Die letzten tage Der Menschheit - Schauspiel Stuttgart
Die letzten tage Der Menschheit - Schauspiel Stuttgart
Die letzten tage Der Menschheit - Schauspiel Stuttgart
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Gott strafe England!<br />
*54 *53 *55 *52 *56 *58<br />
Extraausgabe!<br />
inhalt:<br />
<strong>Die</strong><br />
<strong>letzten</strong> Tage<br />
der<br />
<strong>Menschheit</strong><br />
:// Und laSSt der Welt,<br />
die noch nicht weiSS, mich sagen,<br />
Wie alles dies geschah; so sollt ihr hören<br />
Von Taten, fleischlich, blutig, unnatürlich,<br />
Zufälligen Gerichten, blindem Mord;<br />
Von Toden, durch Gewalt und List bewirkt,<br />
Und Planen, die verfehlt, zurückgefallen<br />
Auf der Erfinder Haupt: dies alles kann ich<br />
Mit Wahrheit melden.<br />
Shakespeare, Hamlet<br />
58 <strong>Die</strong> <strong>letzten</strong> Tage der MenschHEIt<br />
von:<br />
Karl Kraus<br />
Nachdruck verboten
Karl Kraus<br />
:// war einer der bedeutendsten österreichischen Schriftsteller<br />
des beginnenden 20. Jahrhunderts, ein Publizist, Satiriker,<br />
Lyriker, Dramatiker sowie Sprach- und Kulturkritiker.<br />
Kraus wurde am 28. April 1874 als Sohn eines wohlhabenden<br />
Papierfabrikanten in Ji in (Böhmen) geboren. 1877 zog die<br />
Familie nach Wien. 1892 begann Kraus ein Studium der<br />
Rechtswissenschaft an der Universität Wien. Seinen Versuchen in<br />
dieser Zeit, in einem Vorstadttheater aufzutreten, war kein<br />
Erfolg beschieden. Bald darauf wechselte er das Fach und studierte<br />
bis 1896 Philosophie und Germanistik, ohne jedoch das<br />
Studium abzuschließen.<br />
Mit der Veröffentlichung der Satire ‚<strong>Die</strong> demolirte Litteratur‘<br />
gelang Karl Kraus der erste große Publikumserfolg als Publizist.<br />
Im Folgejahr wurde er Wiener Korrespondent der Breslauer<br />
Zeitung. 1899 erschien die erste Ausgabe der von ihm gegründeten<br />
Zeitschrift ‚<strong>Die</strong> Fackel‘.<br />
Im selben Jahr trat Kraus aus der jüdischen Glaubensgemeinschaft<br />
aus. 1911 konvertierte er zum Katholizismus, trat jedoch 1923<br />
wieder aus der Kirche aus.<br />
1910 begann Kraus mit seinen legendären Vorlesungen zunächst<br />
aus eigenen Schriften, später auch aus Werken von Wedekind,<br />
Shakespeare, Nestroy, Claudius und Goethe. Zu seinen Zuhörern<br />
gehörte u.a. Elias Canetti.<br />
Nach dem Attentat auf den österreichischen Thronfolger im<br />
Sommer 1914 in Sarajevo erschien ‚<strong>Die</strong> Fackel‘ viele Monate lang<br />
nicht. Erst im Dezember 1914 meldete Kraus sich mit dem Aufsatz<br />
‚In dieser großen Zeit‘ erneut zu Wort. Im Jahr 1915 begann er mit<br />
der Arbeit an dem Theaterstück ‚<strong>Die</strong> <strong>letzten</strong> Tage der <strong>Menschheit</strong>‘,<br />
