Dr. Horst Neumann Der erste Brief des Apostels Paulus an die ...

Die geschilderten Ereignisse fanden
während der zweiten Missionsreise
des Apostels statt. Paulus war wohl
49 n. Chr. in Thessalonich, bevor er
dann Ende 49 bzw. spätestens Anfang
50 n. Chr. in Korinth eintraf, wo
er nach etwa eineinhalb Jahren Aufenthalt
auf den römischen Statthalter
Gallio, einen Bruder des Philosophen
Seneca, traf (Apostelgeschichte
Kap. 18, Verse 11f). Gallio wirkte gemäß
einer Inschrift in Delphi Frühjahr
51/52 n. Chr. in Korinth. Hier in Korinth
erhielt Paulus Nachrichten aus
Thessalonich durch den von dort zurückkehrenden
Timotheus (Apostelgeschichte
Kap. 18, Vers 5; 1. Thess. Kap.
3, Vers 6). Mit dem 1. Thess. reagierte
Paulus 50 n. Chr. auf die ihm von
Timotheus übermittelten Nachrichten
aus Thessalonich.
In dem 1. Thess. liegt uns der älteste
Brief des Apostels Paulus vor.
“Damit kann der 1. Thess. als das
älteste bekannte christliche Dokument
gelten.” (Eckart Reinmuth: Der
erste Brief an die Thessalonicher, in: Das
Neue Testament Deutsch NTD, Bd. 8/2,
Göttingen 1998, S. 110).
De Boor vermerkt dazu in bewegenden
Worten: “So begann einmal das
‘Schreiben’ in der jungen Christenheit,
und zwar jenes einfache, echt
brieflich für die Gegenwart bestimmte
Schreiben, das unter der Leitung
des Heiligen Geistes dennoch ‘Bibel’
wurde, grundlegend wirksam in der
ganzen weiten Welt bis zu diesem
Tag, sooft irgendwo Menschen den
4
1. Thess. zur Hand nehmen.” (S. 12)
Der 1. Thess. spiegelt die guten Nachrichten,
die Timotheus aus Thessalonich
hinsichtlich der Gemeindesituation
mitbrachte. Demgemäß dankt
Paulus Gott für dessen Wirken an und
in der Gemeinde und lobt zugleich die
Gemeindeglieder für ihren vorbildlichen
Glauben. Aber auch die Sorge
des Apostels um diese Gemeinde hinsichtlich
der Verfolgungen (Kap. 2, Verse
13 - 16) drückt sich in dem Brief aus,
wobei Paulus die Ereignisse zwischen
seinem Aufenthalt in Thessalonich
und der Abfassung des 1. Thess. anspricht
(Kap. 2, Vers 17 - Kap. 3, Vers 6).
Dabei will der Apostel die Gemeinde
ermutigen, ihren begonnen Weg mutig
fortzusetzen.
Im 2. Teil des Briefes gibt er dazu Hilfestellung.
Auf ethische Weisungen
(Kap. 4, Verse 1 - 12) folgt ein Abschnitt,
in dem Paulus in der Gemeinde aufgebrochene
Fragen zu dem Schicksal
der vor Jesu Wiederkunft Entschlafenen
beantwortet (Kap. 4, Verse 13 -
18). Anschließend zieht Paulus aus der
bevorstehenden Wiederkunft Schlußfolgerungen
für das Verhalten der
Christen im täglichen Leben. Der Brief
schließt mit allgemeinen Ermahnungen
und Grüßen (Kap. 5, Verse 12 - 24).
“Obwohl Predigt und Brief zwei unterschiedliche
sprachliche Mittel sind,
steht dieser Brief in einem erläuternden
und komplettierenden Verhältnis
zur persönlichen Verkündigung des
Paulus in Thessalonich. Dem entspricht
die dringende Mahnung in Kap.