Migräne: Gewitter im Kopf - Springer GuP

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t i t e l t h e m a < Kopfschmerzmittel rasch anwenden Viele Kopfschmerzpatienten zögern den Gebrauch der Akutmedikation unnötig lange hinaus und/oder nehmen eine zu niedrige Dosis. Diese Vorsicht ist bei einer Migräneattacke ein Fehler, weil NSAR und Analgetika den schnell ansteigenden, heftigen Migränekopfschmerz nur dann erfolgreich unterpletter Schmerzfreiheit erneut auftreten oder sich nach einer anfänglichen Linderung wieder verstärken. Ist dies binnen zwei bis 24 Stunden der Fall, spricht die Medizin von Wiederkehrkopfschmerz oder auch von (Headache)Recurrence. Da der Wiederkehrkopfschmerz einen wiederholten Gebrauch des Migränemittels erforderlich macht, sollten die betroffenen Patienten bevorzugt ein Triptan mit langer Halbwertszeit erhalten. Unter diesem Gesichtspunkt ist Frovatriptan das Mittel der ersten Wahl. Es hat unter den Triptanen mit 26 Stunden die längste Halbwertszeit. So können die meisten Frovatriptanverwender ihre Migräneattacken mit nur einer Tablette erfolgreich behandeln. Für Patienten mit ausgeprägten Wiederkehrkopfschmerzen (multiple „recurrences“) ist das Mutterkornalkaloid Ergotamin eine Alternative. ergotamin nach wie vor von Nutzen Das einzige in Deutschland zugelassene Mutterkornalkaloid (Ergotalkaloid) ist ein Präparat mit Ergotamintartrat (rezeptpflichtig). Dieses ist indiziert, wenn eine Triptantherapie nicht zum gewünschten Ziel führt. Auch kann eine Ergotamintherapie fortgeführt werden, wenn der Patient schon seit Jahren erfolgreich und problemlos damit behandelt wird. akutmedikation bei Kindern Die Migränehäufigkeit vor der Pubertät liegt bei vier bis fünf Prozent. Ein Unterschied zwischen Jungen und Mädchen besteht nicht. Kinder erleiden im Allgemeinen kürzere Migräneattacken als Erwachsene. Außerdem können dabei die Kopfschmerzen fehlen und lediglich Übelkeit, Erbrechen und Schwindel auftreten. Für die Behandlung von Kindern liegen eigenständige Leitlinien vor. Demnach sind die Akutmedikationen der ersten Wahl Ibuprofen und Paracetamol. Acetylsalicylsäure wird erst ab dem 14. Lebensjahr empfohlen. Sind diese Analgetika nicht wirksam, kann der Arzt ein Triptan verordnen. Allerdings ist in Deutschland nur Sumatriptan Nasenspray (10 mg) für Kinder ab zwölf Jahren zugelassen. Migränepatienten sollten Schmerzmittel schnell und ausreichend hoch dosiert einsetzen Prinzipiell scheinen Kinder unter zwölf Jahren schlechter auf Triptane anzusprechen als andere Altersgruppen. Bei den Antiemetika ist Domperidon für Kinder ab zehn Jahren zugelassen, Metoclopramid für Kinder ab 14 Jahren. akutmedikation in der Schwangerschaft Während der Schwangerschaft besteht zumeist die erfreuliche Situation, dass in dieser Zeit die Migräne verschwindet oder sich zumindest deutlich bessert. Treten dennoch therapiebedürftige Migräneattacken auf, sind die Behandlungsmöglichkeiten stark begrenzt. Paracetamol ist der einzige Wirkstoff, der während der gesamten neun Monate angewendet werden darf. Im zweiten Trimenon sind zusätzlich Ibuprofen, Acetylsalicylsäure, Metamizol, Diclofenac oder Naproxen einsetzbar, des Weiteren im zweiten und dritten Trimenon eine fixe Kombination aus Paracetamol und Metoclopramid (rezeptpflichtig). Triptane sind aus Sicherheitsgründen kontraindiziert. Jedoch gibt es bisher keine Hinweise hinsichtlich Fehlbildungen oder anderer Komplikationen. So werden sie in Ausnahmesituationen für Schwangere empfohlen, beispielsweise bei starker Gefährdung des Ungeborenen durch starkes Erbrechen der Mutter während der Migräneattacke. r. o. © Yuri Arcurs / shutterstock.com; l. u. © FWStupidio / shutterstock.com in Deutschland zugelassene triptane (Stand: august 2010) Almotriptan Almogran® Filmtabletten Eletriptan* Relpax® Filmtabletten Frovatriptan Allegro® Filmtabletten Naratriptan Formigran®**, Naramig® Filmtabletten Sumatriptan* Imigran®, diverse Generika Filmtabletten, Nasenspray, Pen (s. c.), Zäpfchen Rizatriptan* Maxalt® Tabletten, Schmelztabletten Zolmitriptan* AscoTop® Filmtabletten, Schmelztabletten, Nasenspray *in unterschiedlichen Dosierungen erhältlich; **rezeptfrei 14 > DAS PTA MAGAZIN -- 1 0 / 2 0 1 0 -- Heft 10