von dem Teile vorab in der ‚Fackel‘ abgedruckt wurden, das aber<br />
erst 1922 in endgültiger Form publiziert wurde.<br />
Anfang 1936 erschien mit dem Heft Nr. 922 die letzte Ausgabe<br />
der ‚Fackel‘. Nach einem schweren Herzinfarkt starb Kraus am<br />
12. Juni 1936 in seiner Wohnung in Wien.
<strong>Die</strong> <strong>letzten</strong> Tage der <strong>Menschheit</strong><br />
> Karl Kraus <<br />
szenische lesung in drei teilen<br />
fassung von christian holtzhauer,<br />
hans-werner kroesinger und stéphanie samesch<br />
Premiere 08. November 2008, Depot<br />
Dauer der einzelnen Teile ca. 90 Minuten<br />
www.staatstheater-stuttgart.de
schauspielstuttgart<br />
die <strong>letzten</strong> <strong>tage</strong> der menschheit<br />
schauspielstuttgart<br />
die <strong>letzten</strong> <strong>tage</strong> der menschheit<br />
Besetzung<br />
teil 01:<br />
Dorothea Arnold, Boris Burgstaller,<br />
Ernst Konarek, Sebastian Kowski, Katharina Ortmayr,<br />
Claudia Renner, Elmar Roloff, Lisa Wildmann,<br />
Anna Windmüller<br />
teil 02:<br />
Dorothea Arnold, Boris Burgstaller,<br />
Sebastian Kowski, Katharina Ortmayr,<br />
Elmar Roloff, Michael Stiller,<br />
Lisa Wildmann, Minna Wündrich<br />
regie<br />
ausstattung<br />
musik<br />
dramaturgie<br />
dramaturgische mitarbeit<br />
regieassistenz<br />
bühnenbildassistenz<br />
kostümassistenz<br />
inspizienz<br />
ausstattungshospitanz<br />
Hans-Werner Kroesinger<br />
Matthias Koch<br />
Daniel Dorsch<br />
Christian Holtzhauer<br />
Stéphanie Samesch<br />
laura Tetzlaff<br />
Jelena Nagorni<br />
Elena Gaus<br />
Hans Beck<br />
Clara Nothdurft<br />
teil 03:<br />
Dorothea Arnold, Boris Burgstaller,<br />
Susana Fernandes Genebra, Jonas Fürstenau,<br />
Sebastian Kowski, Katharina Ortmayr,<br />
Elmar Roloff, Lisa Wildmann,<br />
Jens Winterstein<br />
Technische Direktion: Karl-Heinz Mittelstädt // Technische Direktion<br />
<strong>Schauspiel</strong>: Andreas Zechner // Technische Einrichtung: Manuel Willi //<br />
Licht: Rainer Hülswitt // Ton: Thomas Tinkl // Video: Robert Seidel //<br />
Requisite: Norbert Eitel // Leitung Dekorationswerkstätten und<br />
Technische Produktionsbetreuung: Bernhard Leykauf // Malsaal: Maik<br />
Sinz // Bildhauerei: Michael Glemser // Dekorationsabteilung: Donald<br />
Pohl // Schreinerei: Frank Schauss // Schlosserei: Patrick Knopke //<br />
Leitung Maske: Heinz Schary // Maske: Bettina Löffler // Kostümdirektion:<br />
Werner Pick // Produktionsleitung Kostüme: Beatrix Lorbeer<br />
// Gewandmeisterinnen: Renate Jeschke (Damen), Anna Volk (Herren) //<br />
Schuhmacherei: Alfred Budenz, Verena Bähr<br />
s: 4 ˚ s: 5 ˚
schauspielstuttgart<br />
die <strong>letzten</strong> <strong>tage</strong> der menschheit<br />
schauspielstuttgart<br />
die <strong>letzten</strong> <strong>tage</strong> der menschheit<br />
»Wer in diesEM KriEG niCHT<br />
reiCH wird, verdiENT niCHT,<br />
iHN zu erlEBEN!«<br />
die <strong>letzten</strong> <strong>tage</strong> der menschheit ist ein Stück, das in der<br />
Geschichte des Theaters seinesgleichen sucht. Entstanden in den<br />
