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Itnäien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald

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<strong>Itnäien</strong>.<br />

B<br />

H era l5S gegeben<br />

von <strong>der</strong><br />

für Wommersche<br />

unö UltertumZkunöe.<br />

Mene Folge Zand XIV.<br />

Stettin.<br />

In Kommission bei ?öon Saunier.<br />

1910.<br />

Herrcke H Sebeltn». stetttn.


Stnltien.<br />

Herausgegeben<br />

von<br />

<strong>der</strong><br />

Gesellschaft für Wommersche Geschichte und<br />

Altertumskunde.<br />

Meue Folge Zand XIV.<br />

Stettin.<br />

Druck von Herrcke ck ?ebeling.<br />

1910.


Snyalts Verzeichnis.<br />

Die Kolonifationstätigkeit des Prinzen Moritz von Anhalt-Dessau in Pommern<br />

1747—1754. I.Teil. Von I),-. Hans Hesse in Dessau . . . . 1<br />

Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rügenschen Blngwa'Üe. Von Prof. Dr. A. Haas<br />

in Ettttin 38<br />

Staat und Kirche in Pommern im ausgebenden Mittelalter bis zur Einführung<br />

<strong>der</strong> Reformation. I.Teil. Bon Di-. Erich Vütow in Heidelberg . 85<br />

Dio Inkunabeln ä?l- ItsNiner 8t9.ätdidlwt.llßll. Lin Ve!xei


Nie RolonisalionsMigkeit bes Wrinzen<br />

Moritz von Unhalt-Hessau in Kommern.<br />

l. ßeil.<br />

Von<br />

Dr. Hans Hesse.<br />

i» Dessa».


Kapitel l.<br />

Pas Areundschaftsveryältnis zwischen Friedrich ll. und Moritz nnd<br />

dessen Nerufung zum Leiter <strong>der</strong> Aolontsation.<br />

Das innige und bis zum Tode anhaltende FreundschaftsverkMuis<br />

zwischen König Friedrich Wilhelm 1. und Fürst Leopold von Anhalt-Dessan,<br />

das in ihren Briefen den besten Nie<strong>der</strong>schlag gefunden hat, ist <strong>der</strong> Geschichte<br />

hinlänglich vermittelt. Grade in neuester Zeit wurde dieser für die Geschichte<br />

Preußens wichtige und interessante Briefwechsel <strong>der</strong> Allgemeinheit geschenkt.')<br />

Friedrich Wilhelm I. sah im „alten Dessauer" natürlich zuerst den besten<br />

Soldaten, dell Schöpfer des prenjnschen Fußvolks. Nicht zum wenigsten<br />

schätzte er ihn aber als das Ideal eines tüchtigen und praktischen Vandwirts,<br />

<strong>der</strong> sein Geld richtig anzulegen verstand zur Füllung des Staatsschatzes<br />

und zur Wohlfahrt seines Landes/)<br />

In feinen fünf Söhnen hinterließ <strong>der</strong> Fürst dem preußischen Staat<br />

das beste Geschenk, würdige Nachfolger seines Ruhms. Man behauptet nicht<br />

zu viel, wenn man Anhalt bei <strong>der</strong> tatkräftigen Unterstützung des jungen<br />

Preußen den ersten Platz unter Deutschlands Fürstenhäusern einräumt. Es<br />

ist eine erfreuliche Tatsache, daß die treue Freundschaft <strong>der</strong> Väter sich auf<br />

die Söhue forterbte.<br />

Die beiden erwähnten Eigenschaften des Vaters hatte vor allen,<br />

Leopolds fünfter und jüngster Sohn Moritz geerbt. Sie waren es, die<br />

Friedrich II. in späteren Jahren grade zu ihm vor allen an<strong>der</strong>n Brü<strong>der</strong>n<br />

hinzogen. Beide waren gleichaltrig ^) und halten schon in <strong>der</strong> Jugend<br />

mehrfach Gelegenheit sich kennen zu lerneu. Damals verbaud allerdings<br />

') A. von Wihleben, Briefe des Königs Friedrich Wilhelm I. von Preußen<br />

an den Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau. Zeitschrift für preußische Geschichte und<br />

Landeskunde, herausgegeben von Constantin Nößler. Berlin 1871. VIII, 383.<br />

405. 632. — O. Krauste, ^ota Loi-u^ioa. Briefe König Friedrich Wilhelms I.<br />

an den Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau (1704-1740). Berlin 1905.<br />

') A. von Witzleben, Kulturgeschichtliches aus dem Leben des Fürsten<br />

Leopold von Anhalt.Dessau. Mitteil, des anhält. Geschichtsvereins (1877-79) I, 4««.<br />

2) Prinz Moritz wurde geboren am 31. Oktober 1712 zu Dessau und starb<br />

ebenda am 11. April 1760 unvermählt, also im 48. Lebensjahr.


4 Die Kolonifationstätigkeit drs Prinzen Moritz von Nnhalt.Dessau<br />

eine noch innigere Freundschaft den preußischen Kronprinzen mit Moritz'<br />

Brü<strong>der</strong>n Gustav, Leopold und Dietrich. Der Grnnd liegt in <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Naturanlage bei<strong>der</strong>. Moritz erscheint, beson<strong>der</strong>s in seiner Jugend,<br />

ernst und einsilbig, völlig vom Bater abhängig, wie dieser streng soldatisch.<br />

Der Gegensatz zu dein selbständigen und geistig regsamen Friedrich, <strong>der</strong> für<br />

alles noch so Unscheinbare Interesse hatte, liegt auf <strong>der</strong> Hand.<br />

Zu dem engsten Frenndeskreise Friedrichs hat Moritz allerdings nicht<br />

gehört, aber er hat ihm bis zu seiuem Tode aufrichtige Freundschaft und<br />

Dankbarkeit bewahrt. Seinen ehrenwerten Charakter, seine militärische<br />

Tüchtigkeit, gepaart mit strengster Pflichterfülluug und Entschlossenheit, hat<br />

<strong>der</strong> große König stets zu würdigen gewußt; trotz unerfreulicher Meinungsverschiedenheiten<br />

nach <strong>der</strong> Schlacht von Kolin hat Friedlich doch später den<br />

tapferen Helden, den er persönlich auf dem Schlachtfeld bei Kesselsdorf am<br />

17. Dezember 1745 mit dem von ihm selbst getragenen schwarzen Adlerorden<br />

schmnckte, nach dem herrlichen Siege von ^euthen zum Feldmarschall<br />

ernannt.')<br />

Zweifelsohne liegt Moritz' Hauptverdieust nm den preußischen Staat<br />

auf militärischem Gebiet. Und doch darf man das an<strong>der</strong>e Erbteil seines<br />

großen Vaters nicht ganz unberücksichtigt lassen, feine Vorliebe und hervorragende<br />

Umsicht auf dem Gebiet <strong>der</strong> Landwirtschaft. Hiermit hat er<br />

Friedrich II. bei seiuen friedlichen Eroberungen einen unschätzbaren<br />

Gefallen getan.<br />

Seiuen landwirtschaftlichen Neigungen ging Prinz Moritz in seiner<br />

Heimat mit Vorliebe nach. 1746 kaufte er mit Erlaubnis seines Vaters<br />

das Harslebensche Gut iu Ionitz bei Dessau; ebenso ließ er auf mehreren<br />

anfgelanften Grundstücken hinter dem Garten seines „Palais" ein Vorwerk<br />

erstehen.') Hier wie dort sorgte er mit viel Fleiß für Verbesserungen in <strong>der</strong><br />

Wirtschaft und erzielte damit bedeutende pekuniäre Erfolge. 1754 erwarb<br />

er dazu von den Herren von Arnstedt das Gut Maxdorf bei Aken uud von<br />

denen von Treskow im gleichen Jahre die Güter Milow und Premnitz bei<br />

Rathenau, in <strong>der</strong>en Nähe er die Dörfer Wilhelminental, Dessau und<br />

tteopoldsburg erstehen liest.<br />

') Leopold von Orlich, Fnrst Moritz von Anhalt-Dessau. Ein Beitrag<br />

zur Geschichte des siebenjährigenKrieges. Berlin 1642. - C. F. Pauli, Leben<br />

großer Helden des gegenwärtigen Krieges. Halle 1759. Bd. VI. — Samuelis<br />

Lenhii, Üeomann3 LnnolsatUI, suppisdus et eontinuatu« o<strong>der</strong>: Historisch>Genealogische<br />

Fürstellung des Hochfürstlichen Hauses Anhalt und <strong>der</strong> davon abstammenden<br />

Markgrafen zu Brandenburg, Herzöge zu Sachsen und Sachsen-Lauenburg. Coethen<br />

und Dessau 1757. — von Behrenhorst, Betrachtungen über die Kriegskunst. 1797.<br />

I, 201. — von Netzow, Charakteristik Friedrichs. I, 129. — Preuß, Friedrich<br />

<strong>der</strong> Große. Eine Lebensgeschichte. Berlin 1834. Il, m.<br />

2) Das spätere „Hufeisen" in <strong>der</strong> Hospitalstraße zu Dessau.


in Pommern. 1747—1754. 5<br />

Man hat Friedrich II. stets nachgerühmt, daß er es meisterlich verstanden<br />

hat, die Kräfte, wo sie sich ihm boten, mit Kennerblick an den<br />

rechten Ort zu setzen. Prinz Moritz lag nach dem Dresdener Frieden mit<br />

seinem Regiment als Generalleutnant in Stargard in Garnison. Seine<br />

Kenntnisse und sein Interesse für die Landwirtschaft waren Friedrich<br />

bekannt. Nichts war natürlicher, als daß er sich dieses Wissen nutzbar<br />

machte für das große Unternehmen an <strong>der</strong> O<strong>der</strong>, das er in den zehn<br />

Friedensjahren bewältigte. Als er dem lange gehegten Plan, die Q<strong>der</strong>brttche<br />

zu verbessert!, endlich 1746 näher trat, stand sein Entschluß fest,<br />

dem Prinzen die Vorschläge und die Überwachung <strong>der</strong> Arbeiten zu übertragen.<br />

Am 12. August 1747, im Todesjahr seines Vaters, erhielt Prinz<br />

Moritz ein königliches Schreiben folgenden Wortlauts: „Durchlauchtiger<br />

Fürst, Freundlich lieber Vetter! Dieweil Ich Eure ^iebdeu auf einige Tage<br />

alhier in Potsdam zu sprechen verlange, so wird es mir angenehm seyn,<br />

wenn Dieselbe Dero Anstalten solchergestalt machen werden, daß Sie uächstkommenden<br />

Dienstag als den 15ten dieses Nachmittags o<strong>der</strong> gegen Abends<br />

spätestens alhier bey Mir seyn können. Ich schicke Euer Liebden zu dem<br />

Ende einen Vorspann-Paß hierbey."<br />

Der Zweck und Inhalt dieser Unterredung ist uns bekannt. Friedrich<br />

wollte sich von des Prinzen landwirtschaftlichen Kenntnissen überzeugen und<br />

seine praktischen Vorschläge hören. Moritz' Berufung zum weiter <strong>der</strong><br />

Kolonisationen an <strong>der</strong> O<strong>der</strong> erfolgte am 10. November desselben Jahres:<br />

„Da bei Ew. Liebden letzten Anwesenheit alhier Ich zu Meinem<br />

Vergnügen die beson<strong>der</strong>s gute eiusichten augemerkt habe, welche Deroselben<br />

vou Ökonomischen Wissenschaften und Verbesserungen mit beywohnen;<br />

So habe nicht anstehen können, Euer Liebden hierdurch zu ersuchen Mir<br />

die Gefälligkeit zu erweisen und nach Dero Gelegenheit eine Neise nach<br />

denen nicht gar weit voll Stargard entlegenen Dammschen und Stettinschen<br />

O<strong>der</strong>-Vrüchen, welche Ich einzudämmen und uhrbar zu machen, auch mit<br />

neuen Einwohnern und Colomsteu zu besetzen, <strong>der</strong> Pommerscheu Krieges<br />

und Domainen Kammer aufgetragen habe, zu thun und gedachte Brücher<br />

und <strong>der</strong>en Eindämmung und Uhrbarmachung in Augenschein zu nehmen,<br />

um zu examiniren, wie dieses Werk beschaffen ist und welchergestalt die<br />

Eindämmung des Strohms und das Rahden und Uhrbarmachen daselbst<br />

tractiret wird.<br />

Ich werde es mit aller Erkenntlichkeit annehmen, wenn Ew. Liebden<br />

alsdann Mir einen Bericht einzusenden belieben werden, welchergestalt Sie<br />

dorten alles gefunden haben und ob das Eindämmen des Strohms und die<br />

Arbeit bei dem Uhrbarmachen recht angegriffen wird o<strong>der</strong> nicht, und was<br />

etwa Dieselbe sonsten noch dabei angemerckt haben."


6 Die Kolonisationstätissteit des Prinzen Moritz von Anhalt-Dessau<br />

Selbstverständlich erlitt durch diese Berufung des Prinzen seine<br />

militärische Tätigkeit keine Einbuße. Er hat die Friedensjahre bis zum<br />

Ausbruch des siebenjährigen Krieges wohl zu benutzen verstanden in <strong>der</strong><br />

Ausbildung seiner Nekruten und <strong>der</strong> Teilnahme seines Regiments an<br />

mauchcn Besichtigungen und Manövern, auch in an<strong>der</strong>n Provinzen.<br />

Daß Moritz den königlichen Auftrag gern und freudig übernahm,<br />

zeigt seine Antwort vom N>. November:<br />

„Ew. Königl. Maj. erweisen mir die höchste Gnade, wann Dieselbe<br />

mich würdigen, uud aufgeben, wie ich Dero allerhöchste Persohn, Armee<br />

und Landen meine geringe Dienste beweisen kann, und wünsche ich uud<br />

hoffe, es von E. K. M. zu Potsdam so verstanden zu haben, daß ich<br />

hierin auch nicht fehle, um mir dadurch <strong>der</strong> höchsten Gnade nicht verlustig,<br />

son<strong>der</strong>n von Zeit zu Zeit würdiger zu machen. So bald ich alles erst<br />

eingesehen, und mir ziemlicher masten so ferm in <strong>der</strong> Sache gemachet, um<br />

daß ich dadurch den gründlichen und ansführlichen Bericht E. K. M. nach<br />

<strong>der</strong> Wahrheit in aller unterthänigkeit abstatten kann, so werde solches zu<br />

thun nicht ermangeln."<br />

Prinz Moritz hat in dieser Stellung als Leiter <strong>der</strong> pommerschen<br />

Kolonisation viel Zeit und Mühe aufgewendet. Vorschläge auf allen<br />

Gebieten stammen aus feiuer Fe<strong>der</strong>. Nichts geschah von <strong>der</strong> Kammer<br />

ohne seine Erlaubnis. Iu Bodenkultur uud Forstwirtschaft war er ebenso<br />

bewan<strong>der</strong>t wie in <strong>der</strong> Wasserbaukunst. Auch für Haudcl und Bertehr hat<br />

er für Pommern seine Kraft eingesetzt. Für jede Klage hatte er ein<br />

offenes Ohr; tadelte er auf <strong>der</strong> eiueu Seite, so wußte er auf <strong>der</strong> au<strong>der</strong>n<br />

verdienten Lohn je<strong>der</strong>zeit zu würdigen. Entschlossenheit und Tatkraft zeigt<br />

<strong>der</strong> ausgedehnte, je<strong>der</strong> Schmeichelei und Kriecherei entbehrende und dabei<br />

doch selbstbewußte Briefwechsel, den er mit seinem königlichen Herrn iu<br />

diesen Jahren geführt hat. Und wenn wir etwas all ihm tadeln solleu,<br />

so ist es vielleicht das allzu zähe Festhalten an Anordnnngcn, die cr<br />

gegeben und als zweckmäßig erkannt hatte, wenn man das überhaupt eiueil<br />

Fehler nennen taun. Ich möchte darin vielmehr einen Ausfluß seines<br />

gründlichen Wissens erkennen, das uus bei all seiuem Tun entgegentritt.<br />

Es war eine eigenartige Fügung, daß Prinz Moritz grade in dem<br />

Lande friedliche Eroberungen machte, das im 13. Jahrhun<strong>der</strong>t bereits seine<br />

Ahnen, die Astanier, mit <strong>der</strong> Waffe sich unterwarfen/) und daß das, was<br />

Moritz in jahrelanger Arbeit unter Mühen uud Not aufgebaut batte,<br />

nach oen vernichtenden Wirren des siebeujährigeu Krieges ein Mauu zu<br />

') Vogel, Inwiefern gebort die Provinz Pommern zu den wichtigsten Erwerbungen<br />

des Hauses HohenzoNern? Aichiv für Landeskunde <strong>der</strong> preuß. Monarchie.<br />

Berlin 1858. V, 219.


m Pommern. 1747-1754. 7<br />

neuem und schönerem Leben erwecken sollte, dessen Wissen und Glück des<br />

Prinzen Moritz Pater, Fürst Leopold, gegründet hatte, keiu Geringerer als<br />

<strong>der</strong> Geheime Finanzrat von Vrenkeuhof.')<br />

Prinz Moritz' Perdienste in Pommern zu würdigen, ist einmal die<br />

Abstattung eines Daules für diese Fürsteuarbeit, zum an<strong>der</strong>n bietet es ein<br />

willkommenes Gegenstück zu seiner militärischen Begabung.<br />

Kapitel ll.<br />

Äberblick über die Literatur.<br />

Die Literatur über Prinz Moritz ist ziemlich spärlich. Neben den<br />

beiden genannten Werken von Lentz nud Pauli ist zuerst Orlichs Werk zu<br />

nennen. Alle drei nahmen einen rein militärischen Staudpunkt ein. Orlich<br />

brachte zum ersten Mal Bruchstücke aus dem Briefwechsel zwischen Friedrich II.<br />

und Moritz aus <strong>der</strong> Zeit des siebenjährigen Krieges, aber sonst steht seine<br />

Arbeit auf recht schwachen Füsten hiusichtlich seiner Forschungen in den<br />

Archiven zu Berlin uud Dessau. Es ist unerklärlich, daß er die Beteiligung<br />

Moritzens an dem großen Kolonisationswerk in Pommern völlig in Abrede<br />

stellt,") obwohl sie ^entz und Pauli vor ihm anerkannten.<br />

Es ist das Perdienst des Dessauer Archivrats Ferdinand Siebigk,<br />

des Prinzen Wirken auch auf diesem Gebiet zum ersten Mal gewürdigt zu<br />

haben. Seine Arbeit, die lei<strong>der</strong> nicht im Druck erschienen ist/) bringt<br />

auch mehrere Briefe Friedrichs I I. an Moritz vor dem siebenjährigen Kriege,<br />

die mit einer Ausnahme sämtlich aus <strong>der</strong> Kanzlei stammen und nur das<br />

') Meißner, Leben Franz Balthasar Schönberg von Brenkenhofs, kgl. Prenß.<br />

geheim. Ober-Finanz-Kriegs- und Domainenrats. Leipzig 17tt2. — Franz Balthasar<br />

Scho'nberak von Brenkenhoff und die wirtschaftlichen Verhältnisse Pommerns vor<br />

hun<strong>der</strong>t Jahren in den „Pommerschen Gebens- und Landesbil<strong>der</strong>n" von Hermann<br />

Petrich. Hamburg 1880. I, 271 f. 418.<br />

') Seite 14: Der an einigen Orten erzählte Umstand, daß ihn <strong>der</strong> König<br />

mit Urbarmachung wüster Stellen in <strong>der</strong> Mark und Pommern beauftragt, in Folge<br />

dessen ihm 200 Dörfer ihre Entstehung verdanken sollen, beruht auf Mitteilungen,<br />

die alles Beweises ermangeln. Hoe<strong>der</strong> im hiesigen Ministerialarchiv noch in dem zu<br />

Dessau ist darüber etwas aufzufinden gewesen, und man kann wohl annehmen, daß<br />

es des Königs Absicht gewesen ist, jedoch des Prinzen darüber eingereichte Borschläge<br />

nie zur Ausführung gekommen sind.<br />

') F. Siebigk, Prinz Moritz von Anhalt-Dessau. Ein biographischer Versuch.<br />

2 Bde. Manuskript auf <strong>der</strong> Herzog!. Bibliothek zu Dessau. - Siebigk,<br />

Allgemeine Deutsche Biographie. Leipzig 188b. XXII, 265.


8 Die Kolomsationstätigkeit des Primen Moritz von Anhalt-Dessau<br />

charakteristische „F" als Unterschrift tragen.') Ein neueres Werk über<br />

Moritz ist seitdem nicht erschienen.<br />

Die Kololmationstätigkeit Friedrichs II. ist erst so recht nach dem<br />

großen Kriege 1870/71 gewürdigt worden, als es galt, dem Deutschtum<br />

eine lang entbehrte Grcnzlandschaft zllrückznbringen. Unter dem Einfluß<br />

dieses neu erwachten Interesses an deutschen Kolonisationen entstand Neheims<br />

fleißiges Werk,') das zum ersten Mal eine ganze Fülle voll Stoff aus<br />

den verschiedenen Archiven zusammenbrachte, vor allem die für die Kolomsationstätigkeit<br />

Friedrichs II. so überans uötigeu Tabellen. Am allernotdürftigste»<br />

ist darin lei<strong>der</strong> Pommern weggekommen. Bchcim entschuldigt<br />

das selbst mit seinen ergebnislosen Nachforschungen in dm Stettiner<br />

Archiven.')<br />

Stadelmann verdanken wir in seinen beiden Werten") die Veröffentlichung<br />

zahlreicher königlicher Erlasse auf landwirtschaftlichem Gebiet. Alls<br />

Pommern des näheren einzugehen, lag garnicht im Nahmen seiner Arbeit.<br />

Wie von den Warthe- und Netzebrüchen^) besitzen wir auch eingehende<br />

Darstellungen von <strong>der</strong> Aewallung und Urbarmachung des O<strong>der</strong>bruchs;<br />

neben Nöloechens breit gehaltenen Briefen «) die kleine sachkundige Schrift<br />

Christianis,') <strong>der</strong> als berufener Schil<strong>der</strong>et) uns ein anschauliches Bild<br />

<strong>der</strong> Vergangenheit uud Neuerftehnng des O<strong>der</strong>bruchs gibt, zum Teil iu<br />

Anlehnung an Ulrichs Werk, das ohne rechte Sichtung eine Fülle von<br />

Stoff bringt^) Iu mo<strong>der</strong>nerem Gewande erscheint die interessante Arbeit<br />

l) Einen eigenhändigen Brief Friedrichs N. an Moritz besitzen wir nur vom<br />

10. Dezember 1740. In größerer Anzahl sind sie aus <strong>der</strong> Zeit des siebenjährigen<br />

Krieges vorhanden und tragen durchweg militärischen Charakter.<br />

') Maz Bcheim-Schwarzbach, Hohenzollernsche Kolonisationen. Ein Beitrag<br />

zu <strong>der</strong> Geschichte des preuß. Staates und <strong>der</strong> Kolonisation des östlichen Deutsch'<br />

lauds. Leipzig 1874. IV, 1.<br />

') BeHeim p. 367 und 593.<br />

*) Rudolf Stadel mann, Friedrich <strong>der</strong> Grosie in seiner Tätigkeit für den<br />

Landbau Preußens. Berlin 1076. — Stadelmannn, Preußens Könige in ihrer<br />

Tätigkeit für die Landeskultur. 2. Teil: Friedlich <strong>der</strong> Große. Leipzig 1862 in<br />

Publikationen aus den kgl. preuß. Staatsarchiven. XI, 14. 271.<br />

*) Stubenrauch, Nachricht von <strong>der</strong> Bewallnng und Urbarmachung <strong>der</strong><br />

Narthebrüche. Berlin l787. — Dammann, Die Melioration des Wanhrbruchs.<br />

Berlin 1866 und Vierteljahrsbefte des Deutschen Neichsauzeigers und Kgl. Preuß.<br />

Staatsanzeigers. Berlin 1871. IV, 1.<br />

ü) F. W. Nöldecken, ökonomische und staatswirtschaftliche Briefe über das<br />

Nie<strong>der</strong>-O<strong>der</strong>bruch. Berlin 1800.<br />

l) Walter Christian,, Das O<strong>der</strong>bruch. Freienwalde a.D. 1855. 1872.<br />

') Eein Großvater war selbst unter Friedrich dem Großen a's Deichinspektor<br />

im Nie<strong>der</strong>-O<strong>der</strong>bruch tätig. Die Familie war dort ansässig.<br />

') C. S. Ulrich, Beschreibung <strong>der</strong> Stadt Wriezen und ihrer Umgegend.<br />

Berlin 1830.


in Pommern. 1747-1754. 9<br />

Otto Nehrmanns/) <strong>der</strong> die Arbeiten im O<strong>der</strong>brnch bis in die neueste<br />

Zeit darstellt.<br />

Die pommersche Kolonisation hat dagegen erst in jüngster Zeit eine<br />

rechte Wiirdignng gefunden. Wohl bringen die pommerschen Landesbeschreibnngen<br />

die Grnndungstatsachen <strong>der</strong> einzelnen Ortschaften und ihren<br />

Landbesitz, vor allem Brüggemanns ausgezeichnetes Werk,*) aber erst Peter<br />

Wehrmann hat in seiner Tckrist^) die KolonisationstcUigkcit Friedrichs II.<br />

in Pommern archivalisch erforscht nnd beson<strong>der</strong>s für die Stadt Pyritz<br />

interessante Ergebnisse gefunden, die charakteristisch sein können für die<br />

ganze pommersche Kolonisation. Auch des Priuzen Moritz Verdienste läßt<br />

er mit Recht nicht uucrwähnt; ebensowenig versäumt das Martin Wehrlnanus<br />

umfassende pommerschc Geschichte/)<br />

Diese Arbeit bcrnht auf Stndien <strong>der</strong> Akten ans dem Stcttiner<br />

Staatsarchiv und vor allem des umfangreichen Materials im Zerbster<br />

Haus- uud Staatsarchivs) Schou veröffentlichte Erlasse nnd Tabellen<br />

tragen im folgenden stets dies Merkmal, im an<strong>der</strong>n Fall bieten sie Selbstgefundenes.<br />

Kapitel III.<br />

Die Vorgeschichte <strong>der</strong> pommerschen Kolonisation und Vriedrichs ^<br />

Gedanken über iijre Zrt.<br />

Wie Friedrich II. nicht <strong>der</strong> Begrün<strong>der</strong> preußischer Kolonisation<br />

ist, son<strong>der</strong>n nur das Werk fortführte, das <strong>der</strong> Große Kurfürst begouuen<br />

uud seine Nachfolger gcdnldet nnd zum Teil begünstigt hatten, so knüpft<br />

auch seiue Kolonisation im O<strong>der</strong>bruch an manche mühevollen nnd kostspieligen<br />

Arbeiten seiner Vorgänger an.<br />

') Wehrmann, Die Eindeichung des O<strong>der</strong>brucks in Annalen <strong>der</strong> Landwirtschaft<br />

in den tgl. preuß. Staaten. Berlin 1861. XXXVIl, 437. 499.<br />

2) L. W. Brüstgemann, Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes<br />

des kgl. preuß. Herzogtums Vor» und Hinterpommern. Stettin 1779 bis<br />

1806. 4 Bde.<br />

') Gymnasialdirektor Or. Peter Wehrmann, Friedrich <strong>der</strong> Große als<br />

Kolonisator in Pommern. Programm des Gymnasiums in Pyritz. 1897-9«.<br />

") Martin Wehrmann, Geschichte von Pommern. Gotha 1906. 2. Bd.<br />

') Von Akten wurden benutzt: 1. Aus dem herzoglichen Haus- und Staatsarchiv<br />

in gerbst: Abteilung Dessau ä 9d VI o Nr. 4 ' ^ Abteilung Dessau /V 9d<br />

VIb Nr. 20, 21, 22^-5, 23; 2. Aus dem Königlichen Staatsarchiv in Stettin:<br />

Stettiner Kriegsmchiv Titel VU (rathäusliche Sachen) Nr. 160^.2, 295, 38«l.«,<br />

402, 4071.2.3, 4y8l.il. 4, 427, 434, 436'.2.3.4, 515, Titel XI (wüste Hofe) Nr. 16.


1s) Die Kolmnsationstätissfeit des Prinzen Moritz von Anhalt.Dessau<br />

Alljährlich, wenn in <strong>der</strong> Ebene und im Sommer <strong>der</strong> Schnee im<br />

Gebirge schmolz, fluteten die Frühjahrs- und Iohanniswasser heran und<br />

setzten den ganzen O<strong>der</strong>bruch von Vebus an mit seinen 10—13 Quadratmeilen<br />

unter Wasser.') Auch Pommern hatte unter den Überschwemmungen<br />

erheblich zu leiden. Verlief sich das Wasser, und zwar oft erst nach langer<br />

Zeit, so blieben große Sümpfe, Moorbrüche nnd stehendeWasserarme zurück.<br />

Die Bevölkernng war daher im O<strong>der</strong>bruch sehr dünn nnd nährte sich<br />

hauptsächlich von Fischerei, Jagd und Viehzncht; oft war das Gras auch<br />

so hart, daß es mit dem bezeichnenden Namen „Schweinehaar" im Volksmunde<br />

getauft wurde.<br />

Schon unter Kurfürst Johann Georg im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t waren<br />

zur Eutwässeruug und Eindeichung Dämme von Lebus bis Küstrin aufgeführt<br />

worden, sie erwiesen sich aber in <strong>der</strong> Folgezeit als zu schwach.<br />

Vor allem fehlte die Deichaufsicht, die den Erfolg sichern tonnte.')<br />

Erst Friedrich I. nahm wie<strong>der</strong> Ausbesserungen vor und gab am<br />

25. Februar 17l)4 und am 25. Juli 1710 Vorschriften für die Äodengewinnuttg<br />

durch Anlage von Wall und Graben.<br />

Friedrich Wilhelm I. vertrat diese Bestrebungen gleichfalls in mehreren<br />

Edikten.') Seine Fürsorge, beson<strong>der</strong>s für Pommern, wurde neu belebt<br />

durch die gewaltige Überschwemmung von 17355, <strong>der</strong> größten in dieser<br />

ganzen Zeit/) Mit eigenen Augeu sah er die Verheerungen, die <strong>der</strong><br />

Dammbruch bei Neuendorf an <strong>der</strong> O<strong>der</strong> hervorgerufen hatte. Damals<br />

entstand <strong>der</strong> Plan durch Kriegsrat von Haerlem, einen Hollän<strong>der</strong>, den<br />

Q<strong>der</strong>bruch zu gewinnen und die O<strong>der</strong> in ein festes Bett zurückzudrängen.<br />

Die Voruntersuchungen dehnten sich sehr lange aus, die Kostenanschläge<br />

Haerlems stiegen ins Unermeßliche. Arides lieft Friedrich Wilhelm von<br />

dem wichtigen Wert wie<strong>der</strong> Abstand nehmen, die Durchführbarkeit und <strong>der</strong><br />

hohe Nutzen wareu jedoch erwiesen. Der alte König schrieb auf die Eutwürfe:<br />

„für meinen Sohn Frie<strong>der</strong>ich".<br />

Friedrich Wilhelm I. wird sich schweren Herzens von sciueu Plänen<br />

getrennt haben, schätzte er doch die Pommern aufrichtig. Kennzeichnend<br />

dafür ist die Stelle in seinem politischen Testament vom 22. Januar 1722:<br />

„Die pommerschen Vasallen sind treu wie Gold, sie räsonnieren wohl bisweilen,<br />

aber wenn mein Successor sagt, es soll sein, und das er sie mit<br />

gutem zuredet, so wird keiner sich dawi<strong>der</strong> moviere« gegen eure Befehle."<br />

') Publ. XI, 44. Ulrich, p. 117.<br />

') Christian,, p. 425.<br />

') Am 9. Nov. 1717, 7. Okt. 1726, 12. Febr. 1727, 23. Juni 1717, 31. Aug.<br />

1724, 6. Febr. 1733. Am 3. Juni 1721: Patent wegen Wie<strong>der</strong>aufbauung <strong>der</strong> wüsten<br />

Höfe und Hufen in Vorpommern. Neheim, p. 367.<br />

') Christiani, p. 39.


in Pommern. 1747-1754. Il<br />

Unter seiner Regierung hatte man im Ückermnn<strong>der</strong> Kreis 17 l 8 durch<br />

Modung und Entwässeruug ein neues Amt gewonnen, das 17.54 den Namen<br />

Königsholland erhielt. Eine Hollän<strong>der</strong>n entstand ebenso 17sft in Wolfshorst<br />

an <strong>der</strong> Krampet)<br />

bleich nach seinem Regierungsantritt nahm Friedrich II. die Kolonisationspläue<br />

seines Vaters auf. Für Pommern hatte er die Entwässerung<br />

großer Brüche bei Stettin und den Van des Swinelanals vorgesehen.<br />

Am Al). Dezember 1742 for<strong>der</strong>te er vom Kammerpräsidenten von<br />

Aschersleben einen Bericht über die Melioration eines großen Bruchs bei<br />

Stettin, „wem dieser Bruch eigeutlich gehöre und was vor Iuteressenteu<br />

dazu seyud? wie solcher bisher genutzet worden, und wie eigentlich die<br />

Güte desselbcu beschaffe», ob solcher uicht füglich gerodet werden könnte?<br />

was die Nohdung dessen, nach Abzug des Holzes, so darauf stehet, kostm<br />

wird? Im Fall auch solcher au einigen Orthen bewallet werden mnß,<br />

was solche Bewallnng kosten dürffe? was für eiu Ertrag aus solcheu zu<br />

hoffen, und ob es nicht in solchen beson<strong>der</strong>s itene Dorfer gebanet o<strong>der</strong><br />

neue Eiuwohner angesetzet werden können, unter welchen man das ganze<br />

Bruch vertheile, um daraus leben und das ihrige prästiren zu können?"')<br />

Dies Schreiben mit den vielen Fragen, die Aschersleben unter Bei'<br />

fügung einer Karte zu beantworte» hatte, ist kennzeichnend für das weitgehende<br />

Interesse, das <strong>der</strong> König am pommerschen Kolonisationswert nahm.<br />

Der erste und zweite schlesische Krieg ließ einen Stillstand eintreten.<br />

Aber nach dem Dresdener Frieden, bereits am 2s. Mai 1746, erhielt<br />

Aschersleben ans Pyrmont, wo sich <strong>der</strong> König zur Kur aufhielt, abermals<br />

ausführliche Anweisungen über Urbarmachungen und Meliorationen in<br />

Vorpommern.') Seit dieser Zeit besteht die eigentliche Kolonisationstätigkeit<br />

Friedrichs in Pommern, an <strong>der</strong>en Spitze er im folgenden Jahre den<br />

Prinzen Moritz berief.<br />

Bei seinem Arbeiten in <strong>der</strong> Küstriner Kammer während <strong>der</strong> harten<br />

Prüfllngszeit unter Leitung des Kriegs- uud Domäncnrats Hünicke nnd<br />

des Kammerdircktors Hille^) hatte Friedrich II. den Hauptmangel erkannt,<br />

an dem Preußen damals krankte, die allzu geringe Bevölkerung. Dem<br />

') Am 15. August 1724 schrieb er an Fürst Leopold von Anhalt-Dessau: „Im<br />

platten Lande in Borpommein sieht es gut aus. Die Leute, auch Edelleute klagen<br />

nicht. Alles wird aufgebaut. In meine Ämter habe 9 wüste Bauernhöfe noch, die<br />

itzo in vollem Umbau sind, also in Zeit von etlichen Monaten nichts mehr da wüste<br />

habe." Zeitschrift für pveuß. Gefch. Vili, 255.<br />

'j Publ. XI, 256.<br />

') Ebenda 269.<br />

*) I. D. E. Preuß, Urkundenbuch zur kebensgeschichte Friedrichs des Großen.<br />

Berlin 18N. 1, 58 und II, 161 (1833).


l2<br />

Die Kolontlationstätigleit des Prinzen Moritz von Anhalt-Dessau<br />

Abhilfe zu schaffen, war sein steter Gedanle. Gelang es ihm, mehr Fremde<br />

nach Pommern zu zieh«, so mußte die Kultur ohne weiteres eiuen Aufschwung<br />

nehmen. Er organisierte planmäßig die Zunahme seines Landes<br />

au Bevölkerung und brachte, wie Ncheim sagt, „in deu Gang <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />

Fragen eine Methode".<br />

l^rade Pommern war durch seine gunstige Lage an <strong>der</strong> Ostsee und<br />

seine Bewässerung durch die O<strong>der</strong> und acht kleinere Flüsse zur Ansiedlung<br />

neuer Familien und somit Hebung von Handel und Gewerbe wie kamn<br />

eine an<strong>der</strong>e Provinz geschaffen. Hatte man also erst Menschen genug, io<br />

lounte man au die Anlage von Fabriken in den Städten denken, damit<br />

die Waren im ^and gearbeitet werden konnten und so <strong>der</strong> Provinz mehr<br />

Geld verschafft wurde und erhalten blieb. Daß eine uncmsbleibliche Folge<br />

von aNedem eine Verstärkung des Heers sein mußte, war für den Soldatenkönig<br />

Friedrich eiu nicht zu unterschätzen<strong>der</strong> Vorteil.<br />

Alles das waren Erwägungen, die unter einer weisen und gerechten<br />

Regienmg je<strong>der</strong>zeit ein Land groß machen müssen.<br />

Friedrich erkannte richtig, daß die Familien, die er in Pommern<br />

und sonstwo ansetzte, das beste und bestverzinsbare Kapital für sein Unternehmen<br />

waren. Mit ihrer natürlichen Vermehrung mußte ohne weiteres<br />

auch eine Vermehrung des Kapitals verbünde» sein, das die Unkosten nicht<br />

nur wie<strong>der</strong> wett machte, son<strong>der</strong>n sie bei weitem übertreffen mußte.<br />

Um möglichst viel Fremde in sein Vand zu ziehn, hat er wie lein<br />

an<strong>der</strong>er Fürst seine neuen Untertanen mit Vorrechten ausgestattet und sie<br />

immer wie<strong>der</strong> vermehrt, stockte einmal <strong>der</strong> Zuzug. Als Grundlage für<br />

alle Edikte diente das Patent Friedrich Wilhelms I. vom 15. März 1718<br />

„über die Freiheiten, welche diejenigen genießen sollten, so in königlichen<br />

Städten sich nie<strong>der</strong>lassen und keine bürgerliche Nahrung treiben, son<strong>der</strong>n<br />

von ihren Renten leben".') Das Haupteditt Friedrichs für Pommern<br />

„von den Wohltaten und Vorteilen, welcher sowohl fremde bemittelte Persone»<br />

uud Familien, als auch Manufalturiers, Professiouisteu und Handardeiter,<br />

so sich in königlich preußischen banden nie<strong>der</strong>lassen wollen, sich zu<br />

erfreuen haben", trägt als Datum den 15. April 1747.*) Fast bei jedem<br />

neuen Zuzug uach Pommern folgten später neue Edikte.<br />

Streng hielt <strong>der</strong> König daran fest, daß in Pommern, wie auch sonst,<br />

nnr fremde Familien angesetzt wurden. Dies Bevölkerungssystem Friedrichs<br />

ist in frühereu Zeiten heftig angegriffen worden mit <strong>der</strong> Behauptung, alle<br />

Kolonisten wären nur Bettler und Landstreicher gewesen. Dieser Standpunkt<br />

') Mylius, Corp. Confi. March. V, 1. p. 40«.<br />

') Erneuert am 8. April 1764. — Peter Wehrmann, I, 9.


in Pommern. 1747—1754. IH<br />

ist gottlob hente völlig überwunden, Zeit und Beweise haben den großen<br />

König vollkommen gerechtfertigt.')<br />

Die erste Pergüustiguug/) welche die Fremden erhielten, war die<br />

Vergütung <strong>der</strong> Reisekosten für einzelne Abgesandte zwecks <strong>der</strong> Verhaudlnngeu<br />

o<strong>der</strong> für ganze Familientrupps. Sie meldeten sich beim nächsten Residenten,<br />

<strong>der</strong> ihnen freie Reisepässe durch die königlichen Provinzen ausstellte. Der<br />

Kriegs- und Domänenkammer konnten sie dann ihre Wünsche über den<br />

Ort <strong>der</strong> Ansiedlung vorbringen. Um die Vergünstigung <strong>der</strong> Auszahluug<br />

<strong>der</strong> Reisekosteu mußten sie schriftlich bei <strong>der</strong> Kammer einkommen, war es<br />

innerhalb zweier Jahre nicht geschehn, verfiel ihr Aurecht darauf.<br />

Je<strong>der</strong> Zoll au <strong>der</strong> Greuze für ihr Hab und Gut, das sie aus <strong>der</strong><br />

alten Heimat mitbrachten, sofern es nur zu ihrem persönlichen Gebrauch<br />

gehörte uud sich nicht auf deu Handel erstreckte, war ihnen gleichfalls erlassen.<br />

Auf ihre Eiugabe erhielte» sie Freipässe/)<br />

Je nach <strong>der</strong> Stärke ihrer Familie und dem Verhältnis ihres Vermögens<br />

waren ihnen bis zu 10l) Morgen Acker, Wiesen, Weiden und Gälten<br />

versprochen. Da kein Mensch ohne Absicht arbeitet, son<strong>der</strong>n auch etwas für<br />

seine Nachkommen erwerben will, so bekamen sie das Laud auf Erbzinsrecht<br />

gegen einen jährlich zu entrichtenden Kanons) Der Zins wurde gleich<br />

beim Koutralt festgesetzt uud sollte unverän<strong>der</strong>t bestehen bleiben, auch wenn<br />

sich nach deu Freijahren das Land an Wert verdoppelt o<strong>der</strong> verdreifacht<br />

hatte. Dadurch gab man dem Besitzer den Ansporn, aus seinem Grundstück<br />

möglichst viel herauszuholen. War die Pacht abgelaufen, nahm ein<br />

Kriegsrat an Ort und Stelle einen neuen Pachtkoutratt auf, <strong>der</strong> dem König<br />

zur Heuehmigung vorgelegt wnrde.<br />

Daß die nenen Ansiedler in den ersten Jahren auch Freijahre erhielten,<br />

erwähnte ich schon; 10—15 waren ihnen in Aussicht gestellt, von Abgaben<br />

sollten nur die bestehen bleiben, die auch vorher schou an die Städte o<strong>der</strong><br />

sonstige Besitzer wirklich abgeführt waren. Die Festsetzung <strong>der</strong> Freijahre<br />

lag ebenso wie die <strong>der</strong> jährlichen Abgaben in den Händen <strong>der</strong> Kammer uud<br />

richtete sich uach <strong>der</strong> jedesmaligen Beschaffenheit des Bodens und <strong>der</strong> Höhe<br />

des holzertragcs auf ihm. Deckte sich letzterer ungefähr mit den Unkosten<br />

<strong>der</strong> Anlage, bewilligte man nicht über sechs Freijahre.<br />

') K. H. S. Rüdenbeck, Beiträge zur Bereicherung und Erläuterung <strong>der</strong><br />

Lebensbeschreibungen Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs des Grüßen, Könige von<br />

Preußen. Berlin liW. 11,374. - Nöldechen, Briefe über das Nieoer-Ooerbruch.<br />

p. 49. — BeHeim, p. 20«.<br />

') o5 Lam otte, Abhandlungen von den Kolonisten. Berlin 1793. II, 160.<br />

') Laut Edikt vom 1. September 1747.<br />

*) Eine zeitgenössische Bemerkung über diese für Pommem neue Einrichtung<br />

des Erbzinsgutes findet sich in Dahn erts Pommerscher Bibliothek. <strong>Greifswald</strong><br />

1755. Bd. 4. 111,81. — Ein Etbzinstontrakt ist abgedruckt dei Christian!, p. 64.


14 Die Kolomsationstittigteit des Prinzen Moritz von Anhalt-Dessau<br />

Dazn erhielten die Ansiedler freies Bauholz für ihre Häuser auf dem<br />

platten ^ande und spater auch in den Städten aus den damals umfangreichen<br />

pommerschen Forsten.') Ferner waren ihnen die Wirtschaflsnotwendigkciten<br />

in Aussicht gestellt, die Gerätschaften zur Rodung uud Bestellung,<br />

das Vieh o<strong>der</strong> das Geld zur Auschaffung, Brottorn, dazu Freiquartiere und<br />

Taggeld auf sechs Wochen. Durchschuittlich kann man ans jede einzelne<br />

Familie von fimf Köpfen eine Unterstühnug von 400 Talern ans <strong>der</strong><br />

Staatskasse rechnen.<br />

Mehrjährige Befreiung von allen ?andesabgaben war ihnen gleichfalls<br />

zngesichert.') Auf drei Jahre sollten sie auch vou allen körperlichen Vasten,<br />

von Diensten nnd Kriegsfuhren befreit sein,') von <strong>der</strong> Zahlung <strong>der</strong> Kousumtiousaccise<br />

auf zwei Jahre. Zu all diesen Vergünstigungen kam hinzu die freie<br />

Ausilbmlg <strong>der</strong> Mühleu-, Arau- und Schantgerechtigkeit uuter <strong>der</strong> Bedingung,<br />

daß sie „sothane Gerechtigkeit uuter keinerlei praodoxt Oxtendirßn o<strong>der</strong> sonst<br />

auf an<strong>der</strong>e Weife mißbrauchen" sollten/)<br />

Nichtig erkannte Friedrich II., daß eine Hanptzngkraft bei <strong>der</strong> Vermehrung<br />

<strong>der</strong> Bevölkerungszahl in den einzelnen Provinzen die Befreiung<br />

vom Militärdienst sein würde. Freiheit von „Werbung uud Enrollirung"<br />

hatte schon Friedrich Wilhelm I. in dem genannten Patent von 1718 den<br />

Ansiedlern zugestanden.^ Friedrich II. verspracht) seinen Kolonisten gänzliche<br />

Befreiung auf 13 Jahre für sie und ihre Augehörigen und hat dies öfter<br />

wie<strong>der</strong>holt. Beson<strong>der</strong>s war es später nach dem siebenjährigen Kriege notwendig,<br />

da er sonst schwerlich neue Einwan<strong>der</strong>er in solchen Mengen erhalten<br />

hätte.')<br />

Eine weitere Allsnahme machte er in Pommern mit solchen, die wegen<br />

Enrolirung o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er Ursachen aus Preußen gewichen uud mindestens<br />

sechs Jahre in <strong>der</strong> Fremde verbracht hatten. Siedelten sie sich dort an,<br />

in den O<strong>der</strong>brnchen o<strong>der</strong> sonst in Pommern, sollten sie von je<strong>der</strong> Strafe<br />

') Heute steht Pommern von allen preußischen Provinzen inbezug auf Ackerland<br />

an dritter Stelle, Wesen an zweiter, Weiden an vierter, unnntzbarcn Flächen an<br />

zweiter und Forsten an letzter Stelle. Wie Preußen zeigt es also heute ein starkes<br />

Acker- und Wiesenverhältnis gegenüber einem ganz geringen Forstverhältnis. —<br />

A. Meitzen, Der Boden uud die landwirtschaftlichen Verhältnisse des preußischen<br />

Staates. Berlin 1869. II, 28, 335.<br />

') Den ländlichen Kolonisten durch Erlaß vom 3. Juni 1754 auf 15 Jahre.<br />

') Erlaß für Pommern am 27. Juli 1740, bestätigt am 8. Aussust 1764.<br />

*) Erlaß vom 31. Dezember 1746.<br />

b) BeHeim, p. 161 und 170. Interessant ist, daß auch von Haerlem ob<br />

seiner Riesengestalt, ehe er sich in preußische Dienste begab, von Friedrich Wilhelm I.<br />

sich eigenhändig versichern ließ, von je<strong>der</strong> Werbung verschont zu bleiben.<br />

«) Am 21. Februar 1746.<br />

') So im Erlaß vom 13. Dezember 1762 an Brenkenhof. BeHeim, p. 291.


in Pommern. 1747-1754.<br />

li',<br />

frei sein und sich gleichfalls aller Freiheiten erfreun. Diese Eurolirungsfreiheit<br />

wurde ihnen auf Antrag <strong>der</strong> Kammer schriftlich vom Militärdepartemeut<br />

des Generaldirektoriums ausgestellt.<br />

Freier Unterricht in Kirche und Schule wurde ihnen ebenso gewährt,<br />

wie Anstellungen im königlichen Dienst; freies Bürger- und Meisterrecht<br />

genossen sie in den Städten wie die Einheimischen. Sein Kapital sollte<br />

je<strong>der</strong> gegen 5"/o Zinsen wie alle an<strong>der</strong>n anlegen können. Auch bei Heiraten<br />

machte man den Neuangekommenen keine beson<strong>der</strong>en Schwierigkeiten und<br />

verzichtete oft gern auf schriftliche Zeugnisse aus ihrer frühereu Heimat.<br />

Daß sich durch diese gewaltigeu Vergünstigungen in <strong>der</strong> alteu Bevölkerung<br />

eine Mißstimmung gegen die vom König offenbar bevorzugten<br />

Ankömmlinge breit machte, ist leicht zu verstehen, beson<strong>der</strong>s, da sich diese<br />

oft als Berufene des Königs fühlten und bisweilen darauf gegenüber den<br />

Alteinsassen pochten.') Immerhin ist in Pommern bald ein friedlicher<br />

Verkehr zwischen beiden entstanden; man gewöhnte sich verhältnismäßig schnell<br />

an die verschiedenen Dialekte uud Sitten und lernte sie würdigen.<br />

Um die großen Auslagen, die eine solch umfangreiche Kolonisation<br />

bringen mußte, etwas zu verringern, fiel Friedrich II. auf den geistreichen<br />

Gedanken, Privatpersonen ihr Geld daran setzen zu lasseu und so das zustande<br />

zu briugcn, was er als verantwortungsvoller ^andesfürst ebensowenig<br />

allein ausführen konnte wie die Domänen-Kammer, die unter dem Druck<br />

einer solchen Geldlast bankerott werden mußte.<br />

Er suchte daher für seinen Plan kapitalkräftige Unternehmer (enti-epryneurs)<br />

zu gewiuuen, die für ihr eigenes Geld fremde Familien ansetzten<br />

und auf dem später iu ihren Besitz übergehenden Gebiet roden, ballen und<br />

wallen ließen. Wie weit sie den ihnen anvertrauten Vodeu ausnutzten,<br />

überließ er ihnen selbst in richtiger Erkenntnis, daß ein allzu großer Zwang<br />

das Unternehmen im Anfang nur hin<strong>der</strong>n würde. Die staatliche Oberaufsicht<br />

beanspruchte er natürlich überall.<br />

Die einzige Hilfe, die ihnen töniglicherseits zu teil wurde, war die<br />

freie Überlassuug des Holzes auf ihrem Boden, mit dessen Erlös sie die<br />

Noduug, den Anbau <strong>der</strong> Kolonisten und die Bewallung teilweise ganz bestreiten<br />

konnten.<br />

Jede Familie war in einem Einzelgehöft unterzubringen und hatte<br />

mindestens 14 Morgen Wiese uud 9 Morgen Acker zu erhalten, um genügend<br />

Brot für sich erwerben zu können und zugleich ein hinreichendes Absatzgebiet<br />

für den kostbaren Dünger zu haben. Innerhalb zweier Jahre mußten die<br />

Familien angesetzt sein und in jedem Jahr mindestens '/s <strong>der</strong> Rodung,<br />

Gräben und Wälle fertiggestellt werden, damit man in sechs Jahren auf<br />

ein fertiges Werk blicken konnte.<br />

') BeHeim, p. 266. — Peter Wehrmann, I, 11. Anm. 2.


m<br />

Die Kolonisationstätiykeit des Prinzen Moritz von Anhalt-Dessau<br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n Seite versuchte Friedrich Is. mit Übergebung vou<br />

Unternehmern anfangs mehrere Familien zugleich auf ihre eigenen Kosten<br />

anzusehen. Sie sollten unter <strong>der</strong> gleichen freien Überlassung des Holzes<br />

verpflichtet seil«, höchstens ein Jahr nach dem Abschluß des rechtmäßige«<br />

Vertrags mit den Gebäuden fertig zu sein. Im folgenden Jahr mußte<br />

die Acker« und Wiesenbeftelluug begonnen werden, im vierten, höchstens im<br />

fünften Jahr alles, auch die Sommer- und Wintersaat, vollendet sein.<br />

Von dieser Art <strong>der</strong> Ansiedlung von Familien auf ihre eigene Verantwortung<br />

ift man später wie<strong>der</strong> abgekommen; die Erfahrung, die man<br />

machte, ließ sie nicht geraten erscheinen. Das Vertrauen, das man ihnen<br />

entgegenbrachte, täuschten sie bisweilen heftig,') <strong>der</strong> Holzerlös kam nicht<br />

dem Anbau zugute, bei <strong>der</strong> Anlage <strong>der</strong> Dörfer kehrte man sich nicht an<br />

die Pläne und Zeichnungen <strong>der</strong> Kammer, mit gefülltem Beutel kehrten die<br />

Familien zufrieden dem ^ande wie<strong>der</strong> den Nucken, die Pacht blieb aus.<br />

Darum griff man in Zukunft stets auf den Ausatz vou Familien<br />

durch Unternehmer zurück. Es war ja auch ein großer Vorteil, daß man<br />

durch dieses Nntervcrhältnis zum Pächter mit einem einzigen zu uuterhandclu<br />

hatte und nicht mit vielen unruhige« Kopfe«. Für Vergehe« uud Lässigkeiten<br />

m <strong>der</strong> Arbeit machte mau ihn allein haftbar.<br />

Dies Eutlaufen konnte Friedrich zur Verzweiflung bringen, denn mit<br />

jedem einzelnen ging ihm das bare Geld verloren, das er angewendet hatte,<br />

ganz abgesehen vom freundliche« Entgegenkommen, für das ihm die Ankömmlinge<br />

so schon den größten Dank schuldeten. Wir besitzen manche recht<br />

heftige königliche Erlasse a« die Kammer, die, oft mit Unrecht, Friedrichs<br />

Zorn in jedem einzel«cn Fall traf. Man konute es ihm im eigenen Interesse<br />

nicht verdenken, daß er später") die Verfügung erließ, wer eine fremde<br />

Familie laufe« ließ, sollte sie nur durch eine solche, nicht aber durch eine<br />

einheimische wie<strong>der</strong> ersetzen, und daß er so strenge Maßnahmen gegen den<br />

Allszug traf.<br />

Wohl hatte <strong>der</strong> neue Besitzer später in Pommern das Recht, seinen<br />

Besitz mit einem au<strong>der</strong>u ihm besser dünkende« zu vertausche«, auch <strong>der</strong><br />

Verkauf stand ihm frei, hielt man am vereinbarte« Zins fest uud übernahm<br />

ihn <strong>der</strong> neue Besitzer, aber währettd <strong>der</strong> ersten drei Jahre war das ganz<br />

verboten, ebenso in <strong>der</strong>selben Zeit Verpachtungen und Verpfändungen. Der<br />

Verkauf eines Grundstücks geschah außerdem nur mit Ge«ehmigung <strong>der</strong><br />

Kammer und wenn <strong>der</strong> Käufer gleichfalls ei« Frem<strong>der</strong> war, <strong>der</strong> Verkäufer<br />

dadurch dem Lande aber uicht verloren ging. Durch allerhand Edikte und<br />

') So die 19 Hollän<strong>der</strong>-Familien in <strong>der</strong> Henningshorst auf Dammer Grund<br />

und die 12 Familien in <strong>der</strong> Butzebinde.'<br />

') Am 13. Ottober 1753.


in Pommern. 1747-1754. l?<br />

Klauseln war Unbemittelten <strong>der</strong> Abzug ganzlich verschlossen, Bemittelte ließ<br />

man nur unter großen Erschwelllnqeu gehen, beson<strong>der</strong>s wenn sie arm rillgezogen<br />

und die Vorteile zu ihrem besten genutzt hatten. Immerhin befreite<br />

mau sie von <strong>der</strong> sonst üblichen uud vom Vermögen des Abziehenden abhängenden<br />

Abzugsgabe. ')<br />

Kapitel IV.<br />

Sie dem Prinzen unterstellte pommersche Artegs- und Domsnenkammer.<br />

Keine ersten Anfänge.<br />

Die dem Prinzen Moritz unterstellte königlich preußische pommersche<br />

Kriegs- und Domäneukammer war im August 1723 von Friedich Wilhelm I.<br />

zusammen mit <strong>der</strong> königlichen Regierung von Stargard nach Stettin verlegt<br />

worden, das Hofgericht uud das Kousistorium folgten 1738 nach. Der<br />

Domänenkammer wurde das zweite Stock des Slettiuer Schlosses überwiesen,<br />

das dritte <strong>der</strong> Negierung.') Die Domäneutammer bestand aus einem<br />

Präsideuten, dem Direktor, dem Forstmeister uud 15, Räten.') Für die<br />

Steuerverwaltung hatte man damals die vier Kreise Stettin, Pyritz, Kolberg<br />

uttd Stolp gebildet. Die Kammer leitete 1747 <strong>der</strong> Kammerpräsident Georg<br />

Wilhelm von Aschersleben, eine tatkräftige und ehrgeizige Persönlichkeit, die<br />

entschlossen war, <strong>der</strong> gestellten Aufgabe» sich würdig zu zeigcu. Es war<br />

sicher nicht leicht, all die Konflikte zu löse», die sich bei <strong>der</strong> Ausiedlung<br />

zwischen Staat, Ankömmlingen uud alteu Eimvohueru ergabeu. Viel Hrger<br />

hat ihm Friedrichs l l. Weseu gebracht, das teiuen Wi<strong>der</strong>spruch duldete uud<br />

auf seineu Befehl sofort Erfolge sehen wollte. Wie <strong>der</strong> große König selbst<br />

von früh bis Abend rastlos tätig war und Interesse auch für das kleinste<br />

hatte, so verlangte er auch beson<strong>der</strong>s von seinen direkten Uutergebenen fortgesetzte<br />

Tätigkeit und Verständnis für alles.<br />

Beson<strong>der</strong>s sollten sie persönlich im ttande nach dem rechten sehen und<br />

durch häufige Vereisungen sich eine gute Kenntnis aller Einzelheiten erwerben/)<br />

'j Erlasse vom 1. September 1747, 3. September 1749 und 8. April 1764.<br />

') Hering, Beiträge zur Geschichte <strong>der</strong> obersten Verwaltungs-Brhörde in<br />

dem alten preußischen Pommern. Beiträge zur Kunde Pommerns. Stettin 1852.<br />

4. Jahrg. l, 6. -Wehrmann, Geschichte von Pommern. Gotha 1906. Il, 71<br />

und 201. — Brüggemann, Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zu»<br />

Nandes des kgl. preuß. Herzogtums Vor. und Hinterpommern. Stettin l?79. l, 78.<br />

') Nach Brügge mann nur aus 14 Räten und 2 Oberforstmeistern.<br />

*) Schon Friedrich Wilhelm I. schreibt in seiner drastischen Weise dem „alten<br />

Dessauer" am 2U. März 1726: „Parole auf dieser Welt ist nichts als Unruhe und<br />

Valwche Ttudien N. F. XlV<br />

y


18 Die KolonisatìonStNtigleit deS Prinzen Moritz von Anhalt-Dessau<br />

Daran hat es Nschersleben nicht fehlen lassen und hat sich wie<strong>der</strong>holt vom<br />

Stand <strong>der</strong> Arbeiten in Pommern überzeugt. Voll einer ausgeprägten<br />

Unzufriedenheit Friedrichs II. mit seiner Amtsführung ist nichts bekannt,<br />

wenn er auch manchen scharfen Tadel bisweilen einstecken mume.')<br />

Für die Kammer war das General-Direttorium die höchste Instanz,<br />

es erteilte die Befehle nnd bewilligte das Geld, sobald Friedrich II. nicht<br />

ans eigenem Antriebe Anordnungen traf. Pommern war direkt unterstellt dem<br />

Wirklichen Geheimen Etats-, Krieges- und dirigierenden Minister Exzellenz<br />

Adam Ludwig von Blumenthal. Wir finden ihn häufig auf Äesichtiguugsreisen<br />

in Pommern, oft in Begleitung des gleichfalls gut mit pommcrjchen<br />

Verhältnissen vertrauten Obersten von Netzow, <strong>der</strong> nach dem Tode des<br />

Ministers von Marschall gemeinsam mit dem Minister von Katte die Leitung<br />

des fünften, dem Generaldirettorium angeglie<strong>der</strong>ten Departements erhielt.")<br />

Dem Generaldirettorium hatte Aichcrsleben alle drei Monat einen<br />

ausführlichen Bericht über den Stand <strong>der</strong> Arbeit einzureichen.<br />

Einen recht ansehnlichen und oft sehr schwierige» Briefwechsel hat er<br />

mit dem König selbst geführt, oft über die kleinsten Fragen. Au Prinz<br />

Moritz sind uns eine Menge Briefe von seiner schwer leserlichen Hand<br />

erhalten, die alle seinen praktischen Sinn erkennen lassen, <strong>der</strong> ihn ja für<br />

diesen Posten beson<strong>der</strong>s geeignet machte. Schmeichelei lag ihm fern, taktvoll<br />

und seiues Wissens sich bewußt besprach er mit dem Prinzen jede Kleinigkeit,<br />

oft mehrmals am Tage bei wichtigen Fragen. Keineswegs lag darin eine<br />

ttuselbstäudigkeit, zwaug ihn doch dazu schon au uud für sich die Pflicht<br />

und <strong>der</strong> Gehorsam; er wußte genau, dah er beim Prinzen stets Interesse<br />

fand, auch weun er nur einer Empfangsbestätigung fürstlicher Zeilen in<br />

aller Kürze eine Bemerkung über Wetter o<strong>der</strong> Korupreise anfügte. Nur so<br />

konnte <strong>der</strong> Erfolg gesichert sein, wenn beide Hand in Hand wirkten. Eine<br />

Mißstimmung zwischen Prinz und Präsidenten hat niemals bestanden.<br />

Ascherslebeu bekennt selbst in einem Briefe am Schluß ihres Zusammenund<br />

wo man nicht selber, mit Permisflon zu sagen — die Nase in allen<br />

stecket, so gehet die 3>ache nicht, wie es gehen soll, da auf die meisten Bediente<br />

sich nickt zu verlassen, wo man nicht selber nachsiehet." Zeitschrift für preuß. Gcsch.<br />

VI! l, 636.<br />

') Am I. November 174N schreibt iüm Friedrich: „Ihr sollet aber nun einmal<br />

mit Klagen wi<strong>der</strong> m.^cllinationes anjhörm nnd nnr euer äevoir fleißig und rechtschaffen<br />

thun, sowie es Mein Dienst und Interesse erfor<strong>der</strong>t, alsdann euch tein Mensch<br />

was anlmben wird." Preuß, Urtundenduch. I, 28.<br />

2) Dies Departement war am 27. Inli 1740 neugeschaffen und sollte seine<br />

Hauptaufgabe darin erblicken, „soviel Fremde von allerhand Conditionen, Charakter<br />

und Gattung in das ^and zu ziehen, als sich nnr immer thun lassen wollte, ohne<br />

Unterschied <strong>der</strong> Nation und Religion". — Preuß, I, 145. — Nödenbeck, Beiträge.<br />

!l, 115. — Preuß, 111, 447.


in Pommern. 1747-1754. 19<br />

wirkens: „Von Enrer Durchlaucht habe ich im Pommern gewiß schon vieles<br />

gelernt, beson<strong>der</strong>s das Durchgreifen."<br />

Die tüchtigste Kraft <strong>der</strong> Kammer war sicherlich <strong>der</strong> Geheime Nat und<br />

Kammerdircktor Ernst Wilhelm vou Schlabrendorf,') <strong>der</strong> nachmalige schlcsische<br />

Staatsmiuister. Er hatte die Oberaufsicht über die Koutributioueu, den<br />

^iceutzoll, die Accise uud den Salzhaudel und revidierte die Kassen. Er<br />

war eine tüchtige Arbeitskraft uud ein Finanzgenie, das die Kammer bei<br />

<strong>der</strong> steten Gelduot sehr gebrauchen kounte. Mit Prinz Moritz hat auch er<br />

im Briefwechsel gestanden, <strong>der</strong> fortdauerte, als er 1754 aus <strong>der</strong> Pommerschen<br />

Kammer ausschied.")<br />

Neben dem Forstmeister von Varfus verdient noch <strong>der</strong> Pizedirektor<br />

Sprenger besou<strong>der</strong>er Erwähnung, eiu tüchtiger Maun, <strong>der</strong> fast au jc<strong>der</strong><br />

Vcrcisttug Pommerns durch Priuz Moritz als dessen Adjutant teilgenommen<br />

hat. Moritz hielt auf ihu grohe Stücke und uahm ihu allemal mit touigllcher<br />

Erlaubnis mit nach Berlin zu seinen Unterreduugeu uud Vorträgcu<br />

beim König, damit er dessen persönliche Gedanken über das pommersche<br />

Unternehmen <strong>der</strong> Kammer vermitteln kounte.<br />

Dann folgt <strong>der</strong> Stab von Kriegsräten, die Ascherslebeu sich zum<br />

großeu Teil selbst heraugebiloet hatte. Es fauo cm häufiger Wechsel iu<br />

ihren Reihen statt, die pommerscheu Nate waren gesucht. Für deu Präsioeuten<br />

war es jedesmal recht schmerzlich, wenn er sich vou deucu treuucu nnlßtc,<br />

die seiu volles Vertraue« besaßen. Als sich <strong>der</strong> Magdeburger Präsidcut im<br />

Juli 175b abermals zwei seiner Kriegsräte allsgebeten hatte, klagt er Prinz<br />

Moritz sehr bezeichueud sein ^eid: „Es sind uuu schon zehn, die mir von<br />

<strong>der</strong> hiesigen Kammer als die geschulten so weggegangen; ich bin ein Kerl<br />

von 54 Jahren, und wird mir nun schon sauer vor an<strong>der</strong>n Präsidenten<br />

immer so ^euthe zu oxcnliren und anzuziehen. Ich habe es dem Kömg<br />

gemeldet, vielleicht steht mir Gott bey, daß <strong>der</strong> König sie mir läßt."<br />

Infolge dieses steten Wechsels hat sich auch eine Me <strong>der</strong> Namen in<br />

den einzelnen Jahren nicht feststellen lassen. 1748 finden wir die Namen<br />

Arendt, ^öper, Uhl, Op<strong>der</strong>beck, Wiuckelmann, Vanselow, vou Hirsch, d'Arrest,<br />

Tschiruer, Tehlaff, Dames, Pott, Henrici, Hille, Brandes, von Winterfeld<br />

uud Stürtzeubecher. Iu den 50 er Jahren tauchen neue Namen auf, wie<br />

Wißmaun, Krause, Stiege, Marquardt, Laug, Albrecht, tteugninck. Hamel<br />

und Schönholz.<br />

') Stadelmanns Schreibweise Schlaberndorf in den Publ. XI steht einzig da.<br />

') Er dauert bis zum Jahre 1759. Prinz Moritz übernahm 1748 die Stelle<br />

eines Taufpaten bei einem Sohn Schlabrendorfs, den er 1752 in das brandenburger<br />

Domkapitel einschreiben ließ. — Die Ehre dieses fürstlichen Paten wurde auch<br />

Tpreugers 1748 geborenen Tochter zuteil.


20 Die Kolonisationstätigleit des Prinzen Moritz von Anhalt-Dessau<br />

Von dm Kriegsräten verlangte Aschersleben angestrengte Arbeit und<br />

viele Reisen znr Erweiterung ihrer Ortskenntnis. In späteren Jahren<br />

erhielt fast je<strong>der</strong> die Oberaufsicht über einen Rodungsbczirk im ^!andc; in<br />

dieser Stellung sind viele von ihnen auch mit Prinz Moritz durch ihre<br />

Berichte und Anfragen in brieflichen Verkehr getreten. Daß Ascherslebeu<br />

zuweilen auch Rügen zu erteilen hatte, ist uicht zu verwun<strong>der</strong>n, ebenso daß<br />

manche Verleumdungen vorkamen von außen her wie auch im Kollegium<br />

selbst. Die wenigen Fälle folgen am bestimmten Ort. Auch Schlabrendorf<br />

hat einmal bei Moritz gegen solche Verleumdungen und Anfeiudungeu von<br />

Nei<strong>der</strong>n Tchutz gesucht. Im großen und ganzen hat Aschersleben für seine Nate<br />

nur Auerkcnuuugcn gehabt iu sciueu Briefe» au Moritz und sie vor mancher<br />

königlichen Mißbilligung und Unzufriedenheit iu Schutz genommen. Bezeichnend<br />

ist auch hier eine Äußenmg, „seine Nate wären ihm bei <strong>der</strong><br />

Ausarbeitung <strong>der</strong> Kosten und Anlegung neuer Werte wie das tägliche Brot,<br />

das er täglich in den Mund stecke".<br />

Die Anfertigung <strong>der</strong> Anschläge lag in den ersten Jahren iu deu<br />

HHnden des Vizedirettors Sprenger und <strong>der</strong> Räte von Hirsch, Winckelmann<br />

und Sturtzenbecher. Die Vermessuugeu leiteten die Laudbaumeister Schwadke,<br />

Brähmer uud Knüppel. Auch für die Landmesser iu den einzelnen Iahreu<br />

läßt sich keine bestimmte Angabe machen, es finden sich Namen wie Kreyser,<br />

Klockow, Andrä, Valzer, Öselcr, Schuster, Reimaun, Aue und Hallas.<br />

Der Kammer unterstanden unmittelbar die bandiate in den Kreisen,<br />

die ans <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Rittergutsbesitzer vou ihncu selbst gewählt uud vom<br />

König bestätigt wurden.') Reiste Friedrich durch ihren Kreis, hatten sie<br />

ihm über den jeweiligen Stand iu ihm Bericht zu erstatte». ") Auch Montz<br />

hat vou dieser nützlichen Einrichtung oft Gebrauch gemacht.<br />

Wenige Tage nach Empfang des königlichen Auftrags unternahm<br />

Prinz Moritz seine erste mehrtägige Besichtiguugsreise. Auch in <strong>der</strong> Folgezeit<br />

wurde sie vou <strong>der</strong> Kammer einige Tage vorher den eiuzelnen Ämtern<br />

mitgeteilt, damit sie für die erfordcrlicheu Pferde, einen offenen Wagen und<br />

Kähne mit Ru<strong>der</strong>leuten sorgen tonnten. Die Kosten ersparte dem Prinzen<br />

<strong>der</strong> gedruckte Borspaunpaß, den ihm <strong>der</strong> König bei je<strong>der</strong> Reise mit seinem<br />

Siegel neu ausfertigte. Er richtete sich an die Kammer, die Landräte,<br />

') Kratz-Klempin, Die Städte <strong>der</strong> Provinz Pommern. Berlin 1865.<br />

p. I^XXX f. — Zitelmann, Über die landständische Verfassung in Pommern vor<br />

dem Jahre 1823. Baltische Studien. IV, i. p. 33. — Lamotte, Abhandlungen.<br />

1793. II, 1. — Aug. von Balthasar, Abhandlung vom Ursprung, Amt und<br />

Recht, beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Wahl <strong>der</strong> Landräte im Herzogthum Pommern und Fürstenlhum<br />

Rügen. I. C. Dähnerts Pomm. Bibliothek. <strong>Greifswald</strong> 1752. 1. Bd. 111, 2. p. 13. -<br />

Meitzen, I, 369.<br />

') Verordnet am 2. November 1743. - Preuß, I, 392, 451. IV, 341, 371.


in Pommern. 1747-1754. 21<br />

Beamten t) und Schulzen auf den Dörfern.<br />

Der Prinz mußte von einem<br />

Haltcort (Relais) bis zum nächsten „ohne Entgelt und ohne Aufenthalt"<br />

gefahren werden. Je<strong>der</strong> zum Borspann Verpflichtete hatte pünktlich zur<br />

Stelle zu sein, damit bei <strong>der</strong> ganz genau bemessenen Zeit durch die Alls'<br />

wcchsclung <strong>der</strong> Pferde die Neise keine Verzögerung erlitt.<br />

24 Stunden zu<br />

warten war je<strong>der</strong> gehalten, kam dann <strong>der</strong> Prinz noch nicht, tonnte er<br />

heimreiten mit dem amtlich bescheinigten Attest, die Vorgeschriebelle Wartezeit<br />

eingehalten zu haben. Iu dem Fall mußte Moritz auf eigene Kosten<br />

weiterkommen.")<br />

Zugleich wurden „alle Kammer- und Forstbediente, alle<br />

Vcamteu nnd Magistratspersonen in Vor-<br />

die nötigen Nachrichten getreulich zu communicireu<br />

und Hiuterpommeru gewarnt,<br />

und zu eröffnen nud<br />

die gründliche Wahrheit zu sagen über alles, was Deroselben zu Ihrer<br />

obhabendcn Commission von ^cconomie-Sachcu, auch neuen Aufbaues, auch<br />

Rohdungen und Bewalluugen werdeu wissen wollen."^<br />

Die Reiseroute lag für jeden Tag fest vor, jede Stunde war bemessen.<br />

Wenn es sich irgend einrichten liest, verbrachte Priuz Moritz die Nacht<br />

wie<strong>der</strong> in Stargaro.<br />

All, 24. November reichte er dem König den umfangreichen Bericht<br />

über die Ergebnisse dieser erstell Reise ein. In <strong>der</strong> Hauptsacke war festzustellen<br />

gewesen, wie man den Überschwemmungen am wirksamsten entgegentreten<br />

konnte durch Aulage voll genügend starken Wallen und Entwässerung<br />

durch Haupt- und Nebeugräbeu.<br />

Diese Eiudeichuugsfrage hielt Moritz am<br />

beste« einer Kommission zu übergeben, die das Steigen und Fallelt <strong>der</strong> O<strong>der</strong><br />

eingehend prüfen sollte.<br />

Daß das Q<strong>der</strong>gebiet aufwärts von Stettiu ganz<br />

an<strong>der</strong>s war als talwärts am Dammer See, daß also auch die Wallalllage<br />

eiue ganz an<strong>der</strong>e sein mußte, stellte <strong>der</strong> Prinz schon damals fest.<br />

Der Stand <strong>der</strong> Vcsiedlung Pommerns war gut, l27 fremde Familien<br />

waren schou im ^ande, 3^) wurdeu uoch besorgt, 3l)H waren noch zu be<<br />

schaffen.<br />

Für sie gab Moritz umfassende Aufschlüsse über Art und Preis<br />

<strong>der</strong> Rodungen und des Besatzes.<br />

Im ganzen haben sich diese Vorschläge<br />

als richtig berechnet erwiesen, wenn sich natürlich bei den später antretenden<br />

Schwierigkeiten auch kleine Verschiebungen einstelle« mußten.<br />

Seine Äe-<br />

') „Beamte" nannte man die Pächter königlicher Domänen, es. La motte,<br />

Abhandlungen. 1794. II, 225.<br />

2) Ein Erlaß vom 18. August 1736 bestimmte, daß die vorspannenden Untertanen<br />

nicht gezwungen werden sollten, schneller als in 2 Stunden an<strong>der</strong>thalb Meilen<br />

bei gutem Wege zu fahren. Für jede zu start gefahrene halbe Stunde wcnen W Taler<br />

Strafe festgesetzt; jedes Pferd, das durch Überjagen zu schänden ging, sollte doppelt<br />

bezahlt werden. Auf diesen Befehl griff Friedrich in allen ^>orspann«Pässen zurück. —<br />

Preuß, IV, 315.<br />

2) Nickt selten erließ Moritz persönlich nochmals an alle Genannten den Befehl,<br />

ihm bei seiner Durchreise „die lautere Wahrheit" zu sagen.


