Colloquia Germanica Stetinensia Nr 19

200
Roman Opiłowski
an denen ein Werbeexemplar erkennbar ist und die es erzeugen lassen. Die Positionierung
dieser Elemente vermittelt die visuelle Grundstruktur eines Textes,
steuert das Lesen und Anschauen, so dass Teilinformationen eines Textes in einer
von der Textstruktur vorgeschriebenen Weise wahrgenommen und verarbeitet
werden. Für kommerzielle Kommunikation ist dies von gravierender Bedeutung,
weil dann ein gewisser Vorspann, Rätsel oder anfängliche Inkohärenz aufgebaut
werden können. Der Empfänger wird dann aktiv zum selbstständigen Entschlüsseln
der Textbotschaft angeregt.
Die bildliche Ausgestaltung der sprachlichen Textstruktur äußert sich wohl
am deutlichsten in den sog. Cluster-Texten. 2 Ein gutes Beispiel dafür liefern
Programmzeitschriften, die eine merkmalreiche Textstruktur haben und das
Aufnehmen von Einzelinformationen steuern, wie z. B. in einer Programmübersicht,
die einzelne Programme, Uhrzeit und Titel einer Sendung, bisweilen deren
kurze Beschreibung, besonders sehenswerte Sendungen mit Bildausschnitt
und weiteren Verweisen auf Kommentare, zügige Kritiken und Interviews mit
Schauspielern in der selben Zeitschrift bietet. Eine komplexere Entwicklung der
gedruckten Cluster-Texte wird besonders deutlich im Internet mit seinen vielen
Kommunikationsformen. Der Aufbruch elektronischer Medien zum Hypertext
offenbart die Bedeutsamkeit der Textstruktur in ihrer Vermittlung und Speicherung
von Informationen und überzieht darüber hinaus die hypertextuelle Struktur
eigentlich ins Infinite. Die produktive und rezeptive Effektivität und zugleich
die formbezogene Vielfalt der Textstruktur werden in einzelnen digitalen Textsorten
wie E-Mail, Blog, Chat und natürlich in einer Homepage deutlich.
1.2. Formale Bildhaftigkeit
Wörter, Sätze und Texte bieten ihre sprachlich vermittelte Bildhaftigkeit
in Reimen, Wortspielen und in onomatopoetischen Ausdrücken. 3 Die Bildhaftig-
2
Zur Bedeutung und Funktion von Clustern in der Textgestaltung vgl. z. B. HACKL-RÖSSLER
(2006: 24).
3
Anders als Bildhaftigkeit, die vornehmlich mentale Bilder und Vorstellungen hervorruft,
verwende ich den Terminus Bildlichkeit, die in materiellen Abbildern der umgebenden Welt
(Fotos, Gemälde, Illustrationen, Skizzen etc.) zum Ausdruck kommt. Zu den unterschiedlichen
Interpretationen und Abhängigkeiten der Bildhaftigkeit, Bildlichkeit, Ikonizität und Anschaulichkeit
vgl. den Beitrag von FIX (2002: 12 ff.) und Aufsätze im Sammelband FIX/WELLMANN
2000.