Jahren 1914 bis 1919 als Reaktion auf den Ersten Weltkrieg, breitet<br />
das 1922 erstmals in Buchform veröffentlichte Werk ein<br />
Kaleidoskop des Ersten Weltkriegs aus – angefangen von der<br />
Ermordung des österreichischen Thronfolgers im Juni 1914 bis<br />
zum Waffenstillstand im Herbst 1918.<br />
In 220 Szenen, aufgeteilt auf fünf Akte, ein Vorspiel und einen<br />
Epilog, führt der Autor den Leser an zahlreiche verschiedene Orte<br />
des Kriegsgeschehens – vom Hinterland bis an die Front, vom<br />
Wiener Caféhaus zu einem U-Boot in der Adria, vom Varietétheater<br />
zum Armeeoberkommando und schließlich in die Schützengräben<br />
auf dem Balkan, in Italien oder Frankreich. Eine Handlung im<br />
traditionellen Sinne gibt es nicht, und die wenigen durchgehenden<br />
Figuren, die es gibt, ermöglichen kaum eine Orientierung durch<br />
das ausufernde Stück – sieht man einmal vom ,Nörgler‘, dem alter<br />
ego des Autors, ab. Stattdessen kommen hunderte real existierender<br />
Personen der Zeitgeschichte sowie zu Prototypen vergrößerte<br />
Angehörige der Wiener Gesellschaft in Zitaten zu Wort – und<br />
entlarven sich selbst. Kraus musste nichts erfinden, denn die ungeheuerlichen<br />
Dinge, die er seinen Figuren in den Mund legt, sind<br />
»wirklich gesprochen worden«, wie er im Vorwort zu seinem Stück<br />
betont.<br />
Mit dieser dokumentarischen Herangehensweise, die sich vor<br />
allem der Techniken des Zitats, der Parodie und der Mon<strong>tage</strong><br />
bedient, vermag Kraus nicht nur die Brutalität des Krieges selbst,<br />
sondern auch die Deformation der Sprache im Krieg und die<br />
verheerende Wirkung der Propaganda, mit deren Hilfe Millionen<br />
Menschen unter dem Vorwand eines vermeintlich höheren Zweckes<br />
in den Tod getrieben wurden, deutlich hervortreten zu lassen.<br />
Lediglich im Epilog verlässt Kraus die Haltung des kritischen<br />
s: 6 ˚ s: 7 ˚
schauspielstuttgart<br />
die <strong>letzten</strong> <strong>tage</strong> der menschheit<br />
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die <strong>letzten</strong> <strong>tage</strong> der menschheit<br />
Beobachters, der nur wiedergibt, was andere sagten oder taten: In<br />
phantastischen, in Versmaß geschriebenen Szenen tauchen die<br />
wichtigsten Figuren des Stücks noch einmal auf. Da sich die<br />
<strong>Menschheit</strong> als unfähig beziehungsweise unwillig erweist, aus<br />
dem soeben zu Ende gegangenen Krieg Lehren zu ziehen und<br />
künftig auf weitere Kriege zu verzichten, wird die Erde in einem<br />
Meteoritenregen vernichtet. Das Ende der <strong>Menschheit</strong>, das der<br />
Titel des Stücks bereits ankündigt, ist damit besiegelt.<br />
der nörgler: <strong>Die</strong> Welt geht unter, und man wird es nicht wissen.<br />
Alles was gestern war, wird man vergessen haben; was heute ist,<br />
nicht sehen; was morgen kommt, nicht fürchten. Man wird vergessen<br />
haben, daß man den Krieg verloren, vergessen haben, daß man<br />
ihn begonnen, vergessen, daß man ihn geführt hat. Darum wird er<br />
