Colloquia Germanica Stetinensia Nr 19
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Rezensionen und Berichte 225<br />
Winfried Ulrich (Kiel) stellt in seinem Text Syntax oder Lexikon? Was steht<br />
im Zentrum von Sprachtheorie, Sprachbeschreibung und Sprachdidaktik? die<br />
grundlegende Frage, ob es nicht besser sei, die Semantik und den Wortschatz ins<br />
Zentrum der Sprachbeschreibung und der Sprachdidaktik zu stellen. Der Verfasser<br />
vertritt die Auffassung, dass man zuerst den Wortschatz lernen solle, um<br />
die Sprache zu beherrschen. Es wird auch dargestellt, wie aus kognitiver Sicht<br />
neue Wörter erworben werden und es wird die Wichtigkeit der Wortschatzarbeit<br />
während des Unterrichts betont. Der Verfasser vertritt dieselbe Auffassung wie<br />
der Engländer Michael Lewis und meint, dass die Sprache nicht „lexikalisierte<br />
Grammatik“, sondern „grammatikalisierte Lexik“ sei.<br />
Das Ziel des Beitrags Die Verhaltensweisen des Parsers anhand der Evidenz<br />
zur Verarbeitung der syntaktisch ambigen Relativsätze im Englischen,<br />
Spanischen, Deutschen und Polnischen von Jolanta Mazurkiewicz-Sokołowska<br />
(Szczecin) ist es, die Verarbeitung von Sätzen aus generativer Perspektive darzustellen.<br />
Den Untersuchungsgegenstand bilden hier die Strategien des Parsers<br />
(des Satzverstehensmechanismus), die man bei der Verarbeitung von syntaktisch<br />
zweideutigen Relativsätzen anwendet. Die Autorin stellt die Ergebnisse<br />
der im Englischen und Spanischen durchgeführten Tests zur Verarbeitung von<br />
ambigen Relativsätzen bezüglich der Wahl der NP1 und NP2 dar, aus denen<br />
man schlussfolgern kann, dass man im Englischen häufiger NP2, also die tiefere<br />
Verknüpfung, und im Spanischen NP1, also die höhere Verknüpfung, wählt. Sie<br />
weist anhand der analysierten Daten überzeugend nach, dass die späten Zweisprachigen<br />
entweder die Strategien der L1 oder der L2 aktivieren und diese<br />
Wahl von der aktuellen sprachlichen Umgebung und/oder dem aktuellen Grad<br />
der Sprachdominanz abhängig ist. Die frühen Bilingualen aktivieren dagegen<br />
sowohl die Strategien der einen als auch der anderen Sprache. Es werden auch<br />
einige Beispiele im Deutschen und Polnischen angeführt, die mit dem Verhalten<br />
des Parsers zusammenhängen. Die Autorin verweist darauf, dass man die<br />
Mehrdeutigkeit von Relativsätzen erreichen kann, wenn der Einfluss der Flexion<br />
ausgeschlossen wird. Der Einfluss der Flexion wird neutralisiert, wenn man in<br />
den Sätzen Feminina gebraucht (z. B. die Freundin/ der Studentin/ die auf dem<br />
Balkon steht; przyjaciółka/ dziewczyny/ która stoi na balkonie). Der Autorin<br />
gelingt es, alle Untersuchungsergebnisse und Schlussfolgerungen auf eine übersichtliche<br />
Art und Weise zu gruppieren und darzustellen.