32 Die Kolonisationstätigkeit des Prinzen Moritz von Anhalt-Dessau<br />

rechnungen sind das Ergebnis eingehen<strong>der</strong> Beratungen mit <strong>der</strong> Kammer,<br />

beson<strong>der</strong>s mit Aschcrsleben und Schlabreudorf.<br />

Zunächst galt es zu regeln, wieviel Morgen Acker und Wiese mau<br />

je<strong>der</strong> Familie bewilligen mußte, damit sie mit ihrem Viehbestand gute<br />

Erfolge erzielen tonnte. Moritz ging von den einfachsten Erwägungen aus<br />

und kam zu sehr iutercssauten Schlüssen:<br />

Wenn von einer Kuh A Fu<strong>der</strong> Dung jährlich gerechnet werden,<br />

sobald man ordentlich streut und das Vieh nicht hordet, so geben 40 Kühe<br />

120 Fu<strong>der</strong> Dung. Wcnu 13 Fu<strong>der</strong> gerechnet wcvdcu .^ur Düngung cines<br />

Magdeburger Morgens/) so köllllctl mit )H) Fu<strong>der</strong>n 11) Morgen Ackcr<br />

gediillgt werden. Rechnet man ferner vou cmcm Magdeburger Morgen<br />

guter Mmchuittiger Wiese 1'/, Fu<strong>der</strong> uud auf eine Kuh 2 Flldcr Heu,<br />

vornusgrseyt, dnß sie genügend Strokfutter und Sommerwege hat, so<br />

gehören 54 Morgen Wiese zur Fütterung von 40 Stück Vieh.<br />

Erhält in den verdrucken eiu Unternehmer 10l>0 Molgeu Wiese<br />

und '/z davon, alio 334 Viorgeu, benutzt er als Hütuug uud Wcidc, sodaß<br />

also nur 66 Morgen eigentliche Wiese übrig bleiben, jo geHort dazu an<br />

Acker, den er alljährlich durch das Vieh düugen taun, 370 Morgen o<strong>der</strong><br />

12 Hufen 10 Morgen.<br />

Gehören alio auf 40 Kühe 54 Morgcu Wiese, tonnen auf einem<br />

ttuternehmcn vou 666 Morgen Wiese, 334 Morgen Weide uud 370<br />

Morgen Acker: 494 Stück Vieh gehalten werden. Wollte man von solchem<br />

Unternehmen von 1370 Morgen (45 Hnfen 20 Morgen) 16 Familien<br />

ernähren/) so bekäme jede Familie 6 Morgen Acker, l4 Morgen Wiesen<br />

und mindestens 30 Morgen ^and für die Höfe. Jede Familie würde<br />

auf ibreu 14 Morgen Wiese, deu Morgen zu 1"» Fu<strong>der</strong> gerechnet, 2l<br />

Fu<strong>der</strong> Heu gewiuneu und 10 Stück Nindvieh halten können, die Kuh zu<br />

2 Fu<strong>der</strong> gerechnet. Da uuu 10 Stück Vieh nach obigen Sätzen 30 Fu<strong>der</strong><br />

Dung gcbcu, uud 12 Fu<strong>der</strong> auf einen Morgen gerechnet werden, so kann<br />

jede Familie 2'/« Morgen jährlich düngen, nnd da sie nur 6 Morgen<br />

Acker überhaupt bekommt, auch etwas auf den Garten verwenden.<br />

Rechnet man eine Familie durchschnittlich auf 4 Erwachseue, o<strong>der</strong> mit<br />

Kin<strong>der</strong>n auf 6 Pcrsoueu, uud verzehrt jede Person 6 Scheffel Ärotlorn,<br />

so gebraucht jede Familie jährlich 36 Scheffel. Die 6 Morgen Acker<br />

bringen aber nur Itt—20 Scheffel, darum sollte bei genügendem Vaud<br />

jede Familie lieber 16—Ih Morgen bekommen. An<strong>der</strong>nfalls mutzten die<br />

fehlenden 12—16 Scheffel durch Viehzucht uud Garteubau erworbeu werdeu.<br />

') Ein Preußischer (Magdeburger) Morgen --- 2b,b3 ». Er enthielt INO rheinl.<br />

Ruten, eine Nute -- 15—l^ Fuß. 3o Mm gen — 1 Hufe.<br />

') Am Prinzip, auf 1000 Morgen 16 Familien anzusehen, hielt man in Zukunft<br />

stets fest.


mP«n.n.ern. ,707-1754, 23<br />

Die Dienste, die eine solche Familie dem Unternehmer leistete,<br />

bestanden in 52tägigcn Handdiensten jährlich. Rechnete man jeden Handdienst<br />

zu 1 Groschen 6 Pf./) konnte er jährlich an Abgaben höchstens<br />

3 Taler 6 droschen einnehmen. Die jährlichen Abgaben würden also, da<br />

die Unternehmer ihnen die (ttebä'nde anfbanen, 20 Morgen ^and nnd<br />

Wiese ränmen nnd das Vieh liefern müssen, ans M Talcr zu stehen<br />

kommen. Das Dienstgcld von A Taler 6 (droschen abgezogen, münte er<br />

also jährlich noch 6 Talcr 18 Groschen abführen. Der Unternehmer würde<br />

mithin nach Abzug <strong>der</strong> HofsteNen nnd des Ackers für die l Stück Rindvieh gehörten.<br />

Friedrich II. hielt ja an <strong>der</strong> Dreifel<strong>der</strong>wirtschaft fest, die in Pommern<br />

bis in die neueste ^cit bestanden hat.*) Wintergetreidc, Sommergetreide<br />

und Vrache weänelten ab. Stets wollte er nur I Feld geackert wissen,<br />

„sodaß :; Dörfer in einem Jahr nicht mehr Holzdebit nötig hatten, als<br />

cins in einem Jahr, wenn es mit einemmal ganz gerodet wnrde uud man<br />

die Äcker doch immer erst 3 Jahr nach einan<strong>der</strong> gebrauchen konnte".<br />

Von Moritz' Hand stammt eine ganze Reihe von Tabellen, mit<br />

denen er sicher Friedrich II. den größten Gefallen tat, <strong>der</strong> das Tabellen<br />

Wesen beson<strong>der</strong>s schätzte.') Seine Ausführungen am Schluß jedeu Jahres<br />

erläuterte er fast immer an <strong>der</strong> Hand von Tabellen, die ihm die Kammer<br />

vorher zur Prüfung vorlegte. Gewöhnlich anfangs Dezember schickte die<br />

Kammer den einzelnen Unternehmern ausführliche Fragebogen, für <strong>der</strong>en<br />

richtige Ausfüllung sie mit ihrer Unterschrift bürgten. Die Kammer verarbeitete<br />

dann die Ergebnisse. So geteilt mall auch sonst über das Tabellenweicn<br />

Friedrichs urteilen mag, für die Kolonisalionstätigleit war es<br />

zweifellos von grosicm Vorteil. Alle Tabellen über Pommeru siud von<br />

Prinz Moritz nachgeprüft worden, ehe sie dem König eingeschickt wnrdeu.<br />

Für den Prinzen selbst war es ein großer Vorteil, tonnte er sich dnrch<br />

einen Blick iu seiu Tabellenbüchleiu*) auf seiueu Reisen sofort über deu<br />

Stand <strong>der</strong> Ansiedlung unterrichten.^<br />

') 24 Groschen -- 1 Reichstaler, 1 Groschen --- l2 Pfennig.<br />

2) Seit etwa 1«45 betreiben die großen Güter in Pommern Echlagwirtschaft,<br />

die Bauern freie Wirtschaft. Meitzen, !l, 163. Heute ist überall intensive Fracht«<br />

wechselwirtschaft.<br />

2) BeHeim, p. 279, 280. — Preuß, lll, 296.<br />

*) Tas Zerbster Haus- und Staatsarchiv bewahrt noch ein solches.<br />

^) Nach einem 17-jtz von Prinz Moritz aufssestellten Plan berechneten sich<br />

beispielsweise die Durchschnittskosten <strong>der</strong> Bestellung einer anhaltischen Hufe Acker


24 Die Kolonisationstätigkeit des Prinzen Moritz von Anbalt-Dessau<br />

Auffallend gering waren nach Moritz' Ansicht die Pachtertrilge gegenüber<br />

denen <strong>der</strong> Magdeburger Gegend.^) Auch die Pachtergcbnisse <strong>der</strong><br />

Schäfereien auf den königlichen Ämtern bedurften seiner Überzeugung nach<br />

einer Regelung. Das uugesuude Verhältnis, daß man für 100 Schafe<br />

15 o<strong>der</strong> 18 Taler zahlte, an an<strong>der</strong>n Orten dagegen für die gleiche Zahl<br />

50 Taler, wollte er einheitlich geordnet wissen. Dieselben Mißstände bestanden<br />

in <strong>der</strong> Verpachtung <strong>der</strong> Mühlen.<br />

Anf die Rodung eines Morgens, war er nickt zu sebr bewachsen,<br />

rechnete <strong>der</strong> Prinz 4 Wochen. Vieß man den Kolonisten


in Pommern. 1747—1754. 35<br />

rechnen.') Ebenso verletzte ihn das Schwülstige <strong>der</strong> amtlichen Verordnungen,<br />

er verlangte Knappheit nnd deutliche Ausdrucksweise. Auch für das lauge<br />

nnnütze Aufstapeln alten Akteumaterials hoffte er vom Köuig Abhilfe.<br />

„Ich bin versichert", schloß er feiucu umfangreicheu und fleißigen Bericht,<br />

„daß E. K. M. nicht werden uuguädig liehmeu, daß ich nur iu meinem<br />

gcmh nnterthänigsten Schreiben, welches gewiß ans wahrster, treuster Aufrichtigkeit<br />

geschiehet, so viel uuternommcu, lch würde es mir nicht nuterstanden<br />

haben, wenn es nicht Dero höchster Befehl, nach meiner schuldigsten<br />

Treue mit sich brächte. Da ich auch die (Nuade haben werde, E. K. M.<br />

aufzuwartcu, so werde snchen, mir in den Stand zu setzen, anf allerhöchst<br />

<strong>der</strong>oselben Fragen in aller untcrthäuigkeit die gegründetste nnd wahrste<br />

.Antwort geben zu können."<br />

Das königliche Schreiben, das schon am 27. November eintraf,<br />

brachte dem Prinzen die wohlverdiente Anerkennung nud völlige Einwilligung<br />

in feine Vorschläge: „Ich habe Euer Viebden Bericht vom 24ten dieses<br />

mit mehreren ersehen, welchergeftalt Dielelben die Bereifung <strong>der</strong>er O<strong>der</strong>brücher<br />

und daran gränyeudeu Örter bewerkstelliget, und was Sie ungleich<br />

zn Beför<strong>der</strong>ung des gautzen Etablissements, und so wohl Mciues als <strong>der</strong>er<br />

dabey coucurrireuden particnliers Interesse in Vorschlag gebracht haben.<br />

Meich wie Ich nun von allem sehr wohl znfrieden bin, also werde ich auch<br />

die ordres stellen, daß nach E. ^. Sentiments und Vorschläge im zukünftigen<br />

Frühjahre die Sache durchgehends angcgriffeu werden müsse. Inzwischen<br />

biu Ich E. ^. vor Dero gehabte viele Mühe gar sehr obligicret, nnd<br />

zweifle Ich nicht, daß Dieselben im künftigen Sommer, wcuu uach Dero<br />

Vorschlage die Veute hinkommen, nnd die Arbctt angefangen wird, nochmahls<br />

eine Tour an alle Orter, wo Sie es nöthig erachten, thnn, und zusehen<br />

werden, ob alles nach Dero Meinung recht gemachct wird. Übrigens wird<br />

Mir recht angenehm seyn, wenn E. ^. bey Dero Ankunft in Berlin Mir<br />

von allem umständlichen Bericht ertheilen werden."<br />

Kapitel V.<br />

Die StromarVeiten an <strong>der</strong> O<strong>der</strong> und die Anlage des Swinemün<strong>der</strong><br />

und Stolper Aafens.<br />

Die O<strong>der</strong>baulommission, die Prinz Moritz vorgeschlagen hatte, setzte<br />

sich zusammen aus dem Geheimen Finanzrat von Haerlem, <strong>der</strong> fchon<br />

Friedrich Wilhelm I. hervorragende Dienste geleistet hatte, General von<br />

') i Fuß --- 12 Zoll, 1 Rute -- 12 Fuß, 1 Morgen ---180 Ruten, 1 Hufe<br />

-- 30 Morgen.


Ll><br />

Die Kolonisationstätisskeit des Prinzen Moritz von Nn^alt-Dessau<br />

Netzow und Oberst Petri,') später wllrde noch Professor ?eonhardt Euler<br />

hillzuge^ogen, das Mitglied <strong>der</strong> Berliner Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften. Sie<br />

stellten fest, daß es anf drei Hauptsachen ankam, wollte man einen rechten<br />

Vorteil für das Land gewinnen; man mußte erstens <strong>der</strong> O<strong>der</strong> eincn<br />

möglichst schnellen Abflnß verschaffen, sie dann mit tüchtigen Dämmen<br />

einfassen nnd zum Dritten das Binneuwasser anffangen nnd abführen.<br />

Zuerst galt es den Nic<strong>der</strong>-Odcrbruch mit seiueu 94 000 Morgen<br />

vom Zelliner Aährhnns bis O<strong>der</strong>berg zu gewinnen.') Ein nener Kanal<br />

von 55l«O Nuten Väuge ,lnd 10 Ruten Breite sollte <strong>der</strong> O<strong>der</strong> mehr Gefall<br />

geben.') Durch ihn uud die Wallanlage ginfteu uach den Verechnnngen<br />

etwa 15 (XX) Morgen verloren. Zwilchen dem Wall bei Güstebiese und<br />

dem sogenannten krummen Ort bei (^liehen mußte gleichfalls ein Teil <strong>der</strong>-<br />

Überschwemmung ausgesetzt bleibe«, <strong>der</strong> mithiu für deu Gewinn wegfiel.<br />

Die Kosten für den Kanal von Güstebiese bis Hohen-3aaten nnd <strong>der</strong><br />

Wallanlage veranschlagte die Kommission mit etwa ^00 000 Talern, die<br />

mit 5°/o verzinst lOOOO Taler gabeu. Nach dem königliche« Befehl<br />

sollten hier 1000 Familien augeseht werde«. Die Nodung uud den Ansatz<br />

berechnete Moritz auf 300 000 Taler, sodaß das ganze lluteruchmeu iusqesamt<br />

5>00 0


in Pommern. 1747-1754. 27<br />

gesamt hoffte man ans dem Gebiet also 10833 Taler Ift Groschen Zinsen<br />

zn gewinnen. Mit <strong>der</strong> Zeit konnten ja die Abgaben noch gesteigert werden,<br />

sah die Bevölkerung erst die Porteile genügend ein.<br />

Moritz lam es anf eine schnelle Abhilfe <strong>der</strong> Schäden an nnd drang<br />

deshalb beim König anf eine möglichst große Arbeiterzahl, damit <strong>der</strong> Kanal<br />

und die Äewallnng Ende 1751 vollendet sein konnten. Da die erfor<strong>der</strong>lichen<br />

18—W000 Mann schwer zu beschaffen waren, riet er Friedrich, etwa<br />

300 o<strong>der</strong> 400 Mann ans den umliegenden Regimentern unter dem Vefchl<br />

ihrer Offiziere hieran abzukommandieren. Schippen und Karren wurden<br />

genügend hergestellt und für gesunde Uuterkunft <strong>der</strong> Arbeiter gesorgt, da man<br />

schon genug ausleckende Krankheiten erlebt hatte als Folge allzu großeu<br />

Zusammenwohneus in uugenügenden Nänmen.<br />

Als des Prinzen Borschläge auch diesmal sämtlich des Königs<br />

Billigung erfahren hatten, schrieb er erfreut zurück: „E. K. M. höchstes<br />

Schreiben habe ich in aller nntcrthänigkeit erhalten, worinncn Höchstdiesclben<br />

eine sehr gnädige Zufriedenheit über meiu schuldiges und gantz uuterthämgcs<br />

Verhalten zu erkennen geben, welches mir die größte Freude vcruhrsachet,<br />

und werde nicht unterlassen, E. K. M. höchsten Vefchl so schuldigst als<br />

treulich nachzukommen und mir Deroselben hohe Gnade und Zutraucu von<br />

Zeit zu Zeit würdiger zu macheu, welches ich mit <strong>der</strong> alleruuterthäuigsten<br />

Dankbarkeit erkenne."<br />

Mit den Arbeiten wurde sofort begonnen. Den neuen Kanal schloß<br />

anf <strong>der</strong> ueumärkischeu Seite ein hohes Ufer eiu, auf <strong>der</strong> West- uud Südseite<br />

wurde er mit mächtigen Dämmeu eingefaßt, die mit den auf beiden<br />

Seiten <strong>der</strong> alten O<strong>der</strong> aufgeführten eine Vänge von L145>5 Nuten, fast<br />

11 Meilen, besaßen. Von Einzelheiten zu reden, vor allem vom Wi<strong>der</strong>stand<br />

des Markgrafen Karl in seiner Eigenschaft als Herrenmeister des<br />

Iohanmterordens, <strong>der</strong> im O<strong>der</strong>bruch mehrere Orte besaß, und <strong>der</strong> Fischerdörfer<br />

Wriezen, Medewitz und an<strong>der</strong>er, ist hier nicht <strong>der</strong> Ort, sie haben<br />

an an<strong>der</strong>er Stelle schon mehrmals Erwähnung gefunden.') Der Kanal,<br />

die neue O<strong>der</strong> genannt, mit seinen 58W Ruteu ?äuge uud aufäuglich 10,<br />

daun bald 70 Nuteu Breite, verringerte den alten Fluftlauf mit 116144<br />

Nuten Länge von 6 auf A'.» Meilen. Der Niveauuuterschied am Zelliner<br />

Fährhaus und bei Odcrberg betrug 13 Fuß 5 Zoll 3 Linien preuhischcu<br />

Maßes; die Staatskasse zahlte für den Bau uud die Erhaltung 1000000<br />

Taler.") Am 2. Juli 1753 wurde er dem Verkehr übergeben. Staoel-<br />

') Christiani, p. 56. - Publ. XI, 4ss. — Ulrich, p. 132, 125. -<br />

Roden deck, Beiträge. 11, 27.<br />

') Baltische Studien. XXI, 170,130. — Karte des O<strong>der</strong>tals von Frankfurt<br />

bis Cchwedt von Bautommissionsrat Koppin.


2« Die Kolonisationstälistkeit des Prinzen Moritz von Anhalt-Dessau<br />

mann ') berechnet den Gewinn im Ober-O<strong>der</strong>bruch auf rund l 17000 Morgen,<br />

im Nie<strong>der</strong>^Qdcrbruch ans lWl>s» Morgen.<br />

Nnsier den ersten Vorschlägen hat Prinz Moritz mit dieser Kaualanlage<br />

nichts zu tnn gehabt, sie lmterstcmd <strong>der</strong> kurmärkischeu Kammer.<br />

Um so eifriger hat er sich dci den Bewallungen ans pommerschem Oebiet<br />

allsgezeiliniet, von l^artz an l)is zur Odcrmiluduug. Im November 1747<br />

hatte Haerlem von Friedrich l l Ncfehl erhalten, das zn entwässernde O<strong>der</strong>gebiet<br />

in Pommern genau zu besichtigen und in seiner Gegenwart Probcoämme<br />

und Gräben einige Nuten lang entstehen zu lasscu. Durch Vermittlung<br />

des Geueralmajors Gerhard Kornelius vou Wallrave'), au den sich <strong>der</strong><br />

König um zwei tüchtige Wasserbauiugeuieure gewaudt hatte, wurde« ihm<br />

als Gehilfen Major Eubcrs aus Tchweiduitz uud Kapitän Klein aus<br />

Neiße zugeteilt. Vehtereu berief Friedrich Mitte Mai 1748 jedoch wie<strong>der</strong><br />

ab für die Aulage vou Festungen uud ersetzte chu durch Kapitän Houauer<br />

aus Stettin. Zwei erfahrcuc Grabcumemer uud eiuen Walliueilter muhte<br />

sich Haerlelu selbst besorgen.<br />

Im April 1745 berief Priuz Moritz Enbers und Klein zur ersten<br />

Vesprechuug mit Karten nach Ttettin. Hier galt es zuerst festzustellen deu<br />

Preis <strong>der</strong> Verfertigung emcr Nute Wall uud die dazu erfordcrlichcu Ma»»^<br />

schaften, zwei Puukte, über die mau sich lange nicht einigen touute. Hacrlem<br />

bcrecknete eine Nutc^) von 5i bis l> Fuß Höhe auf mindestens 17'^Kubikfuß<br />

Erde. Um in 8 Wochen mit <strong>der</strong> Wallarbeit fertig seiu zu köuuen,<br />

dedurfte es zahlreichen Ardeiterpersonals. Rechnete mau 6 Mauu taglich<br />

auf eine Nutc, hatte je<strong>der</strong> 288 Kubikfuß o<strong>der</strong> Karreu Erde zu graben, anzukarren,<br />

zu verschütte» und zu planiere». Es hiug noch jedesmal vou <strong>der</strong><br />

Beschaffenheit uud <strong>der</strong> Eutftrnung <strong>der</strong> Grabstelle ab, die das Material zum<br />

Wall zu liefern hatte. Davon abgeseheu hatte voi: deu 6 Manu je<strong>der</strong> nur<br />

^^/« Minute für jedeu Kubikfuß Zcit. Für die harte Erdarbcit war das<br />

ein Unding. Moritz sah das Uumögliche seines Vorschlags ein und billigte<br />

Haerlems und Eubers' Ansichten^), uach denen zur Verfertigung einer 'liute<br />

Wall von 5 bis 6 Fuß Höhe täglich 14'/? Mann o<strong>der</strong> zu zwei Nuteu<br />

29 Maun nötig waren, die also wöchentlich 12 Nuteu vollendete». Täglich<br />

erhielt <strong>der</strong> eiuzelue 8 Groschen ^ohu. Nach diesel! Berechnungen kostete<br />

') Publ. Xl, 47.<br />

') Wallrave war 17!5 auf Fürst Leopolds von Tessa« Veranlassung in<br />

preußischen Dienst petremi. Westen Hochverrats saß er von 1748 bis zu seinem<br />

Tode 1773 in <strong>der</strong> Magdeburger Sternsä cnize gefangen. — Preuh III, 325.<br />

2) Eine Echachtrute war eine Rute lang, ebenso breit und hoch.<br />

*) Auch Amtmann Groben zu Eichwev<strong>der</strong> als früherer Teichinspektor in <strong>der</strong><br />

Neumaik wurde hinzugezogen.


in Pommern. ,747-1754. 29<br />

also durchschnittlich eine Nute Wall, 5 bis ss Fuß hoch, durch 14^2 Mann<br />

täglich zu fertigen: 4 Taler W (5)ro»'chen.')<br />

Moritz bereiste Ende Inni 174tt uou (Hartz aus das ganze O<strong>der</strong>gebiet<br />

9 Meilen abwärts bis Stepenitz, oft konnte er vom Kahn ans die Bruche<br />

nnr auf Brettern begehen. Er machte die Beobachtung, das; die O<strong>der</strong> hier<br />

wenig starkes Gefall hatte, daß die Wälle also nur vor dem Wasserdruck<br />

zu schützeu waren. Die Brüche zwischen Damm und Stepeuitz uutersuchte<br />

Enbers. Unter persöulicticr Leitung Haerlems eutstandeu im Beisein des<br />

Prinzen Moritz, <strong>der</strong> beiden Offiziere und Sprengers, als Vertreters <strong>der</strong><br />

Kammer, im Inli 174tt am Zoll uud an <strong>der</strong> Krampe die ersten Probedämme,<br />

<strong>der</strong>en Profil die Wallmeister durch Patten angaben. Moritz gab<br />

viel persönliche Erfahrungen von <strong>der</strong>artigen Arbeiten an <strong>der</strong> Elbe und hatte<br />

sich zu dem Zweck aus <strong>der</strong> Heimat vom Wallmeister Nichter aus Wörlitz<br />

die Zeichuungeu vom dortigen Elbwall einschicke» lassen,^) <strong>der</strong> im Vergleich<br />

zum mittelmärkischen Damm niedriger uud oden zum Befahren bei Hochwasser<br />

eingerichtet war.<br />

Anch dem Minister von Nlnmenthal legte Friedrich") bei seiner Abreise<br />

nach Pommern im Juli 174tt gerade die Äewallungsfrage ganz beson<strong>der</strong>s<br />

warm ans Herz, die anfangs <strong>der</strong> 50 er Jahre reif wurde. Die<br />

Kostenanschläge <strong>der</strong> Eindeichungeu oberhalb und unterhalb Stettins beliefen<br />

sich anf 130330 N. für 21690 Nuten Wall.<br />

Im engsten Zusammenhang mit dell Verbesserungen <strong>der</strong> O<strong>der</strong> stehen<br />

<strong>der</strong> Bau des Swinctanals und die Anlage Swiuemündes, an denen Prinz<br />

Moritz gleichfalls an seinem Teil mitgewirkt hat. Die ersten Arbeiten zur<br />

Vertiefung <strong>der</strong> Swiue hatten schon 17L!) unter Friedrich Wilhelm I. begonnen,<br />

<strong>der</strong> dadurch dem preußischen Handel den hohen schwedischen Zoll<br />

bei Wolgast ersparen wollte.^) Den ersten Plan, die Divenow schiffbar<br />

') Eine Rute, 5—6<br />

Fuß hoch, brauchte 14'/, Mann täglich,<br />

„ 2-2'/, „ „ „ 4',, „<br />

Die Kosten waren sehr verschieden; <strong>der</strong> Wall bei Gary a. 5D. kostete für die Rute<br />

12 Taler, weiter stromab nach Damm bezahlte man dafür nur 7, unterhalb Stettin<br />

sogar nur 5 Taler. Ein Graben kostete durchschnittlich:<br />

8 Fuß breit, 4 Fuß tief . . 7 Groschen<br />

12 „ „ 4 „ „ . . 10 Groschen 6 Pfennig<br />

16 „ „ 4 „ „ . . 14 Groschen.<br />

') Seine Sohle betrug 3 Ruten, die obere Brette 10 Fuß, die Höhe ebenso«<br />

viel, die Seiten gleichmäßig 1?'/, Fuß Dessauer Werkelle.<br />

') Publ. Xl, W:j.<br />

*) Brüggemann I, 244. — Kratz-Klempin, p. 503. — Baltische<br />

Studien XXI, 172. — Berghaus, kandbuch von Pommern und Rügen. Anklam<br />

186k. II, 444 — I. Gärtner, statistische Beschrechuug dcr Gewässer des Regierungsbezirks<br />

Stettin. Stettin I«52. 4. Jahrg. i, 20.


As)<br />

Die Kolonisatwnstätigkeit des Prinzen Moritz von Anhalt-Dessau<br />

zu machen, ließ man ans Anraten des Generalmajors Wallrave wie<strong>der</strong><br />

fallen. z?A7 erhielt <strong>der</strong> neu eingetretene Kammessekretär Brandes die<br />

Aufsicht über die Untersuchungen an <strong>der</strong> Swine. Friedrich II. nahm gleich<br />

bei seinem Regierungsantritt den Plan wie<strong>der</strong> auf, in <strong>der</strong> Swinemündung<br />

dnrch Beseitigung <strong>der</strong> vielen Sandbänke dem O<strong>der</strong>handel einen sicherm<br />

Hafen und eine bequeme Durchfahrt zu geben. Es ist unstreitig Kricgsrats<br />

Brandes großes Verdienst, nnter großen Schwierigkeiten und vor allem dem<br />

steten Geldmangel das Wert so geför<strong>der</strong>t zu haben, daß die Swiue 1746<br />

zum Hafen erklärt werden tonnte. Der große Salztrausport nach Preußen<br />

kam nun <strong>der</strong> Swine zugute, ebenso die Einnahmen aus dem Fürstenzoll<br />

und <strong>der</strong> Demminer und Aullamer Warensteuer. Bis Wolgast hatten die<br />

Schiffer oft mit widrigem Wind zu kämpfen, jetzt erreichten sie bei südlichem<br />

Wind von Stettin um l! Meilen früher die See.<br />

Prinz Moritz besichtigte bei seinen ersten Reisen 1748 auch die<br />

Sw'memundung und revidierte auch später wie<strong>der</strong>holt die Hafenbauten, die<br />

l75)5> so weit gediehen warcu, daß man eiue 504 Nuteu lange Mole aus<br />

Maschinen und eingerammten Pfählen in die Tee geführt hatte. Das; man<br />

dabei lauter jungen Aufschlag verwendet hatte, tadelte Moritz als guter<br />

Forstwirt heftig und drang bei Aicherslebeu iu Zukunft für Verwendung<br />

<strong>der</strong> nnhlos in den Forsten liegen bleibcudcn „Zöpfe" zu Faschiuen. Auf<br />

des Prinzen Befehl fand das Votscnwesen eine Regelung, ein willkommener<br />

Gedanke für die Kammer, die 175)0 aus Votsengel<strong>der</strong>u bereits einen Überschuß<br />

von 400 Talern hatte. Haerlem besichtigte gleichfalls im Mai 174«<br />

die Swinemüudlmg uud schrieb Moritz erfreut, daß iu seiner Gegenwart<br />

37 Schiffe ausgingen und noch 30 an<strong>der</strong>e dazu bereit lagen. Friedrich II.<br />

hat nur einmal, l751, aus seiner Privatschatulle W00 Taler für den<br />

Hafen bewilligt, sonst hat man das erfor<strong>der</strong>liche Geld bei <strong>der</strong> kurmärkischen<br />

Landschaft gegen jährliche Abzahlung von 10


in Pommern. 1747-1754. :N<br />

auf <strong>der</strong> linken Seite des Hafens 174tt gegründeten Ort Swinemiinde seine<br />

volle Aufmerksamkeit geschenkt. Seefischerei nnd Tänffban ^) boten den Ansiedlern<br />

guten Verdienst, Vebenslnittcl lieferte <strong>der</strong> Sandmann anf Wollin nnd<br />

Usedom. 1750 zählte Swinemünde schon A4tt Seelen, 175)^ erhielt es<br />

einen Magistrat und Bürgermeister. *) Den Van leitete seit 175^ nach<br />

Brandes' Absetzung Landbanmeistcr Knuppel. Die Einnahmen des Hafens<br />

steigerten sich schon in den ersten Jahren bedeutend; von Trinitatis 174li<br />

bis Ende November 175)0 berechnen sie sich anf 3^,156 N. 10 Gr. Mit<br />

dem Bau von Swinemünde nahm die Schiffahrt einen ganz bedeutenden<br />

Aufschwung. Von 1742 bis 175)0 passierten den Hafcn l»:ltt4 Seeschiffe,<br />

115X) leichter,2) also in 9 Jahren 7540 Schiffe. IVoo/bll liefen bereits<br />

l


.",-> Die Kolomlatwllstätiateit des Prinzen Moriy von Anhalt-Dessin<br />

im Nnban nnd fand den C^rund in Knüppels grobem und keine Wi<strong>der</strong>rede<br />

duldendem Wesen, das die Ansiedler abstieß. Außerdem verlangte er für<br />

die Ausarbeitung <strong>der</strong> Pläne nnd für Anweisungen solche Vergütllllgen, die<br />

nnr Kapitalisten zahlen konnten, obwohl es doch gerade in <strong>der</strong> ersten Zcit<br />

galt Handwerker für den Anbau zn gewinnen.<br />

Die guten Erfolge des Swincr Hafens richteten Moritz' Blicke auf<br />

den Hafen <strong>der</strong> Stadt Stolp. Die ersten Anregungen zu seiner Verbesserung<br />

geschahen 1731 durch Haerlem und Kriegsrat Dames. Erst 1741 nahm<br />

man das eingelieferte Projekt bei<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> auf, auch hier reichte wie<strong>der</strong><br />

Brandes gemeinsam mit dem Oberdeiclnmpektor von Suchodoletz dem König<br />

einen fleißigen, aber höchst umständlichen Bericht ein. Der Hafen befaß<br />

damals eine Breite von tt2 Fuß, die Stolpe nnr eine solche von 7 Nnteu.<br />

Die Kosten für Hafen und Flußmündung berechneten beide mit 10 248 Talern,<br />

die Anfuhren allein mit s>,)>9^ Talern. Infolgedessen blieb das Werk liegen,<br />

<strong>der</strong> Hafen verfiel immer mehr, nnd damit steigerten sich anch die Wiedcrherstellungskosten.<br />

Prinz Moritz fand 175)1 in dem einst zum Hausabund<br />

gehörenden Stolp den ganzen Handel in <strong>der</strong> Hand von drei Kaufleutcu.<br />

Die Schiffe mnßten anf freier Neede mit großer (Gefahr löschen, nur reiche<br />

Kaufleute konnten sich dies kostspielige Unternehmen leisten. An <strong>der</strong> Hand<br />

eines Anschlags über den Nntzen des Hafens, den er sich hatte ausarbeiten<br />

lassen, schlug Prinz Moritz den dortigen Kanfleuten vor, das Kapital zur<br />

Wie<strong>der</strong>herstellung des Hafens in ihrem eigenen Iuteresse vorzuschießeu, wenn<br />

ihnen aus den ^icenteinnahmen die Zinsen zu 5"/o und ein Teil vom<br />

Kapital jährlich abgegeben wnrden. Seine Bemühungen waren vergebens,<br />

sie wollten die Kosten dnrch eine vom König genehmigte Lotterie eingebracht<br />

wissen, die schließlich nach Verteilung <strong>der</strong> ^oose unter die Kammern aller<br />

Provinzen ohne Ergebnis 1752 wie<strong>der</strong> aufgehoben wnrde.<br />

Die alten, von Friedrich II. oft getadelten Hauptfehler des pommerschen<br />

Charakters, langsame Überlegung und Eigensinn, «lachten hier die wohlgemeinten<br />

fürstlichen Pläne zunichte.<br />

(Schlnß folgt im nächsten Bande.)


Beitrage<br />

mr Kenntnis ber riigenschen Vnrqwälle.<br />

Von<br />

Drof. Dr. N. Kaas<br />

Stettin.


Wie die rügenschen Altertümer überhaupt, so haben insbeson<strong>der</strong>e die<br />

rügenschen Vnrgwüllc von jeher sowohl bei (belehrten, als anch bei Vaicn<br />

ein lebhaftes Interesse hervorgernfcn. Der Umstand, daß die Bnrgwälle<br />

zu Arkoua nnd Eharenza noch im Beginn dcr rügcnschen Geschichte eine<br />

wichtige Nolle gespielt haben, nnd <strong>der</strong> romantische Schimmer, mit welchem die<br />

Herthabnrg im Anfange des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts nmhullt wnrde, haben sicher<br />

den Reiz erhöht, diese Stätten näher kennen zn lernen und zn ntttersnchen.<br />

Die Vitteratnr über die rngenschen Bnrgwälle ist daher ziemlich nmfangreich.<br />

Ein Brief Vübbekes vom Jahre 1585 berichtet nns über die Iaromarsbnrg<br />

zn Arkona. Im Anfange des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts bringen Klüver und<br />

Millälins Mitteilungen über die Hcrthabnrg. Gegen Ende des Jahrhnn<strong>der</strong>ts<br />

l169l) veröffentlichte Gebhardi in <strong>Greifswald</strong> eine Dissertation<br />

über Artona nnd Vineta. Im Anfange des folgenden Jahrhun<strong>der</strong>ts erwähnt<br />

bczw. beschreibt Wackenro<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Verfasser des „Alten nnd Nencn Rügen"<br />

(abgeschlossen 1707, veröffentlicht 17.'!0 nnd 1732), den Rngard (S. 3^ f.),<br />

Charenza (S. 6, 2^9) nnd den Henker Wall (S. 259 f. :U7). Iin Jahre<br />

17^5 erforschte <strong>der</strong> Pastor Mildahu in Zndar nllter Znziehnng dcr beiden<br />

damaligen Bürgermeister und des Stadtrichters zn Garz die Stätte des<br />

alten Charenza nnd liest darüber ein Protokoll aufnehmen, das später von<br />

A. G. von Schwarz in seiner Dipl. Gesch. <strong>der</strong> Pom.-Rüg. Städte Schwed.<br />

Hoheit, <strong>Greifswald</strong> (1755), 2. 576 ff. abgedruckt wurde. Eben <strong>der</strong>selbe<br />

Schwarz bringt in dem genannten Werke S. 6l5- l>5N eine Abhandlung<br />

über Arkona, 2. 695 ff. über Nalow, S. 697 f. über den Nngard u. a.<br />

Mit dem Ende des IN. Jahrhun<strong>der</strong>ts beginnt die Neiselittcratnr über die<br />

Insel Rügen. Als einer <strong>der</strong> ersten Vertreter <strong>der</strong>selben ist Zöllner: Reise<br />

durch Pommern nach dcr Insel Rügeu i. I. 1795), Berlin 1797, zu nenneu;<br />

er gibt eine ausführliche, sehr verstäudige Beschreibuug <strong>der</strong> Herthaburg und<br />

des Äurgwallcs zu Arkoua. Es folgeu Grümbtcs „Darstellnngen" Band l l<br />

S. W9—2.'!l, die sich auf die Herthaburg, den Schloßwall bei Wer<strong>der</strong>,<br />

den Sattel auf dem Hengst, Arkona, die Wälle in <strong>der</strong> Granitz, den Venzer<br />

Wall, den Nugard, Eharenza uud deu Aorgwall zu Capette bezieheu. Diese<br />

gruudlegeuden und noch heute maßgebende« Darstellnngen wnrden ergänzt<br />

und vervollständigt durch von Hagenow, <strong>der</strong> seine große „Specialcharte <strong>der</strong><br />

Insel Rügen" 1829 uud seine Studien über die rügenschen Burgwälle in<br />

8'


Is»<br />

Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> vügenschen Vurgniälle.<br />

den Neuen Pom. Provbl. III und IV veröffentlichte. Darauf folgt<br />

die Abhandlung (hicscbrcchts über die Bnrgwälle <strong>der</strong> Inscl Nilgen in<br />

Aalt. Stnd. 12, « S. 15


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rügenschen Burgwälle.<br />

-"<br />

l. Zrkona.<br />

Der Vnrgwall zu Arkona, <strong>der</strong> bis zmn Jahre 11^ das Heiligtum<br />

des Motzen Swautewit beherbergte, war schon im ltt. Jahrhun<strong>der</strong>t llutcr<br />

dem Namen „Jaromarsbnrg" bckaunt. Für dio Erforschung des Bnrgwalles<br />

kommt von alten Qnellcn dasienige in Betracht, was Taro (^rammatitus<br />

als Angcnzcuge über die Vclagcrnng nltd Eroberung <strong>der</strong> alten Swautcwlt^<br />

feste im Jahre 11 litt berichtet. Von nennen Quellen sind zn nennen:<br />

Der Brief des Johannes Vübbete an David (5hyträus über seinen Besuch<br />

<strong>der</strong> Iaromarsburg au, 17. Oktober 1'>N5, abgedrückt in Chyträus: Vmill^ia<br />

(!is»or Ili des (_'lirc>ni^0n^nx0lii«o); Zöllner: Reise durch Pommeru nach <strong>der</strong><br />

Insel Nilgen, Berlin 1797, 2. 2V—)il1; Ornmbte: Darstclluugcu N<br />

3. 218-220; Fock: Rüg.-Pom. (^csch. I S. 70—ttss mit Abbildung'<br />

Kiescbrecht: Die Burgwälle <strong>der</strong> Jusel Rügen in Balt. Stud. 12,2 L. UiU<br />

bis 173; <strong>der</strong> Kommissionsbcricht vom Jahre Ittlitt in Valt. Slnd. 24,<br />

S. 2l'»t)—27N mit drei Abbildungen; Bchla: Die vorgcsch. Rundwälle<br />

S. 05i, M), 147.<br />

Von einer nochmaligen Beschreibung des Burgwalles nehme ich Ab'<br />

stand; doch füge ich ein von SO. her und ein zweites von SW. her anf<<br />

genommenes Bild des Burgwallcs bei; das letztere läsit besou<strong>der</strong>s deutlich<br />

die wclleuförmige Linie des oberen Wallrückcns erkeuuen (Abb. Nr. 1 und 2).<br />

Ferner möchte ich mit Salis (Ball. Stnd. N. F. Xlll T. 14:y betonen,<br />

daß Arkona nicht nur eine Tempelbnrg, son<strong>der</strong>n — ebenso wie üharenza —<br />

eine „Stadtbnrg" gewesen ist.<br />

Die Volkssagen, welche mit <strong>der</strong> Iaromarsburg verluüftft siud, fiudeu<br />

sich bei Haas: Rug. Sagen, 1. Aufl., Nr.


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rüssenschcn<br />

<strong>der</strong> Südseite des Dorfes nnd grenzt nach Westen zn an den Wicler Nodden.<br />

Allf dem Borgwall stehen einige Hänser, ein an<strong>der</strong>es Ttnck ist als Ackerland<br />

bestellt, und <strong>der</strong> Nest ist vor ca. ^5> Jahren von <strong>der</strong> Kirche als Begrädnisplah<br />

angetanst worden, letzteres ist geschehen wegen <strong>der</strong> etwas erhöhten<br />

Vage des Äorgwalles. Denn nach Norden zn fällt <strong>der</strong>selbe ziemlich stcil<br />

ab und hat dort eine Böschnng von ca. L m Höhe. An <strong>der</strong> Sud- nnd<br />

Westseite aber ist <strong>der</strong> Norgwall im Vanfe <strong>der</strong> Jahre allmählich abgegraben<br />

worden und jetzt so abgeflacht, das; hier von einem Wall nichts mehr zn<br />

erkennen ist. Die Nordseitc, wo <strong>der</strong> Wall am besten erhalten ist, läßt es<br />

zweifellos erkennen, daß <strong>der</strong> Wall künstlich aufgeschüttet ist. Urnenscherbcn<br />

finden sich nicht ans dem Borgwall, nnd Tagen über den Platz sind nicht bekannt.<br />

Dieser Bnrgwall führte in ältester geschichtlicher Zeit den Namen<br />

klc;6(nve (von slav. kled d. i. Met, Hollig), so noch in den Hebnngsreginern<br />

von NU4 nnd l-Utt i.1-514 5l?l1lnve, 13lst i>leV)K P. U.<br />

B. V Nr. ^.llN llltd :;-^.;4). Unter dem Schnjze des Bnrgwalls bildete<br />

sich aber schon sehr früh ein 8nlml!,imil, eine Wiel, nnd legerer Name,<br />

welcher eigentlich ein lNattlUlgsnamc nnd die allgemein übliche Bezeichnnilg<br />

fnr die neben den Bnrgcn entstehenden Ansiedlnllgen ist, wnrdc lll diescin<br />

Falle Ortsname und verdrängte dann allmählich den ursprünglichen slavischen<br />

Bnrgnamen. Die Wiek mnß, wie gesagt, schon sehr früh entstanden sein;<br />

denn sie findet sich schon in <strong>der</strong> KnytUnga Saga Kap. 1^1 erwähnt. Dort<br />

heißt es: „Darauf gingen fie (die Dänen auf ihrem Znge nach Windland<br />

im Jahre 1163) ans Vand anf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite bei Balnng (Halbinsel<br />

Schaprode) «nd brannten da und zogen darauf nach Bik und verbrannten<br />

das ganze Land bis zu ihrem Marltplat/e. Von da segelten sie nach Hcdinsoe,<br />

wo sie lagen und sich zwei Tage ansrnhten."<br />

Es ist keine Frage, daß das hier genannte „Land anf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite bei Valnng" nichts an<strong>der</strong>es als die Halbinsel Wiltow sein kann, znmal<br />

da anch Saxo den Zng <strong>der</strong> Dänen nach Wittow gehen läßt. (5s scheint<br />

weiter, als ob Wiek selbst mit dem Marktplatz gemeint ist, und somit hätten<br />

wir einen Beleg dafnr, das; Wiel schon im XII. Iahihnn<strong>der</strong>t die größte<br />

Ortschaft <strong>der</strong> Halbinsel und eine Art Handelsmittelpnnkt für die ganze<br />

Umgegend war. Ich glaube daher anch, daß <strong>der</strong> Bnrgwall Medow den<br />

Mittelpunkt des Gardvogteibezirkcs Wittow gebildet hat, nnd möglicherweise<br />

war es anch noch Tempelbnrg, in welcher <strong>der</strong> z. Z. in Altenkirchcn anfbewahrte<br />

(Höhe verehrt wnrde.<br />

3. Per Nurgwall von Gapelle vet öagard.<br />

Zu Capette bei Sagard, nnd zwar nngcfähr an <strong>der</strong> Stelle, wo die<br />

beiden neben einan<strong>der</strong> liegenden Ortschaften sich gegenseitig berühren, liegen<br />

die Neste eines alten Vnrgwalles, welcher im Volksmnnde als Borgwall


Beiträne zur Kenntnis <strong>der</strong> riigenschen VurgwäNe.<br />

.^s)<br />

(nach Grümbke) o<strong>der</strong> als Bnrgwert (nach Pirchow) bezeichnet wird.<br />

Grümbkc ^Darstellungen II S. ^


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rttnenschen Vnrgwälle.<br />

Ohne Frage hat die Ortschaft Sagard<br />

ihren Namen vou ihrer Vage neben dem Vurgwall erhalte», denn Sagard,<br />

slav. 55llssi-l«1a, bcdemet nach Benersdorf 2. 104 (Balt. Stnd. 32,» Anhang)<br />

Itt Bezug auf diescu Burgwall vou Capette habe ich bereits iu mciucu<br />

Rüg. Skizzen (Grcifswald 1


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> ri'lgenschen Burgwälle. 41<br />

die Hauptbnrg <strong>der</strong> Halbinsel Iasmlmd, war nach dieser benannt, wie die<br />

Hanptbnrg <strong>der</strong> ganzen Insel Gingen nach dieser Mgigard, Hiugard hicft.<br />

Die in <strong>der</strong> Iasmunddurg errichtete Kapelle mnßte naturgemäß ^lloi,,«.<br />

»Iß ^^8linn>^ genannt werden. Im ^aufc des 1!i. Jahrhun<strong>der</strong>ts entstand<br />

dann ans <strong>der</strong> Ostseite des slavischen Äurgwalles eine uene, wohl zulueist<br />

aus dcnlschcn Kolonisten bestehende Ausicdluug, welche als 5u!,ul!»imn<br />

^^sslll-^6) bezeichnet wurde und im Jahre I2l>0 schon eine eigene Kirche<br />

hatte. Da nun diese letztere von Anfang an in größerem Umfang angelegt<br />

und ans besserem Material gedant wnrdc als die frühere, gewiß recht eilfertig<br />

und ans geringerem Material hergestellte Kapelle in dem Vurgringc,<br />

so bot die eccidi», ll? 2nHn.rtio bald einen besseren Mittelpunkt für die<br />

Kirchengemeinde dar und machte die Kapelle überflüssig, worauf diese<br />

— wahrscheinlich noch vor dein Jahre i:!(X) — abgebrochen wurde. Im<br />

Jahre !.'N8 war die Kapelle jedenfalls nicht mehr vorhanden, denn in<br />

diesem Jahre bezog <strong>der</strong> Bischof von Noeskilde —262; sodann bei Grümbte:<br />

Darstellungen II S. 20i>—Illj; ferner in <strong>der</strong> Abhandlung von Gicsebrecht:<br />

Die AurgwäNe <strong>der</strong> Iusel Nügen, in Balt. Stud. 1^,8 S. 167 ff.; vor<br />

allem in dem Kommissionsbericht über die Untersuchung <strong>der</strong> rügenschen<br />

Burgwälle im Jahre 1«68, in Balt. Etud. 24, S. 277-285 mit Ab-


4^<br />

Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> russischen Vnrsslvölle.<br />

bildungen; dazu die Bemerkungen Virchows in <strong>der</strong> Zeitschrift für Vthnol.<br />

l^


Vritriige zur Kenntnis <strong>der</strong> rügenschen BmstwäNc.<br />

4^<br />

abgeschiedene und im Dickicht <strong>der</strong> Stnbbnilz versteckte ^agc <strong>der</strong> Herthabnrg<br />

macht cs allch in nngezwnngencr Welse crtlärlich, wie es gekommen ist, daß<br />

du Tcmpclstätte des Tjarnaglofi nicht schon im Jahre 1l.tes Glowe<br />

anf Iasinuno zmiick, wie denn auch das deutsche Wort Höft mehrfach in rügrnscheu<br />

^rtsbezeichnungen wie<strong>der</strong>kehrt.


44 Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rNaenschcn Burgwälle.<br />

k. Schloßwall lei <strong>der</strong> Aöerförllerei Mer<strong>der</strong>.<br />

von C>rilmbke: DarstcNllngcn N S. 21ii f., Voll: Die<br />

Insel Nngen, Schwerin ^ltt5^, T. !)4 ff., im Kommissionsbcricht vom<br />

Jahre l«.<br />

Aus dem Berichte Äolls hebe ich einen Pnnkt hervor, <strong>der</strong> in dem<br />

Kommijsionsbericht von li^l;^ nicht berücksichtigt ist: „Schon die beiden<br />

kleinen Kegelgräber in dem Wallgraben selbst (an zweien <strong>der</strong> Eingangstore<br />

belegen), stoßen alle Konjekturen über den ncneren Uriprnng dieses Äc<br />

festignngswcrkcs über den Haufen". Anch zahlreiche Scherben, „wie sie bei<br />

<strong>der</strong> slavischen Navcusbnrg nnweit Ncnbrandenbllrg vorkommen", also jedenfalls<br />

Scherben von slavischen! Typus, sind von Äolls Hrndcr an dem inneren<br />

Nandc des Walles gefunden worden. Dagegen hat die Kommission im<br />

Jahre iNllN nichts als Fcnerstcinsplitter gefunden. Einer Zeitungsnotiz<br />

znfolge (St. N. N. Xl Nr. 2


Beiträne zur Kenntnis <strong>der</strong> rügenschen VnrgwäNe. 45><br />

des Tjarnaglofi gewesen ist; denn dessen Heiligtum wnrde erst im Jahre<br />

1171 zerstört. Die Quelle, in welcher dieses Datum überliefert ist, ist<br />

allerdings die nicht immer sehr zuverlässige Knytlinga Saga; aber sie ist<br />

zugleich die einzige Quelle, die nns den Namen des Tjaruaglofi überliefert,<br />

und wenn wir diese Quelle überhaupt herauzieheu, so müssen wir sie ganz<br />

in Äetracht ziehen.<br />

Ferner halte ich es für sehr unwahrscheinlich, daß die dänische Flotte<br />

nm die Eüdonwitze von Nügen, die damals noch bis znm Rnden herabreickte,<br />

herumgesegelt und, an <strong>der</strong> Anßcnküste Rügens entlang fahrend, bei<br />

Saßnitz gelandet sein soll. Die Daum sind bei ihren zahlreiche« Seefahrteu,<br />

die sie iu <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 1'2. Jahrhun<strong>der</strong>ts nach Nügeu und Pommern<br />

uuteruahmen, allsnahluslos au <strong>der</strong> West- uud Südwesttuste Rügcus elttlang<br />

gefahren; die hafenloje und den Stürme» ausgesetzte Osttüstc Rügeus haben<br />

sie gemieden. Auch uach dcln Jahre 1170, als sie ihre Fahrten bis uach<br />

Wolgast, <strong>der</strong> Pecnc, dein Haff nnd <strong>der</strong> O<strong>der</strong> ausdehnten, sind sie immer<br />

durch das euge uud schmale Wasser zwischen Hiddcnsec nud Rügells Westküste<br />

und durch das Gewässer Swäldcr — woruuter ich das jchmalc Wasser<br />

zwischen <strong>der</strong> Südwestküste Rügens ilud dem Fcstlaude, von Aarhöft im<br />

NW. bis zur Südspiye des Zudar im 2O. verstehe — gefahren. Darnm<br />

glaube ich, daß sie auch im Jahre 1 l»',8 Jasmuud nicht an <strong>der</strong> Anßenküste,<br />

sou<strong>der</strong>n vom Großen Iasmuu<strong>der</strong> Vodden aus betrete» habeu. Sie lageu<br />

nach <strong>der</strong> Zerstörung Lharellzas iu <strong>der</strong> ^lewil^er nnd Puddemiuer Wick;<br />

wenn sie nun von hier aus uach Jasmund fahren wollten, so lag es für<br />

sie viel näher, dazu deu ihueu wohlbekannten Weg an <strong>der</strong> Westküste Rügens<br />

entlang einzuschlagen, als deu mindest ebenso weiten, aber ihnen gänzlich unbekannten<br />

Weg um die Südostspitze Rügens herum. Die dem Festlaude<br />

zunächst gelegene Insel, wo <strong>der</strong> König Waldemar am Abend des Tagcs, wo er<br />

anfbrach, die 7 Kilten mit den Tempelschätzeu in Empfang nahm, mag <strong>der</strong><br />

Dänholm gewesen sein. — Jedenfalls wird die weitere Eutwicklnng des<br />

Eroberuugszuges viel wahrschciulicher und lichtvoller, wenn wir annehmen<br />

dürfen, daß die Dänen 1108 Iasmund am Binuenstrande betreten habeu:<br />

dann mußten sie zuerst auf die Jasmundfeste mit dem Götzen Pizamar<br />

stoßen, um diese zu zerstören; die weiter entfernt gelegene Herthabnrg mit<br />

dem Tjarnaglofi aber mochte ihnen bei ihrem Allonge von W. her leicht<br />

verborgen bleiben, so daß sie noch 3 Jahre lang verschont blieb. Die Überlieferung<br />

<strong>der</strong> Knytlinga Saga scheint mir bei dieser Annahme durchaus<br />

zutreffend.<br />

Baier, <strong>der</strong> Verfasser des Kommissionsberichtes vom Jahre 18N8, ist<br />

später auf die hier mitgeteilte Vermutung bezüglich des Schloßwalles noch<br />

zweimal zurückgekommen. In seiner Abhandlung „Die Insel Rügen nach<br />

ihrer archäol. Vdtg.", Stralsund 1886, T. 70 sagt er: Der Schloßwall


4l» Beiträge znr Kenntnis <strong>der</strong> ri'lssenscheu Vursswälle.<br />

hätte sich als nicht wendischen Ursprungs erwiesen; es wäre in ihm ein<br />

alter Lagerplatz vcrmntct worden, vielleicht des dänischen Eroberers Waldemar<br />

llnd seines Heeres. Und im Jahre IWl) äußerte sich Baier im VII. Jahresber.<br />

<strong>der</strong> ('jg. i"'les. zu (^reifswald S. 8l: Der Wall bei Wer<strong>der</strong> sei jünger<br />

als die weudische Bcsicdluug. Daraus ergibt sich, dasi Äaier dcu Schloßwall<br />

uutcr allen Umstäudcu in die frühgeschichtlichc Zeit herabrückeu will.<br />

Ich trage ciuigermasien Bedenken, dieser Meinung Baiers beizutreten.<br />

Der Schloßwall ist ja an<strong>der</strong>s geartet, wie die übrigen sicher slavischen<br />

Burgwälle Nngens. Aber selbst wenn wir aunehmeu, daß sich auf dem<br />

Schloßwalle teme slavischen Scherbell uud sonstigen slavischen Kulturreste<br />

fiudeu — mit dem Fuude, den Aolls Bru<strong>der</strong> gemacht hat, siudet sich Baier<br />

in Aalt. Stud. A4, S. ;!«>5 ziemlich oberflächlich ab — so wäre doch immer<br />

noch die Frage zu prüfen, ob <strong>der</strong> Schloßwall nicht älter sei als die slavische<br />

Zeit. Bolls Auffluduug <strong>der</strong> bilden kleinen Kegelgräber lM mir selbst allerdings<br />

etwas zweifelhaft erscheine» wollen), ferner <strong>der</strong> Näpfchenstein in<br />

unmittelbarer Nähe des Schloßwalles und sodann die in größerer uud<br />

kleinerer Entfernung vorhandenen zahlreichen Hünengräber dürfte» wohl für<br />

ein höheres Alter des Schloßwalles spreche,!. Aber die Frage, welchem<br />

Zwecke <strong>der</strong> Schloßwall gedient hat, ist damit immer noch nicht entschieden.<br />

Die weite Ausdehnung <strong>der</strong> Anlage nnd die Niedrigkeit <strong>der</strong> Umwallung<br />

macheu es wahrscheinlicher, daß <strong>der</strong> Tchlonwall ein alter Lagerplav, als daß<br />

er eine Knltstätte gewesen ist.<br />

6. Ver 5attel ans dem Hengll.<br />

Der Sattel ans dem Hengst ist beschrieben und behandelt voll Grnmbkc:<br />

Darstellungen II S. 217 f.; im Kommiisionsbericht vom Jahre !N


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rngenschen Bnrsswälle. 47<br />

Ein sehr wichtiges Ergebnis haben die Altsgrabnugen ans dein Hengst<br />

im Jahre 1ft6 zu tage geför<strong>der</strong>t. „Die anf dem Hengst gefundenen<br />

Scherben", heißt es S. 2^tt, „sind dicker nnd von gröberer Mischnng des<br />

Tons (8c. als die auf den übrigen rügeuscheu Burgwallen gefundenen<br />

Scherbell), dabei alle ohne Verzierung; fte durften bls alt die Steinzeit<br />

heranreichen; die Knochen crweifen fich als sehr morfch und smd in dlejcr<br />

ihrer Beschaffenheit denen ähnlich, die in Stcingräbcrn gefuudcu werden."<br />

Daralls haben die Kommissionsmitglic<strong>der</strong> ulit siecht geschlossell, daß „die<br />

Bennknng dieses Vcsestigungswertes über die Zeit zmückqeht, in welcher<br />

die übrigen Bnrgwälle Rügens ihre Bestimmung erfüllten."<br />

Was nnn den Zweck dieses Burgwalles betrifft, so muß es jedem, <strong>der</strong><br />

sich einmal an Ort und Stelle befuudcu hat, sofort klar scili, daß es eine<br />

befestigte Warte gewesen ist, voll <strong>der</strong> ans die cmgreuzendeu Wasserreviere<br />

beobachtet wurdcu, wie auch scholl Grümbkc sagt: „Alle weudische Seeräuber<br />

kounten in diesem Versteck anf <strong>der</strong> ^auer licgcu, um Schiffe auf dem Meere<br />

zn beobachte«." Also ein casU-um spsculktorium.<br />

Die Anlage des „Sattels auf dem Heugst" ist <strong>der</strong>jenigen <strong>der</strong> Iaromarsburg<br />

auf Arlona fehr ähnlich, und darum hat ^ijch in dem „Sattel anf<br />

dem Heugst", einem „Klciu-Arkona", eiue Tempelburg uud zluar die Burg<br />

Aasuud mit dem Tempel des Pizamar sebell wollen (Balt. Sllld. A4, S. 2^4).<br />

Aber ich meine, daß <strong>der</strong> „Sattel auf dem Hengst", wenn er bis in die<br />

letzte Zeit des Heidentnms als slavische Tempelburg beuukt wäre, wohl<br />

zahlreichere und au<strong>der</strong>s geartete Kulturreste hiuterlasseu hätte.<br />

Der von dem Wall umschlossene Nanm ist früher jedenfalls größer<br />

gewesen als heutzutage, da auzuuehmeu ist, daß <strong>der</strong> Raum im ^aufc <strong>der</strong><br />

Iahrhuudcrte durch Uferabstürze verkleinert ist. Vgl. Abb. Nr. 3.<br />

7. Vurgwä'lle in <strong>der</strong><br />

Grnmbke (Darstellungeu ll S. ^'20 f.) berichtet darüber: „Es siud<br />

ihrer drei, die sämtlich uicht weit vom Meere auf dell Uferhöhen des<br />

Silvitzer und Grailil^cr Ortes liegen. Der mittlere Wall, <strong>der</strong> Schauzeuberg<br />

genauut, welcher sich gegen das Falkenberger Ufer hin in <strong>der</strong> Nähe des<br />

schwarzen Sees befindet, aber, mit Bäumen lind (Gebüsch überwachsen, uur<br />

schwer aufzufinden ist, würde ein Riesenwerk heißen können, wenn er nicht<br />

ans einer Anhöhe läge, die die Natur selbst scholl zn einem Walle geformt<br />

hat; deun die Abdachung des Walles trifft mit <strong>der</strong> abschüssigen Sentuug<br />

<strong>der</strong> Berglehne so genau zusammen, daß es nur ein Ganzes zu sein scheiut;<br />

die halbkreisförmige i!age und <strong>der</strong> Umfang dieser Vmchauzuug läßt sich<br />

aber dann nnr deutlich wahrnehmen, wenn das ganze Revier rem abgeholzt<br />

ist. Von den an<strong>der</strong>en zwei kleineren, zn beiden Seiten <strong>der</strong> größereu<br />

belegenen Schanzen findet man eine uicht weit vom Silvitzer Ort, die an<strong>der</strong>e


4N<br />

Vnträ«e zur Kenntnis <strong>der</strong> rNgenschen Vnrgwälle.<br />

a<strong>der</strong> hinter den Cathrinenbergen/) auf ihrem Alter nnd Zweck rnht<br />

historische Fiustcmis.^<br />

Gegen diese Aufstellung Mrüinbtcs wendet sich von Hagenow (Neue<br />

Pom. Provbl. 411 T. 3l^ f.), iudcul er jagt, daß sich in <strong>der</strong> Granih<br />

we<strong>der</strong> Wälle noch Schanzen fänden; die länglichen Erdrücken auf deu Ufer-<br />

Höhen des Ttraudcs, die ihm dort als Walle und Schanzen bezeichnet<br />

worden seien, seien durchaus Naturgebilde, es zeige sich an ihnen teine Spnr<br />

einer künstlichen Aufschüttung. Überhanpt sei es bemerkenswert, daß sich in<br />

<strong>der</strong> lHraniv kein einziges Denkmal des Altertnmb finde.<br />

Die letztere Bemerkung von Hagcnows ist unzntreffend; eine Grnppe<br />

von l l Huueugräberu liegt im südwestlichen Zipfel <strong>der</strong> lHrauil?, an<strong>der</strong>e<br />

liegen oberhalb von Äiuz und in <strong>der</strong> Nähe des Blicschowcr Torhallsee;<br />

vgl. auch Wackcnro<strong>der</strong>: Alles und Neues Nügcu S. 2!4.<br />

Äbcr auch <strong>der</strong> ersteren Meinung von Hagcuows kann ich nicht beipflichten.<br />

Po« ben drei uon Grümbte angeführten Schanzen kenne ich aus<br />

eigener Anschauung allerdings nur eine, uud zwar vermutlich diejenige, die<br />

Grümbke am Silvitzcr Ort gcfuuden hat.<br />

Der Wall dieses Äefestignngswertes ist nach W. zu etwa ss m hoch,<br />

nach S. zu jedoch bedeutend niedriger. Unmittelbar vor dem Wall zieln<br />

sich nach <strong>der</strong> ^andscite eine ziemlich tiefe Schlucht hin. Das von dem Wall<br />

und dem Nande des Steilufers eingeschlossene lerrain hat einen auffallend<br />

geringen Umfang, was wohl auf Rechnung <strong>der</strong> im ^aufe <strong>der</strong> Zeit erfolgten<br />

Uferabstürze zu setzen sein wird. Kulturreste habe ich nicht gefunden.<br />

Daß <strong>der</strong> Wall aus neuerer Zcit stammt, ist kaum anzunehmen; denn<br />

wäre er in den Kriegen des 17. o<strong>der</strong> Ih. Jahrhun<strong>der</strong>ts aufgeworfen worden,<br />

wie z. N. die Schanze oberhalb <strong>der</strong> Försterei Prora l1eoulat0rjum erscheinen, welches dem auf <strong>der</strong> entgegengesetzten Seite <strong>der</strong><br />

Prorer Wiel gelegenen „Sattel auf dem Hengst" entspricht. Wenn diese<br />

beiden Punkte mit zuverlässigen Spähern beseht waren, so konnte so leicht<br />

kein feindliches Tchiff unbemerkt in die Prorer Wick hineinfahren, um dort<br />

zu landen. Auch liegen die beiden Wälle so, daß bei klarem Wetter eine<br />

*) Die Katharinenberge liegen ungefähr in <strong>der</strong> Mitte zwischen Gvanitzer Ort<br />

und Quiylaser >Irt.


Britriige zur Kenntnis <strong>der</strong> vnaenschen Vnrawälle.<br />

^ls><br />

Verständignng dnrch verabredete Zeichen von hüben nach drüben möglich<br />

und denkbar ist, trotzdem die Entfernung zwischen beiden in <strong>der</strong> ^nftlmie<br />

fast zwei dentiche Meilen beträgt.<br />

Wie es sich mit den beiden an<strong>der</strong>en von lhrümbkc angeführten Schanzen<br />

verhält, darüber kann ich nichts sagen, als daß es mir an nnd für sich<br />

sehr plausibel erscheinen will, daß sich an <strong>der</strong> jenseits des lHranitzcr Ortes<br />

südöstlich umbiegenden Küste, bei den Katharincnbergcn ein zweiter Ansgnck<br />

wall findet, während <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Mitte gelegene größere Wall ein passendes<br />

Ncfnginm fnr die Bevölkerung gebildet haben mnß. Eine genanere Untersllchnng<br />

dieser Stätten scheint sehr wünschenswert. An <strong>der</strong> Stelle, wo <strong>der</strong><br />

zweite Ansgnckwall nach lhrnmbke gelegen hat, haftet noch jetzt <strong>der</strong> Ortsname<br />

„Schanzen-Ort".<br />

tt. Der ckobbtner Aurstwall.<br />

Die von <strong>der</strong> Stresower Bncht im W. nnd von <strong>der</strong> Having im O.<br />

eingeschlossene Halbinsel Nen-Neddevitz entsendet an ihrer Sndostscitc in die<br />

Having einen fast quadratischen Vorsprnng, dessen Ufer sich in stcileln<br />

Anstieg bis zu .'50,5 m erhebt und ans <strong>der</strong> Vandseite als sanft abgedachter<br />

Höhenrücken verlänft. Ans <strong>der</strong> Höhe des Ufers befindet sich ein Plateau<br />

von ca. 3O> Schritt Umkreis, das als Vnrgwasl gedient hat. Ich möchte<br />

den Anrgwall nach dem ! ^ lcm entfernten l^Me lhobbm dell l^obbiller<br />

Anrgwall llennen.<br />

Der Anrgwall hat keine Nrustwehr. Seine Fläche ist ziemlich rnnd;<br />

nnr nach O. jprillgt eine Spitze vor, nnd diese ist früher vielleicht noch<br />

größer gewesen, da all <strong>der</strong> Uferjcite Erdrutsche stattgefunden zn haben scheinen.<br />

Nach NO. zn fällt das Plateau znm Wasser Hill ein wenig ab. Der<br />

Vnrgwall ist ohne große Muhe in <strong>der</strong> Weise hergestellt worden, daß man<br />

die voll <strong>der</strong> Natnr scholl vorhandene Knppc dnrch (Zrdallbäufung voll nntcn<br />

her — so beson<strong>der</strong>s an <strong>der</strong> Sud- und Ostseitc — und dnrch Erdabwnrf<br />

voll oben her, sowie dnrch etwa erfor<strong>der</strong>liche Planierung in das jetzige Plateau<br />

umwandelte. Dadnrch ist es gekommen, daß <strong>der</strong> Abhang des Äurgwalles nach<br />

2. zu zwei Absätze erhalten hat, von denen <strong>der</strong> obere ca. l—15) m breit ist.<br />

Schwer zugänglich ist <strong>der</strong> Aurgwall nur an <strong>der</strong> Oslseite, wo er mit<br />

3l),5 m seine größte Höhe erreicht nnd wo <strong>der</strong> Abhang steil abgedacht nnd<br />

fast vegetationslos direkt zum Straude abfällt. Nach W. hin erhebt sich<br />

<strong>der</strong> Anrgwall nnr etwa '/2^1 '" über das beackerte Feld; doch mag <strong>der</strong><br />

Bnrgwall an dieser Seite durch neuere Plauiernugsarbeiten niedriger<br />

gemacht sein.<br />

Die Oberfläche des Burgwalles ist mit Hasengeil feinster) und<br />

Eichengestrüpp bewachsen; die Abhänge sind zum Teil mit niedrigem Buschwerk<br />

(Tannen, Kiefern, Eichen) bestanden, das erst jüngst angepflanzt zn<br />

lNalti'chr Tllld,en N H. XlV<br />

^


50 Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rünenschen Burgwillle.<br />

sein scheint; ans <strong>der</strong> Südseite steht Brombeergestrüpp und Schlehdorn.<br />

Ueberall haben die wilden Kaninchen ihre Höhlcn gegraben; einige dieser<br />

Höhlen sind nenerdings aufgegraben worden. Am Südrande des Hoch«<br />

platcans steht eine Tafel mit <strong>der</strong> Inschrift: Grenze des ^aicMionreviers;<br />

eine zweite Tafcl mit <strong>der</strong>selben Inschrift steht in halber Höhe.<br />

Von <strong>der</strong> Höhe des Änrgwallcs genießt man eine wun<strong>der</strong>volle Fernsicht<br />

über ^and nnd Meer: Nach N. zu liegt die Granih mit dem Jagdschloß,<br />

nach O. zn Äaabe und Göhrcn nnd das viclzerrissene Mönchgnt, nach S.<br />

die Halbinsel Rcddevitz und dahinter das Zickersche Höft und <strong>der</strong> Nalenberg,<br />

und nach W. endlich <strong>der</strong> Große und <strong>der</strong> Kleine Vilm und in weiter Ferne<br />

die Halbinsel Zndar. Überall schimmert das Meer hindurch und verleiht<br />

dem reizvollen ^audschaftsbilde sein tiefblaues Relief.<br />

An Knltnrresten fanden sich auf dem Burgwall Fenerfteinsplitter,<br />

vermorschte Knochen, Tonjcherben uud Brandstellen mit Klumpen schwach<br />

gebrannten Tons. Eine Brandstelle lag am Südraude des Plateaus<br />

ca. l/, m tief in <strong>der</strong> Erde; die Brandschicht war l> cm dick. Eine zweite<br />

größere Brandstelle lag in einer grubenartigen Verticfnng an <strong>der</strong> Ostseite<br />

des Plateaus, dicht neben <strong>der</strong> oben erwähnten vorspringenden Spitze; die<br />

Grnbe hatte eine Tiefe von ^/,—^ „,. z^ Brandschicht zeigte noch Kohlenreste<br />

von Eichenholz; die hier vorgefundenen Klumpen von halbgebranntem<br />

Lehm machen es wahrscheinlich, daß es sich um eine Kochgrnbe handelt,<br />

<strong>der</strong>en Wände mit Holz und ^ehm befestigt waren. Auch kleine brandgeschwärzte<br />

Fenersteimplitter fanden sich in <strong>der</strong> Grube. An Scherben habe<br />

ich nur einen einzigen gefunden; es war ein brauner Scherben, <strong>der</strong> auf<br />

einer ^citc glasiert war; er steckte ^ m tief in <strong>der</strong> Erde, und schien nicht<br />

erst neuerdings dorthin verschleppt zu sein. Herr Lehrer Worm in Alt-<br />

Reddeviv teilte mir aber mit, daß er zahlreiche dickwandige Urnenscherben<br />

auf dem Anrgwall, beson<strong>der</strong>s auf <strong>der</strong> Seite nach Nen-Ncddevitz zu, auf«<br />

gelesen habe; auch eine zerbrochene ^anzenspitze ans Feuerstein hat <strong>der</strong>selbe<br />

gcfnnden. Am westlichen Rande des Burgwalles liegen ca. 20 Feldsteine<br />

von ^4"^/, ym Inhalt; sie scheinen vom Felde dorthin geworfen zu sein.<br />

Der Strand am Fuße des Bnrgwalles ist mit Steingeröll bedeckt, darunter<br />

befinden sich mehrere Geschiebeblöcke, zumal an <strong>der</strong> Süd- und Ostseite.<br />

Unter dem kleineren Geröll fand ich zahlreiche bearbeitete ssenersteinsachen<br />

nach Art <strong>der</strong> rügenschen Küstenfunde (KMemnoddinger): Messer, hübsche<br />

zierliche Bohrer, kleine Lanzenspitzen, Pfriemen, Keile (nach Art <strong>der</strong> Lietzower)<br />

und einen kleinen Meißel. An <strong>der</strong> Südseite des Vnrgwalles befindet sich<br />

im Wasser eine tiefere Stelle, an <strong>der</strong> man mit einem Boot direkt bis an<br />

den trockenen Strand heranfahreu kann.<br />

Im Boltslmmde erzählt man sich, daß auf dem Burgwall früher eine<br />

Bnrg o<strong>der</strong> eine Stadt gestanden habe, die aber schon in unvordenklichen


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rtlssenschen Burgwälle. 5)1<br />

Zeiten untergegangen sei. Ferner wird behauptet, daß es nicht gelingen<br />

wolle, bell Grund und Voden dcs Vnrgwalles als Ackerland zn bestellen;<br />

son<strong>der</strong>n man habe ihn bis ans den heutigen Tag brach liegen lassen müssen.<br />

Was die Sage von einer untergegangenen Stadt berichtet, kann unmöglich<br />

richtig sein, da <strong>der</strong> BnrgwaU offenbar niemals als dauernde Nie<strong>der</strong>lassung<br />

gedient hat; sonst müßten die Kulturreste viel zahlreicher sein. Wir<br />

haben vielmehr zu denken, daß <strong>der</strong> (hobbiuer Burgwal! als Zufluchtsstätte<br />

in Kriegsbeilen und als Aeobachtuugsstatiou für die iu die Having einfahrenden<br />

Schisse benutzt worden ist.<br />

In <strong>der</strong> Vittcratnr ist <strong>der</strong> Gobbincr Burgwall noch nirgends erwähnt,<br />

doch ist er auf dem Meßtischblatt (Vilmnitz) verzeichnet.<br />

9. Per Zudarsche Anrgwall.<br />

östlich von dem Kirchdorfe Zudar erstreckt sich eine kleine Halbinsel<br />

in die Schoritzer Wiek o<strong>der</strong> vielmehr in einen Wasserarm, <strong>der</strong> den innersten<br />

Teil <strong>der</strong> Schoritzer Wick mit eiller kleineren, südwärts sich anschließenden<br />

inneren Bucht verbindet. Diese Halbinsel trägt einen wendischen Bnrgwall.<br />

Der ca. 80 Schritt breite Halsteil, welcher die Halbinsel mit <strong>der</strong> Kuste<br />

unmittelbar hinter dem Kirchhof des Dorfes Zudar verbindet, ist stachuud<br />

niedrig und bei hohem Wasserstand regelmäßig überschwemmt. Wenn wir<br />

annehmen, daß diese Vandvcrbiuduug früher noch niedriger gewesen ist, so<br />

hat <strong>der</strong> Änrgwall eine Insel gebildet.<br />

Der Burgwall hat die Gestalt eines ziemlich regelmäßigen Vierecks.<br />

Die Ost-, Süd- uud Nordseite jiud je 73 Schritt und die Westseite<br />

ft() Schritt lang; <strong>der</strong> Umfang des ganzen Burgwalles deträgt also rund<br />

300 Schritt. Die nordöstliche Ecke und die südöstliche Ecke sind eilt wenig<br />

abgerundet. Die Höhe des Walles ist verschieden: im W. d. i. nach <strong>der</strong><br />

Bandseile zu beträgt sie L—3 m, im N. (5 m, im S. 6—tt m und im<br />

O. d. i. nach <strong>der</strong> Wasserseite zu 10 m. Die Höhe <strong>der</strong> Wälle ist früher<br />

vielleicht noch größer gewesen, und vielleicht haben dieselben ekedcm auch<br />

Brustwehren gehabt. Vgl. Abb. Nr. 4.<br />

Vor ca. 30 Jahren erzählte mir <strong>der</strong> damals hochbetagte Totengräber<br />

Johann Nenz in Zudar, daß nach den Erinnerungen aus seiner Kindheit<br />

<strong>der</strong> Kessel des damals noch unbebauten Vurgwalles viel tiefer gewesen sci,<br />

aber zwischen 1820— 1830 allmählich aufgefüllt sei, als man ansing, das<br />

Terrain des Burgwalles zu beackern. Das Erdmaterial zur Auffüllung<br />

wird aber kaum wo an<strong>der</strong>s hergenommen sein, als von den Wällen.<br />

Die ziemlich steilen Böschungen sind mit Gras bewachsen; hier und<br />

dort findet sich ein Schlehdorn. Am Fuße des Walles befindet sich im<br />

S., O. und N. ein ca. 10 m breiter Vorstrand, an dem bei meiner letzten<br />

Allwesenheit im Juni 1907 allerlei Fischereigerütschaften lagen. Das Wasser<br />

ist hier so tief, daß die Boote dicht an den Strand herankommen können.