nicht aufhören.<br />
Einer szenischen Umsetzung des Werks hat Kraus zu seinen<br />
Lebzeiten nie zugestimmt – wohl wissend, dass jeder Versuch, das<br />
Grauen in Bilder zu fassen, zum Scheitern verurteilt sein würde.<br />
Allerdings hat er selbst äußerst erfolgreich daraus vorgelesen, und<br />
auch nach seinem Tod waren wohl die Aufführungen die eindrücklichsten,<br />
die sich auf eine Lesung des Textes konzentrierten.<br />
Dass das Stück heute, 90 Jahre nach dem Ende des Ersten<br />
Weltkriegs, den der Historiker Wolfgang Mommsen als die<br />
»Urkatastrophe Deutschlands« bezeichnet hat, von seiner Aktualität<br />
nichts eingebüßt hat, ist vor allem der Weitsicht seines Verfassers<br />
zuzuschreiben. Wie kaum ein anderer erkannte und benannte<br />
Kraus jenen verhängnisvollen Zusammenhang von Militär, Technik<br />
und Ökonomie, der nicht nur zum Ersten Weltkrieg, dessen<br />
Grausamkeit das menschliche Vorstellungsvermögen bei Weitem<br />
überstieg, sondern nur wenige Jahre später zu einem weiteren<br />
Weltkrieg führen sollte. Karl Kraus’ Befürchtung, dass eine ausschließlich<br />
aufs Geschäft versessene Gesellschaft nicht davor<br />
zurückschrecken würde, jederzeit wieder Absatzmärkte in Schutt<br />
und Asche zu legen, damit daraus neue entstehen können, ist<br />
durch die Geschichte bis heute nicht widerlegt worden.<br />
christian holtzhauer<br />
>> In Ergänzung zu diesem Programmheft haben wir eine Materialsammlung zusammengestellt,<br />
die Sie vor der Vorstellung im depot erhalten oder von unserer Homepage unter<br />
der Adresse www.staatstheater-stuttgart.de/schauspiel als PDF-Datei herunterladen können.<br />
s: 8 ˚ s: 9 ˚
schauspielstuttgart<br />
die <strong>letzten</strong> <strong>tage</strong> der menschheit<br />
schauspielstuttgart<br />
die <strong>letzten</strong> <strong>tage</strong> der menschheit<br />
Teil 01<br />
s: 10 ˚<br />
Vorwort<br />
Vorspiel: ¨(01.) Wien. Ringstraßenkorso. Sirk-Ecke<br />
¨(02.) Im Café Pucher ¨(03.) Kanzleizimmer im<br />
Obersthofmeisteramt ¨(10.) Südbahnhof<br />
Akt I: ¨(01.) Wien. Ringstraßenkorso. Sirk-Ecke<br />
¨(02.) Südtirol. Vor einer Brücke ¨(04.) <strong>Der</strong> Optimist und<br />
der Nörgler im Gespräch ¨(05.) Am Ballhausplatz<br />
¨(06.) Vor einem Friseurladen in der Habsburgergasse<br />
¨(07.) Kohlmarkt. Vor der Drehtür am Eingang zum Café Pucher<br />
¨(08.) Eine Straße in der Vorstadt ¨(09.) In einer<br />
Volksschule ¨(11.) <strong>Der</strong> Patriot und der Abonnent<br />
¨(12.) Es treten auf ein Riese in Zivil und ein Zwerg in<br />
Uniform ¨(14.) In der Wohnung der <strong>Schauspiel</strong>erin<br />
Elfriede Ritter ¨(16.) Standort des Hauptquartiers. Vier<br />
Heerführer treten auf ¨(19.) Kriegsfürsorgeamt<br />
¨(20.) Bukowinaer Front ¨(21.) Ein Schlachtfeld<br />
¨(24.) Zimmer des Generalstabschefs ¨(26.) Südwestfront<br />
¨(29.) <strong>Der</strong> Optimist und der Nörgler<br />
im Gespräch ¨(30.) Nachts am Graben<br />
Jetz is Krieg und da<br />
gibt’s keine Würschteln!<br />
1914<br />
:// Einem »Marstheater« sei das Stück zugedacht, schreibt Karl Kraus im<br />
