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fand sich ein Picasso. Architekt war Emil Fahrenkamp, der den Wuppertalern nicht unbekannt sein dürfte. Die Sammlung ist unter anderem deshalb so einzigartig, weil von der Heydt, was das Kunstverständnis anbetraf, die Nase vorn hatte. Bereits während seiner Amerikaaufenthalte 1905 und 1909 befasste er sich intensiv mit chinesischer Kunst und dem Buddhismus. Er war einer der ersten, der indische Kunstwerke erwarb und konnte häufig, weil er dem allgemeinen Trend voraus war, günstiger kaufen. Kein Wunder, dass zahlreiche Museen Begehrlichkeiten anmeldeten. Er besaß ein untrügliches Gespür für Qualität, kümmerte sich um die Präsentation in den beliehenen Museen, veröffentlichte in kunstwissenschaftlichen Zeitschriften und war allem Neuen gegenüber aufgeschlossen. Heike Ising-Alms stellt in ihrem Beitrag klar, dass Eduard von der Heydt, an die Sammlung seiner Eltern anknüpfend, die Avantgarde seiner Zeit sammelte und damit die Pluralität der Gesellschaft der Weimarer Republik spiegelte. Bezeichnend für die weitgefächerten Interessen des Barons war der Erwerb eines Konvoluts von Fastnachtsmasken aus der Schweiz. Seine Sammlung war Weltkunst, ‚ars una’ in dem Sinne, wie es auch „Der Blaue Reiter“ in seinem Almanach 1912 postuliert hat: Alles kann Kunst sein, es gibt keine Hierarchien. Eduard von der Heydt hat sich übrigens nie von einem Künstler malen lassen. Es gibt lediglich eine Porträtbüste aus Goldbronze von dem Schweizerischen Künstler Otto Charles Benninger von 1953. Im zweiten Kapitel „Der Bankier von der Heydt“, analysiert Michael Wilde die Verflechtung von Politik, Finanzpolitik und Kunstsammlung: 1946 hatte der Baron die auf über 2560 Stücke angewachsene Sammlung auf 69 verschiedene Orte im In- und Ausland verteilt. Das gelang ihm durch eine geschickte Vernetzung seiner zahlreich gegründeten Banken und Firmen und eine gekonnte Leihgabenpolitik, denn seine Kunstwerke waren wegen ihrer herausragenden Qualität von den Museen überaus begehrt. Verglichen mit den Erfolgen des Barons als Kunstsammler, war seine berufliche Laufbahn von zahlreichen Tiefschlägen gezeichnet. Der Beginn der erfolgversprechenden Karriere als Bankier in London 1910 endete mit der Liquidierung der Bank und des gesamten dort eingelagerten Vermögens durch die Engländer während des Ersten Weltkrieges. Von der Heydt wäre möglicherweise Diplomat oder Politiker geworden, zumindest gewinnt man den Eindruck, dass er gern Einfluss genommen hätte. Nach seiner schweren Verwundung im Frankreichfeldzug schrieb er aus Den Haag hochqualifizierte Presseberichte für den Auswärtigen Dienst und wurde wegen seiner Ablehnung des totalen U-Bootkrieges 1919 entlassen. Mit der Machtübernahme Hitlers erhoffte sich von der Heydt vielleicht, auf die Reinthronisierung des Kaisers einwirken zu können. 1933 ist er der NSDAP beigetreten, erkannte dies jedoch wenig später als Fehler. 1937, nach Erhalt der Schweizer Staatsbürgerschaft, wurde der Baron als Devisen schiebender Reichsfeind und wegen Kontakten zu Juden von der Partei ausgeschlossen. Mit dem Transfer von Geldern für das Auswärtige Amt über seine Banken in Amsterdamer und Locarno während des Zweiten Weltkrieges hatte sich von der Heydt möglicherweise erneut, wenngleich indirekt und von ihm abgestritten, politisch betätigt, weshalb ihm in der Schweiz der Prozess gemacht wurde. Dieser endete mit einem Freispruch. Um diese komplizierten politischen und persönlichen Verhältnisse aufzuschlüsseln, haben die Autoren weitgehend auf Sekundärliteratur verzichtet und stattdessen akribisch die Archive durchforstet, soweit sie ihnen zugänglich waren. Dabei sind zahlreiche Legenden als solche entlarvt worden, und es entsteht das Bild einer von Vielseitigkeit, Klugheit, Sachverstand