Migräne: Gewitter im Kopf - Springer GuP
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t t e r<br />
[ von Dr. Ute Koch ]<br />
Hämmernder <strong>Kopf</strong>schmerz und Begleitsymptome<br />
Der <strong>Migräne</strong>kopfschmerz äußert sich pulsierend und pochend.<br />
Er beginnt plötzlich und anfallartig, wobei er binnen kurzer<br />
Zeit eine mittelstarke bis starke (zumeist unerträgliche)<br />
Schmerzintensität erreicht. Durch körperliche Bewegung wie<br />
Treppensteigen und Bücken kann er verstärkt werden. Typisch<br />
ist auch sein meist einseitiges Auftreten. Zusätzlich treten migränetypische<br />
Begleitsymptomen auf: am häufigsten Übelkeit<br />
(bei 90 % der <strong>Kopf</strong>schmerzattacken) und Erbrechen (bei 60 %<br />
der <strong>Kopf</strong>schmerzattacken) sowie Licht-, Lärm- und Geruchsüberempfindlichkeit<br />
(in genannter Reihenfolge bei 60 %, 40 %<br />
bzw. 10 % der <strong>Kopf</strong>schmerzattacken). Am Ende der <strong>Kopf</strong>schmerzphase<br />
fallen viele Patienten in den Schlaf, wobei eine<br />
deutliche Linderung der Symptome eintritt. <strong>Kopf</strong>schmerzen<br />
und Begleitsymptome können vier bis 72 Stunden anhalten.<br />
<strong>Migräne</strong> mit Aura<br />
Etwa zehn bis 15 Prozent aller <strong>Migräne</strong>attacken gehen mit einer<br />
Aura einher. Unter dem Begriff <strong>Migräne</strong>aura (Aura = Vorphase<br />
einer Erkrankung) werden verschiedene neurologische<br />
Störungen zusammengefasst. Am häufigsten und bekanntesten<br />
ist die visuelle Aura, bei der Sehstörungen auftreten: beispielsweise<br />
Fl<strong>im</strong>mersehen oder der Ausfall von ganzen Sehfeldern.<br />
Weitere Aurasymptome sind Sprachstörungen, Parästhesien<br />
(Missempfindungen, z. B. Kribbeln, Taubheitsgefühl) und in<br />
seltenen Fällen sogar Lähmungen. Lähmungen treten bei der<br />
ererbten familiären hemiplegischen <strong>Migräne</strong> auf, einer sehr<br />
schweren Verlaufsform (Hemiplegie = halbseitige Lähmung).<br />
Eine Aura dauert meist 30 bis 60 Minuten. Die Aura ist nicht<br />
bis schweren <strong>Migräne</strong>attacken und das Mutterkornalkaloid<br />
Ergotamin das Mittel der zweiten Wahl. Die Wirksamkeit der<br />
Akutmedikation kann durch Allgemeinmaßnahmen unterstützt<br />
werden: unter anderem durch den Rückzug in ein ruhiges und<br />
abgedunkeltes Z<strong>im</strong>mer sowie durch körperliche Ruhe und<br />
Kühlen der Stirn. Cave! Bei der gehäuften Anwendung akut<br />
wirksamer <strong>Migräne</strong>mittel besteht das Risiko des medikamenteninduzierten<br />
Dauerkopfschmerzes. Dieses ist bei <strong>Migräne</strong>patienten<br />
sogar besonders hoch. Alle <strong>Migräne</strong>mittel, ob NSAR,<br />
Analgetika, Triptane oder Mutterkornalkaloide, dürfen nicht<br />
länger als drei Tage in Folge und nicht häufiger als zehn Tage<br />
<strong>im</strong> Monat angewendet werden. Mit anderen Worten: 20 Tage<br />
<strong>im</strong> Monat muss der Patient ohne auskommen. Kann er dies<br />
nicht, besteht eine dringende Indikation für eine medikamentöse<br />
<strong>Migräne</strong>prophylaxe (s. u.).<br />
NSAR und Analgetika<br />
Zu den in der <strong>Migräne</strong>therapie einsetzbaren NSAR gehören<br />
Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen und Naproxen. Sie<br />
lindern Schmerzen und hemmen Entzündungen. Ihr Wirkmechanismus<br />
beruht auf einer Blockade der Cyclooxygenasen.<br />
Metamizol (verschreibungspflichtig) und Phenazon, beide zu<br />
den Pyrazolonen gehörend, wirken ebenfalls schmerzlindernd<br />
und entzündungshemmend. Das Anilin-Derivat Paracetamol<br />
ist nur vergleichbar schwach schmerzlindernd und in therapeutischen<br />
Dosen nicht entzündungshemmend. Die Wirkmechanismen<br />
von Metamizol, Paracetamol und Phenazon konnten<br />
bisher nicht befriedigend geklärt werden. Entgegen früherer<br />
Richtlinien ist auch eine koffeinhaltige fixe Kombination mit<br />
Die <strong>Migräne</strong>aura fasst verschiedene neurologische Störungen zusammen.<br />
Hierzu zählen zum Beispiel Seh- und Sprachstörungen<br />
sowie Missempfindungen wie Taubheitsgefühl und Kribbeln.<br />
mit der Prodromalphase zu verwechseln, die etwa die Hälfte<br />
der <strong>Migräne</strong>patienten erlebt. Dabei handelt es sich um Ankündigungssymptome<br />
(z. B. Heißhunger, Nackensteifigkeit)<br />
Stunden bis Tage vor Einsetzen der <strong>Migräne</strong>attacke.<br />
Medikation der <strong>Migräne</strong>attacke: akut und<br />
prophylaktisch<br />
Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) und Analgetika werden<br />
bei leichten bis mittelschweren <strong>Migräne</strong>attacken empfohlen.<br />
Triptane sind die Mittel der ersten Wahl bei mittelschweren<br />
Paracetamol und Acetylsalicylsäure empfehlenswert. Einige<br />
Darreichungsformen wie schnell freisetzende Tabletten oder<br />
Brausetabletten beschleunigen den Wirkeintritt. Es versteht<br />
sich von selbst, dass die Selbstmedikation nur mit rezeptfreien<br />
Wirkstoffen bzw. Dosierungen erfolgen darf.<br />
Antiemetika als Zusatzmedikation<br />
Prokinetika wie Domperidon und Metoclopramid (beide rezeptpflichtig)<br />
steigern die Magen-Darm-Motilität, woraus<br />
zwei Effekte resultieren: Zum einen werden Übelkeit und<br />
Erbrechen gelindert und zum anderen wird der Wirkeintritt<br />
> DAS PTA MAGAZIN -- 1 0 / 2 0 1 0 -- Heft 10 < 11