Vorwort zu <strong>Die</strong> <strong>letzten</strong> Tage der <strong>Menschheit</strong> – »Theatergänger dieser<br />
Welt vermöchten ihm nicht standzuhalten.« Man soll gewarnt sein, dass<br />
alles, was man erfahren wird, wirklich geschehen ist. »Das Dokument ist<br />
Figur, Berichte erstehen als Gestalten, die unwahrscheinlichsten<br />
Gespräche sind wörtlich gesprochen worden; die grellsten Erfindungen<br />
sind Zitate.«<br />
Das Vorspiel setzt mit der Nachricht der Zeitungsausrufer von der<br />
Ermordung des österreichischen Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand<br />
und seiner Frau am 28. Juni 1914 in Sarajevo ein. Dass dieses Attentat<br />
den Ersten Weltkrieg auslösen wird, davon ahnt die Welt zu diesem<br />
Zeitpunkt noch nichts. In Wien, wo die Hofgesellschaft sich vor allem<br />
selbst feiert, ist man froh, den reformsüchtigen und friedenstüchtigen<br />
Thronfolger los zu sein, und richtet ihm lediglich ein »Begräbnis dritter<br />
Klasse« aus.<br />
Mit den Zeitungsausrufern an der Sirk-Ecke, einem populären<br />
Treffpunkt in der Wiener Innenstadt, beginnt auch der erste Akt. <strong>Der</strong><br />
Krieg ist ausgebrochen, nachdem Serbien ein inakzeptables Ultimatum<br />
Österreich-Ungarns abgelehnt hat. Überall sind patriotische Schlachtrufe<br />
zu hören. Man fühlt sich dem Feind militärisch und moralisch überlegen<br />
und rechnet fest damit, dass der Krieg nur wenige Wochen dauern wird.<br />
Angehörige der ‚besseren Gesellschaft‘ sorgen dafür, dass sie selbst nur<br />
ja nicht zum Kriegsdienst einberufen werden, während die Kriegsberichterstattung<br />
vom Soldatenleben als »freigewordenem Menschentum«<br />
schwärmt und den »einfachen Mann« feiert, der an der Front sein Leben<br />
riskiert. Als Gegenpol zur Kriegseuphorie erlebt die Figur des Nörglers,<br />
mit der sich Kraus in seinem Stück selbst verewigt hat, hier ihren ersten<br />
Auftritt: Auf die Frage, ob er nicht bemerke, dass nun endlich »eine neue,<br />
eine große Zeit angebrochen« sei, antwortet er: »Ich habe sie noch<br />
gekannt, wie sie so klein war, und sie wird es wieder werden.«<br />
s: 11 ˚<br />
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Serbien<br />
muSS sterbien!
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die <strong>letzten</strong> <strong>tage</strong> der menschheit<br />
schauspielstuttgart<br />
die <strong>letzten</strong> <strong>tage</strong> der menschheit<br />
Teil 02<br />
Akt II: ¨(01.) Wien. Ringstraßenkorso. Sirk-Ecke<br />
¨(02.) <strong>Der</strong> Optimist und der Nörgler im Gespräch<br />
¨(04.) Standort des Hauptquartiers ¨(07.) Bei der Batterie<br />
¨(10.) <strong>Der</strong> Optimist und der Nörgler im Gespräch<br />
¨(13.) Florianigasse ¨(28.) Hauptquartier. Kinotheater<br />
¨(29.) <strong>Der</strong> Optimist und der Nörgler im Gespräch<br />
¨(30.) Irgendwo an der Adria ¨(31.) In einem Unterseeboot,<br />
das soeben emporgetaucht ist ¨(32.) Eine unter das<br />
Kriegsdienstleistungsgesetz gestellte Fabrik<br />
¨(33.) Zimmer im Hause des Hofrats Schwarz-Gelber<br />