t i t e l t h e m a < drücken, wenn sie sofort mit Einsetzen der Kopfschmerzen angewendet und ausreichend hoch dosiert werden. Triptane sind hingegen in jeder Phase der Migräneattacke wirksam. Allerdings ist auch deren Wirksamkeit umso besser, je früher sie in der Kopfschmerzphase eingesetzt werden. Während der Aura sind Triptane im Gegensatz zu NSAR und Analgetika kontraindiziert. Bleibt die Erstanwendung eines Triptans wirkungslos, ist während der betreffenden Attacke auf eine zweite Anwendung zu verzichten. Einzige Ausnahme: Die erste Dosis wurde erbrochen. indikationen für eine medikamentöse Prophylaxe Der Stellenwert der medikamentösen Migräneprophylaxe hat sich mit Einführung der Triptane geändert. In den Jahren zuvor war diese häufig notwendig, weil stark wirksame und gleichzeitig gut verträgliche Medikamente zur Akutbehandlung fehlten. So waren für die meisten Patienten die Nebenwirkungen der Migräneprophylaxe weniger problematisch als die der Akutmedikation. Die heutigen Hauptindikationen umfassen unter anderem vorliegende Kontraindikationen gegen über Triptanen (z. B. koronare Herzkrankheit), fehlendes Ansprechen auf Triptane und Attacken mit einer stark beeinträchtigenden Aura (z. B. familiäre hemiplegische Migräne). Ebenso gehört das Risiko für einen medikamenteninduzierten Dauerkopfschmerz dazu. Ein solches liegt vor, wenn monatlich mehr als sieben Migränetage auftreten: Unabhängig davon, ob sich diese durch häufige und/oder sehr lang anhaltende Migräneattacken summieren. auf einen Blick Immer eine Dauertherapie Keine der empfohlenen Substanzen ist in der Lage, Migräneattacken komplett zu unterdrücken. Sie können lediglich deren Häufigkeit mindern. Zum Aufbau einer nachhaltigen Wirkung werden Behandlungszeiträume von mindestens sechs bis neun Monaten empfohlen. Dafür benötigt der Patient ein hohes Maß an Geduld und Motivation. Zum Beurteilen der Wirksamkeit ist das Führen eines Kopfschmerzkalenders ein Muss. Merkliche Therapieerfolge sind jedoch frühestens nach zwei bis acht Wochen zu erwarten. Da alle zur Migräneprophylaxe eingesetzten Medikamente Nebenwirkungen haben, sollten vor deren Anwendung die Möglichkeiten migräneprophylaktisch wirksamer Allgemeinmaßnahmen ausgeschöpft werden. Und nicht zuletzt: Der Erfolg der Migräneprophylaxe ist am größten, wenn medikamentöse und nicht medikamentöse Maßnahmen kombiniert werden. » Die Hauptphasen der Migräneattacke bestehen aus Prodromalphase, Aura sowie Kopfschmerzphase mit migränetypischen Begleitsymptomen. » Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) und Analgetika werden bei leichten bis mittelschweren Migräneattacken empfohlen. » Triptane sind die Mittel der ersten Wahl bei mittelschweren bis schweren Migräneattacken, das Mutterkornalkaloid Ergotamin ist das Mittel der zweiten Wahl. Triptane sind die derzeit effektivsten Migränemittel. » Alle akut wirksamen Migränemittel dürfen nicht länger als drei Tage in Folge und nicht häufiger als zehn Tage im Monat angewendet werden. » Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind Kontraindikationen für eine Triptantherapie. » Wiederkehrkopfschmerz nach bereits erfolgreichem Gebrauch eines Migränemittels ist das Problem sehr lang anhaltender Migräneattacken. » Zur medikamentösen Migräneprophylaxe sind verschiedene Wirkstoffe verfügbar, die aus den unterschiedlichsten Indikationen kommen. Eine Hauptrolle spielen blutdrucksenkende Medikamente. » Eine Migräneprophylaxe, die aus medikamentösen und nicht medikamentösen Maßnahmen besteht, verspricht den größten Therapieerfolg. © Diego Cervo / shutterstock.com 16 > DAS PTA MAGAZIN -- 1 0 / 2 0 1 0 -- Heft 10

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drücken, wenn sie sofort mit Einsetzen der <strong>Kopf</strong>schmerzen<br />

angewendet und ausreichend hoch dosiert werden. Triptane<br />

sind hingegen in jeder Phase der <strong>Migräne</strong>attacke wirksam.<br />

Allerdings ist auch deren Wirksamkeit umso besser, je früher<br />

sie in der <strong>Kopf</strong>schmerzphase eingesetzt werden. Während der<br />