59 Beitritt zur Kenntnis <strong>der</strong> rNgenschm Vnrgwlille.<br />

Auf dem Bltrgwalle finden sich, trotzdem er mm schon seit Jahrzehnten<br />

bestellt wird, zahlreiche Kulturreste, namentlich an Urnenscherben<br />

und Feuersteinsplittern; vereinzelt fand ich auch vermorschte Knochenstücke.<br />

Unter den Feuersteinstücken fand ich eine Pfeilspitze, mehrere Messer, einen<br />

zweiflügeligen Bohrer, einen einflügeligen Bohrer. Die Urnenscherben<br />

lagen so zahlreich umher, daß es leicht war, ihre Zeit zu bestimmen: sie<br />

gehören zweifelsohne <strong>der</strong> wendischen Zeit au. Einige zeigten das Wellcuornament,<br />

au<strong>der</strong>c Parallelkreisc mit eingestochenen Reihen von Puullen,<br />

noch cm<strong>der</strong>e Fingerabdrucke usw.<br />

Ein Vodenstuck fand ich, das zu einem sehr weitbauchigen Gefäß<br />

gehört haben muß. Der Ton ist meist feiugeschlemmt, aber hier und da<br />

fiudeu sich auch kleine Glimmerstückchen eiugetuetet. Die Farbe <strong>der</strong><br />

Scherbeu ist teils schwärzlich, teils rot.<br />

Nach <strong>der</strong> mündlichen Überlieferuug <strong>der</strong> Ortsbewohner hat sich <strong>der</strong><br />

Porstrand vor dem Burgwall erst im Vauf <strong>der</strong> Zeit gebildet; früher sollen<br />

die Abhäuge des Walles direkt vom Wasser bespült wordeu sein. Es wird<br />

auch berichtet, daß <strong>der</strong> überall au <strong>der</strong> Küste berüchtigte Seeräuber Klans<br />

Störtcbecker mit seinen Spießgesellen im Zudarschen Burgwal! gehaust habe;<br />

beson<strong>der</strong>s soll er, weuu er verfolgt wurde, sich hierher geflüchtet habeu, da<br />

seiue Verfolger ihn in deu eugen Gewässern nicht errcichcu kouutcu. —<br />

Icdeufalls ist wohl nicht zu bezweifelu, daß etwaige Aewohuer dieser<br />

Wasserburg sich ziemlich sicher vor feindlichen Angriffen vou <strong>der</strong> Wasserseite<br />

her fühle» mußteu. Die überaus zahlreichen Kulturreste spreche» dafür,<br />

daß <strong>der</strong> Burgwal! in wendischer Zeit längere Zeit bewohnt, ja vielleicht<br />

dauerud besiedelt gewesen ist.<br />

In <strong>der</strong> Litteratur fiude ich den Zudarschen Burgwal! uur einmal<br />

angeführt, im 3. Jahresbericht 1827 S. 59, wo erwähnt wird, daß <strong>der</strong><br />

Stud. Kühne <strong>der</strong> Greifswal<strong>der</strong> Abteilung eiue Zeichnung des Burgwalles<br />

überreicht hat.<br />

10. Mefsyr.<br />

Die Ortschaft Nltefähr ist in einer ^iete (d. i. einem Ufereinschnitt)<br />

augelegt; <strong>der</strong> deutsche Name scheint anzudeuten, dasi die Ortschaft als solche<br />

erst iu geschichtlicher Zeit eutstandeu ist. Nichts desto weuiger habe» wir


zm Kenntnis <strong>der</strong> rügenschen VmgwäNr.<br />

s>^<br />

als höchst wahrscheinlich anzunehmen, daß sich au <strong>der</strong> Stelle, wo je^t<br />

Altefähr gelegen ist, schon iu vorgeschichtlicher Zeit dlc Hallptübcrgallgsstellc<br />

vou dem südwestlichen Teile <strong>der</strong> Insel nach dem gegenüberliegenden Festlaude<br />

befuudeu l)at. Sicher bestaub auf <strong>der</strong> festländischen Seite lauge vor<br />

<strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> Stadt Stralsuud eine Fährcinrichtung nach Rügen<br />

hinüber. ^)iach <strong>der</strong> Bewidmungsurtunde, die Fürst Wizlaw I. am<br />

35. Febr. 1240 für die neugegrülldete Stadt Stralsuud ausstellte, erwarbcu<br />

die Stralsuudcr für 90 Mark rügeuscher Niüuzc die Ackcr dcs bcuachbartcu<br />

Dorfes (Stralow), wo vordem <strong>der</strong> alte Übergang zu Schiff uach Nügeu<br />

stattfand ^v6 nildt ss^n/Illc^n 5llle8 6


54 Beiträge znr Kenntnis <strong>der</strong> Menschen Vursswälle.<br />

ähnlich lautet die Stelle nach <strong>der</strong> Übersetzung von Mohnike:<br />

Als <strong>der</strong> Wiutcr zu Ende ging, entbot König Waldemar wie<strong>der</strong> zu<br />

einem Seezuge und fuhr zu den Nancn und legte an zn Sträla bei<br />

einem Opfcrhaine, <strong>der</strong> Bötn heißt, nnd verbrannte und zerstörte<br />

dort alles und nahm Menschen nnd Vieh nnd ging damit zu Schiffe.<br />

Estrup: Msalon, Bischof von Noeskilde, S. 211.<br />

Wenn nun auch bei <strong>der</strong> Venutzuug <strong>der</strong> Kuytlinga Saga Vorsicht<br />

geboten ist, so muß es doch ganz unbedenklich crscheiueu, das Böku <strong>der</strong><br />

Saga mit dem Änkowe <strong>der</strong> Urkunde zn identifizieren; <strong>der</strong> Znsatz „bei<br />

Straela" bez. „zn Sträla" d. i. Insel Danholm ') weist ans die ^rtlichkcit<br />

hei Altefähr hin, wie denn auch Kombst bereits lonjizicrt hat: Nach dem<br />

Ansdrncke <strong>der</strong> Knhtlinga wäre dieser Opferhain Straela gegenüber, ans<br />

Rügen selbst zu snchen.*) Wenn Kombst aber hinzufügt, daß <strong>der</strong> Name<br />

Bockn auf das slavische Wort doss (Gott) zurückgehe, so dürfte diese Deutung<br />

kaum zutreffen; vielmehr haben wir Bukow als slavisch Nukcnv<br />

Buchenhain (von lmlc Notbuche) zn erklären. Vgl. Schriften des Vcr.<br />

für neumärk. Gesch. VII S. 156.<br />

Die Örtlichkeit bei <strong>der</strong> Fähre war also nicht bloß als Übergangsstelle<br />

nach dem Festlande wichtig, son<strong>der</strong>n sie besaß anch einen Opferhain, bildete<br />

also in religiöser Beziehung einen Mittelpunkt für die umliegenden Ortschaften.<br />

Daß nun ein in doppelter Hinsicht so wichtiger Platz wie Nltcfähr<br />

befestigt war, ist eigentlich von vorne herein höchst wahrscheinlich nnd wird<br />

uns zndem anch nrknndlich bestätigt, zwar nicht dnrch die Nrknnde vom<br />

5. Dez. 132l), in welcher das c^Uum eigentlich erwähnt sein müßte,<br />

wohl aber dnrch eine Urkunde des Fürstl. Putb. Archivs Nr. 11 vom<br />

1. Nov. 1327: Die Städte Siralsnnd, <strong>Greifswald</strong>, Anklam und Demmm<br />

willigten ein, daß Herzog Aarnim die Insel Nügen nud die alt <strong>der</strong> Fähre<br />

gelegene Burg (terreni Itu^mn mmi salao ciioumlu88m cum ckLtro<br />

aeliiticato ^uxtn. pa88kssium in tsri-a iam ciicta) an Neynfried von Penih<br />

und an Johannes nnd Oorante von Putbus für i)600 Mark fuudisch versetzen<br />

möge, unter Vorbehalt <strong>der</strong> Lehn- und Ritterdienste für die landesfürstliche<br />

Herrschaft.<br />

l) Giesebrecht vermutet (Balt. Stud. XI, 2 S. 26), daß auch auf <strong>der</strong> Insel<br />

Dänholm ein BurgwaÜ und außerdein eine Thingstätte gelegen habe. Ebenso<br />

Vehla: Die vorgesch. Rundwälle S. 146.<br />

') Die m dem Etistungsbriefe dos Verger Klosters vom Jahre 1193 (P. U.<br />

B. I Nr. 123) genannte i'luvinci^. Vllccn,^ ist jedoch nicl»t nnt unserem Bukow<br />

identisch, son<strong>der</strong>n vielmehr auf <strong>der</strong> Insel Usedom zn suchen. Anch in <strong>der</strong> Nahe<br />

von Strnlsnnd lag — nach Mitteilung des Herrn Cenatspräsidenten Dr. Fabricius:<br />

südlich des Frankentores — ein campus Knliow6, Kücnwel-vul«!, welches nn<br />

Stralsunoer Etadtliuche während <strong>der</strong> Ilchrc 1^20—1342 mehrflich genannt wird.


Beitrage znr Kenntnis <strong>der</strong> rngensckien Vurgwälle.<br />

s>5,<br />

Nun ist es sehr wohl möglich, daß dieses im Jahre 1327 zum ersten<br />

Male crwälmtc ci^ti-niu damals eben erst — infolge <strong>der</strong> Wirren des<br />

Nügenschcn Erbfolgestreites 1326—1328 — erbant worden war, wie wir<br />

denn wissen, daß in demselben Kriege von den (hreifswal<strong>der</strong>u ein Kastcll<br />

an dem F'lnsse Eise und vou den Mecklenburgern je ein Kastell bei<br />

Dcmmin (Galghcubergh) und bei Loch (Schopeuborch) angelegt wurde<br />

(vgl. Kosegarteu: Pom. und Nüg. (^eschichtsdentm. I S. ^(n; f.). Aber<br />

diese Verluutung wurde es nicht ausschließen, daß Altcfähr auch schou vorher<br />

eine Befestigung besessen hat; vielleicht wurde das ältere Befestigungswerk<br />

1327 nur neu ausgebaut.<br />

Über die weiteren Schicksale dieser Burg kann ich nichts beibringen,<br />

und ich glaube, das; es schwer halten wird, die Vage des alten Castrums<br />

gcuau festzustellen. Zwar finden sich heutigeutaa.es in Altofähr uoch Neste<br />

von Schauem uud wallartiqeu Crböduugeu (nach Viitlelluugeu des Herru<br />

Al. Eltcuburg die sog. alte Schanze am Westende des Parkcs und Wallrcste<br />

obcu iln Dorfe nach dem Bahnhofe zll llud dicht am Bahnhofe), aber<br />

diese Neste stammen watm'cheiulich aus deu Kriegeu des 17—19. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />

Im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t ward das Dorf nach Wackcuro<strong>der</strong><br />

(Altes uud Neues Rügen S. ^l»3) „an <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en (? vielleicht verdrnckt<br />

für „vor<strong>der</strong>u") Seite mit einem Wall umgeben", <strong>der</strong> aber um !71l)<br />

bereits grösstenteils wie<strong>der</strong> verfallen war. Dauu ließ König Karl Xll.<br />

iu Altefähr abermals zwei Schauzeu auftverfeu, ulld endlich sicherten die<br />

ssrauzosru bei <strong>der</strong> Okkupation <strong>der</strong> Insel im Aufauge des !!!. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

deu Ort durch ueue Befestigungen, die aber bald hernach wie<strong>der</strong> demoliert<br />

wurden. Vgl. Grümbke: Darstellungen ll S. . Fabriclus iu Breslau<br />

brieflich mit, daß er die sog. Schwedenschanze am Nordends <strong>der</strong> Altefährschen<br />

Aulagen für deu alten Burgwal! halte.<br />

ll.<br />

Aalow.<br />

Große Ähnlichkeit mit dem Zudarschen Burgwall hat <strong>der</strong> bis auf<br />

einen genügen Nest verschwundene Burgwall vou Nalow.<br />

Nalow liegt an <strong>der</strong> Westküste Rügens, an einem schmalen Wasscrlauf,<br />

welcher die Landower Wedde mit dem Kubitzer Boddeu verbindet.<br />

Die Einfahrt zu dem Wasserlanf ist durch die vorgelagerte kleine Iulel<br />

') „Die Kapelle gegenüber <strong>der</strong> Stadt Stralsnnd" wird zum ersten Male im<br />

Jahre 1326, die pnlocllin. V«6lft aber schon in <strong>der</strong> Noeskil<strong>der</strong> latrile! vom Iabre<br />

1818 angeführt, vgl. von Haselberg: Bau« und Kunsto. des Negbz. Stralsund, V S. ^.


5>st<br />

Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rnssenschen V<br />

kiebitz gedeckt. Am südlichen Ufer des Wasserlaufes, hinter dem jetzigen<br />

Gntshofe liegt bez. lag <strong>der</strong> alte Bnrgwall, <strong>der</strong> den ausgesprochenen Charattcr<br />

einer Vasserbnrg trägt.<br />

Über den früheren Znstand des VnrgwaNcs hat uns A. N. von<br />

Schwarz (l^csch. <strong>der</strong> Pom.-Nüg. Städte, <strong>Greifswald</strong> >1755>j E. l>


Beiträge znr Kenntnis <strong>der</strong> ri'Mnscheu<br />

nm 15^2, in den Besitz Jürgens von Segebadc übergegangen war. Wie<br />

es scheint, hatten sich die rügcuschen Fürstell ans dem alten Vnrgwall ein<br />

festes Hans errichtet; an<strong>der</strong>s dürfte das c^trum nonU-um vom Jahre<br />

1.'509 kanm zn verstehen sein. Und aus einem solchen Van werden anch<br />

die von Grümbke erwähnten Maucrrcstc nnd Keller-Substruklionen zn<br />

erklären sein.<br />

Im Volksmnnde gehen noch zahlreiche Volkssagen nm, in denen <strong>der</strong><br />

Charakter Nalows als einer alten Sceburg scharf betont wird. Die älteste<br />

Fassung dieser Sage finden wir gleichfalls bei A. G, von Schwarz a. a.<br />

O.: „Es soll diese Bnrg <strong>der</strong> altell Sage nach zn heidnischen Zeilen scholl<br />

eine Feste gewesen sein nnd ein berufener See- nud Stras;cnränber Rolviuk<br />

sein Nanbnest daselbst gehabt haben. Als aber Fürst Iaromar l. etwa<br />

1182 o<strong>der</strong> nicht lange hernach auf Jasmnnd nud in <strong>der</strong> Pntbmsischcu<br />

Graniv die fast überHand genommenen „Buschklöppcr" verfolgt nnd allsgerottet,<br />

hat er anch diesen mit Vist ertappt nnd seine vorgedachtc Behausung,<br />

so stark sie anch befestigt war, erobert nnd zerstört. Darauf ist es im-n<br />

caciuciwtl8 laudesfürstlich geworden. — Drei bis vier Flintenschuß vom<br />

Hofe ius Südost, nach <strong>der</strong> Pribbrowschcn Wcddc zn, findet sich zur Nechtcu<br />

am Wege, wenn man nach Vaudow fährt, eilte Höhe, welche dell Namen<br />

des Jüttenbergs daher haben soll, weil sich die eine Schwester des Nolvinken<br />

daselbst erhängt, als ihr Bru<strong>der</strong> erhascht nnd die Burg Nalom<br />

zerstört worden. Wie denn anch eine kleine Holzung, etwa eincu guten<br />

Muskttemchnk davon, gleichfalls voll seiller an<strong>der</strong>en Schwester Agathe das<br />

Zlgatheuholz genauut seiu soll."<br />

Diese Sage, welche <strong>der</strong> Dichter Koscgarten in dem Gedichte „die<br />

Ralunken" (Tichtnngcn 5. Band S. 1—5)0, V. Ausg.) poetisch behandelt<br />

hat, fiudet sich mit geringen Abän<strong>der</strong>ungen noch jetzt im Mnnde <strong>der</strong> nmwohnenden<br />

Äevölkernng vor; vgl. A. Haas: Rüg. Sagen, I. Anfl. <strong>Greifswald</strong><br />

1891, S. 171, wonach das eine Gehölz „dc Gathen", das an<strong>der</strong>e<br />

„Indithenholz" sstatt des obigeil Jüttenberges) heisit.<br />

Beson<strong>der</strong>s interessant aber ist <strong>der</strong> Umstand, daß <strong>der</strong> Volksmnnd den<br />

beliebten Seehelden Klans Störttbeckcr als Blludesgcnosscn <strong>der</strong> Nalullkcn<br />

llcllllt. Zu Störtebeckers Zeit sollcll zu Nalow zwei Brü<strong>der</strong> gchallst haben,<br />

mit denen jener in Verbindung stand und manches vorubersegclnde Handelsschiff<br />

wegkaperte.<br />

Unter den von <strong>der</strong> Volkssage überlieferten Namen Nolvink o<strong>der</strong> Naluuke<br />

verbirgt sich offenbar <strong>der</strong> Name <strong>der</strong> rügenschen Adelsfannlie von Nalckc,<br />

die im 14. nnd 15. Jahrhun<strong>der</strong>t in großem Flor stand. Ein Nalcke wird<br />

im Testament des Fürsten Wizlaw II. vom 27. Dezember U5l^ mit einem<br />

Vegat voll 10 Mark bedacht; eilt Hinrik Nalclevih stand als fürstlicher<br />

Vogt 1307 im Dienste des Fürsten Wizlaw III. Im Jahre 1Al)4 war


5)H Beiträge znr Kenntnis <strong>der</strong> rngenschen Burgwälle<br />

Gottschalk Nalcke Besitzer eines Mutes zu Groß-Kubbelkow, welches er 1375<br />

an das Kloster St. Jürgen vor Nambin verkaufte. In demselben Jahre<br />

erwarb die Familie das (Nut Knkeloitz und um 15)00 das lHut Benz. Diese<br />

beiden (Hüter vertauschte die Familie daun im Jahre l5>63 an den ^andvogt<br />

Jürgen von Platen für das (^ut Prosnitz, welches fortan das Ttammgut<br />

<strong>der</strong> Nalekcs wurde. Uln die Mitte des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts starb die Familie<br />

aus. — Inwieweit die Nalekes in ältester Zeit als Besitzer von Ralow in<br />

Betracht kommen tonnen, läßt sich auf gründ urkundlicher Nachrichten nicht<br />

feststellen.<br />

12. Schaprode.<br />

Eine Wasserburg von ähnlicher Art, wie die zu Zudar und Ralow,<br />

lag ehedem auch zu Schaprode.<br />

Schaprodc liegt all <strong>der</strong> Westküste Rügens, gegenüber <strong>der</strong> kleinen Insel<br />

Ohe und von dieser getrennt dnrch den sogenannten Schaprodcr Strom,<br />

einen schmalen, aber tiefen „Dnrchriß" des Meeres, <strong>der</strong> die Udarser Wiek<br />

mit dem Schaprodcr Bodden verbindet. Das ^and rings um Schaftrode,<br />

d. i. die Halbinsel, die im S. von <strong>der</strong> Udarfer Wiel, im W. von dem<br />

Schapro<strong>der</strong> Bodden und im N. von dem Rassower Strom begrenzt wird,<br />

heißt seit alter Zeit das ^and Wollnng.<br />

Schaprode besitzt den besten Hafen an <strong>der</strong> ganzen Westküste Rügens<br />

und war dieserhalb scholl im 12. Jahrhun<strong>der</strong>t berühmt. In den zahlreichen<br />

Kriegszügen, welche die Dänen in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 12. Iahrhnndcrts<br />

gegen das Fürstentnm Rügen unternahmen, landeten sie oft in Schaprode<br />

und verheerten die Umgegend.<br />

Urkundlich begegnet Schaprode seit dem Jahre 1193. In diesem Jahre<br />

stattete Fürst Iaromar I. das Cistcrzienser-Nonnenkloster in Bergen u. a.<br />

mit einem Ackcrhof in Schaprode und zwei Eichenhainen daselbst<br />

in I^liolllMßll, hu« dicitur 8>n!il'()(?tt, cnm tlunlmg ^uelcinig 8l1v>3,<br />

thätig et coloni») aus. P. U. B. I Nr. 133. Im Jahre 1232 stellte<br />

Fürst Wizlaw I. in 8capro


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> ri'lgeuschrn Bursswiille.<br />

f>5)<br />

Jahr mit Schloß nnd ?and Schaprode (»lot oo lanä 8kaprnä) belehnt.<br />

P. U. B. V Nr. 20N und 2940. Vgl. A. Haas: Die Insel Hiddcnscc,<br />

S. 40 f.<br />

Über die weiteren Schicksale des Schaftrodcr Castrnms kann ich urkundliches<br />

Material nicht beibringen, doch sagt Grümbke in seinem handschriftlichen<br />

Nachlast: „Nach dem Untergang des rügenjchen ssinstenhanjes<br />

ist von einer Burg Schaprodc nie mehr die Ncde; doch ist noch heutigen<br />

Tages (d. i. ca. 1«30) am nördlichen Ende des Kirchdorfes <strong>der</strong> zwar schwache,<br />

aber doch noch recht gut erkennbare Überrest eines viereckigen, von einem<br />

Graben umgeben geweienen Walles — jetzt <strong>der</strong> Wallberg genannt — vorhanden,<br />

worin ohne Zweifel die Änrg Schaprodc gestanden hat."<br />

Dieser Wall ist noch heutigen Tages vorhanden, nur liegt er niäit am<br />

nördlichen Ende des Dorfes, son<strong>der</strong>n an <strong>der</strong> Westseite desselben, unmittelbar<br />

an <strong>der</strong> Küste. Der Hiutergarteu des am weitesten nach W. zn gelegenen<br />

Hanfes im Dorfe erstreckt sich noch ein Stück an <strong>der</strong> Böschung des Walles<br />

hinauf. Der Platz im W. am Fuße des Walles wird im Sommer als<br />

Bleiche benutzt; im Herbst, Winter nnd Frühling ist er in <strong>der</strong> Mge! unter<br />

Wasser gesetzt, nnd dieses heißt „<strong>der</strong> Wallpaul". Wenn das Eis auf dem<br />

Straude noch nicht hält, macht die Dorsjugcnd auf dem Eise „des Wall-«<br />

Pauls" ihre Vorstudien im Schlittschuhlaufen. Der Wall sieht vom Wasser<br />

aus nicht an<strong>der</strong>s aus als ein hohes Ufer; wenn man die Örtlichfeit genauer<br />

ausieht, bemerkt man aber sogleich, daß <strong>der</strong> Platz aufgeschüttet ist. Das<br />

Areal des Burgwalles gehört uach Streu uud dttdct einen Teil des Streuer<br />

Straudfeldes.<br />

Im Volksmunde heißt <strong>der</strong> Burgwall hcutigeu Tages entwe<strong>der</strong> „<strong>der</strong><br />

Wall" o<strong>der</strong> „up'm Wall".<br />

Erwähnen möchte ich noch, daß Veyersdorf, <strong>der</strong> die nrtnndlichen Nachrichten<br />

über das mittelalterliche Castrum uicht gekannt nnd von dein<br />

„Wallberg" nichts gewußt hat, dennoch ein Castrnm für den Vorort des<br />

Landes Wollung postuliert hat. „Die Slaven", sagt er, „betrachteten Schaprode<br />

als Hanptort des Ländchens, in dem also anch ein (Naro existiert haben<br />

mnß." Slav. Streifen in Balt. Stud. 33, », Anhang S. 24.<br />

13. Per Mall ßet Wenz.<br />

Beschrieben von Grümbke: Darstellungen II S. 221 f.; ferner im<br />

Kommissionsbericht vom Jahre 1tttt in Balt. Stud. 34, S. 2N5 f. mit<br />

zwei Abbildungen, nnd darnach bei Behla: Die vorgesch. Nundwiille 2. 14tt f.<br />

Von einer wie<strong>der</strong>holten Beschreibung des Bnrgwalles sehe ich ab nnd<br />

zwar um so mehr, als ich diesen Burgwall uicht aus eigener Anschaunng kenne.


sjs)<br />

Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rngenschen Vnrgwalle.<br />

t4 und 15. Otnssll nnd Vahiss.<br />

Gingst nnd Patzig bildeten ehedem die Mittelpllnltc je eines<br />

vogteibezirlcs; jede <strong>der</strong> beiden Ortschaften mnsi daher anch ein c^tnim o<strong>der</strong><br />

einen l^ard besessen haben, doch haben sich keine Neste davon erhalten, wie<br />

es anch an m knndlicken Nachrichten darüber fehlt. Vgl. unten S. 78.<br />

ts>. Htngard<br />

Der Nngard, nngefähr in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Insel Nugen gelegen und<br />

nächst Arkona und Charcnza das größte Aefestignngswcrk anf Nügcn, ist beschrieben<br />

von Grnmble; Darstellllngen II S. 222—226; im Kommissionsbcricht<br />

vom Jahre 1808 in Valt. Stnd. 24, 2. 35)7-205) mit einer Abbildung;<br />

bei Behla: Die vorgeschichtlichen Nnndwälle S. 148; in meinen<br />

Beiträgen znr Gesch. <strong>der</strong> Stadt Bergen, Bergen a. N. ( l 893— 1895), S. 5— 11.<br />

An <strong>der</strong> znlcht angeführten Stelle habe ich anch über die Kapelle ans<br />

dem Nngard gehandelt nnd dabei einen Irrtnm Baicrs berichtigt, <strong>der</strong> diese<br />

Kapelle als „eine nnr für den Fürsten nnd seine Hofhaltnng dienende Bnrg<br />

kapelle" angesehen hat, während sie in Wirklichkeit das Gotteshaus <strong>der</strong><br />

Gemeinde ^Parochie) Nltgard bildete. Vgl. Abb. Nr. 5).<br />

Hierzu mochte ich noch eins hinzufügen. Wir wissen, daß die ersten<br />

Gotteshänser nach <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>werfung des Heidentums mit Vorliebe an<br />

solchen Orten errichtet wurden, an denen vorher Götzentempel, Opferhaine<br />

und an<strong>der</strong>e heidnische Vcrehrnngsstätten sich bcfnndm hatten. Wenn<br />

wir unn hören, daß ans dem N'ngard eine Kapelle errichtet wnrde, so liegt<br />

es nahe anzunehmen, daß sich in heidnischer Zeit auf dem Nugard eine<br />

Knltstätte irgendwelcher Art benlnden hat. Nnn ist aber weiter in das<br />

Fnndament <strong>der</strong> St. Marienkirche zu Bergen eine slavische (^ödenfignr ans<br />

Stein eingemanert. Sie hat mit dem zn Altenkirchen befindlichen, angeblichen<br />

Swantewitbilde, das gleichfalls ans Stein ist, große Ähnlichkeit; an <strong>der</strong><br />

Berger Fignr ist nnr an Stelle des ?rinkhorns ein Krenz sichtbar, doch<br />

ist dieses höchst wahrscheinlich als spätere Zntat anzusehen. Das Steinbild<br />

ist 125) cm hoch und 52 cm breic; die Dicke des im übrigen völlig rohen<br />

Steines beträgt über 1 m. Vgl. Vi. Wcigel: Bildwerke ans altl'lavischcr<br />

Zeit, im Archiv für Anthrop. XXI S. 41 — 72. Die K'nltstätte dieses Götzen<br />

wird — znmal in Anbetracht des schwer zn transportierenden Stcintoloncs —<br />

nicht weit von <strong>der</strong> Stelle zu suche» sein, wo sich das Bild noch heute befindet,<br />

nnd ich meine, das; <strong>der</strong> Nngard wohl als eine für solche Knltstätte geeignete<br />

^rtlichkeit in Betracht kommen muß. Vgl. Abb. Nr.


Beiträge zur Kenntnis drr rüqenscheu<br />

als steinzeitlich annahln. Diese Annahme scheint mir jetzt nicht mehr zll-<br />

Ncffcnd; ich glande vielmehr, das; das kleine (Acsäs; aus ciucr jüngeren<br />

Kulturperiode, möglicherweise ans <strong>der</strong> Wcndcuzcit stammt. Die Urne, welche<br />

1>M) ans <strong>der</strong> Sammlnng des verstorbenen<br />

Photographen ^iude zn<br />

Putbus von dem Ztcttiuer Mnscnln<br />

angekauft ist, ist 45) mm hoch, <strong>der</strong><br />

Dnrchmesser dcs Aodcus mißt<br />

34 mm, <strong>der</strong>jenige des oberen Randes<br />


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rugenschen Vurgwälle.<br />

17. Anrgwall zu Streu im Ssp. Zirkow.<br />

Am südlichen Ufer des Kleinen Iasmnn<strong>der</strong> Boddens liegt die Ortschaft<br />

Streu, gewöhnlich „Streu am Bodden" genannt (zum Unterschiede von<br />

Streu bei Schaprode). Hentigen Tages ist Strcn nichts weiter als ein nicht<br />

allzu großer Gntshof, wie viele an<strong>der</strong>e auf <strong>der</strong> Insel; ehedem aber war es<br />

<strong>der</strong> Vorort <strong>der</strong> Herrschaft o<strong>der</strong> Grafschaft Streu und außerdem <strong>der</strong> Mittelpunkt<br />

des Gardvogtcibezirkes Stren.<br />

Der Gardvogteibezirk Streu (aävocacia Ftl-s^ns 1318 P. N. V. V<br />

Nr. 3234) umfaßte die Halbinsel Mönchgnt und die Kirchspiele sanken.<br />

Zirkow und Vilmnitz d. h. den ganzen Südosten Nilgens bis nordwärts<br />

zur Schmalen Heide. Die Ortschaft Streu als Hanptort dieses Gardvogteibezirtes<br />

muß einen Gard gehabt haben; indessen haben sich we<strong>der</strong> Neste<br />

eines solchen erhalten, noch tanu ich eine urkundliche Erwähnung des Strener<br />

Castrnms beibringen. Dagegen muß ich darauf hinweisen, daß sich zu Streu<br />

seit alter Zeit eine Kapelle befunden hat, die, wie wir aus den analogen<br />

Verhältnissen beim Nugard, beim Aurgwall Charenza und beim Änrgwall<br />

zu Capette schließen dürfen, vielleicht auf dem Vnrgwall selbst gestanden hat.<br />

Eine knrze Geschichte <strong>der</strong> Kapelle, die seit dem 14. Iahrhnn<strong>der</strong>t urtnndlich<br />

erwähnt wird, gibt Grümbke: Darstellungen I S. 147. In <strong>der</strong> zweiten<br />

Hälfte des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts wurde die Kapelle abgebrochen, doch war zu<br />

Grümbkes Zeit (Ittitt) noch „das in <strong>der</strong> Nähe des Wohnhanscs zu Stren,<br />

am Strande befindliche Fundament dieser Kapelle" erkennbar.<br />

Über die Herrschast uud Grafschaft Streu, das Land Streu im engeren<br />

Sinne, haben gehandelt von Bohlen: Bischofs-Noggen S. 7 ff., Pyl:<br />

Kloster Eldena S. 3:53 ff. und ^oebe: Genealogie des Hauses Putbus<br />

S. 8, 15. 24.<br />

Zu erwähnen ist noch, daß Stren nnfern <strong>der</strong> alten Landstraße liegt,<br />

welche von Iasmund kommt, über die Schmale Heide führt nnd 1 km östlich<br />

von Streu, bei Kietut (früher Zarnih) nach SW. umbiegt, um über Carow<br />

nach Bergen weiter zu führen.<br />

18. Vurgwass in Silmultz.<br />

In Vilmnitz hat ehedem in frühmittelalterlicher Zeit eine Bnrg gelegen,<br />

nackwelchereinzelneMitglic<strong>der</strong>des Geschlechtes Pntbns, insbeson<strong>der</strong>e Stoislav l l.<br />

(1249—1207) und sein Sohn Pridbor II. (1278 — 1310) (io Vslmma.<br />

clß V^lmslntx u. ähnl. benannt wnrden. Beson<strong>der</strong>s scheint Pridbor II. (nach<br />

Loebe: Mitt. zur Genealogie des Hauses Putbns S. 8) seinen Nittersitz dauernd<br />

in Vilmnitz gehabt zu haben, „wo nach mündlicher Überlieferung die Äurg<br />

östlich vom heutigen Pfarrgehöft auf dem Gartenplatz des Vahrdschen<br />

Kossatenwesens lag". Die letztere Angabe ist insofern nicht ganz zutreffend,


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rügenschen BurgwäNe.<br />

l^<br />

als das genannte Kossatenwesen, das sich jetzt im Besitz des Rentiers<br />

Radvan befindet, nnr einen Teil des Platzes bezeichnet, ans dem die mittelalterliche<br />

Änrg gestanden hat.<br />

Der Hauptplatz, ans dem die eigentliche Burg mit Wall nnd Graben<br />

sich befllnden hat. ist vielmehr ans dem Nachbargrnudstück des Schnhmachcvs<br />

Olawe zn sucheu. Dieses Grnndstüct ist ca. 5)0 m lang nnd 30 m breit<br />

und umfaßt ein Wohnhans, ein Stallgebiinde nnd einen kleinen Garten.<br />

Der Platz, den das Grundstück einnimmt, liegt höher als seine ganze Umgebung<br />

ringsherum und ist ans allen Seiten dnrch Stcinmanern ans Findlingen<br />

begrenzt; die Manern haben eine durchschnittliche Höhe von "2—A m;<br />

an <strong>der</strong> Südspitze beträgt <strong>der</strong> Höhenunterschied zwischen dem Gartengrundstück<br />

und seiner Umgebung sogar 4—d m. Der ganze Platz bat die Form eines<br />

Rechteckes mit abgestumpften Ecken. Beim Bestellen des Gartens werden<br />

oft Stücke von Mauerwerk nud Neste von Ziegelsteinen gefunden. Em im<br />

Jahre 190^ gefundener heiler Ziegelstein hatte das Format 6 : 12 : ^


6j<br />

Peltrnsse zur Keunwis <strong>der</strong> rNsswfchtt!<br />

Au, westlichen Nande dieser Wiese, nicht weit von dem Waldwege, <strong>der</strong><br />

dir Fürst!. Putb. Försterei Ketelshagen mit <strong>der</strong> Kgl. Försterei Mollu-Medow<br />

verbindet, liegen die Neste eines alten Aurgwalles, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Vittcratur nnr<br />

ganz gelegentlich einmal angeführt ist. Glümblc scheint ihn nicht gekannt<br />

zn habcn; von Hagcuow neni:t ihn (Neue Pom. Provbl. IIl S. ;'»N») den<br />

„großen Wall liei Mvcnhagen an dem Snmvfc Sappin o<strong>der</strong> Serpin",<br />

ohne ihn weiter zn beschreiben; ähnlich ist es bei Giesebrccht in den Aalt.<br />

Stud. XII, 2 2. li',1. Das liier genannte Növcnhagen war ein an<br />

Vosentih gehöriger Holzwärterkatcn, nordwestlich von dem Vurgwall gelegen;<br />

da die Ortschaft inzwischen eingegangen ist, so habe ich den Vnrgwal! lieber<br />

nach dem Sappin bezeichnet.<br />

Bis vor l»5) Jahren war <strong>der</strong> Vnrgwall in seiner ursprünglichen Gestalt<br />

noch vollständig erhalten. Er erstreckte sich, wie man anch an den Resten<br />

noch jetzt deutlich sehen kann, vom westlichen Ufer des ehemaligen Sees<br />

halbkreisförmig in den Wald hinein nnd war überall gleich hoch, und zwar<br />

betrng seine Höhe etwa !)—4 Meter. Der äußere Abhang des Walles war<br />

etwas steiler nnd höher als die inuere Leite. Der ganze Wall war damals<br />

bereits mit Bäumen bestanden, nnd nnter ihnen befanden sich Eichen, <strong>der</strong>en<br />

Umfang auf ciu Alter von mehreren hnn<strong>der</strong>t Jahren schließen ließ.<br />

Mitten über den Wall geht die Grenze zwischen <strong>der</strong> Fürstlichen nnd<br />

<strong>der</strong> Königlichen Forst. In dem nördlichen Teile des Walles ließ null znnächst<br />

die Kgl. Forstumvaltuug vom Jahre 1^46 nb alle Steine hcrausbrechcn,<br />

und diese wnrden beim Vau <strong>der</strong> (lhanssee Bergen-Altefähr verwendet.<br />

Seitdem wurde dieser Teil des Walles von Jahr zn Jahr mehr abgetragen<br />

und mit Holz bepflanzt.<br />

Anch ans demjenigen Teile des Walles, welcher zn <strong>der</strong> Fürstlichen<br />

Forst gebort, sind im Jahre 1N59 —15^,0 zahlreiche Steine hcrausgcuommeu<br />

worden, aus denen die Subftruktionen des damals neucrbanten Forsthauses<br />

Kctelshageu hergestellt wurden, aber <strong>der</strong> Erdwall ist doch in seinem ganzen<br />

Huge besser erhalten geblieben.<br />

Die Nachrichten über den ehemaligen Znstand des Bnrgwalles und<br />

und über die Demolicrung desselben verdanke ich den mündlichen Mitteilungen<br />

des jetzt 90jährigen Herrn Oberförsters Hagemmter in Casnevitz.<br />

In den Valt. Stnd. 14, 1 S. 127 (herausgegeben 155)0) heißt es<br />

von dem Burgwall: „Im Gehölze steht eiu Ztciuwall in Gestalt eines<br />

Hufeisens, 8—12 Fuß hoch, fast 100 Schritte laug, von mäßigeu Feldsteinen<br />

aufgeführt."<br />

Der augenblickliche Znstand des VurgwaNes ist etwa folgen<strong>der</strong>. Er<br />

besteht aus zwei Teilen, von denen <strong>der</strong> eine (^) iu <strong>der</strong> königlichen, <strong>der</strong><br />

audcre (tt) iu <strong>der</strong> fimtlicheu Forst liegt. Der erstere Teil ist ca. 200 in<br />

lang uud sichelförmig gebogen mit <strong>der</strong> offeneu Seite uach 5D. zu. Die Höhe


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rügenschen BurawiMe.<br />

desselben beträgt bei Punkt a IV« m, bei Punkt d etwa 2 in und bei e<br />

etwa I V, m. Die innere schwache ^inie markiert die 1 m-Höhe, die stärkere<br />

Außmlinie den Nand des Walles. Der Wall ist an keiller Stelle steil,<br />

son<strong>der</strong>n flacht sich sowohl nach <strong>der</strong> Innenseite, als auch nach <strong>der</strong> Außenseite<br />

zu ganz allmählich ab. Er ist jetzt mit 60—100 jährigem Laubwald bestanden;<br />

einige Stubben deuten auf frühere ältere <strong>Bestände</strong> hin. — Der südöstlich<br />

von dem ersten Teil gelegene an<strong>der</strong>e Teil des Walles (V) ist ca. 90 in<br />

lang und gleichfalls sichelförmig gebogen, jedoch mit <strong>der</strong> offenen Seite nach<br />

Valllsche Vtudlen N. F. IIV.<br />

h


Hl,<br />

Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rngenschen Bnrgwälle.<br />

W. zu gerichtet. Die Westseite ist ziemlich steil, vor <strong>der</strong>selben befindet sich<br />

ein Wasserloch (0); die Ostseitc ist flacher. Die Höhe des Walles beträgt<br />

bei Punkt 6 2m, bei Punkt y 3 m und bei Punkt l etwa 5 m. Er ist<br />

ebenfalls mit Laubwald bestanden, darunter mit 150—3M jährigen Eichen.')<br />

Die Frage nach dem Alter „des Bnrgwalles am Scwpin" ist identisch<br />

mit <strong>der</strong> Frage nach dem Zwecke des Walles. Auf den ersten Blick liegt<br />

vielleicht die Annahme nahe, daß <strong>der</strong> Wall znm Schutz gegeu das übertretende<br />

Wasser des früheren Sees errichtet sei, und für diese Annahme<br />

könnte <strong>der</strong> auffallende Reichtum an Steinen sprechen. Aber zwei Tatsachen<br />

sprechen dagegen: einmal daß <strong>der</strong> Wall als bloßer Schutzwall gegen<br />

den See viel höher war als nötig erscheinen muß, uud zweitens daß er an<br />

einer Stelle liegt, an <strong>der</strong> eine künstliche Eiuschräukung des Wassers uuuölig<br />

und überflüssig erscheint. Darum ist es viel wahrscheinlicher, daß <strong>der</strong> Wall<br />

zu den vorgeschichtlichen Burgwallen zn zählen ist. Vielleicht för<strong>der</strong>t eine<br />

genanere Untersnchnng noch Kulturreste zu tage, die die Frage über jeden<br />

Zweifel erheben.<br />

Das Wort Savpin ist offenbar slavisch und geht nach Beyersdorf<br />

(Slav. Streifen in Valt. Stnd. 33, 1, S. 5^)) entwe<strong>der</strong> auf 80pk die Zope<br />

stirami« Kaüsl-ng) o<strong>der</strong> auf 8ap, saz^, gapiglio Sumpfland, Biorastboden<br />

zurück; danebeu dürfte auch ein Zurückführen ailf 2ndin Froschsee (Schr. des<br />

Ver. für Gesch. <strong>der</strong> Neumark VN S. 168) möglich sein. Die in den Aalt.<br />

Stud. 14, I, S. 127 vermutete Ableituug des Wortes von 8rp die Sichel<br />

8l-p,l^ sichelförmig, wird kaum zutreffe».<br />

Sehr reichhaltig uud mannigfaltig ist die Vollsüberlieferuug, die au<br />

den alten Burgwall ansetzt.<br />

1.<br />

Allgemein verbreitet ist die Sage, daß auf dem Sappin ein großes<br />

prachtiges Schloß, das Schloß „Sappin", gestanden hat. Dasselbe ist aber<br />

in einer Nacht ganz plötzlich in die Erde versunken, ohne daß je wie<strong>der</strong> eine<br />

Spnr davon sichtbar geworden wäre. Warum das Schloß versunken ist,<br />

weiß niemand mehr genau zu sageu; nur das eine steht fest, daß die Bosheit<br />

<strong>der</strong> Schloßdewohner daran schuld gewesen ist. Haas: Rüg. Sagen, 3. Ausi.,<br />

Nr. 140.<br />

2.<br />

Ein armer redlicher Bauer brauchte notwendig Geld und sann uud saun,<br />

wo er wohl etwas leiheu könne; indem fuhr er beim Schlosse Serpin vorbei,<br />

und ein freundlicher Mann trat an ihn heran und fragte ihn, warum er<br />

so bekümmert sei und ob er ihm nicht helfen könne. Da klagte ihm <strong>der</strong><br />

Bauer seine Not, <strong>der</strong> Fremde hieß ihn einen Augenblick warten und brachte<br />

') Diese Mitteilungen verdanke ich meinem Bru<strong>der</strong>, dem fürstl. Sekretär<br />

W. Haas in Putbus.


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rÜgenschen Vurgwälle.<br />

s>,7<br />

gleich darauf einen ganzen Scheffel Gold herbei, welchen er dem Bauer unter<br />

<strong>der</strong> Bedingung gab, daß er ihn z»l bestimmter Frist zurückzahle. Der Nauer<br />

glaubte erst, er habe mit dem Bösen zu tun, allein <strong>der</strong> Manu beruhigte<br />

ihn bald uud sagte: „Weuu du am Zahlungstage herkommst, so rufe uur<br />

nach Ncüdn von Tcrpm!" — Das ^(lk dvachtt dem Vanev ^ l . Glück,<br />

und er fand sich dankbar am bestimmten Zahluugstage ein uud rief: ..Val<strong>der</strong><br />

vou Serpitt, H:U Di Din Geld!" Allein nmsoust, er erschien nirgends, bis<br />

endlich eine Stimme rief: „Val<strong>der</strong> is uich mihr, Val<strong>der</strong> is fürt; beholl<br />

Din Geld!" Kuhu: Wests. Sagcu I Nr. 39 (-Iahu Nr. 7enve;n Vrn<strong>der</strong><br />

das rechtmäßige Erbe au Land verkürzen wollte. Valt. Stnd. 14, 1, S. 127 f.<br />

4.<br />

Zur Zeit, als das Christeutum über das finstere Heidentum auf Nügen<br />

den Sieg davon trug, stand auf dem Seppiu eine weit uud breit gefurchtete<br />

Burg, denn die Herren <strong>der</strong> Burg hatteu sich schou seit lauge durch Raub<br />

und Mord iu <strong>der</strong> ganzen Gegend furchtbar gemacht. Auch <strong>der</strong> damalige<br />

Besitzer war ein in Sünden ergrauter Bösewicht, und es ergrimmte ihn<br />

daher ganz gewaltig, als er die Botschaft bekam, daß <strong>der</strong> jüngste Sohn des<br />

Fürsten Nahe von Nügen, <strong>der</strong> edle Ttoislaff vou Putbus, <strong>der</strong> ihm einmal<br />

seineu einzigen, ebenfalls sauberen Sohn im Zweikampf getötet hatte, ganz<br />

in seiner Nähe eine Burg erbauen wolle. Als nun <strong>der</strong> Vote von Stoislaff<br />

kam, ihm den Gruß seines Herrn bringend und ihm gute Nachbarschaft<br />

anbietend, geriet er <strong>der</strong>gestalt in Wut, daß er sein Schloß mit allem, was<br />

darin und daran war, in den tiefsten Abgrund <strong>der</strong> Erde verfluchte. Scheu<br />

und ängstlich trat <strong>der</strong> Vote so rasch seinen Nückzug an, daß er seine Handschuhe<br />

5'


ssff<br />

Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rügenschen Burgwälle.<br />

vergaß, die er auf dem Stuhle abgelegt hatte, und als er, sich unterwegs<br />

darauf besinnend, zurückritt, fand er statt dcr Burg den noch wogenden<br />

Snmftf und am Nande desselben den Stuhl mit seinen Handschuhen; kamn<br />

hatte er sich diese genommen, als auch <strong>der</strong> Stuhl vor seiuen Augen versank.<br />

Noch jetzt wan<strong>der</strong>t allnächtlich ein kleines graues Männlein vom Seppitt<br />

nach dem Putbusser Schlosse, um sich an dem schonen und festen Van zu<br />

ärgern. Dabei nimmt er seinen Weg gerade durch das Dorf Neu-Güstlitz.<br />

Als nun vor etwa 20 Jahren <strong>der</strong> Zimmermann Müller ihm gerade auf<br />

seinem Fußsteige ein Halls erbaute, hat er sich darüber schmählich gebost<br />

und denselben fast allnächtlich ans dem Nette gejagt, bis er sich endlich<br />

daran gewöhnt hat.<br />

Wenn ein in <strong>der</strong> Iohannisnacht geborener, reiner Junggeselle in <strong>der</strong><br />

Iohannisnacht das Moor betritt, so wird er einen Strick dort finden, und<br />

wenn er Mut genug hat, so kann er daran das ganze Schloß wie<strong>der</strong> in<br />

die Höhe ziehen. Einmal ist die Vurg schon nahe daran gewesen erlöst zu<br />

werden, denn ein Pferdejunge des Zieglers Plitz stolperte eiumal in <strong>der</strong><br />

Iohannisnacht über einen Strick, als er zufällig das Moor betrat. Wie<br />

er aber den Strick aufhob, rief ihm eine Stimme zu: „Zieh an!" Er zog<br />

also und zog schon die Spitze <strong>der</strong> Burg aus dem Moore herauf; aber er<br />

erschrak darüber so sehr, daß er den Strick fahren ließ, und alsbald versank<br />

die Burg wie<strong>der</strong> in die Tiefe. Sundine 1841, S. 231.<br />

5.<br />

Als im Jahre 1tt07 die französischen Truppen auf Rügen einrückten,<br />

soll in Garz ein französischer Offizier verlangt haben, eine halbe Kompagnie<br />

nach dem Schlosse Serpin zu verlegen, und als <strong>der</strong> Bürgermeister Oom erklärte,<br />

ein solches Schloß sei ihm unbckaunt, habe er eine alte Karte hervorgezogen,<br />

auf welcher das Schloß Serpin verzeichnet war. Darauf erinnerten sich<br />

einige Bürger von Garz des alten spukhaften Walles Serpin, und die halbe<br />

Kompagnie, welche dorthin bestimmt gewesen, ward nun nach Putbus geschickt.<br />

Balt. Ltud. 14, 1, S. 128 und ähnlich Haas: Nttg. Sagen, 3. Aufl. Nr. 140.<br />

Die Volkssage ist also, wie wir sehen, sehr geschäftig gewesen, die alte<br />

Stätte am Sappin mit einem reichen Kranz von Sagen zu schmücken. Eine<br />

dieser Sagen (5) gehört zwar erst <strong>der</strong> neueren Zeit an, zwei an<strong>der</strong>e (3<br />

und 4) aber versetzen uns in die früheste Zeit <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Insel und<br />

verknüpfen die Schicksale <strong>der</strong> Burg mit <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> Burg Putbus<br />

(Haas: Nüg. Sagen, 3. Aufl., Nr. N)2). Eine Sage (3j endlich versetzt<br />

uns in die Zeil des Heidentums; denn in „Aal<strong>der</strong> von Serpin" haben wir<br />

einen schatzhütenden Zwerg o<strong>der</strong> Erdgeist zu erkennen.<br />

Bei diesem Reichtum von Sagen ist es höchst wahrscheinlich, daß die<br />

Burg o<strong>der</strong> vielleicht richtiger <strong>der</strong> Burgwall Sappin in vorgeschichtlicher Zeit<br />

eine wichtige Nolle gespielt hat.


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rNnenschon<br />

20. Per Murgwall am Hniepower See.<br />

Der nördlich von Cowall bei Garz gelegene Kniepower See ist ein<br />

fischreicher Binnensee. Es leben in ihm Hechte, Barsche, Brachsen, Schleie<br />

nnd Krebse. Wegen <strong>der</strong> schwimmenden Bohrinseln nnd wegen des vielen<br />

Krautes ist <strong>der</strong> See sehr günstig für die Fischzucht, aber schwer zu befischen.<br />

(Gelegentlich sind Barsche von 2—A Pfd., Brachsen von «—10 Pfd. und<br />

Hechte von 30—25 Pfund aus dem See geholt worden.<br />

Der See hat eine sichelförmige (Gestalt mit westwärts gerichteten Sichelenden;<br />

an die südliche Sichelspitze setzt sich noch ein von Norden nach Süden<br />

gerichteter Zipfel an, <strong>der</strong> nenerdings start vertrautet ist. Die üfcr des<br />

Sees sind mit Ausnahme einer Strecke des östlichen Ufers bewaldet.<br />

An <strong>der</strong> Südostseite des Kniepower<br />

Sees erstreckt sich in den See eine fast rechtwinklig<br />

gebildete Halbinsel, <strong>der</strong>en Westseite<br />

von dem vorgenannten Zipsel des Sees nnd<br />

<strong>der</strong>en Nordostseite von dem Hanptteil des<br />

Sees begrenzt wird. An <strong>der</strong> Südostscite<br />

dieser Halbinsel, wo sie in einer Breite von<br />

ca. 275 m mit dem festen ^ande zusammenhängt,<br />

befindet sich ein vorgeschichtlicher<br />

BurgwaN. Dieser erstreckt sich in <strong>der</strong><br />

Nietung von SW. nach NO. uud ist leicht<br />

hakenförmig gebogen; mit <strong>der</strong> offenen Seite<br />

nach NW. zu. Die ganze Halbinsel ist<br />

ebenso wie <strong>der</strong> Vurgwall selbst mit Laubwald,<br />

hauptsächlich mit Eichen uud Buchen,<br />

bestanden.<br />

Die Erdmassen zur Aufschüttung des Nurgwattes sind von <strong>der</strong> Außenseite<br />

her entnommen, wie aus <strong>der</strong> dort befindlichen Verticfnng im Gelände<br />

noch jetzt dentlich zu sehen ist. Diese Perticfnng, die ehedem wohl zweifelsohne<br />

als Burggraben gedient hat, hat sicher viel znr Verstärkung des Walles<br />

beigetragen, wie denn <strong>der</strong> Vurgwall an <strong>der</strong> Außenseite höber ist als an <strong>der</strong><br />

Innenseite. Jedoch ist seine Aöhe nicht überall gleichmäßig. Am höchsten<br />

ist er im SW., wo er au <strong>der</strong> Außenseite in einer Höhe von 10—12 m<br />

aufgeschüttet ist, während seine Innenseite hier infolge des hügeligen<br />

Terrains ca. 5 m hoch ist. Im weiteren Verlaufe nach NO. zu wird<br />

die Aufschüttung allmählich breiter und immer niedriger; am niedrigsten<br />

ist sie am NO.-Eude, wo sie nur 4 m hoch ist. Die Sohle <strong>der</strong> Auf'<br />

schüttung ist ca. 12—14 m, die obere Plattform des Walles ca. 3—4 m<br />

breit; von Brustwehren findet sich nirgends eine Spur. Die Gesamtlänge


7s) Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rüssenschen Vnrgwälle.<br />

des Burgwalles beträgt ca. 350 Schritte. Der Kessel des Bnrgwalles ist<br />

in seiner nördlichen Hälfte ziemlich eben, in <strong>der</strong> südlichen Hälfte aber zeigt<br />

er welliges Gelände und ist stark geneigt zum Lee hin. Und so kommt es,<br />

daß die Südwestecke des Bnrgwalles beson<strong>der</strong>s stark befestigt erscheint.<br />

lim die Südwestecke des Bnrgwallcs fuhrt etwa in halber Höhe <strong>der</strong><br />

Aufschüttung ein offenbar aus alter Zeit stammen<strong>der</strong>, schmaler Weg in das<br />

Innere des Vurgwalles. Dieser Weg ist — sehr geschickt — im spitzen<br />

Winkel zu dem Aurgwalle angelegt, so daß die Festigkeit des letzteren durch<br />

die Anlage des Weges nur weuig beeinträchtigt erscheint. Jenseits des Weges<br />

seht sich <strong>der</strong> Burgwall nach W. hin nur noch eine knrze Strecke mit hakenförmiger<br />

Umbieguug und in niedrigerer und flacherer (Gestalt fort. Ein<br />

zweiter Eingang zum Burgwall findet sich 55 Schritte von <strong>der</strong> NO.-Ecke<br />

entfernt; anch dieser Weg ist in schräger Richtung zum Walle angelegt. —<br />

Etwa 30 Schritte von <strong>der</strong> Nordostecke zeigt <strong>der</strong> Wall noch eine 1 m tiefe<br />

und Z m breite Einschnürung o<strong>der</strong> Einsattelnng, die aber mehr den Eindruck<br />

macht, als ob sie erst in neuerer Zeit entstanden ist.<br />

Die äußersten Enden des Vnrgwallcs reichen jetzt we<strong>der</strong> im NO. noch<br />

im EW. bis unmittelbar an das Wasser des Sees heran; das ist früher<br />

vielleicht an<strong>der</strong>s gewesen; das Niveau des Wassers scheint früher höher<br />

gewesen zu sei», wie deun <strong>der</strong> Südziftfel des Sees nach Aussage <strong>der</strong> Anwohner<br />

von Jahr zn Jahr mehr eintrocknet, bezw. verkrautet.<br />

Kulturreste habe ich bei <strong>der</strong> Nntersuchuug des Bnrgwalles (am 30. Juni<br />

1907) so gut wie garnicht gefuuden. Nur ein stark verwitterter Tonschcrben<br />

von rötlicher Färbung fand sich vor; ich wage aber nicht zu eutscheidcn, ob<br />

<strong>der</strong>selbe wendisch o<strong>der</strong> gar vorwendisch ist. Nach sonstigen Spuren habe ich<br />

sowohl am Wall, als auch im Kessel vergeblich gesucht.<br />

Im Volksmundc heißt die von dem Änrgwall eingeschlossene Halbinsel<br />

„<strong>der</strong> Königsplatz". Man erzählt sich, daß da, wo jetzt <strong>der</strong> Knicpower See<br />

liegt, früher ein Schloß gestanden habe; dieses fei ober eines Tages in den<br />

See versunken. Der von dem Bnrgwall nmschlossene Platz soll <strong>der</strong> Lustgarten,<br />

o<strong>der</strong> wie an<strong>der</strong>e wollen, <strong>der</strong> Ausguck <strong>der</strong> Lchloßbcwohner geweseu sein.<br />

In älteren Akten habe ich den Vurgwall nur einmal im Jahre 1697<br />

erwähut gefunden: Der Nm-ßnaN In'ntor ?)'liss5^nms>t6 kick 7


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rügenschen Vurgwklle.<br />

7 l<br />

ist, daß die Halbinsel, welche sich in den See erstreckt, vierseitig sei, so ist<br />

das ein Irrtum; <strong>der</strong> Ausdruck, daß die Erdznuge (Halbinsel) von einem<br />

tiefen Graben eingeschlossen sei, ist für den gegenwärtigen Znstand des<br />

Terrains nicht mehr zntrcffend. von Hagenow sagt: „Der Graben, welcher<br />

jetzt ganz trocken ist, war früher gewiß viel tiefer, nnd da <strong>der</strong>selbe an beiden<br />

Enden sich bis an den See erstreckt, so läßt sich vermuten, daß er mit<br />

Wasser angefüllt war"; darnach scheinen die Terrailwcrhältuisse an <strong>der</strong><br />

Außenseite des Burgwallcs vor W Jahren wesentlich an<strong>der</strong>e gewesen zu sein<br />

als jetzt. Daß <strong>der</strong> Kraben des Burgwalles von dem See aus mit Wasser<br />

gefüllt war, ist aber selbst unter <strong>der</strong> Voraussetznug großer Verän<strong>der</strong>ungen<br />

nicht glaublich.<br />

2l. Cllarenza.<br />

Beschreibungen des Vurgwalles finden sich in dein auf Mildahns<br />

Vcraulassuug im Jahre 175') aufgenommenen Lustrationsprotokoll, abgedruckt<br />

bei A. (tt. von Schwarz: Dipl. Gesch. <strong>der</strong> Pom.-Nüg. Städte (<strong>Greifswald</strong><br />

175)5)) S. 575—582, uud Nachträge dazu von Frau Pastor Pistorius') iu<br />

Balt. Stud. 14, 1,S. 77—81; ferner bei Grümbke: Darstclluugeu li<br />

S. 236—229, sodann in dem Komnnssionsbcricht vom Jahre IXlitt in<br />

Balt. Etud. 24 S. 240—25li mit zwei Abbildungen, und endlich bei Hehla:<br />

Die vorgesch. Nundwälle S. 0, 18, 22, 4«, l»5, l!8 f. und 147.<br />

Von einer erneuten Beschreibung nehme ich Abstand. Doch bringe ich eine<br />

Abbildung (Nr. 7) von dem an <strong>der</strong> Anleite des Wallberges stehenden wilden<br />

Birnbaum, dessen Stamm 2,67 in Umfaug hat uud 11,35) m hoch ist.<br />

Der Baum ist sicher mehrere Jahrhun<strong>der</strong>te alt, aber wohl kaum Zeuge <strong>der</strong><br />

Eroberung Charenzas im Jahre 1K58 gewesen, wie von Nosen in <strong>der</strong> Vorrede<br />

zu seiner Ausgabe des Gnrzer Stadtbuches auuimmt. Vgl. Wiukelmann:<br />

Forstbot. Merkbuch für Pom. S. 19.<br />

Von allen rügenschen Burgwallen hat <strong>der</strong> Garzer am längsten eine<br />

Rolle in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Insel gespielt, da er noch in dem nach dem<br />

Tode Wizlaws III. (f 1325) entstandenen Mgenscheu Erbfolgcstreit 132


72 Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rligenschen Vurgwälle.<br />

nnd mich den noch in <strong>Greifswald</strong> aufbewahrten, ältesten Prinzen Vogislaw V.<br />

mit in das Vager vor Garz bringen. Die Greifswal<strong>der</strong> erfüllte!! dieses<br />

Gesuch, und nun entschlossen sich die beiden Befehlshaber <strong>der</strong> Burg, sie im<br />

Namen des Prinzen dem stralsundischeu Rate zu übergeben.<br />

Sehr eifrig hat sich die rügem'che Volkssage mit dem Garzer Schloßwall<br />

beschäftigt. Unter den von E. M. Arndt aufgezeichneten rügcuscheu Volkssagen<br />

spielt die von <strong>der</strong> Prinzessin Svauvithe im alten Charenza (Märchen<br />

und Ilig. I S. 10 ff.). Baier erwähnt den Wallberg bei Garz als den<br />

Hauptsitz <strong>der</strong> schwarzen (bösen) Zwerge (Wolf: Zeitsckr. f. dt. Myth. II<br />

S. 142). An<strong>der</strong>e Sagen siehe bei Haas: Mg. Sagen 3. Aufl., Nr. 46,<br />

55, 191.<br />

22. Ver Vnrgwall;n Alein-Larow.<br />

Über diesen Burgwall liegt einzig und allein <strong>der</strong> Bericht von Hagenows<br />

vor, <strong>der</strong> sich in den Neuen Pom. Provbl. IV S. 266 f. folgen<strong>der</strong>maßen<br />

äußert:<br />

„Der Hof Klein-Carow und ein Teil des Gartens liegt auf einer Erdzunge,<br />

die mit einem länglich runden Wall eingefaßt und von allen Seiten<br />

mehr und min<strong>der</strong> von Sümpfen uud Wiesen umgeben ist. Mau bemerkt<br />

noch ganz dentlich die jetzt sehr verschütteten Wallgräbeu, die sich von beiden<br />

Seiten bis an den einzigen Fahrweg erstrecken, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> östlichen Seite<br />

in den Wall und anf den Hof führt. Auf <strong>der</strong> westlichen Götcmitzer Leite,<br />

von welcher <strong>der</strong> Hof wegen <strong>der</strong> zwischculiegeuden Sümpfe nur iu trockener<br />

Jahreszeit zugäuglich ist, lageu früher nach Aussage <strong>der</strong> Bewohner au <strong>der</strong><br />

Atthöhe mehrere Schanzen o<strong>der</strong> Verwaltungen von geringerer Bedeutung,<br />

die aber nach uud uach von Pflug uud Egge gäuzlich zerstört sind.<br />

Nachrichten über diese Feste finden sich we<strong>der</strong> im Munde des Volks,<br />

noch iu schriftlichen Dokumeuteu. Nach <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s günstigen Lage zu<br />

urteilen — indem sie in frühester Zeit gewiß ganz von Wasser umgeben<br />

war, wovon die südlich und nördlich belegeneu beiden Seen noch übrig sind —<br />

scheint dieser Punkt obgleich nicht von sehr großem Umfange, doch von Bedeutung<br />

gewesen zu seilt/'


Veitnisse zur Kcmttm's <strong>der</strong> rügenschen Bursswälle. 7.^<br />

Eine Nachprüfung dieses Berichtes o<strong>der</strong> eine örtliche Untersuchung des<br />

Bnrgwalles ist nicht mehr möglich, deun inzwischen ist nicht nur die Ortschaft<br />

Klein-Carow eingegangen, son<strong>der</strong>n es ist auch die Örtlichkeit, auf<br />

welcher <strong>der</strong> ehemalige Äurgwall lag, melir o<strong>der</strong> weniger unter Wasser gesetzt,<br />

wie aus <strong>der</strong> beigefügte« Karteustizze zu ersehen ist. Das noch jetzt vorhandene<br />

Stück Wall wird beackert und dadurch vou Jahr zu Jahr kleiner.<br />

Urkundlich wird Groß- und Kleiu-Carow im Aufange des 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

mehrfach genannt. Im Jahre 1314 verkaufte Pridbor vou<br />

Vilmnih die Mühle zu (^roßCharow nebst einem Fischteich (pi^ma) uud<br />

zwei Hakenhnfen an Heino Schmerschnei<strong>der</strong> für MO Mark, P. U. B. V<br />

Nr. 89W. Im Hcbungsregister von 15514 finden wir «Ikvicmm O^ro^e<br />

mit 9 Hakenhufen nnd l öden, nliuä O^roive mit 5 Hakeuhllfen, P. U.<br />

B. V Nr. 231«. In <strong>der</strong> Noeskil<strong>der</strong> Matrikel vom Jahre U515


Beiträne znr Kenntnis <strong>der</strong> rnssenschen Vurgwällc.<br />

24. per Mönchsgraben.<br />

Nördlich von Baabc befindet sich ein in <strong>der</strong> Richtung von O. nach<br />

W. verlaufendes Vefestigungswcrk, welches aus Wall und Graben besteht.<br />

(5s beginnt in <strong>der</strong> Nähe des Außcustrandes mit einer kleinen Anhöhe und<br />

erstreckt sich bis zum Selliner Scc. Je mehr es sich dem letzteren nähert,<br />

desto schmaler wird <strong>der</strong> Scheitel des Walles. Ungefähr in <strong>der</strong> Mitte, wo<br />

die Mönchguter Bandstraße und die Kleinbahnliuie den Mönchsgraben im<br />

rechten Winkel kreuzen, hat <strong>der</strong>selbe folgendes Profil:<br />

Die Gesamtlänge des Nefestigungswerkes beträgt I V2 !cm. In seiner<br />

östlichen Hälfte ist es bewaldet, in <strong>der</strong> westlichen Hälfte stehen nur vereinzelte<br />

Sträucher, beson<strong>der</strong>s Schwarzdorn, auf und an dem Wall bez.<br />

Graben. — An <strong>der</strong> Stelle, wo <strong>der</strong> Mönchsgraben das Ufer des Sellincr<br />

Sees erreicht, biegt er im rechten Winkel nach N. um, macht aber bald<br />

darauf eiue zweite rechtwinklige Biegung in westlicher Richtung und verliert<br />

sich dann, allmählich immer niedriger werdend, in dem Wiesengeläude.<br />

Der (Kraben soll ehemals viel tiefer und breiter gewesen sein; schon<br />

Grnmbke berichtet im Jahre 1^5 (Indigena S. 223), daß er stellenweise<br />

kaum noch recht bemerkbar geweseu sei. Der alten rügenschcn Volkssage<br />

zufolge ist dieser „Graben" von dem Abte des Klosters Eldena bald<br />

nach <strong>der</strong> Besitzergreifung des Landes Neddcwitz durch das Kloster (im<br />

Jahre 1295) als Trennungslinie zwischeu geistlichem und profanem Besitz<br />

aufgeworfen worden. Diese Sage desteht aber zu Unrecht. Denn das<br />

Befestigungswerk wird als Nordgreuze des Landes Ncddewitz urkundlich<br />

bereits 1276 und 1295 und zwar in dem ersteren Jahre bereits als<br />

„alter Graben" angeführt (1276: . . . termino3 . . . incipiente» a uetei-i<br />

lossato in parte orientali 8ito n8Hue in mars adiaeens. P. U. V. II<br />

Nr. 1031 und im Jahre 1295: a focato, yue nlßariter lantners<br />

appeilatur . . . quoci quiäem losgatum zirotenslitur aä orientem aä<br />

mare 8al8um. P. U. B. III Nr. 1709).<br />

Pyl (Kloster Eldena S. 336) vermutet, daß die rngenschen Fürsten<br />

dieses Vefestigungswerk zur Abwehr <strong>der</strong> dänischen und sächsischen Kriegszüge<br />

aufführten und daß es deu Namen „Mönchsgrabeu" wohl zu <strong>der</strong>selben<br />

Zeit empfing, als sich die slavische Bezeichnung „Neddewitz" in<br />

„Möuchgut" umwandelte. Möglicherweise hat Pyl Recht. Jedenfalls ist<br />

<strong>der</strong> Möuchsgrabeu kein bloßer Grenzgraben, son<strong>der</strong>n eiu Befestiguugswerk;


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rNgenschen Burgwölle. 75><br />

das folgt aus <strong>der</strong> Art und Weise, wie <strong>der</strong> Graben an seinem Westendc<br />

am Sclliner See entlang geführt ist. Auch ist zu beachten, daß die Front<br />

des Vefcstigungswertes sich gegen S. richtet, gegen einen von Mönchgut<br />

her anrückenden Feind.<br />

Ausgrabungen, die über den ursprünglichen Zweck des Monchsgrabens<br />

vielleicht Aufschluß geben könnten, sind bisher niemals vorgenommen worden.<br />

25. Mall auf <strong>der</strong> Halbinsel<br />

An <strong>der</strong> Westküste <strong>der</strong> Schmalen Heide erstreckt sich nach W. zu in<br />

den Kleinen Iasmuu<strong>der</strong> Bodden hinein die Halbinsel Thicßow. Sie hat<br />

die Gestalt eines Danmens und ist fast 2 km lang und 000 in breit.<br />

Sie gehört zu denjeuigen Teilen Rügens, welche am abgelegensten und<br />

dem Verkehr am wenigsten zugänglich sind. Der Wald, welcher die ganze<br />

Halbinsel bedeckt, besteht fast ausschließlich aus Laubwald; mitten darin<br />

befindet sich auf dein (Aipfel eiuer starken Notbuche eiu Adlerhorst.<br />

Quer über diese Halbinsel, in <strong>der</strong> Richtung von SSO. nach NNW.<br />

verläuft ein in schnurgera<strong>der</strong> Richtung erbauter Erdwall uou ca. 500 m<br />

Länge und ca. 8 m Höhe; die Breite des Walles beträgt unten am Fuße<br />

ca. 15 in nnd oben ca. 2 m; die Böschungen fallen ziemlich steil ab, beson<strong>der</strong>s<br />

an <strong>der</strong> Ostseite. Am nördlichen und judlicheu Ende reicht <strong>der</strong> Wall mcht<br />

ganz bis an die Küste heran.<br />

Etwa 120 in vom Nordende des Walles entfernt befindet sich ein<br />

Einschnitt in deil Wall, und an dieser Stelle führt ein Fahrweg durch<br />

den Wall hindurch. Der Fahrweg ist so angelegt, daß er den Wall nicht<br />

ganz im rechten Winkel, son<strong>der</strong>n in schräger Richtung schneidet, wodurch<br />

dle Verteidigung <strong>der</strong> Zugaugsstellc wesentlich erleichtert wird. Auch hat<br />

<strong>der</strong> Wall zu beiden Seiten dieses Einschnittes steile Böschungen.<br />

Tie durch den Wall abgetreunte Fläche <strong>der</strong> Halbinsel d. i. das westlich<br />

vou dem Walle gelegcue Areal beträgt annähernd 40 Hektar. Es ist<br />

also eine verhältnismäßig große Fläche, wenn man sie mit denjenigen Flächen<br />

vergleicht, welche von deu rilgcmcheu Nurgwälleu, selbst deu größten unter<br />

ihnen, eingeschlossen werden.<br />

In <strong>der</strong> Litteratur ist <strong>der</strong> Wall bisher nirgends erwähnt; ebenso wenig<br />

sind mir urkundliche o<strong>der</strong> aktenmäsnge Nachrichten über den Wall bekannt<br />

geworden. Vielleicht för<strong>der</strong>t eine lokale Untersuchung des Walles Kulturreste<br />

zu tage, die uns über die Zeit des Walles nnd über den Zweck<br />

seiner Anlage Auskunft geben. Zunächst läßt sich nur sagen, daß <strong>der</strong><br />

Wall nicht aus geschichtlicher Zeit zu stammen scheint.')<br />

') Kosegarten: Pom. und Nüg. Geschichtsdenkm. I S. 20t; f. erwähnt, daß<br />

noch im Rügenschen Erbfolgestreile 1326—U1W solche „lanäwere o<strong>der</strong> iodata" in<br />

<strong>der</strong> Nähe von <strong>Greifswald</strong> als ^andesverteidigungsanstallen benutzt wurden.


76 Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> riigeuschen Vurgwälle.<br />

Auf dem Meßtischblatt Nr. 316 (?ubfow) ist noch ein kleinerer Porwall<br />

verzeichnet, welcher am Südstrande <strong>der</strong> Halbinsel Thießow, la. 7s!l) m<br />

östlich des Hanfttwalles beginnt und in <strong>der</strong> Richtung von SO. nach NW.<br />

in einer Länge von 350 m vorlünft, z. T. nnmittclbar neben dem Zufuhrweg<br />

zu dem Hanptwalle. Ob dieser Vorwall auch eine künstliche Aufschüttung<br />

ist und inwieweit er zu dem Hauptwall in Beziehung steht, bedarf<br />

noch einer genauere» Untersuchung.<br />

In <strong>der</strong> Litteratur ist noch ein dritter, dem Mönchsgraben nnd dem<br />

Thießower Wall offenbar ählllich zu denken<strong>der</strong> Wall erwähnt. Als nämlich<br />

König Erich III. Emnn von Dänemark um das Jahr 1136 Arkona<br />

belagerte, ließ er qner über die Schaabe einen Erdwall auswerfe«, um deu<br />

Zuzug von Hülfslrnppen von Iasmnnd her zu verhin<strong>der</strong>n. Dieser Wall<br />

ist jetzt nicht mehr vorhanden; denn die am Westende <strong>der</strong> Schaabe stehende<br />

Schanze stammt aus dem 17. Jahrhun<strong>der</strong>t. Vgl. Fock I S. 38. Hohenzollern-Iahrbuch<br />

1899 S. 7.<br />

l. Anlage <strong>der</strong> riigenschm Mrgwässe.<br />

Überschauen wir die (Gesamtzahl <strong>der</strong> rügenschen Burgwälle und berücksichtigen<br />

wir dabei zunächst den Ort, wo sie angelegt sind, so ergeben<br />

fich dabei zwei tArnppeu, nämlich die Küstenburgen und die Äinnenlandsbnrgen.<br />

Zu dcn ersteren gehören die Bnrgwälle zu Arkona, Wick, Schaftrode,<br />

Ralow, Altefätir, Zudar, Hobbin, in <strong>der</strong> Oranitz nnd auf dem Hengst;<br />

vielleicht auch <strong>der</strong> am Ufer des Binnengewässers gelegene Burgwal! von<br />

Streu und möglicherweise <strong>der</strong> Venzer Wall, wenn wir annehmen dürfen,<br />

daß das Wasser <strong>der</strong> ^awenitzer Inwiek ehemals bis an den Fuß dieses<br />

Burgwalls herangereicht hat. Zn <strong>der</strong> zweiten Gruppe gehören die Herthaburg,<br />

<strong>der</strong> Wer<strong>der</strong>sche Schloßwall, <strong>der</strong> Burgwall zu Capette, <strong>der</strong> Nugard,<br />

<strong>der</strong> Burgwall zu Vilmnitz, am Sappin, Charenza, Kniepow, Klein-Carow,<br />

Rambin, Gingst und Patzig.<br />

Für die Frage nach <strong>der</strong> Art, wie die rügenschen Burgwälle<br />

angelegt sind, hat die Untersuchung vom Jahre 1868 ein wichtiges<br />

Resultat ergebe», indem sie festgestellt hat, daß die rügenschen Bnrgwälle<br />

nicht in Sümpfen, son<strong>der</strong>n anf Höhen o<strong>der</strong> doch wenigstens auf ursprünglich<br />

festem Boden angelegt sind. Das ist ein wichtiges und hervorragendes<br />

Unterschcidungsmoment zwischen den rügenschen und festländischen Bnrgwallen.<br />

Ein an<strong>der</strong>es Merkmal ist aber beiden gemeinsam, indem sich hier wie dort<br />

Hochburgen uud Ticfbnrgen unterscheiden lassen. Die Hochburgen haben<br />

anf Rügen eine beson<strong>der</strong>e Rolle gespielt, indem die am hohen Ufer angelegten<br />

Küstenburgen ganz offenbar als Aeobachtungsstatioueu nach <strong>der</strong> See zu<br />

gedient haben. Als Hochburgen haben wir zu bezeichnen Arlona, Herthaburg,<br />

Wer<strong>der</strong>, Hengst, Granitz, Owbbin, Nugard und vielleicht Altefähr; als


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rügensckien Vurgwälle. 77<br />

Tiefburgen Wiek, Sltiaprode, Nalow, Zndar, KleinLarow, Kniepow, Sappi»,<br />

Vilillnitz, Capette und Vcuz. Von den Tiefbnrgen des Binnenlandes<br />

liegen einige an kleinen Seen bezw. Sümpfen, nämlich Klcin-Carow, Kniepow,<br />

Sappin, Vilmuw, Capette und Vcuz. Auch Herthaburg liegt unmittelbar am<br />

Hcrthasce und Lharen^a am nördlichen Zipfel des (Karzer Sees.<br />

Die Tiefbnrgeu sind wohl ansnahmslos in <strong>der</strong> Weise hergestellt, daß<br />

<strong>der</strong> Erdwall künstlich aufgeschüttet ist. Die zur Aufschüttung benutzte Erde<br />

ist in <strong>der</strong> Regel von <strong>der</strong> Außenseite her entnommen, wodnrch dann grabenartige<br />

Vertiefungen zur größeren Festigkeit des Bcfestlgnngswerkes entstanden,<br />

so beim Änrgwall Zndar, Kniepow, Rugard und Wer<strong>der</strong>. Die Hochburgen<br />

sind vielfach uuter Veuuhuug eitles schon vorhandenen Höhenrückens o<strong>der</strong><br />

Plateaus mehr durch seitliche Nbgrabuugen, als durch Aufschüttungen hergestellt,<br />

so bei <strong>der</strong> Herthabnrg, beim Nngard, Gobbin, Kniepmv, Charenza.<br />

Für diejenige« Anrgwälle, von welchen nur noch geringe Überreste vorhanden<br />

sind o<strong>der</strong> von denen auch solche schon geschwnnden sind, wird sich die Art<br />

ihrer Herstcllnng wohl nicht mehr feststellen lassen.<br />

Hinsichtlich <strong>der</strong> Zeit, waun die rügenschen Vnrgwälle angelegt<br />

sind, mnßte die Unlersnchnng vom Jahre 18l>tt eigentlich ausschlaggebend<br />

sein. Wenn es nun aber in dem Kommissionsbericht heißt: die Nachgrabungen<br />

hätten auch nicht das Geringste ergeben, das einen bestimmten<br />

Anhalt für die Vermntnng darböte, daß die rügenschen Änrgwälle auf<br />

älteren germanischen Grundlagen ruhen — so stehen diele Worte in Wi<strong>der</strong>spruch<br />

mit dem Fnndbcrichte über die Ausgrabungen ans dem Hengst (vgl.<br />

oben S. 47), die gerade vorslavische Reste zutage för<strong>der</strong>ten. Wenn <strong>der</strong><br />

Kommissionsbericht nichts desto weniger die Möglichkeit einräumt, daß<br />

die Grundlagen <strong>der</strong> rügenschen Äurgwälle germanisch sind, so werden wir<br />

diese Konzession um so mehr akzeptieren, als auch beim Nngard nnd beim<br />

Wer<strong>der</strong>schen Tchloßwall die Vermutung ausgesprochen ist, daß sie germanischen<br />

Ursprungs seien. Hinzufügen möchte ich noch, daß auch <strong>der</strong> Gobbiner Vurgwatt,<br />

<strong>der</strong> in seiner Anlage dem Sattel ans dem Hengst in anfallen<strong>der</strong> Weise<br />

ähnlich ist und scheinbar auch gar keine slavischen Kulturreste enthält,<br />

die Vermntnng vorslavischen Ursprungs aufkommen läßt. Vielleicht ergeben<br />

ernente Untersuchungen weitere Anhaltspunkte für eine präzisere Äeantwortung<br />

<strong>der</strong> Frage.<br />

ll. Zie Zwecke <strong>der</strong> rügenschen Zzurgwälle,<br />

Nenn die festländischen Bnrgwälle nach allgemeiner Annahme in erster<br />

Linie kriegerischen Zwecken gedient haben, so kommen für die rngenschen Bnrgwälle<br />

noch an<strong>der</strong>e Zwecke in Betracht, znnäckst die Zwecke <strong>der</strong> Landesverwaltung.<br />

Nach den beiden großen Hebnngsregistern, die uns ans den Jahren<br />

1314 und 1318 erhalten sind (P. U. V. V Nr. 2918 und 3234). war Nügen


78 Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rüaenschen<br />

in neun Bezirke, Garde o<strong>der</strong> Gardvogtsien (aävocaeiay 6ietg.6 ßkar66) eingeteilt.<br />

Die Namen <strong>der</strong>selben sind: 1. Wittow (die Kirchspiele Wies und<br />

Altenkirchcn umfassend), 2. Iasmmtd (die Kirchspiele Sagard und Bobbin<br />

umfassend), ^. Streu (die Kirchspiele Zirkow, Vilmnitz, kanten und Zicker<br />

umfassend), 4. Bergen, 5, Patzig (die Kirchspiele Patzig, Ncuentirchen nnd<br />

Nappin umfassend), 6. Schaprode (die Kirchspiele Schaprode und Trent<br />

umfassend), 7. Gingst, 8. Garz (die Kirchspiele Casnevitz, Garz, Zndar,<br />

Swantow, Poseritz und Samtens nmfasseud), 9. Nambill. An <strong>der</strong> Spitze<br />

jedes einzelnen Gardvogteibezirkes stand ein Gardvogt, und sämtliche Gardvögte<br />

waren dem Vandvogte unterstellt.<br />

Schon <strong>der</strong> Name Gard o<strong>der</strong> Gardvogtei (im 15. Jahrhun<strong>der</strong>t auch<br />

als „Garten" bezeichuet) macht es wahrscheinlich, daß ein Äurgwall den<br />

Mittelpunkt je<strong>der</strong> einzelnen Gardvogtei bildete, uud das entspricht anch den<br />

tatsächlichen Verhältnissen. Für die Gardvogtei Iasmuud bildete diese»<br />

Mittelpunkt <strong>der</strong> Burgwall zu Capette, <strong>der</strong>, wie ich wahrscheinlich gemacht<br />

zu habeu glaube, früher die Bezeichnung Iasmund führte; für die Vogtei<br />

Streu <strong>der</strong> gleichnamige Burgwall; für die Vogtei Bergen <strong>der</strong> Nugard; für<br />

die Vogtci Schaprode <strong>der</strong> dortige Nurgwall; für die Vogtei Garz das alte<br />

Charenza; für die Vogtei Nambin <strong>der</strong> dortige „Wall"; für die Gardvogtei<br />

Wittow diente als Mittelpunkt wahrscheinlich <strong>der</strong> Burgwall zu Wict, da Arkona<br />

als Tempelbnrg uud auch wegen seiner ^!age an <strong>der</strong> Nordostecke <strong>der</strong> langgestreckten<br />

Halbinsel hierfür wohl weuiger iu Betracht kommen dürfte. So bleiben nur<br />

die beiden Gardvogteien Patzig und Gingst übrig; au bcideu Orten sind<br />

keine Neste ehemaliger Änrgeu übrig, noch wissen wir von dem Vorhandensein<br />

solcher aus urkundlichen Nachrichten. Da sie aber die Mittelpunkte zweier<br />

Gardvogteien gebildet haben, so werden sie anch ihre Burgwälle gehabt haben.<br />

Wenn neu» Aurgwälle den Zwecken <strong>der</strong> Landesverwaltung gedient<br />

haben, so hatten einige von ihnen daneben anch noch einen sakralen Zweck,<br />

d. h. sie dienten gleichzeitig anch als Tempelburgen. Für zwei <strong>der</strong> größten<br />

Burgwälle ist uns das mit historischer Treue bezeugt: im Vurgwall zu<br />

Arkona stand das Heiligtum des Swantewit, und im alten Charenza wurden<br />

die Götzenbil<strong>der</strong> des Nugiewit, Borwit und Porenutz verehrt. Dazu kommt<br />

<strong>der</strong> Bnrgwall zn Capette mit dem Götzen Pizamar und mntmaßlich die<br />

Hcrthllburg mit dem Götzen Tjarnaglofi. Wir haben ferner gesehen, daß<br />

in Altefähr <strong>der</strong> Opferhain Ooeku stand nnd daß vermutlich auf dem Nngard<br />

und im Burgwall zu Wiek je ein steinernes Götzenbild verehrt wurde.<br />

Möglicherweise hat auch in Streu eine slavische Kultstätte bestanden; dadurch<br />

würde die Erbauung <strong>der</strong> Kapelle ihre Erklärung finden.<br />

Die Hauptzwecke <strong>der</strong> rügenschen Bnrgwälle sind aber, ebenso wie die<br />

<strong>der</strong> festländischen Burgwälle, kriegerischer Natur. Giesebrecht hat iu dieser<br />

Hinsicht einen Unterschied zwischen den Burgwällen ans dem Hauptteile


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rügenschen Bnrgwällc. 79<br />

Rügens und denjenigen ans Wittow und Iasmnnd heransgefnnden und<br />

meint, daß die ersteren lediglich defensiven Zwecken, die letzteren mehr offensiven<br />

Zwecken gedient hätten; daher bezeichnet er die Burgwälle ans dem<br />

eigentlichen Nugcn als „Schntzfesten", die anf Wittow und Iasmnnd als<br />

„Trnhfesten". Gegen diese Differenzierung hat schon Aaier im Kommiisionsdcricht<br />

vom Jahre !«


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rNaenfchcn VnrgwüNe.<br />

ergibt sich, daß Kömgshurn sich vor 750 Jahren annähernd ca. A, !lm<br />

weiter in die 2ee erstreckte als jetzt. So kann dicscr Punkt wohl geeignet<br />

erscheinen, auf seiner Spitze einen Aurgwall zu tragen, <strong>der</strong> einen gesicherten<br />

Allsblick ans die Tromper Wict gewährte, und ich glaube, daß Arkona auf<br />

<strong>der</strong> einen und Köuigshürn und Konigsstnhl ^) auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite für die<br />

Tromper Wiek eben dieselbe Nolle als Acobachtungsstationen gespielt haben,<br />

wie <strong>der</strong> Hengst und die Burgwalle in <strong>der</strong> Grauih für die Prorer Wiek.<br />

Bezüglich <strong>der</strong> im Innern Rügens gelegenen Vurgwällc hat Gicsebrecht<br />

darauf hingewiesen, daß fünf <strong>der</strong>selben, nämlich Zudar, Charenza, Kuiepow,<br />

Sappi« und Nllgard, iu größerer o<strong>der</strong> geringerer Entferuung vou <strong>der</strong><br />

Bandstraße liegen, welche, an <strong>der</strong> Stahlbrode-Olcwitzcr Fähre beginnend,<br />

über den Zudar nordwärts nach Charenza und nach dem Nugard führte.<br />

Eine solche Bandstraße ist zweifellos schon in vorgeschichtlicher Zeit vorhanden<br />

gewesen, aber sie hat nicht zn den großen Bandstraßen gehört. Es<br />

gab nämlich seit alter Zeit auf Nügen drei große o<strong>der</strong> „gemeine" Bandstraßen,<br />

welche die Iufcl l, von Norden nach Süden, 2, von Nordosten<br />

nach Südwesten und 3, vou Osten nach Westen durchquerten.<br />

Über diese Landstraßen heißt es im Rüg. pandrecht Kap. IV (e^.<br />

ssrommhold S. 7): Im Laude zu Nügen sind drei gemeine Landwege.<br />

Der eine kommt von <strong>der</strong> Groten Vitte auf Wittow, durch die Oldckerke,<br />

Wick, nach <strong>der</strong> Wittowschen Vehere (Fähre), darnach durch Treutt, Gautzewitze,<br />

Gingste, Laudave, uach dem Nodeukerter Berge, durch Nambin und<br />

die Olde Vehere bis auf die Fährbrücke. — Der an<strong>der</strong>e Landweg kommt<br />

auch von <strong>der</strong> Groten Vitte über die Wittowsche Heide nach <strong>der</strong> Bete,<br />

durch Nusskevitze, Bobbiu, Sagardt, Wusscoitz, Rehe, an dell Hülsbüschen<br />

vorüber, über die Heide, vor dem Heidekroge vorüber, nach <strong>der</strong> Zarmtze,<br />

Carow und Bergen, und von da über Negasi auf deu Nodeukerker Berg,<br />

wo sich diese Laudstraße mit <strong>der</strong> ersten vereinigt.') — Der dritte Landweg<br />

geht von Tytzouwer Hövcde über dat Monnicke Gude nach <strong>der</strong> Lancken,<br />

') Nach gewöhnlicher Annahme verdankt <strong>der</strong> Königsstuhl seinen zuerst im Inhre<br />

1534 verdingten Rainen <strong>der</strong> hohen, imponierenden Lage feiner Felsen; wahrscheinlich<br />

rührt die Benennung von <strong>der</strong> seefahrenden Bevölkerung her, die zwei ähnlich gebildete<br />

Kreidefelsen auf <strong>der</strong> dänischen Insel Moen als Xonß^lol lKönigsstuhl) und<br />

Oroiminsssw! (Königinstuhl) bezeichnete. Möglicherweise stehen auch die Namen<br />

„Königssmhl" und „Konigshürn" mit einan<strong>der</strong> in Beziehung. Das Wort lm,n<br />

znr Bezeichnung eines hornartig gebogenen Geländes ist auf Niigen öfter gebräuchlich,<br />

beson<strong>der</strong>s in Zusammensetzungen, so Sommerhörn bei Lohme, Grothiirn und Unhürn<br />

bei Bergen, Schellhorn, Schafhörn. Vgl. Korr. d. V. f. nd. Epr. XVII S. 37,<br />

wo llülu als „Winkel" gedeutet wird.<br />

') Der Schluß ist nach dem Wendisch« Rüg. Landgebrauch (eä. Gadebusch)<br />

wie<strong>der</strong>gegeben, in dem die Stelle offenbar richtiger gefaßt ist als im Rüg.<br />

Landrecht.


zii ^lvlona von


')l'v. z.<br />

Dll.' Nordoncckc dt.'s Zudarschcn Purgwalles


^l'r.


