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Oberschwäbische Seitenblicke - Bodo

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Bad Wurzach<br />

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Wolfegg 4<br />

Im Wald, da sind die Räuber ...<br />

Es ist Freitag, der 16. April 1819. Vorsichtig nähern sich<br />

die Räuber der einsam in der Nähe von Ostrach gelegenen<br />

Laubbachmühle. Zum wiederholten Male dringen sie in die<br />

Mühle ein. Ihr Ziel: der Raub von Lebensmitteln. Doch gerade<br />

als sie die Bewohner fesseln wollen, schlägt ein Bandenmitglied<br />

Alarm: aus Richtung Königseggwald nähern sich<br />

bewaffnete Forstknechte! Blitzschnell fliehen die Räuber,<br />

werden jedoch vom Forstpraktikanten Langen verfolgt. Er<br />

entdeckt sie schließlich mitten im Wald, wie sie gerade<br />

hungrig ihre gestohlenen Lebensmittel hinunterschlingen.<br />

Langen wartet, bis Verstärkung nachgerückt ist. Doch erst<br />

nach mehreren dramatischen Handgemengen können die<br />

Räuber schließlich überwältigt werden. Für die Verfolger<br />

ein großer Fang. Schließlich ist ihnen der „Schwarze Vere“<br />

mitsamt seiner Bande ins Netz gegangen! (vgl. Station 16)<br />

Moorgebiete, aber auch Waldgebiete wie der Altdorfer<br />

Wald, waren die bevorzugten Rückzugsgebiete dieser bis<br />

heute in Oberschwaben weithin bekannten Räuberbande.<br />

Wie es heißt, verschonten sie Bauern und Jungfrauen. Doch<br />

nicht Romantik, sondern Hungersnöte und Armut sind die<br />

Erklärungen für das häufige Auftreten von Räubern in der<br />

Zeit des 18. und 19. Jahrhunderts. Heute ist der Altdorfer<br />

Wald zwar frei von Räuberbanden, doch noch immer beeindrucken<br />

seine Tobel (vgl. Station 3), Moore und Stillgewässer.<br />

Doch Vorsicht: Ein vermeintlicher See ist oft gar kein<br />

See, ein vermeintliches Moor manchmal keine ungestörte<br />

Natur! Und selbst den Bächen ist im Altdorfer Wald nicht<br />

zu trauen. Denn allzu oft entpuppt sich ein auf den ersten<br />

Blick vermeintlich naturnaher Bach als ... jahrhunderte alter<br />

Kanal. Ein Musterbeispiel dafür ist der „Stille Bach“.<br />

Schon der Name weist auf seine Besonderheit hin, fließt<br />

er doch aufgrund seines gleichmäßigen, sanften Gefälles<br />

nahezu geräuschlos. Und das auch noch am Hang? In der<br />

Tat: Kein Bach, sondern ein zu den ältesten Kanalsystemen<br />

Süddeutschlands gehörendes Fließgewässer, welches im<br />

Altdorfer Wald ein rund 25 km 2 großes Gewässernetz aus<br />

zehn Kanälen sowie etwa 20 Weihern vernetzt. Angelegt<br />

wurde dieses System von Benediktinern des Klosters Weingarten,<br />

die damit eine fast ganzjährig konstante Wassermenge<br />

zum Betrieb ihrer Mühlen, Tränken und Brunnen erreichen<br />

konnten. Eine ingenieurtechnische Meisterleistung,<br />

die bereits im 11. Jahrhundert begonnen wurde. Während<br />

für den Rohstoff Wasser keine Bahn benötigt wurde, sah<br />

das für den Rohstoff Holz ganz anders aus: Zahlreiche Sägewerke<br />

sorgten in der Vergangenheit für die Nachfrage<br />

nach Transportkapazitäten auf der Allgäubahn. Während<br />

früher u. a. Hopfenstangen hoch im Kurs standen, aber<br />

auch die Zellstoffindustrie den Rohstoff nutzte, sind es heute<br />

vielfältige Spezialprodukte bis hin zu Holzhackschnitzeln<br />

für eine moderne Energieversorgung.<br />

Doch warum gibt es den Altdorfer Wald hier überhaupt?<br />

Von der Luft aus verrät seine markante, längsgerichtete<br />

Form bereits einen engen Zusammenhang mit seinem<br />

Untergrund: eine Moräne aus der Eiszeit. Diese „innere<br />

Jungendmoräne“ bildet den zweiten Endmoränenkranz<br />

aus der letzten Eiszeit. Aufgrund ihrer Erhebung bildet<br />

sie oft trockene und nährstoffärmere Standorte, die landwirtschaftlich<br />

nicht so interessant sind wie die nährstoffreicheren<br />

und feuchteren Senkenlagen. Aus diesem Grund<br />

blieben solche Moränenstandorte oftmals dem Wald überlassen.<br />

Und damit auch den Räubern ...<br />

Seitenblick<br />

Hinter Wolfegg dominiert endgültig die typische Landschaft<br />

des Westallgäus: Viele Einzelhöfe und kleinere Weiler prägen<br />

die Siedlungslandschaft. Meist liegen sie am Fuße von<br />

sanften, waldbedeckten Hügeln. Dazwischen sind Mulden<br />

eingelagert, mit Mooren, Seen und Weihern. Nur gelegentlich<br />

unterbrochen von eingeschnittenen, tieferen Tälern.<br />

Enge Kurven, unzählige Dämme, Einschnitte und Brücken<br />

zeigen, welche Herausforderung diese Landschaft den Erbauern<br />

der Allgäubahn bot.<br />

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