Reise - und Laufbericht von Roman Köhler über die ... - Berglaufpur.de
Reise - und Laufbericht von Roman Köhler über die ... - Berglaufpur.de
Reise - und Laufbericht von Roman Köhler über die ... - Berglaufpur.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
- <strong>Reise</strong>bericht & Urlaubstipp für Bergfans mit Familienanhang -<br />
Alpinsport.pl / <strong>Berglaufpur</strong>.<strong>de</strong> - Europameisterschaft Extrem<br />
2010<br />
Zakopane/Polen<br />
Um es vorweg zu nehmen, das war endlich mal wie<strong>de</strong>r eine würdige Veranstaltung <strong>die</strong><br />
wirklich <strong>de</strong>n Namen BERG-Lauf ver<strong>die</strong>nt, schwer, selektiv <strong>und</strong> ein absolutes optisches<br />
Highlight. Derartiges Terrain fin<strong>de</strong>t man in Deutschland kaum, vergleichbar höchstens mit<br />
<strong>de</strong>m Hochfelln im oberen Bereich o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Kampenwand-Staffel-Lauf im 2.Abschnitt, kein<br />
Asphalt, keine gekiesten Spazierwege, Natur pur … Berglauf pur!<br />
Aber schön <strong>de</strong>r Reihe nach. Um uns ein Bild <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Lauftrecke machen zu können <strong>und</strong> noch<br />
einen Trainingslauf zu absolvieren beschlossen wir, bereits am Mittwoch in aller Frühe <strong>de</strong>n<br />
Weg nach Polen anzutreten. Wenn schon so weit fahren, dann sollte es ein kleiner<br />
mehrtägiger Urlaubsausflug wer<strong>de</strong>n. Die Verkehrsanbindung in Richtung Hohe Tatra ist ja<br />
<strong>von</strong> München aus perfekt, 700km reine Autobahn via Salzburg, Wien, Bratislava bis nach<br />
Zilina, dann noch 100km gut ausgebaute Landstraße <strong>und</strong> das Ziel war erreicht.<br />
Der Grenz<strong>über</strong>tritt nach Polen für mich persönlich eine riesen Überraschung, schlagartig<br />
verän<strong>de</strong>rte sich alles in sehr sauber <strong>und</strong> gepflegt … schöne Häuser, schöne Gärten, wirklich<br />
ein Urlaubsgebiet auf höchstem Niveau. Die Hotelreservierung erledigten wir <strong>über</strong><br />
www.staypoland.com für 12 EUR pro Person was mich etwas skeptisch wer<strong>de</strong>n ließ<br />
bezüglich <strong>de</strong>r Qualität unserer Behausung aber weit gefehlt das war absolut oberstes Level,<br />
ein kleines Familien-Hotel www.sichlanski.pl im Nobelvorort Murzasichle, 18 Zimmer, ein<br />
relativ neuer Bau, hochwertiges Interieur, ein Frühstück wie ich es nur <strong>von</strong> besten Hotels<br />
kenne, Aben<strong>de</strong>ssen erst eine riesige Suppenterrine (4 große Teller pro Person) mal mit<br />
frischen Waldpilzen, mal Gemüse etc. danach Fleischgerichte in unterschiedlichsten<br />
Variationen mit Rahmpfifferlingen o<strong>de</strong>r Rahmsteinpilzen, nichts aus <strong>de</strong>r Dose alles frisch,<br />
inklusive eines Getränks, abschließend ein leckeres Dessert. Und das alles für magere 5 EUR.<br />
Die Küche ist Großmutter´s Revier. Lei<strong>de</strong>r wollte man uns <strong>die</strong> „Babka“ partout nicht mit nach<br />
Deutschland nehmen lassen. ☺<br />
Zakopane ein absoluter Geheimtipp, beson<strong>de</strong>rs für Berg- o<strong>de</strong>r Ski-Enthusiasten mit<br />
Familienanhang.<br />
Nach unserer Ankunft sofort Umziehen <strong>und</strong> ab zum Berg, <strong>de</strong>r Trainingslauf war angesagt.<br />