^lV.


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rügenschen BurgwäNe. 81<br />

vor Pudbusck über, durch Cassenevitz und Dumrade bis auf den Rodenkerker<br />

Berg, wo alle drei Landwege zusammenkommen.<br />

Verfolgen wir diese drei Landwege ans <strong>der</strong> Karte, so finden wir in<br />

dem Zuge des ersten Landweges die Burgwälle Nrkona, Wiek, Venz, Gingst,<br />

Nalow, Nambin, Altefähr; im Zuge des zweiten Landweges die Vurgwälle<br />

Arkona, (Königshurn?), Iasmund (--Capelle), Streu, Nugard, Nambiu,<br />

Altefähr'); im Zuge des dritten Landweges Gobbin, Vilmnitz, Sappin,<br />

Charenza, Kniepow, Klein Carow, Rambin, Altefähr. Wir sehen also,<br />

daß mit einer einzigen Ausnahme — das ist Patzig — sämtliche binnenländischen<br />

Aurgwälle und außerdem eine ganze Anzahl <strong>der</strong> Küstenburgen<br />

im Bereiche <strong>der</strong> einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en <strong>der</strong> drei großen Landstraßen gelegen<br />

sind. Das ist offenbar kein bloßer Zufall, son<strong>der</strong>n es spricht dafür, daß<br />

bei <strong>der</strong> Anlage <strong>der</strong> Befestigungswerke von vorne herein darauf Bedacht genommen<br />

ist, sie möglichst au den großen Verkehrswegen o<strong>der</strong> wenigstens in<br />

<strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong>selben zu haben. O<strong>der</strong> solleu die drei großen Landstraßen erst<br />

entstanden sein, nachdem das Vurgwallnetz schon vorhanden war?<br />

Alle Burgwälle, sowohl diejenigen, welche direkt an <strong>der</strong> Landstraße lagen,<br />

als auch die, welche in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong>selben lagen, dienten in Kriegszeiten<br />

als Zufluchtsstätten, mochten sie sonst als Tempelburgeu o<strong>der</strong> als Zentren<br />

<strong>der</strong> Gardvogteibezirke o<strong>der</strong> noch in an<strong>der</strong>er Weise verwendet werden. Der<br />

Kuiepower Burgwall macht den Eindruck, als ob er in Friedenszeitcn gänzlich<br />

leer gestanden hat. Ebenso werden diejenigen Knstenburgen, welche in erster<br />

Linie als Beobachtuugsstationen nach <strong>der</strong> See zu in Betracht kommen, in<br />

Friedenszeiten ohne ständige Bewohner gewesen sein, so Gobbin, Granitz,<br />

Hengst, Königsstnhl (?), Königshürn l?). Aber die übrigen Vurgwälle<br />

scheinen alle dauernd bewohnt gewesen zu sein, auch wenu es keine Tempelburgcu<br />

o<strong>der</strong> Sitze von Gardvögten waren. Als Wohnsitze <strong>der</strong> rügenschen<br />

Fürsten gelten Charenza, Nugard und Ralow. Fürst Wizlaw I. bezeichuet<br />

uoch im Jahre 1332 die Kapelle iu Charenza als eapsllg. nostra (P. U.<br />

B. I Nr. 284); in Bezug auf den Nugard hat die Untersuchung vom<br />

Jahre 1868 ergeben, daß <strong>der</strong>selbe höchst wahrscheinlich bis zum Jahre 1260<br />

von den rügenschen Fürsten dauernd bewohnt gewesen ist. Von Nalow ist<br />

schon oben gesprochen. In einigen an<strong>der</strong>en Burgwallen erbauten sich Adlige<br />

ihre Wohnhäuser, so in Vilmnitz, in Schaprodc, vielleicht in Streu und,<br />

falls <strong>der</strong> Sage zu trauen ist, auch im Burgwall am Sappin.<br />

') Deecke hat in den Pom. Iahrbb. VII S. 187 die Vermutung ausgesprochen,<br />

daß sich auch in Samtens ehedem ein Burgwall befunden habe; die Anhöhe, auf<br />

welcher die Samtenser Kirche nebst dem Kirchhof liegt, «lacht allerdings den Eindruck,<br />

als tonne es ein vorgeschichtlicher Burgwall gewesen sein. Aber irgendwelche weiteren<br />

Anhaltspunkte für diese Vermutung gibt es nicht. Dasselbe könnte man auch von<br />

Poserih vermuten.<br />

Vallische Studien N. F XIV.<br />

ß


Beiträge zur Kenntnis <strong>der</strong> rügenschen Bursswälle.<br />

Bei an<strong>der</strong>en Vnrgwällen entstanden Snburbien o<strong>der</strong> Wicken, so bei<br />

Mcdow-Wick, Iasmund-Capclle, Vilmnitz, Charcnza, Lchaprode, Rambm<br />

und vielleicht Zndar - an diesen Orten hat die intensiver betriebene ^andcstnltur<br />

die Burgwällc mehr odcr weniger beseitigt; eine Ausnahme macht<br />

Charenza wegen <strong>der</strong> Größe <strong>der</strong> Anlage.<br />

m. Sßerficht über die riigenslsim Ilurgwälle.<br />

dllg<br />

l. Al lolla „<br />

2. Mcdow-Wick. „<br />

55. Iasmllnd-<br />

Capclic....<br />

4. Herthalmrg. .<br />

i>. Schlotzwall<br />

Wer<strong>der</strong>. . . .<br />

6. Sattel ans<br />

dem Hengst .<br />

7. Granitz . . .<br />

8. Gobbin. . . .<br />

9. Zndar . . . .<br />

10. Altefähr . . .<br />

11. Nalow . . . .<br />

12. Schaprode . .<br />

13. Ven<strong>der</strong> Watt.<br />

14. Gingst ....<br />

15. Patzig ....<br />

li). Nngard . . .<br />

17. Streu . . . .<br />

18. Pilmnitz . . .<br />

19. Sappin . . .<br />

20. Kniepow . . .<br />

21. Charenza. . .<br />

22. Klem-Carow .<br />

2.5. Nambin . . .<br />

? !<br />

„<br />

„<br />

„<br />

ZV<br />

?<br />

„<br />


VeiUägr zur Kenntnis <strong>der</strong> rttgenschen Vurgwällc.<br />

ss'^<br />

Machträge.<br />

Während <strong>der</strong> Drucklegung erhielt ich die Nachricht von zwei weiteren<br />

Burgwallen auf Rügen. Im Park von Nalswiek soll sich ein kreisrun<strong>der</strong><br />

BurgwaN mit zwei Eingängen befinden, von dem vermutet wird, das; er<br />

slavischen Ursprungs ist. Sollte sich diese Nachricht bewahrheiten, so würde<br />

<strong>der</strong> Nalswiekcr Burgwall ein Glied <strong>der</strong> Bcfestiguugslime Veuzer Wall—<br />

Streuer Wall bilden.<br />

Iu Puddemill, im Garten des Bürgerscheu Pachtgehöftes liegt <strong>der</strong><br />

Nest eines alten Bnrgwalles vou ca. ?0 m Vänge und .l—4 m Höhe.<br />

Der Wall ist mit Bäumen und Buschwert bestanden uud hat früher wahrscheinlich<br />

eine größere Ausdehnuug gehabt. Über Ursprung uud Alter des<br />

Walles konnte ich zunächst uichts Genaueres iu Erfahruug briugeu.<br />

Eiu auf Rügen ziemlich weit verbreiteter Familienname ist <strong>der</strong> Name<br />

Vorgwart o<strong>der</strong> Borgwardt. Aus dem häufigen Vorkommen dieses Namens<br />

läßt sich vielleicht schließen, daß die eiuzelueu rügeuschcu Burgwälle <strong>der</strong><br />

Bcallssichtigllug eines Burgwarts unterstellt waren.


Maat unk» Hirche in Pommern<br />

im ausgehenden Mittelalter<br />

bis zur Oinfiihrung <strong>der</strong> Deformation.<br />

Orster steil.<br />

Von<br />

Dr. Crich Viilow.<br />

Heidelberg.


H nellen.<br />

1. Urkunden und Handschriften des Königlichen Staatsarchivs zn Stettin<br />

s«K. Et. A. St.").<br />

Znr Bezeichnung <strong>der</strong> einzelnen Abteilungen usw. werden folgende Abkürzungen<br />

angewandt: B.C.- Bistum Camin; Mg. geistl. Urk.-- Allgemein geistliche Ur»<br />

tundeu; St. - Stadt; Kl. -- Kloster; Tep. -- Teposltum; St. A. - Stettiner<br />

Arch v (wo nicht an<strong>der</strong>s vermerkt, ist Pars 1 gemeint); W. A. — Wolgaster "Al änv;<br />

Bohlen ^ Nachgelassene Sammlungen des Frcihenn von Bolileu. — T ie Urkunden<br />

werden nach ^eiu Datum zitiert; die Handschriften, weuu sie pagiuiert sind, uaäi <strong>der</strong><br />

Folien- o<strong>der</strong> Seitenzahl, sonst (bei Urkundenabschriften ! nach Datum o<strong>der</strong> Nr. <strong>der</strong> Urkunde.<br />

2. Urkunden und Handschriften <strong>der</strong> Bibliothek <strong>der</strong> „Gesellschaft für Pommeische<br />

Geschichte und Altertumskunde" zu Stettin („Bü>l. d. Ges."), daraus beson<strong>der</strong>s die<br />

von ^oeperschen Sammluugeu („Voeper"'.<br />

Einige einzelne Mitteilungen aus dem Schweriner Staats- und aus dem<br />

Danziger Stadtarchiv verdanke ich Herrn Prof. 1>i'. M. Wcliimanu-Etetliu.<br />

ssür die gedruckten Quellen und dle Literatur vgl. die Anmerkungen; dabei sind<br />

folgende Abtürzungru zu berüctsichligeu:<br />

(^'. 1^. I). — ^'oä^x limerai! l ilo


Klempin -- Klempin, Robert: Diplomatische Beiträge zur Geschichte Pommerns<br />

aus <strong>der</strong> Zeit Bogislafs X. Berlin 1853.<br />

M. U. B. - Mecklenburgisches Urtundenbuch. Hag. von dem Ver. f. Meckl.<br />

Gesch. Schwerin 1863 ff.<br />

MbU. — Monatsblätter. Hgg. v. d. Gesellschaft für Pommersche Geschichte und<br />

Altertumskunde. Stettin.<br />

?om. — ?omertlni». Eine pommersche Chronik ans dem sechzehnten Jahr«<br />

hun<strong>der</strong>t. Hgg. v. G. Gaebel. 2 Bde Stettin 1908.<br />

Priebatsch P. C. - Politische Cori cspondenz des Kurfürsten Albrecht Achilles.<br />

Hgg. u. erl. v. Felix Priebatsch (-- Publ. aus d. Kgl. Preuh. Staatsarch. Bd. 59, 67,<br />

71). Leipzig 1U94, 1«97, 1«98.<br />

P. U. B. ^ Pommersches Urkimdenbuch. Hgg. v. Kgl. Staatsarchiv zu Stettin<br />

Stettin 1«ft8 ff.<br />

Raum er -- Ooäex äipiamatien» LranäendurssenL,» oontinnatn«.<br />

Nä. G. W. v. Räumer. Verl. 1831-N. 2 voll.<br />

Riedel --


Einleitung.<br />

Luthers Lehren von <strong>der</strong> unsichtbaren Kirche und dem allgemeinen<br />

Priestcrtnm aller Gläubigen zertrümmerten die Geiamtorganisalion dcr<br />

Papsttirchc und schufen Raum für die Möglichkeit <strong>der</strong> Bildung einer Reiäistirche,<br />

falls man daran gehen wollte, eine neue Organisation zu finden.<br />

Aber die zentrale Neichsgewalt versagte sich den reformatorischen Ideen, und<br />

als dann <strong>der</strong> Bauernkrieg die Notwendigkeit eines staatlichen Schutzes <strong>der</strong><br />

neuen Lehre erwies, da rief man die Territorialgewalten an. Diese ergriffen<br />

die ihnen zugedachte Aufgabe um so lieber, als bereits an<strong>der</strong>e, nämlich die<br />

Städte, angefangen hatten, alle Borteile aus <strong>der</strong> Äu<strong>der</strong>uug zu ziehen. Indem<br />

dann <strong>der</strong> Reichstag zu Speier von 1526 die Durchführung des Wormser<br />

Beschlusses den einzelnen Landesfürsten anheimstellte, wurde die Religion<br />

vollends eine territoriale Angelegenheit, uud damit war die Landeskirche<br />

begründet.<br />

So die herkömmliche Ansicht: erst Luther schafft den Boden für die<br />

Landeskirche.<br />

Dem ist aber nicht so. Nicht erst Luthers Borgehen durchbricht den<br />

Bau <strong>der</strong> alten Kirche; schon seit <strong>der</strong> Mitte des 15« Jahrhun<strong>der</strong>ts beginnt<br />

in Deutschlaud die Absou<strong>der</strong>ung von Teilen <strong>der</strong> Gesamtkirche nach nichtkirchlichen<br />

Gesichtspunkten. Die Kirche ist in einzelnen Teilen nicht mehr<br />

autonom, nur auf sich gestellt, son<strong>der</strong>n die staatlicheGewalt — uud wie<strong>der</strong>um<br />

uicht des Reiches, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Territorien — schiebt sich ein, löst Teile nb<br />

und umschließt sie mit ihrer weltlichen Macht. Das ist eine Frucht aus<br />

<strong>der</strong> Periode dcr großen Rcformkonzilien in <strong>der</strong> ersten Hälfte des Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

und beson<strong>der</strong>s des letzten unter ihnen, des Baseler Konzils. Bom<br />

Episkopalismus bedrängt, suchte das Papsttum Schutz beim Staat. Und<br />

dieser nützte die Not und die gute Gelegenheit aus zu Gunsten seiner<br />

Omnipotcnz, zur Ausdehnung seiner Machtbefugnisse auch über die Kirche<br />

seines Gebietes. England besaß in dieser Beziehung damals schon große<br />

Vorrechte, Frankreich erwarb sie jetzt durch die pragmatische Sanktion von<br />

Bourges (1438 Juli 7), welche die Emanzipation <strong>der</strong> französischen Landes-


kirche von <strong>der</strong> päpstlichen Zentralisation bedeutet, und Deutschland hatte<br />

Aussicht auf einen ähnlichen Gewinn, als die Fürsten ans dem Reichstage<br />

zu Mainz am . März !43'


Gliedes <strong>der</strong> universalen Papstlirche in die neue Organisation <strong>der</strong> pommerschcu<br />

Landeskirche. Denn diese Landeskirche ist nicht mit einem Male da, etwa<br />

geschaffen durch Nugenhageus Kircheuordnung und den Landtag zu Treptow<br />

a.d.Rega (1^4), <strong>der</strong> die Reformation für das gauze Herzogtum einführte,<br />

sou<strong>der</strong>n die Oldnnng <strong>der</strong> Kirche, wie sie damals entstand, ist in ihren Gruudlaqen<br />

lange vorbereitet, zögernd zuerst, stück- und ruckweise. M!)MM und<br />

systematisch dann eben durch Äogislaw X., mit dem — nicht nur zeitlich —<br />

für Pommern das Mittelalter abschließt und die neue Feit bcgiuut.<br />

Diese Entwicklung ist bisher geson<strong>der</strong>t im Zusammenhange noch nicht<br />

behandelt worden. Die Historiler <strong>der</strong> pommerschen Territorialgeschichte<br />

führen wohl die einzelnen, hierher gehörenden Tatsachen au, aber sie erkennen<br />

nur selten <strong>der</strong>en Bedeutung, sie sehcn den Zusammenhang nicht. Einzig<br />

Martin Wehrmann hat in seiuer „Geschichte vou Pommern"') und sonst<br />

an verschiedenen Stellen hier den Oaug <strong>der</strong> Dinge aufgezeigt und nachdrücklich<br />

darauf hingewiesen'), beson<strong>der</strong>s auch auf dcu Wert <strong>der</strong> Privilegien<br />

Papst Alexan<strong>der</strong>s Vl. vom 4. Januar !4W.<br />

Diese Privilegien bilden samt ihren Ernenerungen durch die folgenden<br />

Päpste den Abschluß <strong>der</strong> Eutwickluug vor <strong>der</strong> Neformatiou. Herzog<br />

Vogislaw X. hatte eine Wallfahrt nach dem Heiligen ^aude gemacht; er<br />

zog auf <strong>der</strong> Rückreise von Venedig nach Rom, um dem Heilige» Vater<br />

seine Obedienz zu erweisen, und das, was er bisher in seiuer Kirchcnvolitik<br />

erreicht hatte, zu sichern und zu tröuen. Zweierlei gewährte ihm Papst<br />

Alexan<strong>der</strong> VI. Einmal durften <strong>der</strong> Herzog und seine Untertanen vor kein<br />

außcrpommersches geistliches Gericht gezogen werdeu, selbst nach Rom nur<br />

im Falle <strong>der</strong> Rechtsverweigeruug; und zweitens erteilte er dem Herzog das<br />

Recht, sämtliche Propsteien in seinem Staate uud im Bistum Camin<br />

zu besetzen. Das war wenig, wenn wir es mit den Zugeständnissen<br />

vergleichen, die Österreich und Brandenburg gemacht wurden; aber es war<br />

doch immerhin genug, wenn wir in Betracht ziehen, wie weit in Pommern<br />

<strong>der</strong> Einfluß des Vandesherrn auf die Kirche seines Territoriums, d. h. im<br />

wesentlichen auf das eine Bistum Camin, bis dahin gedieheu war, uud<br />

wessen <strong>der</strong> Herzog nun noch bedurfte. Zudem war es ja nur noch ein<br />

Ausläufer jener päpstlichen Politik <strong>der</strong> Sou<strong>der</strong>koukordate. Daß aber Pommern<br />

so spät dazu kam, au <strong>der</strong>eu Früchten für die Fürsten teilzunehmen, ist<br />

in seiner politischen Geschichte begründet.<br />

') In <strong>der</strong> von K Lamprecht herausgegebenen „Allgemeinen Staatensseschichte,<br />

Dritte Abteilung: Deutsche ^andesgeschlchten. hgg. von Armin Tille." „Fünftes<br />

Werk." 2 Bde., Gotha 1904—I90»i. — Ich zitiere Wehrmcmns Geschichte hier cm<br />

für alle Mal.<br />

') Beson<strong>der</strong>s 2, 9 ff.


Das alles soll nun im Einzelnen näher untersucht und dargelegt werden;<br />

und zwar betrachten wir zunächst die Besetzung des Bistums Camiu und<br />

die persönliche Stellung des Bischofs zum ^andesherrn, danu die Lage des<br />

eigentlichen Stiftes Camin innerhalb des Herzogtums, ferner die Haltung<br />

Bogislaws gegenüber <strong>der</strong> übrigen Geistlichkeit Pommerns, schließlich die<br />

Verhältnisse <strong>der</strong> geistlichen Gerichtsbarkeit und das Vorgehen des Fürstentums<br />

gegen <strong>der</strong>en Anmaßung, uud ein Ausblick auf die Einführung <strong>der</strong><br />

Reformation soll dann die Verbindung mit <strong>der</strong> nachfolgenden Zeit aufweisen.


Erstes Kapitel.<br />

Die Besetzung des Vistums Camtn und die persönliche Stellung<br />

des Mischofs zum Landesherr«.<br />

tz 1. Bischof und Herzog<br />

bis zum Regierungsantritt Vogislaws X.<br />

Das Bistum Camin war von vornherein als Landesbistum gedacht.<br />

König Noleslaw von Polen regte die Christianisierung des Landes Pommern<br />

an, Bischof Otto von Bamberg führte sie, zuerst unter seinem Schuhe,<br />

dnrch; und die Organisation <strong>der</strong> Kirche in diesem dem Christentum neu<br />

gewonnenen Lande wurde daun 1 l4s) nach Ottos Tode zu einem vorläufigen<br />

Abschluß gebracht durch die Begründung eines Bistums'), das zuerst seinen<br />

Sitz in Wollill erhielt, dann nach sechsunddreißig Jahren, wegen <strong>der</strong><br />

gefährdeten ^age <strong>der</strong> Stadt, nach Camiu verlegt wurde *). Hier erfolgte<br />

gleichzeitig auch die Begründung eines Domkapitels an <strong>der</strong> nenenSt.Iohanniskirche,<br />

die Herzog Casimir samt den Kanonikern und den an<strong>der</strong>en an ihr<br />

wirkenden Geistlichen in seinen Schutz nahm uud mit den üblichen Vorrechten<br />

<strong>der</strong> Immunität bewidmete. Nur zur Teilnahme an Burgen- und Brückenbau<br />

und znr öandesvcrteidignnq sollten sie verpflichtet sein. Das Kapitel<br />

erhielt ferner das uneingeschränkte Necht <strong>der</strong> freien Wahl des Bischofs und<br />

<strong>der</strong> Kanoniker, und <strong>der</strong> Herzog versprach, daß we<strong>der</strong> er noch sonst jemaud<br />

mit Gewalt einen Bischof o<strong>der</strong> einen Kanoniker einsetzen und ihrem Willen<br />

und <strong>der</strong> kanonischen Wahl entgegen handeln würde ^).<br />

Das Bistum wurde auf Bischof Adalberts Wunsch nicht in die<br />

Metropolitanverfassung eingeordnet, son<strong>der</strong>n unmittelbar dem Papste unterstellt*)<br />

und dann, um einem Streite zwischen den beiden Nächstliegenden<br />

') P. U. B. 1, 12 Nr. 30. ') ebd. 43 Nr. 69 f. ') 0. ?. v. 104 Nr. 42.<br />

P. U. B. 1, 12 Nr. 30.


94 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Erzbistümern zuvorzukommen'), von Clemens IH. ausdrücklich in seiner<br />

Unabhängigkeit bestätigt'); und trotz mehrfacher Versuche Magdeburgs und<br />

Onesens, das nene Bistnm in ein Suffraganverhältnis zu bringen, hat<br />

dieses seine cremte Stellung zu wahren gewußt, hat vorübergehend sogar<br />

Aussicht gehabt, selbst Erzbistum zu werden^).<br />

Wie stand nun aber <strong>der</strong> Bischof mit seiner Kirche zu den Herzogen<br />

von Pommern? Die Grenzen ihres Machtbereiches deckten sich iu <strong>der</strong> ersten<br />

Zeit ungefähr, aus ganz Pommeru bis zur ^eba sollte <strong>der</strong> Bischof den<br />

Bischofszehnteu beziehen. Später haben sie sich dann durch Verschiedelle<br />

Grenzregnlicrungen zwischen den benachbarten Län<strong>der</strong>n nnd Bistümern<br />

teilweise recht erheblich verschoben. Die Insel Nilgen wurde kirchlich dem<br />

dänischen Sprengel Noeskilde zugeteilt*), dem Bistum Schwerin unterstand<br />

das nördliche Vorpommern mit Stralsund; an<strong>der</strong>erseits ging die Camincr<br />

Diözese nbcr Pommern hinaus und umfaßte Teile von Mecklenburg und<br />

Brandenburg sdic Ucker- und Nenmark samt dem Vande Schivelbcin); im<br />

Osten wie<strong>der</strong> gewann Gnesen Boden in Pommern^).<br />

Die Errichtnng des Bistnms fiel in die Zeit, da im deutschen Reiche<br />

nach Beendigung des Invcstitnrstrcites <strong>der</strong> Einflui; des Königs anf das<br />

geistliche Amt beseitigt und ihm nur die Einweisung <strong>der</strong> Bischöfe in den<br />

weltlichen Besitz geblieben, da die kanonische Wahl für die Besetzung <strong>der</strong><br />

Bistümer wie<strong>der</strong> durchgeführt war, und schon begann, immer mehr auf die<br />

Domkapitel allein beschränkt zu werden. Von einer Teilnahme des deutscheu<br />

Königs bei <strong>der</strong> Besetzung Wollins konnte, wenngleich an <strong>der</strong> Christianisierung<br />

des Landes Lothar von Supplinburg Interesse genommen hatte"), doch<br />

keine Rede sein, da Pommern damals noch gar nicht zum Neichsoerbande<br />

gehörtes; eine Wahl onrch ein Kapitel war gleichfalls unmöglich, da noch<br />

keines vestand. Die Desigmerung des ersten Oijchofs Adalbert, die schon<br />

Otto von Bamberg in Aussicht genommen hatte, erfolgte daher dnrch die<br />

beiden Herzoge Boleslaw von Polen und Wartislaw I. von Pommern<br />

unter Hinzuziehung des vorhandenen Klerus). Bewidmet wnroe das<br />

Bistum znnächst nur mit Einkünften, nicht mit einem nennenswerten Eigenbesitz<br />

an Land. Mit dessen Erwerb trat eine Än<strong>der</strong>ung in dem Verhältnis<br />

<strong>der</strong> Bischöfe zu den Herzogen ein. Denn solange die pommersche Kirche<br />

mit dem Ausbau <strong>der</strong> Organisation, mit <strong>der</strong> weiteren Mission und <strong>der</strong><br />

Abwehr erzbischöflicher Angriffe beschäftigt war und als Grundlage ihrer<br />

') Vgl. Zeitschr. f. Kirchengesch. 1, 18. ') P. U. V. 1, 85 Nr. IN; vgl. ebd.<br />

132 Nr. 177 (das Datum in klon. öerm. ssist. Npp- 8aec XIII. 1, 14 Nr 19).<br />

2) P. U. B. 2, 2 Nr. 4595. "i ebd. 1, 26 Nr. 52. ') vgl. etwa P. U. B. 5, 464<br />

Nr. 3302. «) Hauck, Klrchengeschichte 4, 580; vgl. 6. ?. O. 32 Nr. 14. ') Ficker,<br />

Reichsfürstenstano 277 'Nr. 205, vgl. 218 Nr. 169. ») 0. ?. I). 48 Nr. 21; vgl.<br />

geitschr. s. Kirchengesch. 10, 1.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 95<br />

Tätigkeit nnr ehemals landesherrliche Abgaben besaß, lonntcn ihre Leiter<br />

nicht daran denken, von <strong>der</strong> Politik ihrer Landesherren irgendwie abzuweichen.<br />

Herzog Barnim I. (1^0—1278) ist es dann oor allem gewesen, <strong>der</strong> die<br />

Kirche dnrch Privilegien und umfassende Schenkungen von Ländcreien')<br />

und Hebungen stärkte uud so die Macht seines Staates nicht unwesentlich<br />

schwächte, „mehr im frommen Wahne als in klarer Anffnssnng eines hohen<br />

Zweckes"').<br />

Mit dieser Erwerbung eines eigenen geschlossenen Landbesitzes, <strong>der</strong> den<br />

Bischöfen in freigebigster Weise von den Herzogen verliehen wurde, und<br />

zwar mit ausdrücklicher Verneinung jeglichen lehnsrcchtlichcn Verliältnisscs,<br />

das dadurch entstehen könnte, beginnt die Möglichkeit einer selbständigen<br />

Politik <strong>der</strong> Bischöfe. Ein solches Verzichten <strong>der</strong> Herzoge anf jeden rechtlichen<br />

Einfluß auf idr Bistum darf nicht wun<strong>der</strong>uehmcu. Es ist eine Folge<br />

teils <strong>der</strong> lebhaften Anteilnahme an dem für das Land so vorteilhaften<br />

Bckchruugs- und Bcsiedclnngswerke <strong>der</strong> jnngen Kirche, teils <strong>der</strong> mangelnden<br />

Einsicht in die Bedeutung nnd Tragweite dieses im Reiche dem Könige<br />

zustehenden Rechtes o<strong>der</strong> Anspruchs, die eine solche ZurückdriniHnng <strong>der</strong><br />

Regelung des staatsrechtlichen Verhältnisses <strong>der</strong> pommerschen Kirche ermöglichte.<br />

Als dann die bischofliche Politik von <strong>der</strong> herzoglichen zn differieren begann,<br />

kamen die Herzoge zur Erkenntnis des Versänmtcn, und damit tanchte<br />

dann sofort das Bestreben anf, den Bischof in Abhängigkeit zn bringen.<br />

Einer <strong>der</strong>artigen Betonnng seinem selbständigen Stellung den Fürsten<br />

gegenüber begegnen wir zum ersten Mal bei Bischof Hermann von bleichen")<br />

(1Ll")1—Istttt), dem Thüringer Grafen, <strong>der</strong> sein Ziel darin erblickte, seinem<br />

Bistnm dieselbe Stellung zn verschaffen, wie er sie bei den Bischöfen des<br />

Reiches kannte. Der Neffe des Herzogs Otto von Brannschwcig und<br />

Verwandte <strong>der</strong> Königin Elisabeth hat es in seiner Diözese in <strong>der</strong> Tat fast<br />

zu fürstlichem Ansehen gebracht. Das bischöfliche Territorinm, das bisher<br />

aus dem östlich <strong>der</strong> Penante gelegenen Teile des Landes Kolberg bestand"»,<br />

vergrößerte er dnrch Hinznkanf auch des Oebietes westlich des Flusses ^;<br />

uud während er in seinem Lande die dentsche Stadt Kolberg noch im Verein<br />

mit Herzog Wartislaw anlegte"), nahm er mit <strong>der</strong> Begründung Köslins^<br />

und <strong>der</strong> Verleihung des Stadtrcchtes an Massow^) landesherrliche Rechte<br />

für sich in Anspruch, wie sie König Heinrich in dem großen Wormser<br />

Privilegium von 1231 den fürstlichen „Landesherren" hatte überlassen müssen.<br />

Er verkaufte sogar einen Teil des Landes Stargard, das Herzog Barnim<br />

') Das Land Stargard: P. U. B. l, 304 Nr. 377, teilweise gegen das Land<br />

Kolberg eingetauscht: ebd. 37 Nr 475. ') v. Bilow, Nbgabenver Hältmsi e in Pommern<br />

und Rügen, 1843. ') Vgl. über ihn Mblt. lb, 70. ^ P. U. V. 1, 3'i7 Nr. 475).<br />

') P. U. B. 2, 352 Nr. 1044. °) ebd. 19 Nr. M>6. ') ebd. 149 Nr. «02. «) edd.<br />

369 Nr. W93 und 582 Nr. 1366.


9ss<br />

Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

dem Bistum überwiesen'), dann aber eingetauscht und von Bischof Wilhelm<br />

zu Lehen genommen hatte'), an die Markgrafen von Brandenburg'), von<br />

denen er sich auch seinen Besitz bestätigen ließ"). Das ist kein „Landesverrat"<br />

b), aber doch ein Zeichen <strong>der</strong> großen Selbständigkeit, die <strong>der</strong> Bischof<br />

jetzt dem Herzoge gegenüber bewußt einnahm, mit dem er wegen <strong>der</strong><br />

erwähnten Gebiete in Streit geraten war^).<br />

Das Verhältnis zwischen Bischof und Herzog war, abgesehen von <strong>der</strong><br />

bischöflichen Lchnsherrlichkeit wegen des Landes Stargard, die gar keine<br />

Bedeutung hatte (ebenso wenig wie die später eintretenden gleichartigen<br />

Beziehungen), eben kein rechtlich irgendwie festgelegtes, son<strong>der</strong>n ein rein<br />

persönliches. Die Stellung des Bistums zum Herzogtum hing ganz von<br />

den Pcrsöulichkeiten <strong>der</strong> jedesmaligen Veiter ab. Das Bistum war keine<br />

Macht, auf die die Herzoge in jedem Falle rechnen kounten, wohl aber<br />

eine, mit <strong>der</strong> sie rechnen mußten. Es steht als völlig selbständiger Faktor für<br />

die äußere Politik neben ihnen. Bei einer Regelung von rein iuncrpolitischm<br />

Verhältnissen, wie <strong>der</strong> Landesteilnng von 1295^), geschieht seiner gar nicht<br />

Erwühnuug, es wird als nicht zum Territorium gehörig betrachtet; ebeusowenig<br />

ist bei einem Bündnisse <strong>der</strong> Stände des Landes Stettin mit dem<br />

Herzog von Nolgasts) gelegentlich eines Zwistes zwischen den beiden Teilfürsten<br />

von dem Stift Camin die Rede. Dafür nahm es aber in <strong>der</strong><br />

äußeren Politik eine um so eutscheiden<strong>der</strong>e Stelle ein, zumal weun die<br />

Fürsten <strong>der</strong> beiden Landesteile iu ihren Zielen nicht einig waren.<br />

Teilweise schlössen sich die nächsten auf Hermann von Gleichen folgenden<br />

Bischöfe, mehr geistlich gerichtet, eng an die Fürstell an; aber gerade zwei<br />

Verwandte des Herzogshauses traten zu ihnen in einen entschiedenen Gegensatz<br />

und ließen sie schließlich die Notwendigkeit einer rechtliche» Festlegung<br />

<strong>der</strong> gegenseitigen Beziehungen erkenuen. Es waren Iaromar von Rügen<br />

(1s«9-1^3) und Johann von Sactisen-Lauenburgs) (l-i43—1370), zu<br />

denen sich auch Heiurich von Wachholz (1302—1317) in <strong>der</strong> ersten Zeit<br />

seiner Regierung gesellt, und iu einem Falle einer Vakanz des Bischofsstuhles<br />

eiu Teil <strong>der</strong> Domherren. Nud zwar ist es, wie auch später fast<br />

stets, Brandenburg, auf dessen Seite die Bischöfe gegeu die Laudeshcrreu<br />

traten, die seit dem Aussterben <strong>der</strong> Askanischen Markgrafen wie<strong>der</strong> energnch<br />

um ihre ^ehnsunabhängigkeit kämpfte». Bei Iaromar von Rüge» verschmerzte<br />

Herzog Vogislaw IV. noch die Parteinahme für Brandenburg"), vou dem<br />

<strong>der</strong> Bischof sich auch den Besitz seines Landes anerkennen lieh"), da in dem<br />

') P. U. B. 1, 304 Nr. 377. ') ebd. 367 Nr. 475. ') ebd. 2, 331 Nr. 1042 f.<br />

*) ebd. 27 Nr. 617. ^ Varthold, Gesch. v. Rügen u. Pom. 2, 494. °) P. U. B. 2,<br />

b9 Nr. 667. ') P. U. B. 3, 243 Nr. 1729; vgl. ebd. 246 Nr. 173". ') edd. 5,<br />

440 Nr. 3270. ») Über ihn: Wehrmann in Baltische Studien 46. ") P. U. B. 3,<br />

161 Nr. 1623 ") ebd. 113 Nr. 1555 f.


is znr Einführung <strong>der</strong> Reformation.<br />

ft7<br />

Streite nm Ostpommern, um den es sich handelte, schließlich keiner von<br />

beiden, son<strong>der</strong>n Polen den lttcwmn davontrug. Aber iu <strong>der</strong> Frage des<br />

^chnsverhältuisses war den Fürsten doch alles an einer engen Verbindung<br />

mit ihrem Bischöfe gelegen; sie gingeu hier sogar soweit, ihre gesamten<br />

Vande vou dem ihnen treu ergebene» Bischof Kourad I V. (i:;i7—Ni24)<br />

<strong>der</strong> Form nach zu Vehcn zu nehmen^).<br />

Eine Feindschaft des Bischofs mußte ihnen in dieser Sache nm so<br />

nngelegeuer sein, als <strong>der</strong> Vaudbcsitz des Bistums das Territorium Wolgast<br />

in zwei völlig geschiedene Teile zertrennte. Die Herzoge haben deshalb<br />

mit allen Mitteln versucht Pcrstäudigungcu herbeizufuhreu o<strong>der</strong> sich Gehorsam<br />

zu erzwingen, aber es kam stets nur zu momeutauen Festsetzungen, die<br />

immer nur den betreffenden Bischof nud sciu Kapitel banden, nicht zu<br />

dauernden. Und selbst wenu die Mmachuugcn, wie die anch von Kankow<br />

erwähnte*) voll !304, zwischen Herzog Bogislaw IV. nnd Bischof Heinrich"),<br />

sich anch anf die Nachfolger ausdehueu solltcu, so waren sie doch immerhin<br />

so allgemeiner Art, daß ein fester Hnstand darans nicht hervorgehen konnte.<br />

Erst mit Bischof Johann*), <strong>der</strong> zunächst zu seiucu Verwandten hielt bei<br />

<strong>der</strong>en wechseln<strong>der</strong> Stellung zwischen dem falschen Waldemar und den Mittelsbachern,<br />

sich schließlich aber mit beiden Zweigen des Herzogshanses überwarf,<br />

kam ein Vertrag zustande, <strong>der</strong> zum crsteu Male eiue bestimmte staatsrechtliche<br />

Stcllnttg des Bistums zum Herzogtum schuf.<br />

Die Herzoge hatteu den Hanptgnmd für die Unstimmigkeiten zwischeu<br />

ihrer und <strong>der</strong> bischöflichen Politik erkannt. Die Persönlichkeit des jedesmaligen<br />

Bischofs und die Zusammeusekung seines Kapitels, die gaben die Richtung<br />

an, die munteu also iu Abhängigkeit vKl <strong>der</strong> weltlichen Gewalt gebracht<br />

wcrdeu; nnd das konnte naturlich auf die Dancr nnr erreicht werden, wenn<br />

die Herzoge die Wahlcu bcciuflm'seu kounten. Die beiden ersten Bischöfe<br />

waren vou den Fürsten eingesetzt worden. Seitdem aber Kasimir 1. am<br />

St. Iohanuisdom zu Camiu l l ?


^H<br />

Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

in dem damals ausgebrochenen Kamvfe zwischen ihren Herzogen nnd König<br />

^lldwig von Bayern ans Brandenburgs Zeite standen, Ludwig von Heuneberg<br />

zum Bischof wählten, den Sohn des vom Könige zum Verweser <strong>der</strong> Mark<br />

eingesetzten Vcrtold von Hcuueberg').<br />

Dazu kam, daß das Ztrcben <strong>der</strong><br />

Pävste, die Besetzung <strong>der</strong> kirchlichen Ämter in immer größerem Umfange<br />

in ihre Hand zu bekommen, auch in Camin, zwar die freie Wahl <strong>der</strong><br />

Domherren erheblich einschränkte, aber auch deu herzoglichen Interessen<br />

zuwi<strong>der</strong>laufen touute. So war Hermann von Gleichen im Auftrage<br />

Innozenz' IV. (wahrscheinlich auf Empfehlung König Konrads IV. o<strong>der</strong><br />

vielmehr <strong>der</strong> Königin Elisabeth')) gewählt, so Heinrich von Wachholz dnrch<br />

Aonifaz VIII. eingesetzt worden'). Johanns XXII. Eingreifen, <strong>der</strong> sich<br />

die Besetzung des Bistums ausdrücklich reservierte^), war zwar den Herzogen<br />

nicht uuangcnehm, da ja <strong>der</strong> Papst als (Hegner <strong>der</strong> Wittelsbacher, ihrer<br />

Feinde, sie unterstützte, nützte ihuen aber doch nicht viel, da es im Bistum<br />

eine große Spaltnng hervorrief und dadnrch dessen Kräfte lahmlegte.<br />

Auch<br />

Iohauu vou Zachseu-Lauenburg war auf Grund des päpstlichen Ncscrvationsrechtcs<br />

durch Clemens Vl. ernannt worden 5) ; allerdings hatte bei ihm<br />

Herzog Barnim auf die Wahl hingewirkt«).<br />

Au<strong>der</strong>erseits bestanden die<br />

Päpste nicht durchaus auf ihrem Rechte, sou<strong>der</strong>n bestätigten auch wohl eine<br />

freie Wahl, selbst wenn ihnen die Besetzung znftand, wie Johann<br />

die Wahl Friedrichs von Eickstedt").<br />

Allen diesen Unsicherheiten galt es entgegenzutreten.<br />

XXII.<br />

Darum benutzten<br />

die Herzoge, und zwar die Volgaster Herren, deuen am meisten daran<br />

gelegen sein mußte, da <strong>der</strong> Bischof iu ihrem Lande saß, die Gelegenheit,<br />

sich rechtlich nud für immer einen Anteil an <strong>der</strong> Besetzung des Vischofsstuhles<br />

zu sichern; und so schloß Bogislaw V.<br />

mit Bischof Johann am<br />

25). Inni 13s)l)^t>en wichtigen Bertrag, <strong>der</strong> deu Herzogen ein Bestätigungsund<br />

Aufsichtsrecht und die Schirmvogtei über das Stift zuerkanntes, welche<br />

die Herzoge kurz darauf durch ihren Eid noch beson<strong>der</strong>s betonten^).<br />

dem Vertrage versprach <strong>der</strong> Herzog für sich uud seine Erben: Bischof,<br />

Kapitel und Kirche mit ihrem Besitz wie seine eigene Herrschaft zn schützen<br />

und von den Gütern des Stiftes nichts zu weltliche» Zwcckeu zu veräußern.<br />

Dagegeu verpflichteten sich Bischof und Kapitel,<br />

In<br />

in Zukunft keinen Bischof<br />

zu wählen, anzunehmen o<strong>der</strong> zuzulassen, auch keine Kanoniker o<strong>der</strong> Vikare<br />

zu ernennen, ohne Einwilligung, Auffor<strong>der</strong>ung und Zustimmung <strong>der</strong> Herzoge '").<br />

') Über ihn s. I. v. Pflugk-Harttung, Iohanniter u. Dt. Orden. ') Mbll. 15,<br />

77 f. 2) P. U. V. 4, 34 Nr. 201«. ^ P. U. B. 6, 237 Nr. 3706. °) Vlüt. Stud.<br />

(N. y.) 8, 135. «) K. St. A. St.: St. A.; T. 1 Nr. 53. Fol. U6' u. 90". ') Balt.<br />

Stud. a. a. O. 133. ») K. St. A. St.: B. C., gedruckt bei Klempin, 431.<br />

°) K. St. A. St.; B. C: 1356 Okt. 12 und 10 (ö und 2 Expl.); v. Eickstedt 1. 216.<br />

Abschrift: K. St. A. St.: St. A.: Tit. 81 Nr. 36. '


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 99<br />

Damit war Bedeutendes erreicht worden. Die Zusammensetzung des<br />

Kapitels und die Person des zu erwählenden Bischofs hingen von den Fürsten<br />

ab; wer ihnen nicht genehm war, tonnte jetzt leicht ausgeschlossen werden,<br />

und damit schien die unabhängige Stellung des Bistums vernichtet und<br />

die Möglichkeit einer selbständigen Politik des Äischofs ausgeschlosseu zu sein.<br />

Die getroffenen Abmachungen waren jedenfalls eme geeignete Grundlage,<br />

von <strong>der</strong> aus mau zu einer weiteren Unterordnnug des Stiftes gelangen konnte,<br />

des einzigen von <strong>der</strong> sich immer weiter ausbildenden fürstlichen Landeshoheit<br />

ganz eximierten Teiles des Territoriums. Aber einem solchen Fortschreiten<br />

auf dem Wege zur Mediatlsierung des Bistums stellten sich jetzt an<strong>der</strong>e<br />

Gewalten in den Weg.<br />

Das hing mit <strong>der</strong> Neichspolitik zusammen. Wie schon des Bistums<br />

Stellung zum Herzogtum uubestimmt war, so noch vielmehr sein<br />

Verhältnis zum Reiche. Gegründet war es in einer Zeit, da Pommern<br />

noch nicht zum Reiche gehörte; über die Temporallen <strong>der</strong> Kirche hätten<br />

also die Herzoge von Pommern das Verfügungsrecht gehabt; galt aber die<br />

Exemtion des Bistums durch den Papst auch für die Temporallen'), dann<br />

war das Bistum überhaupt jeglicher weltlichen Gewalt eutzogeu; war jenes<br />

aber nicht <strong>der</strong> Fall, dann konnte freilich, seit Pommern zum Neichslehnsverbande<br />

gehörte (liNl), das Königtum seine Ansprüche auf das Kirchcngut<br />

geltend machen; denn die Herzoge hatten ja auf jeden Rechtsanspruch an<br />

das den Bischöfen übertragene ^and verzichtet und damit auch auf jede Mitwirkung<br />

bei <strong>der</strong> Besetzung des Bistmns, und das Bistum musste in diesen:<br />

Falle notwendig als reichsunmittelbar angesehen werden. Und als es erst<br />

einmal seilten territorialen Charakter erhalten hatte, war ein Trachten nach<br />

<strong>der</strong> Rcichsnnmittelbarkeit o<strong>der</strong> vielmehr nach einer Anerkennung <strong>der</strong>selben<br />

ganz natürlich. Bischof Johann von Sachsen^anenburg scheint nachdrücklicher<br />

als seine Borgänger dieser Tendenz gefolgt zu sein.<br />

Als nach dem Tode Kaiser Ludwigs des Bayern Karl IV. seinen Königsritt<br />

unternahm, gewann er immer mehr Anhänger, während die Wittelsbacher<br />

nach einem Kandidaten ausblickten. Die pommerschen Herzoge huldigten<br />

dem neuen Könige, zu dem sie spater auch iu ein verwandtschaftliches<br />

boni» 8NÌ8 et »ttinentii3 earnnsem 8iout proprium äomlnlnm kmnm vt.<br />

powerauis iu perpetui tempuribut»<br />

non a>be»mi8 U60 etig.m volunmg<br />

lo ^pi8C0puln, uut accept^ e, aut aämiUelk aä noätram eccisZiam<br />

, aul uonog (>'kU0nieoiz, dam a


Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Verhältnis traten, gleich 134N und empfingen ihre Län<strong>der</strong> als Lehen'),<br />

und zwar in Gegenwart ihres Verwandten, des Bischofs. Damals scheint<br />

.ttarl nun anch diesen haben auffor<strong>der</strong>n lassen, die Velehnung mit dm<br />

Regalien des Stiftes nachzusuchen. (5in solches Verlangen mußte dem<br />

Bischof an sich sehr gelegen kommen, weil es ihm zeigte, daß <strong>der</strong> König<br />

ihn als Ncichsfürsten beliaudeltc; trotzdem ist er ihm uicht uachgefommen,<br />

beeinflußt vielleicht durch seiucn Vater, Herzog Erich von Sachscu-Vaucuburg,<br />

<strong>der</strong> zu dcu Wittelsbachcru hielt. Diese wählten ja dann zuuächst Eduard Ili.<br />

von England und im Iannar 1349 in Frankfurt den Grafen Günther<br />

von Schwarzburg zum Könige. Bezeichnend ist wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Umstaud, daß<br />

<strong>der</strong> Bischof vou Camiu gegen die Herzoge von Pommern mit Brandenburg<br />

zusammen geht. König Karl lV. entzog nun, augenscheinlich auf die<br />

Weigerung des Bischofs hin, diesem die Verwaltung <strong>der</strong> Negalien uud<br />

übertrug sie dem Domkapitel, bis <strong>der</strong> Bischof Treueid und Mannschaft<br />

gelobt habe').<br />

Johann hat nun beabsichtigt das zu tun, o<strong>der</strong> mag es auch getan<br />

haben; deuu wir erfahren, daß Herzog Baruim verlangte, „de Bischop van<br />

Camyu schal eupfan sine wertliken lehnen van dem Hertog vau Stettin",<br />

und daß König Waldemar von Dänemark und Herzog Erich d. I. von<br />

Sachsen, die 1:55)7 zwischen Herzog und Bischof vermittelten, dahin entschieden,<br />

daß es gehalten werden solle, wie es früher gewesen sei^). Dieser erste<br />

Versuch des Bischofs, die Neichsunmittelbarleit zu erlangen, war also abgeschlagen<br />

worden; aber für die Folgezeit bildete den großen Nachteil,<br />

wie überhaupt für die Politik Pommerus, so auch für die Kircheupolitik,<br />

die Teiluug <strong>der</strong> Herrschaft, die keiucn einheitlichen Zng anfkommen ließ<br />

und das einmal Erreichte immer wie<strong>der</strong> in Frage stellte. Der unter Bischof<br />

Johann begonnene Kampf um Ncichsunmittelbarkeit o<strong>der</strong> Abhängigkeit des<br />

Bistums durchzieht dcsscu ganze folgende Geschichte.<br />

Zunächst aber war durch den Vertrag von 135)6 den bischöflichen Zielen<br />

die Möglichkeit ihrer Verwirklichung genommen, und während Karl I V. nicht<br />

«) Riedel II, 2, 228 Nr. 853; Sommersberg, 8iles. rer. script. 1, 987; Huber,<br />

imperii 58 Nr. 698 und


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 101<br />

nur den Vischof als reiebsunmittelbaren Fürsten ansieht, fon<strong>der</strong>n anch das<br />

Domherrcnstift an <strong>der</strong> St. Otteukirche iu Stettin, als ob diese Neichskirchc<br />

wäre, mit Landbesitz belehnt^), wird <strong>der</strong> Bischof von den Herzogen als<br />

Vaudstaud allgeseheu uud bei einer Äcstätigllug <strong>der</strong> Privilegicu des Raubes<br />

nuter den Ställden des Territoriums aufgeführt"). Auch die uoch uuter Bischof<br />

Iohauu begonnenen, unter seinem Nachfolger fertiggestellten Kapitelstatuteu')<br />

erkcunen die Überordullug <strong>der</strong> Herzoge au. Zwar vou ciuem Rechte eiuer<br />

Eutscheidung bei <strong>der</strong> Wahl des Bischofs selbst wird nichts erwähnt, aber<br />

ans den Bcstilnmnugcu über die Besetzung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Amter geht deutlich<br />

hervor, daß die Festsckllngcu des wichtigen Vertrages noch in Geltnng standen.<br />

1356


l03<br />

Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

altare neatorum<br />

ap08tolorum k>e»<br />

tri et k^auli,<br />

nigi oum con-<br />

3eN9U, ^U53U,<br />

favore et voluntats<br />

prh»<br />

äioti ctomini<br />

N08tri<br />

6uei8 pome»<br />

ranie et 8uorum<br />

N6i-6li„m,<br />

promittentes<br />

omnia preslictH<br />

ssriitÄ.<br />

et rata perpetue<br />

naoi«<br />

turi<br />

8lN6 VON-<br />

8ennu, ^U83N,<br />

iavore et voluntate<br />

. . .<br />

äuminorum<br />

Dueum ?0msranie<br />

et ne»<br />

recium 8uorum.<br />

savore et vo-<br />

Iimtate<br />

liominnrnm<br />

Ducum l^omera?lie<br />

et suorum<br />

nerellum<br />

Nlt in ilio yuo6<br />

saeiunt, (^apitulum<br />

. . . et<br />

totum n^nei-e<br />

et tenere ^ratum<br />

et ratum<br />

in em8 temaltare<br />

deatorum<br />

»p03wis)rum ?etri<br />

et I^nuli.<br />

^lue collatio 80-<br />

lummocio pes»<br />

tilget nd Opl8-<br />

eopum . . ,<br />

livore, eon^en-<br />

8u et voluntate<br />

l^ereni88ilnorum<br />

Duculn l'omeranie<br />

ummu3 I^lenanus clommorum<br />

Duoum k'omeranie et illorum nerecium, et 8upremu8 00ll8i1i«riu5') . . .<br />

36mper et oolticke 6ebet concorc^Äre cum ei8, et clomini pregiati ciedent . .<br />

6efen


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation.<br />

1l)Z<br />

daran gelegen war, Herzog Johann von Mecklenburg, <strong>der</strong> sich damals auf<br />

den Camiucr Bischofssitz Hoffmmg gemacht hatte'), fernzuhalten. Nach<br />

seinem frühen Tode wählte das Kapitel sogar einen <strong>der</strong> Wolgaster Herren<br />

zum Bischöfe, Bogislaw VIII').<br />

Da aber griff die Ncichsgcwalt abermals<br />

ein, und zwar in enger Verbindung mit dem Papsttum, mit einem schismatischcn<br />

Papsttum.<br />

Wo zwei den Anspruch erhoben, das Oberhaupt <strong>der</strong><br />

Gesamtkirche zu sein, war je<strong>der</strong> von beiden leicht zum Eutgegcukommeu geneigt,<br />

um seine Anhängerschaft zu sichern und zu vermehren.<br />

Der römische Papst,<br />

Urban VI., eruauute also König Wenzels Kanzler Johannes Ärunouis, Propst<br />

von Lebus, zum Bischof von Camin, und <strong>der</strong> König, <strong>der</strong> mehrfach versuchte,<br />

Besetzung und Vcrwaltuug von Bistümern unmittelbar an sich zu ziehen^),<br />

belehute diesen, nachdem er „darüber gewöhuliche Huldigung, Gelübd und<br />

Eide genommen und empfangen" hatte, „als<br />

ein römischer Köuig, seiuer<br />

Kirchen oberster Lehenherr" mit „seiner Kirche zu Camiu Fürsteuthumbc",<br />

dasselbe von ihm „und dem Reiche zu haben, zu halte», zu besitzen und<br />

zu genießen"*).<br />

gewesen.<br />

Damit wäre das von den Herzogen bisher Errungene wie<strong>der</strong> verloren<br />

Die Stiftsvogtei <strong>der</strong> Herzoge hatte die (Gefahr beseitigt, die eine<br />

unabhängige Stellung <strong>der</strong> Stiftslande herbeiführen konnte, wenn eiu feiudlich<br />

gesinnter Bischof dort herrschte; eine Gefahr, die die Herzoge verschiedentlich<br />

kennen gelernt hatten.<br />

war <strong>der</strong> alte Zustand wie<strong>der</strong> da; das Stift<br />

Wenn das Stift jetzt reichsuumittcldar wurde, dann<br />

hätte wie<strong>der</strong> das Herzogtum<br />

Wolgast vollstäudig in zwei von einan<strong>der</strong> ganz getreuute Teile zcrschuittcn<br />

uud einen dritte», die Lande Aelgard und Neustettiu zur Enklave gemacht.<br />

Dem mußten die Herzoge entgegentreten.<br />

Dazu kam aber noch ein zweites:<br />

auch das Domkapitel mußte ein Interesse daran habe», das Bistum nicht<br />

reichsunmittelbar werden zu lassen.<br />

„Die Mitglie<strong>der</strong> des Domkapitels, fast<br />

alle Pommern, Söhne und Brü<strong>der</strong> <strong>der</strong> umwohnenden adligeu Vasalleu o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> städtische» Patrizier, fühlten sich und ihre Interessen mit tausend Fäden<br />

an das Vaterland geknüpft.<br />

Neffeu und Vettern waren ini Stifte zu versorgen,<br />

auf erledigten Lehen unterzubringen, o<strong>der</strong> mit kirchlichen Einkünften<br />

zu dotieren. Sie selbst durften sich auf die höchsten Würden im Stifte<br />

Nechnung machen und tonnten sogar au die Erlangung des Bischofssitzes<br />

denken, da er durch ihre Wahl zu besetzen, uud meistens auch immer aus<br />

ihrer Mitte besetzt war. Wurde das Stift reichsunmittelbar, so konnten<br />

sie voraussetzen, daß Kaiser und Papst um so gieriger, ihre Wahl umgehend,<br />

') K. St. A. Et.: St. N.: Tit. b? Nr. 15 5o1.105. ') Niemann. Gesch. d. St.<br />

Kolberg, Anh. 30 Nr. 26; vgl. die Tarstellung in <strong>der</strong> Bulie von I4ltt Juni 22:<br />

Klempin 437; Wehrmann in Beiträge, «1. ^ NnNier, Teutsche Glich, unter d. Habsb.<br />

u. Vuzemb. 2, 164. *) Cchoettgcn, Altes und Neues Pommerland 666; Klempm 429;<br />

Abschrift: K. Ct. A. St.: Ct. A.: Tit. ttti Nr. 17: 1^6 Juni 7: ebd.: Caminer<br />

Matrikel lol. 124. Dreger 11, Nr. 2065.


1l)4 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

ihnen Bischöfe senden wurden, znmal anch den Pommerschen Herzogen kein<br />

Peto mehr zustand, die des friedlichen Einverständnisses wegen ein VandeSkind<br />

lieber sehen mnyten als fremde, nnd gar solche ans mächtigen Dynastengeschlechtcrn.<br />

ssürsteuwhue aber würden sich herandrängen, mit ihnen kamen<br />

ihre Ketreuen, <strong>der</strong>en Sippschaft folgte nach, nnd was bisher dem Pommerscken<br />

Adel an Gennß von geistlichen Pfründen zugefallen war, ging in an<strong>der</strong>e<br />

Hände über" ').<br />

Aber zu einer feindlichen Auseinan<strong>der</strong>setzung zwischen den beiden<br />

Bischöfen ist es nicht gekommen. Das Kapitel liest sciue Wahl fallen und<br />

erkannte Johann Vrnnonis an, nud die Herzoge traten ihm ebenfalls nicht<br />

entgegen. Dafür aber schlössen sie am 34. August Nltt? mit dem Kapitel<br />

einen Vertrag'), demznfolge <strong>der</strong> Electns Herzog Äogislaw Vili, zum erblichen<br />

Schirmvogt <strong>der</strong> Caminer Kirche bestellt wnrde. freiwillig nnd ohne irgendwelchen<br />

Zwang, erklärten die Domherren, hätten sie im Einverständnis mit<br />

den Herzogen Wartislaw, Vognlaw nnd Barnim nnd im Einverständnis<br />

auch mit den Ständen des Stiftes ihren „Mitdomherrn" Herzog Vogislaw<br />

zu einem Vorsteher und Beschützer <strong>der</strong> Kirche uno des Stiftes Camin „um<br />

<strong>der</strong>en Not nnd Nutzen willen erwählt". Und zwar sollte we<strong>der</strong> <strong>der</strong> vom<br />

Papst ernannte nenc Bischof Ioliann den Herzog seines Amtes entsetzen<br />

dürfen, noch wollten sie jemals von seiner o<strong>der</strong> seiner Erben Schirmvogtci<br />

zurücktreten^). Ja, das Kapitel ging sogar noch weiter: nicht nnr die<br />

Schirmvogtci allein wnrde dein Herzoge übertragen, das Kapitel wollte ihm<br />

die ganze weltliche Leitung des Stiftes überlasscu; deshalb wurden ihm alle<br />

Städte und Schlösser des Stiftes überwiesen nnd ihm das Recht erteilt,<br />

alles verpfändete Gnt <strong>der</strong> Kirche wie<strong>der</strong> einzulösen nnd zu behalten, bis<br />

') Klempm 433. 2) Transsmnpt in K. St. A. St.: V. C.: 1422 Sept. 13;<br />

Folios, yd Kr. 64 Nr. lO7; Kraay, Gesch. d. Geschl. v. Kleist, 45 9?r.


is zur Einfilbruna <strong>der</strong> Reformation. 105<br />

ihm die Einlöilmgssummen zurückerstattet seien'). In einem zweiten Vertrage<br />

vom 7. Dezember lAN?*) wnrden dann die Beziehungen zwischen den<br />

Herzogen uud dem Stifte im Einzelnen genauer geregelt nnd am gleichen<br />

Tage alle Privilegien und Nechte <strong>der</strong> damincr Kirche bestätigt ^). Die<br />

Herzoge betonten in ihrem Vertrage noch einmal beson<strong>der</strong>s, daß Aogislaw<br />

zwar dem neuen Bischöfe, wenn <strong>der</strong> es verlange, weichen würde, aber erst,<br />

nachdem er für seine finanziellen Mühen entschädigt sei, und dann: daß<br />

wenn Vogislaw unter Johann „Vorsteher des Stifts" bleiben sollte o<strong>der</strong><br />

gar er selbst zum Aischofsstuhl gelangen würde, in diesem Falle <strong>der</strong> augenblickliche<br />

Vertrag bestehen bleiben und die Verbindung des Stifts mit dem<br />

Herzogtum nach Möglichkeit „besser und fester gemacht" werden solle*).<br />

Die Bedeutung dieser Abmachungen für das Herzogtum als solches<br />

ist klar. Die großen Fürsteuprivilegicu Kaiser Friedrichs II. hatten die<br />

geistlichen Fürsteu des Reiches den weltlichen rechtlich gleichgestellt und die<br />

früher leichter mögliche Nmcrorduung jener unter diese beseitigt. Aber<br />

das weltliche Fürstentum wollte doch keineswegs so ohne weiteres ganz<br />

darauf verzichten. Und es fand Mittel seiue Zwecke zu erreichen; die<br />

Tchirmvogtei, zum mindesten über einzelne zcrstrent in dem Territorium<br />

liegende Teile des Hirchenbcsihcs, bot einen erfolgreichen Ansgangspnnkt;<br />

dmch Einwirknng auf Papst und Konig o<strong>der</strong> das Kapitel konnte man<br />

genehme Wahlen durchsehen; beson<strong>der</strong>s war bisher und wurde auch weiterhin<br />

die Invcstitnr <strong>der</strong> Bischöfe des Territoriums angestrebt. Nnn war hier<br />

in (lamin fast die gesamte weltliche Administration einen, <strong>der</strong> Fürsten<br />

erblich unterstellt, was bot das für Aussichten! Abcr Bogislaw hatte kein<br />

rechtes Verständnis für dcn Wert seiner Stellung als erblicher Schirmvogt<br />

') .. myt sloten vnde steden, land vnd luden, alze Kolberghe, Koffein, Korlyn,<br />

Massoni, Czarehusen, Polnow, Bubbelye Sczanow, unde myt allen stcden vnd sloteu,<br />

de yn oeme stichle to Camyn zynt vnde lieghen, vnde de dar to behoren, alzo wit<br />

alze dat stichle to CamMl is, dar wy me znluen . . yn ghcniysel Hebben myt haut<br />

und myt munde . . alzc wcs vze here vorbenomeo lozet van sloten vnde steden, lauo<br />

vnd luden van des slichtes uogheden und ereu ammetlnden, vude geld, vude gud, unde<br />

vennyghe, dar vv des stichtes slote vud ahift, vude ze d.ir mede af uymmed v»,d lietalet<br />

nu ed<strong>der</strong> rin tokomenoen tyden . . . dar scole wy myt vzen u.ikomelyufthen vllsen<br />

hevtoghe Vucgheslauo vordellonict ed<strong>der</strong> zyne eruen ot nicht af vlltzllleu myt schellleken<br />

rechte, eddev ulyt wertetem lechtc . . . wy hebben ze tovoreu un van aller scult vnd<br />

schaden ghenomen, dar ze van des ssichtcs weghen vnd uan <strong>der</strong> Griten weqheu to<br />

(5anlyn lm komen mogheu zyn vnde wezen, vndc to voren an de summe qheldcs, alze<br />

vele, alze vnse here Herloch Vu^beslas uorbenomet vtgl>essheuen hsft,.. en ed<strong>der</strong> zvnen<br />

eruen wed<strong>der</strong> to ener nosshe gheuen vud l.etalet Hebbel,. ', K. ^t. A. >3t.: B. (5-:<br />

^'^7 Dcz. 7 : Entwurf dazu edd.: Tev. 3t. Kolberg Nr. 75; Ncllve. et X,-.


106 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

und „Vorsteher" <strong>der</strong> Kirche. Bei dem Mangel eines einheitlichen großen<br />

Zuges in <strong>der</strong> pommerschen Politik konnte es auch nicht aufkommen.<br />

Je<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> kleinen Teilfürstcn sorgte am ersten doch für sein kleines (Gebiet uud<br />

nur sehr gelegentlich kommt die Einheit wie<strong>der</strong> zum Ausdruck.<br />

Daß dabei<br />

trotzdem solche Erfolge, wie 13K7, erreicht wurden, ist zum größten Teile<br />

durch an<strong>der</strong>e Ilmstäude, nicht eine bewußte Politik, son<strong>der</strong>n die außerordentlich<br />

bedrängte kümmerliche Lage des Stiftes, veranlaßt, die es allerdings mit<br />

den ganzen (legenden teilte und von denen ein alter Bericht erzählt:<br />

Niemand eriuuere sich seit Meuscheugedenken, daß die Län<strong>der</strong> (<strong>der</strong> Markgrafen<br />

von Brandenburg, <strong>der</strong> Herzoge von Pommern, des Bischofs von<br />

Camin usw.) je so schrecklich heimgesucht worden waren und so wüst uud<br />

öde dagelegen hätten, anßer den Bürgen und mnmanerten Städten !ei lein<br />

Ort,<br />

<strong>der</strong> nicht gebrandschatzt sei, so hätten dort Fürsteu und Adel gegeneinan<strong>der</strong><br />

gewütet l). Das trieb das Stift zu den Herzogen. Aber<br />

Bogislaw VIII. nntzte seine Administration im Grunde auch nnr in seinem<br />

Teilinterefse, und anch da noch sehr kurzsichtig aus. Der ver<strong>der</strong>bliche<br />

Einfluß <strong>der</strong> Teilregierung auf die Entwicklung des Gesamtstaates kaun<br />

nicht genug betout werden.<br />

Aogislaw kouute möglicherweise selbst Bischof<br />

werden, — <strong>der</strong> Fall war in Aussicht genommen worden — aber er gab<br />

schließlich auch die Administration auf uud legte die große» Zugeständnisse,<br />

die ihm gemacht worden waren, wie<strong>der</strong> in die Hand des Bistums zurück.<br />

Er<br />

ward wohl durch sein Fürstentum zu sehr iu Anspruch geuommen,<br />

beson<strong>der</strong>s als er während <strong>der</strong> Neiie seines Arn<strong>der</strong>s nach dem Heiligen<br />

Lande in Hinterpommern allein die Herrschaft führte; 1391 wird <strong>der</strong> Caminer<br />

Propst als 2timmi5tl'ttwr in gpiritunlibug et temporali du 8 genannt*).<br />

Erst später hat dann indirekt Nogislaws Son<strong>der</strong>iuteresseupolitik doch die für<br />

das Fürstentum güustigeu Früchte getrageu. Aus seiner stiftsvogteilichen<br />

Stellung folgte nämlich <strong>der</strong> Streit<br />

um einige Stiftsschlösser, den er auf<br />

seineu Sohu vererbte, und <strong>der</strong> hernach zu dem wichtigen Vertrage von<br />

1436 führte.<br />

Die beiden nächsten Bischöfe kümmerten sich nm die von Johann<br />

Brunonis nominell erlangte Ncichsunmittelbarteit des Bistums<br />

garnicht;<br />

jedenfalls erfahren wir nicht, daß sie sich um die Velehnung durch den<br />

Köuig bemüht hätten,<br />

ein Beweis, wie sehr die Entwicklung von Rechtsverhältnissen<br />

zwischen verschiedenen Institutionen von den Persöulichleiteu<br />

<strong>der</strong> einzelnen Repräsentanten abhängig ist. Johann von Oppeln (1394<br />

bis 139N)2) ging bald wie<strong>der</strong> fort von Camin, und Nikolaus von Schippendes)<br />

') Sommersberg, 8j1ss. rsr. script. 2, 123; V.Wedel 4, 32 Nr. 34; Sello,<br />

Geschichtstreuen d. Geschl. v. Borcke 1, 27? Nr. 274. ') Lchöttgen, Alt. u. Neues<br />

Pommerl. 202. ^ Hvölky, Ulkundeub. d. Bist. Culm, 311 Nr. 403; ('uä. m».j. I'ol. 3,<br />

673 Nr. 951 ; Zeitschr. d. Ber. f. Schlesien 31, 225-30.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation.<br />

fand wenig Anerkennung (1398—1410).<br />

König Wenzel selbst, in dessen<br />

Negierungszeit die beiden Vakanzen noch fielen, war nicht in <strong>der</strong> ^age,<br />

seine Politik inbetreff des Bistums fortzusetzen, ganz abgesehen davon, daß<br />

ihm auch das Interesse dafür geschwunden war; er saß das eine Mal in<br />

Böhmen gefangen und war das andre Mal nur gezwuugen im Reiche<br />

anwesend.<br />

Erst Bischof Magnus (1410—1434) kommt wie<strong>der</strong> auf den<br />

Reichsfürstenstand des Bischofs von Camin zurück, <strong>der</strong> Sohn Herzog<br />

Erichs IV. von Sachsen, vom Konzilspapste Alexan<strong>der</strong> V. providiert'j,<br />

nachdem Bischof Nikolaus entferut war, weil er ein Anhänger Gregors XII.<br />

auch nach dessen Absetzung durch das Konzil zu Pisa blieb. Als geborenen,<br />

Herzoge lag ihm ja <strong>der</strong> Gedanke nahe, ebenso wie seinem Vorgänger und<br />

Vorfahren, Bischof Johann; die Kraft <strong>der</strong> Tradition macht sich darin bei<br />

ihm geltend. Sie sind auch iu ihre« Erfolgen verwandt. Johann hatte<br />

zu mindesten Aussicht gehabt, reichsfnrstlicher Bischof zu werdcu und mußte<br />

sich zum Bertrage von 1^5)6 bequemen; Magnus erreichte die Belehmmg<br />

durch Kaiser Sigmund. Für seinen Nachfolger wurde die Neichsfreiheit<br />

Illusion dnrch den Bertrag von 1436.<br />

Die Angelegenheiten des Stiftes überließ Magnus fast ganz seinem<br />

Generalvikar, dem Tribseer Archiviato« Konrad Bonow^), <strong>der</strong> mit Äogislaw<br />

von Stolp, dem ehemaligen Schirmherrn des Bistums, den Kampf um die<br />

Ltiftsschlösser weiter auszufcchten hatte. In dessen Verlaufe verband er<br />

sich mit Heinrich von Plauen, dem Hochmeister des Deutschen Ordens^),<br />

dessen Vorgänger, Ulrich von Iungiugen, schon einmal, auf die Vitteu des<br />

Bischofs Nicolans hin^), vom Papste mit<br />

betraut wordeu war').<br />

<strong>der</strong> Beschulung des Bistums<br />

Man kämpfte, verhandelte, bezichtigte sich gegenseitig<br />

des Friedensbrnchcs; endlich brachte Magnus selbst den Iwist vor das<br />

Konzil von Konstanz, aus dessen Entscheidung Bogislaw sich bernfen hatte:<br />

Dieser starb, ehe <strong>der</strong> Sprnch gegen ihn fiel.<br />

Auf dem während des Konzils<br />

von Sigmund berufenen Reichstage aber, auf dem anch Burggraf Friedrich<br />

von Nürnberg am 18. April<br />

14l7 feierlich mit <strong>der</strong> Mark Ärandenbnrg,<br />

<strong>der</strong> Kurwürdc und dem Erzlämmereramte belehnt wurde, empfing nun<br />

Bischof Magnus am 10. Mai 1417 „unter Gebrauch von Schwert, Vanner<br />

und den an<strong>der</strong>en bei gleichzeitig weltlichen und geistlichen Fürsten üblichen<br />

Formen"<br />

für sein Fürstentum und seine Kirche die Velehnung mit den<br />

Regalien«), ohne das; die Herzoge Wartislaw Vili, uud Otto ll., die zum<br />

Zwecke des Lehnsempfanges ebenfalls in Konstanz zugegen waren'), Einspruch<br />

') Provisionsbulle gedr.: Balt. Etud. (N. F.1 8, 142. ') Kcmhow l, 238 f.,<br />

243 ff. ') Joachim, 01 Nr. 330 f. ') Nicolaus von Schippenbeil war früher Procurator<br />

des Ordens um römischen Hofe gewesen. ^) Nach einer freundl. Mitteilung von<br />

Herrn Prof. Dr. M. Webrmann: K. >3t. A. Königsberg: Negistr. 1k, 118 u. ü.<br />

«) v. d. Haardt 4, 1822; Richenthal led. Bück), 108; Bartholo 4 1, 29 Anm. 2.<br />

') ihre Velehnungsurkunden: Balt. Stuo. (N. F.) 3, 1?tt; vgl. D. R T. A. ?. 320<br />

Nr. 211; Raumer 88.


