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Neue Kunstbücher<br />
Monographien zur Malerei<br />
vorgestellt von Thomas Hirsch<br />
Die Malerei ist – zum Glück – nicht kaputt<br />
zu kriegen. Bei allen Ausweitungen in den<br />
Raum und aller faktischen Konzentration<br />
auf die reprografische oder virtuelle<br />
Oberfläche, mit denen die Kunst ihre<br />
Gegenwart reflektiert, behauptet sich die<br />
Malerei auch weiterhin. Über die Jahrhunderte<br />
hat sie Wandlungen von der reinen<br />
Funktionszuweisung in der Frühzeit über<br />
die Vermittlung des christlichen Glaubens<br />
in der Renaissance vollzogen, sie diente<br />
Kirchenfürsten und Feldherren, erreichte im<br />
Ständeportrait eine hohe gesellschaftliche<br />
Anerkennung und eine weitere Personalisierung<br />
des Künstlers, ehe sie als Metier mit<br />
freier Motivwahl gänzlich autonom wurde.<br />
Die Scheidung von der Werkstatt und den<br />
Schülern führt (ungeachtet des künstlerischen<br />
Mediums) zur Frage nach der Werkgenese<br />
und sie äußert sich in heutiger Zeit<br />
in der Monographie, die eine Abfolge der<br />
Schaffensphasen bereithält und Urheberschaften<br />
klärt oder aufwirft ... Lange wurden<br />
dem Caravaggisten Orazio Gentileschi Gemälde<br />
zugeschrieben, die von seiner Tochter<br />
Artemisia stammen; erst im 20. Jahrhundert<br />
wird ihr Beitrag für die Kunst des Barock<br />
aufgearbeitet. Artemisia Gentileschi (1593<br />
– um 1651) gehört zu den bedeutenden<br />
Künstlerinnen in Zeiten, in denen nur sehr<br />
wenige Frauen den Beruf des Künstlers ergriffen.<br />
Ihr Leben steht unter dem Schatten<br />
der Vergewaltigung durch ihren Lehrer, dem<br />
anschließenden Prozess und der Abreise aus<br />
Rom nach Florenz; später hält sie sich, als<br />
Künstlerin hochangesehen, wieder in Rom<br />
und Neapel auf. Sie malt Porträts, Stillleben,<br />
Historienbilder und biblische Stoffe. Leitmotivisch<br />
durchziehen Frauengestalten ihr<br />
Werk. Die Malerei ist souverän, dynamisch<br />
in der Wendung der Körper. Gesicht und<br />
Kleidung werden durch Licht und Schatten<br />
modelliert. Dramatisch sind oft die Posen,<br />
unterstützt noch durch die Komposition im<br />
Bildraum, den die Figuren massiv besetzen<br />
… Das zeigt nun die gute geschriebene,<br />
feuilletonistische Monographie von Dagmar<br />
Lutz, die vom Leben dieser bemerkenswerten<br />
Malerin ausgeht. Natürlich ist es hilfreich,<br />
vergleichende Bilder etwa von Orazio<br />
Gentileschi oder Caravaggio zu integrieren,<br />
allerdings ist dies mitunter infolge der allzu<br />
komplexen Grafik verwirrend. Insgesamt<br />
aber entsteht ein fundierter Einblick in das<br />
Werk der Artemisia Gentileschi.<br />
In vielerlei lässt sich dieses Buch mit<br />
der aktuellen Monographie zur Malerei von<br />
John Everett Millais vergleichen. Der (leider<br />
nur englische) Text von Jason Rosenfeld ist<br />
jedoch ausführlicher, das Buch ist grafisch<br />
viel klarer, wenngleich eine reine Bildstrecke<br />
gutgetan hätte. John Everett Millais<br />
(1829-1896), der als damals jüngster<br />
Student in die Schule der Royal Academy<br />
aufgenommen wurde, gründet 1848 mit<br />
William Hunt und Dante Gabriel Rosetti<br />
die Gemeinschaft der Präfraffaeliten. Millais<br />
wendet sich jedoch bald vom lieblichem<br />
Impetus ab. Seine Sache<br />
ist die<br />
Wirklichkeitsschilderung mit hoher<br />
atmosphärischer Verdichtung mittels einer<br />
brillanten Farbigkeit, dazu entstehen Genreund<br />
Landschaftsdarstellungen; vor allem<br />
mit letzterem wird er später gepriesen. Jason<br />
Rosenfelds Verdienst ist es unter anderem,<br />
die Bedeutung der Natur im gesamten<br />
Werk herauszuarbeiten, und das Verdienst<br />
des Buches ist es, John Everett Millais<br />
überhaupt in einer respektablen Einzeldarstellung<br />
zu würdigen.<br />
Aber wie unterschiedlich doch Werkübersichten<br />
ausfallen! So wie das Buch zu<br />
Millais dem erzählerischen Charakter seiner<br />
Bilder entspricht, so ist das so viel andere<br />
Buch zu Hans Hofmann punktgenau für<br />
dessen Kunst. Auch Hans Hofmann ist zu<br />
entdecken, jedenfalls in Europa. Das klingt<br />
paradox, schließlich hat Hofmann (1880-<br />
1966) die ersten 53 Jahre seines Lebens in<br />
Deutschland verbracht, hier malen gelernt,<br />
seine eigene Kunst dann aber eingestellt,<br />
um Malschulen zu gründen. Über den<br />
Kunstunterricht kam er mit Amerika in<br />
Kontakt, wurde als Lehrer eingeladen und<br />
erhielt die Möglichkeit, als er von den ersten<br />
Untaten der Nationalsozialisten hörte,<br />
zu bleiben und amerikanischer Staatsbürger<br />
zu werden. Er gründete Schulen in New<br />
York und Provincetown und setzte wieder<br />
mit der Malerei ein. Hofmann etablierte<br />
sich als einer der bedeutenden Maler des<br />
abstrakten Expressionismus. Neben den<br />
Franzosen beeindruckte ihn Kandinsky<br />
nachhaltig, er erreicht mit seiner abstrakten,<br />
aus dem Gestus gewonnen Farbmalerei<br />
D. Lutz, Artemisia Gentileschi, Leben und<br />
Werk, 128 S. mit ca. 110 Farbabb., geb.<br />
mit Schutzumschlag, 28,5 x 25 cm, Belser,<br />
39,95 Euro<br />
J. Rosenfeld,<br />
John Everett<br />
Millais, engl., 256 S. mit<br />
190 farb. Abb., geb. mit Schutzumschlag,<br />
29 x 25 cm, Phaidon, 49,95 Euro<br />
Hans Hofmann, Magnum Opus, Hrsg.<br />
B. Buhlmann, dt./engl., 164 S. mit 65 farb.<br />
Abb., Leinen, geb. mit Schutzumschlag,<br />
29 x 30 cm, Hatje Cantz, 39,80 Euro<br />
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