Oberschwäbische Seitenblicke - Bodo
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Wangen 6<br />
Wässriger Untergrund verschlingt Millionen<br />
Sommer 1878, Kaibacheinschnitt zwischen Kißlegg und<br />
Argen. Der Bauunternehmer G. Voß aus Gera ist am<br />
Rand der Verzweiflung. Sein Auftrag: Das Ausheben eines<br />
1.600 m langen und 30 m tiefen Einschnitts und den Bau<br />
eines daran anschließenden 500 m langen und durchschnittlich<br />
27 m hohen Damms. Grund: Das Durchstechen<br />
der Wasserscheide zwischen Schussen und Argen und die<br />
Querung eines Teils des Tales der Unteren Argen für die geplante<br />
Bahntrasse Kißlegg – Wangen. Doch dieser Auftrag<br />
hat es in sich: Immer wieder schütten Schlammlawinen<br />
über Nacht den mühevoll gegrabenen Einschnitt einfach<br />
wieder zu. Kein Wunder, denn die Moräneablagerungen<br />
des Rheingletschers sind hier besonders wasserreich. Dabei<br />
hatte Herr Voß bei der Einrichtung der Baustelle keinen<br />
Aufwand gescheut: Spezielle Bahnen der Spurweite<br />
90 cm wurden verlegt, auf deren viel verzweigtem Netz acht<br />
Züge gleichzeitig fuhren! Auf diese Weise konnten bis zu<br />
6.000 m 3 /Tag an Material vom Einschnitt zum Damm bewegt<br />
werden. Mit Hilfe eines ausgeklügelten Signalsystems<br />
und eines extra angelegten temporären Rangierbahnhofs<br />
konnten täglich bis zu 60 Baustellenzüge fahren, ohne dass<br />
auch nur einer den anderen behinderte. Dank dieses für die<br />
damalige Zeit innovativen und massiven Einsatzes von Baustellentechnik<br />
konnte schließlich der Bau doch noch erfolgreich<br />
übergeben werden. Die Kosten dafür allerdings waren<br />
so hoch, dass der Volksmund für den Kaibacheinschnitt<br />
gleich einen neuen Namen erfand: „Millionenschlucht“.<br />
Heute ist von alledem fast nichts mehr zu sehen. Der Damm<br />
von 1878 ist teilweise abgetragen, und gemeinsam mit<br />
dem Ratzenrieder Viadukt durch eine Betonbrücke ersetzt.<br />
Doch Kosten verursacht das „Millionenloch“ bis heute,<br />
denn immer wieder rutscht die Moräne, so dass Streckensanierungen<br />
an der Tagesordnung sind. Doch nicht vom dafür<br />
benötigten Geld kommt der Name der Argen, sondern<br />
von Arguna, der Glitzernden. Schließlich war ihr silbernes<br />
Wildfluss-Glitzern bereits für die damaligen Taufpaten, die<br />
Kelten, etwas Besonderes. Neben der Unteren Argen gibt<br />
es noch die Obere.<br />
Seitenblick<br />
Nach Erreichen der Hochfläche jenseits der Unteren Argen<br />
erscheint links das frühere Empfangsgebäude des Bahnhofs<br />
Ratzenrieds. Mit seinem gemauerten Erdgeschoss, seinem<br />
geschindelten Obergeschoss und seinem mit Brettern versehenen<br />
Dachgeschoss zeigt es heute noch typische Merkmale<br />
des damaligen „württembergischen Landhausstils“.<br />
Ehemaliges Empfangsgebäude von Ratzenried<br />
Argen, © Günther Schad/Pixelio<br />
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