Staat und Kirche in Pommern im ausgebenden Mittelalter<br />

erhoben hätten gegen diese Eingriffe in die Mechte ihres Hauses; denn Camin<br />

war feine Eigeuktrche des Reiches, und weuu die Uuabhängigkcit <strong>der</strong><br />

Temftoralien —<br />

falls die päpstliche Exemtiou sie in sich schloß — überhaupt<br />

aufgegeben wurde, so kam die Vcrlcihuug <strong>der</strong>selben den Herzogen zu; aber<br />

schwcigeud gabcu sie die Neichsuumittelbarkeit des Bistums, ihves Bistums,<br />

zu, zu <strong>der</strong> freilich ihre Vorfahrcu durch dcu Verzicht auf die ^ehusherrlichkeit<br />

über das den Bischöfen vcrliehcue ^and in gewissem Eiuue dcu (hrund<br />

gelegt hatteu. Uud in diesem Zugcstäuduis offenbart fich wie<strong>der</strong>um die<br />

Wirkuug <strong>der</strong> vielgespaltcueu Herrschaft in Pommern; die beiden gruauuten<br />

Herzoge waren bei <strong>der</strong> Angelegenheit des Bistums so uumittelbar uicht<br />

iutercssiert, Warlislaw herrschte ill Wolgast uud Gingen, Otto in Stettin,<br />

Vogislaw von Stolp aber konnte als im Vcmue befindlich nicht erscheinen.<br />

Es<br />

ist erklärlich, daß diese drei Präzedenzfälle eiuer Auerkeunung <strong>der</strong><br />

Neichsunmittelbarkeit<br />

des Bistums durch deu Köuig, uamlich bci Iohauu<br />

von Sachsen-^aueuburg, Iohauu Bruuouis uud Maguus, ciuell ucueu, in<br />

früheren Verhältnissen nicht begründeten Nechtszustaud schufcu. Kaiser<br />

Sigmund hat den Neichöfürsteustaud des Camiucr Bischofs ausdrücklich<br />

betont'). Ilutcr den Vaduugsbriefcu zum Ncgcnsburger Reichstage voll<br />

1422*) befiudet sich zwar leiuer für Camiu, dagegen wird das Bistum<br />

in <strong>der</strong> Neichsmatrikcl von 14^2^) llud vou da au iu allen folgcuden<br />

aufgeführt; ebenso ist es zur Neichskriegssteuer 14'^ vcrauichlagt wordcu^),<br />

uud iu <strong>der</strong> Nrkuudc Kaiser Sigmuuds, die <strong>der</strong> Herzogiu Sophie uud ihrem<br />

Sohne Vogislaw IX. die Acht androht^), wird Bischof Sigfried „uuser<br />

Fürst"<br />

gcuauut, und vou dem Bistum heißt es, das; cs „eiu uuser uud<br />

des Reiches Fürstentum ist", worauf sich später ciu Schriftstück aus <strong>der</strong><br />

Mitte des 1. Jahrhun<strong>der</strong>ts beruft, das die Rcichsuumittelbarkcit des<br />

Vistums darlegen will"). Diese Achtsaudrohuug erfolgte iu dem schon<br />

mehrmals erwähnten Streite um die Stiftsschlösser, auf den wir jetzt näher<br />

eingehe» müssen.<br />

Bogislaw Vili, hatte als Pfand für angebliche Ausgaben wahrend<br />

<strong>der</strong> Zeit sciuer Schirmvogtei über das Stift ciuige Schlösser desselben,<br />

Massoni, (Holuow, Taruhauscu, iu Besitz geuommeu, die er, als er die<br />

Vogtei nie<strong>der</strong>legte, sich weigerte heraus>ua.cbeu. Im Grgeuteil er besetzte<br />

noch das Schloß Gülzow, uahm otme die (5xkouuuuuikatiou des Bischofs<br />

Nikolaus zu beachteu, die bischöfliche Stadt Vublitz ein uud überfiel das<br />

Stiftsschloß Körliu^.<br />

Auf dem Koustauzer Kouzil eutschiedcu drei Sentenzen<br />

') K. St. A. St.: V. C: 1^.^ Juli 29: Altmann, Uik. K. ^igm. 2, 3!«<br />

Nr. 10638. ') D. N. T. Ä. ft, 123 f. ^> ebd. l^5. ') ebd. 9, 9


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation.<br />

gegen ihn, die dritte nach seinem Tode^). Aber <strong>der</strong> Streit wnrdc<br />

dadurch nicht beendet. Bogislaws Witwe erhielt alle Ansprüche aufrecht,<br />

iudem sie in lNegcuwart des Wcihbischofs Johann von (Harden in <strong>der</strong><br />

Domkirche zn Camin eiu Notariatsinstrnment ausstellen liest über die die<br />

Wahl Äogislaws betreffende Urtllnde des Kapitels*); sie führte auch deu<br />

.Kampf, nachdem Vischof Magnus vou Eamin nach Hildeshcim gegangen<br />

war''), fort gegen den neue» Bischof Siegfried, während die Städte des<br />

Landes Stolp mit den Stiftsstädten Kolbcrg nnd Kösliu ein Bündnis znr<br />

Verteidigung ihrer Gerechtsame anf 10 Jahre schlössen^). We<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bauu<br />

Martins V., noch <strong>der</strong> Befehl Eugens IV. b) fanden 65ehör, sodaß <strong>der</strong><br />

Bischof mit dem (bedanken nmanig, sich unter den Schlitz des deutschen<br />

Ordens6) und ein Jahr später unter den Polens zu stellen'). Auch die<br />

Ncichsacht, <strong>der</strong> die Herzogin Sophie und ihr Sohn verfielen, frnchtete nichts,<br />

bis endlich König Erich von Dänemark, <strong>der</strong> seinen Neffen Bogislaw gern als<br />

Nachfolger anf den» nordischen Thron gesehen hätte, eiue Entscheidung zustande<br />

brachte, die nun durchans in <strong>der</strong> Nichtnng <strong>der</strong> dnrch deu Bertrag<br />

vou 135>


NO<br />

Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Falle aber habe das Kapitel nach <strong>der</strong> Weisung des Landesherrn eine an<strong>der</strong>e<br />

Wahl vorzunehmen '). Dieselben Bestimmungen sollten auch für die Besevnng<br />

<strong>der</strong> übrigen Präbenden des Stiftes gelten, in allen Fällen in denen die<br />

Wahl den Domherren zustände').<br />

Denn das Wahlrecht des Kapitels war durch die päpstlichen Ansprüche<br />

eingeschränkt. Diese waren aber noch recht ausgedehnt, trotz <strong>der</strong> Beschränkungen,<br />

die das Konstanzer Konkordat mit <strong>der</strong> deutschen Nation (141^)^)<br />

und das Baseler Konzil in seiner zwölften Sitzung (1431) vornahm*),<br />

dessen Beschluß hernach in die Mainzer Akzeptation aufgenommen wurde^).<br />

Danach verfügte <strong>der</strong> Papst durch „Geueralreservatiou" über alle<br />

geistlichen Stellen, die vakant wurde«: 1) durch den 3od des Iuhabcrs<br />

am päpstlichen Hofe, 2) durch irgend eine päpstliche Verfüguug, 3) durch<br />

den Tod des Inhabers, wenn dieser innerhalb einer Entfernung von zwei<br />

gesetzlichen Tagereisen von <strong>der</strong> Kurie starb und endlich 4) wenn dem Inhaber<br />

durch den Papst ein „bsneKeium inoompatikils", d. h. ein mit seinem<br />

augenblicklichen Amte nicht vereinbares Benefizium übertragen wnrde. Ausgenommen<br />

waren hiervon in den Domkapiteln die erste Würde nach <strong>der</strong><br />

bischöflichen, in den Kollegiatkapiteln die Hauptwürde, also die Propstei.<br />

Außer diesen durch Generalreservation dem Papste vorbehaltcnen Stellen<br />

') Dünket ouer <strong>der</strong> herschop irbeuomed, dat he eer nicht ghedlyk is vnde boheghelik<br />

to <strong>der</strong> kerken vndc <strong>der</strong> lande bestendecheyo, Eo schal de herschop dat Capittel un<strong>der</strong>«<br />

wyfen vnde anrychten myo redliken satcn, wor vmme hee dar nycht nutte to is; Eo<br />

scholen fee denne enen an<strong>der</strong>en beo<strong>der</strong>en man kesen vth dem Capittele na <strong>der</strong> hclschop<br />

rade vnde willen; welkes se aldus enes werden, dar scholen see an beyden syden vorscnMn<br />

vnde oarby dun, alze syt dat boret to dunde, dat He jo Bisschop werde unde bline.<br />

') Vnde des ghclykes scholen see ok Mine an<strong>der</strong>e prelaten vnde domheren lesen Ili <strong>der</strong><br />

kerken Camnnin wen dar jenighe prebenden los werden, men na <strong>der</strong> herschop weten<br />

vnde wyllen, wen de korc to en steht unde see des Macht hebben. IIn dieser letzteren<br />

Beschränkung sind mit „en" und „see" natürlich die Caminer Domherren gemeint<br />

und nicht, wie Barthold 4, I, 113 interpretieren will, „<strong>der</strong> ^andesfürst" ; dem stand<br />

eme ^llhl überhaupt nicht zu.j ^) Mann, Concilio, um „ova eolleeiw 27, 11 «9 ff.<br />

*) ebd.. 29, 56 ff. 5) Koch, 8ancUo praxmaticn 66rmanorum 93 ff. Über d^s<br />

päpstliche Reservationenrecht s. Hinschius, Kirchenrecht A, 113 ff. Ein interessantes<br />

Beispiel für den Mißbrauch in <strong>der</strong> Ausübung solcher päpstlicher Rechte berührt auch<br />

Camin. Als im Jahre 133t <strong>der</strong> Bischof von keslau stirbt, wird <strong>der</strong> Bischof Johann<br />

Cropidlo von Posen dorthin versetzt; nach fünf Jahren kommt er von Leslau nach<br />

Gnesen und nach weiteren fünf Jahren von Gnesen wie<strong>der</strong> nach Posen, während sein<br />

Nachfolger von 1384 in Posen nach Gnesen versetzt wird; sechs Monate später wird<br />

dem Johann zu dem Posener Bistum auch Camin übertragen. Auf Posen verzichtet<br />

er 1395 und wird 1398 von Camin nach Culm versetzt, während <strong>der</strong> Culmer Bischof<br />

Nikolaus Bock Camin erhält. Im nächsten Jahre kommt Johanns Nachfolger in<br />

Posen nach ^eslau und, als Dobrogast, <strong>der</strong> Johann 1384 in Posen nnd 1394 in Gnesen<br />

gefolgt war, stirbt, nach Gnesen, während Johann den Culmer Bischofssitz wie<strong>der</strong> mit<br />

dem ^flauer vertauscht, wo er dann nach so vielen Wan<strong>der</strong>fahrten noch neunzehn Jahre<br />

ungestört leben durfte.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 111<br />

besetzte er die Hälfte aller übrigen Ämter (mit <strong>der</strong> eben erwähnten Ausnahme),<br />

nämlich alle diejenigen, die in dm lmgradeit Mollate,, erledigt wm'dcn.<br />

Ferner gehörten zu den Füllen, in deuen nicht „de tore to eu steht vudc<br />

see des macht Hebben", auch die königlichen ersten Bitten, wie sie in Camin<br />

für ein Kanonitat <strong>der</strong> Kollegiatkirche zu St. Marien in Stettin König<br />

Ruprecht eiumal ausübte^).<br />

Ob Herzog und Kapitel in ihrem Abkommen auch diese ersten Vitten<br />

berücksichtigt wissen wollten, ist zweifelhaft; jedenfalls aber sichern sie sich gegenseitig<br />

zu, keinen, <strong>der</strong> entgegen den oben festgesetzten Bestimmungen zu eiuer<br />

Präbende zu kommen versuche, zu dulden, uud dabei uur des Papstes<br />

und <strong>der</strong> heiligen römischen Kirche Rechte gewahrt schell zu wolle«').<br />

Daß diese Nechte eiugeschräukt sind, geht auch aus unserer Urkunde<br />

hervor, wenn wir sie mit <strong>der</strong> vou 1356 vergleiche». Der Einflnh <strong>der</strong><br />

Neformkonzilien ist zu erkennen. Es ist nicht mehr davon die Rede, einen<br />

Bischof o<strong>der</strong> neue Kanoniker „zu wählen, anzuuehmen o<strong>der</strong> zuzulassen",<br />

son<strong>der</strong>n nnr von eiuer Wahl durch das Kapitel. Diese aber wie<strong>der</strong>um war<br />

so frei nicht, wie sie nach den Erlassen <strong>der</strong> Konzilieu sein sollte. In <strong>der</strong><br />

Mainzer Akzeptatiousurkunde wird iu dem Titulus II, <strong>der</strong> das Dekret<br />

„tzicut in co„8Utu6,l


11 '2 Staat und Kirche in Pommern ini ausgehenden Mittelalter<br />

Im Großen und Ganzen legte dieser Vertrag von 14^ss von Neuem<br />

eine Abhängigkeit <strong>der</strong> Leitung <strong>der</strong> pommerscheu Kirche vom ^andcshcrrn<br />

fest, wie sie we<strong>der</strong> die bei <strong>der</strong> Begründung beobachteteu Formen, uoch die<br />

allmählich erlangte Neichsunmittclbarkeit, noch schließlich auch die Nesormbeweguug<br />

gegeu das allmächtige Papsttum von voruhereiu zuließen. Es ist<br />

elu ganz erheblicher Schritt vorwärts in <strong>der</strong> Nichtimg auf die Ausdehnung<br />

<strong>der</strong> Landeshoheit über die Kirche des Territoriums, auf die Uutcrwcrmug<br />

dieses ausgedehntesten selbständigen Besitzes innerhalb des Landes.<br />

Um dieselbe Zeit ging in Basel das Konzil dazu über, das Kirchenregiment<br />

an sich zu zieheu, Bestimmungen über Eiukünste uud Aefuguisse<br />

<strong>der</strong> Kardiuäle zu erlassen, eiueu Zehnte» vom gesamtcu Klerus einzufor<strong>der</strong>n,<br />

nachdem bereits vorher die Dekrete über die päpstlichen Auuateu uud<br />

Serviticn den Bruch zwischen Konzil und Papst eingeleitet hatten. Die<br />

gemäßigten Elemente zogen sich immer mehr zurück, uud die Verhandlungen<br />

über die Nuion <strong>der</strong> Griechen mit <strong>der</strong> römischen Kirche machten danu den<br />

Zwiespalt vollstäudig. Das Konzil wurde durch den Papst aufgelöst, <strong>der</strong><br />

Papst durch das Kouzil suspendiert, und uuu begann <strong>der</strong> Kampf zwischeu<br />

beiden um die Anerkennung durch die Christenheit, vor allein durch die<br />

Staaten. Damals kam die pragmatische Sauctiou von Bourgcs zustande,<br />

<strong>der</strong> Mainzer Tag nahn» die Ncformbcschlüssc all, uud die Kurfürsten<br />

glaubte» durch ihre Neutralität etwas zu erreicheu, besou<strong>der</strong>s für die Kompetenz<br />

ihrer cigcueu (Gerichtsbarkeit. Durch die Wahl des Herzogs Amadcus Vll l.<br />

von Savoyeu zum Papste (Felix V.) wird ein neues Schisma geschaffen.<br />

Die einzelnen Staate» scheiden sich, in Deutschland sind sich auch die<br />

Kurfürücu in ihrer Neutralität nicht mehr einig, <strong>der</strong> König nimmt eine<br />

Sou<strong>der</strong>stclluug eiu, die kleineren Ncichsstäude sind überhaupt, wie viele<br />

Uuiversitäteu, gegeu die kurfürstliche Neutralität, bis in die einzelnen Diözesen,<br />

ja in die einzelne Universität sogar hinunter reicht die Spaltung.<br />

Daran nahm auch Camin teil. Hier tobte damals ein Kampf zwischen<br />

dem Bischof und seiner Stadt Kolberg, <strong>der</strong> nun, ebeu durch die allgemeine<br />

Spaltuug, noch verschärft wurde; denn Bischof Siegfried hielt zum Konzil<br />

uud mit lhm seiue zweitgrößte Stadt Kösliu, währeud Kolbcrg Eugen I V'.<br />

ancrkaunte und von ihm dafür mit Privilegien bedacht wurdet. Und so<br />

blieb <strong>der</strong> Gegensatz, nach dem Tode Siegfrieds") erkannte Kösliu den<br />

Nachfolger Heumug Iweu s1446—1469) sofort au, Kolberg aber versagte<br />

er besun<strong>der</strong>ahe beschermhnghe nemen ... Vnde de Bisschop, Capittel vnde des Etychtes<br />

man vndc Stede scholen wed<strong>der</strong> <strong>der</strong> herschop truwelken to wyllcn vnde to dynste werden<br />

vnde er byligglien to allem rrchte.<br />

') Riemann, Gesch. d. St. Kolberg, 217 und 227. ') Vgl. über das Datum<br />

gegen Klempin, Enbel, Gams u. a.: Hl. St. A. St.: B. C.: 1446 Juli 16, gedruckt:<br />

:».'lbll. 15, Itti.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation.<br />

HZ<br />

ihm die Huldigung, weil er ein Gegner Eugens IV. sei'), und mit <strong>der</strong><br />

Stadt ging darin auch ein Teil <strong>der</strong> (Geistlichkeit. Die Folge dieser Kämpfe<br />

war ciue Ttärkuug <strong>der</strong> Staude des Stiftes uud auch des weltlicheu Einflusses.<br />

Herzog Vogislaw IX. hatte als Sclnrmvogt eiugcgriffcu, wcuu er auch<br />

wenig erreichte, uud die Wahl Hcuuiug Iweus selbst war durchaus im<br />

Siuue <strong>der</strong> Abmachuugen vou !4.",


114 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Altsdruck bei <strong>der</strong> Wahl des Grafen Ludwig von Eberstein. Das Kapitel<br />

hatte nach Henning Iwens Tode zunächst den Propst Henning Konebadc<br />

gewählt l). Da aber lies; die Herzogin Sophie, die Mutter Äogislaws X.,<br />

das Kapitel wissen, daß sie die Wahl des jungen Grafen wünsche uud daß<br />

etwa an<strong>der</strong>s lautende Credenzbrirfe von seilen <strong>der</strong> Herzoge, nämlich ihres<br />

Gemahls und dessen Arudcrs, uicht berücksichtigt werden sollten"). Das<br />

Kapitel fügte sich und postulierte, da er noch nicht die erfor<strong>der</strong>lichen Weihen<br />

besäst, deu trafen vom Papste. Dieser versagte ihm aber die Bestätigung,<br />

weil er das Bistum Camiu dem bisherigen Aischof von Ermland, Nikolaus<br />

von Tüllgen, zugedacht Haltes. Nikolaus blieb jedoch iu seiner Diözese,<br />

wo er mit dem gegen ihn auftretenden uud vou König Kasimir unterstützten<br />

Andreas Oporowsli weiterkämpfte. So übernahm denn Ludwig von Oberstem<br />

die Verwaltung, ohne aber allgemeine Anerkennung zu finden. Er überwarf<br />

sich mit einem großen Teil <strong>der</strong> Geistlichkeit uud daraus cutbrauutc ein<br />

Streit, den Herzog Erich nicht mehr zu schlichten vermochte o<strong>der</strong> auch<br />

beizulegen nicht Luft hatte, und <strong>der</strong> erst uuter Aogislaw X. sein Eude fand.<br />

8 3. Bogislaw X. und <strong>der</strong> Caminer Bischof.<br />

„Warlit ein Mann, dar men so vele nicht van schritten kau, alfe he<br />

werdich was, so grote gnade alse eme Got vor alle syneu vorfhareu bescheret<br />

hedde", rühmt Kaukow iu seiner uiedcrdcutscheu Chronik Pommerns von<br />

Herzog Nogislaw X.*), uud iu feiner Hochdeutscheu begiuut er mit <strong>der</strong><br />

Erzählung vou Vognlaws Negierung ein neues Buch; dcun „uachdem sich<br />

Hertzog Ängslafs Aufauck scius Regiments etwas seltzam zugetragen und<br />

er ans großer Unacht uud Geferlitheit zu hoher Wolsliart uud Erhaltung<br />

seines Geflechts gedyeu ist, achten wyr wirdig, das wyr ein newe Buch<br />

davon anheben, damit man sehe, das Erhaltung uud Gedeyen <strong>der</strong> Herschafft<br />

nicht au Meuscheu Füruhemen o<strong>der</strong> Praclikeu, sou<strong>der</strong>u allein au Gots<br />

Willen uud Gewalt stehet" ^). Uud allerdings bcgiuut mit Aogislaw X.<br />

eine ganz neue Epoche für Pommern. Nicht erst mit ihm saut das Mittelalter<br />

für Pommern ius Grad, um eiuer neueu Zeit mit ueuen Ideen und<br />

jugendfrischeu Lebenskräften Platz zu machen^), son<strong>der</strong>n schon während seiner<br />

Regierung; er selbst noch trägt dieses Mittelalter zu Grabe uud leitet neue<br />

Ideen eiuer neueu Zeit in das pommersche Staatslebeu hiueiu uud holt<br />

nach, worm die pommerschen Fürsten bisher hinter deu übrigen Fürsten des<br />

') Wehrmann in Mbll. 11. ') Registratur im T^pfti-tor. Oapitnli Kaminen:<br />

K. Et. A. St.: St. A.: Tit. 5 Nr. b sol. 46. ') DW3082, ttii-toiia polonica.<br />

(I^jpg. 1711 f.) 2,474. Eubel, liierai-ek. e^dli. 2, 130 Camin Anm. 2. Über Nikolaus:<br />

Zeitschr. f. Gesch. Ermwnds 1, 149—170; über seinen Tod als Bischof zu Heilsberg<br />

script, re,-. ?,U3^. 4, 772. C Kanhow ndd. 161. ^) Kcmtzow 1, 316. °) Fock 4, 208-


is znr Einführung <strong>der</strong> Reformation. 115<br />

Reiches zurückgeblieben waren. Er macht das Territorium zum Staate,<br />

indem er auf allen Gebieten des staatlichen Daseins zum mindesten den<br />

Grund zur Anfrichtnng fürstlicher Landeshoheit legt, alle die herzoglichen<br />

Son<strong>der</strong>bcfngnisse zu einer einheitlichen (Gewalt vereinigend. So ist er <strong>der</strong><br />

Grün<strong>der</strong> des mo<strong>der</strong>nen Staatswescus in Pommern gewesen. Und wenn er<br />

anch nicht alles, was er erreichte, bis zulevt aufrecht zu erhalten vermochte,<br />

so hat doch die Ordnung, die er überall geschaffen, ihre für das Vaud<br />

segensreichen kulturellen Früchte getragen, und „also deuchte den Un<strong>der</strong>thaneu,<br />

das inen eine newe Sohnne anfgegaugen were und hielten Hertzog Äugslafen<br />

sehr lieb uudwerdt"').<br />

Unter ihm geht nun anch die Entwicklnng des Verhältnisses von<br />

Bischof und Herzog, wie es sich bisher gestaltet hatte, schnell vorwärts zu<br />

einer völligen Unterordnung des Kirchenfürsten unter den Vandesberrn.<br />

Ludwig von Eberstein führte die Verwaltung des Stiftes uud geriet<br />

dabei mit einem Teile seines Klerus, nämlich den« Archidiaconat von Stargard<br />

nnd dem Kolberger Kapitel (zu denen später noch das Soldiner Kapitel<br />

hinzutrat), in einen Streik), da die Stargar<strong>der</strong> Geistlichen sich weigerten,<br />

und zwar auf Grund angeblicher Privilegien des Bischofs Henning"), ein<br />

zweites Lnknslmm caritlttivnm, das <strong>der</strong> Electus von ihnen for<strong>der</strong>te, zu<br />

zahlen. Der Prozeß wurde mit allen Unerquicklichsten vor <strong>der</strong> römischen<br />

Kurie geführt, ohne hier bei den sich fortwährend wi<strong>der</strong>sprechenden Eutschciduugen<br />

ein Ende zn finden, bis endlich Aogislaw, nachbellt eben<br />

die erstell Unstimmigkeiten mit Brandenburg wegen <strong>der</strong> ^chnshnldiguug für<br />

das Land Stettin beigelegt worden waren, die Sache m die Hand nahm<br />

nnd nuu als Vcmdesherr die kirchliche Angelegenheit durch sciue Mte entscheiden<br />

ließ. Den beiden Parteien wurde geboten, „fernerhin Friede und<br />

Eintracht zu halteu bei Vermeidung unserer Ungnnst und Ungnade<br />

und bei Strafe von llXX) rheinischen Gulden, welcher <strong>der</strong> Vertragsbrüchige<br />

verfallen soll, uud die an uns und den bei dem Vertrage bleibenden Teil<br />

zn zahlen sind"). Also schon hier durchaus <strong>der</strong> Allspruch, in Äistumsfrageu<br />

eine entscheidende Stimme zu haben.<br />

Die Äeileguug des Streites fiel zwar in <strong>der</strong> Hauptsache zn Gunsten<br />

des Postulaten aus; aber doch war dem Herzog dieser als Verwalter des<br />

Vistums nicht „genehm". Denn die Grafen von Eberstein neigten stark<br />

zu Araudeuburg, wo sie ebenfalls begütert waren; und in dem Erbfolgekriege<br />

mit dem Markgrafen, <strong>der</strong> gleich uach jeuer Entscheidung ausbrach,<br />

verweigerte Ludwig nicht nur dem Herzoge die Heerfolge, son<strong>der</strong>n nutzte<br />

') Kantzow 1, 335. ') Vgl. Wehrmann in Mbll. N, 86 f. und 49 ss ; Priebatsch<br />

in Zeitschr. f. Kirchengesch. 20, 1


116 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

seine Stellung aus, um <strong>der</strong> Stiftsstadt Köslin, die znm Herzoge ziehen<br />

wollte, jede Teilnahme zu verbieten, trat selbst mit seinem Bru<strong>der</strong> auf die<br />

Seite des Kurfürsten uud fiel in des Herzogs ^and ein. Ja, er scheint<br />

sogar soweit gegaugen zu seiu, den Markgrafeu um Unterstützung znr Erlangung<br />

<strong>der</strong> Konfirmation anzngehen nnd als ttegeuleistung die Unterstellung<br />

seines pommerschen Besitzes uud auch des Stlftes unter Brandenburg ^u<br />

versprechen und in dieser Richtung auch die Stiftsstäude bestimmen zn wollen').<br />

Einen solchen Visckof o<strong>der</strong> Bistumsverwalter konnte <strong>der</strong> Herzog natürlich<br />

nicht dulden, und er war sicher einverstanden uud vielleicht auch nicht ganz<br />

unbeteiligt daran, als <strong>der</strong> Papst, dem im Norden freilich nicht grade allzu<br />

vorteilhaft dckauuteu Nblaßkramer Mariuus von Frec^eno ans Italien') das<br />

Bistum übertrug; denn Nikolaus von Tüllgen war nicht ins Stift gekommen<br />

und hatte eben wie<strong>der</strong> mit König Kasimir den Krieg aufgenommen ^).<br />

Kanhow erzählt^), Vogislaw habe diese Einsetzung ciucs fremden Bischofes<br />

als den Rechten des Kapitels und des Landeshcrrn wi<strong>der</strong>sprechend mclit zugeben<br />

wollen, anch das Kapitel habe sie abgelehnt, und erst durch große<br />

Geldgeschenke habe Marinus deu Herzog gewonnen uud bewogen, das Kapitel<br />

zur Anerkennung zu bringen. Wahrscheinlich aber ist <strong>der</strong> Herzog von vornherein<br />

einverstanden gewesen, und nnr das Kapitel hat umworben werdeu<br />

müssen. Denn später klagt <strong>der</strong> Vischof zwar, daß ihm die Erlangung <strong>der</strong><br />

Anerkennung „große Muhen und Kosten" verursacht habe, behauptet aber,<br />

daß er „auf des Herzogs Mahnung und Fürsprache" auf dell Camincr<br />

Bischofsstuhl gekommen sci^). NcäUmäßig war die Einsetzung dnrch den<br />

Papst jedenfalls; denn nach dem Wiener Konkordat voll !44x stand dem<br />

Papste im Falle einer zurückgewiesenen Postnlation die Provision für das<br />

Bistum zn. Die „Pomcrania" weiß denn auch uur vou einer einfachen<br />

Annahme <strong>der</strong> Besetzung Eamins durch den Herzog zu berichten.<br />

Bischof Marinns war ein konzilianter Herr, <strong>der</strong> sich selber gar lieb<br />

hatte, wie Kurfürst Albrecht von Brandenburg ihn charakterisiert, nnd dabei<br />

allen Teilen zu geuügcn bestrebt war, <strong>der</strong> dem Herzog versicherte, wegen<br />

des Stiftes nichts unternommen zn haben uud je unternehmen zn wollen,<br />

wozu er nicht von ihm ermuntert nnd aufgefor<strong>der</strong>t wärc^), <strong>der</strong> aber auch,<br />

als er in das Stift kam, mit dem Markgrafeu Fühlung gesucht hatte und<br />

dessen Nat geworden war'). Seiueu Vasallen und Städten mußte er große<br />

Zugeständnisse machen und versprechen, niemals dulden zu wollen, daß ein<br />

Fürst o<strong>der</strong> weltlicher Herr im Stifte die Berwaltnng, selbst nicht <strong>der</strong> Tempo-<br />

') Nach <strong>der</strong> Klageführung Herzog Bogislaws: Riedel, Supplementband, 120.<br />

'j Rienmnn, Anlmng, 82 Nr. 52. ') geitschr. f. Gesch. Ermlanos 1, 165. ^) Kantzow<br />

1, 333. >, Schöttgen, Alt. u. Neues Pommerl. 356; Schmidt, Stargard. Kirchen, ^06.<br />

«) K. St. A. St.: W. A.: Tit. 25 Nr. 3 5o!. 53; Wuia in I^uärwi? Script, rer.<br />

6el,n. 2, 614. ') Priebatsch 1?. C. 2, 588 Nr. 647; vgl. ebd. 3, 04 Nr. V'^0.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 117<br />

ralien, an sich ziehe o<strong>der</strong> anch nnr ein Aufsichtsrecht ausübe'). Gleichzeitig<br />

aber nötigte ihn und sein Kapitel <strong>der</strong> Herzog zur Erucueruug des Vertrages<br />

von 14A, dadurch abermals, wie durch die Erledigung des Kampfes zwischen<br />

Vudwig von Eberstein und dem Stargar<strong>der</strong> Klcrns. die Tendenz seiner<br />

Kirchenpolitik dcntlich anzeigend"); die Unterwerfung <strong>der</strong> Wahlen zum<br />

Nischofsstuhl und zu den Caminer DomherrcnsteNen uuter die herzogliche<br />

Geuehmiguug waren die ersten Maßnahmen in einer ganzen Neihe an<strong>der</strong>er,<br />

die auf die Tcrritonalisierung <strong>der</strong> pommcrschcn Kirche hinauslaufen. Ein<br />

Jahr vorher hatte auch <strong>der</strong> Krieg König Kasimirs von Polen gegen seinen<br />

ermländischen Bischof, Nikolaus von Tüngcn, seiu Ende gefnndeu, das für<br />

dieses Bistum eine ähnliche Abhängigkeit von Polen schuf, wie sie für Camin<br />

von Pommern jetzt wie<strong>der</strong> festgelegt wnroe. Bischof und Kapitel von Eruttano<br />

hatten sich nämlich verpflichtet, bei künftigen Wahlen o<strong>der</strong> Postulationcn nur<br />

eine dem Könige nnd seinen Nachfolgern genehme Person zu berücksichtigen').<br />

So hatte Bogislaw das von seinen Vorfahren bisher Errungene wie<strong>der</strong><br />

gesichert. Iubetreff des Bistums freilich konnte er sein Necht bei <strong>der</strong><br />

nächsten Vakanz noch nicht ausüben, da Mariuus zu Nom starb und demgemäß<br />

die Besetzung des Vischofcstnhlcs dem Papste zukam. Dcun Bischof<br />

Marinns war bald mit fast seinem gesamten Klerus zerfallen, den wie<strong>der</strong>um,<br />

wie schon unter dem letzten Vorgänger, die finanziellen Anfor<strong>der</strong>ungen aufbrachten^);<br />

dazu verfeindete er sich die Kapitel von Camin und Stettin<br />

noch beson<strong>der</strong>s dadurch, daß er die Domherren, wie es scheint, seiner Jurisdiktion<br />

hat unterwerfen wollen^). Tchou zur Zeit des Johannes Arunonis<br />

hatte das Camincr Kapitel IHR', ausdrücklich erklärt, daß die Jurisdiktion<br />

über die Geistlichen am Dom nicht dem Bischöfe und scmcn Offizialen zukomme,<br />

son<strong>der</strong>n nach altem Brauche dem Eaminer Kapitel gebühre''), und<br />

ill <strong>der</strong> Tat hatte dieses Necht den Domherren scholl Kasimir 1. bei <strong>der</strong><br />

Begründung erteilt'). Dem entsprachen anch die Bestimmungen m den<br />

Kapitelsstalutcn^), und diese richterliche Exemtion hatte sich das Kapitel<br />

mehrmals bestätigen lassen, so noch 1 !-> durch Bonifaz Vlll.v). ^g<br />

liehen sich die Domherren jetzt erneuern'"). Nur <strong>der</strong> Stargar<strong>der</strong> Klerus<br />

') Vibl. d. Ges. la, 93: 14«


nH<br />

Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

blieb dem Bischof treu'), während das Caminer Kapitel schließlich so weit<br />

ging, den Bischof einfach zu suspendieren ").<br />

Nogislaw hatte sich zuerst des übel angefeindeten Bischofs, <strong>der</strong> in<br />

syreifswald fast gesteinigt worden wäre'), angenommen*), trat aber hernach<br />

weiter nicht für ihn ein, son<strong>der</strong>n wandte sich sogar energisch gegen ihn^),<br />

vielleicht wegen seiner märkischen Neigungen. Denn <strong>der</strong> Markgraf verwandte<br />

sich für seilten nominellen Rat beim Papstes, wahrscheinlich weil er hoffte,<br />

dann als Gegenleistung vom Bischof die ^oslösung märkischer Teile des<br />

Caminer Sprengels ans <strong>der</strong> kirchlichen Hoheit Camins zu erreichen und<br />

dadnrch sein ^and nach dieser Teile gegen auswärtige geistliche Mächte ab«<br />

znschließen. Schon früher hatte er einmal Aussicht gehabt das zn erreichen,<br />

als in dem Prozesse des Postulaten Ludwig von Eberstein gegen den Propst<br />

von Soldin und den Stargar<strong>der</strong> Klerns die letzteren — und hauptsächlich<br />

waren wohl die märkischen Prälaten des Stifts die Treibenden — versuchten,<br />

durch den Papst die Leitnng <strong>der</strong> Kirche während <strong>der</strong> Bakanz einem märkischen<br />

Bischof, etwa dem von ^cbns o<strong>der</strong> dem von Brandenburg zn übertragen').<br />

Mit Marinns hatte <strong>der</strong> Markgraf nichts Bestimmtes ausgemacht"); er glanbte<br />

wohl, die Natspflicht würde eine genügende Abhängigkeit verbürgen. Marmns<br />

selbst vermochte in Non, gegen die große Klageschrift fast des gesamten<br />

Klerus von Camin nichts auszurichten 2) uud starb dann dort. Der Papst<br />

ernannte, wie es ihm zustand, einen Nachfolger, und zwar den Bischof<br />

Angelus von Suessa iu Nnteritalien"). Dieser trat jedoch den Besitz nicht<br />

an, son<strong>der</strong>n verzichtete gegen eine Pension von 100 Gnldcn zn Gunsten des<br />

böhmischen Barons Bcncdict von Waldstein"), des langjährigen Propstes<br />

von ^eitmeritz"), damaligen Propstes von Olmutz.<br />

Schon bejahrt und mehr belehrter als Kirchenfürst, war Benedict<br />

nicht <strong>der</strong> Mann, die Interessen des Stiftes gegenüber dem ^andesherrn<br />

wahrzunehmen. Dagegen hatten die Stiftsstände ein stärkeres Bewnstti'ein<br />

<strong>der</strong> Gefahr, die dem Bistum von dieser Seite her drohte, nnd so nötigten<br />

') An ihn richtete er auch seine Briefe ans Rom: Echöttgen, Alt. u. Neues<br />

l. 356; Schmidt, Etargard. Kirchen, 208. 'i Vrockmann, Bom bis.l'ösl.<br />

Offizial, 16; Wujü in I.uclonj.^ ttciipt. iel'. (5,',-m. 2, 616. ^ Public. "» d. Kgl.<br />

Preuß. Staatsarchiv. 5-2, 77. ^ Schöltgen, Alt. u. Neues Pommerl. 671; Schmidt,<br />

Ctarg. Kirch. 207. ^) ^ckottgm 36.


is zm Einführung <strong>der</strong> Reformation. 119<br />

sie ihm die Kapitulation auf'), die anch Bischof Marinus<br />

schon hatte<br />

annehmen nistssen"), und die ans dem Stifte möglichst jeden außerstiftischen<br />

Faktor ausschließen sollte.<br />

Danach dnrfte auf den bischöflichen Schlössern<br />

nur ein Stiftsvasall als Präfcct eingesetzt werden, und zwar nnr mit Zustimmung<br />

<strong>der</strong> bischöflichen Ttädte und <strong>der</strong> Näte; uud den bischöflichen Nat<br />

durften nur Stiftsangchörige bilden, die durch keiue au<strong>der</strong>e Natspflicht verbunden<br />

waren 2).<br />

So, vom Kapitel eingeengt, einer teils recht wi<strong>der</strong>spenstigen Geistlichkeit<br />

gegmüber, von Schulden wegen seiller Konfirmation nud <strong>der</strong> Anuateu bedrückt^),<br />

überließ er eudlich die Administration des Stiftes dem Caminer<br />

Kantor (^eorg voll Putttamer, <strong>der</strong> sie dann nicht ohne des Herzogs Mitwirken<br />

führte, und griff nur noch selten in die Verwaltung des Stiftes ein.<br />

Die Stiftsguter zerfielen dabei (<strong>der</strong> Streit mit Vudwig voll Ebersteill wurde<br />

erst jetzt cudgültig beigelegt), und die Verhältnisse im Stifte verwirrten sich,<br />

sodasi Äogislaw<br />

im Jahre 14i)N seine Anwesenheit in Rom dazu benutzte,<br />

um dem Aiichof, dem er noch fnr die Zeit seiner Abwesenheit zusammen<br />

mit <strong>der</strong> Herzogin und seinem Kanzler lheorg von Kleist die Ncgeutschaft<br />

nbertrageu hatte, eiueu Koadjutor zu bestellen.<br />

Auf seinen Wunsch ernauute<br />

Papst Alexan<strong>der</strong> Vl. uuter Fiousells einiger zu Rom anwesen<strong>der</strong> Doulherreu<br />

von Camin des Herzogs langjährigen Nat uud treueu Diener, den Dr. Martin<br />

Karith, uud providierte ihn für den Fall <strong>der</strong> Vakanz mit dem Bistum^).<br />

Nach einigem Sträuben überließ Bischof Benedikt seinem Koadjulor<br />

Bistnm ganz gegen ein Hans in <strong>Greifswald</strong>, „uki viss^t. btutlium ßenernlQ",<br />

und jährliche zweihun<strong>der</strong>t rheinische Guldens und gab sich mm ganz seinen<br />

Stlldicn hin.<br />

Uuter Martin Karith N49N—1521) wurde die Abhängigkeit des Bischofs<br />

vom Landeshcrrn immer vollkommener.<br />

das<br />

Denn anch nachdem er den Bischofsstllhl<br />

bestiegen hatte, blieb er des Herzogs vertrauter Dieuer uud hielt sich<br />

meist am Orte des herzoglichen Hofes auf.<br />

Ja, Äogislaw nahm ihn endlich,<br />

sogar offiziell, zu seinem „Nat und Hofgesinde" au uud setzte ihm (bei halbjähriger<br />

vorheriger Kündigung des Vertrages voll jciteu eiuer <strong>der</strong> beiden<br />

Parteien) für seine Dienste ans <strong>der</strong> herzoglichen Kammer ciu jährliches<br />

Wehalt von 600 snndischen Mark (^<br />

zwar solange er am Hofe weile').<br />

^00 rheinischen Gulden) aus, und<br />

') Riemann, Gesch. d. Et. Kolberg, Anh. 58 Nr. 41. ') Bibl. d. ("es. la, 93:<br />

1480 Mai 11. ') Vgl. v. Vclmv, Territorium u. Stadt, 25,0 u. 2


120 Ewat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Der Bischof war also besoldeter Nat des Herzogs, und scine ehemalige<br />

Selbständigfeit und Reichsuumiltelbarkeit vollends dahin.<br />

Der Charakter<br />

eines herzoglichen Nates bleibt dem Bischöfe auch für die Folgezeit; als ein<br />

solcher tritt er in die Epoche <strong>der</strong> Neformatiou ein.<br />

Noch einmal aber drohte<br />

dem, was die pommerschen Herzoge und zuletzt beson<strong>der</strong>s Bognlaw hlnsichtlich<br />

<strong>der</strong> Besetzung des Camincr Bischofsstuhles erreicht hatten, Abbruch zu geschehen,<br />

nämlich zu Ende <strong>der</strong> Ncgiernng Bischof Martins<br />

durch die Koadjutorie<br />

Wolfgangs von Eberstein, eines Sohnes des ehemaligen erwählten Bischofs<br />

Vudwig von Eberstciu.<br />

(Nraf Wolfgang ') batte zu Rostock studiert und war Geistlicher; ein<br />

einträgliches Amt ihm also sehr erwünscht.<br />

Er scheint sich deshalb mit dem<br />

betagten Bischof Martin in Verbindung geseht zu haben, <strong>der</strong> wegen seines<br />

Alters —<br />

er war über siebzig — die schweren (Ncichäfte nicht mehr recht<br />

lclten fonntc, sodaß es nm das Stift<br />

nicht grade gut bestellt war; dazu<br />

hatte er sich noch sciucs Herzogs Unwillen durch die Enthauptung Simon<br />

Vodes") zn Kolberg zngezogcn, sodaß er<br />

Htoadjttrorstellc zn erlangen, wohl geneigt sein mochte.<br />

die Kommeni>ation<br />

Brandenburgs.<br />

den Wünschen Ebcrjteins, die<br />

Der Graf erreichte<br />

des Papstes an das Kapitel ^), und zwar mit Hülfe<br />

Sein Vrudcr (^corg stand nämlich im Dienste des Knrfürsten<br />

Joachim von Brandenburg und besuchte mit diesem liilH den<br />

Reichstag zu Augsburg*).<br />

Hier erlangte er durch die Unterstützung des<br />

Hern Martino Bifchop to Cammin in naheschrenener wise vorenngt vnd vordragen<br />

hebben, vnd also wy gedachte Hern Bischop vor vnnsen rath vnnd Hoffgesinde angenamvt<br />

hlbben, alß dat he ... wor wy mit hane zinoe werden, by vns sin schal, uns vnd<br />

vnsere herschop dal beste na sinem verm^ghen bclpcn to raden, als h? dat to dunde<br />

wol werth; vnd dat he sich deste bether by vns Im Haue vnd dinlle ane sium schadenn<br />

entholdeu kann, darunlnle, vnd ock von sun<strong>der</strong>aer gnnst vnc, toneyge, willen wy eni,<br />

de wüe he so by vns im Haue is, aUe Iore Soshnndett marck snnd,sch an nluntde<br />

uth vnsre Cantere uft twe triste gcwcnn vnnd totalen, ^ielnlich drchnnocrt marck<br />

np michahelis negest kamende vnn'0 re an<strong>der</strong>e drcbnn<strong>der</strong>th marl uv den uslern darna<br />

vnd also vorth vnnd vonh, de wile he als^o bn vnns ^m H^ue is; . . . le schal ock<br />

tonen Xlj reslge vnnd viere lvagcnuerde nicht holden, de wille nni em glik andnnn<br />

Mlnsem hoffnesinde sn^erenn lmhen . . . wenner vns ed<strong>der</strong> eme sulkenn vordracht nicht<br />

lenger ene ed<strong>der</strong> bequeme is, so schal vnm'er ein dem an<strong>der</strong>n dat ein halff Ia^e<br />

touoren up seichen, so schal desse vordracht äff vnnd loh zin, ock de VI6 mmck darmede<br />

gcdodelh zin, als dat wy de fur<strong>der</strong> vth vnsere Camer nichl mehr genen o<strong>der</strong><br />

betalen dornen. Des to orkunde. . .: K. St. A. ^3t.: ^t. Ä.: Mscr. U, 1^ so!. 2.W<br />

^ir. 453.<br />

') Für das Folgende: NxU aetns proee88il8 in oanga Oaminengjg so^lijntasi«<br />

on^am l6V. äom. l'etro 3ani.t.l Lug^dii prelib. cai^m. IlÄbiei: K. ^3t. A. St.:<br />

W. A.: Tit. 2."> Nr. 38. ') 5ianyow 1, 363; Lchöttgen, Alt. u. Neues Pommerl. 2^0;<br />

Bibl. d. Ges.: Abt. l, Fol. Nr. 55, Seite 3b: Lohden ^ehde; <strong>der</strong> ausführliche Bericht<br />

des Kosinus v. Simmrrn: Valt. Stud. (N. F.) 3, 94. ') K. Ct. A. St.: St. A.:<br />

Tit. 5 Nr. 29 lol. ft-l (Registratur). ^) Die Ebersteine begleiteten den Markssrafen<br />

Joachim auch zum Frankfurter Wahltage: D. R. T. A. (I. N.) 1, 765 Anm.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 1 ?l<br />

Markgrafen vom Kaiser und allen Kurfürsten und Fürsten Empfehlungsschreiben<br />

an den Papst, auf Grund <strong>der</strong>en dieser das Kapitel nuffordene,<br />

den (trafen Wolfgang zum Koadiutor zu designieren. Der Bischof und das<br />

Kapitel scheinen damit einverstanden gewesen zu sein'). Inzwischen aber<br />

hatte Vogislaw vou <strong>der</strong> Sacke Kenutuis erhalten nnd war mit Recht auf<<br />

gebracht über die Nichtachtung seiner wohlerworbenen Neckte, die in diesem<br />

vorgehen des Grafen lag. Die Camincr Bischofswürde sollte nur ciu <strong>der</strong><br />

Herrschaft von Pommern genehmer Domherr bekleiden; <strong>der</strong>en Bestätigung<br />

war die Vorausievung für das besuch um die päpstliche Kounrmatiou.<br />

Zugleich waren auch des Kapitels Rechte verletzt, da ihm uach dem Wiener<br />

Koutordat — woranf sich die Domherren nachher anch bernfcn haben —<br />

die freie Wahl zu <strong>der</strong> Bischofswürde zustand und scine Zustimmung anch<br />

für die Ernennuug eines Koadjutors erfor<strong>der</strong>lich war. Der Papst hatte<br />

freilich den Grafen nicht ernannt, son<strong>der</strong>n nnr den Auftrag gegeben, daß<br />

er designiert würde; doch bleibt das gleich, auch dieser Druck auf die Domherren<br />

durch die Fürsten und den Papst, diese Beschränkung in <strong>der</strong> Freiheit<br />

<strong>der</strong> Wahl, lief gegen die Konkordate, in denen alle aufs Nachdrücklichste<br />

ermahnt wnrden, „no electorikul; liter:»3 8crilikmt, vel<br />

psli ?o, qui ppl- 8« vt»l<br />

Ebenso wird den Wählern selbst verboten,<br />

„ne 2


132 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

schon seit langem in Bogislaws Diensten tätig war, nnd von dem eine Leitung<br />

des Stiftes und des Bistums dnrchans ini Sinne seines Herrn zu erwarten<br />

war. Liu Vcrmch zu einer friedlichen Anseinan<strong>der</strong>setznng scheiterte; denn<br />

Eberstein erschien nicht, wie er versprochen hatte, zn dem angesetzten Tage'),<br />

weil er, nach Äogislaws Vermutung, seine 3achc auf dem zu Frankfurt in<br />

Aussicht genommenen Wahltage betreiben wollte. Deshalb sandte Bogislaw<br />

selbst Protestschreibcu au deu Papst") uud ließ solche auch durch den Bischof,<br />

das Kapitel nud die Äbte <strong>der</strong> pommerscheu Klöster <strong>der</strong> Knrie überreichen ^),<br />

bestellte dort Protnratoren, die auch von den an<strong>der</strong>en Protestierenden beanftragt<br />

waren^), und scheute keiue Kosten, um zu seiuem Ziele zu gelange»; über<br />

8^lX) Gnlden hat <strong>der</strong> Prozeß verschlungen^), von denen über 7^X) durch<br />

ein Subsidium aufgebracht wnrden; Erasmus selbst zahlte sast i>f>0 Gnlden.<br />

In den Protesten wurde die Nichtigkeit und Nechtswidrigkeit <strong>der</strong> Ernennuug<br />

Wolfgangs von Eberstein ausführlich uachgewieieu durch sachliche und persönliche<br />

Gründe; man legte dar, daß zunächst einmal überhaupt die Wahl<br />

eines Koadjutors nötig gewesen sei, dan die Wahl des Erasmus nach<br />

kanonischem Rechte und nach dem durch die Verträge mit den Herzogen<br />

festgelegten alten Brauche rechtmäßig, demgemäß des Grafen von Ebcrsteiu<br />

Ansprüche gegenstandslos seien, daß er wegen seiner Vergangenheit, beson<strong>der</strong>s<br />

wegen eines Totschlages, den er als Nostocker Stndeut begangen hätte, nicht<br />

die geeignete Persönlichkeit sei, und daß eine Koadjutorie dicsclbcu nncranicklichen<br />

Folgen haben würde, wie sie die Vcrwaltnng des Bistums durch seiuen<br />

Vater nach sich gezogen hätte. Der Bischof schreibt sogar sehr bestimmt;<br />

„Auch für den FaN, daß Eure Heiligkeit diese Wahl des Herrn Erasmns,<br />

die rechtmäßig uud kanonisch erfolgt ist, nicht zu bestätigcu geneigt wäre<br />

und beschlösse» hätte, die Provisiou des Grafen Wolfgang — erschlichen<br />

wie sie ist — bestehen zu lassen, was freilich, wie ich hoffe, Eure Heiligkeit<br />

nicht tu« wird, so sehe ich mich deuuoch genötigt, gegeu den Grafen und<br />

seine Anhänger geeignete Maßregeln zu ergreifcu, um nicht mit dem Klerus<br />

uud mciuen Untertanen belästigt zu werden'"). Er zweifle keineswegs, daß<br />

<strong>der</strong> Papst das berücksichtigen werde. Es ist ganz deutlich zu erkennen, wer<br />

dahinter steht. Der Herzog erreichte schließlich auch seiucn Zweck: Papst<br />

Leo X. bestätigte Erasmns von Manteufel zum Koadjutor Bischof Martins,<br />

da dieser ebenso wie <strong>der</strong> Herzog beson<strong>der</strong>s darum gebeten habe.'') Die<br />

päpstliche Entscheidung ließ aber den Grafen nicht von seiuen Absichten ab-<br />

') Lxtrlntn8 sol. 9. ') Vxti-.ictn» sol. 7". ') ebd. sol. 6 " und ioi. 3: K. Et.<br />

A. St.: ^v. A.: Tit. 25 Nr. Il: 151? Nov. 24. ^) Lxn-actns sol 2. ^ Neaistrmn<br />

van <strong>der</strong> Coadjutorien szale: K. Et. A. Et.: Bohlen Nr. 34 t'ul. 93-105; ein an<strong>der</strong>es<br />

Esemplar im Archiv des Domkapitels; t.^lllp'UU8 exz,e6jN0Nl8 eoaäjlNoi»e: K. Et-<br />

A. Lt.: W. A.: Tit. 25 Nr. 38 sul. 23-27. ') llxll actud sol. 7'. ') edd. lol. 2o;<br />

K. St. A. Et.: B C.: Nr. 695.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation.<br />

flehen, nnd nach Bischof Martins Tode machte er wie<strong>der</strong> seine Ansprüche<br />

ans das Bistum geltend, indem er gleichzeitig, da für Vogislaw die Nachfolge<br />

Mantcnfcls selbstverständlich war, in dem damals wie<strong>der</strong> beginnenden<br />

Vehnsstreit zwischen Brandenburg nnd Pommern sich auf des Kurfürsten<br />

Teite stellte.<br />

Auch <strong>der</strong> Papst, dessen abermalige Entscheidung man anrief,<br />

vermochte wegen <strong>der</strong> Nnnachg'lcdigtctt<br />

Einigung herbeizuführen.<br />

auf beiden Selten vorläufig keine<br />

Ebcrstein war mit <strong>der</strong> Abtei Aclbucl, die er als<br />

Entschädigung erhalten sollte, nicht znfrieden, da <strong>der</strong>en Einkünfte ihm wegen<br />

<strong>der</strong> Abgabe an den Herzog nicht ausreichcud waren, Bogiilaw aber wollte<br />

auf diese jährliche Abgabe, die die Klöster in ausgedehnte Abhängigkeit vom<br />

Landesherr« brachte, nnd die für Velbuck 4lX» Gulden betrug, uicht verzichten').<br />

Erst 15)255 erfolgte eine Aussöhnuug durch des Herzogs Räte,<br />

nach welcher den Brü<strong>der</strong>n Cberstcin die Stadt Massow vom Herzoge übertragen<br />

wurde und Wolfgang eimge größere geistliche Vchen erhalten sollte<br />

und dafür ans seine Ansprüche an das Bistum verzichtete; eudgültiq wurde<br />

<strong>der</strong> Streit daun !524, schon unter Bogislaws Söhnen, entschieden').<br />

Martin Karith ließ sich durchaus von seinem Koadjutor Erasmus leiten,<br />

<strong>der</strong> allmählich immer mehr die Negiernng des Stiftes in die Haud nahm,<br />

1521 in <strong>der</strong> Würde des Bischofs folgte (15)21 —1544) und uicht nur<br />

darin, son<strong>der</strong>n anch in seinen Beziehungen zum Reich und zum Landesherr«<br />

Martins Erbe antrat.<br />

Rechtlich freilich ist die Stellung des Camincr Bischofs zum Reiche<br />

nnd im Territorium nicht ganz klar.<br />

Es ist hier <strong>der</strong> Ort, näher darauf<br />

eiuzugcheu. In den Reichsauschlägcn und Matrikel» wird <strong>der</strong> Bischof von<br />

Camin nach wie vor aufgeführt, also als reichsuumittelbar bezeichnet; doch<br />

ist das kein Zeugnis von entscheidendem Gewichte; dcnu die Uugenauigkeit<br />

<strong>der</strong> Matrikeln <strong>der</strong> Zeit ist bekannt.<br />

Dagegeu findet sich eine Reihe von<br />

kaiserlichen Mandaten und Rundschreiben lgrößtenteils gedruckte) an den<br />

Bischof von Camin: Nuffordenmgeu den Beitrag zum Rcichskammcrgericht<br />

und Reichsregiment zu zahlen"), Mahnungen wegen <strong>der</strong> Reichstriegssteuer*),<br />

Ersuchen um Hnlfeleistuugeu gegcu Frankreich ^), Vaduugcu zu Reichstagen ^) —,<br />

die lu Aurede und Adresse dcu Bischof durchaus als Reichsfurstcu bezeichnen:<br />

„Dem Erwerdigeu Bischoueu zu Camiu, vusem surften vud liebcu audechtigen"<br />

und „Erwirdigcr fürst, lieber audechtiger". Beson<strong>der</strong>s die Auffor<strong>der</strong>uug<br />

') Val. Oraebcrt, Manteufel 22: daselbst auch die einzelnen Quellennachweise.<br />

') 8e!we. et Kl. 2N< Nr. 2^0: 5t. St. A. Tl.: V. C.: 1524 Jan. 4 und ekd.: Plwata:<br />

1525 Nov. 22. 2) K. St. A. St : B. (5.: 1501 April Kl u. 19, s!50« Avnl !4),<br />

1508 Dez 7, l 1520 Dez. 1), 1511 Juni 12. Die Kemttnis <strong>der</strong> in s ) gesetzten schreiben<br />

verdanke ich del freundlichen Mitteilung von Herrn Prof. I)r. M Wrlnmann: die<br />

^lr:^. waren im Archiv zur Zeit nicht aufzufinden. ') sK'. St. A. 3t.: V. C.: 1510<br />

Aug. 21). ') (ebd. 1511 Jan. 27). «) K. St. A. Ct.: B. (5.: 150tt Dez. 26 u. 1502<br />

Sept. 22.


Staat und Kircke in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

„Du wollest ans dem obbestimvten aller Heyligen tag zu Gelnhausen also<br />

personlichen erscheinen" ') würde für die Neichsstaud'chaft des Bisckofs sprechen.<br />

2o sendet anch das Ncichsregimcnt zu Nürnberg dem Bischof die Beschlüsse<br />

des Reichstages wie einem reichsunmittclbarcu Fürsten zu'). Dabei ist<br />

aber die Unkenntnis <strong>der</strong> kaiserlichen Kanzlei über die pommerschen Verhältnisse<br />

in Nechnnng zu ziehen, die schon die Zeitgenossen rügten '), und<br />

infolge <strong>der</strong>en <strong>der</strong> Herzog von Pommern einmal sogar als Vurggraf von<br />

Nürnberg tituliert werden tonnte*). Wahrscheinlich sind diese Schreiben<br />

(wenngleich <strong>der</strong> Permerk über die Auslieferung an den Bischof auf dcm<br />

einen Schreiben, wenigstens in diesem einen Falle, das Gegenteil vermuten<br />

ließe) dem Bischof nickt direkt, son<strong>der</strong>n durch den Herzog zugestellt worden;<br />

deuu in einer Mitteilung des Kurfürsten Johann an Herzog Bogislaw über<br />

ein Ausschreiben Köuig Maximilians heißt es: „Sodann vuter an<strong>der</strong>n vus<br />

durch die Königliche Mayestat In an<strong>der</strong>n briuen bcuolhen, dem Bischofs zn<br />

Camin die gedachten lautfridcn, Camergericht hauthabuug vud gemciuen<br />

pfennig zu uerkuuden, uachdem aber sein stift vnd <strong>der</strong> Kirchen eigenthum<br />

In ewern furftenthumen vnd landen belegen, Vitteu wir frnutllch seiner<br />

libeu gleich an<strong>der</strong>n ewern prelaten, Heren, mannen vud Ttcdeu solch vcrklluden<br />

lassen, sich darnach wissen zu richte» vnd an<strong>der</strong>n gleichmcsiig zu<br />

machen"). Der Markgraf sah also den (5amincr Bischof als Vandftand<br />

des Herzogtums an.<br />

Dem stehen wie<strong>der</strong> Behauptungen von Tatsachen gegenüber, wie sie<br />

<strong>der</strong> evangelische Bischof Martin Wcihcr in seiller „Eutschnldiqung an die<br />

Herzoge zu Pommern" (l:'>54) anführt, um die Ncichsunmittclbarkett des<br />

Bistums zu erweisen^): Die vou Kaiser Maximilian zu seinem Romzuge<br />

von den Stände» des Neichcs verlangte Hülfe sei ihm für Lamm „auf<br />

flcisiige Nuterhandlnng" durch Herzog Aogislaw zugeführt worden; aber<br />

Bogislaw habe laut eines vorhandenen Reverses erklärt, „daß es ans keiner<br />

Pflicht geschehen sei, daß es auch dem Stift all seinen Privilegieu nicht<br />

nachteilig, noch die Stände hinfüro solches zu thun schuldig ieiu sollten".<br />

Damit stimmt dauu nbcreiu, das; von dcm Stift Camiu „alle Aulageu an<br />

die verorducten Arter und sou<strong>der</strong>lich alle umgehende Jahre durch koutlnuieNen<br />

Brauch urkundlich <strong>der</strong> Quittungen dcm kaiserlichen Kammcrgericht entrichtn"<br />

wären, und daß <strong>der</strong> Bischof „son<strong>der</strong>lich die Steuer, so zur Erhaltung<br />

kaiserlichen Kammcrgerichts ^) auf das Stift damili geschlagen, jährlich<br />

continue und immediate nach Speycr geschickt hätte", und wenn wirklich<br />

einmal „etliche Steur dcn Herzogen zu Stettin-Pommern gereicht scicn,<br />

') a. a. O.; auch ebd.: 15M Avril l9 (gedrucktes Formular). ') ebd.: 1k>M<br />

3. ') ebd.: W. A.: Tit. 25 Nr. 3 toi. 01. ') ebd.: sohlen Nr. I.'i, N^. 5.<br />

Niedel Ul 2, 40.^ Nr. 329. ") ^ilil. d. l^es. Al>t. I Fol. :>ir. 55 Seite 1^ ff.<br />

Eine i7.uitlimg.' D. R. T. A. lI. R ) 3, 27^.


is zur Einfilbrnng <strong>der</strong> Reformation.<br />

l^5><br />

solches . . ans leiner Bewilligung, als ob's sich <strong>der</strong> Pflicht nach gebührte,<br />

geschehen sei, wie denn etliche Revers und Protestationcn deswegen vor«<br />

Handen". Bischof Erasmns sei sogar 15>^3, weil er „in Erlegnng <strong>der</strong><br />

Reichsstmer und Besuch <strong>der</strong> Reichstage sänmig gewesen, in des Reiches Acht<br />

getan nnd das Stift aller seiner Privilegien entsetzt" und erst dnrch die<br />

Fürsprache Herzog Georgs und des Knrfürsten von <strong>der</strong> Pfalz „wie<strong>der</strong>nm<br />

zu (ttnadcu genommen, dem Reiche adjnngirct und in den vorigen bischöflichen<br />

Stand gesetzt . . . Wie denn <strong>der</strong> kaiserlichen Majestät Schein davon vorhanden"<br />

'). Danach schiene in dieser Zeit dcr Bischof von Camin beim<br />

Reichstage Sih nnd Stimme gehabt zn haben. Martin Weiher äusiert sich<br />

nämlich den Herzogen gegenüber, seine Stiftsstände hätten „von Graf (Heorg<br />

zu Eberstein gebort, daß <strong>der</strong>selbe von Bischof Martin Kmithcn anf den<br />

Reichstag gcschickcl und wegen desselben einmal Session und Ltimme gehabt".<br />

So sei anch „Bischof Eracmus nebst Herzog Aogislaw nnd Herzog (Neorgius<br />

anf den Reichstag nach Nürnberg gezogen, habe im Reiterate in (Gegenwart<br />

Ihrer fürstlichen ('Waden Lession nnd Stimme gehabt (was<br />

allerdings ein Irrtum ist>, sei auch mit Ihren Fürstlichen Gnaden darauf<br />

von dannen geritten, habe aber nichtsdestoweniger „nach Inhalt <strong>der</strong> Kirchen<br />

Camin Matritul und Statntis nnd Verträge gegen Keine Fürstlichen<br />

Gnaden seiner Pflicht nnd Verwandtnis fich treu und gehorsam erhalten".<br />

Nnd diese Bemerkung scheint mir allerdings die tatsächliche Stellung des<br />

Bischofs am besten zu charakterisiere». Dem Reiche gegenüber ist er nach<br />

Anspruch und Form reichsunmitlelbar, dem Herzogtum gegenüber tatsächlich<br />

landstand. Das ganze Wi<strong>der</strong>spruchsvolle und Unvereinbare dieser beiden<br />

Beziehungen kam dauu nur in Fällen von persönlichen Gegensätzen zum<br />

Vorschein; sonst hielt man sich nach den Umständen, war Vaudstand, wenn<br />

man nicht vom Reich ausdrücklich in Anspruch genommen wurde, und war<br />

Reichsstand, wenn nicht grade <strong>der</strong> Landesherr Anfor<strong>der</strong>ungen stellte. Erst<br />

wenn Reichs- uud herzogliche Iutercsseu gleichzeitig in entgegengesetzter<br />

Richtung sich geltend machten, mußte es zn einer Entscheidung kommen,<br />

und das trat in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Reformation ein. Für die zweite Hälfte<br />

des 15. Jahrhun<strong>der</strong>ts nnd bis zur Reformation hin läsit sich die Vandstandschaft<br />

des Camincr Bischofs garnicht bezweifeln, nnd ist, wie wir sie<br />

schon für die Zeit nach dem Vertrage von 14.'5l! fanden, auch für Aogijlaws<br />

Regierungszeit mannigfach bezengt.<br />

Freilich auf zwei so wichtigen Landtagen, wie denen am 3l5. März 1493*)<br />

und am 1. Dez. !5


12s» Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

von Brandenburg die Erbfolge des lurbrandcnbnrgischen Hauses in Pommern<br />

für den Fall zusicherten, daß die männliche ^inie des Herzogshauses ausstürbe,<br />

sind die Bischöfe nicht zugegen gewesen, und als die obersten Prälateu<br />

erscheinen beide Mal die Äbte von Belbuck und Bukow, nach ihnen das<br />

Domkapitel von Camin. Aber Kantzow weiß zu erzählen^), daß Bogislaw<br />

„hielt uymmer Nat o<strong>der</strong> Gerichte, daran wes gelegen, er verschreib seine<br />

Furnhemisten und Eltisten vou <strong>der</strong> Vautichafft darzu: den Bischoff und<br />

Probst vou Camyu, die Grafen und Hern, die Ebte, Ritter uud Amptleute".<br />

Außerdem wird in einer Darlegung <strong>der</strong> Verhältnisse des Vistums,<br />

die fNr den Prozeß wegen <strong>der</strong> Koadjutorie des (trafen Wolfgang von<br />

Eberstcin verfaßt ist, ausdrücklich hervorgehoben, daß von undenklichen Zeiten<br />

an <strong>der</strong> jedesmalige Bischof von Camin <strong>der</strong> erste uud vornehmste Prälat<br />

uud Nat des Herzogs von Stettin und Pommern gewesen sei und als solcher<br />

zu den Versammlungen <strong>der</strong> Prälaten uud Ritter (proceres) des Herzogtums<br />

Stettiu-Pommern gcladeu werde und gleich den an<strong>der</strong>n im Rate des Fürsten<br />

bei Sachen, die den allgemeinen Stand des Herzogtums und Baterlandes<br />

betreffen, zugegen sei, seiner Pflicht als Rat genüge, uud als ein solcher<br />

gehalteu, geuanut und erachtet werde"). Und das Domkapitel von Camin<br />

nennt in seinem Schreiben an Papst Leo X. von 15l 9 den Bischof „cnput<br />

zirilnu5l 2C senior in congilio pktriao princis>»tu8, (iueatu8 et l)mnmmrum<br />

t6rr6 s»rillcii»i (^Nawralis an8Ì8t6N8". Das bestätigen Ladungen zu solchen<br />

Tagen und <strong>der</strong>en Protokolle. Gleich in <strong>der</strong> ersten Gesamtbestätigung <strong>der</strong><br />

Rechte <strong>der</strong> Stände durch Herzog Äogislaw finden wir den damaligen<br />

Postulaten Grafen Ludwig in dieser seiner Stellung uuter den Ständeu<br />

aufgeführt 2). Im November 1503 schreiben Bürgermeister uud Nat vou<br />

Stralsund an die in <strong>Greifswald</strong> „to dage" versammelten Stände, den<br />

„Bischof Martin zu Cammin, Werner v. d. Schuleuburg Hofmeister . . .<br />

uud alle an<strong>der</strong>en Prälaten, Mannen und Städte"*). So lädt Bogislaw<br />

den Bischof nebst einigen Kapitularen zu einem Gerichtstage nach Äelgard,<br />

um Grenzstreitigkciten beilegen zu helfen: „Is vnse frundlitc bcde I. ^!. wolde<br />

uppe de sulue tidt ock by uns eri'chineu vnud na Iuwcr leuenu gefallen<br />

welke des gestichtes Capittulares ock van <strong>der</strong> Mannschop vnnd vann Stedeun<br />

mitbriughen, <strong>der</strong> Diughe vorhandelinghe vortonemeude"^. „Mit Iuwer<br />

') Kanhow l, 3.-N. ') K. St. A. St.: W. A.: Tit. 25 Nr. 3« sol. N Nr. 6.<br />

') senos. et Xi. 152 ^ir. 199. Tatz in dieser Urkunde, ebenso wie in <strong>der</strong> Herzog<br />

Ottos von 14U4 <strong>der</strong> Nlnne des Bischofs bezw. Postulaten nicht genannt ist, hat,<br />

indcm man „Bischof" u. „Postulat" als Apposition faßte, zu dem Irrtum Anlah<br />

gegeben, als sei Graf Albrecht <strong>der</strong> Bischof o<strong>der</strong> Postulat gewesen (f. Bibl. d. Oes.<br />

Abt. 1 Fol. Nr. 55 u. Wachses Handschrift!. Geschichte des Bistums C.) Über eine<br />

ahnliche Auslassung vgl. ?om. 2, 142 geile 13 u. Kantzow 1, 405 geile 2. ") K.<br />

Et. A. Ct.: Bohlen Nr. 705. ') ebd.: Nr. 15^: 1508 Juli 3; über diesen Gerichtstag:<br />

Dähnert, Pom. Bibl. 5, 29.


is zur Einfuhrung <strong>der</strong> Reformation. 127<br />

lene und an<strong>der</strong>n unsen on<strong>der</strong>danen" heißt es in <strong>der</strong> Bitte des Herzogs, die<br />

Schllldllrtnnde über 1s>l)!k) Gulden, die er seiner Tochter Sophie, <strong>der</strong> Braut<br />

des Herzogs von Holstein, als Vrantschatz versprochen hatte, als<br />

mitzubcsiegcln').<br />

Bürge<br />

Auch znr Gefolgschaft ziekt er den Bischof heran und<br />

for<strong>der</strong>t ihn ans, dreißig reisige Pferde und Knechte auszurüsten und „mit<br />

vuser honet ferne als mit bruncm dote" zu kleiden, um mit ihnen die Braut<br />

seines Sohnes, Herzogs Georg, in (Rottingen zn empfaugcu und zn geleiten").<br />

Ebenso wie Bischof Martin es getan, genügte auch Erasmns, <strong>der</strong> schon<br />

feit 1504 in <strong>der</strong> herzoglichen Kauzlei tätig gewesen war, <strong>der</strong> durch den<br />

Herzog von ihm gefor<strong>der</strong>ten Natspflicht.<br />

Er nahm als Vertreter des Herzogs<br />

teil an den Beratungen mit den brandenburgischen Naten, wegen <strong>der</strong> Vehnsfrage,<br />

die mit <strong>der</strong> Belchnnng Bogislaws durch Karl V. wie<strong>der</strong> in Fluß<br />

gekommen war, zuerst in Köln l52l, dann im nächsten Jahre noch einmal<br />

in Prenzlau.<br />

Und als eine friedliche Auseinan<strong>der</strong>setzung nicht erfolgte, ging<br />

er mit Aogislaw und seinem Sohne Georg nach Nürnberg, wo <strong>der</strong> Herzog<br />

seine Sache vor dem Ncichtzkammergericht verhandeln wollte, dem Karl V.<br />

die Erledigung übertragen Halle').<br />

Diese Tatsache ist es auch, die Martin<br />

Weiher dahin auslegte, als ob Erasmus iu sciuer Eigenschaft als Bischof<br />

auf dem „Reichstage zu Nüruberg" neben den beiden Herzogen Sitz und<br />

Stimme gehabt hätte; er fnugicrte eben als herzoglicher Nat.<br />

Das ist in <strong>der</strong> lebten Zeit Bogislaws X. die persönliche Stellung des<br />

Bischofs von Camin; als Kirchenfürst aber und Haupt des Camiuer<br />

Bistums ist er, <strong>der</strong> uuter des Herzogs eutscheidendcr Mitwirkung zn seinem<br />

Amte kommt, <strong>der</strong> erste in <strong>der</strong> Tat unter den Ständen des Landes trotz<br />

seiner theoretischen Ncichsunmittelbarkeit. Das wird sich noch deutlicher<br />

zeigen, wenn wir jetzt die ^age seines Stiftes, des Territoriums nnd <strong>der</strong><br />

Stände desselben, kennen lernen werden, des Stiftes, das noch iu deu<br />

äußeren Formell eines selbständigen Gebietes lebt und doch <strong>der</strong> Gesamtverfassung<br />

des Landes Pommern sehr weit eingeordnet ist.<br />

nicht säkularisiert, aber doch ziemlich anf dem Wege dazu.<br />

Es ist noch<br />

Ganz beson<strong>der</strong>e<br />

Umstände haben hernach in <strong>der</strong> Reformation die völlige Einziehung verhin<strong>der</strong>t.<br />

Bogislaw X. hat es nicht bis zn einer PerwaltnngHhoheit im Stifte gebracht,<br />

aber doch seinen Einfluß anf dessen Verhältnisse wirtsam befestigt.<br />

') K. St. A. St.: Bohlen Nr. 680: !5in Juni ltt. ') ebd.: l5l2 Nov. 30.<br />

') Die Quellen siehe bei Grübest, Manteufel. 20 und 28.


Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Zweites /iapitel.<br />

Das Stift ßamtn und sein Verhältnis zum Herzog.<br />

ß l. Das Stift und seine Stände.<br />

Nackdcm das Bistum Vamin einmal zu einem geschlossenen Landbesitze<br />

gekommen war, gelaugte es bald zur Ausbildung territorialer Formen, <strong>der</strong>en<br />

Entwicklung sich hier im allgemeinen iu <strong>der</strong>selben Weise vollzog, nüc es in<br />

den Territorien des Reiches geschehen war, und iu ihren Abweichuugeu,<br />

Hemmliugen und Fördcruugeu, durch die wechsclude Stellung des Bischofs<br />

zu de» ^andesherrcu bcdiugt war. Neben dem Domkapitel bildeten sich die<br />

an<strong>der</strong>n Stände, Ritterschaft und Städte zn selbständigen Faktoren heraus, versammelten<br />

sich in Landtagen zu Gericht und Beratung über die Masiuahmeu<br />

des Bischofs als Laudesherrn. Camiu holte damit nach, was sich m an<strong>der</strong>en<br />

Bistümern schon entwickelt hatte und für die Fürstentümer überhaupt durch<br />

die große Reichsgesetzgeduug Friedrichs II. nud seines Sohues Heinrich,<br />

beson<strong>der</strong>s den Spruch, daß die Zustimmung <strong>der</strong> Vaudstände zn Rechtsbcstimmuugen<br />

<strong>der</strong> Vaudesherren erfor<strong>der</strong>lich sei, sanktioniert wordeu war.<br />

Die erste Stelle unter den Ständen des Stiftes uahm natürlich das<br />

Caminer Domkapitel ein, infolge <strong>der</strong> Rolle, die es schou uebeu dem Bischof<br />

als geistlichem Herrn des Bistums spielte. Es ist das Ratskollegium des<br />

Bischofs (onl,5l'IiH!'ii oploop»)'), au desseu Teiluahmc er bei alleu wichtigen<br />

geistlichen Handlungen gebunden ist, <strong>der</strong> gegebene Vertreter des Bischofs<br />

bei ^akau^cil d^s Stuhls, weuu nicht durch irgeudwclche Eingriffe das<br />

Regimcut au<strong>der</strong>s vergeben wllrde, wie 1474 durch deu pävstlicheu Legaten<br />

Antonius Bouumbra au deu Soldiuer Propst. Die Doniherren sind seit<br />

<strong>der</strong> Begründung des Kapitels die endige Wahlturie; eine allina'hliche Zurückdränguug<br />

des Vaicuelemcutcs vou <strong>der</strong> Teilnahme au <strong>der</strong> Bischofswahl brauchte<br />

hier nicht mehr zu erfolgen, sie wurde vou Anfang an — wcun wir von<br />

den allerersten Besetzungen abschen — durch das Privileg von 1174 festgelegt.<br />

Das Domkapitel allein setzte dem Stift den ^audesherru und genoß<br />

demcntsprechende Son<strong>der</strong>rechte. Es staub seit seiner Begründung in sciuen<br />

einzelnen Mitglie<strong>der</strong>n außerhalb <strong>der</strong> ordentlichen Iurisdiction des Bischofs<br />

und ließ sich das immer wie<strong>der</strong> bestätigen 2); es besaß auch die Gerichtsbarkeit<br />

') K. St. A. St.: B. C.-. 1444 Febr. 5. ', P. U. B. 1, 43 Nr. 69; K. St. A.<br />

St.: B. C.: 1393 Sept. 28. ebd.: St. A.: ?. Hl Tit. 12 Nr. 30^: 1402 Aug. 8.;<br />

ebd.: B.C.: 1481 April 6.; ebd.: 1497 Okt. 10.; ebd.: Kl. Belbuck: 1504 Apnl lo.<br />

Kapitelsstatuten (bei Klempin) Nr. 4 f., 43 n., 51. 59. Das eigene Siegel des<br />

Kapitels ab«ebildet in . D. Tafel 2; Schvttgen, Alt. u. Neues Pommerl. im<br />

3. >3tück.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 129<br />

über alle seine Untergebenen'). Teine Gitter waren frei vom Vischofszehnten'),<br />

und vor den übrige» Kapiteln des Vistnms, also auch beson<strong>der</strong>s vor dem<br />

zweiten des eigentlichen Stiftes, dem Kollegiatlapitel zu Kolberg genoß es<br />

einen Vorrang, da die Caminer Kirche gleichsam die Mutter aller an<strong>der</strong>en<br />

sei, frei und exemt, <strong>der</strong> römischen Kirche unmittelbar und niemand sollst<br />

unterworfen 2). Vis zu welcher Selbständigkeit dem Bischof gegenüber die<br />

Domherren gingen, dafür weist die (beschichte des Bistums manche Beispiele<br />

auf, Bischof Marinus wurde sogar suspendiert, wozu ein Domkapitel uicht<br />

das mindeste Recht hatte.<br />

Im<br />

Stifte selbst sind die Domherren von Camin von Anfang an,<br />

d. h. also seit <strong>der</strong> Mitte des 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts an <strong>der</strong> Negiernng beteiligt.<br />

Ohne ihre Zustimmung darf <strong>der</strong> bischöfliche Vandcshcrr llichts vornehmen;<br />

freilich können anch sie ohne ihn keine selbständigen Ncgierungshandlungen,<br />

we<strong>der</strong> im Bistum noch im Stift vollziehen, wenn es nicht ihren speziellen<br />

Besitz angeht


Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

schenfen, begegnen nns nicht; es ist deshalb sehr leicht möglich, daß sie gar<br />

nicht bestanden haben. Der Stiftsadel leistete die militärischen Anfor<strong>der</strong>ungen,<br />

die an das Stift gestellt wnrden, nnd scine Mitglie<strong>der</strong> wurden allmählich<br />

anch vom Bischof in wichtigen Dingen als „des Tliftes Natc" herangezogen;<br />

als solche wirkten sie z. B. mit bei <strong>der</strong> Verbindung des Bistums mit dem<br />

Hochmeister Heinrich von Planen gegen den Herzog von Stolp'). Was<br />

ursprünglich eine Gnnst gewesen, darauf erhob die Ritterschaft bald Anspruch,<br />

umso mehr und unno nachhaltiger, als im Kapitel das adlige Element mehr<br />

und mehr überwog. Familienbande und gemeinsame Interessen im Adel,<br />

dessen Angehörige anch in den Städten als Natsherren und Bürgermeister<br />

saßen, verbreiterten seinen Einfluß auf die Leitung des Stiftes. Wichtig<br />

war, daß die meisten <strong>der</strong> Stiftsvasallen nicht bloß im Stifte allein ansässig<br />

waren, son<strong>der</strong>n auch im Herzogtume, sodaß des Stiftes Wohl und ihr<br />

Porteil nicht immer zusammenfielen, was sich für den Bischof oft in recht<br />

unliebsamer Weise bemerkbar machte. Die Vasallen folgten dem Vischof<br />

nur für eiueu Teil ihrer Güter; für diesen hatten sie von ihm innerhalb<br />

eines Jahres nach seinem Amtsantritt die Aelrhuuug nachzusuchen uud ihm<br />

den Treueid zu leiste»"), waren ihm mit Pferd und Waffen zu Dicust<br />

verpflichtet '), mußten znm Nat am Hofe erscheinen nnd standen unter seinem<br />

als des Landesherr» Gerichts. Während <strong>der</strong> Bischof sonst von allem<br />

Besitz im Stifte Bcde, Steuer und Zehnten erhob, waren (neben dem Besitz<br />

des Domkapitels, das dafür an<strong>der</strong>e Abgaben leistete) diejenigen Hnfen <strong>der</strong><br />

Adligen, die sie selbst bewirtschafteten ^un^ per »6 urant vel coiunt), davon<br />

befreit, doch stand dem Bischof in den Stiftsschlösscrn das Einlagerrecht zu^).<br />

Wie die an<strong>der</strong>en Stände benutzte auch <strong>der</strong> Adel Neubesetzungen des<br />

Nischosssttthles m seinem Son<strong>der</strong>interesse. Die Bischöfe Mariuus nnd<br />

Benedikt (beide Auslän<strong>der</strong>!) mußten sich verpflichten, in den Stiftsschlössern<br />

als Hanptlrute uur Stiftsvasallen einznsetzen. Und diese Einsetzung war<br />

wie<strong>der</strong> nicht vom Bischof allein abhängig, son<strong>der</strong>n erfolgte „auf den Nat<br />

des Capitels, <strong>der</strong> Adligen nnd <strong>der</strong> Bttrgerschaftsoertreter", ebenso wie ja<br />

auch zur Bestallung <strong>der</strong> herzoglichen Vögte die Zustimmung des gemeinen<br />

Nates erfor<strong>der</strong>lich war^).<br />

Die Städte des Stiftes, fast alle erst von den Bischofen als solche<br />

begründet, unterstanden ihnen als ihren Stadtherren. Ursprünglich leitete<br />

<strong>der</strong> vom Bischof eingesetzte und meist <strong>der</strong> Nittcrschaft angehörende Vogt<br />

') Joachim 61 Nr. 330 vgl. Voigt, Gesch. Preußens 7, 210. ') 8tntuiH 0apjtu1i<br />

(bei Klempin) Nr. 118 u. 125; K. Lt. A. St.: Bohlen Nr. 080: 14i)8 Aug. 27.;<br />

Bibl. d. Ges.: koeper217 toi. 021; K. St. A. Et.: St. A.:Ttt. 45 Nr. 54^ f^I. 3^0;<br />

3c!ldy. el X,'. 212 Nr. 251. ') Auttutk Nr. 134, 137, 167. *) K. ^t. A. Et.: Kolb.<br />

Domkap.: 1500 Juni 4.; ebd.: B. C.: 1509 Mai 8; ebd.: 1527 Sept. 27. >) Klempin<br />

3W Nr. 175- Dreaer 12 Nr. 3119. «) Klempin, 11 Nr. 66,12 Nr. 74; Kratz, Gesch.<br />

d. Geschl. v. Kleist 1, 206 Nr. 376. '> 8clw6. et Xr. 152 Nr. 199.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation.<br />

i:N<br />

Verwaltung und Gericht. Aber mit <strong>der</strong> Ausbildung <strong>der</strong> städtischen Verfassuug,<br />

mit <strong>der</strong> Entstehung des seiner Einsetzung nach von dem Stadthcrrn<br />

uuabhäugigcn Rates als <strong>der</strong> Verkörperung <strong>der</strong> Gemeindeverwaltung, ging<br />

dann <strong>der</strong> Einfluß des Bischofs auf die (Gestaltung <strong>der</strong> stiidtischeu Verhältnisse<br />

zurück, sodaß ihm schließlich außer dem Allspruch auf gewisse Leistungen<br />

nur das lehnsherrliche Obereigeutnm am Gericht blleb.<br />

Damit ging Hand in Hand die Vertretung <strong>der</strong> Städte neben den<br />

beiden au<strong>der</strong>n Stauden auf den Landtagen. Freilich erschienen hier im<br />

Ttift nicht alle Städte, son<strong>der</strong>n nnr die sogeuaunteu Immediatstädtc, während<br />

die Mediatstädte, d. h. diejenigen, die außer dem Bischof uoch eiuem vou<br />

diesem abhängigen Grundherr« unterworfen waren, am Landtage keilleu<br />

Auteil hatteu, wie Äublitz, desseu Vchusbcsitz die Wedel i:M9 au deu Bischof<br />

Friedrich vertauft hatteu'), das dauu 1444 an einen Massow tam*j und<br />

1dl4 von Bischof Martin an Jakob Kleist übertragen wurde '), o<strong>der</strong> Htaugard,<br />

das die (trafen vou Eberstciu als seine Hcrreu anerkauutc''). Immcdiatstadte<br />

im Stifte waren Kolbcrg und Kösliu, zugleich die ältesteu uud<br />

politisch und wirtschaftlich bedeutendsten, beide <strong>der</strong> Hansa augehöreud.<br />

Die Gcrichtshoheit, die in den Stiftsstädtcu allsgeübt wurde, die ^ehns-<br />

Hoheit, welche sie über die Vasallen ihres (Gebietes bcsaßeu, rührten vom<br />

Bischof her. Dieser hielt sich auch später noch in <strong>der</strong> Stadt eiueu Vogt<br />

(»ävncatu»), <strong>der</strong> in Gemeinschaft mit zwei Ratsmitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Stadt Recht<br />

sprach; und von den Eiuküufteu des Gerichts erhielt <strong>der</strong> Bischof ^, während<br />

<strong>der</strong> Nat '/, behielt ^). Die Lehnsleute <strong>der</strong> Städte mußten ebeuso wie die<br />

an<strong>der</strong>n beim Bischof die Bclehuuug uachsucheu llud waren ihm zum Kriegsdienste<br />

verpflichtet k). Im Gebiete <strong>der</strong> ^tadt erhob <strong>der</strong> Bischof Steuer,<br />

Bede» uud Zehuteu, währeud die Stadt selbst jährliche feste Abgabe« lieferte<br />

und dem Bischof eine bestimmte Summe als Orbar entrichtete, die für<br />

Kolberg 600 und für Kösliu 20


i:z><br />

Staat und Kirche in Pommern im ausstehenden Mittelalter<br />

gegebenenfalls auf Verlangen <strong>der</strong> Städte abzubrechen und, wenn er<br />

neues bauen wolle, sich nach <strong>der</strong> Genehmigung o<strong>der</strong> Ablehnung <strong>der</strong> Städte<br />

zu richten').<br />

Die Städte scheinen in dieser Richtung sogar den Vasallen<br />

vorausgegangen zu sein; denn iu <strong>der</strong> wichtigen Urkunde über die Bcdiuguugen,<br />

unter denen Herzog Bogislaw Vili, zum Schirmherru des Stiftes ernannt<br />

werden sollte, ist bei all den Einschränkungen, die ihm auferlegt wurde»,<br />

immer nur vom Kapitel und den Stiftsstädtcn die Nede, nicht von den<br />

Vasallen, obwohl dlcse beim Abschluß des Vertrages zugegen waren").<br />

Herzog mußte sich hier auch verpflichteu, alle festen Häuser innerhalb dcr<br />

Grenzen des Stiftes, die dieses als für sich schädlich erachte, abzubrechen<br />

und ohne die Genehmigung des Kapitels und <strong>der</strong> Ltiftsstädte<br />

ein<br />

Der<br />

auch keiue<br />

neuen aufzuführen, ohne ihre Zustimmung keiue Bcsitzverän<strong>der</strong>uugeu im<br />

Stifte vorzunehmen, ohne ihre Einwilliguug auch keine Bede zu for<strong>der</strong>u, und<br />

wenn ihm eiue solche zugestanden werde, sie durch deu Nat von Kolberg<br />

aufbewahren zu lassen, bis Kapitel uud Stiftsstädte über ihre Verwendung<br />

entschiede!! hätten; sie haben auch eiue entscheidende Stimme bei dcr Neueinsetzung<br />

von 3tiftsvögteu.<br />

Selbst das .lus 66 nou svocnn^n war von<br />

deu Städten und dein Kapitel auf ihr Programm gesetzt worden; sie erlangten<br />

es aber nichts.<br />

Teilnahme an <strong>der</strong> Regierung des Stiftes<br />

uud Sclbstäudigkcit gegenüber<br />

dem bischöflichen Gerichte, das suchten die Städte für sich zu erreichen,<br />

und erreichten sie auch mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong>.<br />

Als Bischof Henning Iweu sich<br />

einmal weigerte, die For<strong>der</strong>ungen seiuer Städte anzuerleuneu, erlitt er in<br />

dem daraus folgenden Streit eiue vollständige Nie<strong>der</strong>lage*) und mußte sich<br />

sogar dazu verstehen, daß „über Streitigkeiten des Bischofs mit Bürgern<br />

uud Einwohnern von Kolberg allein <strong>der</strong> Nat <strong>der</strong> Stadt richten" solle, also<br />

<strong>der</strong> Landstand über seinen ^audcsherrn.<br />

Und dies Vorrecht wurde auch<br />

weiter aufrecht erhalten uud in deu folgenden Privilegicnbestätiguugeu wie<strong>der</strong><br />

ausgesprochen5), eiu deutlicher Beweis, wie weit das Streben nach Unabhängigkeit<br />

gerade bei den Städten schon gediehen war.<br />

Das Höchste<br />

enthielt iu dieser Hinsicht wohl <strong>der</strong> Pertrag von 1469, nach jahrzehntelangen<br />

Kämpfen zwischen Bischof Siegfried, dann Bischof Henuiug samt<br />

<strong>der</strong> Stadt Köslin, dem Schirmherr« des Stifts, Herzog Vogislaw«), und<br />

mehreren Adligen auf <strong>der</strong> emcu uud <strong>der</strong> Stadt Kol<strong>der</strong>g auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite, Kämpfeu, die das Stift unglaublich verwirrten und schädigten, aber<br />

die ganze Kraft des aufstrebenden Bürgertums zu Tage treten ließen, beson<strong>der</strong>s<br />

in Kolberg, das vou dem schnellen uud harteu Hans Schliessen<br />

') K. St. A. St.: B. C.: 1373 Juli 23.; 8ekao. 6t K,'. 58 Nr. 96. ') ebd.:<br />

65 Nr. wtt. ') Bftl. den Entwurf: K. St. A. St.: Dep. Et. Kolberg Nr. 75 mit dem<br />

endgültigen Vertrage. ^) Niemann, Kolberg Anh. 40 Nr. 33; Benno, Cöslin 343-<br />

>) Kratz, Städte d. Prov. Pommern 88. ^ Joachim 158 Nr. 927; Kletke,<br />

Neom. in Mark. Forsch. 12, 49.


is zur EmfNhnma <strong>der</strong> Reformation.<br />

geleitet wnrde.<br />

Streitigkeiten <strong>der</strong> Stadt mit ihren Geistlichen wegen <strong>der</strong><br />

Talinen und <strong>der</strong> Hafcngerechtigfeit, mit dem Bischof wegen gerichtlicher<br />

Kompetenzfragen hatten den Anlaß gegeben, die großen kirchlichen Ereignisse<br />

<strong>der</strong> Zeit, <strong>der</strong> Kampf zwischen Papst Eugen IV. und dem Baslcr Konzil,<br />

spielten hernach mit hinein und wirkten verschärfend; <strong>der</strong> Gegensatz zwischen<br />

Adel und Städten, die die Polizei ans den Straften wohl etwas scharf,<br />

jedenfalls zu scharf für den Ritter, handhabten, kam hinzu. Das Ende war,<br />

daß die beiden Städte aus den Folgen, die ihre verschiedene Stellungnahme<br />

zum Aischof für<br />

ihren wirtschaftlichen Wohlstand gehabt hatte, die Vehre<br />

zogen, sich für die Zukunft Hilfe und Beistand gegen ihre Wi<strong>der</strong>sacher<br />

versprachen und uuu dahiu vereinigten, fernerhin einem neneu Bischöfe nur<br />

gemeinsam zu huldigen, und zwar erst, nachdem er ihre Privilegie» bestätigt<br />

hätte l).<br />

Also erst mnßte <strong>der</strong> neue Bischof die Selbständigkeit <strong>der</strong> Städte<br />

sich gegenüber anerkennen (denn das bedeutete die Bestätigung <strong>der</strong> Privilegien<br />

tatsachlich), dann wollten auch sie ihm ihre Anerkennung nicht weiter versagen.<br />

Orade in den eben vergangenen Kämpfen hatten die Städte noch<br />

mauch Vorrecht erlangt, so das schon erwähnte — wegen <strong>der</strong> Besetzung<br />

des bischöflichen Schlosses Lörlin, ferner das Zugeständnis, daß die Geistlichen,<br />

die in diesem Streite zu Kolberg gestanden hätten, nur vor dem<br />

Kolberger Ofnzial und die Laien außerhalb <strong>der</strong> Stadt unr vor dem Landtag<br />

<strong>der</strong> Stände, die Bewohner <strong>der</strong> Stadt selbst aber nur vor dem Rate <strong>der</strong><br />

Stadt sollte« vor Gericht gefor<strong>der</strong>t werden dürfen'), vor allem das Privileg<br />

Engens IV. für Kolberg, das Vergünstigungen enthielt, <strong>der</strong>en Umfang nicht<br />

genau festzuftelleu ist, die aber wahrscheinlich Grenzbestimmungen zwischen<br />

<strong>der</strong> bischöflichen und <strong>der</strong> städtischen (Gerichtsbarkeit betroffen haben").<br />

Kösliu<br />

erhielt ähnliches; wegen seines treuen Beistandes erteilte ihm Bischof Henning<br />

das Privilegium 66 non evooanän, „dat wy ed<strong>der</strong> unse officiale zc ed<strong>der</strong><br />

nemende van en van unser ambachtes wegen cd<strong>der</strong> ume welke an<strong>der</strong>e ansprake<br />

ed<strong>der</strong> thosaggende willen . . buten laden weren"*).<br />

Das haben die Städte festgehalten und sich von den einzelnen Nischöfen<br />

immer wie<strong>der</strong> bestätigen lassen nnd sich energisch gegen Än<strong>der</strong>ungen und<br />

Neuerungen zu ihren Ungnnsten gewehrt").<br />

waren, gab ihnen dabei einen kräftigen Rückhalt.<br />

Daß sie Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Hansa<br />

Zwar im Kampf <strong>der</strong><br />

') Dähnert, Pom. Bibl. 4, 222: 1469 Juli 25. Über eine Abschrift <strong>der</strong> Nrk.<br />

s. Balt, Etu>. 27, 5l Nr. 145 Teil 4. ') Nlemann, Kolberg Anh. 40 Nr. 33.<br />

', ebd.: 217; uftl. Anh. 52. ^ Hk. St. A. Et.: 5ep. St. Köslm: 1450 Juni 5; tzatcn,<br />

Köslin 66. 'i Bibl. d. Ges.: 1a, Nr. 93: 14«o Mai 11; Niemann, Anh. 5« Nr. 41;<br />

ebd.: 52 Nr. 38; K. Sl. A. St.: Dep. St. Kolberg: 14«6 Aiai 28.; ebd.: Bohlen<br />

Nr. 690; Niemann, Anh. 60; K. Ct. A. Et. : Tep. St. Kolb.: 1408 Dez. 13; ebd.:<br />

St. A.: Tit. 45 Nr. 30: 1498 Dez. 13; edd.: Dep. St. Kolb.: 1489 Mai 14; Sclwe.<br />

et X,'. 246 Nr. 277; K. Si. A. Et.: Tep. Et. K'oslm: 1480 Mai 20; Bcnno Cöslin<br />

340 Nr. 37; K. St. A. St.: Tep. St. Käslin: 1486 Mm 24; ebd.: 1498 Dez. 16;<br />

Benno Cösl. 342 Nr. 38"'.


Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Hansa gegen König Erich von Dänemark entschädigten sich Kolberg und<br />

Köslin, als 1437 an sie die Auffor<strong>der</strong>ung zur Teilnahme erging, damit,<br />

dan sie zum Bistum Camin gehörten; <strong>der</strong> Vischof wäre ihr Herr, und sie<br />

müßten ihm gegenüber ihre Pflicht tun, zumal die Herzoge das Bistum<br />

wegen seiner Weigernng, gegen die Hansa Partei zu ergreifen, schon hart<br />

bedrängten ^).<br />

Aber als <strong>der</strong> Vischof den Kauflcnten in Kolberg einen nellen<br />

Zoll auferlegte, da wandte sich die Stadt von ihrem Herrn, indem sie sich<br />

nun wie<strong>der</strong> auf ihre Zugehörigkeit zur Hausa<br />

berief, an deu wendischen<br />

Städtctag zu Lübeck 15)07 und 1509, <strong>der</strong> dann deswegen beim Vischof<br />

Vorstelluugeu machte').<br />

An<strong>der</strong>erseits aber fanden die Bischöfe an ihren Städten auch treue<br />

Helfer gegen ihre Basalten und ihren Klerus, sodaß die Bisäwfe sie wohl<br />

zuweileu mit ilncr Vertretung betrauten.<br />

Als Bischof Marinns in „merk,<br />

lichen Sachen" nach Rom ging, da erteilte er für die Zeit seiner Abwesenheit<br />

den Natskollegieu von Kolberg und ^ösliu die ausgedehnte Vollmacht, unter<br />

Hinzuziehung einiger bischöflicher Vasallen nach ihrem Belieben, die Regierung<br />

des Stiftes zu fuhren, das Schloß Körlin, das Graf Ludwig von<br />

Eberstciu besetzt hielt, zurückzufor<strong>der</strong>n und gegebenenfalls mit (Gewalt zn<br />

nehmen, anch diejenigen Geistlichen nnd Weltlichen, die bisher dem Bischof noch<br />

nicht gehuldigt hätten, zum Gehorsam zu bringen und für ihn die Hnldiguug<br />

entgegenzunehmen 2).<br />

Bischof Benedikt gab sogar dem Nate von Kolberg die<br />

Vcfuguis, sowohl iu seiner Ab- wie auch Anwesenheit zu ewigen Zeiten über<br />

die Aufrechterhaltung des Landfriedens, beson<strong>der</strong>s auf den Straßen des Stiftes,<br />

zu wachen^). Schuh des Landfriedens, Sicherung des Verkehrs, das lag ganz<br />

im eigenen Interesse <strong>der</strong> Städte, und da sind sie auch selbständig vorgegangen.<br />

1427 schlössen Kolbcrg und Köslin mit mehreren Städten Hiuterpommerns<br />

ein Bündnis zn gemeinsamer Verteidigung ihrer Gerechtsame ans zehn Jahre<br />

im Falle eines Krieges zwischen ihren Herren^),<br />

und in dem erwähnten<br />

langen Streite innerhalb des Stiftes einigten sich Kolberg und Treptow<br />

mit <strong>der</strong> Familie <strong>der</strong> Borckc^), „um des gemeinen Beste,! willen des wankenden<br />

und wan<strong>der</strong>nden Mannes<br />

die Straßen rein zu halten, Schin<strong>der</strong>, Räuber<br />

und Missetäter zu verfolgen"; sie „wollen sie nicht Hausen, handeln, Herbergen<br />

und halten o<strong>der</strong> mit Rat und Tat ihnen zu willen sein, son<strong>der</strong>n unsern<br />

gnädigen Herren alles tun, wozu wir dnrch Recht verpflichtet sind".<br />

Die Gesamtheit <strong>der</strong> Stiftsstände, anf den Landtagen repräsentiert, bildete<br />

neben dem Bischof den zweiten Negierungsfaktor des stiflncheu Territoriums.<br />

Selbst als <strong>der</strong> Bischof seiner tatsächlichen Stellung nach schon zu den landstanden<br />

des Herzogtums gehörte, behaupteten die Etiftsstände fernerhin<br />

') H. R. I 8, 115 Nr. 172 f. ') ebd. III 5, 359 u. 493. ') Varthold 4 I, 435.<br />

Riemann, Kolberg Anb. 62. ') I. Becker, Progr. Schlawe 1tt?8, 5 Nr. 47.<br />

R 1'oiu. liii'1. 2IN; Schwary, Pomm. ^'el)nsh,st. 5^7.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 135<br />

ihre Geltnng innerhalb des Stiftes. Anch unter Vogislaw X. schrieb <strong>der</strong><br />

Bischof o<strong>der</strong> sein Vertreter wie bisher für das Stift Landtage aus und<br />

berief seine gesamten Ständel) o<strong>der</strong> auch nnr die Vasallen^), um Fragen<br />

<strong>der</strong> Verwaltung des Stiftes zn erledigen, Privilegien zn bestätigen, Streitigkeiten<br />

zu entscheiden o<strong>der</strong> Sttncrfordcrnngen vorzudringen. Während die Bischöfe<br />

meist auf <strong>der</strong> Aurg zu Cörlin residierten"), wenn sie nicht, wie beson<strong>der</strong>s die<br />

beiden letzten vor <strong>der</strong> Reformation, dem herzoglichen Hofe folgten, wurden<br />

die Landtage in einer <strong>der</strong> Stiftsstädte Kolbcrg o<strong>der</strong> Koslin abgehalten.<br />

Beson<strong>der</strong>s ergebnisreich fttr die Stände waren die ersten Landtage, die<br />

nach dem Amtsantritt eines neuen Bischofs abgehalten wnrden. Da wnsiten<br />

die Stände ihrem Herrn immer wie<strong>der</strong> weitgehende Zugeständnisse abzuringen,<br />

um einmal das Stiftsgebiet gegen außerstiftische Gewalten abzuschließen nnd<br />

dann im Stifte selbst eine möglichst selbständige Stellnng einzunehmen.<br />

Die gröstte Erweiterung landständischer Rechte nach beiden Richtungen hm<br />

hat wohl <strong>der</strong> unglückliche Bischof Marinns von Fregeno vornehmen müssen,<br />

die dann Benedikt von Waldstein, <strong>der</strong> böhmische Baron, bestätigte*). Hier<br />

drangen die Stände anf völlige Autonomie des Stiftes; sie sind es, die<br />

dessen Interessen gegenüber dem Landesherr« wahrnahmen, die sich noch eine<br />

gewisse Unabhängigkeit von ihm erhalten wollten, da das Bistum schon so<br />

weit unter des Herzogs Landeshoheit gekommen war. Denn zu eben <strong>der</strong>selben<br />

Zeit ernenerte <strong>der</strong> Bischof mit Aogislaw den alten Bertrag über das<br />

Nestätigungsrecht des Herzogs bei den Wahlen des Bischofs nnd <strong>der</strong> Domherren!<br />

Dieses Bedürfnis, ihre Selbständigkeit zn betonen, spricht auch ans<br />

dem Vertrage, den im beson<strong>der</strong>en die Stiftsstädte mit dem Postnlaten (trafen<br />

Ludwig von Eberstein und seinem Bru<strong>der</strong> schlössen für den Streit mit den<br />

Osten, <strong>der</strong> vor Bogislaw X. verhandelt wurdc '). Hrade bei dieser Gelegenheit<br />

können wir erkennen, dass die Stände des Stifts, und zumal die Städte,<br />

das Ziel ihrer Politik klar vor Augen hatten. Sie verbanden sich jekt mit<br />

den Grafen gegen die Osten nnd auch gegen den Herzog; denn sie sahen den<br />

Fall ausdrücklich vor, daß sie wegeu dieser ihrer Hülscleittung vom Herzoge<br />

würden angegriffen werden. An<strong>der</strong>erseits aber machten sie die braudeuburgische<br />

Politik des Postulaten, von <strong>der</strong> wir früher gehört haben, nicht mit. Sie<br />

wollten durchaus selbständig sein. Vielleicht regte sich dabei auch etwas wie<br />

patriotisches Empfinden, daß sie nicht mit dein Erbfeinde gegen den Vaudes-<br />

') z. B.: Klemvm 63: 1492 Juli 4; K. St. A. St.: Bohlen Nr. 680; ebd.:<br />

B. C.: 153? Sept. 27. ') z. B.: K. St. A. Lt.: Bohlen Nr. 15»'; ^clwe. et. Ki-.<br />

246 Nr. 277; Kratz, Gesch. d. Geschl. v. Kleist 228 'Nr. 413; Klempiu 50, 1491 Juli 22;<br />

ebd.: lini Nr. «97. ) Eie besaßen daneben Kurien zu Camin, Kolberg, Stettin,<br />

<strong>Greifswald</strong> u. a. ^) Bibl. d. Ges. la Nr. 93: 14«l) Mai 11; Nlemann, Kolbertt<br />

Anh. 58 Nr. 41. ") K. Et. A. Et.: Dep. St. Köslin: 1477 Aug. 27. Die Aktenstücke<br />

für den Streit Oberstem. O sten bei Ücliue. et kr. 177-187.


Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Herrn ziehen, son<strong>der</strong>n in diesem Falle doch ihrem Herzoge Hccrfolge leisten<br />

wollten l), wenn sie sonst auch eben von seinem Einfluß im Stift nichts<br />

wissen wollten').<br />

Die Landtage im Stifte waren zngleich Gerichtstage'). Der Umfang<br />

<strong>der</strong> Teilnahme <strong>der</strong> Stände an <strong>der</strong> Rechtsprechung, die richterliche Kompetenz<br />

des Landtages, läßt sich im Einzelnen nicht genau festlegen^), ebenso herrscht<br />

darin eine große Verschiedenheit, ob alle Stände o<strong>der</strong> nur dieser und jener<br />

zugegen ist. Im allgemeinen Landtage wurdcu z. Ä. Streitigleiteu zwischen<br />

den Basalten des Stiftes entschieden, wie 1509 zwischen den Massow uud<br />

Möuchowb) wegen zweier Dörfer, wo wir nntcr den Zeugeu neben Vertretern<br />

des Tomkapitels solche <strong>der</strong> Stiftsvasallcu, bischöfliche Pögte, Bürgermeister<br />

und Stadträte finden, o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Sache des Binzenz von Wedel zu<br />

Freienwalde, <strong>der</strong> von Vischof Erasmus auf eiueu Laudtag nach Kolberg vor<br />

Gericht gcladcn wurde"). Andrerseits richtete auch <strong>der</strong> Bischof nur mit<br />

Hinzuziehuug des Domkapitels, sowohl iu Prozesseu zwischen Städten und<br />

Pasalleu je unter sich, wie auch uutcreiuaudcr. Gras Vudwig vou Ebcrstciu,<br />

damals Postulat des Bistums, uud das Kapitel sprachen Urteil iu <strong>der</strong> Klage<br />

des Marschalls Flemmiug gegen deu Bürgermeister Abtshagcu wegen eiucs<br />

Aesitzauspruches'), uud Bischof Martiu eiltslincd 15>


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation.<br />

seiner Verwaltung hinterlassen hat, könnte man fast zur Annahme solcher<br />

bestimmten Tage zu Kulberg und Koslin kommen. Von den Gerichten <strong>der</strong><br />

Landtage wurde an den Papst appelliert, wie u. a. <strong>der</strong> Fall zwischen Ventze<br />

Mönchow nnd Mikes Massow zeigt, <strong>der</strong> dem päpstlichcu Stuhl zweimal<br />

vorgelegt wnrde^). Daraus machte später Bischof Martin Weiher ciuen<br />

Beweis für die Unabhängigkeit des Stiftes uud im weiteren des Aictums<br />

vom Vaudcshcrru, indem er behauptete, es sei in weltlichen Sachen überhaupt<br />

von Anfang an an den päpstlichen Hof nnd au keine weltliche Obrigkeit<br />

appelliert worden^). Aber das Stift war kein selbständiges Territorium mehr.<br />

8 2. Das Stift als Teil des Herzogtums.<br />

Alle Städte, Schlösser und Dörfer des Stifts seien vom Herzogtum<br />

umringet und beschlossen und ein Anteil desselben, und das Stift habe nicht<br />

eiu Fnßmal außerhalb Pommerns, alle Bischöfe von Camin, anch alle<br />

Prälaten und Kanoniker <strong>der</strong>selben Kirche hätteu vou <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Stiftung<br />

an bis jetzt dem Herzoge zu Pommern die Rntsvflicht zn je<strong>der</strong> Zeit, wenn<br />

sie dazu verschriebe», geleistet, wären in gemeiner Vandesversammlnng mit<br />

erschienen und hätten alle ordentlichen Binden mitgetragen, anch die ^andcsfursteu<br />

geehrt und als solche in Untertänigkeit anerkannt: so behauptete die<br />

anf dem Reichstage zu Nuruberg 15)4^ von deu Herzogen vorgelegte<br />

Supplikatiou').<br />

Stift<br />

Allcrdiugs, troh <strong>der</strong> territoriale« Formen seiner Verfassung bildet das<br />

doch lei» abgeschlossenes jelliständiges Oebiet, das reich?llnmittelbar<br />

wäre, son<strong>der</strong>n ist zn Bogiilaws X. Zeiten nur ein Teil des Herzogtums, eiue<br />

große Grafschaft gleichsam mit beson<strong>der</strong>en Vorrechten. Daß das Stift<br />

Camin sich mit seinen Interessen so allmählich im Herzogtum zu verlieren<br />

begann, ist zum großen Teil auch durch seine geringe Ansdehmmg bedingt<br />

und durch die damit verbuudeneu uud daraus sich ergebenden engen Beziehungen<br />

zwischen beiden.<br />

Das Stift war rings vom Gebiete des Herzogtnuls<br />

umgeben und von Elementen des Herzogtums durchzogen. Da war, abgeseheu<br />

von dem großen Kanal, <strong>der</strong> sich dem herzoglichen Einflüsse dnrch das päpstliche<br />

Privileg von 149« über die Besetzung <strong>der</strong> Propsteien an den Domuud<br />

Kollegiatkirchen eröffnete, nnd <strong>der</strong> uns später beschäftigen wird, vor<br />

allem <strong>der</strong> Adel.<br />

Nnr wenige (Geschlechter waren lediglich Stiftsgcscsseue,<br />

die meisten und angesehensten waren Vasallen des Stiftes nnd znglcich des<br />

Herzogtums nnd treten uns in beiden Beziehungen oft entgegen, die Borcke,<br />

Flemming, Kleist. Olasenapp, Mautcnffcl, Mönchow, Podewils, Namel (die<br />

Erblandesmarjchällc des Stiftes), Wriher u. a.<br />

Teilweise geborte <strong>der</strong> Ttifts-<br />

') K. St. A. St.: B. C.: 15lN Aug. 25 u. 1519 Mai 28. «) Bibl. d. Ges. 1<br />

Fol. Nr. 55, 10, 6.) ') K. St. A. St.: W. A.: Tit. 25 Nr. 2.


Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

adel sogar außer zu Pommern auch noch zu den umliegenden Län<strong>der</strong>n, wie<br />

die Grafen von Eberstein zur Mark, die Tornow zn Mecklenburg, die Wedel<br />

zur Mark uud zu Polen.<br />

Diese herzoglichen Vasallen saßen auf den Landtagen des Stiftes; außerdem<br />

aber nahmen die Mitglie<strong>der</strong> ihrer Familien Domherrenstellen in den<br />

beiden Kapiteln zu Camin und Äolberg eiu. Indem so die maßgebenden<br />

Faktoren im Stifte eng an das Herzogtum geknüpft waren, leisteten sie einer<br />

Unterordnung des Stiftes unter die obrigkeitliche Herrschast des Landesfürsteu<br />

bedeutenden Vorschub, trugen erheblich bei zu einer bis an die völlige<br />

Aufhebung herangehenden Herabmiu<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Abgeschlossenheit des Stiftes,<br />

die sonst möglich gewesen wäre. Eiu großer und ein ganz kleiner Stiftsbesitz<br />

lassen eine unabhängige Eigrnstclluug in dieser Hinsicht viel leichter zu;<br />

denn in jenem sind die eigenen Elemente so zahlreich, daß ein Vorhandensein<br />

frem<strong>der</strong> nicht so leicht eine bedeuten<strong>der</strong>e Än<strong>der</strong>ung des eigenen Charakters<br />

verursacht, und in diesen können eben überhaupt fremde Elemeute erst gar<br />

nicht eiuoriugcu. Aber gerade die mittlere Ausdehnung ist für ein Stift<br />

das Verhängnis. So waren auch in Camin die Stände des Stiftes zu<br />

maunigfach nach außen hin, über das Stift hinaus gebunden und verflochten.<br />

Die letzten beiden Bischöfe vor <strong>der</strong> Neformation, Marin Karith^) und<br />

Erasmus von Manteuffel, selbst gehörten dem heimischen Adel an und standen<br />

lange Zeit vor ihrer bischöflichen Stellung in des Herzogs Diensten. Martin<br />

Karith war Bogislaws „vertrautester geistlicher Nat" und Kanzler schon als<br />

Kautor iu Kolberg, dauu als Dekan und Propst, und blieb es auch als<br />

Bischof; als Domdekau hatte er auch den Herzog auf <strong>der</strong> Fahrt nach<br />

Jerusalem begleitet"). Wie er, so stand eine ganze Reihe von Domherren<br />

aus Camiu und Kolberg als geistliche Nate u. a. in herzoglichem Dienste.<br />

Iohauues Suawe, <strong>der</strong> Vizedomiuus von Camin, war Bogislaws Sekretär ^),<br />

außerdem waren er und scine Vettern vom Herzoge zu gesamter Hand bclehnt*),<br />

ebenso wie Erasmus von Mauteuffcl zusammen uut seinem Bru<strong>der</strong><br />

und seiuen Vettern, uud zwar sowohl vou Bogislaw, wie für an<strong>der</strong>e Güter<br />

vom Bischof 5). Bernhard Eggebrccht, <strong>der</strong> Tompropst vou Camin, stand<br />

ebenfalls im Dienste des Herzogs, <strong>der</strong> einmal sogar seinen Nat gegen die<br />

über ihn von Seiten des Kapitels erhobenen Auschuldigungeu verteidigen<br />

mußte"); auch er befand sich unter den Begleitern auf dem Zuge ins heilige<br />

Land '). Bernhard Nohr, <strong>der</strong> Kolberger Dompropst, hernach Ordeuskomtur<br />

') Rango, ?om. 6ip!. (1707), 118; vgl. ebd. 277. «) K. Et. A. St.: Bohlen<br />

Nr. 44 lol. 8l; Wachse, Hist. dipl. Gesch. Collicrg, 191. ') K. Et. A. St.: St. A.:<br />

Tit. 100 Nr. 1 toi. 65; ebd. Tit. 2 Nr. 12: öfter. >) ebd.: Tit. 2 Nr. 13: Nr. 31;<br />

ebd.: Privata: 1512 April 22. ') ebd.: St. A.: Tit. 2 Nr. 13: Nr. 137 u. Nr. 437;<br />

ebd.: W. A.: Tit. 32 Nr. 119: 1521 Juni 8; Kratz, Gesch. d. Geschl. v. Kleift 1, 224<br />

Nr. 405. «) K. St. A. St.: Bohlen Nr. 15^-. 1502 Juni 11. '^ s. 2).


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 139<br />

zu Wildenbrnch, war oft als Bogislaws Gesandter beschäftigt ^), wie auch<br />

Martin Karith einmal in herzoglichem Auftrage am Kaiserhofe weilte ^).<br />

Auch Werner von <strong>der</strong> Schulenburg, <strong>der</strong> Landeshauptmann von Stettin und<br />

neben dem Herzog selbst die Seele <strong>der</strong> Politik Pommerns, war im Stifte<br />

begütert und Lehnsmann desselben"). Das aber för<strong>der</strong>te die Verbindung<br />

des Stiftes mit dem Herzogtum und erleichterte den Prozeß <strong>der</strong> Unterordnung<br />

<strong>der</strong> Mischen Interessen unter die herzoglichen.<br />

Das Stift auf den Landtagen des Herzogtums.<br />

Wenn wir die Landstandschaft <strong>der</strong> Oeistlichlcit, eines Bistums in<br />

einem weltlichen Territorium betrachten, so begegueu wir einer überaus großen<br />

Mannigfaltigkeit <strong>der</strong> Bilduugcu. Oie Stellung <strong>der</strong> Bischöfe selbst durchlauft<br />

die ganze Leiter möglicher Zwischenstufen zwischen reichsunmittclbarcr<br />

Selbständigkeit und Vaudsäisigteit. Das eigentliche Stift kann ebenfalls wie <strong>der</strong><br />

Bischof dem weltlichen Fürftcu gegenüber völlig sclbstäudig sein. Dauu aber kaun<br />

gauz wohl <strong>der</strong> Bischof selbst reichslmmittclbar sein, und <strong>der</strong> übrige Teil des Ztiftes<br />

doch zur ^audschaft des dasselbe umgebenden weltlichen Fürstentums gehören.<br />

In dem Falle, daß das Bistum landiässig ist, fragt es sich, ob <strong>der</strong> Bischof<br />

allein auch zugleich das Stift vertritt, o<strong>der</strong> ob darin das Kapitel neben<br />

ihm steht. Erscheint <strong>der</strong> Bischof nicht auf den fürstlichen Landtagen, so<br />

handelt es sich wie<strong>der</strong> darum, durch weu das Stift vertreten wird, ob nnr<br />

dnrch das Domkapitel, o<strong>der</strong> ob auch an<strong>der</strong>e Stiftsstäudc anwesend sind;<br />

außerdem kommt dann noch die Nangordnnng <strong>der</strong> Stiflsvcrtretcr unter den<br />

übrigen Prälaten des Fürstentnms iu Frage, unter denen wie<strong>der</strong>um uur die<br />

Äbte o<strong>der</strong> auch weitere Prälaten, etwa die KoUegialtapitcl, vertreten sein können.<br />

Für Pommern ist zur Entscheidung dieser Frage die landstäudnche<br />

Verfassuug im allgemeiucn wahrend Aogislaws Negierung zn berücksichtigen').<br />

Nach <strong>der</strong> ersten Ausbilduug <strong>der</strong> Vandstäuoe im letzten viertel des 13. Jahrhuu<strong>der</strong>ts<br />

durch deu Hiuzutritt <strong>der</strong> Städte zu deu Vasalleu erfolgte eine<br />

außerordentlich schnelle Entwickelung bis etwa zur Mitte des 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />

Von da an begann ein langsames Fortschreiten; die Prälaten traten hinzu,<br />

man machte einzelne Vorstöste und erreichte einiges, hauptsächlich auch infolge<br />

<strong>der</strong> Zerrisseuheit <strong>der</strong> Herrschaft. Aogislaws X. Politik ging mm<br />

dahin, die ständische Macht ans ein Minimum herabzusetze«, nicht auf einmal,<br />

son<strong>der</strong>n allmählich. Tazn bediente er sich zweier Mittel. Einmal<br />

schnf er sich einen Ersatz für die Landstände im Kollegium <strong>der</strong> Landräte,<br />

das eine Verschmelzung des alten, von den Stauden unabhängigen Kollegiums<br />

') Eo nach Herrn Prof. I),-. Wehrmanns freundlicher Mitteilung: Danziger<br />

Et. A. XXXlil, 172, 3; o<strong>der</strong> ?um. 2, 4« (Kantzow 1, 340 nennt irrtümlich<br />

B. Egaebrecht). ') Vriebatsch, k. 0. 3, 18l Anm. 5. ') K. St. A. Et.: Bohlen<br />

Nr. l>«0: 150« März 20. ') Cpahn in SchmoUns Forschungen 14, 6 sf., 22 fj.


Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

<strong>der</strong> „Nsste von Haus ans" mit dem den Fürsten von den Ständen aufgedrängten<br />

Gemeinen Rate herbeiführen und dann die Landstände selbst<br />

verdrängen sollte.<br />

Das war noch im Fluh, und so lange diese Entwickelung<br />

noch nicht zum Abschluß gekommen war, mußte das zweite Mittel ergänzend<br />

eingreifen: die Gesamtlandstände wurden möglichst selten berufen.<br />

Zusammentreten war dnrch leine Gesetze geordnet, son<strong>der</strong>n regelte sich nach<br />

Herkommen und Vrauch.<br />

Ihr<br />

Bogislaw überhob sich durch seine Finanzpolitik<br />

<strong>der</strong> öfteren For<strong>der</strong>ung außerordentlicher Beihülfen, die die Stände zn bewilligen<br />

hatte«, uud bedurfte so <strong>der</strong>en Versammlung nicht.<br />

Wir sind daher auf eiu zu geringes Material beschränkt, um die Teilnahme<br />

des Stiftes an den landständischctt Versammlungen Pommerns feststellen zu<br />

können. Im allgemeinen scheinen die Verhältnisse so gewesen zu sein. Vom<br />

Stift erscheint ans den Landtagen znweilcn dcr Bischof; seine Ttcllnng kennen<br />

wir schon. Daneben ist das Camincr Domkapitel <strong>der</strong> einzige Vertreter<br />

des geistlichen Standes im Stifte; denn das Kolberger Kollegiatkapitcl ist<br />

nicht vertreten, ebensowenig die Äbte <strong>der</strong> im Stift öelcgenen Klöster.<br />

den Gcsamtstnnden des Landes nimmt<br />

Unter<br />

das Domkapitel im Prälatenstanke<br />

uicht die erste Stelle ein. Als die Herren, Prälaten, Mannen und Städte<br />

Pommerns dem Knrfinsten Johann von Ärandcnbnrg die Erbnachfolge zusichern,<br />

folgen anf die den Herrenstand bildenden trafen von Edelstein und<br />

Herren zu Pntbus znnächst die Abte von Vclbnk und Bnkow und daranf erst<br />

das Caminer Domkapitels. Doch in diese Reihenfolge keine feste. Denn<br />

bei <strong>der</strong> ähnlich feierlichen Gelegenheit, als die pommerschen Stände dem<br />

Kurfürsten Joachim die Eventnalsnkzession bestätigten, folgen auf die Herren<br />

zunächst die Äbte sämtlicher Klöster, welche im Fürstentum die Landstandschaft<br />

besaßen, uud danach erst die Vertreter des Dom- nnd <strong>der</strong> Kollegiatkapitel,<br />

und zwar <strong>der</strong> beiden Stettiner2). Jedenfalls bildete also das Caminer<br />

Domkapitel nicht den vornehmsten geistlichen Stand.<br />

Dafür spricht anch.<br />

daß Nogislaw znm Abschluß <strong>der</strong> eben genannten Vereinigung den Äbten von<br />

Kolbaft nnd Eldcna eine Vollmacht erteiltes, und duß Kaiser Karl V. in<br />

einem Schreiben alt die Herzoge Barnim und Philipp wegen des Klosters<br />

Ncuenkamp die „Äbte <strong>der</strong> (Aottcshänser zn Alten- nnd Nenenkamp" als<br />

„die ersten und obersten Prälaten <strong>der</strong> Fürstentümer Stettin und Pommern"<br />

bezeichnete 4).<br />

Anßer dem Domkapitel erschienen auf den Landtagen aus dem<br />

Stifte anch die beiden Immediatstädte nnd die Vasallen, bei denen allerdings<br />

schwer zn unterscheiden ist, ob sic als Stiftsvasallen o<strong>der</strong> als Vehnslcnte<br />

des Herzogtums zngegen sind.<br />

Ob anch diejenigen Adligen, die etwa lediglich<br />

Stiftsvasallen waren, im Landtage saßen, bedürfte einer beson<strong>der</strong>en Untersuchung.<br />

') K. Et. A. St.: Ducalia: 1493 März 26; Klempin u. Kräh, Mc.tr. u. Verz.<br />

d. pom. Nittersch. 149. ") Riedel II 6, 165 Nr. 2371. ^ Geh. St. A. Berlin (nach<br />

d. Nepertor. im K. St. A. E».): X 471: 133,133», 133d: 1500 Tez. 29. ') K. ^t.<br />

A. ^t.: Bohlen Ar. 5 lo!. 154.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 14!<br />

Das Stift Camin in <strong>der</strong> Steuerverfassnng des Herzogtums.<br />

Nachdem Bogislaw in seinem ersten Kampfe mit Brandenburg um die<br />

Lehnsunabhängigtcit nnterlcgcn war. wandte er sich sofort dem Hanptteil<br />

seines Werkes zu, dessen Summe die Formel faßt: Neuschaffung <strong>der</strong> gesamten<br />

Staatsverwaltung, und zuerst einmal nächst dem äusicren Nahmen <strong>der</strong><br />

Verfassung die materielle Stütze, die Mittel zur Durchführung des Ganzen:<br />

die Steuerreform. Was de« Herzogen im Lanfe <strong>der</strong> Seiten von allen baren<br />

Einkünften infolge <strong>der</strong> unglaublich weitgehenden Veränßernngcn noch geblieben<br />

war, stellte tatsächlich ew Minimum dar, nntcr das kaum noch hinnntergegangcn<br />

werden konnte, und das die weite Ausdehnung des druckenden<br />

Ablagerrcchtes znr Folge hatte. Da hieß es nun, einmal neue Geldquellen<br />

zu erichließen und damit nnd daneben dann das Verlorene wie<strong>der</strong> zu erwerben.<br />

Im einzelnen richteten sich Bogislaws Bestlebnngcn darauf, die Neichssteucrn<br />

nicht vom Domanialbesiy, son<strong>der</strong>n durch das Vaud aufzubringeu, die alte<br />

Abgabe <strong>der</strong> Fränleinsteucr zur Ausstattung <strong>der</strong> weiblichen Angehörigen des<br />

Herzogshanses wie<strong>der</strong> anfznrichten, die Vede durch ^andschössc zu ersetzen<br />

und die Privilcgiernugen von Abgaben einzuschränken.<br />

Der Umkreis dieser Ziele erstreckte sich nun auch auf die Geistlichkeit<br />

und im beson<strong>der</strong>en anf das Stift Camin ^). Dieses wurde hinsichtlich <strong>der</strong><br />

öffentlichen Leistungen damals scharf in seine zwei Teile geschieden, dell eilten,<br />

<strong>der</strong> unter des Bischofs, und den an<strong>der</strong>n, <strong>der</strong> unter des Domkapitels Verwaltung<br />

stand. So behauptet <strong>der</strong> „Iiikellus ^uLtiticttUoni^^j:<br />

. . . „ daß die Ndministratiou <strong>der</strong> gncter, so zu <strong>der</strong> bischöflichen Kirchen<br />

Kammin gehörig, in zwei teil gescheiden ist; Ein theil ist bei probst<br />

dechaut, Canonik vnd den an<strong>der</strong>n prclatcn vnd bei den Capiltcln, vnnd<br />

von dießeni theil werden alle landstcuer zu crhaltung <strong>der</strong> lande Etetin<br />

pomeru <strong>der</strong> notturft, auch zu ausrichtung <strong>der</strong> dienste, so man E. Key.<br />

May. vnnd den hei. ro. reiche schuldig, an alle mittet In die Stetinische<br />

pomrischc ^aud Rentereien vberreicht.<br />

Des an<strong>der</strong>n teils aber <strong>der</strong> Kirchen vnd stiffts guethern, so in <strong>der</strong><br />

administration des Bischosfs feint, hat es; diese gestalt, daß dieselben gueter<br />

von den ordentlichen geltsteueru zu <strong>der</strong> lande Stetiu Pommern nottnrft<br />

durch speziai privilegieu vnd lang hertomment eximieret seindt.<br />

Was aber die ausrichtung <strong>der</strong> hei. ro. Nelchsdienst belanget, feint<br />

die bischoffe von dem theil irer administration als vn<strong>der</strong>saßen den alten<br />

Key. rechten nach schuldig, Ire steuer in die landesfürstliche Camlner zu<br />

«erreichen, damit durch den landesfnrstcn als das Haupt <strong>der</strong> fürstenthnmb<br />

die dienste e. Key. May. vnnd dem hei. ro. reiche mogen geleistet werden."<br />

(5o1. 55.)<br />

') Bgl?Mbll. 1910,2 ff. «) K. St. A. St. : W. A. : Tit. 25 Nr. 3 fol. 34-67.


142 Ctaat und Kirchr in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

Von den erwähnten beiden Teilen umfaßte <strong>der</strong> zweite im großen und<br />

ganzen die Kreise Kolberg-Korlin, Köslin und Bublih nnd das Land Naugard,<br />

das jedoch im ^ehnsbcsitz <strong>der</strong> Grafen von Eberstein war, die auch das früher<br />

dem Nlschof gehörende ^aud Massow innehatten ^); den ersten Teil bildeten<br />

mehrere nicht zusammeuhängeude Gebiete am Großen Haff, dem Caminer<br />

Bodden, an <strong>der</strong> Küste entlang und in <strong>der</strong> Umgegend von Greifenberg. Das<br />

Zustandekommen dieses Besitzes und seine wechselnde Zusammensetzung ist<br />

hier gleichgültig. Ein Register von 15,23^) führt folgende Dörfer auf:<br />

Soltin, Grabow. Granzow, Stresow, Nam^berg, Vüchcuthiu, Naddack,<br />

Iassow, Reveuow, Cöselitz, Scharchow, Gristow, Kahleu, Polchow, Wiek bei<br />

Camin im Kreise Camin, ferner Horst, ^ensnn, Schleffin. Miulkow, Zicker,<br />

Nectlatz im Kreise Greifenberg und Damnitz im Kreise Pyritz.<br />

Von diesen Gittern wurde nun sowohl ein Teil <strong>der</strong> Neichsstcuer getragen,<br />

als auch — nach dem „libellus" — die Laudsteuer entrichtet. Wie verhielt<br />

es sich mit <strong>der</strong> letzteren? — Bei <strong>der</strong> Begründung des Domkapitels war<br />

dieses samt den ihm Untergebene» von allen landesüblichen tasten befreit<br />

worden l), mit Ausnahme einer Beihülfe zum Nurgcu- und Brückenbau.<br />

Mit <strong>der</strong> Zeit hatte sich dauu aber doch die Gewohuhcit herausgebildet, daß<br />

die Fürsten das Kapitel zu Steuern uud Dieusten heranzöge», so beson<strong>der</strong>s<br />

in <strong>der</strong> Zeit Barnims I., wobei das Kapitel sich allerdings bestätigen ließ,<br />

daß jene Leistungen freiwillig und nicht ans Pflicht geschehen seien. In<br />

dem Kriege zwischen Bogislaw I V. und <strong>der</strong> Mark benutzten dann (1308)<br />

die Domherren den Umstand, daß ihr Gebiet von den Markgrafen übel<br />

heimgesucht worden war, dazu sich ihre alte Freiheit bestätigen zu lassen");<br />

freilich, die dafür gezahlten ^00 Mark wendischer Pfennige zeigten, daß die<br />

Leistungen <strong>der</strong> Domherren so gar freiwillige nicht mehr gewesen waren. Nicht<br />

diese Bestätigung, o<strong>der</strong> jedenfalls nicht sie allein, sou<strong>der</strong>u vor allem die<br />

ganze fürstliche Finanzwirtschaft <strong>der</strong> folgenden Zeit, sicherte uud erweiterte<br />

die Freiheiten des Domkapitels. Vogiilaw X. aber beabsichtigte auch hier<br />

das Perloreue wie<strong>der</strong>zugewiuucu. Mau merkt noch den Wi<strong>der</strong>stand, <strong>der</strong><br />

ihm dabei entgegengestellt wurde, aber er drang durch, uud das Kapitel<br />

mußte mit seiucm Auteil an den Stiftsgütern aus seiuer Sou<strong>der</strong>stelluug<br />

heraus uud sich dem übrigen Laude einfügen. Die Belege sind nicht zahlreich,<br />

doch gellügen sie zur Kennzeichnung <strong>der</strong> Verhältnisse'').<br />

Im Jahre 1500 entrichtete das Domkapitel von seinen Gütern zu<br />

dem ^audschoß, <strong>der</strong> dem Herzog im Vorjahre für zwei Jahre bewilligt<br />

') Kratz, Städte 2


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation.<br />

14Z<br />

worden war, 209 ^/, sundische Marl -- fast 70 Mulden^), und zwar war<br />

die Verteilung so getrosten worden, daß gezahlt wurden:<br />

von <strong>der</strong> groneu Hufe . . . ^/, Gulden,<br />

„ „ kleinen „ . . . '/4 „ (1 Ort'),<br />

„ „ Hatelchnfe . . . ca. '/^ „ (9'/« Schillinge«),<br />

vom Käthen ^ „ (6 Sch.),<br />

von Krug, Mühle, Schmiede je '/, „<br />

Im Jahre 1513 zahlte man nach den Festsetzungen des Landtages zu<br />

Treptow:<br />

von <strong>der</strong> Hnfe . . Vz Kulden si sundische Mark),<br />

von Krug und Mühle je V« „ (8 Schillinge),<br />

vom Käthen . . . '/^ „<br />

Das machte von den Gütern des Domkapitels 5)2 Gulden, 2 suud. M.,<br />

3 Sch. aus, die in zwei Nateu au dcu herzoglichen Bogt und Ncutmeister<br />

zu Wollin gezahlt wurden^). Erheblich höher war <strong>der</strong> Schoß und demgemäß<br />

auch dcr Beilrag des Kapitels für 15>ll5, wo dieses ^U1 suud. M.,<br />

Il) Sch. (über 97 G.) ablieferte; das folgende Jahr ging ziemlich unter<br />

die früheren Summen heruuter. Vom Kapitel liefen 47^ ft)., 11 Sch.,<br />

7 Pf. ein; während es dagegen für 15>2t" vgl. Kanyow 1, 345; ?om. 2, 52.<br />

") 1 Gulden -- 48 Schillinge: Klempin 606. ') K. St. A. St.: Noblen Nr. 4 und<br />

15b: 1513 Febr. 6. ') ebd.: Nr. 4: 1521 Mai 4. «) ebd.: Nr. 5 lo!. U2.<br />

') Kosegarten, Univ. Greifsw. 1, 15«.


144 Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

<strong>der</strong> Hochzeit <strong>der</strong> Prinzessin Anna mit dem Herzoge Georg von ?iegnitz mit<br />

<strong>der</strong> Zahlung gesämnt zu haben, da Vogislaw deswegen Mahnschreiben an<br />

dasselbe sandte^).<br />

Von dem ^andschoß, den die pommerschen Stände zur<br />

Ausstattung des Herzogs Georg für seine Vermählung mit Amalie von <strong>der</strong><br />

Pfalz 1513 bewilligten, wurde das Kapitel befreit, mußte dafür aber<br />

Naturalabgaben, „vittalige uud Korn", liefern').<br />

Die „Kapitclsadmiuislration" des Stiftes nimmt also teil au den ?andsteueru,<br />

gehört demnach zu deu Landstanden.<br />

Die Lcistuugeu fürs Reich<br />

sollen vom gesamten Stiftsbesitz entrichtet worden sein, und zwar, wie <strong>der</strong><br />

„Libellus" behauptet, an die herzogliche Kammer.<br />

Hier muh sich also am<br />

deutlichsten zeigen, ob das Stift selbständig war, o<strong>der</strong> zum Herzogtum gerechnet<br />

wurde.<br />

Die Führuug iu den Reichsauschlägeu ist, wie bei <strong>der</strong> Erörterung<br />

<strong>der</strong> Stelluug des Bischofs auseiuau<strong>der</strong>gcsetzt wurde, keiu Kriterium<br />

für die Entscheidung dieser Frage. Iu dem Rcichstagsabschiede von Konstanz<br />

15>s)72) wurde ausdrücklich bestimmt: „lis sollen auch alleu Steudteu diejhcnen,<br />

so ihnen von Alters uud mit dem Reiche gedieudt, uuud dem Reich<br />

uit on Mittel zustcudig o<strong>der</strong> verwaundt, o<strong>der</strong> nichts vom Reich haben, und<br />

die vor in des Reichs Anschlägen uit gewesen, iu dieser Hilf folgeu uuud<br />

vorbehalten sein."<br />

Also auch reichsmittelbare Stände werden veranschlagt.<br />

Außerdem war sich die kaiserliche Kanzlei im einzelnen nicht immer darüber<br />

klar, ob ciu Staud reichsunmittelbar<br />

von Landstädten in deu Auschlägeu zeigte.<br />

war o<strong>der</strong> uicht, wie die Aufführung<br />

Auch die Uutersuchung über das<br />

Recht zur Teilnahme am Reichstage selbst brachte uns keine Eutscheiduug;<br />

das Bistum Camiu ist, soweit wir<br />

seheu, seit <strong>der</strong> Mitte des 15. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

nicht auf den Reichstageu vertreten gewesen.<br />

So blieben uus uur<br />

die Leistungen selbst, und die Art, wie sie vom Stift einrichtet wurdeu.<br />

Der Gemeine Pfennig wurde 1495 auf dem großen Reformreichstage<br />

zu Worms dem Kaiser Maximilian auf vier Jahre bewilligt ^).<br />

Über seine<br />

Erhebuug iu Pommern besitzen wir zwar ein Registers, doch erfahren wir<br />

daraus uichts über deu Auteil des Stiftes.<br />

Die auf dasselbe eutfallene<br />

Summe soll „vou Bischof, Kapitel uud Stiftsstäudeu geson<strong>der</strong>t in weiland<br />

Hertzog Bogislaws zu Pommcru Kammer gereicht wordcu" seiu.<br />

So behaupteten<br />

die Nachfolger Bogislaws").<br />

Wcuu dem wirklich so gewescu ist,<br />

bleibt immer noch die Frage, ob das aus Pflicht o<strong>der</strong> freiwillig geschehen<br />

sci.<br />

Etwas klarer liegt die Lache bei <strong>der</strong> Beihülfe zum Romzuge Bogislaws.<br />

Der Herzog war 1496 von Maximilian zur Teilnahme am Zuge nach<br />

') K. St. A. St.: Et. A.: Tit. 5 Nr. 25 fol. 4«. ') ebd.: Bohlen Nr. ,5^:<br />

1512 57kt. 29. Übrigens zahlten die Bauern des Kapitels auch jährlich ein Bestimmtes<br />

als Ablösung des Einlagers: Klempin 530. ') Neue u. vollst. Eamlg. d.<br />

Neich^bschiede Franctfnrt am Mayn 1747 (Koch) 2, 112. ^ E. Gothein, D. gemeine<br />

Pfennig auf dem Reichstage von Worms (Brest. Diss.) 1877. ") Klempin 536.<br />

") K. St. A. Et.: W. A.: Tit. 2? Nr. 1, WI. 2ft4; vgl. tol. 156.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 145<br />

Italien aufgefor<strong>der</strong>t worden l) und erhob zu diesem Zwecke von seinem Lande<br />

eine außerordentliche Abgabe. Zu dieser lieferte das Domkapitel von seinen<br />

Gütern 667 W. und 4 Lch., über die Bogislaw am 12. November 1490<br />

quittierte'). Außerdem aber reichten ihm Bischof Venedikt und die Stiftsstande<br />

am 7. Dezember als ..freundliche Erkenntlichkeit" ^000 Gulden,<br />

wogegen er ihnen zum Dante alle Privilegien <strong>der</strong> Päpste, Kaiser und seiner<br />

Vorfahren bestätigte^). Augenscheinlich war also die Zahlung des Kapitels<br />

eine pflichtmäpigc und die des übrigen Stiftes eine freiwillige. Das würde<br />

auch gauz deu Ausführungen des „Vibellus" entsprechen; deun im (Hruude<br />

haudelte es sich ja um eine Vandsteuer, nicht eine Reichssteuer, und zu jener<br />

war nur das Kapitel verpflichtet, nicht auch die bischöfliche Administration.<br />

Daß die Leistung eine freiwillige gewesen sei, behauptet später auch Martin<br />

Weiher, uud zwar hat es nach seinen Worten den Anschein, als sei auch<br />

das Stift vom Kaiser zur Hülfeleistung aufgefor<strong>der</strong>t worden, wenn er sagt,<br />

die von Maximilian gefor<strong>der</strong>te Hülfe zum Romzuge wäre dem Herzog anf<br />

dessen Ansuchen hin, da er ja selbst hätte mitziehen wollen, zugestellt worden<br />

— <strong>der</strong> Dompropst von Camiu uud <strong>der</strong> Dekan von Kolberg zogen allerdings<br />

mit je 5 Pferden im Gefolge des Herzogs mit^) und wurden hernach<br />

von ihm wie die an<strong>der</strong>n pommerschen Vasallen entschädigt") — <strong>der</strong> Herzog<br />

habe aber durch einen Revers erklärt, daß es aus keiner Pflicht geschehen<br />

sei, daß es auch dem Stifte an seinen Privilegien nicht nachteilig, uoch die<br />

Stände fernerhin solches zu tun verbunden sein sollteu"). Aber wahrscheinlich<br />

liegt in jener Behauptung des Bischofs eine Verwechselung mit dem zweiten<br />

Romzuge des Kaisers.<br />

Deml noch ein Mal wurde Maximilian eine Neichshülfe für einen<br />

Romzug bewilligt auf dem Reichstage zu Konstanz 15l)7'). Herzog Aogislaw<br />

wurde dabei auf 3OX), <strong>der</strong> Nischof von Camiu auf 270 (Hulden<br />

veranschlagt; die pommerschen Stände sehten deu Erhebungsmodus so fest,<br />

daß gezahlt wurde: von Prälaten und Rittern jür jede Hnfe ^ Gulden li Ort),<br />

von deu Städten für jedes Haus . l „<br />

„ jede Bude . V« „<br />

„ jeden Keller . V< „ (l Ort).<br />

Auffallend ist, daß <strong>der</strong> Kaiser, als er dem Herzoge über die gezahlten<br />

3000 Gulden quittiert ^), sie als Teilzahluug von <strong>der</strong> Gesamtsumme ausieht,<br />

so daß man wohl vermuten könnte, es sollte des Bischofs Auteil auch durch<br />

des Herzogs Kammer entrichtet werden. Wie die Zahlungen damals tat-<br />

') Mbll. l4 (1900), 1tt6 ; Pomm. Ibb. 1 (1900), 39 ; Barthold, Gesch. v. Rüg. u.<br />

Pom. 4 1, 87. ') K. St. A. St.: Bohlen Nr. l5^. «) ebd.: B. C. und Dep. Et.<br />

Kolberg. ^) kom. 2, 54. ^ K. St. A. St.: Ducalia: 1499 Juli 19; Dreger !2,<br />

Nr. 3186; Kratz, Gesch. d. Geschl. v. Kleist 1,177 Nr. 3ä9. «) Bibl. d. Ges. l Nr. b5,<br />

lol. 14. ') Neue u. vollst. Samlg. 2,104. ") K. St. A. St. : Ducalia: 1508 Febr. 4.<br />

Valllsche Studien N. F. UV.<br />

z g


Staat und Kirche in Pommern im ausgehenden Mittelalter<br />

sachlich erfolgt find, läßt sich nicht feststellen. Martin Weiher behauptetes,<br />

wie wir wissen, daß <strong>der</strong> Bischof durch deu Kaiser gedrängt sei, die Anlagen,<br />

so durch etliche stände uud kaiserliche Räte zu Nürnberg, Kölu und Worms<br />

auf den gemeineu Pfennig gemacht, mit zu bewillige» und mit des Stiftes<br />

Siegel zu bestätigen, und daß von <strong>der</strong> Zeit an alle For<strong>der</strong>ungen direkt erfüllt<br />

seien, urkundlich <strong>der</strong> Quittungen. Aber solche Quittungen besitzen wir aus<br />

<strong>der</strong> Zeit vor <strong>der</strong> Neformatiou nicht; eine durstige Notiz vou 1522') sagt<br />

garnichts, und im übrige» siud uns nur die Mahnschreiben an den Bischof<br />

zur Zahlung erhalte«. Die dem Herzog erteilten Quittungen lauteu immer<br />

uur über die auf ihn eutfalleuden Summen, so für das Kammergericht<br />

80 Guldeu, für das <strong>der</strong> Bischof 12 zahleu sollte.<br />

Es wird so gewesen sein, wie es deu Persönlichkeiten <strong>der</strong> Bischöfe uud<br />

ihrer Stellung zu Aogislaw uud den Ansprüchen dieses sehr wohl entsprach,<br />

daß <strong>der</strong> Bischof von Camin nicht nur zu deueu gehörte, die über ihre<br />

Neichsstaudschaft ungewiß warcu, wie sie ein Verzeichnis vom März 1522<br />

aufzählt"), sou<strong>der</strong>n daß er sich stillschweigeud als iu den herzoglichen An<<br />

schlage» mit eingerechnet, sich also mit seinem Stifte als Stand des Herzogtums<br />

betrachtete. Er war für die Jahre 1507, 1508, 1509 und 1510<br />

jedesmal zur Zahlung seiues Beitrages für das Neichskammergericht gemahnt<br />

worden^) und hat ihn 1511 noch nicht abgeliefert, sodaß er eine ganz<br />

energische Auffor<strong>der</strong>uug erhielt, binnen sechs Wochen die Beitrage für die<br />

vier Jahre zu entrichte» ^). Daß er sich uun dazu bequemt Hütte, hören<br />

wir nirgends. Freilich mag dabei die allgemeine Saumseligkeit uud Nachlässigkeit<br />

in <strong>der</strong> Zahlung dieser Beiträge auch ihren Teil habe»; <strong>der</strong> Hauptgrund<br />

aber war doch wohl, daß Camin sich gar uicht als RciäMaud fühlte.<br />

Seine Stelluug iunerhalb <strong>der</strong> Steucrverfassuug des Herzogtums war<br />

also iu <strong>der</strong> Tat so, wie <strong>der</strong> „MeNus" sie schil<strong>der</strong>t; zweierlei Steuern<br />

werden durch den Fürsten vom Lande erhoben, ^audcsstclleru und Neichs?<br />

steueru, Vou den Vandessteuern ist <strong>der</strong> Bischof mit dem Stiftsbcsih seiuer<br />

Administrativ» befreit, nicht aber das Kapltcl mit seinem Verwaltllugsbezirk;<br />

an <strong>der</strong> Neichssteuer aber nehmen beide teil, wie das übrige ^aud.<br />

Wie zu finanziellen Beiträgen war das Stift dem Herzog auch zur<br />

Hcercsfolge verpflichtet. Das hing damit zusammen, daß die Verkürzung<br />

<strong>der</strong> Naßdienste vom ritterliche» ^ehusbesitz in einer den Staatsorganismus<br />

untergrabenden Weise gewachsen war, dadurch, daß geistliche Körperschaften<br />

uud eiuzelue Kleriker, Städte und einzelue Bürger ^ehnsgüter an sich<br />

brachten"). Einst war <strong>der</strong> Stiftsbesih an Bischof uud Kapitel als völlig<br />

') Vibl. d. Ges. I Nr. 55, so,. 14.


is zur Einführung <strong>der</strong> Reformation. 147<br />

freies ?ehen übertragen worden; jetzt wurde durch Bogislaw X. die alte,<br />

schon 4436^feftgelehte, aber nie recht zur Geltung gelangte Bestimmung<br />

erneuert, daß Bischof, Kapitel und des Ltiftes Mannen und Städte <strong>der</strong><br />

Herrschaft znr Dienstpflicht verbunden sein sollten, gleich <strong>der</strong> Herrschaft<br />

eigenen beuten. Er zog auch die Dom<strong>der</strong>ren wie<strong>der</strong> zum persönlichen Dienste<br />

heran. Sowohl die von Cnmin, wie auch die vou <strong>der</strong> Kolberger Kollegiatkirche<br />

mußten einige Pferde zu seinem Dienste unterhalten, wie ja auch<br />

einige sich bei Hofe aufhalten muhten, um Natsdieuste zu tuu^).<br />

Stift Camin und allgemeine<br />

Landesverorduungeu.<br />

Nach allem dem wird es als selbstverständlich erscheinen, daß allgemeine<br />

Landesverordnungen des Fürsten auch im Stifte ohne weiteres (Geltung<br />

beanspruchten. Einer <strong>der</strong> vielen wunden Punkte im Staatsieben Pommerus<br />

war das Münzwesen. Nicht nur, daß das Münzrcgal den Herzogen entfallen<br />

war, und eine große Anzahl von Städteu, auch <strong>der</strong> Bischof neben<br />

dem ?anoesherrn Münzen prägten, son<strong>der</strong>n die große Mannigfaltigkeit, und<br />

das Eindringen frem<strong>der</strong> Münzen, Mecklenburgischer und Dänischer beson<strong>der</strong>s,<br />

ließen die Verschlechterung <strong>der</strong> Münzen immer weiter nm sich greifen. Auch<br />

hier zeigte sich Bogislaw als Wie<strong>der</strong>herstellet), indem er zwar nicht die<br />

Münzgerechtigkeiten beschränkte, aber einen bestimmten Münzfuß festsehte,<br />

nach dem geschlagen werden muhte, und auf die Nichtbefolgung hohe Strafen<br />

setzte. Dem hatte sich nun auch das Caminer Stlft zu fugen. Bei Perlust<br />

seiuer Lehnsgüter und Privilegien befiehlt Aogislaw dem Tomkapitel 14R)<br />

die von ihm neueiugeführte Sundischc Münze sowohl selbst zu gebrauchen,<br />

als auch zu verhin<strong>der</strong>n, daß die Baucru nach den alten Münzen, wie<br />

Vinkenaugen und Dänischen Witten, handeln, kaufen, verkaufen und Zim'cn<br />

nehmen; denn das geschehe ihm zur Verachtung seiner Regalien"). Ebenso<br />

schreibt <strong>der</strong> Herzog dem Kollegiatkapitel zu Kolberg, daß er eiuc neue Münze<br />

eingeführt habe, und verfügt die Einführuug <strong>der</strong>selben im Ltift^). Die<br />

Durchführung war nicht leicht, und 1494 teilt Aogislaw dem Domkapitel<br />

den nenen Münzfuß mit und gebietct seine Anwendung „bei Guts- und<br />

') v. Vilow, Nbgabenverhgltnisse in Pommern 232; Cchwary, Lehnshistorie 651.-<br />

Hier mag auch eine Notiz Erwähnung finden dm über, nne bischöflicher Besitz zu<br />

herzoglichen! Tienlte weit stand. Als es sich bei <strong>der</strong> zweiten Heirat Bogislaws, mit<br />

<strong>der</strong> Prinzessin Anna von Polen, um die Einquartierung <strong>der</strong> polnischen Gäste handelte,<br />

wurden in Stettin nicht nur die Häuser des Priors von S. Jacob und <strong>der</strong> Domherren,<br />

son<strong>der</strong>n auch das des Bischofs, das er dott besaß, in Anspruch genommen;<br />

<strong>der</strong> Bischof war übrigens auch für das <strong>der</strong> Braut entgegenzusendende Ehrengeleit in<br />

Aussicht genommen: Klempin 505 f. ') Klempin 5"l: «Anhang. Die Münze<br />

Bogislafs 10." Über Bischöfliche Münzen f. vor allem Dannenbergs Münzgeschichte.<br />

*) K. St. A. St.: Bohlen Nr. 15^: 1480 Aug. 24.


148<br />

LcibeSstraft"!); und noch zwei Jahre später for<strong>der</strong>t er die Kirchherren Camins<br />

ans, das herzogliche Verbot, Dänische Schillinge nnd Witten, auch Mecklenburger<br />

und Nostocter auszugeben o<strong>der</strong> zu nehmen, mit Androhung dcr Strafe<br />

von 60 Mark von <strong>der</strong> Kanzel aus zu verkünden und alle seilte z« verwarnen,<br />

da die Amtleute den Befehl hätten, alle diejenigen, welche mit<br />

verbotener Münze handelten, an Gut und ^cib zu strafen; auch während<br />

feiner Abwesenheit (er machte sich damals zum Nomzuge auf), er würde sie<br />

uach seiner Heimkehr vorfor<strong>der</strong>n*).<br />

Die Stellung des Stiftes zum Landesherr« entsprach also durchaus<br />

<strong>der</strong> des Bischofs. Wenn die Stiftsstände auch im Anfang <strong>der</strong> Regierung<br />

Aogislaws noch Nnabhängigkcitsbcstrebuugeu zeigten, so haben sie die doch<br />

bald fahren lassen uud sich allmählich dcr herzogliche» Politik gefügt, die<br />

auf die Territorialisierung <strong>der</strong> pommerschen Kirche ausgiug. Diese Herzog«<br />

liche Politik beschränkte sich aber uicht auf den Bischof und das eigeutliche<br />

Stift als die Mittelpunkte des Bistums, son<strong>der</strong>n erstreckte sich selbstverständlich<br />

auch auf die übrige Geistlichkeit.<br />

') ebd. : St. A. : Tit. 5 Nr. 25 toi. 46". ') ebd. : Bohlen Nr. 75^: 7496 Dez. 17.


vis Inkunadsln<br />

Nu<br />

Dr. MI.<br />

von


i äer l?uten^erssfoiOr im ^a^ry 1900 nktto <strong>der</strong> dakastor<br />

prim3.rin8 an ^t. ^»cndi, Dr. li. i>cipio die in oinem<br />

kleinen lvicl,ti^en und wertvollen Illkunal»elll 0Vjogendruoken (Drucksn kus <strong>der</strong> k'rünxclt dcs uucllllriickg dì« sin-<br />

Vodlis88lick xum «lallrs 1b


152 Die Inknnadsln äsr gtsttinei-<br />

^r. 1.<br />

ßi 8uper M8tituti8. s3ti'a88linrß: sodann<br />

75 8t»tt 63 nickt num. 1U. 2 8p. 50 A. 8i^n. ^—II. got.<br />

, ^p6 8.<br />

4665.<br />

Noixlädä. 2u3. m. ^r. 29.<br />

Nr. 2.<br />

äs oaelo et MU7iäo. Vsneäiss: ^o^annos u.


552 l)jO Inkunabeln äsr gtsttinei- 8t»6tdldli0tbe!c.<br />

r. 1.<br />

8uper M8tituti8. s3ti'a83dnrß: sodann<br />

75 8wtt 63 mokt num. 1U. 2 8p. 50 ^. 8i^n. ^—l^. got.<br />

-- Naedior, ^pe 8.<br />

Nain * 4665.<br />

3. m. ^r. 29.<br />

äs (^ro8


Vie Inkunabeln 6pr Ststliner 3ta. 5.<br />

o. 13.6. 1493. 4".<br />

50 nickt num. M. 40 2. «ßn. ^—f. röm.<br />

505.<br />

t: 1) Vincilo Niigcw l?aullllier. 2) Municipio lr. 11.<br />

Nr. 8.<br />

a. Vsnsüiß: Le>rnar^inu8VenHliu8.4.8.1493.2".<br />

14 nickt imm. u. 360 nuiu. 1^1. 2 3p. 70 A. 8issn. ».—3?, r. ^ ^.<br />

H.—^'. 2 got. l^peu, ^sxtt^po — Ilaokier, I5P6 15»<br />

Uain* 1973.<br />

^l. 9.<br />

in ?»u1i vs)i8tolH8. ?ari3: Uiricii l-orinz u.<br />

ksmbolt, 28. 11. 1499. 2".<br />

14 niont nnm. u. 235 vum. M. 2 8p., 68 2. mssn. ^^—86, a—2<br />

^—6. ßot. ?7i>e «- N26d1er, I^ps 13.<br />

ain 1983.


