Colloquia Germanica Stetinensia Nr 19
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Rezensionen und Berichte 241<br />
ischen Union nicht mehr als ein ehrgeiziges und schwer erreichbares Ziel der<br />
einzelnen, begabten Lernenden sondern als eine anspruchsvolle, dennoch notwendige<br />
Aufgabe, die vor jedem effizienten Schulsystem steht, betrachtet, was<br />
den Ausdruck in der rapide wachsenden Anzahl der bilingualen Bildungsgänge<br />
in zahlreichen europäischen Schulen findet.<br />
Die Zweisprachigkeit gehört mit ihren Vorteilen und Nachteilen zu den heftig<br />
umstrittenen Themen. Jahrelang wurde sie eher als ein Handicap und nicht als<br />
ein Vorteil angesehen. Immer noch gibt es Pädagogen, Logopäden sowie Psychologen,<br />
die den Eltern davon abraten, ihre Kinder einem derart intensiven Kontakt<br />
mit der Zweitsprache auszusetzen. Es wird befürchtet, dass frühkindlicher<br />
Bilingualismus das Kind überfordert, seine kognitive Entwicklung verzögern<br />
könnte und sich negativ auf die Herausbildung kultureller Identität auswirkt.<br />
Man verweist des Weiteren darauf, dass der Bilingualismus nicht nur positiv<br />
(additiv) sondern auch negativ (subtraktiv) den endgültigen Stand kindlicher<br />
Sprachkenntnisse (in der Mutter- und Zweitsprache) beeinflussen kann, es kommt<br />
vor, dass die mehreren Sprachen ausgesetzten Kinder in keiner von ihnen eine<br />
volle Kompetenz erwerben. Man lässt dabei dennoch aus den Augen, dass diese<br />
Defizite vor allem auf bestimmte, ungünstige soziale Umstände zurückzuführen<br />
sind, in denen sich viele Immigranten zurecht finden müssen, während die Mehrsprachigkeit<br />
ein Bündel von facettenreichen sozialen Interaktionen, persönlichkeitsbezogenen<br />
Charakteristika der Spracherwerbenden, Alter, Erwerbkontexten<br />
und anderen Rahmenbedingungen darstellt.<br />
Aus diesem Grunde ist das Erscheinen des ersten, umfangreichen 2 , * dieser<br />
Problematik gewidmeten Werkes auf dem polnischen Büchermarkt zu begrüßen.<br />
Die von Prof. Kurcz herausgegebene, 488 Seiten umfassende und interdisziplinär<br />
angelegte Auswahl der Texte, die unter dem Titel Psychologiczne aspekty<br />
dwujęzyczności [Psychologische Aspekte der Zweisprachigkeit] 2007 veröffentlicht<br />
wurde, bietet einen Überblick über die wichtigsten Richtungen, die bei der<br />
Erforschung des Bilingualismus eingeschlagen worden sind. Da die psycholinguistische<br />
Untersuchung der Zweisprachigkeit weltweit eine relativ kurze Tradition<br />
hat und in überwiegend monolingualem Polen bisher sich keiner nennenswerten<br />
Popularität unter Wissenschaftlern erfreute, stützt sich die Herausgeberin auf<br />
Beiträge von englisch, deutsch und französisch sprechenden Autoren.<br />
*2<br />
Eine kurze Einführung in glottodidaktische Grundbegriffe sowie die Problematik des Bilingualismus<br />
bietet Ewa Lipińska in Język ojczysty, język obcy, język drugi. Wstęp do badań<br />
dwujęzyczności. Kraków: Wydawnictwo Uniwersytetu Jagiellońskiego, 2003.