Akt III: ¨(01.) Wien. Ringstraßenkorso. Sirk-Ecke<br />
¨(03.) Isonzo-Front ¨(04.) In Jena<br />
¨(06.) In der Viktualienhandlung des Vinzenz Chramosta<br />
¨(10.) Ein chemisches Laboratorium in Berlin<br />
¨(11.) Vereinssitzung des Cherusker in Krems<br />
¨(15.) Eine protestantische Kirche<br />
¨(16.) Eine andere protestantische Kirche ¨(17.) Eine andere<br />
protestantische Kirche ¨(23.) Hauptquartier<br />
¨(25.) Vor dem Kriegsministerium<br />
¨(26.) Ringstraße ¨(28.) Landesverteidigungsministerium<br />
¨(31.) Briefzensur bei einem deutschen Frontabschnitt<br />
1915 – 1917<br />
¨(34.) Berlin. Tiergarten ¨(36.) Wiener Vortragssaal<br />
¨(38.) In einem Coupé ¨(40.) Das deutsche Bad Groß-Salze<br />
¨(43.) Kriegsministerium. Ein Zimmer an der<br />
Ringstraßenfront ¨(44.) Kastelruth ¨(45.) Ein Wiener<br />
Nachtlokal<br />
[Akt IV]: ¨(01.) Wien. Ringstraßenkorso. Sirk-Ecke<br />
¨(07.) Ärzteversammlung in Berlin ¨(08.) Weimar.<br />
Frauenklinik ¨(9.) Bei einer deutschen Reserve-Division<br />
¨(10.) Isonzofront. Bei einem Brigadekommando<br />
¨(11.) Divisionskommando ¨(15.) <strong>Der</strong> Optimist und der<br />
Nörgler im Gespräch ¨(18.) Wohnung der Familie<br />
Durchhalter ¨(22.) In der guten Stube bei Wahnschaffes<br />
¨(26.) Semmering. Auf dem Hochweg ¨(27.) Berliner<br />
Tiergarten ¨(29.) <strong>Der</strong> Optimist und der Nörgler im<br />
Gespräch ¨(30.) Standgericht<br />
¨(32.) Kragujevac. Militärgericht ¨(36.) <strong>Der</strong> Optimist und<br />
der Nörgler im Gespräch ¨(38.) Winter in den Karpathen<br />
¨(39.) Ebenda im Unterstand Hillers<br />
¨(41.) Ein Militärspital ¨(42.) <strong>Der</strong> Optimist und der Nörgler<br />
im Gespräch ¨(43.) Kriegspressequartier<br />
Statt Kaviar auf Butterbrot, gibt’s nix<br />
als einen Heldentod.<br />
Bis dahin heiSSt es durchhalten!<br />
s: 12 ˚<br />
Lekmimoasch!<br />
s: 13 ˚
Teil 02: 1915 – 1917<br />
schauspielstuttgart<br />
die <strong>letzten</strong> <strong>tage</strong> der menschheit<br />
:// Spielte der erste Akt noch fast ausschließlich im Hinterland,<br />
gewinnen die Geschehnisse an der Front im zweiten Akt zunehmend an<br />
Bedeutung. Es ist 1915, der Krieg dauert bereits länger, als zunächst<br />
erwartet, erste Auswirkungen des Kriegs machen sich im alltäglichen<br />
Leben Wiens bemerkbar. <strong>Die</strong> Lebensmittelpreise steigen – und damit die<br />
Gewinne der Wucherer und Schieber. Für die Generäle und die Offiziere<br />
ist der Krieg nach wie vor ein großes Abenteuer, bei dem es vor allem<br />
darauf ankommt, gut auszusehen. Und die Wiener Gesellschaft hat eine<br />
neue und prestigeträchtige Freizeitbeschäftigung für sich entdeckt:<br />
die Gründung von Wohltätigkeitsorganisationen, die sich der ersten<br />
heimkehrenden Kriegsversehrten annehmen.<br />
<strong>Der</strong> dritte Akt, dessen Szenen sich anhand der zitierten Zeitungsmeldungen<br />
auf das Jahr 1916 datieren lassen, wendet sich dem wichtigsten<br />
Verbündeten Österreich-Ungarns zu, dem deutschen Kaiserreich.<br />
Deutsche Wissenschaftler, Literaten, Geistliche kommen zu Wort und<br />
