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G Galen - der Landesbibliothek Oldenburg

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220 <strong>Galen</strong><br />

„Neuem Staat". Nach seiner Ernennung<br />

durch den Papst am 5. 9. 1933 leistete G.<br />

am 19. Oktober gegenüber dem Preußischen<br />

Ministerpräsidenten und Reichsstatthalter<br />

für Preußen Hermann Göring<br />

als erster deutscher Bischof nach Abschluß<br />

des Reichskonkordats den Treueid. Die Eidesleistung<br />

in die Hand des Reichspräsidenten<br />

Paul von Hindenburg wäre G. lieber<br />

gewesen, da er ihn persönlich verehrte.<br />

Am 28. Oktober fanden Konsekration<br />

und Inthronisation des 70. Bischofs<br />

von Münster statt. Die Theologische Fakultät<br />

Münster verlieh ihm am selben Tage<br />

die Würde eines Dr. theol. h.c., die Theologische<br />

Fakultät Innsbruck am 3. 5. 1937.<br />

Gemäß <strong>der</strong> Devise „Nec laudibus - Nec timore"<br />

(Unbeirrt durch Menschenlob und<br />

Furcht) entwickelte sich <strong>der</strong> als national<br />

eingestufte Bischof rasch zum exponierten<br />

Gegner des Nationalsozialismus, eine -<br />

beinahe zwangsläufige - Folge des durch<br />

Herkunft, Familie, pastorale Tätigkeit und,<br />

vor allem, ungebrochenen Glaubens- und<br />

Staatsverständnisses geprägten Mannes.<br />

Seine öffentlichen Proteste gegen Staatsund<br />

Parteivergötzung, Totalität, Rechtsbrüche<br />

und brutale Verbrechen waren kein<br />

Wi<strong>der</strong>stand im populären Sinne. Ihre Wirksamkeit<br />

lag in <strong>der</strong> schonungslosen Brandmarkung<br />

und Infragestellung einer menschenverachtenden<br />

Ideologie. Letztlich bewirkten<br />

G.s Predigten eine Solidarisierung<br />

des Kirchenvolkes, durchaus auch im ökumenischen<br />

Sinne. Gegen den arischen<br />

Rassendünkel mit seinen verhängnisvollen<br />

Konsequenzen sowie gegen die verwaschene<br />

Mythologie von „Blut und Boden"<br />

und Deutschtümelei als gefährliche Irrlehren<br />

wandte sich G. in mehreren Predigten<br />

Ostern 1934, Ostern 1935, Februar 1936 in<br />

Xanten und November 1937 in Vreden.<br />

Der erbitterte Kampf um die Lehranstalten,<br />

von <strong>der</strong> Volksschule bis zur Universität,<br />

zog sich bis zum Kriegsanfang wie ein<br />

roter Faden durch G.s Amtstätigkeit, markiert<br />

durch die Ereignisse im sog. Kreuzkampf<br />

vom November 1936 in <strong>Oldenburg</strong><br />

und die Schulabstimmung im Februar<br />

1939. Die Haltung des Bischofs blieb kompromißlos,<br />

war aber von keinem Erfolg gekrönt,<br />

da seine Gegner ihre Ziele mit Hilfe<br />

des staatlichen Machtapparates durchzusetzen<br />

vermochten. G. hatte maßgeblichen<br />

Anteil an <strong>der</strong> Entstehung und Verbreitung<br />

<strong>der</strong> Enzyklika „Mit brennen<strong>der</strong> Sorge"<br />

Pius XI. vom 14. 3. 1937, insbeson<strong>der</strong>e<br />

durch die mutige Publizierung im „Kirchlichen<br />

Amtsblatt" in Zusammenarbeit mit<br />

dessen Verleger Dr. Bernhard Lucas, bevor<br />

Gestapo und Parteistellen Gegenmaßnahmen<br />

ergreifen konnten.<br />

Die Äußerungen G.s zum Kriegsgeschehen<br />

klingen auffallend nationalistisch bzw.<br />

archaisch (Rundschreiben an den Klerus,<br />

September 1939; sog. Antibolschewismushirtenbrief,<br />

September 1941; Predigt in<br />

Telgte, Juli 1943). Mit <strong>der</strong> Predigttrilogie<br />

vom 13. und 20. Juli sowie vom 3. August<br />

1941 gegen Gestapo, Enteignung von Ordensbesitz<br />

und Durchführung <strong>der</strong> „Euthanasie"<br />

trat G., nach seinen eigenen Worten,<br />

die Flucht in die Öffentlichkeit an. In<br />

ihrer Wucht und klaren Aussage übertrafen<br />

seine Äußerungen alle bisherigen Predigten<br />

und Hirtenbriefe des deutschen<br />

Episkopats. Sie „bildeten einen öffentlichen<br />

Aufschrei des Gewissens und damit<br />

die im totalitären Staat schärfstmögliche<br />

Form von Wi<strong>der</strong>spruch" (Rudolf Morsey).<br />

Im Oktober 1944 verlagerte G. infolge des<br />

Bombenkrieges seinen Amtssitz nach Sendenhorst,<br />

wo er bis Dezember 1945 blieb.<br />

Der englischen Besatzung brachte G.<br />

keine Sympathie entgegen. Seine Äußerungen<br />

zeigen vielmehr eine mehr o<strong>der</strong><br />

weniger unreflektierte Gleichsetzung <strong>der</strong><br />

Siegermacht mit <strong>der</strong> Hitlerregierung. Der<br />

einsetzenden Demokratisierung des<br />

öffentlichen Lebens stand er ablehnend<br />

gegenüber. In <strong>der</strong> Telgter Predigt vom 3. 7.<br />

1945 geißelte er unter dem Motto „Opus<br />

justitiae pax“ die Zustände <strong>der</strong> Nachkriegsmonate<br />

mit ungewöhnlicher Schärfe<br />

und lehnte entschieden eine deutsche Kollektivschuld<br />

ab. Im Juni 1945 entwarf er<br />

Programmpunkte „für eine politische Partei"<br />

und ein „Politisches Programm", getragen<br />

von freiheitlicher Ordnung und sozialer<br />

Gerechtigkeit.<br />

Am 23. 12. 1945 gab <strong>der</strong> Vatikanische<br />

Rundfunk die Ernennung von 32 neuen<br />

Kardinälen durch Pius XII. bekannt, darunter<br />

drei Deutschen, nämlich Frings,<br />

Preysing und G. Es war das erste Mal in<br />

<strong>der</strong> 1100jährigen Geschichte des Bistums<br />

Münster, daß ein Bischof mit <strong>der</strong> Kardinalswürde<br />

ausgezeichnet wurde. Die Berufung<br />

ins Kardinalskollegium wertete<br />

man allgemein als Bestätigung seines engagierten<br />

Auftretens gegen nationalsozialistisches<br />

Unrecht und seines mutigen Eintretens<br />

für das deutsche Volk nach Kriegsende.<br />

Während des Romaufenthaltes Mitte

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