und Humor geprägten Persönlichkeit mit gewissen Grauzonen. Diese Facetten spiegeln sich im Buch durch eine Fülle von teilweise bisher unveröffentlichten Fotografien. Gleich im Vorwort sieht man Eduard von der Heydt in weißen Shorts im Schneidersitz als „Buddha vom Monte Verità“. Der Baron wusste sich mittels der Fotografie auf vielfältige und oft ironisch - witzige Weise selbst zu inszenieren, auch zusammen mit seinen Kunstwerken. Dem trägt das Buch auch von der liebevollen Ausstattung her Rechnung, indem z. B. auf den Vorsatzblättern Mitgliederausweise des Barons von zahlreichen Kunst- und Museumsvereinen sowie Einträge in das Gästebuch des Monte Verità zu sehen sind. Neben dem Gästeverzeichnis findet sich eine Chronik der zeitlich parallelen Ereignisse. Auf umsichtig gestalteten Sonderseiten werden zahlreiche Dokumente und Kunstwerke vorgestellt und kommentiert. Nicht nur für Wuppertaler Bürger ist dieses Buch eine Fundgrube. Authentischer und spannender kann Kulturgeschichte nicht vermittelt werden. Die Autoren liefern auch ein Lehrstück dafür, wie lebendig Wissenschaft dargeboten werden kann. Das Leben Eduard von der Heydts ist ein dichtes, hochdramatisches Stück Zeitgeschichte der ersten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts, das auch nachdenklich macht: Trotz zahlreicher Quellen und Zeitzeugnisse hat der Baron erfolgreich dafür Sorge getragen, dass seine eigentliche Persönlichkeit im Verborgenen bleibt. Und einmal mehr stellt sich die Frage, wie man selbst unter dem Druck eines verbrecherischen Regimes in ausweglosen Situationen gehandelt hätte, in der Verantwortung für sich selbst und andere, eine Familie und ein Lebenswerk. Marlene Baum Fotos: aus dem vorgestellten Buch Eduard von der Heydt Kunstsammler, Bankier, Mäzen Eberhard Illner (Hrsg.) Michael Wilde, Heike Ising-Alms, Esther Tisa Francini. 280 Seiten mit 210 Abbildungen, davon 40 in Farbe Prestel Verlag München 2013 ISBN 978-3-7913-4204-7 49,95 Euro Angeregt durch die Forschungsergebnisse des Buches finden zwei Ausstellungen statt: Von Buddha bis Picasso. Der Sammler Eduard von der Heydt. Rietberg Museum Zürich (20. 4. 2013 – 18. 8. 2013) und Von der Heydt-Museum Wuppertal (13. 10. 2015 – 28. 2. 2016) 16
Die neue Schauspiel-Intendantin Susanne Abbrederis Regie ist nicht ihr Ding – Theatermachen für Zuschauer Susanne Abbrederis in Wuppertal Foto: Andreas Fischer Sie wuppen das Es gibt im Leben von Journalisten immer wieder Ereignisse, die über den Status des Flüchtigen und Oberflächlichen hinausgehen. Und es gibt sogar Ereignisse, die vergisst man so schnell nicht. Wie dieses: da hockten am frühen Abend des 12. April 2013 etliche Medienvertreter auf den Stühlen im Kronleuchter-Foyer des Wuppertaler Opernhauses und warteten darauf, wer ihnen denn nun als neue Wuppertaler Schauspiel-Intendantin präsentiert werden würde. Ein paar Tage zuvor hatte Oberbürgermeister Peter Jung den damals leicht verwirrten Berichterstattern verkündet, es würde auf jeden Fall eine Frau. Für 17.30 Uhr hatte die Stadt zur Pressekonferenz geladen, doch erst um kurz vor 18 Uhr bogen Peter Jung, der Kultur-Ausschussvorsitzende Rolf Köster und die offensichtlich Auserkorene schnellen Schrittes um die Ecke. Als der Oberbürgermeister den Namen Susanne Abbrederis nannte, wusste damit keine und keiner der Medienvertreter etwas anzufangen. Als Jung von einem „gewinnenden Menschen“ sprach, wurde man sehr aufmerksam und schon die ersten Sätze der Dame bestätigten den Eindruck, den das Kultur-affine, aber – oder deshalb – nicht unumstrittene und längst auch offen kritisierte Stadtoberhaupt gewonnen hatte. Am Ende hatte sich Susanne Abbrederis gegen 49 andere Bewerber durchgesetzt. Im „Stechen“ dann gegen eine andere Frau, die offenbar jünger war als die 