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W Konflikte entschärfen - SAQ

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MQ Flash<br />

Acht typische Situationen im Betrieb<br />

<strong>Konflikte</strong> <strong>entschärfen</strong><br />

Von Hartmut Volk<br />

Im betrieblichen Alltag gehören <strong>Konflikte</strong> zur Tagesordnung.<br />

Entweder kracht es oder sie werden unter den<br />

Teppich gekehrt. Beides beeinträchtigt akut und auf<br />

Dauer die Leistungsfähigkeit. Vorgesetzte sind daher<br />

besonders gefordert, sagt die Expertin für Konfliktbewältigung<br />

und Mediation, Dr. Elisabeth Kals,<br />

Professorin für Sozial- und Organisationspsychologie<br />

an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.<br />

Ein gutes Klima erleichtert alles<br />

Was Elisabeth Kals im Konfliktfall<br />

den Vorgesetzten rät, hat sie im<br />

MQ-Gespräch erläutert. Die Ergebnisse<br />

zusammengefasst in acht<br />

typischen Konfliktsituationen:<br />

■ Hartmut Volk, Diplom-Betriebswirt und<br />

freier Wirtschaftspublizist, Am Silberborn 14,<br />

D-38667 Bad Harzburg, Tel. +49 (0)5322 24 60,<br />

hartmut.volk@t-online.de<br />

Situation 1<br />

Zwei Mitarbeiter liegen sich in den<br />

Haaren. Was tun als Vorgesetzter?<br />

Signalisieren einer oder beide Mitarbeiter,<br />

dass sie von ihrem Vorgesetzten<br />

«Klärungshilfe» erwarten, sollte<br />

der/die sich der Sache annehmen.<br />

Ein entsprechendes Signal wäre,<br />

wenn die Kontrahenten den Konflikt<br />

ansprechen. Dann kommt es für den<br />

Vorgesetzten darauf an, die Konfliktparteien<br />

zu verstehen. Voraussetzung<br />

dafür ist, sich in ihre Lage zu versetzen<br />

und durch Zuhören und gezieltes<br />

Nachfragen eine Basis für die Konfliktschlichtung<br />

zu finden. Auf keinen<br />

Fall darf «aus dem Handgelenk» heraus<br />

gewertet und Stellung bezogen<br />

werden.<br />

Doch auch ohne dass die Streitenden<br />

den Wunsch nach Schlichtung<br />

signalisieren, kann es die Situation<br />

erfordern, den Konflikt anzusprechen:<br />

Weil das Betriebsklima<br />

merklich und nachhaltig gestört ist;<br />

weil in das Problem weitere Personen<br />

«unheilvoll» involviert werden; weil<br />

sich häufende Fehler, Leistungseinbrüche<br />

oder Kundenbeschwerden<br />

eine unverzügliche Konfliktlösung<br />

erfordern.<br />

Situation 2<br />

Es gelingt, die Situation zu beruhigen,<br />

unter der Oberfläche aber schwelt es<br />

weiter. Was dann?<br />

Das zeigt, der Konflikt wurde nicht in<br />

seinem Kern ausgeräumt. Erforderlich<br />

ist nun eine Analyse auf tieferer<br />

Ebene: Warum sind sich die beiden<br />

noch immer gram? Oder: Weshalb<br />

vertreten sie miteinander unvereinbare<br />

Positionen? Ein Beispiel:<br />

Der scheinbare Sachstreit zwischen<br />

gleichrangigen Mitarbeitern<br />

um eine anstehende Problemlösung<br />

ist nur ein oberflächlicher Ausdruck<br />

eines tiefer liegenden Konfliktkerns.<br />

Dieser kreist darum, wer von den beiden<br />

die grössere Durchsetzungsmacht<br />

und das höhere Prestige besitzt.<br />

Zur Konflikt-Kernlösung gehört<br />

unverzichtbar die Frage nach den<br />

Konstruktive<br />

Konfliktkultur<br />

aufbauen<br />

aufrechterhaltenden und stabilisierenden<br />

Wurzeln des Konflikts: Warum<br />

beharren die beiden Mitarbeiter auf<br />

ihren jeweiligen Problemlösungsvorschlägen?<br />

Warum wird der Streit so<br />

vehement geführt? Erst die Klärung<br />

dieser Fragen ermöglicht, den Konflikt<br />

kerntief auszuräumen.<br />

