Testleiterinnen und Testleiter
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<strong>Testleiter</strong>befragung<br />
Einleitung<br />
"Ruhe bitte!" Vom Pausenhof schallt Geschrei in die Klasse, in der hinteren Reihe tauschen<br />
sich mehrere Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler über die Lösung der letzten Frage aus, ein Schüler<br />
bemalt sein Testheft mit lustigen Mustern, Papierkügelchen fliegen durch die Luft – dies soll<br />
eine PISA-Testsitzung sein?<br />
Dass Testergebnisse, die unter solchen Bedingungen erbracht wurden, kaum die tatsächlichen<br />
Leistungen der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler abbilden, liegt auf der Hand. Angemessene<br />
Durchführungsbedingungen während der Testsitzungen sind ein Mindeststandard, der gewährleistet<br />
sein muss, wenn man Schülerleistungen untersuchen möchte. Um sicherzustellen,<br />
dass die Testsituationen an den beteiligten Schulen angemessen waren <strong>und</strong> um zu<br />
bestimmen, welche Störungen möglicherweise auftraten, wurden <strong>Testleiter</strong> <strong>und</strong> <strong><strong>Testleiter</strong>innen</strong><br />
in einer zusätzlichen Erhebung zum Ablauf der Tests in den Schulen befragt.<br />
Fragestellung<br />
Ziel dieser zusätzlichen Befragung war es, eine detaillierte Beschreibung der Testsituation<br />
<strong>und</strong> der eventuell aufgetretenen Probleme zu erhalten. Diese Beschreibung sollte zusätzlich<br />
zu dem regulären <strong>Testleiter</strong>protokoll, das alle <strong><strong>Testleiter</strong>innen</strong> <strong>und</strong> <strong>Testleiter</strong> ausfüllten, veranschaulichen,<br />
unter welchen Bedingungen die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler die Testaufgaben<br />
bearbeiteten. Wichtig war hierbei, anstelle von pauschalen Beurteilungen wie "es gab starke<br />
Disziplinprobleme" Informationen darüber zu gewinnen, wie sich Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler in<br />
den Testsitzungen konkret verhielten. Anhand dieser Informationen lässt sich die Frage<br />
klären, ob während der Testsituation Schwierigkeiten auftraten, welche die Interpretation der<br />
Testergebnisse erschweren könnten. Weiterhin wird es damit möglich, die Ergebnisse von<br />
Gruppen, in denen die Erhebung nicht ganz reibungslos verlaufen ist, systematisch zu<br />
analysieren.<br />
Methode<br />
Für die Untersuchung wurden alle <strong><strong>Testleiter</strong>innen</strong> <strong>und</strong> <strong>Testleiter</strong> aus zwei Ländern, Hessen<br />
<strong>und</strong> Brandenburg, befragt. Sie erhielten nach Abschluss der Testung Fragebögen, in denen<br />
sie Aussagen zum Verhalten der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler <strong>und</strong> zum Auftreten externer<br />
Störungen machen sollten. Es wurden konkrete Verhaltensweisen beschrieben <strong>und</strong> danach<br />
gefragt, wie viele Personen das jeweilige Verhalten zeigten <strong>und</strong> wie häufig es auftrat. Wichtig<br />
bei diesen Fragen war, bei den Beschreibungen <strong>und</strong> Antwortkategorien wenig Interpretationsspielraum<br />
zu lassen, denn es sollten keine globalen Eindrücke erhoben, sondern die<br />
Situation während der Testung möglichst anschaulich abgebildet werden. In Tabelle 1 sieht<br />
man ein Beispiel für die gestellten Fragen.<br />
Tabelle 1: <strong>Testleiter</strong>befragung - Beispiel aus dem Fragebogen<br />
Wie viele Schüler/innen zeigten das folgende Verhalten?<br />
Schüler/innen blättern lustlos im Testheft<br />
herum <strong>und</strong> füllen wenig aus.<br />
Schüler/innen scheinen wahllos oder nach<br />
grafischen Mustern Kästchen anzukreuzen.<br />
Schüler/innen hören beim Verlesen der<br />
Instruktion nicht zu.<br />
keine<br />
Person<br />
eine<br />
Person<br />
zwei bis fünf<br />
Personen<br />
sechs Personen<br />
bis etwa die Hälfte<br />