Lei<strong>de</strong>r nieselte es. An <strong>de</strong>r Seilbahn angekommen mussten wir erstmal feststellen, dass Parken<br />
hier absolut unmöglich ist, entwe<strong>de</strong>r 1km weiter unten im Ort parken <strong>und</strong> sich einfach ins<br />
Parkverbot zwischen <strong>de</strong>n Autos <strong>de</strong>r Angestellten reinmogeln. Wir wählten <strong>die</strong>, wie sich später<br />
herausstellen sollte, dümmere Variante „Parkverbot“.<br />
So dann mal los, „Der Berg ruft.“ Und gleich ein kleiner „Schock“, es beginnt mit einer 10%-<br />
Steigung-Kopfsteinpflasterstraße, aber wirklich kopfgroße Findlinge, da ist genaues Timing<br />
gefragt, dann in <strong>de</strong>n Wald <strong>über</strong> tausen<strong>de</strong> kleine Felsbrocken <strong>und</strong> es wur<strong>de</strong> steiler. Mein<br />
„Hoffen“ auf leichteres Terrain wur<strong>de</strong> nicht belohnt, bis ins Ziel Steine, Steine, Steine <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />
Dinger wur<strong>de</strong>n sogar noch größer teilweise bis hin zu 50cm Stufen bei 30% Steigung. Aber<br />
egal, genau so bevorzuge ich das, da kann man seine 58kg Lebendgewicht bestens ausspielen<br />
… gehen verboten, das ist eine Frage <strong>de</strong>r Ehre, springen wie eine Gams… das wird wohl nix<br />
am Samstag mit einem gemütlichen Berglauf á la BLV … *heul*
Etliche Schulklassen kamen mir entgegen, <strong>die</strong> Kids schauten ganz ungläubig, dass jemand so<br />
blöd sein kann <strong>und</strong> hier hoch rennt.<br />
Irgendwann musste ich dann entsetzt feststellen, dass ich mich auf <strong>de</strong>r falschen Strecke<br />
bewegte, 500m vor <strong>de</strong>m Gipfel plötzlich nur noch Ketten <strong>und</strong> es nahm Bergsteigerniveau an.<br />
So ein Mist … ich im kurzen Höschen <strong>und</strong> ärmellosem Trikot, Nebel, es nieselte, Wind <strong>und</strong><br />
wur<strong>de</strong> saukalt. Am Gipfelkreuz <strong>die</strong> nassen Sachen herunter <strong>und</strong> aus <strong>de</strong>r Bauchtasche <strong>die</strong><br />
frische Unterwäsche, Socken, lange Hose, Windjacke, Handschuhe gezaubert … was für ein<br />
schönes Gefühl.<br />
Beim Abstieg noch einen heißen Gratis-Tee an einer Hütte, man hatte mich schon beim<br />
Hochlaufen beobachtet, sehr nette, unkomplizierte Leute dort in Polen.<br />
Unten am Auto angekommen <strong>die</strong> böse Überraschung … eine fette gelbe Kralle am Vor<strong>de</strong>rrad<br />
mit <strong>de</strong>r netten Bitte doch mal <strong>die</strong> Polizei anzurufen. ☹ Nach 15min waren <strong>die</strong> Jungs dann da,<br />
kleine Belehrung <strong>von</strong> Naturschutzpark <strong>und</strong> so … „Ahaaa sie laufen also am Samstag beim<br />
schwersten Berglauf Polens mit soso …?“ Führerschein <strong>und</strong> Fahrzeugpapiere … ein kurzes<br />
Gespräch <strong>de</strong>r Beamten im Streifenwagen … dann <strong>die</strong> Überraschung: „ Deutschland gegen<br />
Australien … suuuper Fußball … <strong>und</strong> unsere polnischen Jungs Podolski <strong>und</strong> Klose …<br />
HEUTE KEIN STRAFE!!!“ ☺ Man sollte mal unsere Herren Beamten zur Schulung nach<br />
Polen schicken, da können <strong>die</strong> noch was lernen in Punkto „Die Polizei Dein Fre<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />
Helfer“.<br />