Situation 3<br />

Die Dinge scheinen nun geklärt.<br />

Plötzlich aber zeigt sich, dass einer der<br />

Kontrahenten sich vordergründig zwar<br />

lammfromm gibt, hintergründig aber<br />

weiter gegen den Kollegen stichelt.<br />

Vorgesetzter was nun?<br />

Warum stichelt einer weiter? Der Weg<br />

zur Lösung führt wie so oft im Falle<br />

von <strong>Konflikte</strong>n über das Denken in<br />

Alternativen. Geht es möglicherweise<br />

um «offene Rechnungen», um Konkurrenzgefühle,<br />

um Ängste um das<br />

eigene Standing? Oder ist «einfach»<br />

nur Antipathie des Übels Wurzel?<br />

Hier führt abermals sehr genaues<br />

Zuhören und Beobachten zum Ziel<br />

und damit zum eigentlichen Kern des<br />

Konflikts. Ist das im Vier-Augen-<br />

Gespräch geklärt, kann in einem<br />

Sechs-Augen-Gespräch dann auf<br />

eine definitive Versöhnung hingearbeitet<br />

werden.<br />

4 MQ Management und Qualität 7-8/2006


MQ Flash<br />

Archivbild<br />

Situation 4<br />

In einer Gemeinschaft sind immer<br />

einige ganz besondere Hitzköpfe. Diese<br />

notorisch Aggressiven vergiften das<br />

Betriebsklima und ziehen die Aufmerksamkeit<br />

von der Arbeit ab. Wie<br />

mit solchen Problemtypen umgehen?<br />

Erster Schritt zur Entspannung der<br />

Situation ist: Klären, in welchen Situationen<br />

ist der Mitarbeiter besonders<br />

aggressiv? Wem gegenüber verhält<br />

er sich aggressiv? Wie äussert<br />

sich seine Aggressivität? Aber auch:<br />

Wann verhält er sich friedvoll und<br />

konstruktiv? Diese Erkenntnisse weisen<br />

den Weg zur Lösung. Dabei sollten<br />

möglichst unterschiedliche Lösungen<br />

angedacht werden. Zum Beispiel<br />

bei dem Querulanten ein Problembewusstsein<br />

für sein Benehmen<br />

wecken, indem man sein Verhalten<br />

bewusst macht; Regeln formulieren,<br />

die aggressives Verhalten sozial sanktionieren,<br />

sie öffentlich machen und<br />

durchsetzen.<br />

Situation 5<br />

Nicht alle Konfliktsituationen fordern<br />

unmittelbares Eingreifen des Vorgesetzten.<br />

Beispielsweise wenn die Wahrscheinlichkeit<br />

gross ist, dass sich der<br />

Konflikt bald von selbst löst oder wenn<br />

es um private Themen geht. Doch wann<br />

ist das Ende der Zurückhaltung da?<br />

Die Übergänge sind fliessend. Deshalb<br />

sind Erfahrung, Menschenkenntnis<br />

und Fingerspitzengefühl gefragt.<br />

Entscheidungshilfen finden<br />

sich in den Fragen: Wie lange zieht<br />

sich der Konflikt schon hin? Wie wirkt<br />

er sich auf das Umfeld aus? Wie beeinträchtigt<br />

er meine Führungsaufgaben<br />

als Vorgesetzter? Aber auch:<br />

Wie sind die Rahmenbedingungen,<br />

zum Beispiel die Konfliktkultur im<br />

Unternehmen? Ist es üblich, <strong>Konflikte</strong><br />

offen anzusprechen und konstruktiv<br />

zu lösen? Oder wird mit einem<br />

offensiven Ansprechen des Konflikts<br />

Neuland betreten – mit dem Gewinn,<br />

dass eine konstruktive Konfliktkultur<br />

aufgebaut werden kann, aber auch<br />

mit der Gefahr, dass der spezifische<br />

Konflikt als Präzidenzfall ein sehr<br />

hohes Gewicht bekommt?<br />

Situation 6<br />

Häufig entwickelt sich auch zwischen<br />

Gruppen, Abteilungen (Marketing<br />

kontra Technik; Einkauf kontra Verkauf,<br />

Innendienst kontra Aussendienst)<br />

ein Kleinkrieg. Wie ist diesen<br />

Scharmützeln beizukommen?<br />

Hier ist es ratsam, einen professionellen<br />

Mediator zu Hilfe zu holen. Erfahrungsgemäss<br />

sorgt der am zuverlässigsten<br />

