Teil C
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C.8.4<br />
Entsprechend finden sich beispielsweise auch bei Pflegekindern nach einer<br />
Misshandlung in der Vorgeschichte im Mittel keine ausgeprägt negativen<br />
Effekte bei Umgangskontakten. 59 Trotzdem: Mit einer erhöhten Anzahl an<br />
notwendigen Einschränkungen oder Ausschlüssen von Umgang nach Kindeswohlgefährdung<br />
oder häuslicher Gewalt in der Vorgeschichte ist zu rechnen.<br />
Diese Notwendigkeit kann sich aus verschiedenen Umständen ergeben. So<br />
bestehen bei betroffenen Eltern teilweise erhebliche Einschränkungen in der<br />
Fähigkeit zur kindgemäßen Kontaktgestaltung. 60 Des Weiteren erfolgt etwa<br />
in manchen Fällen einer elterlichen Trennung nach häuslicher Gewalt oder<br />
einer gefährdungsbedingten Fremdunterbringung eines Kindes während des<br />
Umgangs eine Instrumentalisierung und Beeinflussung des Kindes, um weiter<br />
Kontrolle auszuüben bzw. eine Integration des Kindes in die Pflegefamilie<br />
zu verhindern. 61<br />
Schließlich bilden einige Kinder nach erfahrenen Misshandlungen bzw.<br />
miterlebter häuslicher Gewalt einen dem Umgang massiv entgegengerichteten<br />
Willen aus 62 oder der Umgang fungiert als Trigger, d.h. als auslösende<br />
Bedingung für eine Verschlechterung der posttraumatischen Symptomatologie.<br />
Dies bedeutet aber nicht, dass in jedem Fall, in dem nach Gewalt in der<br />
Vorgeschichte Anzeichen von Belastung beim Kind im Zusammenhang mit<br />
Umgangskontakten glaubhaft vorgetragen werden, eine Beschränkung oder<br />
Unterbrechung von Umgangskontakten gerechtfertigt wäre. Vielmehr müssen<br />
alternative Erklärungen für die Belastung des Kindes erkennbar geprüft und<br />
ausgeschlossen werden (z. B. mangelnde Vorbereitung des Kindes auf den<br />
Kontakt, eingeschränkte Fähigkeit der Pflegeeltern, dem Kind vor und nach<br />
Umgangskontakten emotionale Sicherheit zu vermitteln).<br />
Auch wenn Pflegekinder den Umgang verweigern, ist es erforderlich, die<br />
Hintergründe eines Umgangskontakte ablehnenden Kindeswillens auszuleuchten<br />
und die Haltung des betroffenen Kindes nicht vorschnell auf z. B.<br />
die Beeinflussung durch die Pflegeeltern zurückzuführen.<br />
Lösungsstrategien der Kinder<br />
Nicht übersehen werden sollte, dass Kinder aktiv bei ihren Hauptbezugspersonen<br />
nach Informationen suchen, die ihnen helfen, neue und für sie unübersichtliche<br />
Situationen einzuschätzen. 63 Vor allem bei jüngeren Kindern können<br />
dabei emotionale Signale der Bezugspersonen größeres Gewicht haben<br />
als das gesprochene Wort. Je nach Ausmaß der Verunsicherung eines Kindes<br />
kann es zudem sein, dass ein neutrales »Wohlverhalten« des hauptsächlich betreuenden<br />
Elternteils, also bspw. der Pflegeeltern, nicht zu einer Beruhigung<br />
des Kindes führt, sondern im Gegenteil zu einer kindlichen Über- oder sogar<br />
Fehlinterpretation minimaler Signale der Bezugspersonen. Dies ist einer der<br />
Gründe, warum bei Kontaktanbahnungen relativ rasch mehrere Termine mit<br />
einem gut vorbereiteten besuchsberechtigten Elternteil erfolgen sollten, damit<br />
das Kind eine eigene Erfahrungsbasis aufbauen kann. Zudem sollte auch<br />
eine gegenüber dem Umgang skeptische oder ablehnende Hauptbezugsperson<br />
59<br />
Vgl. Kindler (2005).<br />
60<br />
Vgl. Taplin (2005); Schwabe-Höllein/Kindler (2006).<br />
61<br />
Vgl. Beeble/Bybee/Sullivan (2007).<br />
62<br />
Vgl. Humphreys/Houghton/Ellis (2008).<br />
63<br />
Vgl. de Rosnay/Cooper/Tsigaras/Murray (2006).<br />
37 Umgangskontakte und die Gestaltung von Beziehungen zur Herkunftsfamilie