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Teil C

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C.8.4<br />

Beratung und Betreuung der Herkunftseltern 69<br />

Die befragten Herkunftseltern thematisierten in den Interviews in besonderer<br />

Weise, wie positiv sie Unterstützung wahrgenommen haben, die sie<br />

nach der Unterbringung der Kinder erhalten haben, was ihnen langfristig<br />

die Entwicklung von Akzeptanz, dass ihr Kind in der Pflegefamilie lebt,<br />

wesentlich erleichtert hat. So z. B. diese Mutter: » (…) weil ich hab halt eine<br />

Galeriewohnung, und es ist alles offen gewesen, und man hat einfach das Kind in<br />

der Nähe gewusst, und dass jemand da ist und schnauft, und dann – das – das<br />

plötzlich, das komplett Leere. Den Schmerz hab ich ziemlich schnell weggebracht,<br />

da – weil ich ja sofort auf Therapie bin! Da war ich sofort dann abgelenkt. Weil<br />

ich – ich konnte kein Baby sehen! Ohne dass ich da wirklich, ja, in Tränen sofort<br />

ausgebrochen bin. Oder dass ein Baby weint oder irgendwas, da (…) Und da<br />

war ich dankbar, dass ich dann auf Therapie konnte! Da ging es dann einigermaßen.<br />

Aber da hab ich auch bloß mich mit Ablenken da – von dem Schmerz<br />

entfernen können langsam. Dann ist es ja auch, dass die Zeit brutal viel – heilt<br />

halt. Und dass man es lernt, einfach zu mauern! Das hab ich bei der Andrea,<br />

dass ich relativ schnell umschwenken kann wieder. (…) Dass ich von der einen<br />

Sekunde auf die andere, wenn ich dran denke und so, dann – dann – da halt ich<br />

es fast nicht aus« (I AD, 1164-1168; 1177- 1184). Ihr Schmerz und ihre Hilflosigkeit,<br />

wie dem Kind mit all dem Gefühl des Versagens zu begegnen, brauchen<br />

einen Ort und eine Zeit, wo sie »aufgehoben« werden können mit Personen,<br />

die ihnen zuhören, die sie konkret beraten, wie sie sich verhalten können (vgl.<br />

C.7). Eine Vorbereitung der Besuchskontakte kann auch beinhalten, mit den<br />

Eltern Aktivitäten zu überlegen, die Eltern und Kindern Spaß machen. Eltern<br />

können vielleicht nicht spielen mit den Kindern oder vorlesen, wissen nicht,<br />

wie sich unterhalten mit den Kindern. Sie haben selbst solche Erfahrungen<br />

möglicherweise nicht. Und es muss bedacht werden, was die Kindheitsforscherin<br />

Annette Lareau in ihrer Studie »Unequal Childhoods. Class, race and<br />

Family life« (2003) an unterschiedlichen Erziehungsstilen von Eltern herausgearbeitet<br />

hat: Mittelschichteltern folgen bestimmten Standards der Beziehung,<br />

die u.a. die Bereitschaft beinhalten, Kinder in Gespräche und Entscheidungen<br />

einzubeziehen, elterliche Verbote zu begründen, die Interessen<br />

der Kinder zu fördern, sich aktiv an der Schule zu beteiligen usw. »Working<br />

class« oder arme Familien orientieren sich eher an einer Idee des natürlichen<br />

Aufwachsens: Sie ziehen klare Grenzen zwischen Kindern und Erwachsenen,<br />

binden sie weniger in Gespräche und Entscheidungen ein, Sprache wird eher<br />

als ein Instrument der Disziplinierung gegenüber den Kindern verwendet;<br />

spielen sollen Kinder mit ihren Gleichaltrigen. Von Herkunftseltern, die<br />

zumeist eher in armen Familien aufgewachsen sind und den letzteren Erziehungsstil<br />

für normal halten, wird manchmal in Bezug auf Umgangskontakte<br />

erwartet, dass sie sich an der Mittelschichtnorm orientieren, und sie werden<br />

implizit oder explizit getadelt, wenn sie es nicht tun. Sie brauchen Ermutigung,<br />

Anregung und Coaching für den Umgang mit den Kindern.<br />

Eine Pflegemutter schildert positive Umgangskontakte in einer Zeit, in<br />

der die Herkunftsmutter eine Sozialpädagogische Familienhilfe erhalten hat:<br />

»Und das muss ich sagen, das war eigentlich die beste Zeit, die wir so hatten,<br />

69<br />

Vgl. auch C.7.<br />

42 Umgangskontakte und die Gestaltung von Beziehungen zur Herkunftsfamilie

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