dafür, den Frieden wieder<br />

herzustellen. Bei dieser mittlerweile<br />

sehr bewährten Form der Beilegung<br />

von Auseinandersetzungen liegt die<br />

Kontrolle über den Konfliktausgang<br />

<strong>Konflikte</strong><br />

im Kern<br />

ausräumen<br />

Zum Weiterlesen<br />

Elisabeth Kals: Arbeits- und Organisationspsychologie – Ein Workbook.<br />

Beltz Verlag, Weinheim 2006, 192 Seiten, CHF 44.50/€ 24,90.<br />

Leo Montada und Elisabeth Kals: Mediation. Beltz Verlag, Weinheim<br />

2006, 301 Seiten, CHF 76.–/€ 44,50.<br />

John M. Haynes, Axel Mecke, Rainer Bastine und Larry S. Fong: Mediation<br />

– Vom Konflikt zur Lösung. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2004,<br />

334 Seiten, CHF 52.20/€ 29,50.<br />

Karl Benin: Schwierige Gespräche führen – Modelle für Beratungs-,<br />

Kritik- und Konfliktgespräche im Berufsalltag. Rowohlt Verlag, Hamburg,<br />

3. Auflage 2005, 330 Seiten, CHF 18.10/€ 9,90.<br />

Dagmar Krumbier: Sie sagt, er sagt – Kommunikationspsychologie<br />

für Partnerschaft, Familie und Beruf. Rowohlt Verlag, Hamburg 2006,<br />

408 Seiten, CHF 16.50/€ 8,90.<br />

Albert Thiele: Argumentieren unter Stress – Wie man unfaire Angriffe<br />

erfolgreich abwehrt. Frankfurter Allgemeine Buch, Frankfurt, 4. Auflage<br />

2005, 279 Seiten, CHF 44.–/€ 24,90.<br />

und somit die Entscheidungsmacht<br />

bei den beteiligten Parteien. Sie tragen<br />

damit in hohem Masse die Verantwortung<br />

für die Lösung des Konflikts.<br />

Funktion des Mediators ist es,<br />

für den Fortschritt und den fairen<br />

Verlauf des Verfahrens zu sorgen.<br />

Situation 7<br />

Viele scheuen vor einem notwendigen<br />

offenen Wort zur rechten Zeit zurück.<br />

Unterschwellig gereizt, wird ihr Verhalten<br />

so seinerseits zum Stein des Anstosses.<br />

Innerbetrieblich gefragt und eigentlich<br />

unverzichtbar ist eine Kultur der<br />

Kommunikation. Damit ein notwendiges<br />

offenes Wort konstruktiv wirkt,<br />

muss es von der Gegenseite angenommen<br />

werden. Wichtig ist, nicht<br />

beschuldigend, sondern erklärend,<br />

von dem eigenen Erleben und den<br />

dadurch entstehenden Gefühlen ausgehend<br />

zu sprechen. Dazu gehört<br />

auch, eine Situation zunächst von<br />

den unterschiedlichen Perspektiven<br />

der Beteiligten zu beleuchten und auf<br />

dieser Basis versuchen, zu verstehen<br />

und sich zu verständigen.<br />

Situation 8<br />

Wie hängt die innerbetriebliche Konflikt-«Geneigtheit»<br />

mit dem Betriebsklima<br />

zusammen?<br />

Es bestimmt nicht nur über die Häufigkeit<br />

der <strong>Konflikte</strong>ntstehung mit,<br />

sondern auch über die <strong>Konflikte</strong>ntwicklung.<br />

Ein gutes Klima vereitelt<br />

zwar nicht, dass <strong>Konflikte</strong> entstehen,<br />

denn die gibt es immer, wenn Menschen<br />

zusammenleben oder -arbeiten.<br />

Es erleichtert aber, dass diese<br />

<strong>Konflikte</strong> unverzüglich angesprochen<br />

und ausgeräumt werden können. Jeder<br />

Konflikt lässt sich auf unzählige<br />

Weisen konstruktiv lösen. Wenn der<br />

im Betrieb herrschende Geist es<br />

möglich macht, bei <strong>Konflikte</strong>n nicht<br />

automatisch nach Schuldigen, sondern<br />

nach Erklärungshypothesen zu<br />

suchen, so hilft dies nicht nur, die Situation<br />

mit ein wenig Abstand und<br />

damit unaufgeregter zu betrachten,<br />

sondern erweitert auch den Handlungs-<br />

und Lösungsspielraum. ■<br />

MQ Management und Qualität 7-8/2006<br />

5

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