Colloquia Germanica Stetinensia Nr 19
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Ewa Hendryk<br />
Anlaufstelle der literarisch Engagierten, die zur Entstehung einer neuen – virtuellen<br />
– Literaturszene und literarischer Aktivitäten beiträgt.<br />
Dieses Phänomen ist Untersuchungsgegenstand des vorliegenden Beitrags,<br />
in dem an exemplarisch ausgewählten onlineverfügbaren Volltextarchiven, Literaturportalen<br />
und -zeitschriften verschiedene Formen der Präsenz klassischer<br />
deutschsprachiger Literatur sowie der Ansätze literaturwissenschaftlicher Diskussion<br />
im Internet dargestellt werden. Zu ergründen ist das Zusammenspiel von<br />
Internet und traditioneller Literatur, u. a. die Folgen der Übertragung herkömmlicher<br />
Veröffentlichungen vom gedruckten Medium zum Rechner.<br />
Im Internet, dem Raum voller Gefahren und Nachteile, die sicher nicht totgeschwiegen<br />
werden dürfen, kann man für die literarische Überlieferung viele<br />
Vorteile wahrnehmen, deren wichtigster darin besteht, dass es dem Leser jederzeitigen<br />
Zugang zur Literatur gewährleistet, und das ohne jeden Aufwand an Zeit<br />
und Kosten. In Windeseile kann man eine Masse von Volltexten, Informationen<br />
zu bestimmten Autoren und Werken, zu Buchbesprechungen und Literaturkritik<br />
durchsuchen lassen. Viele Werke der Weltliteratur sind nur einen Mausklick<br />
entfernt. Diese Möglichkeiten bleiben für das Literaturinteresse und die literarischen<br />
Aktivitäten der Informationsgesellschaft, sei es Lesen oder Schreiben,<br />
nicht ohne Bedeutung.<br />
Unter den vielen literarischen Unternehmen, die sich mit der Langzeitarchivierung<br />
digitaler Daten in frei zugänglicher Form beschäftigen, ragt das Projekt<br />
Gutenberg-DE 3 heraus. Als Sinnbild für die modernste Literaturveröffentlichung<br />
trägt es paradoxerweise den Namen des deutschen Erfinders Johannes Gutenberg,<br />
der die europäische Druckkunst entwickelte. Der Widerspruch scheint vor<br />
allem darin zu bestehen, dass ein solches Unternehmen zum Popularitätsrückgang<br />
der gedruckten Bücher beitragen kann und dass die elektronischen Publikationen<br />
in Konkurrenz mit tradierten Vermittlungsformen von Literatur treten.<br />
Andererseits aber finden sich viele enthusiastische Stimmen, die im Zeitalter des<br />
Internets bestimmte Analogien zur Gutenbergzeit entdecken, wie z. B. größere<br />
Publikationsmöglichkeiten, Informations- und Wissensvermittlung, erleichterten<br />
Zugang zu Literatur. 4 Hinsichtlich dieser Vorteile ist der Name ‘Gutenberg’ für<br />
das Projekt völlig berechtigt.<br />
3<br />
Verfügbar über: http://gutenberg.spiegel.de/ (Zugriff am 29.04.2010).<br />
4<br />
Vgl. Ewa Hendryk: Auf dem Weg zu einem kreativen Umgang mit dem Internet. Einleitung.<br />
In: Ewa Hendryk, Jan Watrak (Hgg.): Internet als neue literarische Ausdrucksform. Koszalin<br />
2001, S. 9–<strong>19</strong>, hier S. 12.