21.11.2013 Aufrufe

Teil C

Teil C

Teil C

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

C.8.1<br />

Pflicht zum gegenseitigen Wohlverhalten<br />

Damit das Kind von den Umgangskontakten profitieren kann, müssen die<br />

Umgangskontakte ohne anhaltende Konflikte verlaufen. Hierbei spielt die<br />

Beziehung, die Herkunfts- und Pflegeeltern zueinander haben, eine ausschlaggebende<br />

Rolle.<br />

Herkunfts- und Pflegeeltern haben die Verpflichtung zu gegenseitiger<br />

Akzeptanz und Loyalität. Dies ergibt sich aus der sog. »Wohlverhaltensklausel«<br />

(§ 1684 Abs. 2 BGB), die auch im Verhältnis zwischen Pflege- und<br />

Herkunftseltern Anwendung findet (vgl. § 1685 Abs. 3 BGB). Danach haben<br />

die Eltern alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zu den Pflegeeltern<br />

oder die Erziehung erschwert. Insbesondere sollen sie die Pflegeeltern<br />

nicht schlecht machen oder dem Kind durch Inaussichtstellen einer baldigen<br />

Rückführung eine Verwurzelung in der Pflegefamilie erschweren. Umgekehrt<br />

haben auch die Pflegeeltern alles zu unterlassen, was das Verhältnis zu<br />

den leiblichen Eltern erschwert. Sie müssen das Kind »abholbereit« machen,<br />

ihm die notwendige Kleidung und Sonstiges zu Besuchskontakten mitgeben,<br />

gegebenenfalls auch mit erzieherischen Mitteln die Bereitschaft des Kindes zu<br />

Besuchskontakten aktiv fördern, indem sie die Kontakte als etwas Positives<br />

vermitteln. 10<br />

Das ist von beiden Seiten viel verlangt! Vor allem für die Pflegeeltern<br />

besteht oftmals die Schwierigkeit, dass sie mit einem artikulierten Verständnis<br />

gegenüber den Herkunftseltern die Erwartungen der Kinder, dass sie ihre<br />

Ängste ernst nehmen und zu ihnen stehen würden, enttäuschen könnten. Sie<br />

stehen vor der Aufgabe, Verständnis und Achtung gegenüber den leiblichen<br />

Eltern aufzubringen und die Besuchskontakte zu unterstützen, auch wenn sie<br />

selbst – evtl. sogar berechtigte – Vorbehalte gegenüber deren Lebenssituation<br />

und bisherigen sowie aktuellen Erziehung empfinden.<br />

Jedoch bedeutet die Pflicht der Erwachsenen zu gegenseitiger Loyalität<br />

nicht etwa, dass sie unangemessene Verhaltensweisen gegenüber dem Kind<br />

rechtfertigen oder kindliche Enttäuschungen und Frustrationen bagatellisieren<br />

sollen. 11 Vielmehr geht es darum, dass sie die bestehenden Bindungen<br />

des Kindes an die jeweils andere Familie respektieren und im Interesse des<br />

Kindes persönliche Aversionen außen vor lassen und Spannungen so weit<br />

wie möglich von dem Kind fern halten. Die Erwachsenen sollen bedenken,<br />

dass ihr Verhalten Rückwirkungen auf die jeweils anderen Beziehungen des<br />

Kindes haben kann. Nur dann hat das Kind die Möglichkeit, ohne Loyalitätskonflikte<br />

positive Beziehungen zu beiden Familien zu entwickeln (zu den<br />

Möglichkeiten des Gerichts, auf dieses gegenseitige Wohlverhalten hinzuwirken,<br />

s. C.10.2 und C.10.5). 12<br />

10<br />

Sie sind aber nicht dazu verpflichtet, den Widerstand des Kindes zu überwinden und kraft ihrer Autorität<br />

auf die Besuche hinzuwirken, wie teilweise behauptet wird. Keinesfalls kann physischer Zwang von<br />

ihnen verlangt werden.<br />

11<br />

Kritisch zur Wohlverhaltensklausel Salgo (2003), S. 366, der von einer »Doppelmoral« spricht, die den<br />

Pflegeeltern abverlangt wäre, die sich verheerend auf das Kind auswirken könne, weil sich damit ein für<br />

das Pflegekind bekanntes Muster – der Verleugnung bedrohlicher Situationen – fortsetzen würde und<br />

das Vertrauen des Kindes in die Pflegeeltern enttäuscht würde.<br />

12<br />

Wiemann (1999), S. 8 ff.<br />

8 Umgangskontakte und die Gestaltung von Beziehungen zur Herkunftsfamilie

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!