Die hohe Kunst der Dachdecker - Dachbaumagazin
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Thema des Monats<br />
Kulturbauten<br />
▴▴Kompliziert: Falzarbeiten an <strong>der</strong> Turmhaube<br />
▴▴Im Detail: die Grate an <strong>der</strong> Turmhaube<br />
▴▴Gelötet: Einfassung <strong>der</strong> Runddachfenster<br />
Statik und Logistik<br />
<strong>Die</strong> beengten Platzverhältnisse in <strong>der</strong> Bonner<br />
Innenstadt in Kombination mit einer<br />
Sanierung bei laufendem Uni-Betrieb stellten<br />
eine große logistische Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
dar. Der Westturm grenzt zudem unmittelbar<br />
an den Bonner City-Ring – zwischen<br />
Turm und Fahrbahn sind lediglich 50 cm<br />
Abstand. Der Westturm ist nur von <strong>der</strong><br />
Straßenseite zugänglich, da die übrigen Sei-<br />
<strong>Die</strong> Laterne des Westturms<br />
ten des Turms durch weitere Gebäudeflügel<br />
mit geringeren Firsthöhen in das Schlosskarree<br />
integriert sind. In einem angrenzenden<br />
Innenhof konnten die Gerüstbauer<br />
jedoch einen Treppenturm und einen Bauaufzug<br />
platzieren, die beide mit frei spannenden<br />
Verbindungsstegen an das Baugerüst<br />
angeschlossen wurden. Somit war die<br />
Hofzufahrt frei und auch <strong>der</strong> Rettungsweg<br />
für Hörsäle und Büros gewährleistet.<br />
Aus statischen Gründen durften auf den<br />
Dachflächen <strong>der</strong> angrenzenden Gebäude<br />
keine Lasten abgesetzt werden. Deshalb<br />
musste das Gerüst frei tragen und durfte<br />
nur am Turmgebäude befestigt werden. <strong>Die</strong><br />
Gerüststatik machte zusätzliche lastverteilende<br />
Konstruktionen und Verankerungen<br />
an <strong>der</strong> Stahlbetonplattform <strong>der</strong> Turmlaterne<br />
erfor<strong>der</strong>lich. Dadurch war es nötig, den<br />
Bauablauf zwischen den einzelnen Gewerken<br />
neu abzustimmen. <strong>Die</strong> Arbeiten an <strong>der</strong><br />
Turmlaterne und dem Turmdach erfolgten<br />
dabei in verschiedenen Etappen.<br />
Holzbauarbeiten<br />
Zunächst erledigten die Handwerker die<br />
umfangreichen Abbrucharbeiten: An<br />
Turmdach und -laterne wurden die alten<br />
Schiefer- und Bleideckungen samt Schalung<br />
komplett entfernt. Zudem mussten<br />
die <strong>Dachdecker</strong> auch Teile des Dachstuhls,<br />
die morsche Sichtschalung und die Holzgesimse<br />
<strong>der</strong> Turmlaterne ersetzen. Gelän<strong>der</strong><br />
und Bekrönung <strong>der</strong> Turmlaterne wurden<br />
ebenfalls demontiert und in <strong>der</strong> Werkstatt<br />
saniert.<br />
Bleiarbeiten in luftiger Höhe<br />
<strong>Die</strong> Bleiarbeiten erledigten die Handwerker<br />
in mehreren Etappen, wobei sie zunächst<br />
die Turmhaube neu bekleideten: <strong>Die</strong> Haube<br />
hat einen achteckigen Grundriss und ihre<br />
Dachfläche ist dreidimensional gekrümmt.<br />
Entsprechend anspruchsvoll war die handwerkliche<br />
Ausführung: <strong>Die</strong> in <strong>der</strong> Werkstatt<br />
vorgekanteten Bleischare mussten zunächst<br />
an den Schalungsrücken angepasst werden,<br />
bevor sie mit Kupferhaften befestigt werden<br />
konnten. <strong>Die</strong> Verbindungen <strong>der</strong> Schare haben<br />
die Klempner wie in <strong>der</strong> ursprünglichen<br />
Deckung als Hohlwulste ausgeführt.<br />
<strong>Die</strong> Materialdicken richteten sich nach<br />
den Verarbeitungsregeln: Aufgrund des<br />
<strong>hohe</strong>n Windsogs in 50 m Höhe wurde an<br />
den Rän<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Turmhaube 3 bis 3,5 mm<br />
dickes Blei eingesetzt. In <strong>der</strong> Flächenmitte<br />
kam – wie an allen an<strong>der</strong>en Flächen des<br />
Turms – 2,5 mm dickes Blei zum Einsatz.<br />
<strong>Die</strong> Ausführung <strong>der</strong> Grate mit 3 mm dickem<br />
Blei war für die Handwerker beson<strong>der</strong>s<br />
knifflig: „Wir mussten mehr Kraft als<br />
sonst aufbringen, um das dickere Material<br />
zu bearbeiten“, erklärt Vorarbeiter Udo<br />
Schmidt. Mit <strong>der</strong> richtigen Schlag- und Falztechnik<br />
gelang es den Klempnern aber, die<br />
bis zu drei ineinan<strong>der</strong>laufenden Hohlwulste<br />
formschön zu verfalzen. Bauleiter Weiler<br />
ist vom Ergebnis begeistert: „<strong>Die</strong> Falze<br />
laufen gleichmäßig und mit dem typischen<br />
handwerklichen Schlag an <strong>der</strong> Turmlaterne<br />
herunter.“ Am Traufabschluss wurden<br />
die Bleischare in ein gekantetes verzinntes<br />
Edelstahlprofil mit Tropfkante eingehängt.<br />
28 dachbau magazin 10 | 2012