Aura sind Triptane <strong>im</strong> Gegensatz zu NSAR und Analgetika<br />

kontraindiziert. Bleibt die Erstanwendung eines Triptans wirkungslos,<br />

ist während der betreffenden Attacke auf eine zweite<br />

Anwendung zu verzichten. Einzige Ausnahme: Die erste Dosis<br />

wurde erbrochen.<br />

indikationen für eine medikamentöse<br />

Prophylaxe<br />

Der Stellenwert der medikamentösen <strong>Migräne</strong>prophylaxe<br />

hat sich mit Einführung der Triptane<br />

geändert. In den Jahren zuvor war diese häufig<br />

notwendig, weil stark wirksame und gleichzeitig<br />

gut verträgliche Medikamente zur Akutbehandlung<br />

fehlten. So waren für die meisten Patienten<br />

die Nebenwirkungen der <strong>Migräne</strong>prophylaxe<br />

weniger problematisch als die der Akutmedikation.<br />

Die heutigen Hauptindikationen umfassen<br />

unter anderem vorliegende Kontraindikationen<br />

gegen über Triptanen (z. B. koronare Herzkrankheit),<br />

fehlendes Ansprechen auf Triptane und Attacken<br />

mit einer stark beeinträchtigenden Aura<br />

(z. B. familiäre hemiplegische <strong>Migräne</strong>). Ebenso<br />

gehört das Risiko für einen medikamenteninduzierten<br />

Dauerkopfschmerz dazu. Ein solches liegt<br />

vor, wenn monatlich mehr als sieben <strong>Migräne</strong>tage<br />

auftreten: Unabhängig davon, ob sich diese durch<br />

häufige und/oder sehr lang anhaltende <strong>Migräne</strong>attacken<br />

summieren.<br />

auf einen Blick<br />

Immer eine Dauertherapie Keine der empfohlenen Substanzen<br />

ist in der Lage, <strong>Migräne</strong>attacken komplett zu unterdrücken.<br />

Sie können lediglich deren Häufigkeit mindern. Zum Aufbau<br />

einer nachhaltigen Wirkung werden Behandlungszeiträume<br />

von mindestens sechs bis neun Monaten empfohlen. Dafür<br />

benötigt der Patient ein hohes Maß an Geduld und Motivation.<br />

Zum Beurteilen der Wirksamkeit ist das Führen eines <strong>Kopf</strong>schmerzkalenders<br />

ein Muss. Merkliche Therapieerfolge sind<br />

jedoch frühestens nach zwei bis acht Wochen zu erwarten. Da<br />

alle zur <strong>Migräne</strong>prophylaxe eingesetzten Medikamente Nebenwirkungen<br />

haben, sollten vor deren Anwendung die Möglichkeiten<br />

migräneprophylaktisch wirksamer Allgemeinmaßnahmen<br />

ausgeschöpft werden. Und nicht zuletzt: Der Erfolg<br />

der <strong>Migräne</strong>prophylaxe ist am größten, wenn medikamentöse<br />

und nicht medikamentöse Maßnahmen kombiniert werden.<br />

» Die Hauptphasen der <strong>Migräne</strong>attacke bestehen aus Prodromalphase, Aura sowie<br />

<strong>Kopf</strong>schmerzphase mit migränetypischen Begleitsymptomen.<br />

» Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) und Analgetika werden bei leichten bis<br />

mittelschweren <strong>Migräne</strong>attacken empfohlen.<br />

» Triptane sind die Mittel der ersten Wahl bei mittelschweren bis schweren <strong>Migräne</strong>attacken,<br />

das Mutterkornalkaloid Ergotamin ist das Mittel der zweiten Wahl.<br />

Triptane sind die derzeit effektivsten <strong>Migräne</strong>mittel.<br />

» Alle akut wirksamen <strong>Migräne</strong>mittel dürfen nicht länger als drei Tage in Folge und<br />

nicht häufiger als zehn Tage <strong>im</strong> Monat angewendet werden.<br />

» Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind Kontraindikationen für eine Triptantherapie.<br />

» Wiederkehrkopfschmerz nach bereits erfolgreichem Gebrauch eines <strong>Migräne</strong>mittels<br />

ist das Problem sehr lang anhaltender <strong>Migräne</strong>attacken.<br />

» Zur medikamentösen <strong>Migräne</strong>prophylaxe sind verschiedene Wirkstoffe verfügbar,<br />

die aus den unterschiedlichsten Indikationen kommen. Eine Hauptrolle spielen<br />

blutdrucksenkende Medikamente.<br />

» Eine <strong>Migräne</strong>prophylaxe, die aus medikamentösen und nicht medikamentösen<br />

Maßnahmen besteht, verspricht den größten Therapieerfolg.<br />

© Diego Cervo / shutterstock.com<br />

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