154 Die Inkunabeln äm- 8tettin6r<br />

: 1) "vV6r!c6ntuin. 2) ^nno 1721 Dio XII ^uni<br />

. . 6X H.uotion6 I). I^3.686ri, pio XVI.<br />

3) 8oQÌssm3Nll, DÌ30. 3.N 8t. ^3codi 2U 8t6ttin 1847.<br />

mit 8cu1Ì6386n.<br />

Nr. 10.<br />

86rmonum 0P6I-3.. ?3.rÌ8 : DirioQ Oorinß und L6rtbo16 It6mdo1t,<br />

0. «s. 2«.<br />

44 niont num. u. 367 nuiu. u. 3 uici)t nuin. LI. 2 8p.<br />

iu 3 8p.) 74 2. 8ißn. ^^—ri


Dio Inkunabeln äsr 8t6ttinei- 8tg.ätdidli0tlwlc. 155<br />

Nr. 12.<br />

09.N0N08. raäua.: ^okann Nerkort^. 17. 8., 27. 8., 27.11.1479. 2".<br />

302 nickt num. LI. (99 u. 100 keklen) 2 8p. 63 2. 8ißn. a—ß,<br />

II, i—p, ^—L. Fot. ^p6 -- Uaekler, I^pe 1.<br />

Nn.iu* 2202, äock lolßenäe ^dveickun^en: LI. 66 leer, LI. 67«.<br />

(3ißn. Ni^)—?1d «6ßi8ter 2u Luck III. LI. 72a. (3132. j)—LI. 13?<br />

Luck II, LI 138». (8ißn. ^)—LI. 302a Luck III. LuckIVu. Vlekien.<br />

Ilerlluntt: 1) ^n6r. Ililt6drg.iiät Neäio. v. 2)<br />

äsr 8t6ttini8olioli NiltOdrauätou dg.tt ».U8g ä6l6<br />

Lidliotdee in äis Lidliotliso Ls^ 8t. ^aoodi Kirchen äi6868<br />

noeli oilNßon Nucisi-ßn vsredrsn ^oiiLU (<br />

lll88 ä688 soll, «loäoei Nilt6dr».nät6n Ninß686t2t6 Nrdiu.<br />

t. Uolxlädä.<br />

Nr. 13.<br />

libor III. et. lidri IV. ^6u prim«. oum 6xplankltion6<br />

äs ?krtibu8. ^0n: ^oliHQn 1r6od8o1 u. «sok».ilN63 Oleiu. 24. 12.<br />

1498. 2".<br />

Luob III: 380 u. 355 (6t».tt 357) nickt num. LI. (616 ksiäsn letxtou<br />

KKIsu); Luok IV: 141 nickt num. LI. 2 8p. 73/4 2. Komment,<br />

sißn. L. III: ^—2, ä^—22, ^^, LLL, ^».—22, ^aa.—^;<br />

L. IV: 2H3.K—X222. 2 ß0t. I7P6N, Isxtt^ps -- unedler, ^P6 8,<br />

p Ilaebiftr, ^P6 9. 8ißnet iu äor ^U8tiikruuß III.<br />

2214.<br />

: 1) H.uär. Uiitedrllnät, Neä. v. 2) 2uia 6eääcktnu6 äer<br />

8tettim8ckon Hiltodr2.uät6n kktt 9.U38 äeren n«.ck^e1kl88eneii<br />

Libliotkoc in äie Libliotksc Le^ 8t. «I^codi Xircken äie868 Luck<br />

uock einißeu Huäeren verekron vollen O3.tk9.ring. Nli82.oetk<br />

».18g 6e88 8s11. «loäoci Hiltebrauäteu NinF666t2te Nrbiu.<br />

3 Noixdäe mit<br />

Xr. 14.<br />

äe 8»äi8<br />

CK8UUN (8. L»pti8tiü.Q») Nüruberß: ^ntou Xokorßer,<br />

14.4.1488. 2".<br />

2 leere, uickt nuiu. u. 267 uum. u. 1 Ieere8 u. 10 nickt num. —<br />

280 LI. (LI. 1 lekit, LI. 7 K».nä8ckr. or^änxt, LI. 27 llli8ck num.)<br />

2 8p. 61 2. 8ißn. k—2, 2.».—^/. ßot. ?7po — Uaekler, I^pe 17.<br />

Hain* 14181.<br />

6epre88t. IlolLlädä mit !He38iußv68ck1äßen unä 8ck1ie38en. 2u8.<br />

N. Nr. 38.


156 vis Inknnadoin äsr 8tßttinoi-<br />

I^r. 15.<br />

viarig. 6s bollo Og.roliuo.<br />

68 niont nuiu. LI. 25 2. 8ißn. ».—i. row. ^vps — llaMyl, ^lvpy 2.<br />

Hain * 805.<br />

?6lßkä. 2u8. IN. vruokyn ä68 l6. ^Q.<br />

8.<br />

^. 16.<br />

Lidlia, äeut8Cü. Minksi-ß: H.uwn Xodorßsr, 18. 2. 1483. 2".<br />

583 uum. LI. 2 8p. 50/1 2. unisißn. ßot. I^ps -- Ng.6dl6r, I^ny 10.<br />

3137.<br />

t: 1) visgsg Lucd ßslcaukst von Usi-rn ?rok. 8po1yn in<br />

2) Ooiikßij 8ooi6ta.ti8 ^L8V 0Ioinuc63Ì8


vis Inkunabeln äer gtettmer<br />

2 not. Ivpen, ^oxttvns -- Ilaoliler. 1>ps 11, kommentllNvj»0<br />

— Naedlor, lvph l6.<br />

3169?<br />

mit 8cnli638on.<br />

r. 20<br />

2 Voll. 8trn.5gdurss: svrucllor cle« .Iorllanu3 von sjue


158 Die Inkunabeln äer 8t6ti.in6r<br />

o ainicitia I^ip^lA: ^>lartin I^andgdcr^^ 1493. 2".<br />

18 uickt uuin. Dl. 24 5. 5iFN. ^—0. ^ot.'I^z)o: ^«^ Y() ^. ^<br />

175 min (llickt l)s^j llaokler).<br />

'I'it. : Alarci Tullii (DicLroni-z l^liu3^siu^ 6o 3.micici3.<br />

ciin lii,Iillimu3 cd omni ».uro o^lioi- !^6. ^l. l'llm^ollium ,<br />

ZI. 1b: Nomina Ildroium Olceronis. llirnl)6i^: ^utou l


viv Inkunadkln äyr 3tsttiner<br />

60<br />

(Copulata. 8upor trog 1idro3 äo ».niw». ^ristatoli».<br />

^Oow: Neinricn<br />

81 num u. 2 nickt num. M. 2 8p. 39 2. 1>xt, 62 2. «ammoni.<br />

8,ßn. ^—O, ä—0. 2 ßot. I^pen: 'I'extt^ps: >l", 20 X. -- 105 mm<br />

(nickt bei Naekior) lvommentert) po — I^Iaodlor, ^x?^ 6.<br />

1713.<br />

mit FeklisWen. 7ns. m. Xr. 2«, 41, 42, 43.<br />

klonte<br />

ooto U<br />

5lr. 28.<br />

136 uniu. u. 3 nicdt num. M. 2 3n. 3« 55.1>xt, 62 /. Komment.<br />

8'ßn. 3.—2. :. 2 ßot. 'l^pon: I'vxt.t^po: >l^^ 20 /. — 1 mm<br />

li0mm6nt«.rt^p6 -^ lllvelllsr, i'/po 6.<br />

llolxlädci mit 8oniie8«en. ^ll3. m. Nr. 27, 41, 42, 43.<br />

Ar. 29.<br />

von Huslilmdui'^, 20.2. 14^«. 2".<br />

117 nickt num. 151. (in


160 Die Inkunabeln 6s,- tttsttiner k<br />

ZI. 1—6 Kalenäer, DI. 7 leer, l^l 8a« (913". kh, uum. I):<br />

n eii-Cll Iu ^ni OniC2.. i. de adm^ii j i) D de<br />

(!ttU3 ! mo^ i to concio. ' DI. 183 (ouno<br />

s) 13 jßidur clom^Ulli M6 puwr: n ielum i clirillum 6tc. Ll. 191 ce<br />

(8i^n. 2, uum. (^l^XXIll): luci^it osüoiü ^sirm IcÜrum In viglia.<br />

6tc.<br />

til. 31A s^ißn. (^2. ul2N6 ^ulliiuei-)! In natiuitale 6iïi iu<br />

nüc 0«'l ^ rsdä^lu^ äno<br />

. in<br />

2 Initialen in Lolci<br />

8 Nkn?


er 5ltvttiner 3f^ätdid!lof.npk. l t! 1<br />

^r. 3«.<br />

Vocadulttriu8drevNo


lier 8teU,<br />

ilm.^ 'le. l»l. «^3 :l, /.<br />

lt^ln. .^i CrÜni ^i«.<br />

t,ui'u3 ca./ dido locdor. ^un^ ur!i^nllil!imi ziootne l.< llimonis)<br />

/Vc (lulu<br />

l<br />

^<br />

to<br />

und do<br />

. /u«. m. I^r. Z3 und<br />

!.<br />

19 lliclit. mim. u. 28l> (^a.ld ^00) imm. NI. s(?3 follici, I^l. l^. 13.<br />

36, 157, 186, 187 m,. ^.6mn^j Lat^ i>l0dioinn.0 ?tosclls>ii3 liol'wciii^il^ig ^"^ulot.<br />

. /u3. m. 3i)ät0i'0n l^ eli ritt.« »li.<br />

O. 8coU,5, 23. 5. 1497. 2 ".<br />

264 uum. 1^1. 2 Fp. 52 u. 66 /. ^i^n. ,V—/, /V^ -Klv. 2<br />

— l^aodiei', 't')^)6 4 u. '1'<br />

iu" 1465.


,- 8t6ttiner «tllärdidliatliek. Ml!<br />

Nr. 39.<br />

Script». 8up6r quattnor libro8 gententikrum. 2. Voll. 8trgH3bnrss-.<br />

Martin b'lacli, 14^). 2".<br />

Vol. l: 2«5>, Vol. II: 285 m: 1Äm^, M. ! « leer, j<br />

porig A6N6rkli3 0v6ini3 Ii^rOlnitHTj. l«.oti ^ußultini lorptn<br />

lniarum l'olicitsr . incipit. » (ä) I^äit jj ^88U8 vo jj oto.<br />

Kl. 4! d/j, ^.39: I^init ?rolo^U8. j lN. 42 lssr. M. 43 a c,: Incipit<br />

lidor p mul ,s (v) l^torin uo ! noue lo^ig ?c. I^olt/!'^ «w.<br />

ttl. i7l)«./3, N. 16: k'inid piimu lcriptu libri lenv tiaru 'lkoni6 Ll. I76d leor. IN. l77u.«s8lFn. ^): Incipit lycu«!; j<br />

loriptu lidri lententia^ ^l^oms llß ^rß^tmk por'»8 ^6nern.l' orllll<br />

QUFultim s I^ro1o8U8 !(d)l^


1(54<br />

4 lliclli. num. n. 304 nun,. l^I. 2 ^i^). 53/. ^l^il. ^—/., /V /. k


i<br />


O. 's. V(?l80l', l)c)5i3.!M08. ^un.c^ls)!l. l^^Z). II.<br />

llo caeln et muucw.<br />

... Xr<br />

s). .? Vergor, .loli^une^. ^un05t.im». >>up. ^luv^<br />

. . . Xr.<br />


l>ia lnknnadeln<br />

^n^oniu» liirrota. n 1'rg.noi klen 8 (Fli'K<br />

s3.<br />

1. l)ruel ttHt-t^lom^',« >>. Nan<br />

pvlltiäclm<br />

^l-. !^.<br />

onHnne» lludoun Voreeüs„8,8 n. s'rg.ncigoul? >la.siiun.<br />

0. ^. ^Uu5ltlU8 (^rj8pu3, (^. Ozl^lÄ Kr. 35).<br />

7. Ili6s0Nvmtt8 6l5 l'^^Knini^.<br />

9. 1497 liidii» lat.ina. Kr. 17.<br />

s). ^.<br />

«. ^IäU8 ^sKNUtiU8.<br />

^en66icw3, ^loxkndsi- ?tleantiu8. Omria. ci^<br />

(Carolino Kr. 15).


-<br />

' , ^ . , ^ ^ ' ^<br />

'<br />

Auf 3. 30 Allm. ist statt ' .. ^l lcieu '...<br />

Auf ^. :lk ^cilc 12: «^ Nutcu statt ^uf;.<br />

^^^-...


<strong>der</strong><br />

Gesellschaft snr pommersche Geschichte nnd Ältertnmsknnde<br />

Npril 1W9 — Kpril 19,0.<br />

in <strong>der</strong> ckeneratversammlnnst am ?. Alai l!M>.><br />

Die Arbeiten <strong>der</strong> Gesellschaft für pomnm-sche Geschichte nnd Altertums^<br />

kllnde haben in dem verflossenen Jahre ihren rnhigcu, nugestörteil Fortgang<br />

genommen nnd sind nicht ohne Erfolge geblieben. Treten die


17l)<br />

gclnacht worden, nnd auch wir hoffen, daß sie einen reichen Gewinn für die<br />

Geschichtsforschung erzielen, ja ihr vielleicht ganz neue Quellen und Hülssmiltcl<br />

erschließen werden. Ebenso ist mit Befriedigung fcstznstcllcn, das; die Tätigkeit<br />

auf dem Gebiete <strong>der</strong> vommericheu Geschichte recht rege nnd lebhaft ist und<br />

namentlich mehrere jüngere Historiker mit daranf bezüglichen Forschungen<br />

beschäftigt sind. Unsere Gesellschaft läßt es sich angelegen sein, solche Arbeiten<br />

dnrch weitgehende Erlaubnis zur Benutzung ihrer Bibliothek zu unterstützen<br />

nnd die daraus erwachsenen Abhandlnugen in ihren Zeitschriften zn veröffentlichen.<br />

Wir haben dadurch schon recht wertvolle Beiträge gewonnen.<br />

Doch auch hier siud <strong>der</strong> Tätigkeit <strong>der</strong> Gesellschaft lei<strong>der</strong> uur zn oft<br />

wenig erwüuschtc Schrauben gesetzt, beson<strong>der</strong>s dnrch den Mangel all den<br />

nötigen Geldmitteln. So dankenswert die Unterstützungen sind, die wir<br />

seitens <strong>der</strong> Behörden, des Staates uud <strong>der</strong> Provinz, <strong>der</strong> Kreise, Städte<br />

und einzelner Körperschaften erhalten, so bleibt doch zu bedauern, daß die<br />

Zahl <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s außerhalb Stettins nicht mehr zn-, son<strong>der</strong>n<br />

sogar abnimmt. Größere Teilnahme würde uicht uur die Mittel und damit<br />

die Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> Gesellschaft, fon<strong>der</strong>li anch die Schaffensfreudigkeit<br />

aller <strong>der</strong>er erhöhen, die für sie arbeiten. Deshalb fei <strong>der</strong> Wnm'ch anch hier<br />

ausgesprochen, daß die Frcnnde <strong>der</strong> Gesellschaft es sich angelegen seilt lassen,<br />

ihr neue Mitglie<strong>der</strong> zu gewinnen.<br />

Die Zahl <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> betrug nach dem letzten Jahresberichte 7n,<br />

jetzt belällft sie sich auf uur 737 uud setzt sich zusammen ans:<br />

Ehrenmitglie<strong>der</strong>,! <br />

lebenslänglichen Mitglie<strong>der</strong>n . 11<br />

ordenttichen Mitglie<strong>der</strong>n . . 69'^<br />

/.57')<br />

Ausgeschieden siud N, gestorben 1'> Mitglie<strong>der</strong>. Ans <strong>der</strong> Reibe dcr<br />

korrespondierenden Mitglie<strong>der</strong> schied Fränlcin Professor Johanna Meßdorf,<br />

Mnscumsdireltor in Kiel, die bekannte nnd verdiente Forscherin auf dem<br />

Gebiete <strong>der</strong> PräHistorie. Einen großen Berlnst erlitt die Gesellschaft dnrch<br />

den am 1^. November ^ M erfolgten Tod des Sanitätsrats Hngo Schumann<br />

ilt Löckuitz, dem als dem besten Kenner <strong>der</strong> pommerschcn Vorgeschichte, als<br />

ausgezeichnetem Forscher, Mitarbeiter und Freund ein treues Andenken gewahrt<br />

werden wird. Er hat vor fast 25 Jahren ncnes Vcbcn ilt die prähistorische<br />

Erforschnng Pommerns gebracht nnd, so lange es seine Kraft<br />

erlaubte, nncrmüdlich dafür gearbeitet. Nicht min<strong>der</strong> bedanern wir den Tod<br />

des Baumeisters C. U. Fischer, <strong>der</strong> seit 1s87 dem Borstalldc angehörte<br />

und sich mit lebhaftem Interesse an seinen Arbeiten beteiligte; sem feines<br />

Kunstverständnis nnd seine stets hilfsbereite Liebenswürdigkeit siud auch <strong>der</strong><br />

") In Beilage II ist ein Verzeichnis <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> nach dem <strong>Bestände</strong> vom<br />

Iannar 191 l gegeben.


Zweiuudsiebzigster Jahresbericht.<br />

17 l<br />

Gesellschaft von nicht geringem Nutzen gewesen. Ankerdem wurden ihr dnrch<br />

den Tod entrissen in Stettin Kaufmann B. .Karkutsch, l^ch. Kommer.uenrat<br />

Dr. Schlntow, Geh. Sauitätsrat D». Steffen, Ncchuungsrat Wilke<br />

und vor wenigen Tagen Stadtrat Karges, ferner Güterdircktor Engel<br />

in Heidebrecl bei Plalhe, Professor Fas^manu in Kösliu, Buchdruckereibesihcr<br />

Kleiue in Naugard, Aauerhofs-Altsilzer I. V^aß iu Stolzeuburq<br />

bei Paiewalt. eiu alter Freuud <strong>der</strong> Gesellschaft, Rittergutsbesitzer v. Man -<br />

teuffel aufCollah w Polziu, Apotheker Rudolf Otto in Plathc, Rentier<br />

O. Ploetz in Anllam, Generalleutnant v. Schmeling in Weimar, Rittergutsbesitzer<br />

Seufft von Pilsach anf Äatzwih i. Po., Rittergntsbeschcr<br />

v. Wolzoycn anf Dnbberzin uud l^ch. Zauitütsrat Dr. Zenkcr m<br />

Bergqnell bei Züllchow. Ehre sei ihrem Andenken!<br />

Gegenüber dem Abgänge von 6N Mitglie<strong>der</strong>n ist lei<strong>der</strong> nur ein Zngaug<br />

von 37 zu konstatieren.<br />

In <strong>der</strong> Oeneralversammlnng am 23. Mai 1900 wurden zn Mitglie<strong>der</strong>n<br />

des Vorstandes gewählt die Herren:<br />

(Neh. Negiernngsrat Prof. Dr. ^emcke, Vorsitzen<strong>der</strong>,<br />

Professor Dr. Wehr manu, stellvertr. Vorsitzen<strong>der</strong>,<br />

Professor Dr. Walter, Schriftführer,<br />

Geh. Iustizrat Mag un na, stellvertr. Schriftführer,<br />

Archivdirektor Geh. Archivrat Dr. Friedens burg, Beisitzer,<br />

Geh. Kommerzienrat ^enz (Berlin), Schatzmeister,<br />

Baumeister C.N.Fischer, Beisitzer.<br />

Anstelle des letzten wählte <strong>der</strong> Vorstand den Herrn Ober-Vaurat a. D.<br />

und Stadtrat Tobien, <strong>der</strong> aber zn nmerm Bcdanern scholl nach lurzcr<br />

Zeit aus Gesundheitsrücksichten sein Amt nie<strong>der</strong>legte. Ebenso schied (^ch.<br />

Kommerzieurat ^enz aus dem Vorstaude aus, dem er fast 25 Jahre augehört<br />

hat. Für die Verwaltung <strong>der</strong> Kasse, die iu den letzteu Jahren iu<br />

seinem Auftrage Herr Eisenbahn-Sekretär G. Manthei mit mustergültiger<br />

Treue nud Sorgfalt geführt hat, gebührt ihm <strong>der</strong> Dauk <strong>der</strong> Gesellschaft.<br />

Au seine Stelle trat in den Vorstand Herr Kaufmauu Willy Ahrens,<br />

<strong>der</strong> im März 1910 das Amt des Schatzmeisters übcruahm<br />

Iu den Beirat wurden von <strong>der</strong> Geueralversammluug gewählt die Herren:<br />

Geh. Kommerzieurat Abel,<br />

Stadtrat Behm,<br />

Professor Dr. Haas,<br />

Konsul Karow,<br />

Konsul Kister,<br />

Zeichenlehrer Meier (Kolberg),<br />

Maurermeister Schroc<strong>der</strong>,<br />

Sanitätsrat Schumann (Löcknitz).<br />

Für den letzten wählte <strong>der</strong> Beirat Herrn Bürgermeister Dr. Thode.


Jahresbericht.<br />

Der ill <strong>der</strong> GeneraluersaulllllllUg vcrlcsclle Jahresbericht für 190^09<br />

ist nl den Ballischen Studien N. F. XIII S. 194 ff. abgedrückt, wo auch<br />

<strong>der</strong> voll Herrn Professor l)i. Walter erstattete Bericht über Altertümer<br />

und Ansgrabnugcn ill Pommern im Jahre N>08 veröffclltlicht worden ist.<br />

Den Vortrag hielt Herr Professor Di', voll Nies;cn über die pommcrschen<br />

Herzoge lind den Iohanniter-Ordcll ini 10. Iahrhnll<strong>der</strong>t.<br />

Sonst wnrden iln Winter 1909/10 ill 6 Versammlnngcn folgelldc<br />

Porträge gehalten:<br />

Herr Professor I^r. Wchrniallll: Von <strong>der</strong> Belageruug Stettins<br />

iln Jahre 1659.<br />

Herr Geh. Ncgierungsrat Dr. ^cmcle: Itettill vor Jahren.<br />

Herr Privatdozeut l^ic. Nckelcy in Grcifswald: Das kirchliche<br />

^eben in Stettin znr Neformationszeit.<br />

Herr Professor l>. Mein hold: Ernst Moritz Arndt.<br />

Herr Geh. Negicrnngsrat Dr. ?cmcke: Die Kllllstdclltnläler des<br />

Kreises Nangard.<br />

Herr Professor Dr. Wchrmanll: Die Königin ^nise ill Stettin,<br />

(tin Allsflng tonllte verschiedcllcr Umställdc wegen nicht stattfinden.<br />

Einnnahmc:<br />

3074,— M.<br />

050,35) .,<br />

0513,— .,^><br />

571,1.^ .,<br />

Iayresrechnullg für l909.<br />

2350,— .," ) Museum<br />

Aus Vorjahren<br />

Verwaltung<br />

Milgliedcrbeiträgc<br />

Verlag<br />

Unterstützungen pu.<br />

^iusell<br />

Bibliothek<br />

A ll s g a b c:<br />

098.84 M.<br />

4903,90 .,<br />

3010,3 „<br />

1201,— „'!<br />

.^.'3,30 ,.<br />

4125,02 „<br />

,53 Ai. 1549.^,30 M.<br />

Mehrausgabe 1739,83 M.<br />

Vou deu Baltijcheu Stlldieu ist Baud XIII <strong>der</strong> Neucu Folge,<br />

vou den Monatsblätteru <strong>der</strong> 23. Iahrgaug erschienen. ES ist sehr<br />

erfreulich, daß es uiemals au größereu uud kleineren Beiträgen, die znr<br />

Aufuahme gceiguct waren, gefehlt und die Zahl <strong>der</strong> Mitarbeiter sich eher<br />

vermehrt als vermiu<strong>der</strong>t hat. Über soustige Arbeiten zur pommerschcu<br />

Geschichte ist in den Mouatsblättcru berichtet worden. Es mag aber darauf<br />

-) Einschließlich 500 M., dir von dri. Prormz für die ^rtsMlppc deö<br />

Heimatschutzes in Rügen bereitgestellt sind.<br />

**) Außerordentliche Beihülfe <strong>der</strong> Provinz zum Ankaufe <strong>der</strong> Kuhse'sclicn<br />

Sammlung rügenscher Altertümer.


Jahresbericht.<br />

hingewiesen werden, daß in den Pommcrscheu Jahrbüchern, die <strong>der</strong> mit<br />

nns befreundete Nüqisch-Pommersche (^cschichtsvrvciu bevausgibt, reqelmiifligc<br />

Bibliographie« erscheinen, die sich durch Vollstäudiqtcil au^eickucu.<br />

Von dem Inventar <strong>der</strong> Van- nnd Knnstdcnkmäler des<br />

Negiernugsbezirks Stettin sind erschienen Hcf« l^ ldas Kouiql. 3^lon in<br />

Stettin) und Heft 9 i Kreis Naugard).<br />

Eine Arbeit, <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Vorstand in zahlreichen Sitzungen nnter<br />

zogen hat, war die Revision <strong>der</strong> 3tatuten vom ll.Mai I^^'>; luaucherlei<br />

verän<strong>der</strong>te Verhältnisse haben eine solche dringend notwendig gemacht. Der<br />

Entwurf wird <strong>der</strong> hentigcn Generalversammlung zur Beratung und Beschlußfassung<br />

vorgelegt.<br />

Die Bibliothek hat dnrch nicht nnbedeutende, dankenswerte Scheue<br />

tungen, dnrch den Austausch mit mehr als !''' auswärtigen wisseuschaftlichcn<br />

Vereinen nud körperickattcu o<strong>der</strong> anch durch Autauf eincu betrachtlichen<br />

Zuwachs erfahren. Die Venuyuug beson<strong>der</strong>s auch uach auswärts<br />

ist recht rege.<br />

Über die Altertümer nnd Ausgrabungen in Pommern im Jahre 1909<br />

belehrt uns <strong>der</strong> Bericht des Herrn Professor ». Waller.<br />

Der vorliegende Jahresbericht nnttrscheidct sich seinem Inhalte nach<br />

wenig von den Berichten <strong>der</strong> früheren Jahre, aber gerade dieser Umstand<br />

beweist, daß die Gesellschaft sich im ganzen stetig entwickelt und ihre Aufgabe<br />

gleichmäßig zu erfüllen bestrebt ist. Da die Anfor<strong>der</strong>ungen, die an<br />

sie gestellt werden, die Kosten, die für Verösfeutlichuugcu, Sammluugen<br />

uud die Verwaltung aufzuwenden sind, aber immer steigen, so ist sehr zu<br />

wünschen, daß auch durch recht großen Zuwachs von Mitglie<strong>der</strong>n die Einnahmen<br />

erhöht werden. Mögen die neuen Sahnngen eine in dieser Äe<br />

ziehung recht glückliche Periode in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Gesellschaft einleite»!<br />

Ver Vorstand<br />

<strong>der</strong> ckeseffsHatt sur pommersche (beschichte und Altertumskunde.


Pcilage !,<br />

Über<br />

Altertümer unö Ausgrabungen in Wommern<br />

im Fahre 1999.<br />

'^on Professor Dl'. (5. Walter.<br />

Im Jahresbericht nn'erer (Gesellschaft auch über dcu Zuwachs all<br />

Altertümern Ncäieuschafl abzulegen, scheint vicllci^U überflüssig, da die<br />

Vionatsblntler bereits je nach <strong>der</strong> ^eil <strong>der</strong> Einlange allfzählcn. welche<br />

Stücke nnserer Sammlung zugeführt sind; aber augenscheinlich ist <strong>der</strong> Wert<br />

aller dieser Gegenstände ein sehr verschiedener, da <strong>der</strong> historischen nnd tultlirhistorischen<br />

immer nnr verschwindend wenige sind gegenüber <strong>der</strong> stille <strong>der</strong><br />

Erschciunugen, die sie in unserm Musmm veranschaulichen müssen, u'ährend<br />

unsere vorgeschichtliche Sammlung ein weit vollständigeres Bild <strong>der</strong> ältesten<br />

Zustände in Pommern zu gcbeu vermag nnd jede hier hinzutretende Nenerwerbnng<br />

ihrer Art nach bleibende Wichtigkeit beanspruchen darf. 3o ist<br />

auch diesmal noch nicht nur eine Beschränkung ans diese vorgeschichtlichen<br />

Gegenstande gerechtfertigt, wenn nur ani Jahresschluß das Ergebnis zusammenfassen<br />

wollen, son<strong>der</strong>n gerade eine geordnete Ubcrücht wird erst<br />

erkeuueu lasseu, ob nusere bisherigen Vorstellungen ctlva berichtigt o<strong>der</strong><br />

erweitert sind. Auch be, vorgeschichtlichen I-undstü^cu bandelt es sich ja<br />

scheinbar nur um mehr o<strong>der</strong> weniger vereinzelte stucke, die für sich allein<br />

zu betrachteu wären; bedeuten nur jedoch, das; mmre Tammlung iu unu<br />

Ntchr 8l) Jahren ganz allmählich eben duich geduldiges ^'lureiheu solcher<br />

(tiltzclheiteu eutstalldeu ist, so müsseu wir zllgeben, daß crn die Elnreihnng<br />

<strong>der</strong>selben in das vorhandene Ganze ihnen eigentlich ihren wahren Wert<br />

verleiht. Ost son<strong>der</strong>n sich wie von selbst bestimmte Grupvcn ab, wo man<br />

bisher nur Gleichgeartetes zu seheu glaubte, oft tritt uugeahut em ^wlscheuglied<br />

ein, um eine schon lange fühlbare Vückc plötzlich zn füllen. An<strong>der</strong>er<br />

seits bedingen die beschränken Mittel, die unserer Gesellschaft znr Verfügung<br />

stehen nnd uns großenteils auf Gescheute uud zufällige Erwerbungen verweisen,<br />

aber planmäßige Ilntersnchnngen in dell meisten Fällen fast ganz<br />

ausschließen, natürlich anch gerade beim Nnclblick die (5rkenntnis, daß wir


Ul»er Altertilmer und Ausqrabunssen in Pommern.<br />

! 7'»<br />

doch nur schrittweise vorwärts lommeu. llm w mekr ntüssen wir fnr hoch<br />

licrziftc l^aben au unierc 3ammlllug auch diesmal ausricimgeu Daut allSsprechcu.<br />

Es dabeu im lctzlcu salire vorgeschichtliche l^cgenställdc gescheull:<br />

3. H. <strong>der</strong> ,^-mst vou Hohcn^ollcrn-Zigmari ugen ^nud aus 3>.'ydel>,<br />

Herr Nitteryntsbcsiver Hofmüller vou .^orilatzli (aus Schöningsbnrg»,<br />

Herr


I?i'><br />

Über Altertümer lind Allsgr,ibnltaell in<br />

nnt den geologischen Feftslcllnngen elltlvicklllllgsgeschlchtlich<br />

eille lebhafte Wandcrzcit seit <strong>der</strong> lliittclpaläolithischcn Tailbachstllfc beson<strong>der</strong>?<br />

nach Norden angellonimen soirie eine gewisse i^leichmnstigleit <strong>der</strong> ^-llndc.<br />

Man glanbt deutlich einen bcsoildcrell .,Qstscct'rei


Über Altertümer und Ausgrabungen in Pommern. 177<br />

ift.l) Als mm gewaltige Vandseukuugen im Ostseegebiet die Litorinaperiode<br />

herbeiführten, müsien schon zahlreiche Bewohner an <strong>der</strong> Küste im Westen<br />

gesessen haben; in Pommern werden ihre Spnrcn ans Rügen und in<br />

Vorpommern nachgewiesen, aber nicht östlich »lier <strong>Greifswald</strong> hinaus. *)<br />

Allerdings stammte die grönere Menge <strong>der</strong> lycgenstände <strong>der</strong> vorhergehenden<br />

Gruppe gerade ans Himerpommcrn, uud auch in West- und Ostpreußen<br />

fehlt es nicht an ähnlichen Fnndcu, aber es sind doch wohl nur weit zerstreute<br />

Stationen einer Jagd und Fischfang treibeudcn Bevölkerung,<br />

während sich in <strong>der</strong> ^jtorina,cit mit mildem Klima und Eichenwaldflora<br />

dauerudc Nie<strong>der</strong>lassuugen bildete«, <strong>der</strong>eu Muschelhaufcu und Werkstätten<br />

von Töpferware uud Feuerfteingeräteu oft freilich bei uns unter den<br />

Meeresspiegel santen. So ist diese Zeit auch im benachbarten Mecklenburg<br />

nur schwach vertreten, denn Äeltz")<br />

weist zur Erklärung dieser Tatsache<br />

auf die in Abbruch befiudliche Küste hin uud kauu uur einige Stücke eines<br />

altereu Habitus namhaft machen; für die nunmehr in <strong>der</strong> Vorgeschichte<br />

einsetzenden wichtigen Fragen <strong>der</strong> Keramik und <strong>der</strong> Grabanlagen vermißt<br />

er jedoch noch engern Zusammenhang mit den Erscheinungen im dänischnordischen<br />

und nordwestdcutschcn Gebiet <strong>der</strong> Steinzeit.<br />

Hier greifen nuu die Forschuugeu von Koisiuna^) ein, <strong>der</strong> eine<br />

indogermanische Nordgruppe, etwa gleichzeitig mit einer nach dem Donallgebiet<br />

ziehenden Tüdgruppe, aus Westeuropa am Schluß <strong>der</strong> mittclneolithischcn<br />

Periode answan<strong>der</strong>n und sich in Norddentschlaud und Skandinavien<br />

zu einer Reihe von Kulturkreisen cutwickelu läßt, die hauptsächlich<br />

auf <strong>der</strong> Gruppieruug <strong>der</strong> Grabformeu sowie <strong>der</strong> Keramik beruhen.<br />

mm Aeltz für Mecklenburg zwar eiue Ähnlichkeit mit den drei nordischen<br />

Gruppen <strong>der</strong> Ttcinkammcrgräber vorfindet, aber anch sichtliche Unterschiede<br />

in Form und Häufigkeit, so glaubt er in <strong>der</strong> Keramik we<strong>der</strong> Anklänge<br />

au die Gefäße <strong>der</strong> Muschelhaufeu uoch engere Verbindung mit an<strong>der</strong>n<br />

Formcnkreiscn mit Ausnahme des Neruburger Stils erkennen zu können.<br />

Kos si una hat aber dann die Beziehungen weiter verfolgt, die zwischen jenen<br />

beiden großen iudogermanischcu Gruppen iu gegenseitigen Beeinflussungen<br />

noch zu erkeuuen sind. Zuuächst driugt die DonautultlN' mit ihrem bandkeramischen<br />

Stil nach Norden vor uud erreicht gerade bei uns ihren<br />

isolierten nördlichstell Puutt in dem früher darum so rätselhaften Funde<br />

von Schöningsburg. Kr. Pyriv, mit Stichreihenkeramit uud Spoudylus-<br />

') Mon. Blätter 1909, !53, Abbild. 5: Das Eremplar kann den verzierten<br />

Spitzen bei Kosslnna, Taf. VI und Hahne, Abb. 2l, getrost zur Ecite<br />

gestellt werden.<br />

2) K o s s i n n a, S. 38.<br />

') Korrespondenzblatt des Gefamtvereins, 1909, 52. Mannus l, 25«.<br />


178 ^ber Altertümer und Ausgrabungen in Pommern.<br />

niuscheln, dagegen ist Pommern an nmgekehrt von Nordgermanen ausgehenden<br />

Zügen nach Osten weit lebhafter beteiligt, wie zahlreiche Beispiele<br />

aus unserm Altertümer-Material bezeugen, das durch diese Anordnung<br />

ebenfalls in neuer Beleuchtung erscheint. Von jeher ist die O<strong>der</strong> eigentlich<br />

als Ostgrenze <strong>der</strong> Megalithgräber angesehen worden, eine Meinung, dcr<br />

zuerst Voß') entgegengetreten ist durch Aufzähluug etlicher Hünenbcttcn<br />

östlich dieses Stromes; dann habe ich schon 1tt89 aus den Akten unsrer<br />

Gesellschaft reiches Material ^) dafür zusammengetragen, daß zu Bcgiuu<br />

des vorigen Jahrhun<strong>der</strong>ts dort recht zahlreiche Gräber dieser Art vorhanden<br />

waren, die uuu freilich größtenteils zerstört nnd nur noch in Zeichnnugcn<br />

nachzuweisen siud. Es ist erfreulich, daß die Einzelheiten dieser Kleinarbeit<br />

nun nicht bloß mosaikartig zusammengesetzt wcrdeu können, son<strong>der</strong>n wichtige<br />

Bausteiue in einem die Urzeit eines großen Teiles von Europa umfassenden<br />

System bilden dürfen. Dies gilt bcsou<strong>der</strong>s vom zweiten Zuge; deuu dcr<br />

erste, durch Trichterraudbcchcr uud Bcrustciu desou<strong>der</strong>s gekennzeichnete und<br />

bis Südpolen verfolgbarc Zug hat in Pommern nur


Über Altertümer nnd Nusarabnnaen in Pommertt. 179<br />

eine ganz bestimmte Grabform in einem beschrankten Gebiet zu suchen,<br />

beweist <strong>der</strong> Umstand, daß ans den Gräberfel<strong>der</strong>n dieser Zeit auch noch<br />

runde Gräber, z. A. bei Koisin 2, bei ^ettnin 2, bei Nrietzig 5 lagen,<br />

die von den ersten Beobachtern als Opfcrstcine o<strong>der</strong> Gräber von Vornehmen<br />

angesehen wnrdcn. Wie diese, so lagen auch einige rechteckige Gra<strong>der</strong>,<br />

z. B. bci Woilfick, mitten unter ganzen Gruppen dreieckiger Ttcingrübcr,<br />

die hier überall bei weitem die Überzahl bildeten. Ich habe mir bei <strong>der</strong><br />

Wichtigkeit <strong>der</strong> Sache aus den alten Grnndrisscn eine Gesamtkarte des<br />

ganzen Bezirks znsammengestcllt, die zu veröffentlichen sich vielleicht einmal<br />

Gelegenheit bietet: mit einem Blicke Übersicht man dann dies ungewöhnlich<br />

reiche und an Form und Richtung <strong>der</strong> Gräber doch auch so abwcchslnngsvolle<br />

Gebiet, das zu den betannt gewordenen Formen kujavischer Gräber')<br />

wichtige Zusähe liefern wurde. Neben den Gräbern ist nnn die Keramik<br />

dieses Znges für uns von Bedeutung, denn die Kugelamphorcn sind nach<br />

dem jetzigen Stand <strong>der</strong> Forschung in Wcstpommcrn ans den nordischen<br />

Megalithamphoren hervorgegangen und mit geringen Umgestaltungen dann<br />

weiter nach Osten verbreitet;-) hier dürfte sich nns unserm Material wohl<br />

noch das Ttiick von Gnst, Kr. Bnblih/) zwanglos einreichen lassen, das<br />

1^98 noch lediglich wegen seiner Form und Henkclzahl von mir zu den<br />

stcinzcitlickcu Gefäßen gerechnet wurde, aber sonst völlig isoliert und<br />

««erklärt il» Ostcu unsrer Provinz dastand. Auch <strong>der</strong> Becher dieser<br />

Gruppe gilt jetzt als Abkömmling <strong>der</strong> Megalithlcramit, nnd an seiner<br />

Entwicklung ist gleichfalls Pommern mit seiner „Odmchnnrkeramit" stark<br />

beteiligt gewesen, wie schon etwas früher erkannt und durch Götze und<br />

Schumann ausgeführt ist.^) Fassen wir für unsern Zweck auch noch<br />

<strong>der</strong> Statistik im Mannus ll, 88 als Quelle angeführt ist. Nach ihr sollen bei<br />

Plönzlg mehrere Hünengräber vorbanden gewesen sein, die nieine Aufzählung nicht<br />

nennt: Die Akten erweisen indes auf Blatt w <strong>der</strong> inzwischen wie<strong>der</strong> auige'undenen<br />

Karten, die Holsten seinerzeit nicht benutzt hat, daß bei K lofin und den angrenzenden<br />

Vorwerken Großlatzkoni und Plänzig m <strong>der</strong> Tat nur zusammen 5 erhaltene und<br />

2 zerstörte Gräber lagen, wie schon unter Moxin angegeben ist. Daß mm also<br />

daneben noch an<strong>der</strong>e unter Gr.^'aykow und Plönzig geson<strong>der</strong>t aufgezählt werden,<br />

taun ich nicht als eine Verbesserung meiner ursprünglichen Angaben ansehen, die es<br />

verdient hätten, beson<strong>der</strong>s angeführt zu werden. 'Auch ans diesem Gnmde mnsi ich<br />

bel dem schon geäußerten Urleil bleiben, daß durch diese Schrift unsere Kenntnis<br />

nicht erweitert worden ist.<br />

') Abbildungen im Mannus II, 68 nach Zeitschrift f. Ethnol- 1879, 42« und<br />

1380, 317.<br />

2) Für die Ausbreitung nach Tuben nimmt Mähe, die vor« und frichgeschichtlichen<br />

Allrrt. Thüringens, ^. XXIII dasselbe Zentrum an.<br />

") Walter, Nmckc-Festschrift, 2. 3 und Tasel I. !-<br />


180 Über Altertümer und Ausgrabungen in Pommern.<br />

ins Auge, was bei Feststellung eines dritten Zuges an pommcrschen<br />

Funden Verwendung gefunden hat, so spielt hierbei <strong>der</strong> Zapfenbecher eine<br />

beson<strong>der</strong>e Nolle, <strong>der</strong> in unserm Gebiet ebenso wie das Mouolithgrab<br />

eigentlich erst beobachtet, weun anch damals noch mehr als beschränkte<br />

Loklllerscheiuuug angesehen wurde; immerhin reihen sich nun wie<strong>der</strong><br />

14 Fundstellen in diese große Gruppe cm.<br />

'Denn wenn wir anch das Ziel dieser Züge vorläufig außer Betracht<br />

lasscu wollen, so ist doch ohne Zweifel das znm erstell Mal in solcher<br />

Fülle ans Mnsccn uud litcrarischcu Vcröffcutlichuugcu zusammeugebrachtc<br />

Altertümer-Material so scharfsinnig ausgewählt und sicher gruppiert, daß<br />

man sich dem Nachweis eines tatsächlich vorhandenen Zusammenhanges<br />

nicht entziehen kauu. Uud gerade hierin besteht doch wohl die Aufgabe<br />

<strong>der</strong> auf eiu bestimmte Gebiet augcwicscucu Sammluugeu, durch Übertraguug<br />

<strong>der</strong> in wcitgrcifcndcn Untersuchungen crmiltelteu Gesamtergebnisse<br />

ans die Verhältnisse des engern Bezirks cm besseres Verständnis des Vorhandenen<br />

zu erschließen nud dic etwa ucu hinzukommenden Altertümer nur<br />

desto schärfer ins Auge zu fassen. Icdcufalls ist dnrch dicsc Untersuchungen,<br />

soweit Pommerschcs Material in Betracht tommt. das Verhältnis zur<br />

Nachbarschaft wesentlich gctlärl gegen früher. Der von Schumann I^i'.N)<br />

nnternomnicnc Versuch ciucr allgcmciucu Darstellllng <strong>der</strong> vorgeschichtlichen<br />

Kultur Pommerns war für seine Zeit höchst verdienstlich nnd muß auch<br />

heute noch als Grundlage dicucu, ließ aber natürlich uoch mauchcs nllslchcr,<br />

znnlal für die Stcinzcit. Auch bei lncincr Zusammeuslelllmg llusrer stciuzeitlichen<br />

Gefäße 1898 zeigten snh crn Anfänge ciucr Glie<strong>der</strong>ung und<br />

Verbindung mit andcru Gcbietcu; jetzt ist cs dagegen wohl möglich, beides<br />

für die Keramik nnd die Gräbciformcn dcslimmtcr zn fassc:i. Dcr ucr^<br />

mntctc Znsanlinenhang nnt Nordwcstdcntschland steht uuu typologisch fest<br />

und ist chronologisch als ein früherer zu bezeichnen, Vorvommeru gehört<br />

nüt zlt dem Ausgangsgcbiet ciuer großcu Kulturcutwickluug, währcud mchr<br />

nach Ostcu emc später» Wcitercutwicklung vorliegt, aber doch wohl uicht<br />

bloß voll dcr O<strong>der</strong> au, soudcru auch schon von cilicr brcilcll hiuterpollllllcr-.<br />

scheil Zone einschließlich zn rcchucu. Zweifelhaft bleibt abcr lioch das<br />

Verhältnis zu Mitteldcutschlaud, das wohl definitiv erst dnrch ganz gesicherte<br />

Ergebnisse für dic Chronologie dcr Schuurtcramik, die bckalintllch lloch<br />

aussteht, zu entscheiden seilt durfte. Anch auf die Möglichkeit des Vcrsinkeus<br />

voll Dollueugräbcru glallbt Solgcr^) zuerst die Frage uach dcr<br />

Chrouologie dcr Liloriltascilkuug allgcwclldct zu haben; wcnn dicsc llach<br />

ncueru Ausätzeu liiu .^000 erfolgt wäre, könnten neolithische Ztcingräber<br />

nicht von ihr betroffen sein, da solche erst später errichtet wären. Somit<br />

liege es bei <strong>der</strong> immerhin „geistvollen Vermutung" Deeckes bezüglich <strong>der</strong><br />

') Dünenbnch, ^. 53.


Über Altertümer und Anscirabunnen in Pommern.<br />

1 ft z<br />

EntNchlMg ber Pinetasage näher, an Steine zu denken, die beim Abbruch<br />

eine« Steilufers in die See gefallen wiiren. Indes hat De ecke selbst in<br />

seinem Pineta-Nnfsatz S. 59 die Chronologie <strong>der</strong> Vitoriuaseukung schon<br />

erwogen, und erst neuerdings hat man diese so weit hinaufrückcu zu mussen<br />

geglaubt; auf alle Fälle bliebe die dichte Stliupackung des Biuctarisfs<br />

gegenüber dem abweichenden Vcfund <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n Bänke vor <strong>der</strong> benachbarten<br />

pommerschen Kuste') uuertlärt, uud das; audcrswo megalithische<br />

Bauten uuter deu Meeresspiegel gesunken sind, ob nun mit o<strong>der</strong> ohue<br />

Vitoriuaseukuug, ist schou iu deu lctzteu Jahresberichte» erwähut wordcu.<br />

Übrigeus ist iuteressaut, daß nach Drolshageus beitrage» "j zur altern<br />

Kartographie Pommerns auf .5 Karten von 15,^>, l5,<br />

Viueta als wirkliche Ltadt und auf eiuer <strong>der</strong> Küste Usedoms vorgelagerten<br />

Insel gezeichnet ist; das soll natürlich historisch nichts beweisen, wohl aber<br />

muß es immer wie<strong>der</strong> die ungemeine Zähigkeit und Verbreituug <strong>der</strong> Sage,<br />

für die mau ja ebeu eine Erklärung sucht, dartnu. volger hat endlich<br />

au <strong>der</strong>selben Ttelle die mutmaßliche Entstehung <strong>der</strong> breit zwncheu die<br />

festen Landkerne von Usedom und Wollin eingelagerten Nehrunyskilslelt<br />

<strong>der</strong> SwinemNuduug genauer als bisher erörtert uud durch 4 Kärtcheu<br />

erläutert, eiue Frage, die für die steiuzcitliche Besiedlung von Wollin nicht<br />

unwichtig ist. Visher meinte man auf dieser Iuscl im l^egeulak ^t<br />

Usedom gar lciue steinzeitlichen Gräber nachweisen zu köuueu und führte<br />

dies auf die damalige Breite <strong>der</strong> Twine zurück: allein diese noch jungst<br />

vorgetragene Meinuug ") muß aufgegeben werde», da altcumästig <strong>der</strong>gleichen<br />

Gräber bei Kolzow, Neueudorf, Vütow einmal vorhanden gewesen sind.<br />

Und sollte man wirklich die Lwine iu deu ältesten Zeiten uicht überfahren<br />

haben, so wäre eiue Besiedelung von <strong>der</strong> Leite <strong>der</strong> Divcnow her aus einem<br />

steinzeitlich ergiebigen Gebiet uur zu leicht geweseu.<br />

Auch die Frage nach dem Nameu <strong>der</strong> steinzeitlichm Volksstämme,<br />

die im gusammeuhang mit den Untersnchuugen über Heimat und Züge<br />

<strong>der</strong> Indogermanen lebhaft erörtert ist, braucht uus zuuächst uicht zn<br />

beunruhigen, und darum tonnen auch abweichende Ansichten und heftige<br />

Gegensätze für uns ausscheiden, ebenso die Ausetzuug einer indogermanischen<br />

Urheimat. Nur das können wir archäologisch vorläufig für erwiesen ansehen,<br />

daß bei uns die älteru Periode» auf einen Zusammenhang mit dem<br />

Westen hinweisen. Nachdem Deecke jüngst in den Baltischen Studien<br />

das Verhältnis <strong>der</strong> Vorgeschichte zur Geologie erörtert, hat nuu Ed. Meyer")<br />

') Neues Jahrbuch f. Mineraloge, XX, 455.<br />

") Pommersche Jahrbücher X, l«5.<br />

2) E tu benrauch. Balt. Ctud. N. F. Il, 77. Dagegen berichten die<br />

Akten Bd. l, 178 und <strong>der</strong> Präsidialbericht von 1887, S. «l^sowie die Jahresberichte 1,<br />

«3. N und A, E. 34 ausdrücklich von Himlnssräbern u. ^ t i f d di<br />

») Zeitschrift für Ethnologie 18i':», 272.


182 Über Altertümer und An^Palmngeil in Pommcill.<br />

auch das zur Geschichtsforschung behandelt und dabei im Gegenteil betont,<br />

daß die alte Annahme von <strong>der</strong> asiatischen Heimat <strong>der</strong> Indogermancn<br />

wie<strong>der</strong> sehr stark gewonnen habe; wenn er dann die Tripolje-Knllnr in <strong>der</strong><br />

Ukraine, die von <strong>der</strong> vorgeschichtlichen Forschnng fi'ir einen Teil des sudindogermanischen<br />

Zweiges erwiesen ist, auch als indogermanisch anerkennt,<br />

so dürfte doch diese Bezeichnnng für unsern Nordzweig wohl noch mehr<br />

gerechtfertigt erscheinen.<br />

Nachdem diesmal entsprechend dein dnrch nelle Zeitschriften frisch<br />

belebten Interesse an vorgeschichtlicher Forschnng die allgemeinen Verhältnisse<br />

breiter ausgeführt sind, haben wir die im letzten Jahre erworbenen<br />

Fundstückc im einzelnen zn erwählten. Noch immer ist Pommern nicht<br />

in Steinenden erschöpft, nnd beson<strong>der</strong>s die charakteristischen gcmnschelttn<br />

Dolche nnd ^anzenspitzen verraten mit Bernstein auch weiter im Süden<br />

ihre baltische Heimat; in Thüringen z. B. rechnet man 28 Einzelfnnde,<br />

darnnter allein ? im Kreise Eckartsbcrga unbedenklich als Import aus<br />

unsern Feuerstein-Werkstätten.^) Wo eine Prwatsammlnng bekannt wird,<br />

enthält sie jedesmal anch Slcinwerkzcnge, wie in <strong>der</strong> Sammlung Maltzahn<br />

zu Gnltz mehrere Beile von Feuerstein und Granit anfbcwahrt werden,<br />

die in <strong>der</strong> nähern Umgegend gefnndcn sind. Unter einigen gekauften<br />

Beilen, die im allgemeinen ans dem Kreise Demmin stammen sollen,<br />

befinden sich 4 Exemplare, gemnschclt nnd geschlissen, voll Hcidcnhojf,<br />

Kreis Dcmmin (Ino. M4l)), ein neues Beispiel fnr stcinzettlichc Depotfunde,<br />

die iu <strong>der</strong> letzten Zeit nicht eben hänsig beobachtet sind. Eine<br />

ergiebige Stelle ist bei Schöningen, Kreis Randow, durch Hcrru Referendar<br />

Zimmer ermittelt worden; sie enthalt auf dem uou Natur zu einem<br />

befestigten Höhcnplatz vortrefflich geeigneten nnd im Volksnumde noch<br />

„heiliger Stadtbcrg" genannten Hügelplatean nnfern <strong>der</strong> !iDdcr Reste ans<br />

allen Periode, darnnter schon zahlreiche steinzcitlichc Beile, Bchaustcine mid<br />

Splitter (Inv. 6130). Ein Besuch <strong>der</strong> landschaftlich hervorragenden<br />

Hrtlichkcit erweckt den Eindrnck, daß hier ein von jeher wichtiger Beobachtung^-<br />

Posten auf den: steil abfallcudeu linken Odcrnfer bestanden hat, <strong>der</strong> cincn<br />

sichern Ansenthalt nlit weitem Überblick beson<strong>der</strong>s über das breite Odcrtal<br />

ermöglichte nnd ähnlichen Positionen am rechten Ufer wie bei Podejnch<br />

und Finkenwaldc entsprach. Hier ist anch in dem nahen Höckendorf am<br />

Nande <strong>der</strong> Buchhcide wie<strong>der</strong> eine <strong>der</strong> so seltnen Fcnerstcinsägen, ein 14 c^n<br />

langes schönes Exemplar, Inu. 61i?3, gesunden, nachdem diese Feldmark<br />

schoit wie<strong>der</strong>holt Steinbeile geliefert hat. Eine schölle Art ans Heinrichswalde<br />

blieb im Privatbesitz, konnte aber wenigstens an einem Persammlnugsabend<br />

vorgelegt werden.<br />

Altertümer Thüringens, E. XIX.


Über Altertümer und Ausgrabungen in Pommern.<br />

i«Z<br />

Die Alronzezeit ist nicht in demselben Verhältnis Gegenstand <strong>der</strong><br />

allgemeinen Forschung gewesen. Was die Herkunft <strong>der</strong> ältesten Bronzen<br />

betrifft, so hat nur Beltz für Mecklenburg an das Saalegebict als Herkunftsland<br />

gedacht/) was auch für uns Beachtung uud weitere Verglcichung<br />

verdient, »Von einem schon 1834 zerstörten Grabhügel bei Veuchow auf<br />

Nügen hat Haas ausführliche Nachrichteu gesammelt;") es war eiu durch<br />

seine Hohe von 8 in und seinen Umfang von !:')


184 Über Altertümer und Ansgmbnns,cn in Pommern.<br />

und den westlicheil Orenzlän<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> mittleren Bronzezeit. So sind<br />

also wie<strong>der</strong> Beispiele <strong>der</strong> verschiedenen bronzezcillichcn Grabanlagen beobachtet,<br />

und bei den beiden letzten Grabseldcrn hat sich cmch wie<strong>der</strong> eine Vemchlmg<br />

desselben Platzes in späteren Perioden herausgestellt.<br />

An Einzelfuudeu enthält dic Gnltzcr Sanimluug ein schönes Exemplar<br />

<strong>der</strong> frühen Schaftcclte mit schwachen Scitenrändcrn nnd abgcrllndeter<br />

Schneide, im Moor allein gefunden. Ein hoher Tutulus mit dachförnligcr<br />

Spitze und durchbrochener Nandfläche dagegen ist <strong>der</strong> einzige Nest eines<br />

Grabfundes nnd soll in einem Stcinkistengrabe bei Neme, Kr. Kolberg,<br />

gelegen haben, Inv. 6112; das würde den bisherigen Beobachtungen durchaus<br />

entsprechen l), zu bedaucru bleibt uur, das; die Bcglcitfullde nicht auf'<br />

bewahrt sind, aus dcueu sich doch erst eine vergleichende Chronologie ansbanen<br />

läßt. So bestätigt sich nur die schon bekannte Tatsache, das; dic'e<br />

Schmuckstücke meisteus iu Gräbern, nnd zwar wie iu Schleswig wohl<br />

Frauengräbern, auftreten im Gegensatz zu den vielfach in Mooren erhaltenen<br />

Flachcelten. Weniger bestimmt sind in <strong>der</strong> Negcl die Fnndulnstände von<br />

Vronzemesserll o<strong>der</strong> Sicheln, die ihrer Verbreitung nnd hänngeu Benutzung<br />

entsprechend zu allen Zeilen und nntcr ucrschicdcllen Umständen zn Tage<br />

kommen. Dicsnlal ist im Moor bei dem benachbarten Finkcnwaldc cin<br />

ovales Brouzeinesscr gefunden, Inv. tìli/;. das inllnerhin wegen scincs<br />

kreisrnnd durchbrochenen Griffes wohl eine ältere Form zcigt.-) Ein<br />

Exemplar dagegen von <strong>der</strong> verbreiteten Sichclform hat das Plöncmoor bei<br />

Schöningsbnrg, Kr. Pl)rih, geliefert, Inu. l',1^/) Endlich sind lnchrcrc<br />

Vronzeschwertcr im Ackcr bei Bölschc,ldorf, Hir. Nandow, zllsanuncn entdeckt<br />

worden, doch die unversehrten Exemplar sind in Privatbesitz geblieben,<br />

sodaß die Sanunlullg nnr durch die Spitze einer Klinge bereichert ist,<br />

Iuv. 6136. Die Spiunwirtcl lassen sich, wenu allein gcfnndcn, noch<br />

weniger einer bestimmten Zeit einglie<strong>der</strong>n; sie l)abcn auch diesmal uicht<br />

gefehlt iu <strong>der</strong> flacheu wie iu <strong>der</strong> cylindriichcn Forni, une wir sie all5<br />

Vutow, Kr. Saatzig, erhaltcu haben, Iuv. «>!()'.


Über Altertümer imd Ansarabnn^en in Pommern. 1N5><br />

Preußens, die dem Stettiner und Danziger Museum beson<strong>der</strong>e Anziehung<br />

verleihen. Zwei wohlerhaltene (Aesicktsnruen mit Mi'chcndeckeln bercichcrll<br />

nun das Fundmaterial aus unserm lNebietsantcil; wenn sie sich auch zur<br />

Zeit noch in Privatbesitz befinden, so sind sie doch durch gute Mbildllna.cn<br />

<strong>der</strong> Öffentlichkeit zugänglich und in ihren Hnndumständen bekannt geworden.')<br />

In sabelm, Kr. Naumburg, standen sie in einem mehrfach abgeteilten<br />

Steinkistengrabe mit 0 an<strong>der</strong>n zm'ammen, <strong>der</strong>en größte die stattliche Höhe<br />

von 70 cm erreichte, während von den erhalteneu eine Aft, die an<strong>der</strong>e<br />

22 nn mint. An beiden sind Augen und Nase in <strong>der</strong> bekannten Weise<br />

plastisch dargestellt, und im rechten Ohr <strong>der</strong> größeren hängen noch die<br />

üblichen Bronzeringe, während auf dem oberu Vauchteil zwei von eiuigeu<br />

Querstrichen durchbohrte Kreise eingeritzt sind. 5?hue Zweifel soll damit<br />

eine Fibel mit Nadel dargestellt sein, uud dadurch findet die alte Neobachtnng<br />

ihre Bestätigung, daß solche Zeichnungen den Schmuck des Totcu<br />

darstellen sollen, zumal diese Schmuckstücke mitunter iu dem Leichcnbrand<br />

sich noch selbst vorfinden.') Ein an<strong>der</strong>es unverziertes Tongefäsi <strong>der</strong>selben<br />

Privatsammlung aus öauenbmg scheint demselben Formenlrcisc anzngchörcn,<br />

ebenso die defekten Nrnen von Silkow. Kr. 3tolp, Inv. NlN,<br />

Kr. Köslin, Inv. 613Z und Seidel, .ssr. Köslin, Inv. s>14l.<br />

Krcttnim,<br />

Iu <strong>der</strong> ausgeprägteu lbisenzeil tritt uns wie<strong>der</strong> die Tatsache entgegen,<br />

daß die Nie<strong>der</strong>lassungen sich auf dcu in frühern Perioden bewohnten<br />

Stellen trotz großer Kttlturuutersclucde oft weiter erhallen und dcnnufolge<br />

auch auf den Begräbnispläken.<br />

So liegt dicht neben dem oben erwähnten<br />

bronze^eitlichen (Aräberfclde von Dammlion eine Reihe von etwa 11) Vraudgruben,<br />

die uur uuanschnlichc Vraudrcsle ohne Urnen enthalten. Nei<br />

Dramburg siud die schon früher betanutcu Brandgrnben weiter durch<br />

Herru Spielberg<br />

ausgebeutet uud haben neben einem henkellosen Ton<<br />

gefäß Sftinnwirtel, einen eisernen l^ürtelhakeu nnd ssibelreste ergeben,<br />

Inv. s>1^7. Auch bei Zozenow, Kr. Negenwaldc, scheiut es sich um ähllliche<br />

Anlagen zu handeln, wenigstens bekamen wir von dort nebst Scherben und<br />

Eisenfragmenten einen Spinnwirtel, eine Eisenfibel und ein Stück Bernstein,<br />

Inv. M24.<br />

Für den Nachweis des Zusammenhangs einiger Fundstücke<br />

<strong>der</strong> ?atene-Zeit<br />

mit Vmailoerziernng sind wir noch Kossinna verpflichtet,<br />

<strong>der</strong> eine Gruppe von .halsringen mit dicken Kolbenendcu in<br />

Hinterpommern und eine an<strong>der</strong>e von Fibeln mit Emaileinlage iu Vorpommern<br />

zu unterscheiden gelehrt hat.")<br />

') Mon. Blätter 1910, 74 mit Abbild.<br />

") Boß hat in <strong>der</strong> Mschr. f. Ettmol. 77. Verband!. S. 451 ans 2 l^esichtsnrnen<br />

solche Nadeldarslettunssen nachgewiesen, ebenso Conweny, ?lestsclnift des West'<br />

preuß. Museums, Taf. 54,1 und tt4,1. Wir besitzen ein Gesas? mit 2 M^eln v. Peterfiy,<br />

Kr. Kolberg, Balt. Stud. 82, 109 m. Abb. Olshansen, geilschr. f. Ethn. 18W, 131.<br />

) Korreipolldenzbl. d. mulnop. Cäes., 1907, ^7, ähnl. schon Balt. Stud. ^9, !'l.


Über Altertümer und Ausgrabungen in Pommern.<br />

Für die Zeit des römischen Einflusses berührt nnser Gebiet in ähnlicher<br />

Weise die Beobachtung von Hindenbnrg ^), daß in <strong>der</strong> Ncumark<br />

dicht an <strong>der</strong> ftommcrschen Grenze sich Gefäße mit Mäan<strong>der</strong>verzierung in<br />

Rädchen- und Strichverziernng beisammen gefunden haben, also west- nnd<br />

ostgcrmanische Verziernngsweise ans dem östlichen O<strong>der</strong>nfer in einer Zeit<br />

vorkommt, die sich dnrch Fibeln mit breitem Fus; wie z. B. gerade ein<br />

Exemplar von Sinzlow, Kr. Greifellhagcn, als das erste nachchristliche<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t zn erkennen giebt. Dadurch fäNt mehr Licht auf die Mäan<strong>der</strong>nrnen<br />

von Stargard, die sonst nur als Einzelsundc und ohne Veianben<br />

für sich dastehen mußten. Ungefähr ans dieselbe Zeit fuhrt uns die Entdeckung<br />

von Skclettgräbern bei Valm ans Usedom.") Die Acstatlnng hat<br />

in trogartigell Särgen stattgefunden, die samt den Skeletten größtenteils<br />

vergangelt sind, doch sind von 2 Gräbern im ganzen au Beigaben ^ Bronzefibcln<br />

und ein Eiseufragmeut erhalten. Letzteres ist <strong>der</strong> Nest eiucs Eiscumesscrs,<br />

das sichelförmig gebogene Schneide und anscheinend Knopfverzicrnng<br />

an: Grissende hatte. Wenn unn Schunlanll^) diese Form in die .'!. Grnftpc<br />

seiner Urncnfriedhöfe und all den Ansgang <strong>der</strong> Lat6,iczcit scl)t, so würden<br />

zwar die in dell betreffenden Gräberfel<strong>der</strong>n voll Butzke, Koppcuow uud<br />

Sinzlow vorkomlnclldcll Fibelforlllen auch deu Fibelu voll Ballll entsprechen,<br />

nnr ist in <strong>der</strong> vorrömischcll Eisenzeit bei nns noch keill Skclcttgrab nach'<br />

gewiesen. Die Fibclll selber aber fügen sich uni so besser in Alm grens<br />

Chronologie^) eiu, <strong>der</strong> dir Form mit zweilappigcr Nollcnkappc lind Kamin<br />

auf dem Bügel als eine östliche ausicht, wcuu austatt des Schncllhakclls<br />

eine Schuenhülsc angebracht ist. Es finden sich solche Fibelu hanptsächlich<br />

im Weichsel- und O<strong>der</strong>gcbict, ineist ganz in <strong>der</strong> Mho <strong>der</strong> größcrn Flusse<br />

llnd voll Schlveden südlich bis Erfnrt, doch niemals ans wirklich prouinzialrölnischeln<br />

Gebiet, also sind diese früher als Wondenspangcn und dann als<br />

ftrovillzialrömischc Stücke bezeichneten Fibeln ans ostdrntschcs Gebiet beschränkt<br />

ulld durch geuaue Nachweise dem 1. uud 2. uachchristlicheu Iahrhuu<strong>der</strong>t<br />

zugewiesen. Da sie indessen eine verhältnismäßig längere Dauer als audrc<br />

Formen besitzen, so können wir sie anch mit wechselnden Beigaben nnd<br />

und Grabgebräuchcn antreffen. Andrerseits nimmt <strong>der</strong> Gebrauch <strong>der</strong> Bestattung<br />

ili Totenbäumeu in <strong>der</strong> römischen Periode offenbar zu, denn zu<br />

') Zeitschrift f. Ethnol. 1308, 775.<br />

") Mon. Blätter 1910, 5l> mit Abbild.<br />

') Balt. Stuo.


Altertümer nnb Ansgrabnngen in Pommern. 18?<br />

den schon bekannten Beispielen von Drantzig und Bodenhagen tritt mm<br />

das von Balln, durch seine Fibeln jedoch um ein Jahrhun<strong>der</strong>t früher anzusehen<br />

als Bodeuhagen, wo die Fibel auf das :>. Jahrhun<strong>der</strong>t hindeutet.')<br />

Eine Bcsou<strong>der</strong>hcit ist jedoch uoch hervorzuheben: die 4. Flbel uou Balm<br />

weicht insofern von den übrigen im ganze» ähnliche,! ad, daß statt des<br />

Kammes auf dem Bügel ein plastisches Besicht herausgearbeitet ist, dessen<br />

Mund namentlich zu groß geraten ist und dadnrch einell frauenhaften Eindruck<br />

erweckt. Der Oberteil des Bngels ist dagegen mehr verkürzt uud<br />

gebogen, das untere Lude aber flach uud bedeutcud vcrlaugert, <strong>der</strong> Nadclhalter<br />

durchbrochen. Mir ist es nicht geluugeu, zu diesem plastischen<br />

Schmuck aus sämtlichen römischen Hibeltypen ein zweites Beispiel o<strong>der</strong><br />

auch nur Anklänge uachzuweiseu, sodas; vorläufig hier uoch eiu Uuikmn<br />

vorliegt.^) Schließlich ist auch an dieser Fundstelle beobachtet worden, daß<br />

dicht neben den Skelettgräbcrn uoch Hügelgräber aus Feldsteinen bestanden,<br />

zwischen deucu im ^cichenbrand Nrncuscherben ohne Beigaben lagen. In<br />

Zizow, Kr. Nngenwalde, siud nun vou süuf Bestatteten wie<strong>der</strong> bloß zwei<br />

Unterkiefer erhalten gebliebeu, aber durch eiueu Einstecktamm aus Hirsche<br />

Horn mit Bronzestiften, Inv. 613!, kaun wenigstens eine allgemeine Zeit'<br />

bestimmung versucht werden. So unscheinbar aber auch dies Fundstück<br />

an sich crschciut, so gcwiuut es durch Vergleichuug mtt bereits bckanuteli<br />

ähnlichen nicht nur erst mehr chronologische Sicherheit, son<strong>der</strong>n durch Aufdeckung<br />

neuer Eigentümlichkeiten auch kulturhistorische« Wert. Knochenlamme,<br />

bei denen das Zahnstnck zwischru zwei Griffstücke eiugenietct ist,<br />

konnten wir nun schon mehrfach durch Begleitfnnde sicher <strong>der</strong> römischen<br />

Periode zurechnen, eiu Verhältnis, das Zchumaunu wie<strong>der</strong>holt festgestellt<br />

hat2); aber immer sind die mit Kreispunktornament verwerten Grifft Halbkreis-<br />

o<strong>der</strong> halbmondförmig gestaltet, ebenso z. B. in den Nömcrgräbern<br />

von Höwen in Mecklenburgs, und alle diese Gräber mußten ihrer Fibeln<br />

halber ins 3. Jahrhun<strong>der</strong>t gesetzt werden. Olshausen^) wollte darum die<br />

') Die Fibel aus dem vollständig erhaltenen Panmsarg mit Stelett v. Boden-<br />

Hagen ist von gewölbten Typus <strong>der</strong> Gruppe V bei Almgren. Nachr. üb. dtsch.<br />

Altertumöfunde 1899, 1.<br />

") Auch dadurch, daß dieses völlig eigenartig verzierte Stück statt <strong>der</strong> Nollenkappen<br />

eine röhrenförmige Hülse bekommen hat, muß es schon als spätere Variante<br />

angesehen werden, während <strong>der</strong> durchbrochene Nadelhalter freilich eine Ncnnmscenz<br />

an bereits überwundene Formen vorstellt. Das Zusammentreffen mit dem sicher zu<br />

bestimmenden Typ <strong>der</strong> 3 an<strong>der</strong>n bleibt darum wichng nnd beweist die landre<br />

Dauer drs letztern.<br />

") Balt. Ctud.46, 176. Zeitschrift f. Elhnol. 1898, Verh. S. 575, Abb. 7-8.<br />

1894, S. 596, Abb. b. Nachr. üb. dtsche. Altertumsfunde 1894, S. 68, Abb. 1.<br />


Über Altertinner und Ausgrabungen in Pommern.<br />

Kämme, bei denen <strong>der</strong> Nncken gerade verläuft, als spätere Form ansehen<br />

und dem 5. Jahrhun<strong>der</strong>t zuweisen, sah sich aber vor einem chronologischen<br />

Nätsel, wenn er einen solchen Kamm ans nnsrer Urne von Petcrfik, Kreis<br />

Kolberg, eingeritzt fand, die man doch <strong>der</strong> weit frühern .^eit <strong>der</strong> Gesichtsurnen<br />

glaubte zusprechen zn müssen. Nnn bat anch <strong>der</strong> nen ln'nznlomlnende<br />

Hornkamm von Zi^ow einen geraden, länglichen Nucken, und er steht damit<br />

bei uns nicht allein, denn anch das Stnck von Kagenow, Kr. Anklam,<br />

hat einen eben solchen; während dieser aber Strichucr^ierung in Folien<br />

erhalten hat, ist <strong>der</strong> obere Teil des an<strong>der</strong>n Exemplars völlig glatt. Unglück<br />

lichcrweise kann anch bei beiden dnrch Vegleitfnnde nichts für die Zeitansetznng<br />

ermittelt werden, dort fand sich einer bei Skeletten, hier „l'i—7<br />

Fns; tief in den Nesten eines alten Grabes"; sonnt bleibt nnr eine Per-,<br />

gleichung mit ähnlichen Stücken in Nachbargebieten, die vielleicht sicherer<br />

datiert sind. Da habe ich schon bci Vesprechung des Kageuowcr Kammcs^<br />

Bedenken hinsichtlich <strong>der</strong> Chronologie geäußert nnd auf zwar ähnliche<br />

Kämme an<strong>der</strong>swo verwiesen, die aber dort unzweifelhaft <strong>der</strong> Wikingerzeit<br />

angehören. Diese ist bei uns bisher äußerst spärlich vertreten gewesen nnd<br />

hat sich eigentlich nnr dnrch Funde all <strong>der</strong> Küste, aus Flüssen ans.-zebaggerte<br />

Schwerter nnd die geringen Neste des Gräberfeldes anf dein Galgenberge<br />

bei Wollin") bemerklich gemacht. Nnn liegt Zizow auf beherrschen<strong>der</strong><br />

Hohe uuwcit des Meeres nnd <strong>der</strong> Wippcrmnndnng. nnd Kagenow gehört<br />

zum Gebiet <strong>der</strong> Pecuc, aus <strong>der</strong> wir z. Ä. das schöue, an Griff und<br />

Parierstangc silbertanschiertc Witingerschwert bekonullcn babell''), das ich im<br />

56. Jahresbericht abbilden kouutc. Die ^rtlichteitcn n'ürden also eilie<br />

spätere Ansctznng erlauben, nnd schlicsüich betont S. Viüllcr ein Schwanken<br />

in <strong>der</strong> Vestattuugsweisc zwischell Verbrennnug und Begräbnis gerade ili<br />

<strong>der</strong> Wikingcrzeit nnd Mlt Beispiele an Küsten auf, wo sich fremde<br />

Wikinger für einige Zeit festgesetzt zu haben scheinen^). Was schließlich<br />

nttscr Exemplar noch interessanter macht, ist <strong>der</strong> Umstand, daß <strong>der</strong> Kamm<br />

noch eil! Futteral besitzt, wie ich es sollst nirgends erwähnt finde. Die<br />

Zähne des Kammes passen nämlich in den Spalt eines mitgefundcnen<br />

') Abgebildet Vatt. Stud. N. F. VUI, E. 12l, Fi^. il. Ebenda S. 162<br />

habe ich ähnliche Kämme von <strong>der</strong> Clatte des alten Bnka im Malaie sowie ans<br />

Wikingergräben auf Amvum und Sylt angeführt. Nachträglich finde ich noch einen<br />

dritten Kamm mit geradem Nucken unter den nlten <strong>Bestände</strong>n unsrer Sammlung,<br />

von Fritzow, Kr. Kammin; das K^eispunktoiuaml'ut strht bier uuv linls uud rechts<br />

von den Zähnen.<br />

") Valt. Stud' N. F. II, 122, A. 3. TX,zn kmunicu nnn die im vorigen<br />

Jahresbericht genannten Goldringe von Veenemünde.<br />

^ Balt. Stud. U, Taf. II, Fig. 3.<br />

') S. Müller, nordische Alter.knmskunde. Il, ^. ^:i n. 2.^. Das Buch<br />

voll A. Buggc, Die Wikinger, 1^00 trägt zur Aufllälun^ solcher 'Fragen nichts le,.


Altertümer und Ausgrabungen in Pommern.<br />

1 ft?<br />

tterätes ans gleichem Material, dessen Platten links nnd rechts dann zusammengenietet<br />

sind nnd an <strong>der</strong> einen Seite eine flache Handhabe, an <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>n ein ?och znm Anfängen erhallen haben.<br />

So viel Neues nnd teilweise noch Unerklärtes enthalten mm freilich<br />

die Reste aus <strong>der</strong> letzten vorgeschichtlichen Periode, <strong>der</strong> slavischen, nicht.<br />

Ihre Spnren sind meist recht unscheinbar, nnd nnr ein geschultes Auge<br />

kann feststellen, daß wendische Grabanlagen mitunter ältere Totenfcldcr bcnmtt<br />

haben.<br />

In Oülh sind so 5 Vrandgruben, die bronzezeitlichc Stcinpackungcn<br />

durchstochen haben, mit ^cichenbrand und wendischen Vchcrbeu beobachtet.<br />

Auch anf dem oben erwähnten Ttadtbcrg bei Tchöningeu finden sich außer<br />

steinzeillichen Resten nach Norden Scherben von zweifelhafter Zngelwrigleil<br />

nnd eine vielleicht tünstliche Wallanlage, nach 3üdeu aber anf cincni halbkreisförmigen<br />

niedrigern Terrassenvorwrung<br />

sicher wendische Scherben tu<br />

großer Menge und hier ohne Äeimlsctmng aus an<strong>der</strong>en Seiten.<br />

In Karnitz,<br />

Kr. Regenwalde, wird es sich auch um eiuc Vrandgvube gchaudclt haben,<br />

ans <strong>der</strong> die gnt charakterisierten Scherben nus zugegangen sind, Inv.


Beilage lt.<br />

Verzeichnis <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong><br />

Gesellschaft fik' f)ommersche Geschichte und Altertumskunde.<br />

(Januar<br />

Präsidium:<br />

Der Königliche O<strong>der</strong>präsident voll<br />

Poniinern, Kaiserlicher Wirtlicher<br />

Geheimer 3lnt, Di'. Freiherr voll<br />

Maltzahn-Gnltz, Exzellenz.<br />

^. ßhrcumitsslic<strong>der</strong>.<br />

Christoforo Negri, Direktor iniKönigl.<br />

italienischen ^iinisterinm <strong>der</strong> ans;<br />

wärtigen Angelegenheiten in No in.<br />

Or. Fabricins, Sellatsprästdenl a. D.<br />

in Vreslan.<br />

Friedet, E., Geh. Negicrnngsrat in<br />

Berlin NW., Panlstr. 4.<br />

Nieck, Rittmeister d.N.a.D.,St etti n,<br />

Kölligstor 81.<br />

Lntsch, Hans, Geh. Olierregiernngsrat,<br />

Konservator <strong>der</strong> Knnstdcnkmälcr<br />

in Berlin-Steglitz,<br />

Wrangclstr. 5.<br />

Dr. Silnon, Walter, Geh. Negiernngsrat<br />

in Königsberg i. Pr.,<br />

Koperniknsstraßc.<br />

Dr. Aernheim,Ernst, Gch.Negiernngsrat,<br />

o. Professor, <strong>Greifswald</strong>.<br />

Dr.Fromhold, Georg, Geh.Iustizrat,<br />

o. Professor in Grcifswald.<br />

Dr. Deeckc, Wilhelm, Professor in<br />

Freibnrg i. Vr.<br />

L. /lorrcspondicrende Mitglie<strong>der</strong>.<br />

Nichter, Wilh., Lehrer l^n^r. in<br />

Sinzlow liei Nenmarl i. Pom.<br />

Di.Klanlann,Sanitätsral ill^ncken-<br />

)v alde.<br />

Dr. Schlegel, Kicisschnlinspeltor in<br />

Görlitz.<br />

Dr. Plolti, G., Assistent ani Nlille^<br />

ralogischcn Äinsellin <strong>der</strong> Nniversitäl<br />

in Tnrin.<br />

Dr. Vahrfeldt. E., Vantoirektor<br />

in Berlin - Großlichtcrscld e-<br />

Ost, Schillcrstr. Ul.<br />

Dr. Olshansen, O., in Berlin SW.,<br />

Anhaltstr. f).<br />

Dr. Äeltz, N., Prof. ill Schwerin<br />

i. Mecklbg.<br />

Vleier, Gylnnasial-Zeichcnlchrcr a.D.<br />

in Kolberg.<br />

Müller, Stadtrat n. Kreislianmelstei<br />

in Stolp i. Poinm.<br />

Stützncr, Joh., Pastor in Carolu<br />

i. Pomm.<br />

Dr. Icntsch, Professor in Gnben.<br />

Leptin, 5krcisdallllleister in Köslin.<br />

l) l. Conweny, Geh. Negierungsrat<br />

in Berlin.<br />

Oelgarte, Konrckt. a.D. ili C am min.


