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Biserka erzählt über den Krieg. Sie weiß,<br />
dass Erzählen ein Weg ist, die Verletzungen<br />
des Krieges zu lindern. Kommt, lasst uns<br />
reden, denn wer redet, ist nicht tot, hatte einst<br />
Gottfried Benn in einem Gedicht geschrieben.<br />
Biserka erzählt: Mein Sohn war Soldat<br />
bei der kroatischen Armee. Während des Krieges<br />
zeigte er keine Angst. Keine Zeit dazu. Immer<br />
nur beschäftigt, das Notwendige zu tun. Danach<br />
zu müde, um nachzudenken. Über das,<br />
was er im Krieg erlebt hat, hat er - anders als<br />
seine Mutter - nie gesprochen. Jetzt besuchen<br />
ihn in den scheinbar freien Stunden seines<br />
Lebens ohne Arbeit und ohne Familie die<br />
Gespenster der Vergangenheit und des Krieges.<br />
Mein Sohn leidet unter Depressionen und<br />
hat lange Zeit keinen Anschluss an das Leben<br />
nach dem Krieg gefunden. Was Biserka erzählt,<br />
erinnert an das Schicksal der US-amerikanischen<br />
Vietnam-Veteranen, die nach ihrer<br />
Reise ins Herz der Finsternis nicht zurückfinden<br />
konnten in das, was man ein normales<br />
Leben nennt. So viele Kriege -: Und doch<br />
sind die Gesetze der Seele universell.<br />
Arbeitslosigkeit und Traumatisierung<br />
durch den Krieg, das ist ein Schicksal, das<br />
Biserkas Sohn mit vielen Kroatinnen und<br />
Kroaten teilt. Dabei hatte er unmittelbar<br />
nach dem Krieg schon eine Arbeit gefunden;<br />
doch die Armee köderte ihn mit ungewissen<br />
Versprechungen, die sie später nicht halten<br />
kann oder will. Er sollte arbeiten, eine Familie<br />
gründen, dann hätte sein Leben einen Sinn,<br />
sagt Biserka, dann wüsste er, wofür er lebt.<br />
Und es sind wie immer die einfachen Wahrheiten,<br />
die stimmen und die doch so schwer<br />
zu leben sind. Und Sport treiben sollte er, sich<br />
die Ängste und Erinnerungen aus dem Leibe<br />
schwitzen. Biserka ist eine Frau voller Hoffnungen.<br />
Jetzt hat ihr Sohn einen Job auf der<br />
Insel. Im Tourismus. Und langsam schon, sagt<br />
Biserka, geht es ihm besser. Und die Töchter<br />
und Söhne der Nostalgie müssen Bozava auf<br />
ihrer Landkarte als Ort der Vergangenheit<br />
ausstreichen und ihm eine Zukunft wünschen.<br />
Doch jede Zukunft wird irgendwann<br />
einmal Vergangenheit sein.<br />
Ina<br />
Am schönsten ist Bozava im Juni, sagt Ina,<br />
die ich in einer Hafenbar kennen lerne. Weil<br />
dann, angelockt vom Duft von Oleander,<br />
Jasmin und Bougainville das Dorf voller<br />
Schmetterlinge ist. Lebendige Mobiles der<br />
Heiterkeit aus Zitronenfaltern, Pfauenaugen<br />
und Bläulingen. Für einen flüchtigen<br />
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