Dann erklärte mir noch ein nettes Mä<strong>de</strong>l <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Berglauf-Organisation, dass ich <strong>de</strong>n grünen<br />
Weg hätte laufen müssen zum Kasprowy http://<strong>de</strong>.wikipedia.org/wiki/Kasprowy_Wierch <strong>und</strong><br />
nicht <strong>de</strong>n blauen zum Giewont http://<strong>de</strong>.wikipedia.org/wiki/Giewont Mit <strong>de</strong>m lustigen<br />
Hinweis, dann müsse ich wohl morgen noch mal einen Trainingslauf machen … *heul*<br />
Mein Trainings- <strong>und</strong> Wettkampfpartner Peter Deuß (73 Jahre) tru<strong>de</strong>lte nun auch ein, er hatte<br />
anscheinend noch eine an<strong>de</strong>re Route gewählt. Man sollte sich wohl vorher etwas besser<br />
informieren … *grins*<br />
Im Hotel angekommen <strong>die</strong> tolle Überraschung mit <strong>de</strong>m fantastischen Aben<strong>de</strong>ssen, es wur<strong>de</strong><br />
extra noch mal für uns gekocht, eigentlich war schon Küchenschluss.<br />
Fußball schauen <strong>und</strong> ausgepowert ab ins Bett.<br />
Am nächsten Morgen Kaiserwetter <strong>und</strong> <strong>die</strong> Frage: Was tun? Zwei Tage vor <strong>de</strong>m Wettkampf<br />
noch mal Laufen o<strong>de</strong>r besser spazieren gehen? Peter entschied sich weise für einen ganz<br />
lockeren Lauf mit Gehpausen <strong>und</strong> ich konnte es wie<strong>de</strong>r mal nicht lassen, wenn es bergauf<br />
geht kann ich nicht an<strong>de</strong>rs, ich MUSS einfach laufen, anscheinend so eine Art Lauf-Gen in<br />
mir, ich kann auch gr<strong>und</strong>sätzlich auf keiner Treppe gehen.<br />
Dieses mal brav im Ort geparkt <strong>und</strong> eine etwas lästige Eigenart <strong>von</strong> Zakopane, <strong>über</strong>all stehen<br />
Parkwächter herum <strong>und</strong> kassieren ihre 50cent pro St<strong>und</strong>e ab.<br />
Und wie<strong>de</strong>r das gleiche Spielchen … erst Kopfsteinpflaster, dann Steine, Steine, Steine, dann<br />
Felsbrocken <strong>und</strong> nach oben hin wur<strong>de</strong> es immer steiler. Vorbei an genervten Lehrer mit<br />
bocken<strong>de</strong>n auf Steinen sitzen<strong>de</strong>n Schülern, jungen Paarchen <strong>und</strong> suuuper schönen Mä<strong>de</strong>ls<br />
(muss ja auch mal erwähnt wer<strong>de</strong>n, weil´s <strong>de</strong>r Motivation sehr zuträglich war ☺ ) <strong>und</strong> wie<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r letzte Kilometer mit sicher 30% Steigung. 7,5km echtes Berglaufen, jetzt weiß ich warum<br />
<strong>die</strong> Polen, Slowaken <strong>und</strong> Tschechen so gute Bergläufer haben … ein<strong>de</strong>utig ein riesen<br />
Trainingsvorteil, dagegen kommt mir mein Hochfelln direkt wie ein Spaziergang vor, <strong>die</strong>se<br />
Woche bin ich dort fast schon á la Redbull hochgeflogen so leicht erschien mir <strong>de</strong>r plötzlich.<br />
Hohe Tatra, das wäre ein i<strong>de</strong>ales Traininglager für <strong>de</strong>n DLV-Ka<strong>de</strong>r um vielleicht irgendwann<br />
international doch mal wie<strong>de</strong>r was zu reißen.<br />
Die Bergstation <strong>de</strong>r Seilbahn hypermo<strong>de</strong>rn, mit einem kleinen schmucken Restaurant <strong>und</strong><br />
Toiletten, sauber wie im Hotel, Fliesen <strong>und</strong> Armaturen direkt luxuriös <strong>und</strong> das alles auf<br />
2000m! Die Talfahrt für angenehme 5 EUR.
