strong> in Folge<br />

a<br />

1 1 1<br />

≤ = ⋅ .<br />

N f T<br />

T<br />

p<br />

Der relative Quantisierungsfehler ist umso kleiner je größer der Zählerstand<br />

ist,<br />

• je größer also die Periodendauer T<br />

p<br />

, oder<br />

• je größer also die Taktfrequenz f ist. T<br />

Frequenzmessung via Periodendauermessung<br />

Bei kleinen <strong>Mess‐</strong>Frequenzen f wird die relative Abweichung<br />

a<br />

1 1 1<br />

≤ = ⋅<br />

N T f<br />

T<br />

der digitalen Frequenzmessung nach Abbildung 119 sehr groß; hier bietet<br />

sich die Messung der Periodendauer T p mit Abbildung 120 <strong>und</strong> Verwendung<br />

von f = 1 T p<br />

an. Dann gilt für die relative Abweichung<br />

a<br />

1 1 1 1<br />

≤ = ⋅ = ⋅ f ;<br />

N f T f<br />

T p T<br />

sie wird für kleiner werdende <strong>Mess‐</strong>Frequenz immer kleiner.<br />

a<br />

≤ 1 1<br />

T<br />

⋅ 1<br />

T<br />

f<br />

a ≤<br />

f<br />

T<br />

⋅ f<br />

10 -0 0,1 10<br />

Frequenzmessung<br />

10 -2<br />

a max<br />

10 -4<br />

10 -6<br />

10 -8<br />

Periodendauermessung<br />

T T =0,1s<br />

T T =1s<br />

T T =10s<br />

1 10 2 10 3 10 4 10 5 10 6 10 7<br />

f/Hz<br />

Abbildung 121: Auswahl der Frequenzmesstechnik.<br />

7


Die o.a. Abbildung zeigt die maximale relative Abweichung a max bei<br />

• der direkten Messung der Frequenz mit der Schaltung Abbildung<br />

119 (Frequenzmessung) mit Torzeiten von 0,1s , 1s <strong>und</strong> 10s ,<br />

<strong>und</strong><br />

• der indirekten Messung der Frequenz via Periodendauer mittels<br />

Abbildung 120 bei einer exemplarischen Taktfrequenz von<br />

fT<br />

= 10MHz<br />

.<br />

Nicht im WS 2008/2009<br />

Wir erkennen, dass z.B. bei einer Torzeit von 0,1s bis zu einer Messfrequenz<br />

von f = 10kHz<br />

die Periodendauermessung günstiger ist; ab dieser<br />

Frequenz empfiehlt sich eine Frequenzmessung nach Abbildung 119.<br />

8


Kontrollfragen<br />

1. Erläutern Sie das Prinzip der digitalen Zeitintervallmessung. Welchen<br />

Einfluss haben Zeitintervall (Messgröße) <strong>und</strong> Taktfrequenz?<br />

2. Erläutern Sie das Prinzip der digitalen Frequenzmessung. Welchen<br />

Einfluss haben Frequenz (Messgröße) <strong>und</strong> Torzeit?<br />

3. Erläutern Sie das Prinzip der digitalen Periodendauermessung.<br />

Welchen Einfluss haben Periodendauer (Messgröße) <strong>und</strong> Taktfrequenz?<br />

Literatur<br />

[Lerch] Lerch, R.: Elektrische Messtechnik. Springer‐Verlag, 1996.<br />

9

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