heizen die zu erlahmen drohende Begeisterung für den Krieg an:<br />
»Mehr Stahl ins Blut« fordert etwa ein protestantischer Pfarrer.<br />
Im dritten Kriegsjahr, also 1917, lassen sich die Folgen des Krieges<br />
nicht mehr leugnen. Bettler und Invaliden tauchen in den Szenen des<br />
vierten Aktes auf, zunehmend ist von den eigenen Toten die Rede. Ohne<br />
Rücksicht auf Verluste jagt jedoch der Generalstab die Soldaten in<br />
immer aussichtslosere Schlachten. Wer aufbegehrt oder gar zu desertieren<br />
versucht, wird standrechtlich erschossen. Doch selbst die blutigste<br />
Schlacht ist noch ein guter Stoff für einen Kinofilm oder gibt Anlass<br />
für eine besonders mitreißende Kriegsrepor<strong>tage</strong>.<br />
schauspielstuttgart<br />
die <strong>letzten</strong> <strong>tage</strong> der menschheit<br />
<strong>Die</strong> heimkehrenden Krieger werden<br />
in das Hinterland einbrechen und dort<br />
Krieg selbst ihr<br />
zugemutet hat.<br />
den Krieg erst beginnen.<br />
Sie werden die Erfolge, die ihnen<br />
versagt waren, an sich reißen und<br />
der Lebensinhalt des Kriegs,<br />
den Mord, Plünderung und<br />
Schändung bilden, wird ein<br />
Kinderspiel<br />
sein gegen den Frieden, der<br />
nun ausbrechen wird.<br />
Vor der Offensive, die dann<br />
bevorsteht, bewahre uns der<br />
Schlachtengott!<br />
Eine furchtbare Aktivität, aus<br />
Schützengräben befreit, durch kein<br />
Kommando mehr geleitet,<br />
wird in allen Lebenslagen nach der Waffe<br />
und nach dem Genuß greifen,<br />
und es wird mehr Tod und Krankheit<br />
in die Welt kommen, als der<br />
Jede tapfere Zeile zündet wie eine<br />
pünktlich krepierende Granate.<br />
s: 14 ˚<br />
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s: 15 ˚<br />
Mir bleibt doch<br />
nichts erspart.
schauspielstuttgart<br />
die <strong>letzten</strong> <strong>tage</strong> der menschheit<br />
schauspielstuttgart<br />
die <strong>letzten</strong> <strong>tage</strong> der menschheit<br />
Teil 03<br />
Akt V: ¨(01.) Abend. Sirk-Ecke. September 1918<br />
¨(02.) <strong>Der</strong> Optimist und der Nörgler im Gespräch<br />
¨(05.) Bei Udine ¨(06.) Etappe Fourmies<br />
¨(07.) Zirkus Busch ¨(14.) Schlachtfeld bei Saarburg<br />
¨(16.) Kriegspressequartier in Rodaun<br />
¨(18.) <strong>Der</strong> Optimist und der Nörgler im Gespräch<br />
¨(21.) Kriegsministerium ¨(23.) In einer Volksschule<br />
¨(24.) Im Landesverband für Fremdenverkehr<br />
¨(25.) Ringstraßencafé ¨(33.) <strong>Der</strong> Optimist und der Nörgler<br />
im Gespräch ¨(34.) Im Dorfe Postabitz<br />
¨(44.) <strong>Der</strong> Nörgler und der Optimist im Gespräch<br />
¨(47.) Separatcoupé erster Klasse ¨(48.) 3000 Meter hoch<br />
¨(49.) <strong>Der</strong> Optimist und der Nörgler im Gespräch<br />
¨(50.) Schweizer Hochbahn ¨(53.) Eine menschenleere Gasse<br />
¨(54.) <strong>Der</strong> Nörgler am Schreibtisch<br />
¨(55.) Liebesmahl bei einem Korpskommando<br />
Epilog:<br />
<strong>Die</strong> letzte Nacht<br />
1918<br />
:// Mit der Nachricht vom Austritt Bulgariens aus dem Krieg im<br />
