Colloquia Germanica Stetinensia Nr 19

ZESZYTY NAUKOWE UNIWERSYTETU SZCZECIŃSKIEGO
NR 617 COLLOQUIA GERMANICA STETINENSIA NR 19 2011
DOROTA SOŚNICKA
Uniwersytet Szczeciński
DER SCHWEIZER LITERATURNOBELPREISTRÄGER
CARL SPITTELER
– EIN EPIGONE ODER BAHNBRECHER
DER MODERNEN ERZÄHLKUNST
IN DER DEUTSCHSCHWEIZER LITERATUR?
Spricht man von der Deutschschweizer Literatur des ausgehenden 19. und
beginnenden 20. Jahrhunderts, so werden insbesondere drei Namen von hervorragenden
Schriftstellern genannt: Jeremias Gotthelf (1797–1854), Gottfried Keller
(1819–1890) und Conrad Ferdinand Meyer (1825–1898). Andere Autoren der
Schweiz, die in dieser Zeit publizierten, gerieten in Vergessenheit, unter ihnen
auch Carl Spitteler (1845–1924), der erste und bisher einzige Schweizer Autor,
der mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde. 1 In der deutschsprachigen
Literaturgeschichte wurde Spitteler als ein Einzelgänger und ein der Wirklichkeit
entrückter Olympier abgestempelt, so dass sein Werk in Deutschland
nur auf wenig Resonanz gestoßen ist. Indessen lohnt es sich sicherlich, diesen
Schriftsteller der Vergessenheit zu entreißen und die Mythen und Vorurteile, die
um sein Werk entstanden sind, abzubauen, um so mehr, als er – von der griechischen
Mythologie sowie von Arthur Schopenhauer inspiriert – nicht nur den
Versuch unternommen hatte, die große epische Form wiederzubeleben, sondern
1
Den literarischen Nobelpreis für das Jahr 1946 erhielt als Vertreter der Schweiz auch der
in Deutschland geborene Hermann Hesse (1877–1962), für den die Schweiz 1919 zu seiner Wahlheimat
wurde und der 1923 zum zweiten Mal die Schweizer Staatsbürgerschaft erhielt, nachdem
er sie 1890 als staatlicher Schüler in Göppingen abgeben musste.