1953 in Bregenz am Bodensee geborene Theaterwissenschaftlerin und Chefdramaturgin am 1889 von Wiener Bürgern gegründeten Volkstheater in der Neustiftgasse. Nach neun Spielzeiten in dem mit Kulturangeboten reich gesegneten Wien nun also Wuppertal. Es war wirklich gewinnend, als sie charmant schilderte, warum sie sich überhaupt bewarb und wie sie Wuppertal während ihrer 13 Spielzeiten in Essen kennenlernte. Es war die Zeit des Wuppertaler Intendanten Holk Feytag, es gab Kontakte zu Pina Bausch und immerhin konnte sich Susanne Abbrederis an das Café du Kongo im Luisenviertel erinnern. Vor allem aber ist Susanne Abbrederis mit der nüchternen Wahrheit der tatsächlich vorhandenen Möglichkeiten von der Donau an die Wupper gelockt worden. Deshalb werden der sechs Jahre am Nationaltheater in Mannheim, fünf Jahre am Staatstheater in Stuttgart und zuvor am Landestheater in 17
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Die neue Schauspiel-Intendantin<br />
Susanne Abbrederis<br />
Regie ist nicht ihr Ding –<br />
Theatermachen für Zuschauer<br />
Susanne Abbrederis in Wuppertal<br />
Foto: Andreas Fischer<br />
Sie wuppen das<br />
Es gibt im Leben von Journalisten immer<br />
wieder Ereignisse, die über den Status des<br />
Flüchtigen und Oberflächlichen hinausgehen.<br />
Und es gibt sogar Ereignisse, die<br />
vergisst man so schnell nicht. Wie dieses:<br />
da hockten am frühen Abend des 12. April<br />
2013 etliche Medienvertreter auf den<br />
Stühlen im Kronleuchter-Foyer des Wuppertaler<br />
Opernhauses und warteten darauf,<br />
wer ihnen denn nun als neue Wuppertaler<br />
Schauspiel-Intendantin präsentiert werden<br />
würde. Ein paar Tage zuvor hatte Oberbürgermeister<br />
Peter Jung den damals leicht<br />
verwirrten Berichterstattern verkündet, es<br />
würde auf jeden Fall eine Frau. Für 17.30<br />
Uhr hatte die Stadt zur Pressekonferenz geladen,<br />
doch erst um kurz vor 18 Uhr bogen<br />
Peter Jung, der Kultur-Ausschussvorsitzende<br />
Rolf Köster und die offensichtlich Auserkorene<br />
schnellen Schrittes um die Ecke.<br />
Als der Oberbürgermeister den Namen<br />
Susanne Abbrederis nannte, wusste damit<br />
keine und keiner der Medienvertreter etwas<br />
anzufangen. Als Jung von einem „gewinnenden<br />
Menschen“ sprach, wurde man<br />
sehr aufmerksam und schon die ersten Sätze<br />
der Dame bestätigten den Eindruck, den<br />
das Kultur-affine, aber – oder deshalb –<br />
nicht unumstrittene und längst auch offen<br />
kritisierte Stadtoberhaupt gewonnen hatte.<br />
Am Ende hatte sich Susanne Abbrederis<br />
gegen 49 andere Bewerber durchgesetzt. Im<br />
„Stechen“ dann gegen eine andere Frau,<br />
die offenbar jünger war als die 1953 in<br />
Bregenz am Bodensee geborene Theaterwissenschaftlerin<br />
und Chefdramaturgin am<br />
1889 von Wiener Bürgern gegründeten<br />
Volkstheater in der Neustiftgasse. Nach<br />
neun Spielzeiten in dem mit Kulturangeboten<br />
reich gesegneten Wien nun also<br />
Wuppertal. Es war wirklich gewinnend,<br />
als sie charmant schilderte, warum sie sich<br />
überhaupt bewarb und wie sie Wuppertal<br />
während ihrer 13 Spielzeiten in Essen kennenlernte.<br />
Es war die Zeit des Wuppertaler<br />
Intendanten Holk Feytag, es gab Kontakte<br />
zu Pina Bausch und immerhin konnte sich<br />
Susanne Abbrederis an das Café du Kongo<br />
im Luisenviertel erinnern. Vor allem aber<br />
ist Susanne Abbrederis mit der nüchternen<br />
Wahrheit der tatsächlich vorhandenen<br />
Möglichkeiten von der Donau an die<br />
Wupper gelockt worden. Deshalb werden<br />
der sechs Jahre am Nationaltheater in<br />
Mannheim, fünf Jahre am Staatstheater in<br />
Stuttgart und zuvor am Landestheater in<br />
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