September 1918 beginnt der fünfte Akt. Er endet mit dem Waffenstillstand<br />
vom November 1918. <strong>Der</strong> Krieg ist vorüber. Er mag verloren sein,<br />
doch schon werden Pläne für den nächsten Waffengang vorbereitet. Als<br />
ob nie etwas gewesen wäre, haben die Geschäftemacher sich bereits neuen<br />
Absatzgebieten zugewandt, und die Offiziere schaffen noch schnell die<br />
Kriegsbeute beiseite. <strong>Die</strong> einfachen Soldaten, die den Krieg überlebt<br />
haben, kehren in eine Heimat zurück, in der niemand auf sie gewartet hat<br />
und niemand wissen möchte, was ihnen wirklich widerfahren ist.<br />
Während des ‚Liebesmahls bei einem Korpskommando‘, der <strong>letzten</strong><br />
Szene des Stücks, liegen sich deutsche und österreichische Offiziere<br />
weinselig in den Armen. Feiernd und singend lässt man noch einmal den<br />
glorreichen Krieg Revue passieren, während draußen der Geschützdonner<br />
zuerst immer näher kommt, dann aber schließlich verstummt. Als<br />
die Festgesellschaft schließlich volltrunken in den Schlaf sinkt, zieht<br />
über den schlafenden Gestalten das andere Gesicht des Krieges vorüber<br />
– Elend, Leid, Verzweiflung und Tod.<br />
In einer künstlerisch stark geformten Sprache, die sich deutlich von<br />
den vorherigen Szenen abhebt, lässt Kraus im Epilog die wichtigsten<br />
Figuren des Stücks noch einmal auftreten: Generäle, Wissenschaftler,<br />
Kriegsberichterstatter, einen sterbenden Soldaten, aber auch den ‚Chor<br />
der Hyänen‘, ein Sinnbild für die vom Krieg profitierenden Unternehmer.<br />
Da sich die <strong>Menschheit</strong> als nicht lernfähig erweist, beschließen die<br />
Bewohner des Mars’ die Erde zu beschießen und den gesamten Planeten<br />
zu zerstören. <strong>Der</strong> letzte Satz des Stücks ist der ‚Stimme Gottes‘ vorbehalten:<br />
»Ich habe es nicht gewollt« – jener berüchtigte, dem deutschen<br />
Kaiser Wilhelm II. zugeschriebene Ausspruch, mit dem dieser sich von<br />
seiner Mitschuld am Krieg freizusprechen suchte.<br />
Mehr Stahl ins Blut!<br />
s: 16 ˚<br />
s: 17 ˚<br />
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In der Heimat, in der Heimat,<br />
da gibt’s ein Wiedersehn.
Kriege wird<br />
es immer geben.<br />
Nun heiSSt es durchhalten<br />
und je länger je lieber.<br />
Jeder Russ<br />
An SchuSS!<br />
Jeder Franzos<br />
– an Stoss!<br />
Jeder Britt<br />
An Tritt!<br />
impressum<br />
textnachweis<br />
Karl Kraus, <strong>Die</strong> <strong>letzten</strong> Tage der <strong>Menschheit</strong>,<br />
Frankfurt/Main 1986.<br />
<strong>Die</strong> Beiträge auf den Seiten 6 – 9<br />
sowie 11, 14 und 17 sind Originalbeiträge<br />
für dieses Programmheft.<br />
herausgeber<br />
<strong>Schauspiel</strong> <strong>Stuttgart</strong> / Staatstheater <strong>Stuttgart</strong><br />
intendant<br />
Hasko Weber<br />
redaktion<br />
Christian Holtzhauer, Stéphanie Samesch<br />
gestaltung<br />
Strichpunkt, <strong>Stuttgart</strong> / www.strichpunkt-design.de<br />
druck<br />
Engelhardt und Bauer<br />
s: 18 ˚