Berzeiämis <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>. 91<br />

Hnpp, Otto, Prof.i. SchlelSheim-<br />

V?ünchen.<br />

Berg, R., Pastor in Torgelow.<br />

Dr. Perlbach, M., Professor, Oberbibliothekar<br />

in Berlin.<br />

Vogel, Otto, Ncnticr in Stargarb<br />

i. Pomm.<br />

Dr. Winter, Geh. Archivrat, Kgl.<br />

Archivdirettor in Magdeburg.<br />

Dr. Prümers, Rod., Wey. Archivrat,<br />

Professor, Kgl. Archivdireklor in<br />

Posen.<br />

Dr. Koisinna, Professor in Groß-<br />

Lichterfelde.<br />

I)r. Bär, Geh. Archivrat, Kgl.<br />

Archivdirektor in Dauzig.<br />

Spielberg, Hans, Oberpostassistent<br />

in Köslin.<br />

Dr. Heinemaun, Otto, Kgl. Archivar<br />

in Magdeburg.<br />

c. Felenslanssliche Mitglie<strong>der</strong>.<br />

Ahreus, Aug., Kaufm. in Stettin.<br />

Auerdach, A., Kaufmann iu Äerliu.<br />

v. Borcke, Rittergutsbes. in ^ades.<br />

v. Ärüuing, Kgl. Landrat iu<br />

Stetti«.<br />

Gbriug, P., Rittergutsbesitzer in<br />

^coni, Oberbayeru.<br />

Guse, Nitlergutsbes. iu Streckentiu<br />

bei Dargislass i. Pomm.<br />

Haber, Gymnasiallehrer a. D. iu<br />

Worbis, Bez. Erfurt.<br />

Nordahl 8sn^ C., Konsul i. Stettin.<br />

Sicbeubürger, Ockonomierat in Gr.-<br />

Lichterfelde.<br />

Toepffer, A. E., Kommerzienrat in<br />

Stettin.<br />

v. ftrdentNäie Mitglie<strong>der</strong>.<br />

Krohn, Pastor in Alt-Grape bei<br />

Pyrih.<br />

Treptow, Pfarrer i. Alt-Kuddezow<br />

bei Pustamin.<br />

In Anklam.<br />

Beiutter, Professor.<br />

Beyer, ^udw., Selniuarlchrer«<br />

Bibliothek des Kgl. Seminars.<br />

Bruggemann, Fr., Kaufmaun.<br />

Büssow, H., Kaufmauu.<br />

Gracff, Walter, Redakteur.<br />

Halle, Albert, Kaufmauu.<br />

Haß, Tischlermeister.<br />

Hcckcr, Kaufmanu.<br />

Heuichcl, E., Oberlehrer.<br />

Horu, Hciur., Kanfmauu.<br />

horu, ^Diavtiu, ätaufm. ll. Direktor.<br />

Kobow, Avothekeubesivcr.<br />

Dr. meli, ^auer, Arzt.<br />

Maß, Amtsgcrichtsrat a. D., Rittergutsbesitzer.<br />

Mchlhoru, C., Konsul.<br />

Mnlltcr, ^l-., Helmut, /sabrifbcntzcr.<br />

Paulcl, W., Gutsbesitzer.<br />

Frau Ploed, Wwe.<br />

Putlih, Allg., Kaufmann.<br />

Necke, Fabrikbesitzer.<br />

l)r. Nciukc, Arzt.<br />

Sau<strong>der</strong>, Professor.<br />

S^ade, Iustizrat.<br />

Säüeyer, Emil, Ziuimcrmeistcr.<br />

Bogcl, Tierarzt.<br />

Schmidt, Pastor iu Aruhauseu<br />

bei (^roß Namlnu.<br />

v. Boniu, ttaudrat iu Vahreubusch<br />

bei Göttin.<br />

Gaus Edler Herr zu Putlitz, Nittergutsbes.<br />

in Varskewllz i. Pomm.<br />

Dr. Ost, Direktor <strong>der</strong> Realschule<br />

in Varth.<br />

v. Flemming, Rittergutsbesitzer in<br />

Aaseuthiu bei Lchönhagen i. P.


192 Verzeichnis <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>.<br />

Jacob, G., I.ic. tlisol., Pastor oinci., Dr. Ztcffcns, W., Oberlehrer, W. 15>,<br />

Äantzen. Topserstr. 17 l. Pariscrstr. 7.<br />

Dieckmann, Pastor in A egg ero w<br />

dei Demmin.<br />

str.<br />

^ ,, , ^ . ^lotow'cti, Pastor in Vcrngdolf<br />

In Vclgard a. P.<br />

. - ^-.<br />

" > del Vntoir».<br />

Droyscn, P., Oberlehrer. y ^il>cwin, )!tittergnl Tetzlass, E., Eifendahnsekretar in<br />

a. D., W., Stcinmetzstr. 20^11. ' Vrannschweig, Geysoslr. 0 1.<br />

Liesner, H., Architekt, N., Ncnc ! 2oendcrop, P., Intendantur- n. Van-<br />

Hochstr. 40 il II. ^U in Vrcslan, Körnerstr. 12.<br />

Vübdekc, Direktor <strong>der</strong> Pr. Vodcn^ ^ ^,..<br />

Credit - Act. - Gesellschaft, W.. ^" ' °'^<br />

Württemdcrgerstr. Zl)-37. 6"an, H., ^ehrcr.<br />

Or.Nnnze, Pfarrer, NW., Panlstr. 9. > ''>"' 'V^ Vranereldcsil)er.<br />

^^.'.:"... M) ^ c. M).s^..ns.. .^-) ! Wnrn^, W., O<strong>der</strong>pfarrcr.<br />

Graf2chlieffen,Generallmtnantz.D. ^ "gahd, Pastor in Vnchholz bei<br />

Exzellenz, W. 15, Vlcidtrcnstr. 31. - Vinhlcndcck.<br />

Dr. Socndcrop, Kgl. Geologe, N., u. Vnggenhagen, 'Äiajoratsdesitzcr in<br />

Inualidenstr. 44.<br />

Vuggenhagen dei Hassan.


Verzeichnis <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>. 193<br />

v. Heyden, Staatsminister, Exzellenz,<br />

Cadow bei Bölschow.<br />

In Cammin (Pommern),<br />

v. Koller, Staats miu ister, Exzellenz,<br />

^nple, Archidiakouus pmer.<br />

Schnei<strong>der</strong>, Archidiakonus.<br />

Schlllze, H., Dachdcckermeister.<br />

Spuhrmann, N., Lehrer.<br />

Wcickcr, Superintendent.<br />

v. Holhendorff, Reyierungsrat in<br />

ss asse l-Wilhelmshöhe,<br />

v. Somnih, Erbtammcrer, Regierungsrat<br />

a. D. Charbrow bei Bictzig,<br />

Kreis Vauenburg i. Pom.<br />

In Charlotten burg.<br />

Nr. Vartclt, Rechtsanwalt, Holhendorffttl.<br />

l9I.<br />

Nr. Haken, Geheimer Negierunsssrat,<br />

Kaiserstraße 14.<br />

Krüger, Amtsgerichtsrat, Verlinerstr.<br />

l26l>.<br />

Dr. Kttstcr, Professor, Geheimer<br />

Medizinalrat, Schützenftr. 32.<br />

Nnnge. Oberst a. D., Spencrstr. 2^.<br />

v. Kamele, Nittcrgntsbes., Crahig,<br />

Aez. HöHlin.<br />

Kasten, Pastor, Crien b. «nklam.<br />

l)l-. Slliwar^c, I.io^ Pastor, Cunow<br />

a. d. Straste b. Stargard i. P.<br />

v. Dicst, Hencralleutnant, Daber.<br />

In Danzig.<br />

Nr. Mese, Professor.<br />

Das Kgl. Staatsarchiv.<br />

Dr. Weber, Arzt.<br />

In Demmin.<br />

Nr. Vchnke, Stadtrat.<br />

Nrücker, Orennereibesitzer.<br />

Vusch, Vankdlrettor.<br />

Or. Dietrich, Medizinalrat.<br />

Draschte, Stadtrat.<br />

In Demmin.<br />

Dühring, Fabrikbesitzer,<br />

tyoehe, Rektor.<br />

Di-.^lr. Vemm, Stadtsynditns.<br />

Leopold, M., Hotelbesitzer.<br />

Neitzke, Kaufmann.<br />

Nippe, Kaufmann.<br />

Dl-, v. Naudow, Arzt.<br />

Nr. Schmidt, Professor.<br />

Die Redaktion des Demmiucr Tageblatts.<br />

Nr. Weinert, Professor.<br />

Nr. Zicmsen, Rechtsanwalt.<br />

Drcsow, H., Lehrer in Dentsch-<br />

Pnddiger, Kr. Schlawe.<br />

Ncchholz, Oetonomierat in Dobberphul<br />

bei Doelih i. Pom.<br />

Nr. Piantilo, Pfarrer, Doeriugshagen<br />

b. Kjreifenberg i. P.<br />

Nr. Vretschkewitsch, M., Privatdocent<br />

in Dorftat, Kastanieuallee l.<br />

Mrosikopf, W., Kgl. ^audlllcsscr iu<br />

Dortmund, Drcsdlucrstr. l.'N I.<br />

In Dram bürg.<br />

Das Gymnasium.<br />

Nr. Iahu, ^., Professor.<br />

l)r. Kausch, Oberlehrer.<br />

Nr. Kleist, wymnasial-Direktor.<br />

Melkers, Rcchullugsrat.<br />

Roscufeld, ^icchtsauwalt.<br />

Tas Kgl. Scmiuar.<br />

Souneuberg, Haus, Oberlehrer.<br />

Spitzer, Kreistierarzt.<br />

Tcherping, Rittergutsbesitzer in<br />

Eberswalde, Molltcstr. 2!.<br />

v. Bodltugeu, Kgl Oberförster i«<br />

Eichwer<strong>der</strong> bei Ferdiuandsteiu.<br />

Vrasse, Bauldircltor iu Elbiug,<br />

Norddeutsche Creditaustalt.<br />

Hasenjäger, Professor iu Eldena.<br />

Valtl'che Studien «. F. XlV


194 Verzeichnis <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>.<br />

Splittgerber, Pastor in Eventin bei<br />

Wandshagen.<br />

Dr. Grnbert, San itätsrat in F alken -<br />

burg i. Poill<br />

In Finkcnwalde.<br />

Grüneberg, Hoforgclbancr.<br />

Kant, Lehrer.<br />

Frau Helmuth Tocpffer.<br />

Müller, E., in Frankfurt a. M.,<br />

Höhcnstr. !) I.<br />

Freiherr Di-, u. Wolf in Frankfurt<br />

a. M., Feldbcrgstr. 25.<br />

v. Wedel, Rentier, Frcicnwaldc i.P.<br />

v. Schmitcrlöw, Rcnt. in Franzb n r g.<br />

Daeno. Joh., in Fricdcuau, Barzinerstr.<br />

5.<br />

Strecker, Pastor in Fritzow bei<br />

Caminin.<br />

In Gary a. O.<br />

Herda, Tierarzt.<br />

Lange, Conrektor, für den Vildllllgs'<br />

verein.<br />

Petrich, Superintendent.<br />

Vent, AlNtsrichtcr.<br />

Di-, ^ui'. Bolquardjeu, ^Rechtsanwalt<br />

u. Notar.<br />

Dr. Weyland, Gylnnasial-Dircktor.<br />

Dr. Lemcke, Professor in Geestelu<br />

ü n d e.<br />

Gcrcke, Superintendent in Gingst<br />

n. Mgen.<br />

Die Kgl. Unmersitätsbililiothck in<br />

Göttingcn.<br />

v. Wussow, Odcrlcntnant im Inf.-<br />

Ncgt. Nr. 44 in Goldap.<br />

In Gollnow.<br />

Der Ailduligs-Berein.<br />

Vranh, Karl, Nektor.<br />

Dr. Driest, Arzt.<br />

1','. Edel Arzt.<br />

In Gollnow.<br />

Erdmaun, Prediger.<br />

Gehm, Lehrer.<br />

Hanpt, Otto, Apotheker.<br />

Nagel, Herm., Goldschmied.<br />

Saikn, Hngo, Zeichenlehrer.<br />

Dahlitz, H., Lehrer in Gotzlow bei<br />

Stettin.<br />

Iu Greifcnberg i. Pom.<br />

Volle, Apothctcnbesitzcr.<br />

Gochh, Vürgerlncister.<br />

Knde, H., Ticfbaullntcrnehmcr.<br />

! ^iassow, Regicruligs-Äanmeister.<br />

In Grcifenhagcn.<br />

Der Magistrat.<br />

Der Porjchlch-Verein.<br />

In <strong>Greifswald</strong>.<br />

Zilnmcr, Referendar,<br />

(^gnci. lliät. Paap, N.<br />

Wachter. Max, Lehrer in Grimmen.<br />

Pantcl, Pastor in Gro^Vnnzow<br />

bei <strong>Greifswald</strong>.<br />

o. Lcttow, General <strong>der</strong> Infanterie a. D.<br />

ill Groß>Rcctz bei Pollnow.<br />

Koch, G., Allitsrat in Ginne rshageli<br />

bei Stocwcll.<br />

Lanke, ^iittcrgiltsbcfltzcr ill Hagellhorst<br />

bei Klöppcrficr.<br />

Aaltzer, Direktor <strong>der</strong> höh. MädchenjchlllcillHallca.^.,Frallkenplatz1.<br />

l^r. Schrocdcr, R., Geh. 3iat,<br />

0. Professor in Heidelberg.<br />

v. Wnssow, Qbnst in Hlldcshcim.<br />

v. Schwerin, Rittcrgutsbcsiycr in<br />

Ianow, Kr. Alltlaln.<br />

Hübncr, Pastor ill Jassen, Kr.<br />

Äütow.<br />

Dennig, Nitterglltsbcsitzer in Inchow<br />

1. Pom.<br />

Venoit, Geheimer Vanrat ill Karlsruhe<br />

(Baden), Hirschstr. 93.


Verzeichnis <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>. 195<br />

Freiherr v. Wangenheim, Rittergutsbesitzer<br />

in Klein .<br />

Dr. Bahlow, Pastor in Lieguih.<br />

Wegener, Pastor in Vind e bei<br />

Wildenbruch i. Pom.<br />

In Löckuih.<br />

Milde, P.. Kaufmann.<br />

Pockradt.<br />

Lülmg, Pastor iu Mandclkow bei<br />

Bernstein.<br />

Nr. öaiis in Marburg a. ?.<br />

v. HcyoedrcÄ, Oberst a. D. in<br />

Martowiv, Äcz. Bromberg.<br />

Iaffke, P., Pastor iu Marsow bei<br />

Puftamiu.<br />

l>r. Keulpt, Ar.^t in Mafsow.<br />

Feruo, )jiltlergutsbcsiher iu Medow<br />

bei Crieu.<br />

l)r. Asmus, Wymnasial-Direttor iu<br />

Mes e ritz, Pr. Posen.<br />

Baron v. Vlittersdors, Nittergutsbesitzer<br />

iu Molstow bei Grcifcuberg<br />

i. Pom.<br />

Holz, Rittergutsbesitzer in Mugge»-<br />

burg bel 'Anklam.


196 Verzeichnis <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>.<br />

Heise, P., Rittergutsbesitzer in<br />

Mühlenbruch bei Reselkow, Kr.<br />

Kolberg.<br />

Dr. Stamm, Gymnasial-Dircktor in<br />

Müht he im.<br />

Osterwald, Pastor in Muttrin bei<br />

Groß-Tychow.<br />

In Nan gard.<br />

Vuth, Apothelcnbcsitzer.<br />

Doering, Rechtsanwalt nnd Notar.<br />

Dr. Fleischmann, Arzt.<br />

Hein, Rechtsanwalt und Notar,<br />

v. Bismarck, ^andral a. D.<br />

Moeckel, Kgl. Kreisbanmeistcr.<br />

Der Polytechnische Verein.<br />

Netzlaff, Tierarzt.<br />

Nocsener, Lehrer.<br />

Dr. Rndolphson, Arzt.<br />

v. Vorcke, Nittcrgntsbes. in Nencndorf<br />

bei Vorkenfricde.<br />

Dnnkel, R., Rittergnlsbes. in Nengrap<br />

e bei Pyrift.<br />

Zelter, N., Ritlergntsbes. in Ncnhans<br />

bei Greifcnhagcn.<br />

Di'. Tielsch, Rittergutes, in Nell-<br />

Lobitz b. Köntopf, Kr.Drambnrg.<br />

In 3ieustcttin.<br />

Äctge, Professor.<br />

Klaje, Karl, Professor.<br />

Dr. Knant.<br />

Reklam, Professor.<br />

Wille, E., Professor.<br />

Prinz zn Schonaich-Carolath,<br />

rat in Nicdcrwallnf a. Rhein.<br />

v. Puttkamcr, Regiernngs - Assessor<br />

a. D. in Pansin.<br />

In Pasewalk.<br />

Knrow, Q., Oberlehrer,<br />

ls, (5., Insuzrat.<br />

In Pascwalk.<br />

Das Realgymnasium.<br />

Simonis, Professor.<br />

Dr. Vargcs, Gymnasialdirettor.<br />

Wnlff, Hanptmann a. D. nnd Rittergutc'bcs.<br />

in Pensin b. Denimin.<br />

Haase, Elisabeth, Oberlehrcrin in<br />

Pcrlcberg.<br />

Graf u. Äismarck'.Oslen, Majoratsbcsitzcr<br />

in Plat he i. Po min.<br />

Wendt, P., Scnnnnr'Oberlchrcr in<br />

Pölitz.<br />

Stroemer, Kanflnann in Podejilch.<br />

^ültschwager, Pastor in Polschcn,<br />

Kr. Bntow.<br />

In Polzin.<br />

Der Aildungsvercin.<br />

Kadolo, Vilchdrnckcrclbesitzer.<br />

Der Viagistrat.<br />

^iaske, Vehrer.<br />

Nietardt, ^)i.<br />

'?abv, Pastor in Pommerenc-dors.<br />

l)r. v. Behr-Pinnow, Kabinelsrat<br />

I. M. <strong>der</strong> Kalscrill in Potsdam.<br />

In Prenci an.<br />

Freiherr o. Vfaltzahn, ^<br />

Ebcling, Professor.<br />

Wiacker, Oberbnrgcrlncister.<br />

Gottschalt, Pastor in Pyritz-<br />

Altstadt.<br />

In Pyritz.<br />

I>. Hartwig, Arzt.<br />

l)l-. Holsten, Gynnlasial'Direktor.<br />

Jahn, Professor,<br />

v. Koller, Kgl. Landrat.<br />

Ätarseille, Professor.<br />

Schirmeister, Professor.


Verzeichnis <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>. 197<br />

In Pyrih.<br />

Schmidt, Friedrich, Stndent.<br />

Echullasse.<br />

Schultz, I., Oberlehrer a. D.<br />

Nr. Weiße, Bürgermeister.<br />

Zuuker, Seminar-Oberlehrer.<br />

Dr. MNtter,F.,Professor, Quedlinburg,<br />

Adelhcidstr. 14.<br />

Dr. Vlmdt, Kgl. Kreisarzt in<br />

Quersurt.<br />

vr. Neinke, Amtsrichter in Nagnit<br />

in Ostpreußen.<br />

7>r. Scmmlcr, Professor in Mam in<br />

bei Grambow.<br />

Moldeuhcmcr, Gemeinde-Vorsteher in<br />

Namsberg bei Frihow.<br />

Müller, Pastor in Ran zin, Kr.<br />

<strong>Greifswald</strong>.<br />

In Negenwalde.<br />

Herrlingcr, K., Kaufmann.<br />

Schultz, G., Kallfmaun.<br />

v. Bornstädt, Rittergutsbesitzer in<br />

Relzow bei Antlam.<br />

v. Normann, Rittergutsbsitzer,<br />

Nillteln a. d. W.<br />

Müllensiefeu, Pastor in Rörcheu<br />

bei Königsberg i. Nm.<br />

v. Steinäcker, Geuerallandschaftsrat<br />

in Rosenfelde bei Liebenow i. P.<br />

In Nügenwalde.<br />

Haase, Lehrer.<br />

Ieudreyczyk, Apotheker.<br />

Schnei<strong>der</strong>, Pastor, NNHen Hagen<br />

bei Schivelbein.<br />

(Nraf v. Schlieffen, Landrat a. D. in<br />

Sandow bei Sckönwcr<strong>der</strong> i. P.<br />

Holztamm,Nittergutsbes.in Sassen-<br />

Hagen bei Sassenburg.<br />

In Schivelbein.<br />

Graf Vaudissin, Kgl. Landrat.<br />

In Schivelbein.<br />

Dr. (Nrubcrt, Direktor.<br />

Teichler, Tteuerrat.<br />

Trapp, Rechtsanwalt.<br />

Waldow, Druckcrcibcsitzer.<br />

In Schlawe.<br />

Hossmanu, Professor.<br />

Pichsch, Iustizrat.<br />

Das Progyluuasium.<br />

v. Schcliha, Landrat.<br />

v. Puttlamer, Rittmeister in<br />

Schleswig.<br />

Noß, E., Referendar in Schleusiugcu.<br />

Schloß Vcrthoidsburg.<br />

v. Hagen, Q., Rittergutsbesitzer in<br />

Schmiedeberg bei Grcifeuberg,<br />

Uckermark.<br />

Weiße, Leo, Major z. D., Schöneberg<br />

bei Berlin, Velzigerstr. ^5>.<br />

v. Noniu, Frau Rittergutsbesitzer,<br />

geb. v. Zauthier iu Schouw er<strong>der</strong><br />

1^. bei Dölitz i. Pomm.<br />

v. Stojeutiu, Rittergutsbesitzer in<br />

Schorin bei Glowitz.<br />

Mogcr, F.,Fabritbes. i. Tchwedt a.O.<br />

MagdaliMi, Pastor iu Schwcjsiu<br />

Kr. Köslin.<br />

Das Großherzogliche Geheime und<br />

Haufttarchiv iu Schwerin i. M.<br />

Pfaff, Pastor in Selchow, Kr.<br />

Greifenhagen.<br />

Wapenhensch, Pastor in Sinzlow<br />

bei Neumark i. Pomm.<br />

Damitz, Iustizrat iu Soldi».<br />

l)r. Nabitz, Stabsarzt iu Spandau.<br />

Ziemsen, Staatsanwalt iu Stade.<br />

In Stargard i. Pomm.<br />

Boebmer, Weh. Iustizrat, Landesgerichtsdirektor,<br />

M. d. A.


Verzeichnis <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>.<br />

In Stargard i. Pomm.<br />

Dr. Brendel, Professor.<br />

Dr. v. Chamisso de Boncourt, Arzt.<br />

Deneke, H., Architekt.<br />

Falk, P., Iustizrat.<br />

Falk, Oberpostassistent.<br />

Gaedcke, E., Lehrer.<br />

Hamann, Redakteur.<br />

Kolbe, Oberbürgermeister.<br />

Korth, Vautechnikcr.<br />

Kurz, A., Professor.<br />

v. Loos, Kgl. Landrat.<br />

Mallin, M., Buchhändler.<br />

Neumann, Direktor.<br />

Nedlin, Pastor.<br />

Dr. Stabenow, Oberlehrer.<br />

Di-. Starke, Oberlehrer.<br />

Theel, Sekretär.<br />

Venzkc, Professor.<br />

Dr. Weber, Stabsarzt.<br />

v. Wedel, Rentier.<br />

de Witt, Iustizrat.<br />

Graf v. Borcke, Schloßhauptmauu in<br />

Stargordt, Kr. Rcgenwalde.<br />

Kiekebusch, Rittergutsbesitzer, Stein-<br />

Höfe l bei Frcienwalde i. P.<br />

In Stettin.<br />

Abel, N., Geheimer Kommerzieurat.<br />

Dr. Ackertnecht, Stadtbibliothckar.<br />

Ahorn, N., Architekt.<br />

Ahrens, W., Kaufmauu.<br />

Dr. Altenburg, Oberlehrer.<br />

Bade, Iustizrat.<br />

Dr. Badstübner, Laudgerichtsrat.<br />

Barts, Kaufmauu.<br />

Die Kgl. Baugewerkschnle.<br />

Bauchwitz, Zahnarzt.<br />

Beeg, Franz, Kaufmann.<br />

Behm, Stadtrat.<br />

Dr. Behm, Magistrats-Assessor.<br />

In<br />

Stettin.<br />

Dr. Bethe, Arzt.<br />

lli'. Bijchoff, Syndikus.<br />

Viltuer, Laudrichtcr.<br />

Blaschke, Kaufmann.<br />

Blau, Rentier.<br />

Bleß. Nalszinnnermeister.<br />

Blume, F., Direktor <strong>der</strong> Chem.<br />

Prod.-Fabrik.<br />

Dr. Blümcke, Professor.<br />

Borchcrt, Regicruugsrat a. D. uud<br />

Kammerdirettor.<br />

Dr. Vornemann, Professor.<br />

Braejel, Redakteur.<br />

Brandt. E., Kauftnanu.<br />

Arauu, Carl Fr., Kaufmann,<br />

v. Brockhausen, Kgl. Laudrat a. D.<br />

Nurmeister, Joh., Buchhändler.<br />

Carnuth, E., Kaufmann.<br />

Dahle, Kaufmallu.<br />

Damm, I., Wissenschaft!. Lehrer.<br />

Denhard, Geheimer Regicrungsrat,<br />

Devanticr, Gottfr., Kaufmauu.<br />

DUtmer, A., Hofmaler.<br />

Dr. Dohrn, Stadtrat, M. d. N.<br />

Dreist, Professor.<br />

Drews, Geheimer Vaurat.<br />

Dudy, Direktor.<br />

Ehlert, A., Bildhauer.<br />

Ehreuwerth, Iustizrat.<br />

Ehrlich, Wissenschaft!. Lehrer.<br />

Ehrlich, Bevollmächtigter d.Germauia<br />

v.Eiienhart'3tothe, Landeshauptmann<br />

Engclin. Rentier.<br />

l>r. Eskuchc, Gylnnasial-Direktor.<br />

Falck, Hauptm. u. Koinftaguie-Chef.<br />

Falk, Schlachthofdircktor.<br />

Fiebrantz, Apotheker.<br />

Fischer, Bruno, Kaufmann.


In Stettin.<br />

Fischer, Pastor ernar.<br />

Frau Vaumeifter Fischer.<br />

Flohr, Geh. Baurat.<br />

Dr. Freyer, Geh. Medizinalrat.<br />

D. l)r. Friedensburg, Geh. Archivrat,<br />

Archivdirettor u. Professor.<br />

Fritte, Amtsgerichtsrat.<br />

Friedeberg, Iustizrat.<br />

Oaebel, Professor.<br />

l>r. Kanher, Oberlehrer.<br />

Dr. Oaye, Sanitätsrat.<br />

Or. Gehrke, Direktor des Stadt.<br />

Gesundheitsamtes.<br />

Nr. Goethe, Gymnasial-Direktor.<br />

Godow, MittelschuUehrer.<br />

Gralow, Amtsgevichtsrnt a. D.<br />

Dr. Oraßmann, Oymnasial-Direktor.<br />

Graf, O., Kaufmann,<br />

(yribel, Geh. Kommerzienrat.<br />

Dr. Grotefend, Kgl. Archivar.<br />

Grube, Stadtbauinspektor.<br />

Grunow, Nod., Kaufmann,<br />

vr. Haas, Professor.<br />

Haase, Stadtrat.<br />

Dr. Haeckel, Professor, Direktor am<br />

stüdt. Krankenhaus.<br />

Hahn, A., Professor.<br />

Hanow, slpothetenbesitzer.<br />

Hanow, Professor.<br />

Hartmann, C., Kaufmann.<br />

Havemann, Stadtbauinspektor.<br />

Heerdegen, Chefredakteur.<br />

Hemptenmacher, Kaufmann.<br />

Dr. Herbst, Professor.<br />

Herrmann, Stadtrat.<br />

Heß, S. H., Makler.<br />

Hering, Kaufmann.<br />

Hinhe, Geheimer Vaurat.<br />

Dr. Hirschfeld, Iustizrat.<br />

Dr. Hoppe, Professor.<br />

Verzeichnis <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>. 199<br />

In Stettin.<br />

Dr. Hoffmann, Vankdircktor.<br />

Hnth, Professor.<br />

Hübner, Iul., Kaufmann.<br />

Iahuke, Pastor.<br />

Ianhen, Ellgen, Schissbau-Iugeuieur.<br />

Dr. Island, Professor.<br />

Iobst, Professor.<br />

Ioecks, Neklor.<br />

Käiemacher, Kommerzienrat.<br />

Karow, Konsul.<br />

Kasteu, Kaufmann.<br />

Kasclow, Nenticr.<br />

Kirstciu, A., Kaufmann.<br />

Kisker, Konftll.<br />

Klettner, Neutier.<br />

Klütz, Iustizrat.<br />

Kneisler, Geheimer Vaurat.<br />

Koppe, P., Kllllfmanu.<br />

Köhlan, F., Kaufmaull.<br />

v. Köthen, Oberleutuaut.<br />

Kohlmann, Lehrer.<br />

Kopp, Pastor.<br />

Krawczynski, Fabrikbesitzer.<br />

Dr. Krause, Professor.<br />

Krösiug, W., Kallfmann.<br />

Kuck, Kaufmann.<br />

Kühne, Maurermeister.<br />

Kuhk, Rentier.<br />

Kllhlow, E., Direktor.<br />

Kupke, W., Kallfmann.<br />

Kurz, Iul., Kaufmann.<br />

Ladisch, Hotelbesitzer.<br />

Die ^andwirtschaftskammer.<br />

Dr. Lehmann, Sanitätsrat.<br />

Dr. Lehmann, P., Oymn.-Direktor.<br />

Lehmgrübuer, Kgl. Baural.<br />

Leiftikow, Geh. Iustizrat.<br />

Dr. Lemcke, Geh. Negierungsrat.<br />

Leuh, N., Fabrikbesitzer.<br />

Lezius, Kaufmann.


200 Verzeichnis <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>.<br />

In<br />

Stettin.<br />

Lindner, Kaufmann.<br />

Licckfeld, Konsul.<br />

Dr. Lier, Oberlehrer.<br />

Lippmann, Iustizrat, M. d. A.<br />

Dr. Luckeubach, Apothckcnbesitzcr.<br />

I.io. Dr. Lülmaun, Pastor.<br />

Li'chrse, Zahnarzt.<br />

Magunna, Geh. Iustizrat.<br />

Manasse, G., Koinmerzienrat.<br />

Di'. Mann, Iustizrat.<br />

Di-. Metzcl, Privatgelehrter.<br />

Dr. Meinhold, Professor.<br />

Meister, Iustizrat.<br />

Dr. Metcke, Oberlehrer.<br />

Mielke, Oberlehrer.<br />

Milentz, Amtsgerichtsrat a. D.<br />

Dr. Miltz, Professor.<br />

Mitzlaff, Amtsgerichtsrat.<br />

Moeser, Geh. Iustizrat, Landgerichts-<br />

Direktor.<br />

Dr. Müller, Sanitätsrat.<br />

Müller, Karl, Rentier.<br />

Di. Neißer, Professor, Direktor am<br />

städt. Krankenhans.<br />

Neubauer, Albin, Ticfbantcchniker.<br />

vr. Nietzki, Gymnasial-Dircktor.<br />

Dr. voil Nießen, Professor.<br />

Nourney, Geh. Konsistorialrat.<br />

Pantzlaff, Iustizrat.<br />

Panly, G., Kaufmann.<br />

Pce, Kaufmann.<br />

Dr. v. Petersdorff, Archivrat.<br />

Petsch, Iustizrat.<br />

Frau Olga Piper, Rentiere.<br />

Piper, C., Direktov <strong>der</strong> N. Dampfer-<br />

Kompagnie.<br />

Ploeh, Lehrer.<br />

Nr. Plathe, Professor.<br />

Dr. Primo, Iustizrat.<br />

Przygode, Oberlehrer.<br />

In<br />

Stettin.<br />

v. Puttkamcr, Ncgierungsrat.<br />

Lluistorp, M., Kommerzienrat.<br />

Ncgcner, Kailfmann.<br />

Rehfeld, Zcichelilehrer.<br />

Der Fritz-Nentcr-Verein.<br />

Richter, Alfred, Kauflnallu.<br />

Richter, Emil, Rcutier.<br />

v.l)i' Richter,Kousistorialpräsid.a.D<br />

Dr. Richter. Zahuarzt.<br />

s)iieck, Natsluallrermeisler.<br />

l)r. Ricck, Allgeuarzt.<br />

I>r. Rolli«, Arzt.<br />

Nöscner, Oeh.Regieruugs- u. Balirat<br />

Dr. Nühl, Stadtschulral.<br />

Frau Allua Nüchardt, Rentiere.<br />

Salomou, V^., Kaufmaull.<br />

Saran, Druckercibcsitzer.<br />

Saullicr, Buchhändler.<br />

l)l'. Scharlau, Geh. Sauitätsrat.<br />

Scheibert, Kaufmauu.<br />

Scherve, Kaufmann.<br />

Schmnemauu, Landesrat.<br />

Schifflnallll, Direktor.<br />

Schintle, Illwclicr.<br />

Dr. Schlüter, Sauitätsrat.<br />

Schmidt, H., Natc-zilUluernleistcr.<br />

Schnei<strong>der</strong>, Geh. Iustizrat, Obell<br />

landcsgcrichlsrat.<br />

Dr. Schönbeck, Oberlehrer.<br />

Schra<strong>der</strong>, Atax, Bankbeamter.<br />

Schroedcr, Aug., Rentier.<br />

Schröter, E., Kaufluauu.<br />

Dr. Schulz, P., Ar.U-<br />

Dr. Schulze, Geh. Mediziualrat.<br />

! ,^<br />

chwieger, Geh. Oberpostrat, Oberpostdircktor<br />

Seeger, Kaufmanu.<br />

Seisinghaus, Kausmanu.<br />

Setzte, Kanfmanll.<br />

Simon, Proviantmeisler a. D.


Verzeichnis <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>. 201<br />

In Stettin.<br />

Sommer, Reltor.<br />

Springborn, Pastor.<br />

Ztaetcr, Kaufmann.<br />

Stahlberg, Kaufmann.<br />

Nr. StcinbrNck, Professor.<br />

Stengel, Superintendent.<br />

Stoetzer, E>, Kanfmann.<br />

Nr. v. Stojentin, (hcncralsekretssr.<br />

v. Strantz, Geh. Negienlugsrat.<br />

Susenbeth, Druckercibesiher.<br />

l>r. Tesch, Professor.<br />

Thenne, H., Kallfmann.<br />

Thiele, R., Professor.<br />

Thieme, Kanfmann.<br />

Dr. Thode, Bürgermeister.<br />

Thoms, H., Rentier.<br />

Timm, Professor.<br />

Der Stettiner Tonnsten-Klnb.<br />

Necker, Lehrer.<br />

Urban, G., Rektor.<br />

Frau verw. Geh. Mcdizinalrat A.<br />

Vanselow.<br />

Dr. Walter, Professor.<br />

Wartenberg, Architekt.<br />

Waterstraat, Nektor.<br />

Dr. Wchrmann, M., Professor.<br />

Wehrmann, P., Iustizrat.<br />

Wchrmalln, Haus, Referendar.<br />

Dr. Wimmcr, Chemiker.<br />

Wölfert, E., Kaufmann.<br />

Wolff, Stadtsyudikus.<br />

Wolfs, F., Direktor <strong>der</strong> (Germania.<br />

Wossidlo, Max, Kaufmann.<br />

Zan<strong>der</strong>, Lugeu, Stadirat.<br />

Zelter, Iustizrat.<br />

Zeppernick, Kaufmann.<br />

Ziegel, Apotheker.<br />

Ju Stolp i. P.<br />

Bartholdy, Sllperiutendent.<br />

Böhm, Lehrer.<br />

In Stolp i. P.<br />

Dr. Bonin, N., Mittclschuttehrer.<br />

Nr. Voscck, Arzt,<br />

v. Brnning, Kql. ?andrat<br />

Vsttow, P.. Rektor.<br />

Hemptcumacher, ^andyerichtsrat.<br />

Krause,


302 Verzeichnis <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>.<br />

Dr. Wordel, Arzt in Treptow a.T.<br />

In Ücker münde.<br />

Dl. Knecht, Sanitätsrat.<br />

In Usedom.<br />

Burkhard!, Nettor.<br />

Grantzow, Zimmermeister.<br />

Di-. Schultze, Arzt in Bell ahn i. M.<br />

Taube, Heinrich, Lehrer, Villkow,<br />

Kr. Lauenbnrg i. Pomm.<br />

v. Mitzlaff, Generalmajor, Voßberg<br />

bei Zollbrnck i. Pomm.<br />

Kodlischke, I., Professor in Warnsdorf<br />

in Böhmen.<br />

Krohn, Pastor in Warsow, Bez.<br />

Stettin.<br />

Graf Kleist, Ministerresident z. D.,<br />

Kannnerherr, Wendisch - Tychow.<br />

Gacdcke, Architekt in West-Swine.<br />

I^i«. Dr. Graebcrt, Wilmersdorf<br />

bei Berlin, Gimzelstr.<br />

Dr. v. d. Osten, Rittergutsbesitzer<br />

in Wis du bei Witzmitz.<br />

Das Progymnasium in Wolgast.<br />

In Wollin i. Pomm.<br />

! Clausius, Direktor.<br />

Grllbe, Pastor.<br />

Klug, Amtsrichter.<br />

Der Magistrat.<br />

Dr. Porrath, Professor.<br />

Schabow, Superintendent.<br />

Werth, Oberlehrer.<br />

Wcssel, W., Lehrer in Wnssentin<br />

bei Ziepen l. Pomm.<br />

Graf v. Zitzewitz, Kammerhcrr in<br />

Zezenow, Kr. Stolp.<br />

Hosslnnller v. Kornatzki, Hans, Rittergutsbesitzer<br />

in Ziegen Hagen<br />

bei Neetz.<br />

Ziehe, N.,Kaufm. inZnllchow a.O.<br />

Um Berichtigung etwaiger falscher Angaben in diesem Verzeichnisse wird gebeten.


slber die<br />

ber NommiMon zm Erforschung unb<br />

<strong>der</strong> Denkmaler in <strong>der</strong> Provinz Pommern<br />

in <strong>der</strong> geit<br />

v


- II -<br />

als Stellvertreter:<br />

1. <strong>der</strong> Superintendent Gercke in Gingst,<br />

L. <strong>der</strong> Rittergutsbesitzer von Kamckc in Kratzig,<br />

Z. <strong>der</strong> Erste Bnrgernleister Kolde in Stargard,<br />

4. <strong>der</strong> Geheime Iustizrat Dr. ^ an gemak in Stralsnnd.<br />

5). <strong>der</strong> Er?'tc Bürgermeister Sachse in Koslin.<br />

Provinzialkonscroator war <strong>der</strong> Geheime Negicrungsrat Professor Dr.<br />

^emcke in Stettin.<br />

2. Hitzung <strong>der</strong> Aommission.<br />

Die Sitznng <strong>der</strong> Kommission fand statt nnter dem Borsitze dcs Vandesdirektors<br />

a. D. Frcihcrru von <strong>der</strong> Goltz am 15). Dezember 1909;<br />

anwesend waren außer ihn: Obcrpräsideut Freiherr von MalhahN'<br />

Gnltz, Oberbürgcrlncisler Ackermann, ^anocshauptluann voll Eiscllhart-s)tothe,<br />

Superintendent Gcrcke, Nitlergiltsbesitzer Kolbe-Blesewitz,<br />

Erster Bürgermeister Kolbc, Pastor Pfaff nlld <strong>der</strong> Provinzialkollservator.<br />

Ausgelegt waren Zur Kenntnisnahme die seit <strong>der</strong> letzten Sitzung von<br />

Kommissionen an<strong>der</strong>er Provinzen nnd Negicrnngsbezirke eingegangenen<br />

Druckschriften:<br />

1. Ans Brandenburg, Bericht über die Tätigkeit <strong>der</strong> ProvinzialkomMission<br />

fnr Denkmalpflege nnd des Provinzialkonservators in den Jahren<br />

1904 bis 1907, ferner die Kunstdenkmäler <strong>der</strong> Provinz Brandenburg<br />

Band I, Heft 1 nnd 2, Kreis West- nnd TDstprignik, nnd die früh-, nnd<br />

vorgeschichtlichen Denkmäler Band I, Heft ?. Kreis Ottprignitz.<br />

2. Ans Hannover, Bericht nbcr die Wirksamkeit <strong>der</strong> Denkmal-,<br />

pflege im Jahre 190N/I909 nud die Kunstdcnkmäler des Negieruugsbezirks<br />

Stade, Kreise Vcrdcu, Notenlmrg Nltd Zewen.<br />

:-z. Ans Schleswig. Hol st ein, Berichte des Direktors des Thaulowmllscnms,<br />

des Landesbibliothckars, <strong>der</strong> Provinzialkommisfion fiir Kunst,<br />

Wissenschaft nnd Denkmalpflege nnd des Proviuziallom'ervators für 1907.<br />

4. Ans Westfalen, Bericht über die Tätigkeit <strong>der</strong> ProuinMkommission<br />

znm Schntze nnd znr Erhaltnng <strong>der</strong> Delllinäler für die Zeit<br />

vom 1. Iauuar 1907 bis 31. Dezember 1903.<br />

5. Ans dem Regierungsbezirke Kassel, Bericht des Äczirkskonservators<br />

für die Zeit vou 1904 bis 1908 uud Band II <strong>der</strong> Peröffent^<br />

lichungcn über die Kunstdcnkinälcr, Kreis Frisar.<br />

6. Aus Ostprcußeu, Jahresbericht des Provinzialkouservators für<br />

1908 und Hollack, Vorgeschichtliche Uebersichtötarte von Qstprcni;en nebst<br />

Erläuterungen.<br />

7. Ms Wcstprcltßcu, Bau- mlö Kullstdenlmäier öc


— IN —<br />

8. Aus Schlesien, Bericht des Provinzialtonservators für die Zeit<br />

vom 1. Januar 1907 bis 31. Dezember 1W5.<br />

9. Aus dem Regierungsbezirke Wiesbaden, Jahresbericht <strong>der</strong><br />

NezirkSkommijsiou zur Erforschung und Erhaltung <strong>der</strong> Teutlnäler für das<br />

Jahr 1908.<br />

10. Aus dem Elsaß, Einrichtungen nnd Tätigkeit <strong>der</strong> staatlichen<br />

Denkmalpflege in den Jahren I^w bis N>09.<br />

Vorgetragen wurde von dem Provinzialtonservator <strong>der</strong> von ihm verfaßte<br />

Eutwm'f des X V. Jahresberichts über die Denkmalpflege in Pommern,<br />

<strong>der</strong> die Zeit vom 1. Oktober !!>0tt bis Ende September 19


- IV -<br />

die Provinz 23300 Mk., die Gcmciude 10000 Ml., verschiedene geistliche<br />

Stiftungen <strong>der</strong> Stadt 13 000 Mk. beigetragen, den Nest haben freiwillige<br />

Gaben aufgebracht. Die örtliche Vauleituug lag ili den Händen des<br />

Königlichen Krcisbauiuspcktors Iosephsou.<br />

Wie oft wies anch die Nikolaikirche bei genauer Untersuchung<br />

Bcmaluug verschiedener Zeiten ans, eine frühere ans dem Anfange des<br />

15. Jahrhun<strong>der</strong>ts stammende nnd eine etwa ein Jahrhun<strong>der</strong>t spätere, diese<br />

vorwiegeud ornamental, jene mit zahlreichen figürlichen Darstellungen nnd<br />

im allgemeinen wertvoller. Der Wic<strong>der</strong>herslcltuug zugruudc gelegt wnrde<br />

die ältere Bemaluug, die jüngere lam nur dort in Betracht, wo eiue ältere<br />

von ihr nicht bedeckt wurde. Was au Einzeldarstcllnngcn vor nnd zwischen<br />

diesen beiden systematischen Bemalnugcu entstanden ist, erfnhr eine entsprechende<br />

Behandlung. Beson<strong>der</strong>e (5'rwahnnng verdienen die ans <strong>der</strong><br />

ersten Vemalungsperiode stamiucildeu, auf die Arkadeupftiler aufgclualtell,<br />

Hausmarken ählllichen Zeichen, sowie die <strong>der</strong> zweiten Periode angchörigcn,<br />

ganz eigenartigen Nlltcr die plastischen Köpfe <strong>der</strong> Pfeilerkapitclle als Ergäu><br />

znng gelnaltcn ^iittcrsigurcu. Hervorzuheben ist namentlich, daß auch<br />

die Nanmwirtnng <strong>der</strong> Malerei eine vorzügliche ist. Möchte uuu auch bald<br />

<strong>der</strong> soustigcu, zum Teil recht vernachlässigten nnd doch so kostbaren Ausstattung<br />

eine ebenso verstäuduisoollc Hülfe zu Teil werdcu.<br />

Die Iakobikirche in ^ancubnrg, <strong>der</strong>en Ausban 1907 begouncn<br />

wurde, ist nu ^aufe des Sommers null endlich fertiggestellt nnd hat eine<br />

förmliche Nmerstchuug feiern löuucu, als sic am 13. September die<br />

Weihe erhielt, (^ig. l und ^, vcrgl. F-ig. l, 5 uud d^'s voriährigell<br />

Berichts.) Die Ausmalung luunte sich hier srci bcwcgeu; sie war in die<br />

Hand Kntschmanns gelegt, erstreckte sich aber in <strong>der</strong> Hauptsache uur auf<br />

das Prcsbyterium, das iu sciusinuigcr Alllehuuug au das Barock <strong>der</strong><br />

AnsstallUlig wirkungsvoll gestaltet ist. Der Gemeinde, die sich ilui <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>herstellung ihres Goltcshau,es willen uut eiller Kirchensteuer von<br />

50 "/a belastet hat, gebührt große Aucrkcuuuug. Zu deu ans 60000 ^N.<br />

veranschlagten Kosten erhielt sic au Vcchülsen vom Staate 0500 Mi.,<br />

voli <strong>der</strong> Provinz 5000 Mk., voll <strong>der</strong> Stadtgemeinde 500 Mt.<br />

Der Allsbau <strong>der</strong> Marienkirche in Grcijcnberg tam nicht znm<br />

Abschliß, er wurde durch die als notwendig crtauute Iustaudsctzuug <strong>der</strong><br />

Dachkollstrliktioll aufgehalten. In Dr am burg uud Bclgard wurde<br />

<strong>der</strong> lange vorbereitete Ball noch nicht begonnen, in Kol berg die Ausstattung<br />

des Hohen Chors am Dome, für die alle Vorarbeiten vorliegen,<br />

einstweilen vertagt.<br />

Die Einrichtnng <strong>der</strong> Heiligen Gcistkapclle in Treptow a. N. sowie<br />

<strong>der</strong> Georgskapelle bei Wol gast für profane Zwecke ist genehmigt nnd in<br />

die Wege gclettct, sie wird <strong>der</strong> Erhaltung <strong>der</strong> Gebäude, <strong>der</strong>en Bauformen


ewahrt bleiben, för<strong>der</strong>lich sein. Die Kirche in Neuwarp ist iu bessern<br />

Stand gesetzt, ebenso die Sakristei an <strong>der</strong> Marienkirche in <strong>Greifswald</strong>;<br />

sie ist ein unmittelbar an die Kirche stoßen<strong>der</strong> Anbau ohne Denkmalwert,<br />

gleichwohl durfte sie nicht, wie geschehen, mit Dachpappe gedeckt werden.<br />

Die Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> vor 10 Iahreu mit Unrecht als banfällig<br />

geschlossenen Iohannistirche in Stettin steht «och aus, wird aber<br />

wenigstens fssr einen Teil demnächst in Angriff genommen.<br />

In Pa se walt ist eine durchgreifende Erueueruug <strong>der</strong> Nikolaikirche,<br />

die zn den ältesten Pommerns gehört, iu Aussicht gcuommeu.<br />

Die Kirche iu Zanow hat nebst einigen Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Ausstattung<br />

eine geschickte nnd sachverständige Ansmalnng erfahren dnrch den<br />

Maler F. Pögcle-Stuttgart.<br />

Das Kösliner Tor in Schlawe nnd das Steintor in Tribsecs<br />

sollen im kommenden Jahre dell längst nötigen Ausbau erfahren; dem<br />

durch Blitzschlag im saufe des Sommers beschädigten Stralsnn<strong>der</strong> Tore<br />

in Grimmen (Fig. 3) ist er bereits zuteil gewordeu.<br />

Wie<strong>der</strong>herstellungen und Verän<strong>der</strong>ungen aller<br />

in ^andtirchcn.<br />

In Schell in. Kr. Pyntz, beging die Kirche das Fest ihres 5Mjiihrigen<br />

Bestehens nach einer durchgreifenden Erneuerung ihrer alten<br />

Formen durch den Architekten Dcmtc-Ltargard ; <strong>der</strong> Apostel-Altar<br />

erhielt ein stilgemäßes neues Gehäuse durch A. Ehlert-Stettin; für die von<br />

Rassow-Greifenberg erbaute, sehr ansprechende neue Kirche in Grabow,<br />

Kr. Negcnwalde, wurde von Ehlcrt <strong>der</strong> vortrefflich geschnitzte Annen-Altar<br />

erneuert, die Kirche in P r u st - Greifeuberg von Nassow crwcttert, und mit<br />

einem neuen Tnrme versehen; das Kirchlein in Drechow, Kr. Fran.chnrg,<br />

wurde grüudlich ausgebessert und ausgemalt; <strong>der</strong> Enveiternngs- und<br />

Erueueruugsdau in Seefeld, Kr. Satzig, führte die Aufdeckung ausgedehnter<br />

mittelalterlicher Wandgemälde herbei, die so gnt erhalten waren,<br />

daß ihre Ergänzung als lohnend erschien und vorbereitet wnrde. Der<br />

Ausbau <strong>der</strong> Kirche in Marienflicß ist fNr das Änßere abgeschlossen, an<br />

<strong>der</strong> bereits arg verfallenen Kapelle in Bon in Kr. Köslin wurde er begonnen<br />

und naht sich dem Abschlüsse. Die Entwürfe für die Erneuerung <strong>der</strong> höM<br />

wertvollen Schrotholztirchc in Bahren bnsch, Kr. Nenstettin, (Fig. 4,<br />

5, 6) sind von dem Architekten Blauc-Gr.-^ichterfelde ausgearbeitet, sie<br />

nehmen auf den Denkmalwert des Gebändes wie seiner Ausstattung verständnisvolle<br />

Rücksicht und es bleibt nur zu wümchcn, daß die Geldmittel<br />

beschafft werden, damit die Ansführung in vollem Umfange bald in die<br />

Hand genommen werden kann. Arbeiten geringerer Bedeutung und<br />

geringeren Umfangs sind teils vorbereitet, teils im Gange in Klatzow<br />

und Weltzill, Kr. Dcmmin, Neukirchcn, Kr. Negenwaldc, Gr.< Zicker<br />

Art


- VI -<br />

und Middelh agell, Kl'. Nügen. Kowalk, Kr. Velgard; den Verän<strong>der</strong>nngell<br />

am Türme in Großen Hag en, Kr. Nnngard, nud Benz auf Usedom<br />

konnte zugestimmt, <strong>der</strong> Entwurf zllm Van eines nencn Turms in<br />

Anlgrin konnte llicht gebilligt wcrdeil Zustimmung fand ein Elltwllrf<br />

für den Kirchdan in Lottin, Kr. N'.'nstett'.n, nnd die Eniporenanlage in<br />

Zedlin, Kr. Grcifcnbcrg. Für die Allsbcssernllg <strong>der</strong> Kirche in Kemnitz,<br />

Kr. <strong>Greifswald</strong>, wnrde <strong>der</strong> Nat des Kollscrvators eingeholt. Gegell dell<br />

Abbruch <strong>der</strong> Kirchen in Gecsow, Kr. 3iandow, Nocheuhagen, Kr.<br />

Schlawc lllld Plötzig, Kr. Nummclsburg, war nichts cinzllwcnden.<br />

Von Einzelarbeiteu silld lloch zn nennen die Ausbcsseruug des großen<br />

Valcntiuskelch <strong>der</strong> Schloßkirche in Stetti ll nnd <strong>der</strong> Oblatendose in<br />

Gell endill, Kr. Auklam, beide von H. Brandt, Inhaber <strong>der</strong> Firma<br />

W. Ambach ill Stettin, zu größter Befriedigung vollzogen. Die Ansbesscrnng<br />

nnd Wicdcrherstellnng des großen Epitaphinms <strong>der</strong> Kirche ill<br />

Kremzow, die dem Bildhaner Ehlert-Stettill übertragen ist, konnte noch<br />

nicht abgeschlossen werden; nach Entfernung <strong>der</strong> Tünche cr^ab sich, daß<br />

das großartige Werk aus Ebenholz aufgeballt ist nnd die ill Marmor<br />

gearbeitete Darstcllnng des Jüngsten Gerichts osfmbartc Schönheiten, die<br />

das anch fönst ausgezeichnete Kuustwcrt den vornehmsten seiner Art all die<br />

Seite stellen.<br />

Zur Ausmalung von Kirchen, ganzer und teilweiser, ist das Gilt'<br />

achten des Konservators öfter als ill früheren Jahren eingeholt, !o fnr<br />

Dargitz, Kr. Ückermüude, Eschcnricge. Kr. Ncllstcttiu, Iarlncn, Kr. Deiumin.<br />

Jassen, Kr. Äntow, Iatznick, Kr. Ückermünde, Ratzebnhr, Kr. Nenstettin,<br />

Iiörchcli nlid Nchtdorf, Kr. Greifcnhagen, Gr.-Schöllseld lllld Wartcnbcrg<br />

Kr. Pyritz; versäumt ist die Eiuholuug lei<strong>der</strong> in Sce^Auckow, Kr. Schlawe,<br />

wo sie iu Nilcksicht auf den hohen Dcnkmalwcn des voll den Fisterzienserll<br />

errichteten Gebäudes doppelt geboten war. Es ist immer wie<strong>der</strong> daranf<br />

hinznwcifcn, daß die farbige Vehaudluug des Kircheuiuuern eille schwierige<br />

Allfgabc ist, zn <strong>der</strong> eine grnndliche, ans Studium uud Erfahrullg bcrllhelldc<br />

Vorbildullg gehört.<br />

Hart zll tadeln ist es, daß so vieles schölle Geld für überaus miu<strong>der</strong>wertigc<br />

gemalte Glasfcustcr weggeworfell lvird; mittelmäßige Fabrik-,<br />

ware breitet sich mit unheimlicher Schnelle im ^audc aus, ohuc daß dcr<br />

Kollservator auch nur iu emem Falle nm Nat ersllcht luäre, oblvohl er<br />

stets ill <strong>der</strong> Lage ist, wirklich gntc Werkstätten uachzuweiseu. Auf tciuem<br />

Gebiete gilt es mehr als gerade ans diesem, daß min<strong>der</strong>wertiger Schmnck<br />

nicht znr Hicrdc gereicht, solldcrn veriln^icrelld lvirkt. Anch silld gemalte<br />

Fenster keineswegs immer und für jede Kirche passcud, köuuen sogar auf<br />

scholl uorhaudeue, schätzbarere Ausstattungsstücke recht llachtcilig wirtcu.


- vil<br />

Kirchenheizungen werden nach wie vor eingerichtet, ohne daß <strong>der</strong><br />

lN96 ergangenen Weisung des Königlichen Konsistoriums entsprechend<br />

<strong>der</strong> Konservator vorher Angezogen wird. Es ist daher nicht zu verwun<strong>der</strong>n,<br />

daß namentlich die Ofcuhcizuugcn den Kircheuramu vielfach in <strong>der</strong><br />

slörcndsteu Weise verunstalten und anch das Austere nicht selten verunzieren,<br />

wahrend doch die Erwärmung <strong>der</strong> Kirche auch ohne diese Nachteile zu<br />

erreichen war. Gewöhnlich werden die Pcrbreuuuugsgase durch ein<br />

freiliegendes, meist mehrfach gcwnudenes, eisernes Nohr abgeführt, das<br />

statt direkt nnd möglichst verdeckt in den gemauertcu Schornstein zu<br />

münden, erst unmittelbar unter <strong>der</strong> Decke, o<strong>der</strong> gar mit Durchbrechung<br />

des Gewölbes hinausgeführt wird, bisweilcu wird auch <strong>der</strong> Ofcu bis au dle<br />

Mitte <strong>der</strong> Kirche vorgerückt und weuu cr an die Wand gestellt ist. verabsänmt<br />

die über ihm befindliche Wand durch eiucu Abweiser vor Verschmutzung<br />

durch die aufstcigeuden Ofcngase zn schützen. Beispiele solcher UnterlassmissM<br />

und <strong>der</strong> dadurch hervorgerufenen Mißnäude töuuten auch aus dem Berichtsjahre<br />

in reichlicher Anzahl angeführt werden. Das (Gutachten des Konservators<br />

wurde eingeholt für die Heizung <strong>der</strong> Kirchen in Blaukcusec, Vruscnfclde,<br />

Alt-Grape, Jassen, Krakow, Vowin, Lupow, Hohcu-^iciutelldorf und<br />

Vorbei«; für Zirkow auf Nugcu kouute es erst abgegebeu werden, als die<br />

verfehlte Ciurichtuug langst fertig dastand. Ans den eingereichten Entwürfen<br />

und Anschlägen ließ sich anch diesmal nicht immer ausrcichclld<br />

Klarheit zur Beurteilung <strong>der</strong> Sachlage gewinnen, so daß durch wie<strong>der</strong>holte<br />

Nückfrageu mituuter erheblicher Zeitverlust eutsland. Es wird daher <strong>der</strong><br />

Wunsch wie<strong>der</strong>holt, daß die Anfragen bezüglich <strong>der</strong> Kirchenheiznugeu schou<br />

im Frühjahre au den Konservator gelangen, damit dieser sie iu dem Plaue<br />

für fciue Sommerreiscu, die ihu durch die ganze Provinz führen, beizeiten<br />

berücksichtigen tanu.<br />

Verankerung kirchlicher ZttsNattungsllücke.<br />

Durch dm in <strong>der</strong> Anlage l. abgedruckten Erlas? des Herrn Kultusministers<br />

vom 29. Mai 190V — tt I. I.Nii, N. I. ^., N. lVa — ist<br />

aufs neue mit Nachdruck eingeschärft, daß Kirchengcmeiuden die in<br />

ihrem Besitze befindlichen Gegenstände von geschichtlichem,<br />

wissenschaftlichem o<strong>der</strong> Kunstwerk ohne tirchenaufsichtliche und<br />

staatliche Genehmigung nicht veräußern dürfen. Gleichwohl sind<br />

im Sommer dieses Jahres zwei aus <strong>der</strong> Kirche in Noisiu stammcude<br />

Epitaphien nebst einer Glocke dem Ttettmer Ältertumsmusemn vou eiueul<br />

Händler zum Verkauf augeboten für dcu Preis vou !'>"


- vili —<br />

Für die mittelalterlichen Schuhwerke <strong>der</strong> Marienkirche in Köslin,<br />

die von ihrer ursprünglichen Stelle entfernt, jetzt im Archive <strong>der</strong> Kirche<br />

untergebracht sind, ist ein Kaufangebot gemacht, aber abgelehnt worden; es<br />

befinden sich darunter einige Stücke von beson<strong>der</strong>em Werte nnd da sie,<br />

aus Eichenholz geschnitzt, nur leicht beschädigt sind, können sie sehr wohl<br />

wie<strong>der</strong> als Kircheuschmuck nntzbar gemacht werden.<br />

Für die Kirche in Mcwcgen nnd die Marienkirche inTrcptowa. N.<br />

konnte Umgnß gespruugencr Glocken bewilligt werden, unter <strong>der</strong><br />

Vcdinguug, daß die alte Inschrift nnd Dekoration lieben dem Hinweise<br />

auf den Umguß zur Geltung komme.<br />

IV. Zcnkmalschutz.<br />

Das Gesetz uom 15. Inli 1',)


daß sie geradezu erdrückt wurde und man bereitete dem zur Erkaltung<br />

nötigen Ausbau allerlei, auch banpolizciliche Schwierigkeiten; jevt eudlich<br />

haben die städtischen Behörden sich dazu verstanden, auch Geldmittel bereitgestellt,<br />

daß die Kapelle an einen in dcu Anlagen bclcgcncu Platz verseht<br />

werde, wohin sie wenn möglich in ihrem jetzigen <strong>Bestände</strong> verschoben o<strong>der</strong><br />

dort aus dem alten Material und in <strong>der</strong> alten Form wie<strong>der</strong> aufgehallt<br />

werden soll. Erfreulich ist es, daß die ehemalige Reitbahn <strong>der</strong> Hmarcu iu<br />

Stolp, ein Ban, <strong>der</strong> unverkennbar die Einflüsse Schiukelschcn Geistes<br />

zeigt, vor dem Abbruche dadurch gerettet worden ist, daß die Stadtgemeiude<br />

sie erworben hat, um sie iu ihreer bisherigen Gestalt für ihre eigenen<br />

Zwecke zu verwendeu. Dagegen ist es fraglich, ob es geliugcu wird, daselbst<br />

an<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Militärverwaltung unterstehende Gebäude, wie das ehemalige<br />

Schloß, das Geburtshaus Äogiilaw X. und später Wohnsitz <strong>der</strong> letzte«<br />

Sprossen des pommerschcn Hcrzogshames, zuleht als Zenghcms bemcht,<br />

vor dem Verkaufe zum Abbruche zu schuhen; für das dortige Muhleutov,<br />

das von gleichem Geschicke bedroht war, hat sich eiue günstige Aussicht<br />

eröffnet.<br />

Das dem Fürsten von Pntbus gehörende Schloß Spyler auf<br />

RNgen wird einer dringend nötigen Erueuerung unterzogen; <strong>der</strong> Konservator<br />

hat sich bei <strong>der</strong> fürstlichen Verwaltung dafür verweudet, daß dem<br />

Schlosse seine bisherige äußere Form, namentlich die ruudeu Eckturme<br />

erhalten bleiben; das Schloß ist von dem schwedischen FeldmarschaNe<br />

Wrangel K'»50 erbaut, es beherrscht das paudschaftsbild auf weite Ferneu.<br />

Nicht gelungen ist es, das Stadtbild von Stralsuud, iusou<strong>der</strong>heit<br />

die malerische Außenseite des Iohannisklosters vor Verunstaltung durch die<br />

sie verdeckenden Gebäude <strong>der</strong> nellen Feuerwehranlage zu schützen. Erfolgreicher<br />

war <strong>der</strong> Einspruch gegen die Einrichtung einer Turutmlle in <strong>der</strong><br />

ehemaligen Katharinenkirche des Dominikanerklosters.<br />

Der diesjährige Tag für Denkmalpflege wurde in Danzig abgehalten<br />

am 29. und 30. September. Wie<strong>der</strong> wurde außer durch die<br />

Verhandlungen selbst mannigfache Anregung geboten dllrch die Besichtigungen<br />

<strong>der</strong> großartigen und eigenartigen Vanten uud <strong>der</strong> reichen im öffentlichen,<br />

wie im Privatbesitze befindlichen Kunstschähe; angeschlossen waren Ausflüge<br />

nach Oliva und Marienburg. Die Verhandlungen sind wie früher iu<br />

stenographischem Berichte veröffentlicht. Aus deu Berichte» <strong>der</strong> ersteu<br />

10 Tagungen ist ein die Ergebnisse zusammenfassell<strong>der</strong> Bericht herausgeschält<br />

von dem zeitigen Vorsitzenden des geschäftsfilhreudcu Ausschusses<br />

Geheimrat Dr. von Oechselhäuser; durch diesen Auszug wird bequemere<br />

Onemierung über das reiche Material erreicht, das in deu, zum Teil scholl<br />

vergriffenen, einzelnen Berichten nie<strong>der</strong>gelegt ist.


_<br />

X<br />

5. Vorgeschichtliche Denkmäler.<br />

Die Sammlung <strong>der</strong> vorgeschichtlichen Denkmäler, an denen Pommern<br />

einen über Vermuten reichen Schatz in seinem Erdboden birgt, ist in <strong>der</strong><br />

seit Jahren üblichen Weise fortgeführt dnrch die Mnsecn in Stettin nnd<br />

Stralsnnd. Die Hoffnnng, die durch Äußerungen des jetzigen Generaldirektors<br />

<strong>der</strong> Königlichen Mnsecn angeregt war, es werde die Sammlung<br />

<strong>der</strong> vorgeschichtlichen Fuude fortan recht eigentlich Sache <strong>der</strong> Provinzialmuseen<br />

sein nnd eine Konkurrenz <strong>der</strong> Zentralsammlnng aufhören, hat sich<br />

lei<strong>der</strong> nicht erfüllt. Fnndc von ganz hervorragen<strong>der</strong> Bedeutung gerade<br />

für Pommern, die bei Finkenwnlde gemacht wnrden, mußten nach Berlin<br />

abgegeben werden, wo das Kulturbild ihrer Zeit durch den bisherigen<br />

Bestand überreich vertreten ist, wahrend sie in <strong>der</strong> Stettiner Sammlung<br />

eine klaffende Lücke des provinziellen Kulturbildes anzufüllen geeignet<br />

waren. Sind doch die Provinzen ränmlich gerade umfaugreich geuug, um<br />

einen Anspruch auf Sammlung aller ihrer vorgeschichtlichen Schätze zu<br />

rechtfertigen und an<strong>der</strong>erseits wie<strong>der</strong> eng genug umgrenzt, um eiuc auuähernd<br />

vollstäudige Sammlnng zu ermöglichen.<br />

Einen erheblichen Gewinn hat es <strong>der</strong> Stcttiner Sammlnng gebracht,<br />

daß ihr die beson<strong>der</strong>s an Fnnden <strong>der</strong> Steinzeit reiche Sammlnng des verstorbenen<br />

Sanitätsrats Schumann in Löcknitz von ihrem jetzigen Besitzer,<br />

Landrat von Bril ning in Stettin, als Geschenk überlasseil ist. Sie ist<br />

hauptsächlich aus dem Naudowcr Kreise zusammengebracht.<br />

Zur Untersuchung des „Heiligen Stadtbcrgs", eiucr an <strong>der</strong> O<strong>der</strong><br />

bei Schöningen bclegmen Stätte, wo bald nach <strong>der</strong> ersten Christianisierung<br />

Pommerns eine wendische Stadt von ziemlichem Umfange von Grnnd aus<br />

zerstört ist, wurde von dem Direktor am Völkerknndemnlcnm in Berlin,<br />

Prof. Dr. Schuchardt, im Sommer IMO eine zweitägige Nachgrabung angestellt;<br />

sie ergab wie die früheren Absnchnngen des Geläudes vorgeschichtliche<br />

Neste geringer Zahl. Um die Bcrguug vorgeschichtlicher Fuude des<br />

Regierungsbezirks Köslin hat sich <strong>der</strong> Kaiserliche Postassistcnt Spielbcrg<br />

daselbst schon seit Jahren ein großes Verdienst erworben. Die dauernde<br />

Erhaltung <strong>der</strong> innerhalb des Gntsbezirts Lanckcn bei Saßnitz vorhandeuen<br />

Hünengräber ist zugesichert worden.<br />

Das Gesetz betreffend den Schutz frühgeschichtlicher Denkmäler sowie<br />

<strong>der</strong> Ausgrabuugeu nnd Fuudc von Altertümer« ist in <strong>der</strong> letzten Tagnng<br />

des Landtags nicht znr Verabschiedung gelangt. Gesetzlicher Schutz dieser<br />

Denkmäler, <strong>der</strong> in an<strong>der</strong>n Staaten bereits lange besteht, ist für Preußen<br />

mit jedem Tage dringen<strong>der</strong> geboten.<br />

U. Zenkmalforschung.<br />

Die Invcntariesiernng <strong>der</strong> Van- nnd Knnstdcnkmälcr Pommerns<br />

ist durch dell Konservator nnnnterbrochen foUgesetzt. Vom Inventare des


— XI —<br />

Negiernngsbezirls Stettin ist im ?aufe des Berichtsjahres das 9. Heft,<br />

den Kreis Naugard umfassend, erschienen; für das l0. Heft, das den<br />

Kreis Negenwalde bebandeln soll, tonnte <strong>der</strong> Abschluß <strong>der</strong> Revision des<br />

Mannstripts wegen <strong>der</strong> ungünstigen Wittcrnng des Lommers nicht erreicht<br />

werden, dagegen ist das die Kreise kauenbnrg nnd Nütow nmfasscndc<br />

i>. Heft des Regierungsbezirks KöSlin so weit geför<strong>der</strong>t, daß es nunmehr<br />

unverzüglich in den Druck gehen kann.<br />

Zur Bücherei des Konservators ist als Geschenk eingegangen von<br />

dem Herrn Minister <strong>der</strong> geistlichen vv. Angelegenheiten, Vormann, Kolb<br />

und Porlaen<strong>der</strong>, Wand- uud Deckengemälde Band II, Heft 3. Fortsetzung.<br />

Der Provinzial-Yandtag bewilligte in seiner Sihnng vom 17. März<br />

1910 für Zwecke <strong>der</strong> Denkmalpflege <strong>der</strong> Iakokikirche in Vanellburg zusätzlich<br />

zu einer früheren Beihilfe von M. weitere 2Wl) M.<br />

<strong>der</strong> Älarientirche in Drambnrg 150lX> „<br />

<strong>der</strong> Kapelle in Nonin, Kr. Köslin<br />

<strong>der</strong> Kirche in Altefähr auf Rügen<br />

<strong>der</strong> Kirche in Eventi« :5«s) „<br />

<strong>der</strong> Kirche in Schellin 2


— XII —<br />

Kuuftwert, in Abschrift zugehen. Tin neuerdings in einer an<strong>der</strong>en Provinz<br />

vorgekommener Einzelfall gibt mir Veranlassung, das Königliche Konsistorium<br />

(Landcskousistorium) ans diese Perfügung, <strong>der</strong> ich in allen Puntleu nur<br />

durchaus beistimmen kaun, beson<strong>der</strong>s aufmerksam zu macheu uud dasselbe<br />

zu beanftragen, sie allen Geistlichen uud Kircheugemeiuden Ihres Aussichtskreises<br />

zur Nachachtuug bekannt zu macheu.<br />

(Unterschrist.)<br />

Nu die Königlichen Konsistorien in den ueucu Provinzen einschließlich<br />

des Landeskonsistoriums iu Hannover.<br />

Abschrist des vorstehenden Erlasses nnd seiner Anlage dcchre ich<br />

mich dem Evangelischen Oberkirchenratc mit dem crgebensteu Anheimstellen<br />

zu übersenden, die Königlichen Konsistorien <strong>der</strong> älteren Provinzen wegen<br />

tunlichst weiter Verbreitung <strong>der</strong> iu Rede stehcuden Verfügung mit cnt'<br />

sprechen<strong>der</strong> Anweisung zu versehen und von dem Veranlaßten mir Kenntnis<br />

zu geben.<br />

(Unterschrift.)<br />

An den Evaugelischeu Oberkirchenrat.<br />

Abschrift nebst Anlage nbcrsende ich Euerer Exzellenz zur gefälligen<br />

Kenntnisnahme.<br />

Es erscheint erwünscht, daß die geistlichen Oberen <strong>der</strong> katholischen<br />

Kirche die ihuen unterstellten Pfarrer uud Gemeinden mit Anweisung in<br />

gleichem Sinne versehen. Euere Exzellenz crsnchc ich ergcbenst, hierzu das<br />

Geeignete zu veranlassen.<br />

(Unterschrift.)<br />

An die Herren Oberpräsidenten.<br />

Abschrift nebst Anlage zur gefälligen Kenntnisnahme.<br />

Im Auftrage:<br />

gez. von Chllppuis.<br />

An die Herren Provinzial- (Bezirks-, Landes-) Kouservatoreu.<br />

Zu 0. l. Nr. 1810, 0. I. c. U. lV. 2.<br />

Es ist wie<strong>der</strong>holt bemerkt wordeu, daß Kirchcngemciuden infolge<br />

unzureichenden Bewußtseins von dem künstlerischen o<strong>der</strong> geschichtlichen<br />

Werte in ihrem Besitze befindlicher Gegenstände diese vernachlässigen, beseitigen<br />

o<strong>der</strong> veräußern.<br />

Wir nehmen daher Veranlassung, darauf hinzuweisen, wie eine sorgfältige<br />

Pflege und Erhaltuug nicht nur <strong>der</strong> von den Vorfahren über-


— xm -<br />

«ommenen Baudenkmäler, fon<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> kirchlichen Ausftattungs- und<br />

Schmuckstücke, Bil<strong>der</strong>, Gerste, Glocken, Grabmäler usw. ebenso eine Ehrensache<br />

<strong>der</strong> Kirchengemeinden ist, als es im allgemeinen geschichtlichen und<br />

Knuftintercsse liegt, das, <strong>der</strong>artige Gegenstände unversehrt und dauernd im<br />

Besitze <strong>der</strong> Gemeinden erhalten, Verän<strong>der</strong>ungen und Instandsetzungen <strong>der</strong>selben<br />

aber nur unter zureichen<strong>der</strong> technischer und künstlerischer Anleitung<br />

vorgenommen werden, wie sie seitens des Herrn Provinzial-Konservators<br />

gern gewährt und vermittelt wird.<br />

' Die Verüutzernng von Gegenständen, welche einen geschichtlichen,<br />

wissenschaftlichen o<strong>der</strong> Kunstwert haben, unterliegt <strong>der</strong> lirchenaufsichtlicheu<br />

und <strong>der</strong> staatlichen Genehmigung (tz 1 Nr. 2 Kirchengcsetzcs vom 15. Juli<br />

1892, Kirch«. Gesetz «nd Verordn. Vl. 1N93, S. 9 uud Art. 24 Nr. 2<br />

Gesetz vom 3. Juni 1876 — Gesetzsammlung S. 135) mit <strong>der</strong> Wirkung,<br />

daß Veräußerungen ohne diese Genehmigung nichtig siud, und die Rückfor<strong>der</strong>ung<br />

des veräußerten Gegenstandes wie des dafür Geleisteten gestatten.<br />

Wir warnen insbeson<strong>der</strong>e davor, sich betreffs <strong>der</strong>artiger Gegenstände<br />

mit Händlern in Verhandlungen einzulassen, welche in <strong>der</strong> Ncgel zum<br />

Schaden <strong>der</strong> Kirchengemciuden auszuschlagen psiegen.<br />

Wo ausnahmsweise Sachen von geschichtlichem, wissenschaftlichem<br />

o<strong>der</strong> Kunstwerte au ihrem bisherigen Orte nicht genügend sollten erhallen<br />

o<strong>der</strong> geschützt werden können, ist uus sogleich zu berichten.<br />

Znlage II.<br />

Das Fischerdorf Kamp bei Treptow a. N.<br />

Ein großer Trinmph für die Denkmalpflege wäre es, wenn es ihr<br />

gelange, dem am Ausflusse <strong>der</strong> alten Nega in den Kamper See gelegeneu<br />

Dorfe Kamp sein bis auf unsere Tage erhaltenes ursprüngliches Gepräge<br />

zu bewahren. In seiner Weltabgeschiedeuheit hat das auf keiner Fahrstraße<br />

erreichbare Dorf die altsächsische Bauart in einem Umfange uud einer Vollständigkeit<br />

festgehalten, die auch außerhalb Pommerns selten ist. Es fehlt<br />

zwar nicht ganz an mo<strong>der</strong>nen Eindringlingen, man sieht auf einem kleinen<br />

Anbaue sogar ein Pappdach und auf dem Tpritzenhause ein Ziegeldach und<br />

hier und da schon einen bescheidenen Schornstein, aber das gute Alte «nt<br />

seinen Stroh- uud Rohrdächeru beherrscht das Gesamtbild so voll nnd ganz,<br />

daß das Neue dagegen nicht aufkommt; dazu eine malerische ^age, wie sie<br />

ein Dorf des Flachlandes nicht schöner haben kann. Im westlichen Teile<br />

eine mehr zerstreute ^age <strong>der</strong> Gedimde, im östlichen sämtliche neun Häufer<br />

nebeneiuan<strong>der</strong> mit dem Giebel nach dem Flusse wie Soldaten aufmarschiert<br />

nur durch einen schmalen Zwischenraum von 3 m getrennt, alle in <strong>der</strong><br />

Größe wenig unterschieden, aber doch nicht gleich, dagegen in <strong>der</strong> Anlage


U'<br />

^ - xiv -<br />

übereinstimmend, vereinigen sie das ganze Anwesen nach altsächsischer Art<br />

unter Einem Dache, Menschen, Vich, Vorräte nnd Geräte. Mit Holz<br />

gedielt ist nur <strong>der</strong> kleine Wohnraum, mitunter auch dieser nicht; in dell<br />

? übrigen Nänmen nur Lehmschlag o<strong>der</strong> Steinpflaster aus kleinen rnndlichcu<br />

Findlingen. Seit zwei Jahrhun<strong>der</strong>ten ist in dem Dorfe lcin Brandschaden<br />

entstanden. Die Bewohner fühlen sich in ihren Hänsern nach ihrer Aussage<br />

ganz behaglich, nur wenn nasser Torf gebrannt werden mnß, wird das<br />

Beißen des Nanchcs von älteren Lcnten störend cmpfnuden. Das ganze<br />

Wirtschaftswesen des Hanses ist einfach nnd bequem. Möchte dein Dorfe<br />

seine urväterliche Art danernd erhalten bleiben!


l, V a II r n b ll r st ; Iakodikivchl-, Hochaltar nach dem Umbau.


F g. '^. V a u ^ il b ll ^cZ nach drr


Fig. .!.<br />

Das Slvalsim<strong>der</strong> Tor in Grimmen, Feldseite.


Fig. l. V a d v c il b il s ch.<br />

Fi ss. 5.<br />

B a h renb n s ch.


Fig.


Fig. 5.<br />

Kamp- westlicher Teil des Dorfes.


Fi^. 11. K a ili<br />

Fisi. 12.<br />

K a ni p ' ))ünlchhaus


Hoff; Kirche vor<br />

Fig. il.<br />

H off; Kirchrnvllilie, von


Hoff: Kirchcnrninc, von Südwesten.<br />

!«!. Hoff' -^ivchcnrninc, von V


L<br />

Kon <strong>der</strong> Gesellschaft für Uommersche Oeschichte und Altertums-<br />

Kunde werden herausgegeben:<br />

Anventar <strong>der</strong> Vauöenkmäler Kommerns.<br />

^ Tcil I:<br />

I Die Baudenkmäler des Regierungs-Vezirks Stralsund.<br />

Bearbeitet von O. von Aaselberg.<br />

Erschienen sind: Heft 1: Kreis Franzburg, Heft 3: Kreis Greifs-<br />

I wald, Heft 3: Kreis Grimmen, Heft 4: Kreis Rügen, Heft 5:<br />

^. Stadtkreis Stralsund.<br />

Teil II:<br />

^. Die Bau- und Runstbenkmäler des Aegievungs-<br />

Nezirks Stettin.<br />

Bearbeitet von

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