G Galen - der Landesbibliothek Oldenburg
G Galen - der Landesbibliothek Oldenburg
G Galen - der Landesbibliothek Oldenburg
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
232 Gerdes<br />
in den Namen <strong>der</strong> Widukind-Sippe vor<br />
(Waltbert, Wicbert).<br />
Da Gerbert 784 als Vertrauter Liudgers erscheint,<br />
wird er schon Jahre zuvor, in <strong>der</strong><br />
Frühphase <strong>der</strong> Sachsenkriege Karls des<br />
Großen, Christ geworden sein. Denkbar<br />
ist, daß ihn erst die im Lerigau - <strong>der</strong> möglichen<br />
Heimat auch Widukinds - anscheinend<br />
beson<strong>der</strong>s heftige heidnische Reaktion<br />
von 782 aus dem Land und in den Umkreis<br />
Liudgers getrieben hat. Als Angehöriger<br />
<strong>der</strong> Widukind-Sippe würde er mit seinem<br />
Christentum bezeugen, daß die Verwandtschaftskreise<br />
des sächsischen Adels<br />
keineswegs immer einheitlich - sei es nun<br />
heidnisch o<strong>der</strong>, häufiger, christlich - auf<br />
die Christianisierungspolitik Karls des<br />
Großen reagiert haben. Gerbert reagierte<br />
in einer radikal christlichen, die Existenz<br />
verän<strong>der</strong>nden Weise: er wurde Geistlicher.<br />
Seine „neue" Existenz äußerte sich in seinem<br />
- ihm wohl in <strong>der</strong> Sphäre Liudgers gegebenen<br />
- Beinamen: Castus, <strong>der</strong> Reine,<br />
Fromme.<br />
Offensichtlich wollte er die Erfahrungen,<br />
die er in Liudgers Klerikergemeinschaft<br />
o<strong>der</strong> im Kloster Werden machen konnte,<br />
für die Region seiner Herkunft und ihre<br />
Christianisierung nutzen. Entsprechend<br />
baute er die - von ihm gegründete? - Kirche<br />
in Visbek, wohl erst seit Anfang des<br />
9. Jahrhun<strong>der</strong>ts, zu einer „abbatia" aus.<br />
Allerdings waren <strong>der</strong>en Entwicklungsmöglichkeiten<br />
von vornherein begrenzt und offenbar<br />
auch an seine Person gebunden.<br />
Wann Gerbert/Castus gestorben ist, wissen<br />
wir nicht; Visbek aber war auch Mitte<br />
des 9. Jahrhun<strong>der</strong>ts nicht über die Dimensionen<br />
eines recht kleinen Klosters, einer<br />
„cellula", hinausgediehen. Ludwig <strong>der</strong><br />
Deutsche übertrug sie 855 in das Eigentum<br />
des damals zwischen Weser und Ems<br />
übermächtig konkurrierenden Klosters<br />
Corvey.<br />
L:<br />
Pastor Dr. Niemann, Der Abt Castus. Die Einführung<br />
des Christentums im Lerigau, in: OJb,<br />
4, 1895, S. 37-43; Wilhelm Hanisch, Visbek.<br />
Quellenanalysen zu den Anfängen des Christentums<br />
im <strong>Oldenburg</strong>er Münsterland, in:<br />
JbOM, 1970, S. 69-87; Reinhard Wenskus,<br />
Sächsischer Stammesadel und fränkischer<br />
Reichsadel, Göttingen 1976; Heinrich Schmidt,<br />
Visbek, in: Germania Benedictina, VI: Norddeutschland,<br />
St. Ottilien 1979, S. 485-487;<br />
Wolfgang Seegrün, Die Anfänge des Bistums<br />
Osnabrück im Lichte neuerer Forschungen, in:<br />
Osnabrücker Mitteilungen, 85, 1979, S. 25-48.<br />
Heinrich Schmidt<br />
Gerdes, Johann Wilhelm, Arbeiter und<br />
Landtagsabgeordneter, * 14. 4. 1896 Großbornhorst<br />
bei <strong>Oldenburg</strong>, f 5. 3. 1933<br />
<strong>Oldenburg</strong>.<br />
Der Sohn des Arbeiters Diedrich Gerdes<br />
und dessen Frau Catharine Gesine geb.<br />
Lindlage war zunächst als Telegraphenarbeiter<br />
bei <strong>der</strong> Post beschäftigt. Eine bessere<br />
Zukunft suchend, wan<strong>der</strong>te G. im<br />
Januar 1923 nach Brasilien aus. Wegen<br />
einer Malariaerkrankung seiner Ehefrau<br />
Bertha geb. Bruse (1896-1930) kehrte er im<br />
November 1927 zurück und erwarb in dem<br />
damals zur selbständigen Gemeinde Ohmstede<br />
gehörenden Ofenerdiek eine Kleinsiedlerstelle.<br />
1928 trat er in die KPD ein,<br />
um sich fortan als Parteiredner, als Mitherausgeber<br />
<strong>der</strong> Gemeindezeitung „Der Rote<br />
Sen<strong>der</strong> von Ohmstede" und seit 1930 als<br />
einziges kommunistisches Mitglied im<br />
achtzehnköpfigen Ohmste<strong>der</strong> Gemein<strong>der</strong>at<br />
ganz <strong>der</strong> Parteiarbeit zu verschreiben,<br />
die sich in jener Zeit beson<strong>der</strong>s auf die von<br />
<strong>der</strong> Agrarkrise bedrohte Bauernschaft konzentrierte.<br />
1931 nach Etzhorn umgezogen,<br />
rückte er am 12. 10. 1932 für den Abgeordneten<br />
Karl Wastl (1889-1963) in den Landtag<br />
nach, in dessen letzten, oft tumultuarischen<br />
Sitzungen G. wenig Gelegenheit bekam,<br />
ein eigenständiges Profil zu entwikkeln,<br />
zumal er dabei nie den Rahmen seines<br />
dogmatischen marxistisch-leninistischen<br />
Gedankengebäudes verließ. Nachdem<br />
Ministerpräsident -►Carl Rover (1889-<br />
1942) im Februar 1933 für die Sicherung<br />
des Erfolges <strong>der</strong> NSDAP bei den Reichstagswahlen<br />
am 5. März den „Einsatz aller<br />
Machtmittel des Staates" angedroht hatte,<br />
lockten am frühen Morgen des 3. März<br />
mehrere SA-Männer G. unter einem Vor-