der Klasse<br />
mehr als die<br />
Hälfte der<br />
Klasse
Insgesamt wurden 25 solcher Verhaltensweisen aufgeführt. Diese wurden bei der Auswertung<br />
zu den Skalen "Anstrengungsbereitschaft", "Unruhe", "Probleme mit der Lautstärke",<br />
"externe Störungen" <strong>und</strong> "Schwierigkeiten bei der Gruppenaufgabe" zusammengefasst.<br />
Ergebnisse<br />
Von 180 versendeten Fragebögen wurden 147 zurückgeschickt (Rücklaufquote 81 %).<br />
Insgesamt schildern die <strong>Testleiter</strong> <strong>und</strong> <strong><strong>Testleiter</strong>innen</strong> ein sehr positives Bild vom Ablauf der<br />
Testdurchführung <strong>und</strong> berichten von nur sehr wenigen Störungen oder Schwierigkeiten.<br />
Zunächst einmal wird deutlich, dass beide Testtage insgesamt so gut wie störungsfrei<br />
abliefen. Wie in Abbildung 1 zu sehen ist, traten in fast 60 Prozent aller Schulen gar keine<br />
äußeren Störungen (z. B. starker Lärm von außen; Schüler, die in die Klasse hereinplatzen)<br />
auf, <strong>und</strong> in knapp 40 Prozent kamen solche Störungen maximal zweimal pro Testtag vor. Die<br />
äußerlichen Bedingungen gewährleisteten demnach eine angemessene Testsituation.<br />
100<br />
Wie häufig traten externe Störungen auf?<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
59<br />
40<br />
30<br />
38<br />
Prozent<br />
20<br />
10<br />
0<br />
nie<br />
ununterbrochen<br />
alle 5 Min. einmal<br />
alle 15 Min. einmal<br />
alle 45 Min. einmal<br />
1-2 mal je Testtag<br />
Abbildung 1: <strong>Testleiter</strong>befragung - Auftreten externer Störungen<br />
Wie sieht es nun mit Störungen von Schülerseite aus? In Abbildung 2 sieht man die Ergebnisse<br />
zum Bereich der Anstrengungsbereitschaft. Hier wurden Verhaltensweisen zusammengefasst,<br />
die darauf hinweisen, dass sich die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler nur wenig angestrengt<br />
haben, wie etwa wahlloses Ankreuzen oder lustloses Herumblättern im Testheft. Die<br />
Abbildung verdeutlicht, dass nur sehr wenige Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler in den Schulen<br />
solche Verhaltensweisen zeigten. Wie man sieht, verhielt sich in 39 Prozent der Schulen<br />
keiner der Jugendlichen in dieser Weise, <strong>und</strong> in 41 Prozent war es maximal eine Person, die<br />
sich nur wenig anstrengte. Dass sich mehr als fünf Personen wenig anstrengten, wird so gut<br />
wie gar nicht beschrieben.
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
Wie viele Schüler/innen strengen sich nur wenig an?<br />
40<br />
30<br />
39<br />
41<br />
Prozent<br />
20<br />
10<br />
0<br />
17<br />
keine Person<br />
eine Person<br />
2 -5 Personen<br />
bis halbe Klasse<br />
mehr als die Hälfte<br />
Abbildung 2: <strong>Testleiter</strong>befragung - Geringe Anstrengungsbereitschaft<br />
Ein ähnlich erfreuliches Bild zeigt sich bei den Fragen, die sich auf Disziplinprobleme<br />
beziehen. Unter dieser Kategorie wurden Verhaltensweisen zusammengefasst, die auf eine<br />
starke Unruhe während der Testsituation schließen lassen, wie Herumlaufen in der Klasse,<br />
Werfen von Gegenständen oder Ermahnungen durch die beaufsichtigende Lehrkraft.<br />
Die Ergebnisse hierzu sind in Abbildung 3 <strong>und</strong> Abbildung 4 zu sehen. Es zeigt sich zunächst<br />
in Abbildung 3, dass in mehr als der Hälfte aller Schulen ein solch unruhiges Verhalten überhaupt<br />
nicht auftrat, <strong>und</strong> in den Schulen, in denen es zu beobachten war, betraf es nur sehr<br />
wenige Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler (in 40 Prozent der Fälle war es eine Person). Betrachtet<br />
man dann weiterhin, wie häufig sich diese Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler unruhig verhielten<br />
(Abbildung 4), sieht man, dass dies in mehr als 90 Prozent der Schulen nur ein- bis zweimal<br />
pro Testtag oder alle 45 Minuten einmal der Fall war.