Den Freitag nutzten wir zum Relaxen, Stadt ansehen <strong>und</strong> wir hatten eine Menge Spaß mit <strong>de</strong>r<br />
super netten Familie <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Angestellten unseres Hotels. Und <strong>die</strong> alte „Babka“ Erdbeeren<br />
naschen, Kaffee <strong>und</strong> Kuchen <strong>und</strong> eine lustige Konversation mit Hän<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Füßen. Die drei<br />
Töchter <strong>de</strong>s Hauses 8, 8 <strong>und</strong> 14 Jahre alt waren schwer begeistert <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Onkels aus<br />
Deutschland <strong>und</strong> allesamt erstaunlich kommunikativ bemüht in Englisch <strong>und</strong> Deutsch <strong>und</strong> das<br />
mit 8 Jahren. Abends holten wir <strong>die</strong> Startunterlagen <strong>und</strong> ich organisierte noch 3 zusätzliche<br />
Berglauf-T-Shirts für <strong>die</strong> Kids vom Hotel. Für so was sollte <strong>die</strong> EU mal För<strong>de</strong>rgel<strong>de</strong>r locker<br />
machen, Sport ist Völkerverständigung <strong>und</strong> Nachbarschaftspflege pur.<br />
Samstag, Wettkampftag <strong>und</strong> oh Schreck … es regnet in Strömen. Das Parken im Ort<br />
gestaltete sich etwas problematisch, Shuttle-Bus ja? nein? … besser <strong>de</strong>n Kilometer zum<br />
Warmlaufen nutzen. Gott sei Dank <strong>de</strong>r Regen hörte kurz vor <strong>de</strong>m Start wie<strong>de</strong>r auf.<br />
Mir war klar, dass ich ein Auge auf <strong>de</strong>n älteren Dlugosz-Bru<strong>de</strong>r Franciszek haben musste um<br />
eine Chance zu haben auf eine Medaille in AK40, Gesamteinlauf natürlich absolut<br />
chancenlos. Dementsprechend habe ich mich dann gleich mal hinter ihm am Start eingereiht<br />
<strong>und</strong> dann war kämpfen angesagt, auf keinen Fall abreißen lassen … auweh ich hab mich<br />
ausgequetscht wie eine Zitrone um halbwegs dran zu bleiben, aber es reichte letztendlich zum<br />
3.Platz AK40 hinter Dlogosz.<br />
Mein Kollege Peter Deuß natürlich mit einigen Minuten altergerechter „Verspätung“, aber<br />
trotz<strong>de</strong>m noch etliche jüngere Burschen hinter sich, mit <strong>de</strong>r Silbermedaille AK70 belohnt.<br />
Dann war plötzlich meine Tasche unauffindbar … kein Problem man spen<strong>die</strong>rte mir sofort<br />
eine Jacke, eine Hose <strong>und</strong> selbst gebrannten polnischen Obst-Schnaps. Ich Depp hatte sie bei<br />
<strong>de</strong>r Anmeldung gedankenversunken auf <strong>de</strong>n falschen Haufen gelegt … da lag sie nun gut im<br />
Tal.<br />
Die Siegerehrung wur<strong>de</strong> dann etwas schwierig, weil rein in Polnisch abgehalten, aber<br />
letztendlich hat´s doch geklappt.<br />
FAZIT: Eine gut organisierte Veranstaltung mit kleinen Verständigungsschwierigkeiten<br />
an einem wahren meisterschaftswürdigen Berg in einem wirklich interessanten, völlig<br />
unterschätzten, schönen Land. Da ist Urlaub wirklich noch preisgünstig. Mein Auto<br />
wur<strong>de</strong> auch nicht gestohlen <strong>und</strong> alle waren super fre<strong>und</strong>lich sogar <strong>die</strong> Polizei.<br />
Solche guten Bergläufe gibt´s lei<strong>de</strong>r bei uns in Deutschland kaum noch, da sollte wohl<br />
mal <strong>de</strong>r DLV entsprechend ansetzen <strong>und</strong> außer Jammerei etwas mehr Initiative <strong>und</strong><br />
Kooperation zeigen. An fähigen <strong>und</strong> findigen Organisatoren mangelt es ja offensichtlich<br />
nicht.<br />
Gruß <strong>Roman</strong><br />
P.S. Und vielen Dank für <strong>die</strong> Organisation <strong>die</strong>ser immer wie<strong>de</strong>r genialen Bergläufe <strong>von</strong> mir<br />
<strong>und</strong> auch vom Peter Deuß, <strong>de</strong>r entgegen aller BLV-Unkenrufe auch mit 73 Jahren keine<br />
beson<strong>de</strong>ren Probleme mit <strong>die</strong>ser schweren Strecke (3mal in 4 Tagen!) hatte, weil er halt<br />
altersgerecht etwas verhaltener läuft, wahrscheinlich ist er genau <strong>de</strong>swegen noch so fit in <strong>de</strong>m<br />
hohen Alter <strong>und</strong> hat in <strong>de</strong>n letzten Jahren zwei schwere Krankheiten mühelos <strong>über</strong>w<strong>und</strong>en,<br />
<strong>die</strong> manch an<strong>de</strong>ren zum Pflegefall machen.