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
Wie viele Schüler/innen zeigen unruhiges Verhalten?<br />
50<br />
40<br />
30<br />
52<br />
40<br />
Prozent<br />
20<br />
10<br />
0 6<br />
keine Person<br />
eine Person<br />
2 - 5 Personen<br />
bis halbe Klasse<br />
mehr als die Hälfte<br />
Abbildung 3: <strong>Testleiter</strong>befragung - Wie viele Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler zeigten unruhiges<br />
Verhalten?<br />
100<br />
Wie oft zeigen diese Schüler/innen unruhiges Verhalten?<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
57<br />
40<br />
Prozent<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
30<br />
10<br />
1-2 mal je Testtag<br />
alle 45 Min. einmal<br />
alle 5 Min. einmal<br />
alle 15 Min. einmal<br />
ununterbrochen<br />
Abbildung 4: <strong>Testleiter</strong>befragung - Wie oft wurde unruhiges Verhalten gezeigt?<br />
Entsprechende Bef<strong>und</strong>e ergeben sich auch für Fragen zur Lautstärke <strong>und</strong> für Fragen, die<br />
sich speziell auf die in einem Teil der Schulen durchgeführte Gruppenaufgabe beziehen. Die<br />
Daten zeigen somit, dass die Durchführungsbedingungen während der PISA-Testung einer<br />
ganz normalen Klassensituation entsprachen - oder möglicherweise sogar noch besser war.
Wenn Störungen überhaupt auftraten (<strong>und</strong> dies war in den meisten Schulen der Stichprobe<br />
nicht der Fall), gingen sie nur von einzelnen Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern aus <strong>und</strong> kamen nicht<br />
mehr als ein- oder zweimal während der Testsitzung vor.<br />
Dieser generelle Eindruck bestätigt sich auch, wenn man die Ergebnisse nach Schulformen<br />
getrennt abbildet, wie dies in Abbildung 5 zu sehen ist.<br />
5,0<br />
4,5<br />
Mittelwert von mehreren Fragen (Skala 0 -5 )<br />
4,0<br />
3,5<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
,5<br />
0,0<br />
Hauptschule Gesamtschule<br />
Realschule Gymnasium<br />
Schulform<br />
Geringe Anstrengung<br />
Unruhiges Verhalten<br />
Abbildung 5: <strong>Testleiter</strong>befragung - Probleme in den einzelnen Schulformen<br />
Deutlich wird zunächst, dass sich die einzelnen Schulformen darin unterscheiden, wie häufig<br />
die genannten Verhaltensprobleme auftraten. Während beispielsweise in den Gymnasien so<br />
gut wie gar keine Schwierigkeiten zu beobachten waren, kamen diese in den Hauptschulen,<br />
wenn auch in einem sehr geringen Ausmaß, gelegentlich vor. Aufschlussreiche Erkenntnisse<br />
liefert aber vor allem ein Blick auf die mögliche Breite der Skala <strong>und</strong> die beobachteten<br />
Ausprägungen. Beachtet man, dass die Häufigkeitsskala theoretisch von null (keine Person<br />
zeigt dieses Verhalten) bis maximal fünf (das Verhalten wird von mehr als der Hälfte der<br />
Klasse gezeigt) reicht, wird sehr deutlich, dass die Probleme in Schulen aller Schulformen<br />
als sehr gering einzustufen sind <strong>und</strong> die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler sich durchweg sehr<br />
kooperativ verhalten haben.<br />
Zusammenfassende Diskussion<br />
Die Beobachtungen der <strong><strong>Testleiter</strong>innen</strong> <strong>und</strong> <strong>Testleiter</strong> zeigen, dass die PISA-Tests in den<br />
erfassten Schulen ohne Schwierigkeiten ablaufen konnte. Es wurden weder bedeutende<br />
externe Störungen berichtet, noch zeigten die Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmer problematisches<br />
Verhalten. Durch die Befragung mithilfe von konkreten Verhaltensbeschreibungen ist<br />
es gelungen, ein anschauliches Bild der Testsituation zu zeichnen, <strong>und</strong> es wird deutlich,<br />
dass die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler konzentriert <strong>und</strong> motiviert an ihren Aufgaben arbeiteten.<br />
Die eingangs geschilderte Schreckensvision einer chaotischen <strong>und</strong> unruhigen Testsitzung ist<br />
also von der Realität weit entfernt.<br />
Die in dieser Befragung erhobenen Daten sollen jedoch nicht nur zu deskriptiven Zwecken<br />
verwendet werden, sondern sie werden auch in die Analysen der PISA-Ergebnisse
eingehen. So wird es mit Hilfe dieser Information zum Beispiel möglich, Effekte von<br />
Störungen während der Testdurchführung auf die Leistungen zu schätzen <strong>und</strong> statistisch zu<br />
kontrollieren.